1892 / 41 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

der ersteren Beziehung kommt vornehmlich die Vertretung gegenüber dritten Personen in Betracht. Mit Rücksicht auf das allgemeine Ver- kehrsinterefse fann diese Seite der gesellshaftlihen Organisation nicht Iediglih der autonomen Festseßung durch den Gesellschaftsvertrag über- [lassen bleiben; vielmehr ift die Ertstenz eines ausreichenden Vertretungs- organs sowie der Umfang seiner Vollmacht im Gesetz felbst zu regeln 6, S8 35 bis 45). Den Gesellschaftern als solchen fann die Vertretung im Geseß nit übertragen werden; denn ein Recht jedes einzelnen Gesellschafters zur Geschäftsführung und Vertretung ift nur bei streng individualistishen Gesellshaftsformen möglich, wie es denn selbft ein wesentlihes Merkmal derselben bildet. Bei einer Vereinigungsform, welhe auch für eine größere Zahl von Theil- nehmern geeignet fein foll, und bei welcher die Mitgliedschaft ohne Genebmigung der übrigen Gesellschafter auf andere übertragen werden kann, verbietet sih eine derartige Einrichtung von felbst. Hier müssen die Personen, welchen die Vertretung und Geschäftsführung obliegen foll, nothwendig als Organ der Gesellschaft von dieser selbst bestellt werden. Die Nechte und Pflichten der Geschäftsführer können si im wesentlihen nach den für den Vorstand der Actiengesellschaft und eingetragenen Genoffenschaft geltenden Grundsätzen bestimmen. Eine angeme}tene Gestaltung des Verhältnisses in denjenigen Fällen, in welchen bei geringer Mitgliederzahl den Gesellschaftern felbst oder einigen von ihnen ein dauernder Anfpruch auf die Geschäfts- führung eingeräumt werden foll, wird hierdurch nicht aus- eshlo}ten; denn selbstverständlih fönnen auch Mitglieder der Gesellschaft zu Geschäftsführern bestellt werden, und es steht auch nichts entgegen, eine folhe Uebertragung der Geschäfts- führung {on im Sesellichaftsvertrage vorzunehmen. Wird außerdem die Möglichkeit offen gelassen, dur entsprebende Bestimmungen des Gefellshaftêvertrages den geschäftsführenden Gesellschaftern ihren Mit- giGafletn gegenüber eine gewisse Selbständigkeit einzuräumen, ins- efondere die Widerruflihkeit der Bestellung zum Geschäftsführer innerbalb bestimmter Grenzen einzuschränken 37 Absatz 1, § 38 Absatz 2), fo ift binreihender Spielraum vorbanden, um auch in Fällen der bezeihneten Art etwaigen besonderen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Im übrigen wird binsichtlich der inneren Verhältnisse der

Geselischaft die Freiheit autonomer Regelung im weitesten Umfang anzuerkennen sein. Im Gegensaß zur Actiengesellschaft kann es bier als Grundfaßz gelten, daß die bezeihneten Verbaltnisse in erster Linie si niht durch das Geseß, sondern durch den Gesellschaftêvertrag estimmen 46). Insbesondere gilt dies in Betreff des Umfangs der Rechte, welde den Gefsellshaftern als solchen in den Angelegenheiten der Gefellshaft zustehen, und von der Art und Weise, wie diese Rehte ausgeübt werden. Zur Auf- stellung bindender Normen liegt keine Veranlassung vor; denn, da einé Betheiligung des großen Publicums, wie sie dem Wesen der Actiengesellschaft entspricht, hier niht in Betracht zu ziehen ist, so steht auch nit der Shuß von Interessen in Frage, zu deren Wah- rung die Betheiligten nicht selbst im stande wären. Vielmehr macht die Verschiedenheit der Zwecke, welchen die neue Gesellschaftsform zu dienen bestimmt ist, es wünschenswerth, einer den Bedürfnissen des einzelnen Falls entspre{enden Gestaltung der inneren Verhältnisse thunlihsten Raum zu gewähren.

_ Das Gefeß darf sich indessen niht der Aufgabe entziehen, dur fubsidiäâre Bestimmungen eine Grundlage zu schaffen, welche die Noth- wendigkteit einer selbständigen Regelung im Gefellschaftsvertrage auf den Fall beshränkt, daß besondere Verhältnisse eine Abweichung von den geseßlichen Regeln erforderlich machen (§8 47 bis 52). Hierbei ist im allgemeinen der Gesichtspunkt zu Grunde zu legen, daß den Gesellschaftern, au soweit sie niht dur Diem zu Geschäfts- führern mit der unmittelbaren Leitung der Geschäfte betraut sind, ein maßgebender Einfluß in den Angelegenheiten der Gesellschaft eingeräumt werden muß. Die Einschränkung ihrer Nete, wie sie beisvielsweise der Stellung entspricht, welche bei der einfahen Commanditgesellschaft die Commantitisten gegenüber den fraft eigenen Rechts zur Ge!chäfts- führung berufenen perfönlich haftenden Gesellschaftern einnehmen, würde hier {on mit Nücksicht auf die oben bezeichnete Eigenschaft der Geschäftsführer als des bestellten Organs der Gescllschaft in der Regel nit als Agemcles zu betraten fein. Vielmehr is davon auszugehen, daß die Mitglieder als solche die oberste Instanz in den Ge/'ellschaftsangelegenheiten bilden, und es sind ihnen deshalb auch die für die Verbältnifte der Gesellschaft besonders wihtigen Entschließungen vorzubebalten. Da solche Entschließungen die Bildung eines einheit- lien Willens vorausseßen, fo ergiebt si von selbst, daß sie der Regel nah durch Mehrbeitsbesblüsse nah Verhältniß der Geschäftsantkeile zu treffen sind. Durch tbunlichst einfahe Vorschriften über Voraus- feBungen und Formen der Beschlußfassung wird Sorge dafür zu tragen sein, daß auch bei einer beschränkten Zah von Gesellschaftern der Ge- shâftsgang niht dur überflüssige Weitläufigkeiten gehemmt wird. Gejellschaften, welhe so wenige Mitglieder zählen, daz shon das Princip der Mebrheitsbes{lüsse selbst zu prafktish ungeeigneten Resul- taten führt, werden voraussihtlich nicht besonders häufig sein: in Fallen diefer Art steht aber nichts im Wege, fraft der den Gefell- schaften gestatteten Autonomie das Mehrkbeitsprincip ganz zu beseitigen und die Befugnisse, welche den Gesellschaftern zustehen, auf einer mehr individualistishen Grundlage zu regeln.

_Ebenso wie für den Fall einer ganz beschränkten Zahl von Gesellschaftern muß es andererseits für den umgekehrten Fall eines befonders umfangreiden Mitgliederkreises dem Gesellschaftsvertrage überlassen bleiben, die etwa nothwendigen Modificationen und Er- gäanzungen der dispositiven Bestimmungen des Gefeßes vorzunehmen. Namentlich kann hierbei die Einschiebung eines besonderen Organs in Betracht kommen, welchem die dauernde Aufsicht über die Führung der Geschafte obliegt. Jm Gesetz selbst ist die Bestellung niht vorzu- schreiben, da sie nur dann ein Bedürfniß fein wird, wenn die e der Gesellschafter eine Höhe erreicht, bei welcher eine andere Art der Controle nicht mehr ausreichend erscheint. Dieser Fall kann aber niht ohne weiteres als der regelmäßige zu Grunde gelegt werden, das Gefeß bat sih vielmehr darauf zu beschränken, für den Fall einer ent- sprechenden Anordnung des Gesellschaftsvertrages ergänzende Vor- schriften zur Herstellung einer angemessenen Grundlage für die Ein- richtung zu treffen. Am geeignetsten werden zu diesem Zweck die für den Auffichtsrath der Actiengesellshaften und Genossenschaften geltenden Bestimmungen herangezogen werden 53).

Statistik und Volkswirthschaft.

Deutscher Innungs- und Handwerkertag.

__ Die gestrigen Verhandlungen über den Befähigungsnachweis zeigten stellenweise einen sehr erregten Charafter und waren von An- griffen gegen die Vertreter der Regierung, die an der Conferenz vom 15. bis 17. Juni theilgenommen hatten, erfüllt. Der Malermeister Boß (Hamburg) beschwerte sih auch darüber, daß die Malereien im Meyer Regierungsgebäude und im Schloß Urville einem Franzosen übertragen worden seien. Nur einer von den Rednern, Schneider- meister Brey (Kiel) erklärte, daß er die Einführung des Befähigungs- nachweises augenblicklich nit für opportun halte. Die Verhandlungen endeten mit folgenden fast einstimmig gefaßten Beschlüffen :

1) den einundzwanzig Vertretern des deutschen Handwerks für ihr Verhalten auf der Handwerker-Conferenz den Dank und die Anerkennung des deutshen Handwerkertages auszusprechen.

2) In der festen Ueberzeugung, daß weder der sogenannte Antrag Ackermann-Biehl, noch der Geseßzentwurf, welcher zwischen den Vor- ständen des Allgemeinen deutshen Handwerks-Verbandes und des Centralauss{us}ses der vereinigten Jnnungsverbände Deutschlands am 2. August 1889 zu Berlin vereinbart und von dem darauf folgenden Handwerkertage zu Hamburg einstimmig an- genommen wurde, die Mängel der österreihischen Gewerbe- Gesetzgebung zeigen, kann der deutshe Innungs- und Hand- werfertag die bezüglichen Ausführungen der Regierungsvertreter in der Handwerker-Conferenz als zutreffend nit erachten, weshalb auch die Vertreter des Handwerks in der Conferenz auf den Befähigungs-

nachweis nit verzichten konnten. Der Innungs- und Handwerkertag zu Berlin halt daber mit aller Entschiedenheit an dem Befähigungs- nahweise fest und erstrebt mit vollstem Nachdruck dessen geseßliche Einführung, in der Ueberzeugung, daß alle Wiederbelebungéversuche obne eue geseßliche Einführung niht dur{s{lagend sind.

3) Wurde ein Antrag des Kölner Innungsausschusses betreffs der Mnn Befähigungsnachweises in die Gewerbeordnung des Deutschen Reichs angenommen.

Den erften Gegenstand der beutigen Tagesordnung bildeten die Mer Dage für das Handwerk. Buchbindermeister Nagler (München) befürwortete folgenden Antrag:

„Der Handwerkertag begrüßt die seitens der Reichsregierung endlih in Aussicht gestellte Berücksichtigung eines Theiles der lang- jährigen Forderungen des deutshenHandwerks. ImInteresse der Erhaltung des deutschen Pu terter Landes muß er jedoch so lange an allen seinen früberen Beschlüssen festhalten, bis die geseßlihen Maßnahmen der Reichsregierung in einer den Wünschen des Handwerks entsprechenden Weife der Nealisirung zugeführt sind. Demzufolge bält der deutsche Handwerkertag hinsichtlich der Consumvereine, der Gefängnißarbeit, der Abzahlungsgeshäfte und des Hausirbandels die seitens der Hand- werkervertreter in der bekannten Conferenz der verbündeten Regierungen gemachten Vorschläge mit Entschiedenheit aufrecht. Bezüglih der Regelung des Submissionswesens bleibt der Hand- werkertag auf seinem beim zweiten deutschen gea gefaßten Beschlusse stehen. Der Handwerkertag spriht der Reichsregierung gegenüber das Vertrauen aus, daß fie die in der Reichstagssißung vom 24. November 1891 gegebenen Versprecungen in thunlihster Bälde in Thaten umfegen werde. Der Handwerkertag entledigt sich des Dankes, daß die verbündeten Regierungen den Wünschen des deutschen

ndwerks nach shärferen Bestimmungen gegen den Contractbruch der Arbeiter Nechnung tragen wollten, !priht sein lebhaftes Bedauern darüber aus, daß vom Reichstage diesem Geseßvorschlage keine Folge gegeben wurde, und bält deshalb nah wie vor an seinem auf dem zweiten deutschen Innungstage zu Berlin gefaßten Beschlusse fest, in der Erwartung, daß die verbündeten Kélleruiiaza eine derartige Geseßeévorlage erneut dem Reichstag unterbreiten werden.“

In der Verhandlung wurden namentlich Klagen über das Submissionêwesen, über die Consumbvereine, insbesondere auch über den Deutschen Offiziersverein, über den Hausirhandel, den Bau- s{chwindel 2. Die Resolution Nagler wurde angenommen, ferner au die folgende Refolution des Obermeisters Faster:

_ „Die Versicherungspflicht auf Grund des Unfallversicherungs8- gefeßes vom 6. Juli 1884 ist möglichst auf das ganze Handwerk aus- zudehnen. Denjenigen selbständigen Handwerkern, welche nicht in der Lage lind, Arbeiter zu besäftigen, jedoch durch ihre Selbständigkeit derselben Gefahr auëgeseßt find, wie die Arbeiter des gleichartigen Berufs, steht es frei, 1h gegen Unfälle zu versichern. Der Acitecbüntas verdienst solcher versicherten Personen wird bei der Berechnung der Beiträge und der eventuellen Unfallentschädigung wie der Arbeitsverdienst der Arbeiter behandelt. Dem § 15 des Unfall- versicherungsgefeßes vom 6. Juli 1884 is mithin folgender Zusatz binzuzufügen: Innungsverbände, welhe auf Grund des § 104a Rechtsanwaltsordnung und laut § 104e genehmigt, sowie welchen die Nehte des § 104 þ beigelegt worden, sind berechtigt, auf Grund des Unfallversicherung8geseßes vom 6. Juli 1884 Fachberufs-Genossenschaften zu errihten, insofern die Erforder- nisse der Gleichartigkeit der Berufszweige vorhanden sind und die dauernde Leistungsfabigkeit der Berufsgenossenshaft in Bezug auf die bei der Unfallversicherung ibr obliegenden Pflichten gewährleistet ist.“

Weiter wurde ein Antrag, der eine Reform des Kranken- versicherungswesens bezweckt, angenommen und außerdem einer Ca des Bodenbesitßz-Reformvereins für Bevorrehtung der Bau- \andwerkerforderungen zugestimmt.

Sparkassen.

Die Sparkassen der Provinz Posen haben kürzlich auf einer emeinsamen Versammlung die Bildung eines Verbandes bes{lossen. Der Siy desfelben if Posen, er bildet ein Glied des allgemeinen Verbandes der deutschen Sparkassen.

Der rheinisch-westfäli!che Sparkassenverband hat auf seiner Generalversammlung am 23. Januar mit großer Mebrheit den Be- {luß gefaßt, besondere fachmännishe Revisoren für die Sparkassen anzustellen, da sih ergeben babe, daß die biéherige Controle durchaus unzulänglih sei.

Zu den Kinder-Sparkassen, welde in erwünshter Weise sih entwickeln, zählen in der Provinz Schleswig- Holstein diejenigen zu Kiel, Wilster, Emmerlef, Arild und Mies. Die letztgenannten drei Orte sind Dörfer im Nordsleswigschen, in denen begüterte Landleute die Caution für die gemachten Einlagen übernehmen und die unentgeltlihe Verwaltung der Kaßen ausführen.

Die Kleidung der Fabrikarbeiterinnen.

Der Universitätsprofesfor Hoffmann machte in einer seiner jüngsten Vorlesungen anläßlih des Themas „Verstümmelung durchß Maschinen- gewalt“ darauf aufmerksam, daß folhe Verleßungen bei weiblichen Individuen ungleih bäufiger vorkommen, als bei männlichen. Die Urfache liege in der weiblichen Kl: idung, indem weite Nöcke von einer Mascbinengewalt viel leiter erfaßt werden können, als eng anliegende Beinkleider. Ein weiterer Uebelstand liege an dem Haare, besonders wenn ein freibängender Zopf oder aufgelöstes Haar getragen wird. Daraus folge, daß Arbeiterinnen in den Fabriken niht mit faltigen NRöcken, sondern nur mit Beinkleidern versehen in der Nähe des Scwungradzs arbeiten dürfen, was hier und dort bereits thatsächlich eve; das Haar jollen die Arbeiterinnen mit einem Tuche fest um-

inden.

: _„Gemeindelerifon."

__ Das Königliche statistische Bureau veröffentlicht folgende B e- kanntmachung vom 12. Februar:

_ „Das Königliche statistische Bureau wird neuerdings bäufig um Mittheilung der Ergebnisse der 1890 er Volkszählung für die einzelnen Gemeinden u. f. w. der verschiedenen Provinzen angegangen. Seitens der Antragsteller wird dabei vorausgesetzt, daß auf Grund der leßten Volkszählung ebenso, wie dies 1885 gesehen war, ein sogenanntes „Gemeindelerifon“ in einzelnen Provinzialbeften werde berausgegeben werden. Demgegenüber ist darauf aufmerksam zu machen, daß ein gleichartiges Druckwerk, in welchem die Bevölkerung und die Ver- waltungszugehörigkeit jeder einzelnen Gemeindeeinbeit des preußischen Staats nachgewiesen wird, auf Grund der Materialien der Volks- zahlung vom Jahre 1890 nicht bearbeitet werden soll. Wenn demnach eine neue Ausgabe des „Gemeindelerikons für das Königreich raa für jeßt nidt zu erwarten steht, so ist das etwa vervortretende Bedürfniß na Angaben über die Bevölkerungéverbält- nisse der cinzelnen Ortschaften Preußens von bier aus zur Zeit nicht anders als dur Benußking des im Jahre 1888 abgeschlossenen, auf Grund der Volkszählung von 1885 bearbeiteten „Gemeindelerikons“ zu befriedigen. Für weitaus die meisten Fälle wird letzteres au vollfommen ausreihen. Es muß indessen binzugefügt werden, daß die Provinzialbefte für Ostpreußen, Westpreußen, Posen und Hoben- zollern, fowie das Generalregister dieses Werks bereits vergriffen sind. Jede Buchhandlung und der Verlag des Königlichen statistischen Bureaus in Berlin sind zur Auskunftertbeilung und Beschaffung der noch vorhandenen Hefte des Gemeindelerikons in der Lage.“

L Zur Arbeiterbewegung.

Aus Saarbrüccken wird der Berliner „Volksztg.* berichtet, der Grubenausscuß der fiscalishen Bergwerke habe beschlossen, an den Landtag eine Petition um Einführung der Ahtstunden- \chicht, Aenderung der Knappschaftsstatuten und theilweise Lohn- erhöhung zu richten.

__ In einer Möbelfabrik in Stettin haben, wie der „Vor- wärts“ mittbeilt, vier Drechsler wegen niedriger Löbne und „Unvassender Behandlung“ die Arbeit niedergelegt.

Aus Rendsburg meldet ein Telegramm des „D. B. H.“, daß

A ireT des B ieden Je Hel E TETEEnS w nterschlagung von einsgeldern zu fänant urtheilt SRE t n Gefängniß ver. n Leipzig fanden der „Lpz. Ztg.“ zufolge am S Versammlungen der Metallarbeiter statt, die ich mit bea 20 städter Gewerkschaftscongreß beschäftigten. n Chemniß hatte kürzli eine Conferenz von sächsischen Vertrauensmännern R Deuschen Metallarbeiter-Verbandes als Congreßdelegirte für Sachsen die erren Zuckshwerdt in E B05 Schiemann in Leipzig vorgeschlagen. Die Leipziger Versammlungen {losen f E Vorschlage an. Yloffen fih diesem

Die Chemnißer Socialdemokraten haben, wie d „Vorwärts“ mittheilt, statt des fkürzlich aufgelösten Wablvereins ip E E eS Seis Tue Cbemnig und

mgegend“ gegründet, dessen Zweck die all!citige V Vutereiten der Socialdemekratie ift. E de

Der Münchener focialdemokratishe Agitations, verein für Südbayern hat nah demselben Blatte am 12. d. M beshlossen, im März eine Generalversammlung einzuberufen, der als einziger Punkt die Auflösung des Vereins vorgelegt wird. Ver. anla}fung zu diefem Beschluß ist das Bestreben, die Leitung der social. demokratischen Agitation durh die Parteigenossen Südbayerns felbi wählen zu lassen.

Aus Budapest wird dem „Vorwärts“ berichtet, daß der Aus. stand der Steinmegße auf dem Antony schen Werkplaze nach drei Tagen beendet wurde, da der Arbeitgeber sih verpflichtete, die Ae so zu regeln, daß ein Mindest-Wochenverdienst von 15 Fl gesichert sei. :

Ueber die Bemühungen belgisher Socialisten, den Ar- beitern bei staatlichen Arbeiten einen Mindestlohn zu sichern und die Einführung des Achtstundentages durhzuseßen, wird dem „Hamb. Corr.“ geschrieben: Clericale Deputirte, die socialistische Pro- paganda betreiben, batten in der Kammer den Antrag gestellt, die Regierung zu veranlaîsen, bei staatlichen Arbeiten den Unternehmern einen Mindestlohn für die Arbeiter aufzulegen. Der Arbeits- Minister erklärte, nas die Regierung diesen Antrag ablehnen müße. Auch wegen des Achtstundentages is die Arbeiteragitation nußlos; an seine Einführung ist in Belgien gar nicht zu denken. Die Regierung hat die Arbeitszeit prüfen lassen in vierundsiebzig Etablissements des Lütticher Beckens und in 50 Etablissements desz Genter Beckens. Von den ersteren arbeiten nur 6 weniger als 10 Stunden, alle anderen zwishen 10 und 12 Stunden: von den leßteren arbeiten nur 3 weniger als 10 Stunden, die übrigen 10 bis 12 Stunden. Der Brüsseler Appellhof hat die Brüsseler Arbeiterwahlen für die gewerblihen Schiedsgerichte, bei denen nur die So- cialisten gesiegt batten, für ungültig erklärt. Die gewählten Arbeiter hatten das imperative Mandat wie die Verpflihtung übernommen, den Treucid dem Könige nur unter Vorbehalt zu leisten. Nach der Ansicht des Gerichts werde damit das Ansehen der Schiedsgerichte

untergraben.

Aus Paris wird dem „Schw. Merk." geschrieben: Eine anarcistisde Versammlung, die am Freitag Abend im Handelsfaal auf dem Boulevard du Temple ftattfand, verlief ohne Lärm. Man verlas einen Aufruf, in welchem die bingerihteten Anarchisten von Xeres als Märtyrer der Arbeit gefetert werden. „Die Bourgeois, beißt es darin, mögen die Anarchisten tödten, wir sagen ibnen voraus, daß die Anarchie sie tödten wird.“ Martinet, Tbheoretiker der Partei, hielt einen Vortrag über die verschiedenen socialistishen Schulen: die autoritàre, welde die Socialisten zahlreiher Richtungen um- faßt, und die „freiheitlihe“, welhe als ibre Anhänger nur die Anarchisten anerkennt ; die leßtere ist ihm natürlich die bessere, da sie alles Bestehende zerstören wird, ohne etwas Anderes an dessen Stelle zu feßen.

drei

Die Arbeiterbevölkerung des Saarreviers.

Aus Saarbrücken wird der „NRhein.-Westf. Ztg." geschrieben:

Auf den fiscalishen Steinkoblengruben bei Saarbrücken arbeiten zur Zeit im ganzen 30 000 Bergleute, von denen etwa 21 000 in den eigentlichen Bergmannsdörfern des Saarthals, Sulzbah-, Fischbach- und Bliesthals als Einheimishe wohnen, während 9000 auswärtig find. Diese auswärtigen Arbeiter kommen aus den Ortschaften nördlih des Saarreviers, aus dem Köllerthal, dem Primsthal, vom Hochwald und zum theil auch aus der bayerishen Pfalz, aus den Bezirksämtern Zweibrücken und Homburg-Pfalz. Gegenwärtig ar- beiten auf den preußishen Staatsgruben an der Saar etwa 2500 Bayern.

Die 9000 auëwärtigen Arbeiter fahren nur alle aht Tage, Sonn- abends, in ihre Heimath zu ihren Familien und fehren am Montag Morgen zu ibren Arbeitsftellen zurück. Zu ihrer Beförderung sind zweckmäßige, mit Nücksicht auf das Ende der Schicht gelegte Arbeiter- züge eingerichtet, in welchen die Leute zu sehr geringem Fahrpreise zu der ibrer Heimath nächstgelegenen Bahnstation gebraht werden. Mon- tag Morgens führen ebenfolhe Züge die Arbeiter wieder auf die Gruben. Außer diesen wöchentlichen Arbeiterzügen verkehren tägliche Arbeiterzüge zwisdben St. Wendel und Neunkirchen einerseits und zwischen Louisenthal und der unteren Saar andererseits. Diese Züge bringen die Arbeiter täglich in ibre Heimath zurück, werden indessen im ganzen nur von etwa 500 Mann benukt. :

Von den 9000 auswärtigen Bergleuten wohnen etwa 5000 in den auf den Gruben angelegten fiscalishen Schlafhäusern, während die übrigen als Kostgänger oder, wie man sie hier nennt, als Quartier- leute und Einlieger bei den Einheimischen in den eigentlichen Berg- mannsdörfern Unterkunft finden. Diese eigentlichen Bergmann®édörfer find übrigens recht stattlihe Gemeinwesen, von denen einige 10 000, 12 000, ja bis zu 14 000 Einwohner (Dudweiler) haben. Von der Gesammtbelegshaft sind 18500 Mann verheirathet (ohne die Wittwer) und haben 70 000 Kinder und 6000 sonstige Angebörige (Eltern, Großeltern, Geschwister u. \. w.) zu ernähren, sodaß die vom Saarkohlenbergbau direct lebende Bevölkerung rund 12% 000 Seelen beträgt.

Von den wirthschaftlichen Verhältnissen dieser Arbeiterbevölkerung fann man sich ein Bild machen, wenn man erfährt, daß etwa 12 400 Bergleute im Besitz eigener Häuser und etwa 8200 im Befiß von Feld und Wiesen sind. Hierunter sind Haus- und Feldbelyer etwa 5700, nur Hausbesitzer 4900 und nur Feldbesißzer etwa {W. Weder Haus noch Feld besißen etwa 16 000 Mann, also etwas mehr wie die Hälfte. An Viehstand besaß die Belegschaft am 30. De- zember v. I. rund 80 Pferde, 8500 Stük Rindvieb, 7000 Ziegen und 4000 Schweine.

Einen besonderen Erwerb neben der Grukbenarbeit betreiben etwa 400 Mann, darunter 180 Gastwirthshaft und 220 Kramläden, Ge schäfte oder irgend ein Handwerk. So besißt z. B. ein Maschinen- wärter der Grube Dudweiler das beste Gasthaus des Sulzbach- thales, während ein allerdings jeßt abgelegter Arbeiter der Grube Ee: den größten und \chönsten Möbelladen zu Bld? tod bat. Z

Ihrem Religionsbekenntniß nah sind 22 000 Bergleute fatholis und 8000 evangelisch. Ferner befinden sich in der Belegschaït 8 Andersgläubige (Mennoniten 2c.) und 1 Israelit.

Von der Gesammtbelegshaft von 30 000 Mann sind 10900 Soldat gewesen, wobei allerdings berücksihtigt werden muß, daß ehva 3600 Jungen das dienstpflihtige Alter noch nicht erreiht haben.

Der allgemeine Stand der Volkss{ulbildung ist ein sebr Ge he ehn 100 Mann, meist ganz alte Leute, können weder lefen n schreiben.

Die Häuser sind, soweit sie durch Hausbauprämien und Bau- vorshüsse unter fiscalisher Aufsicht erbaut wurden, wohnlih und behaglih. Die kleinen Gärtchen find im allgemeinen wobl gepflegt, die Fensterbänfe sind häufig mit Blumen besetzt, fast immer m! Gardinen behangen.

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Literatur.

Kunstangelegen heiten.

L. K. Ludwig von Scheffler. Michelangelo. Eine Re- aifancestudie. Altenburg, S. Geibel, 1892. 8. Ein Einblick in die Innenwelt eines so fubjectiven Künstlers, wie Michelangelo, ist rit nur an sich hst interessant, sondern durch ihn gewinnen wir auch eine neue Anschauung von dem künstlerischen ffen des Meisters und von der Ritung einer Einbildungskraft und damit inen neuen Standpunkt für die Beurtheilung seiner Werke. L. von Scefler versuhi in seiner Studie ein bisher nur weni erôrtertes Problem, die Platonise Erotik in Mihel- angelo's Gedichten unter Hinweis auf die engen Freund- icaftsbezichungen des Künstlers zu dem jugendlichen Tommaso Cabalieri zu lósen. Mögen auch einige der benußten Quellen, die vor- ¡uaêweise dem von Guasti herauêgegebenen reihen literarishen Nach- laß M.’'s entnommen sind, bier und da obne Rücksicht auf den rhetorishen Formalismus der italienischen Renaissance etwas tendenziòs ausgelegt sein, jedenfalls bietet diese Auslegung eine einheitliche psycho- logische Grundlage 2 die Erklärung seiner Sonette und s ind an den Ergebnissen der forgsam geführten Untersuung S. wird man zunächst festhalten müssen. Eine Probe auf feine Darlegungen mat der Verfasser in der Sade Malereien der firtinishen Decke. Wenn wir auch nur mit Widerstreben uns der

uffassung S.'s Ann, dürfen wir den Dank für die sorgfältige und von feinem psychologishen Takt wie von philologisher Akribie ¡eugende Untersuchung nicht zurückhalten, die in Fachkreisen sicherlich ete Aufmerksamkeit finden wird. L. K. Manlees Mayer, Geschichte der Wandteppich- fabriken des WittelsbachischenFürstenhauses in Bayern. Mit einer Geschichte der Wandteppichverfertigung als Einleitung. Mit 21 Tafeln in Lichtdrukd. München und Leipzig, G. Hirth's Funstverlag, 1892. 49 Die vorliegende Publication des unermüdlih rührigen Hirtb?schen Kunstverlages bringt gute Lichtdruck-Reproductionen der zahlreichen, zum theil im National - Museum, zum theil in der Königlichen Residenz aufbewahrten Erzeugnisse der von Fertoa Marimilian I. :1604—1615) und Max Emanuel (1718) in München be- gründeten Wandreppichfabriken. Deractcnmäßigen Geschichte diefer beiden Manufacturen ist eine Einleitung vorauêgeschickt, welhe im Anschluß m E. Münß? grundlegende Histoire de la tapisserie die Ent- niZlung der Wandteppichverfertigung im allgemeinen schildert; sodann die Vorgeschichte der süddeutschen Teppichwirkerei, die sih theils in Regensburg und Nürnberg, theils in Frankenthal abspielt. Diese Auéführungen balten sich nit immer frei von ermüdender Breite der Darstellung und einer etwas altmodischen Citatensucht, welche es indeß er- mögliht, den Verfasser in seinen Untersuchungen zu controliren. Während die Erzeugnisse der ersten Münchener Fabrik im Anfange des sieb- jebnten Jabrbunderts \ih durhaus an niederländishe Borbilder ay- lehnten auh die Entwürfe gehen auf den in bayerischen Dienst stebenden eyen Maler Peter de Witte gen. Candid zurück —, ist für die Teppichfabrikation des achtzehnten Jahrhunderts vorzugs- weise Frankrci maßgebend, das auch die Arbeiter für die neubelebte Industrie lieferte. Die documentarischen Beilagen und Excurse, welche die Darstellung begleiten, zeugen von einer außergewöhnlichen Emsigkeit und Gewisjenhaftigkeit des Verfassers, welcher E Es Hobeit dem Prinzen Ludwig vou Bavern ge- widmet hat.

Heft 1 bis 3 dér e E für e S D gang XLIL) Herausgegeben im Ministerium der öffentlich r- beiten, hat folgenden Snbalt : Neubau des Königlichen Regierungs- gebâudes in Münster i. W., von Kreis-Bauinspector Niermann in Münster. Cistercienserkirhen des 13. Jahrhunderts in der Provinz Kom. 1. Fossanova und Casfamari, von den Architekten F. O. Schulze und S. Kristenson in Rom. Die Pee der Stadt Braunschweig, von dem zoglichen Kreis-Bauinspector Hans Pfeifer in Braunschweig (Fortfezung folgt). Die innere Ein- rihtung des neuen phvsiologishen Instituts in Marburg, von Kreis- Bauinspector Zölffel in Celle. Der Dünendurhbruh der Weichsel bei Neufähr im Jahre 1840 und dic Entwicklung der neuen Weichsel- mündung bei Neufähr von 1840 bis 1890, von Wafser-Bauinfpector Áerau in Danzig. Die Entwicklung des Babnbofeës Hagen i. W., don Eisenbahnbau- und Betriebéinspector Berthold in Hagen. Der Bau des Milscburg-Tunnels der Nebenbahn Fulda-Tann, von Regierungs-Baumeister L. Oberschulte in Magdeburg. Die Theorie der gewölbten Bögen, mit besonderer Rücksiht auf den versteifenden Cinfluß der Uebermauerung und Uebershüttung, von Land-Bauinspector V. Gnuschke in Berlin. Verzeichniß der im preußischen Staate und bei Behörden des Deuts ichs angr steTten Baubeamten. (Am 10. Dezember 1891.) —- Ee der Mitglieder der Akademie des Bauwesens. (Am t. Dezember 1891.) Stati ishe Nach- weijungen, betreffend die Anlage-, Unterbaltungs- und ebsfoften er eit dem Jabre 1875 in preußishen Staatébauten ausgeführten Central-Hei ungs- und Lüftungs-Anlagen. Im Auftrage des Ministers Ar öffentliben Arbeiten zusammengestellt von Geheimen Baurath Torenz und Land-Bauinfpector Wiethoff in Berlin.

Kunstindustrielle Renaissancemotive der Metalle, entworfen und gezeiwnet vom Baumeister Gbrenfried Scholz, ist der Titel eines neuen größeren Werkes, welches in der Verlagsbuchhandlung don Fussinger, Berlin, Stegligzerstr. 60, erschienen ift. Der durh die Herausgabe mehrerer umfangreiher WVerlags- werke bekannte Herausgeber, welher \ich seit Jahren be- jonders dem Kunstgewerbe in einer hervorragenden und ördernden Weise bingegeben hat, bietet in seinem neuesten Werk wiederum eine Fülle von feinsinnigen und edlen Motiven für Kunst- Lgen]tände, welche befonders zur Ausführung in Edelmetallen oder dier, ogatmaterialien geeignet find. ie vorliegende 1. Abtheilung ¡etet auf 20 Blatt in eleganter Mappe 40 Motive, welche dur einen kurzen vräcisen Tert Erklärung finden.

- Unterhaltung. : „… Apostata von Maximilian Harden. Berlin, Verlag don Georg Stilke. Das Buch ist eine Samuilung von Auf- Pren, in der „Gegenwart“ erschienen sind und in der S gdem Erscheinen des genannten Wochenblatts wohl zuerst eger cutsland eingeführten Art der Besprehung von Tagesfragen L aiten find. Es ist cine eigene Sache mit derartigen Aufsäßzen: da d ciltelnd geistreich und wißig sein sollen, so werden sie oft frivol B wirken dann abstoßend oder manierirt und deshalb wenig an- grechend. L werden nothwendigerweise Dinge und Personen in den baiReR Besprechung gezogen, die entweder des allgemeinen Interesses bg eren oder niht in den Rahmen derartiger Darstellungen ge- ch der Verfasser hat sich hiervon, namentlich was den balt Punkt anbetrifft, nicht freizuhalten vermoht, und so unter- l end auch vieles ift, was er fagt, so ist doch noch manches ver- O und unangemessen. Es erscheint überhaupt fraglich, ob der- Zuige epbemere Erzeugnisse es werth sind, gesammelt und für spätere Ae aufbewahrt zu werden. Da sie nur Tagesereignifse behandeln und über Einzelheiten nicht berausfommen, fo veralten fie fchnell n? verlieren damit natürli ihr Interefie. j (Stutt, „Engelhorn's Allgemeine Roman-Bibliothek“ gonnaigart, Verlag von I. Engelhorn) bringt in dem kürzlich be- ct e VIIT. Sabhrgang als 8. Band eine interefsante Neuheit Cru nllcher Herkunft. Die Verfasserin, Mrs. Julie van Renfselaer ger, ift unter dem Schriftstellernamen Julien Gordon den Abon-

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sein Werk

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Dritte Beilage zum Deulschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

¿ 41.

Berlin, Dienstag, den 16. Februar

nenten der Romanbiblioihek durch zwei fleinere Erzählungen „Fräulein Reseda“ und „Ein Mann der Erfolge“ bereits vortheilhaft bekannt. neue Werk der in ihrem Heimath- lande s{nell beliebt gewordenen Schriftstellerin betitelt fch „Daphne“ und ist (nah dem „A Diplomate's Diary“ benannten Dusginal) von Friedrih Spielhagen für werthvoll genug befunden worden, dem deutschen Lesepublikum in einer sorgfältigen deutschen Bearbeitung dargeboten zu werden. Die Verfasserin bewährt fich darin wieder als eine Realistin im besten Sinne des Worts. Jhre Scbilderungen, die sie gern der vornehmen Gefellshaft in dem vorliegenden Noman der St. Petersburger entnimmt, sind, wie auch der Bearbeiter bervorhebt, von faum zu übertreffender Treue und Genauigkeit, vollkommen wahr und doch niemals häßlich oder den guten Geshmack beleidigend. Julien Gordon unterscheidet fich darin fehr vortheilhaft von anderen Vertretern ibrer Richtung, und diese Vorzüge sichern ibr auch den Ereig Der Alten Welt. Unter den leßt erschienenen Nummern der Bibliothek verdienen ferner die Bändchen 5 und 6 Hervorbebung, in denen Helene Böhblau unter dem Titel „Jn frishem Wasjer“ eine eigenartige Künstlergescichte erzählt. Diese spielt sih auf dem Hintergrunde des Orients ab und iebt der talentvollen Autorin Gelegenheit, in der Kunst der Dar- tellung moderner Menschen und threr Schicksale die ganze sprudelnde Frische und Lebendigkeit der ibr eigenen Schreibweise zu entfalten.

Das Februarbeft der „Deutschen Rundschau“ (Verlag von Gebr. Paetel, Berlin) enthält außer der Fortjeßzung des Romans aus dem Berliner Leben: „Frau Jenny Treibel oder Wo si Herz zum Herzen find’t* von Theodor Fontane die Rede, welche der Director der Sternwarte, Geheime Regierungs-Rath, Professor Dr. Wilbelm Förster bei Uebernahme des Rectorats an der Königlihen Friedrih - Wilhelms - Universität am 15. Dk- tober 1891 über den „Universitätsunterriht und die Astronomie“ gehalten hat; Dr. Förster spriht fih dafür aus und begründet es des näheren, daß die Astronomie nicht mchr unter die matbematishen Wifsenscaften, sondern unter die Natur- wifsenshaften subsumirt werde, und zwar na der Physik und Chemie, die beide die umfassenden Naturwissenschaften find, während jene eigentlih nur Anwendung der Physik und Chemie auf die Er- scheinungen des Himmelêsraums jei; der Astronomie würden dann (innerhalb der Naturwifsenshaften) die Geodâsie und vbysikalishe Geographie, die Geophysik einshließlich der Meteorologie, die Geo- logie und Mineralogie, endlich die Botanik und Zoologie zu folgen haben. Weiter verwahrt sh Dr. Förster gegen eine Vershmelzun des Universitätsunterrichts und des böheren technischen Unterrichts auf naturwifsenschaftlihem und mathematiswem Gebiet; der leßtere habe Kenntnisse und Fertigkeiten in der wirtbshaftlihen Arbeit zum wae während der erstere erkenntniß - theo- retishen Untersuhungen und Forshungen diene. Von dem weiteren reichen Inhalt machen wir auf einen Auffaß Utopien von Rudolf Stammler aufmerksam, der nah einer kurzen Darstellung von Thomas Morus? berübmtem Werke und einem Hinweis auf ältere sowie auf die neuesten Staatsromane oder vielmehr Beschreibungen von JIdealstaaten (Bellamy „Im Jahre 2000“ und „Das Y ms alter“ von Jemand) die Frage aufwirft, welchen Werth es haben fann, der Erfindung und Schilderung solcher Idealstaaten nah- zugeben. Er erblickt darin ein Mittel, den Gedanken an die Unvollfommenheit des geshihtlich gewordenen Rechtes wachzu-® balten und die Menschen darauf binzuweisen, daß sie sih auf die Principien besinnen, nah welchen rechtlihe Gesetze überall getroffen werden follten; die Utopie hat den Zweck einer Kritik der bestehenden Rechtsordnung und steht in gewissem Sinne mit der recht8philosophi- schen Betrachtung und dem politishen Programm auf einer Linie, indem sie wie jene fritish ift und andererseits das politisbe Programm in seiner Wirkung anshaulich ausmalt. Diese Begriffsbestimmung utopisher Schilderung kann wohl als zutreffend bezeihnet werden. Von den weiteren anes des vorliegenden Heftes seien kurz erwähnt : Ein Thronerbe als Diplomat, historische Studie aus der Rheinbunds- zeit von dem Kaiserlihen Botschafts-Rath z. D. Ludwig von Hirsch- feld (es handelt fih dabei um den SLeR Friedrich Ludwig von Medklenburg, über dessen diplomatishe Missionen während der Ver- bannung des Herzogs Friedrich Franz zu Anfang dieses Jahrhunderts interessante Mittbeilungen gemaht werden); Frau von Olfers, Versuch einer Schilderung von Hermann Grimm: ein Jahr bei den Ajaris, Briefe aus den tunesishen Bergen; Giovanni Battifta de Rossi, von Franz Xaver Kraus; Gustav von Loeper, von Eri Schmidt.

Das Februarbeft von „Nord und Süd® (beraus- gegeben von Paul Lindau, Verlag der Schles. Buchdruckerei, Kunst - und Verlagsanstalt vorm. S. Schottländer in Breslau) ist mit dem Portrat des Componisten der Cavalleria rusticana Pietro Mascagni geschmückt, über welchen zugleich Alfr. Chr. Kalisher in Berlin eine die Quelle feiner Erfolge behandelnde Studie veröffentlicht : als solhe werden das musikreligiôöse Empfinden, die melodische Tonsprahe und die individuelle Harmonik bezeich- net. Ein Aufsaß von Karl Theodor Gaederßy behandelt die Studien- zeit Emanuel Geibel’s, und Hauptmann Zerin in Darmstadt beginnt Erinnerungen an den Grafen August von Werder, den Besieger Bourbaki's. Robert mrd binet 1A in Ostrowo bespricht die von dem Engländer Flinder Petrie in einem altegvptischen rabe zu Kurob in Fayum im vorigen Jahre aufgefundenen Stücke der verloren gegangenen Tragödie „Antiope“ von Euripides; es werden Uebersezungen daraus gegeben und es wird weiter zur Gewißheit gemaht, daß die berühmte Gruppe des farnesishen Stiers in dem Museum von Neapel (die Bestrafung der Dirke) eine Illustration der Antiopescene des Euri- pides ist. Eine Skizze über die Fin de siècle-Sângerin in Paris von Mar Nordau mat uns ebenso mit jener Pariser „Sedens- würdigkeit“, einer Gaffenhauer-Sängerin, wie mit dem entarteten Pariser Geshmack bekannt. Weiter sind der Schluß der Novelle: „Terfka“ von Sacher-.Masoch! und eine Novelle: „Ums Brot“ von A. Cb. Leffler, aus dem Schwedischen, zu erwähnen. _ 2 Nr. 5 der illustrirten Wochen-Zeitschrift ,Schorer*s Fa- milienblatt“ hat außer der vierten Fortseßung des Romans „Er foll dein Herr sein* von L. Meßkirch und der gleichfalls vierten Fort- seßung der Erzählung „Scherben“ von Nataly von Eschstruth u. a. folgenden Inhalt: Schilderung des Lebensganges des fkürzlih in Oesterreich zum Minifter ernaunten, 1841 zu Prag geborenen Grafen Gandolf von Kuenburg; „Die Sus, der Pariser gegen Deutsch- land“, von Eugen von Jagow, worin nachzuweisen versucht wird, daß man in Paris nicht den Verlust von Elfaß-Lothringen, sondern den Verlust der Gloire durch die Siege der Deutschen am tiefsten beklagt, und daß die {wer verleßte Eitelkeit sih mit dem geheimen Wuns irage, dafür Nache zu nehmen; „Richtige Behandlung der Froftbeulen" von Dr. O. N., wozu besonders Collodium mit Jod empfoblen und die Art der Auwendung diefer E aas angegeben wird; unter der Ueberschrift : „Aus dem Tagebuch eines deutschen Matrosen“ wird die Veröffentlihung von wahrheitsgetreuen Aufzeihnungen eines jungen deutschen Seefahrers begonnen, die einen eigenartigen, dem der er- dichteten Schicksale des Robinson ähnlichen Neiz ausüben. Außerdem enthält auch diese Nummer wieder eine Anzahl \ch ee werther Rathschläge für die bhäuslihe Kunstfertigkeit, mehrere neue Recepte und einige DorsGläge sür Frauenerwerb. Aus dem Bilderschmuck sind zu erwähnen: Ein Bildniß des Grafen Gandolf von Kuenburg, feit dem 23. Dezember v. J. Minister ohne Portefeuille in Oefterreih-Ungarn ; Bilder des kürzlich dahingeschie-

1892.

denen Prinzen Albert Victor, Herzog von Clarence, und des neuen Khedive von Egypten Abbas: „Das Geheimniß“, nah dem Gemälde von J. Müller-Maßdorf:; „Allee in Herrenhausen bei Hannover“, nah einer Amateurphotographie von Dr. med. A. fert in Hannover, und „Rose“, nach dem Pastell von Rudolf Barthelmt. Die am 6. Februar erschienene Nr. 2536 der Leipziger Illustrirten Zeitung (I. I. Weber) „enthält folgende Abbil- dungen: Bei der Sqularbeit, nah einem Gemälde von Theo. Gruft. Kaiser Wilbelm in Kiel, 3 Abbildungen, Originalzeihnungen von W. Stöwer. Die Eidesleistung der Rekruten vor dem Kaifer. Der Kaiser, von der Commandobrücke des „Pelikan*" dem Manöver folgend. Die Festung Friedrihsort salutirt die Kaiserstandarte. Der Aufstand in Marokko: Marokkanishe Reiter auf Vorposten, nah einer Skizze gezeihnet von Albert Richter. Aus Deutsch-Ostafrika, 2 Abbildungen nach Skizzen von Dr. Karl Peters: Die von Dr. Karl Peters angelegte Kilimandscharo-Station, südwestlihes Panorama, von der Kilimandscharo-Station aus gesehen. Friedrich Hiddemann, am 19. Januar. Wilhelm Tschirh, +7 am 6. Januar. Bassingruppe, modellirt von Prof. Victor Tilgner. Das neue Logenhaus in Fürth. Jesuitengeneral P. Antonius Anderledr, + am 19. Januar. Großfürst Konstantin Nikolajewitsch von Ruß- land, + in der Nat zum 25. Januar. Der unverwundbare Fakir in Caftan’s Panoptikum in Berlin, 6 Abbildungen, nach dem Leben gezeihnet von A. Dressel. Moden.

Gesundheitäwesen, Thierkrankheiten und Absperrungs Maßregeln.

Der Gesundheitszustand in Berlin zeigte in der Woche vom 31. Januar bis 6. Februar eine erbeblibe Wendung zum Besseren und auch die Sterblichkeit war cine fleinere als in der Verwecche (von je 1000 Einwohnern starben aufs Jabr berechnet 18,0). Zwar tamen auch in dieser Woche neo immer Katarrbe und acute Entzündungen der Atbhmungsorgane in größerer Zahl zur Beobachtung, doch blieb die Zabl der?elben erbeblih binter. der der früheren Wochen zurück und auch der Verlauf wurde îin der überwiegenden Mehrzahl derselben ein milderer. Auh Er- franfungen an epidemisher Grippe gelangten in ver- minderter Zahl zur Kenntniß (aus zwei Krankenbäusern wurden 4 Erkrankungen, aus der der Berichtêswoche vorangegangenen Woche 16 Todesfälle an Grippe gemeldet). Erkrankungen an acuten Darmktrankbeiten zeigten sich etwas bäufiger als Todesurfachen, doch betrafen sie mehr erwachsene Personen. Die Theilnahme des Säug- lingsalters an der Sterblichkeit war eine kleine, von je 10 000 Lebenden starben aufs Iahr berechnet 57 Säuglinge. Das Vorkommen der Infectionskrankheiten blieb meist ein ähnliches wie in der Vorwoche. Etwas zablreiher kamen Erfrankungen an Maïfern, besonders aus Moabit und dem Wedding, zur Mittheilung: auch Erkrankungen an Diphtherie, die aus der Tempelhofer Vorstadt am zahl- reihsten zur Anzeige gelangten, wurden etwas häufiger. Erkrankungen an Scharlah blieben in beschränkter Zahl, Erkrankungen an Typhus kamen nur wenige zur Meldung. Er- krankungen im Kindbettfieber wurden 6 berichtet, rofenartige Ent- zündungen des Zellgewebes der Haut zeigten sich seltener. Au Er- franfungen an Keuchhusten, die in 5 Fällen zum Tode führten, waren seltener, sowie rheumatishe Beschwerden ebenfalls in geringerer Zahl als in der Vorwoche zur aärztlihen Behandlung kamen. 2

In Wien is nah den Berichten des dortigen Stadt- physikats die Influenza in allen Formen im Erlöschen, fie tritt nur no ganz vereinzelt auf.

Breslau, 13. Februar. Auf dem hiesigen Schlachtviehmarkt wurde, wie der „K. Z.*“ mitgetheilt wird, unter den Schweinen die Klauenseuche amtlid festgestellt. Die diesseitige Schweine-Ausfuhr ist verboten. : i

Dessau, 10. Februar. Die Herzogliche Regierung verbietet, wie der „N. Pr. Z.* gemeldet wird, wegen der großen Verbreitung, welche die Maul- und Klauenseuche in den Kreisen Dessau, Cöthen und Zerbst genommen hat, den Antrieb von Rindvieh und Sweinen auf den im Februar in den angegebenen Kreisen ftattfindenden Viehmärkten. i :

Pest, 13. Februar. Die Grippe hat, wie der „K. Z.“ be- rihtet wird, in Kroatien und Agram eine sehr hohe Sterblichkeit hervorgerufen. Wenige Häuser find ohne Kranke. Auf dem Lande sind ganze Familien auêsgestorben.

Portugal.

Durch eine im Diario do Governo vom 4. Februar 1892 ver- öfentlihte Verfügung des Königlich portugiesischen Minifteriums des Innern is der Hafen von Babia, welcher isher als des Gelb- fiebers „verdächtig“ angesehen wurde, für von diefer Krankheit „ver- seucht*“ erklärt worden. (Vgl. R.-A. Nr. 117 vom 21. Mai 1891.)

Handel und Gewerbe.

In dem Concurse der Firma „Aktiebolaget Hotel Kämp“ zu Helsingfors is, wie das Kaiserlih deutshe Konsulat in Helinaiors mittheilt, der gerihtlihe Prüfungstermin, der vor dem

athhausgeriht zu Helsingfors stattfindet, auf Sonnabend, den 98. Mai 1892, 11 Uhr Vormittags, festgeseßt worden. Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Rubr und in Oberschlesien. E

An der Ruhr sind am 15. d. M. geftellt 9151, nicht rechtzeitig

gestellt keine Wagen.

Zwangs-Versteigerungenn

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 13. und 15. Februar 1892 die nachbezcihneten Grundstücke zur Ver- steigerung: Burgsdorferstraße 15, dem Slossermeister Wilbelm Biedke hier gehörig: das geringste Gebot wurde auf 225 000 festgeseßt, für welhes der Kaufmann Emil Wiesen berg, Ziegel- straße 18/19, Ersteher wurde. Linienstraße 131, dem Kaufmann Carl Hinze gehörig; das geringste Gebot wurde auf 4200 46 fest- gesetzt: für das Meistgebot von 425 000 .( wurde der o pri G. Flatow, Waldemarstraße 67, Ersteber. Aufgehoben wurde das Verfabren der Zwangsversteigerung, betreffend das Mever? sche Grundstück, Schulstraße 114.

In der gestrigen Sitzung des Aufsichtsraths der Deutschen Grundshuld-Bank erstattete die Direction Bericht über den Rechnungsabschluß für das Jahr 1891. Der Auffichtsrath beschloß, die ordentliche Generalversammlung auf Sonnabend, den 12. Maärz d. I., einzuberufen und die Vertheilung einer Dividende von 6#°/9 vor- zushlagen: im Vorjabre wurden gleichfalls 65 s Gewinn vertheilt. Die Summe des Hypothekenbestandes bctrug am 31. De- zember 1890 40323051 Æ, am 31. Dezember 1891 44857939 Æ, somit Zunabme in 1891 4534888 ÆM Der Pfandbriefumlauf betrug am 31. Dezember 1890 37 508 900 Æ, Ende Dezember 1891 43 431 600 4, die Zunahme in 1891 beträgt somit 5922700 « Der Reingewinn des Jahres 1891 beträgt 233 197 Æ Hiervon find na dem Statut 5 9/9 dem Reservefonds zu überweisen mit 11 659 „@ Von dem hiernah verbleibenden Rest entfallen 49% auf das Actiencapital mit 120 000 Æ und Tantième an Aufsichtsrath und Direction 22153 Von dem alsdann ver- bleibenden Ueberschuß von 79 383 e wird vorges{lagen, weitere 2 9/9