da befanden wir uns auf festetn Boden. Jebt éröffnen Sie, nachdeiti Sie in dieser Schlaht den Rzug Haben antreten müssen, einen neuen Kampf, eigentlih in der Luft, wie in der berühmten Geister- schlacht nach dem Hunnenk ampf, wo \ch(ließlich bei Nat in den Wolken lauter Phantom-«: kämpften und in heißem Ringen lagen. Sie haben ihn gekämp*t, und ih erkenne an, tapfer und ehrenvoll, aber — nußlos! (He:cterkeit.)
Wenn ih mitten in einer solchen Scene mi befinde, wie mir das schon wiederholt passirt ist, — ih darf nur erinnern an die Vor- lage der üb-xseeishen Postdampferlinien, die ein ziemli ähnliches, viel umwogtes Schicksal hatte, — (Zuruf links) ja, meine Herren, es dauecte zwei Jahre, ehe jene Vorlage durchkam, wo sie dann mit großer Majorität angenommen wurde, — ich sagte also: wenn ih mich mitten in einer folchen Scene befand, so habe ich mich seit lange daran gewöhnt, um die Sache ganz objectiv zu betrachen, einen Punkt außerhalb zu suchen, den Punkt des Archimedes fozusagen, von wo aus man dén Hebel ruhiger Betrachtung anlegen kann; und da sage ih mir denn, wer nah zwanzig Jahren, vielleiht auch nur nah zehn, möglicher- weise auch {hon nach fünf Jahren einmal die heutigen Verhand- lungen durchliest, wenn er dazu überhaupt Zeit und Lust haben sollte, der muß unbedingt zu dem Ausspruch kommen: „In curis inanibue consumitur aevum.“ Mir f\treiten uns wirklich in den Wolken herum. Es ist wiederholt auch in der Presse gesagt worden : die Elektricität bedarf der Einführung in den Verkehr. Das ist ja eine sehr sonore Redensart, oder da der Ausdruck Nedens- art ja wohl verpönt ist, Herr Präsident, (Heiterkeit) eine schr fonore Art zu reden, (große Heiterkeit) — ih \prehe überhaupt jeßt von feinem Mitglied des hohen Hauses — und was also jenen Ausfpruch betrifft, so hat {on Falstaff gesagt: „Gute Phrasen find und waren zu allen Zeiten wohl zu recommandiren, Herr Scheel.“ Dahin gehört auch dies. Was will denn das heißen: Einführung der Clektricität in den Verkehr? Sie ist {hon seit 50 Jahren darin, in der Telegraphie, seit 10 Jahren in der Beleuchtung, seit ciner Anzahl von Jahren, d. i. seit der ersten Münchener Elektrischen Ausstellung, ist sie in der Kraftübertragung. Also, meine Herren, eines Introducteurs bedarf die Elektricität nicht: entweder sie ist selber stark, und dann bedarf fie eben feiner Einführung, oder fie ist nit stark, dann werden auch alle Ihre Reden ihr nicht zu einer Stärke verhelfen. Ich muß do wirkli sagen: diese arme Elektricität! alles will von ihr leben, die Erfinder, die Fabrikanten, die Großindustriellen, die Kapitalisten, die Actiengesellshaften, die Patentanwälte, ja sogar die Patentverwer- thungsgeschäfte, die sh zum theil auch bei diesen Agitationen betheiligt baben, wie mir wohl bekannt ist. Wenn das so fortgeht, meine Herren, dann wird es bald mehr Menschen geben, die von der Elek- tricität Leben wollen, als folche, die der Elektricität bedürfen. (Heiterkeit.) Ih weiß ja ganz gut, meine Herren, daß einer der Hauptherde dieser ganzen Bewegung Frankfurt am Main ist. (Sehr richtig! links.) Ja wohl: sehr richtig! und vielleiht für manchen au sehr charakteristish. Ih will hier aber noch das er- wähnen, daß gerade die Reichs-Telegraphenverwaltung, mit baaren Mitteln, mit den Schäßen unseres NReichs-Postmuseums, mit den Kräften threr Beamten und ihrer Erfahrung sehr wesentlich zur Aus- stellung in Frankfurt am Main beigetragen hat, und daß namentlich die Kraftübertragung in Lauffen ohne die Hülfe der Neichs-Telegraphen- verwaltung überhaupt nicht herzustellen gewesen wäre. (Sehrrichtig! und Hört! hört !) Und statt dessen wenden sich nun die Starkstrominteressenten mit großer Agitation gegen diese Verwaltung: das ist der Dank dafür! (Na! Na!) Jch habe hier das Telegramm vor mir liegen, in welhem auf diesem jeßt ja nicht mehr ungewöhnlihen Wege eine Petition an den Reichstag gelangt ist: darin versteigen sich die Petenten zu folgender Aeußerung: Nachdem fie eine blühende Schilderung alles dessen gemacht haben , was von der Elektricität zu erwarten ist, heißt es da folgendermaßen :
Der Genuß aller dieser Vortheile soll nunmehr für uns in Frage gestellt werden, nicht etwa durch einen äußeren, mißgünstigen Feind,
— 1vas ein mißgünstiger Feind ift, weiß ih überhaupt nicht, jeder Feind ist mißgünstig — (Heiterkeit) sondern durch eine sonst wohlwollende, hochverdiente Behörde des eigenen Vaterlandes. Da wird also die hochverdiente und wohlwollende Behörde des eigenen Vaterlandes in cine Linie gestellt mit einem äußeren miß- günstigen Feind.
Nun hat man von Frankfurt aus Wanderapostel auf Reisen ge- \chickt, die kommen in die Elektrishen Vereine, fangen da ihre Auf- regungen und Bewegungen an und stören diese Vereine in ihrer ruhigen wissenschaftlichen (Lachen links) und befonnenen Thätigkeit. Ja, Ihr Lachen ändert an dem Vorkommniß gar nichts, das steht fest, die Thatsache ist mehrfach vorgekommen, nicht bloß hier, sondern auch in Frankfurt. Ich könnte Jhnen die Betreffenden nennen, indeß ist das ja nicht nöthig. Der Meinung aber bin ih, daß diesem Treiben, welches ih für ein störendes und besonders auch der elektrischen Industrie selber nahtheiliges halte, mit Energie entgegengetreten werden muß. Denn cs wird dadurh eine folhe Beunruhigung in allen Kreisen hervorgerufen, die {licßlich für die Industrie-Interessenten viel schädliher ist als alles, was etwa die bôse mißgünstige Regierung. im Schilde führen könnte! Meine Herren, wenn das Wort gefallen is von dem Beunruhigungsbacillus, fo muß ich sagen, diesmal is es ein wohlausgewachsenes Beunruhigungsmega- therium. (Große Heiterkeit.)
Es wird immer versucht, uns zu imponiren mit Angaben: an dieser Versammlung haben 800 Personen theilgenommen, an diesem Congreß 400 Personen u. st. w. Ja, meine Herren, auf die Zahl der Personen kommt es doch nicht an, es fragt sich, wie viel denn darunter gewesen sind, die wirklißh von den Fragen der Wissenschaft und Technik und namentlich des Fernsprechers, die doch hier besonders in Betracht kommen, überhaupt etwas Gründlicheres verstanden haben 1 Mit diesen Zahlen werden Sie bei uns in der That keinen Eindruck machen. Der Dilettantismus, der sich in diesen frei zusammentretenden Versammlungen breit macht, ist allerdings von uns zu bekämpfen. Sie kennen ja die alte Geschichte, ih glaube, fie steht im Plutarch : wie Hannibal in Ephesus weilte in der Verbannung, da kam einmal ein Nhetor aus Athen Namens Phormio und hielt einen zweistündigen Vortrag über Kriegskunst und Feldherrngenie; er wurde fehr beklatscht von den EŒphefern wegen der {önen Art zu reden, die er sih ange- wöhnt und von Athen mitgebraht hatte. Nur Hannibal verhielt sich schweigend, 11d wie er mit seim Gastfreund das Lokal verließ, wie
man zu sagen pflegt (Heiterkeit) und dieser ihn fragte: was sagst du denn zu diesen Ausführungen ? so erwiderte er: Ih habe noch niemals einen größeren Narren reden hören. (Heiterkeit.) Das kann man nit selten au auf die Reden anwenden, wie sie in folchen Versamm- lungen gehalten werden. (Große Heiterkeit.) Ich weiß mich zu erinnern an einen Mann, der cinmal auf einem Dampf\chiff eine Reise von Mainz nach Bingen gemacht batte und von dem Augenblick an glaubte, die ganze Kenntniß der Nautik und Astronomie zu besißen. (Heiterkeit.)
Die Petitionen der Städte betreffend, fo sind sie ja schon gestern von einer Seite und auch beute wieder der Kritik unterzogen worden. Ich will das niht nachahmen und will sie milder behandeln nah dem Princip, was Hamlet ausspricht in den Worten: Der Rest ist Schweigen. (Heiterkeit.)
Meine Herren, ih muß von neuem Verwahrung dagegen ein- legen, daß die Telegravhenverwaltung hier immer als Partei con- struirt wird gegenüber den Starkstromanlagen. Sie if ein Theil der Regierung, und hier steht Ihnen überhaupt nit die Telegraphen- verwaltung gegenüber, fondern es sind die verbündeten Regierungen, die Ihnen gegenüber stehen. Ich weiß wohl, daß aus dieser sophistishen Wendung viel Kapital geschlagen wird; aber es hat doch auch Entrüstung erregt in vielen Kreisen. Ich habe hier ein Eremplar der „Elektricitätszeitung“, und bemerke, daß dies Blatt in keinerlei Verhältniß zur Post \teht. Ich kenne keinen von den Herren, die daran mitarbeiten. Es ift das ein teh- nishes Blatt, Centrakorgan für die gesammten Interessen der elektro- technischen Industrie. Darin steht Folgendes:
Die Berliner Elektricitätswerke haben 1890 10 9/4 Dividende vertheilt und sich zur Höhe von 180 9/4 auf dem Curszettel emvor- ges{wungen. Gleichwohl hat sich die Petition des Berliner Ma- gistrats zu der Behauptung verstiegen, die Verleihung des NRegals bedeute in leßter Linie nichts anderes, als die Einschräukung von Rechten Aller zu Gunsten Einzelner. Das klingt beinahe, als wenn der Herr Staatssecretär von Stephan, als Einzelner, die Rechte in die Tasche steckte, welhe dem Volke entzogen würden, während das Verhältniß gerade umgekehrt is und in Wirklichkeit dem Reich, also der Gesammtheit der Steuerzahler, die Nechte ge- seßlih gewahrt werden sollen, die es seither hon thatsächlid aus- geübt hat, welche aber Einzelne, nämlich die Elektricitätsunternehmer und ihre Finanz-Hintermänner für sih allein möchten, die Stadt- vertretungen sollten sich wohl hüten, wenn auch vielleicht unbeab- sichtigt, auf diese Weise die Geschäfte prosperirender Unterneh- mungen, bezw. der haute finance (Heiterkeit) auf die Gefahr hin zu führen, daß dadurch die Gesammtheit der Steuerzahler oder mindestens das große Publikum leiden und die Zeche bezallen müßte.
In einer kleinen Schrift, einer Broschüre, von sahkundiger Seite, die mit der Post- und Telegraphenverwaltung ebenfalls in keiner Be- ziehung steht, heißt es:
Glaubt sie (die Telegraphenverwaltung), noch ohne ein \olches Geseß, nämlih Elektricitätsgesez, auskommen zu können, so hat die elektrotechnische Industrie am wenigsten ein Interesse daran, den Erlaß eines solchen, das ihr gewiß Beschränkungen auferlegen wird, zu beschleunigen. Gerade hier wird es sih nach der Ansicht des Verfassers s{ließlich zeigen, daß nicht die Reichs-Postverwaltung aus einer Art versönlichen Interesses auf eine Beschränkung der elcftrotechnishen Industrie hindrängt, sondern daß das an dem un- gestörten Betrieb der Telegraphie interessirte große Publikum darauf dringen wird, den telegraphishen Verkehr niht durch den nach- theiligen Einfluß anderer Unternehmungen gestört zu schen, die an ih zwar bedeutsam sind, gegenüber der Bedeutung des Telegraphen- verkehrs für das große Publikum aber minderwerthig erscheinen.
Ich komme noch auf cinige Bemerkungen, die der Herr Abg. Dr. Siemens im Verlauf seiner gestrigen Nede machte. Er erwähnte auf meine Anführung, daß die Elektricitätsleistung noch fehr theuer wäre, es sei das cin Irrthum, ihm habe Jemand gesagt — er nannte den Unternehmer nicht — er könne die Pferdekraft zu 35 Pfennig pro Stunde liefern. Meine Herren, cs ist hon gestern erwähnt worden, daß die Kraft, welche dur die Elektricität hervorgerufen wird, in der That verhältnißmäßig noch theuer zu stehen komme. Ich wünsche ja sehr, daß sie recht bald dahin gelangen möge, ihre Kraft billiger ab- geben zu fönnen, vorläufig aber, und bis es uns etwa gelingen wird, die Dampfkraft direct in Elektricität umzuseßen, statt daß es jeßt noch immer des Zwischengliedes, der Dynamomaschine, bedarf, werden ih die Preise noch wohl längere Zeit hoh stellen. Ich habe hier eine Berehnung von cinem namhaften Fach- mann, einem Ober - Ingenieur der Kaiserlich sösterreichischen Negterung, der über die Lauffener Kraftübertragung shreibt, von der bereits viel in den Zeitungen verkündet worden ist — ih. wünsche dringend, daß sich das alles bestätigen möge; aber das will ih auch fagen, eine amtliche Nachricht habe ih noch nicht erlangen können über die Resultate, die erzielt find — in dieser Berechnung heißt es:
Vebertragen wurden 805 000 Watt; in Frankfurt gelangten zur Ausnützung 580 000 Watt, was somit einem Wirkung2grade von 729/09 gleihkäme; ein ganz überrashend hoher Nußeffect! Von den 10000 Isolatoren wurde nur ein dreifacher Oelifolator bei dem Versuche mit den 30 000 Volt durchgeschlagen. Obwohl nun der technishe Erfolg ein außerordentlih befriedigender zu nennen, fo i die Sache, finanziell genommen, nicht fo günstig, Jede übertragene Pferdekraft erforderte Erstellungskosten 1500 Fr., wovon 1250 Fr. pro Pferdekraft auf die Leitungs- errihtung fallen. Würde man hier Amortisation, Verzinsung, Beaufsichtigung und Instandhaltung rechnen, so stellt si der Preis der Pferdekraft vor den Thoren Frankfurts shon auf etwa 320 bis 350 Fr. pro Jahr. Wenn dann auh das Secundârnes und die sonstigen Vorkehrungen zur Kraftvertheilung in Frankfurt hinzu- gerechnet werden, so sieht man wohl ein, daß die Sache in der That ein wunderbares Experiment genannt zu werden verdient, auf finanziellen Erfolg aber keinen Anspruch erheben darf.
Also, meine Herren, ih glaube auh {on bemerkt zu haben, daß sich cine gewisse Vorsicht bei den Stadtverordneten-Versammlungen der einzelnen Städte geltend macht, namentlich nah der Mahnung, die der Königlich preußishe Herr Finanz-Minister neulich im Ab- geordnetenhause an sie gerichtet hat, den Stadtsäckel festzuhalten. Mir ift persönlih gesagt worden unter anderem von Gastwirthen, daß fie kaum auf die Dauer die elektrishe Beleuchtung, wenn sie fo theuer sei, in einzelnen Zimmern werden halten können. Mir ist fehr wohl befannt, was von den Elektrotechnikern dagegen gesagt wird. —
Nehmen wir einmal den Fall an: es braucht ein Mann ein Flamm enftärke von scch8 Kerzen; nun genügt ibm das nicht voile: er will es heller haben, er geht zur eleftrischen Beleuchtung über, Diese sechs Kerzen haben ihm, wir wollen mal sagen, einen Thalcx gekostet; nun muß er für das elektrische Licht drei Thaler dien Das kommt ihm wunderlih vor; es tröstet ihn aber die Elektrische Gesellschaft damit: Du hast jeßt achtzehn Kerzen! Ja, sagt er, was thue ih damit? Jch brauche nur neun, und die könnte ih für 14 Thaler haben! Mit der Wasserkraft is es au sol Sache, da sie in vielen Fällen nicht regelmäßig ift. Ih führe dies nur an gegen die übertriebenen Vorstellungen, die man sich von den Wundern der Elektricität macht. Wenn dies nun den Herren nit angenehm ist, so hätten Sie diese Discussion beim Negalge seß überhaupt nicht hervorrufen sollen.
Daß die dynamischen Maschinen noch großer Vervollkommnung entgegengehen werden, das steht bei dem menschlichen Erfindungsgeist fest. Wir brauchen nur an das zurückzudenken, was mit der Dampf. maschine gesehen ist. Newcomen hatte {hon eine brauchbare Maschine hergestellt, ganz wirkungsvoll, aber fie verbrauchte einen schr großen Brenn- stoff. Siebzig Jahre hat es gedauert, ehe James Watt seine Erfindungen brachte, den Condensator, das Parallelogramm u. \. w. und weitere sicbzig Jahre sind erforderli gewesen, bevor wir zur Woolf'fchen Maschine und zur Compoundmaschine gekommen sind.
Etwas Aehnliches wird mit den Dynamomaschinen geschehen, Die ersten Anfänge reichen in das Jahr 1832 zurüdck, als der Pariser Pixii — man kann es nicht Maschine nennen, aber den ersten elektri- schen Kraft-Apparat {uf. Dann ruhte die Sache bis zum Jahre 1857. Da kam Werner von Siemens mit der fehr sinnreichen Er- findung des Cylinder-Inductors, — einer erheblichen V.rbesserung, die er in den Inductorstollen anbrahte. Dann kam das Jahr 1860, da wurde wieder ein Fortschritt erzielt durch den Italiener Pacinotti mit der Erfindung seines Ninges. Sodann fand Werner von Sie- mens 1866 das elefktro-dynamische Princip; dann kam die Maschine, die der Belgier Gramme im Jahre 1870 auf den Markt brachte und die heute in Hunderttausenden von Exemplaren functionirt. Jeßt sind wir dahin gekommen, daß man, wie ich in Frankfurt gesehen habe, Dynamomaschinen construirt von 500 bis 600 Pferdekräften mit 400 000 bis 500 000 Volt-Ampère-Leistung, sowohl mit Gleichstrom als mit Wechselstrom. Ebenso wird das hoffentlich weiter gehen, es werden diese Maschinen weiter vervollklommnet werden. Zunächst aber, wie gesagt, ist die elektrische Kraft, namentli auf weitere Ent- fernungen noch theuer, und jedenfalls liegt die Sache noch nit so, daß Sie hier von großem und allgemeinem nationalen Interesse zu reden brauchen. Soweit sind wir leider noch nit; ich sage: leider! cs wäre ja höchst wünschenswerth, wenn es dahin käme.
Wenn nun immer auch angeführt wird, daß die Kleinindustrie cinen großen Vortheil davon haben werde, so habe ih auch dagegen meine Bedenken; denn die elektrishe Kraft ist ja an die Leitungen gebunden, Sie können nicht die Litung an jede Drehbank, in jede Shlosserwerkstatt, in jeden Klempnerkeller einführen; das hat do au seine wesentlihen Bedenken. Sodann kommt der höhere Preis in Betracht und die bekannte wissenschaftliche Thatsache, daß je kleiner der Motor ist, desto geringer scin Nuteffect ist, also desto stärker der Kraftverlust is. Wir haben das erlebt mit den Gasmotoren und den calorishen Maschinen. Es knüpfte sih an diese Ericson-Maschine und auch an die Gasmotoren eine weitgehende Erwartung; es sind auch Hunderttausende von Gasmotoren im Gebrauch, das weiß i, aber das ist doch noch nicht eine große Anzahl gegenüber der Ge- sammtzahl Gewerbtreibender. Also, wenn Sie diese Argumente uns gegenüber anführen und mit den „kleinen Gewerbtreibenden“ frommen, so ist die Zeit noch nicht da, wo dieses Argument zieht und eine sachliche Unterlage hat. :
Ih komme nun zu den Anträgen, die von jener Seite des Hauses eingegangen sind und die den bekannten gegnerischen Stand- punkt cinnehmen. Der Herr Graf Arnim hat bereits vorhin gesagt: in diesem Kampfe — so möchte ih es niht nennen — also in diefen Differenzen zwischen chwachen und starken Strömen is ja der shwadhe Strom der kleinere Theil. Er hat ganz richtig angegeben, daß der Starkstrom 100 000 mal fo stark ist als die Ströme, mit denen wir telegraphiren. Diese Zahl steigert sich aber noch sehr, bis 500 000, selbst bis 1 000 000, z. B. bei der atlantishen Telegraphie, wo wir den Syphon-Recorder benußen, der nur äußerst {wache Ströme in die Leitung schickt. Die schwachen Ströme können Sie doch nun hinsichtlih des Selbstshußes nicht in derselben Weise behandeln wollen wie die Starkströme, von denen die Strömung ausgeht; von deu {wachen Strom kann fie niemals ausgehen, es wäre das ebenso, als wenn Sie einen Papiertopf zum Küchengebrauch vergleichen wollten mit einer Dampfmaschine mit einem Kessel von 20 Fuß Länge und 10 Atmosphären Ueberdruck. Die Starkströme können Menschen tödtet, Eisen s{chmelzen, Feuecrsbrünste erzeugen —, die Feuerversicherungsgesell- schaften sind ja jeßt s{chon dahinter, wie ih das gehört habe — und machen ganz andere Sicherheitsmittel nöthig als die schwachen Ströme. Nun sagt der Antrag des Herrn Abg. von Bar — der erste von den vier Anträgen ; Sie haben ja auch in diescr Beziehung häufiger gewe{selt und Ihre Anträge modificirt, ih erkenne daran ein gewisses Bestreben, uns entgegen zu kommen, ich bedauere nur, daß das nicht nahdrücklicher gewesen ist, — °
„Telegrapheneinrihtungen müssen so angelegt werden, daß 11e gegen Einwirkungen benachbarter elektrisher Einrichtungen und Leitungen, mögen dieselben bestehen oder erst in Zukunft hergestellt werden, möglich\t in sich selbst geschüßt sind". :
Meine Herren, von Starkströmen sagen Sie hier garnict®é. Also bloß die Telegraphenströme, die schwachen, sollen sich in sich felbst \chüßen, den starken wollen Sie überhaupt garkeine Verpfli d tung auferlegen! Gerecht ist das nicht, billig auch nicht, und freisinntg erst recht nit (Heiterkeit), in dem Sinne wenigstens nicht, der ge wöhnlih diesem Worte beigelegt wird. Sie haben das aucl) gefühlt und baben einen zweiten Antrag gestellt und haben hinterdrein gesebßt, „vorausgeseßt, daß auch die Starkstrôme in sih geshüßt sind“. Sie haben wohl gefühlt, welhe Ungerechtigkeit und Unbilligkeit in den! ersten Antrage lag, durch welchen Sie dem Reich diese ganze Last aufgelegt haben würden; ih sage nicht, daß Sie es gewollt haben, aber es wäre die Wirkung gewesen. Meine Herren, Jenen ganzen Sah verstehe ih \sprachlich nicht, ih verstehe ihn logis nicht und verstehe ihn technisch nicht; nehmen Sie mir das nil
übel. Also erst einmal sprahlich; was heißt denn das: in si felbst geschüßt ? Man kann sih gegen etwas {üßen, vor etwas hüten, aber nit fich in sich selbst {chüßen. Ich frage weiter, gege!
wen denn? fkênnen Sie denn sämmtliche Starkströme, und die Er- findungen, die noch fommen werden? Denn es steht in Ihrem An- trage wörtlich: „mögen dieselben bestehen oder erst in Zukunft hergestellt werden“. Sie können doch nicht wissen, welde Erfindungen noch fommen werden und dagegen follen wir uns s\{chon jeßt \{chügen?! Js es denn überhaupt mögli, cinen folhen Gefeßesparagraphen auszuführen? Jch will einmal einen kleinen Vergleich hier anwenden, es könnte z. B. eine Starkstromanlage bei einer Eisenbahn aufgestellt werden, und die magnetishe Strömung beeinflußte die Schienen, überhaupt das ganze Eisenzeug in dem Zuge dermaßen, daß der Betrieb stockt. Es wird doch wahrhaftig keinem Menschen einfallen, zu sagen, die Eisenbahn hat die Vorkehrung zu treffen, daß sie vorwärts kommt (sehr richtig! rets), sondern der Starkstrombesißzer hat die Vorkehrung zu treffen, daß er nit die allgemeinen Verkehrseinrihtungen stört und zerrüttet (Sehr richtig! rets); gerade fo, wenn jemand eine Dynamitfabrik anlegt, so muß auch diese für Schußmaßregeln forgen. Als die erste Dampf- maschine kam, da fiel au niemandem ein zu sagen, nun panzert Eure Häuser, sons fährt Euch das Unthier hinein. Nein, es wurde umgekehrt gesagt: der Besißer der Dampfmaschine hat den Kessel und die Mauern entsprehend stark zu machen, und alle Jahre finden Kesselrevisionen statt, die bei Starkströmen auch eingeführt werden müssen, damit Unglücksfällen vorgebeugt wird. Meine Herren, deshalb finde ih Ihren Antrag auch logish verfehlt; denn der Stärkere muß veranlaßt werden, die Sicherungsmaßregeln zu treffen, damit kein Unheil geschieht. Und technisch endlich finde ih den Antrag deshalb nicht be- gründet, weil, wie vorgestern s{chon von einem der Herren Commissare nachgewiesen ist, überhaupt ein technisher Schuß der Fernsprechlinien zur Zeit niht durhweg möglich ist. Es handelt sih hier um eine reine Kostenfrage: wer foll die Kosten bezahlen? — und die Tendenz, oder ih will lieber fagen, die Wirkung der Anträge — ih nehme Tendenz zurück, aber die Wirkung der Anträge geht dahin, daß die Kosten hauptsächlich auf die Reichsverwaltung gelegt würden. Herr Graf von Arnim hat schon angeführt, daß diese Kosten so erheblich sein würden, daß wir mit der Anlage neuer Telegraphen- linien innehalten, daß wir das Tempo in der Entwickelung der An- lagen, welhes wir bisher zum Nußen des ganzen Volkes eingeschlagen haben, nicht weiter würden fortseßen können, wahrscheinliß auch wir die Gebühren würden erhöhen müssen.
Also, meine Herren, wenn das die Folgen sind, so steht doch die Sache so, daß im Interesse der Starkstromanlagen, damit die Unter- nehmungen der Elektricität keine Kosten für diesen Shuß haben, eine Contribution auf das Volk und die Steuerzahler gelegt würde — das ist die natürlihe Folge Ihrer Anträge. Daß die Regierungen sich einer folchen Auffassung niht anschließen und daß diese auch im Volk keine Wurzeln hat, wenn sie bekannt wird, das, glaube ih, steht wohl ziemli fest.
Nun, meine Herren, möchte ich noch dem Herrn Dr. Siemens antworten, der gestern hier die Frage stellte: welhe Nechte eigentlich die Telegraphenverwaltung für sich in Anspruch nehme, worauf ich erwiderte, das hätte ih in der Commission gesagt. Es wurde das bestritten, und zwar von verschiedenen Seiten. Ich entsinne mich aber sehr gut, daß ih auf die Frage des Herrn Abgeordneten — ih glaube, es war der Herr Abg. Schrader — gesagt habe: das stebt in den verschiedenen Geseßen, in Local- und Particular- gesezen, Wegeordnungen, Bundesrathsbefshlüssen und im deutschen Reichs - Strafgeseßbuh. Sie, der Sie Jurist sind können sh das ja leiht heraussuhen; das wird nach den Einzel- fällen entschieden, und wir haben feine Veranlassung, uns jeßt näher damit zu beschäftigen, wir übergeben solche Fälle event. deim Rechtsanwalt, und dann nimmt die Sache ihren Lauf vor dem ordentlichen Gericht. Ich muß also Verwahrung dagegen einlegen, daß ih die Rechte nicht bezeichnet hätte. Ich habe cs gesagt in der Commission; freilich in dem Berichte habe ih es niht gefunden — es ist ja auch nicht mögli, bei dem Umfange der Verhandlungen in der Commission und der Mühe, die der Herr Referent gehabt hat, alles aufzunehmen. Es ist auch bei manchem ganz gut, wenn es nicht hineinkommt.
Endlich hat der Herr Abg. Dr. Siemens, und ih glaube noch einer von den Herren — ich weiß es im Augenblick niht genau — noch einen Gesichtspunkt, der einen gewissen Cindruck machte, hier ins Gefecht geführt; er hat gesagt: wenn in Deutschland den Industrieunternehmungen solche Lasten auferlegt werden, wie das hier in diesem Gefeß geschieht — nach der Auffassung der Herren nämli —, dann wird unsere elektrishe Industrie gegenüber dem Ausland vollständig concurrenzunfähig werden. Meine Herren, das ist ja ein Grund, der immer zieht, bei den Handelsverträgen z. B. U. . w. und der vielfach angewendet worden ist. Aber wie steht die Sache thatsächhlich mit dem Auslande? Wenn wir uns in den dortigen Geseßgebungen umsehen, so werden Sie finden, daß gerade das Um- gekehrte besteht von dem, was Sie wollen, nämlih ein entschiedener Zwang für die Starkstromleitungen, sih nach den Einrichtungen der Telegraphie zu rihten und von den Telegraphenverwaltungen be- stimmen zu lassen, was geschehen soll. Namentlih auch das Verbot die Erde zu benutzen, das ift ja, was wir wollen; wenn Sie das in das Gesetz hineinschreiben wollen, könnten wir die ganze Debatte hier Iparen.
Ich werde mir eclauben, einzelne von den Geseßesbestimmungen — sie find nit lang — hier mitzutheilen. Es heißt in dem öster- reihishen Gese —, in der Verordnung vom 25. März 1885:
durch die Betriebsanlage — nämlich gewerbsmäßig betriebene Herstellung von Anlagen für Erzeugung und Leitung von Elektricität zu Zwecken der Beleuchtung und Kraftübertragung — durch die Betriebsanlage und durch deren Genehmigung sowie durch deren Ausführung dürfen insbesondere Telegraphenleitungen nicht beeinträchtigt werden.
Werden folche Beeinträhtigungen wahrgenommen, fo sind die Telegraphenbehörden verpflichtet, auf die Beseitigung der Ursachen zu dringen.
In Ungarn — Geseß vom Jahre 1888 —:
Die elektrishen Beleuhtungen auf öffentlihen Gebieten, sowie alle anderen eleftrishen Leitungen können nur derart errichtet und installirt werden, daß durh ihre Einrichtung und vor- nehmlih dur die Leitung des elektrishen Stromes die Thâtigkeit der in Gemeinbenußzung stehenden Telegraphen, Telephon und elektrishen Signale nit gehindert und gestört wird.
In Italien — Gesey vom Jahre 1889 —:
Die zur celektrishen Beleuhtung und zu anderen industriellen Zwecken dienenden Leitungen müssen einen vollständig dur metallishe Drähte geschlossenen Stromkreis bilden und dürfen an keinem Punkt mit der Erde in Berührung kommen.
— Wenn Sie uns das gewähren, sind wir vollständig einver- standen; weiter wollen wir nihts. Wenn Sie die Starkstromanlagen so anlegen, brauchen wir feinen Schuß für uns. —
Ferner: Die in der Nachbarschaft von Telegraphen- oder Fern- \sprehleitungen befindlichen Lichtleitungen müssen mit Stoffen bekleidet sein, welche in genügender Weise die elektrishe Isolirung sichern.
Wenn der Unternehmer einer eleftrishen Anlage seine Lei- tungen in der Näbe von Telegraphen- oder Fernsprechleitungen ver- legen oder an bestehenden Anlagen eine bezüglihe Aenderung vor- nehmen will, \o ift er verpflichtet, bei der Telegraphenverwaltung die Erlaubniß hierzu zu erwirken.
In Belgien — Geseß vom Jahre 1887 —!
Die Leitungen für elektrische Beleuchtung müssen einen ge- \{lofsenen metallischen Stromfkreis bilden ; dieselben dürfen an keinem Punkte mit der Erde in Verbindung stehen. Jede Verbindung mit Wasser- 2c. Röhren ift streng verboten.
Der Unternehmer hat von allen Arbeiten, welche in der Nähe der von der Regierung bergestellten oder concessionirten Telegraphen- oder Telephouleitungen auszuführen find, der Telegraphenanstalt vorgängige Anzeige zu erstatten.
Für Ungarn möchte ih noch nachtragen: Da heißt es:
Alle Kosten, welhe durxh die Ausführung von Sicherheits- vorkehrungen oder durch Verlegung von Telegraphen-, Fernsprech- oder eleftrishen Leitungen erwachsen, hat der Unternehmer zu tragen.
Frankreich. Verordnung vom Jahre 1888:
Art. V.
Die Benutzung der Erde und die Verwendung von Wasser-
oder Gasröhren als Leiter ist verboten. Art. VII.
An allen denjenigen Stellen des Linienzuges, wo die Stark- stromleitungen eine Telegraphen- oder Telephonlinie freuzen oder in seitlißen Abständen von weniger als 2 m von diesen verlaufen, müssen die Leiter mit einer Jsolirhülle umgeben fein.
Schweiz. A. Bundesgesey vom Jahre 1889:
Art. VIII.
Vor ver Errichtung von elektrishen Anlagen für Starkströme sind die Pläne 2c. der eidgenössischen Verwaltung vorzulegen. Diese wird bei der Genehmigung der Pläne sowie während des Betriebes den Unternehmer der Starkstromleitung zu den erforderlichen Maß- nahmen verhalten, um die Telegraphen- und Telephonanlagen gegen jede Gefährdung und Betriebsstörung sicherzustellen und die zukünftige Ausdehnung derselben niht zu verunmöglichen.
B. Verordnung vom 7. Dezember 1889:
Artikel T.
In Ausführung des Bundesgeseßes vom 26. Juni 1889 sind die Cantonsregierungen, Gemeindebehörden 2c., welche beabsichtigen, oberirdische oder unterirdishe Leitungen für Starkströme anzulegen, gehalten, der Telegraphen-Direction einen genauen und vollständigen Plan der gesammten Anlage vorzulegen.
Art. 1V.
Auf Grund der bezüglichen Angaben wird die Telegraphen- Direction prüfen, ob und welche Aenderungen an der praktischen Anlage zum Schuße der bestehenden Leitungen vorzunehmen seien. Im Falle sih der Unternehmer den gestellten Anforderungen nicht zu unterziehen gewillt is, wird die Angelegenheit dem Bundesrath vorgelegt, dessen Entscheidung abgewartet werden muß.
Nun frage ih Sie doch: wenn das alles Bestimmungen im Aus- lande sind, die ja eigentli einen drafonishen Charakter tragen gegen- über dem milden und harmlosen Gesetz, daß wir Ihnen vorgelegt haben, wo wir nicht eine einzige dieser Forderungen stellen — dann fann man doh unmögli sagen, daß, wenn dieses Geseß durchgeht, dann die Concurrenz der clektrischen deutshen Industrie mit dem Auslande gefährdet ist. Ich habe mich vergebens gefragt, warum es so schwierig ist, hier in Deutschland ein so einfahes Geseß, wie dieses zu stande zu bringen. Ich muß daran denken, was Plato einmal zu den Cyrenäern sagte, als sie an ihn schrieben, er möchte ihnen eine Verfassung machen; — da antwortete er: „Den Cyrenäern Geseze geben is sehr s{chwer, weil sie viel zu glücklich sind“. Das, glaube ich, trifft auch in Deutschland zu. In anderen Ländern liegen die Verhältnisse ganz anders und die Regierung macht ganz andere Ansprüche an die Gesctz- gebung, als es jemals bei uns intendirt worden ift.
Nun sind gestern noch einige persönlihe Bemerkungen gemacht; ih habe zu diesen das Wort niht mehr genommen, weil nah der Geschäftsordnung dann die Debatte wieder eröffnet worden wäre, und weil heute Zeit genug war, das zu jagen, was ih darüber noch anführen will. Es hat mir natürlich nicht in den Sinn kommen können, zu meinen, daß, wenn Sie etwas bezeugen sollten oder dazu aufgerufen würden, daß Sie etwas wider Ihr besseres Wissen bezeugen könnten. Es ist das nicht im mindesten meine Absicht gewesen. Ich habe nur das im Auge gehabt, daß möglicherweise meine Aeußerungen in der Com- mission, wie sie ja mitunter das Schicksal gehabt haben, von Herrn Schrader uud seinen Herren Parteigenossen mißverstanden worden sind. Nur darauf bezog sih das, und ih habe mih für verpflichtet gehalten, diese Erkärung abzugeben, um jedes Motiv zu einer Miß- stimmung zu entfernen.
Nun haben die Herren Abgeordneten Dr. Siemens und Singer {ließlich noch ein persönliches Motiv in die Debatte gezogen. Es pflegt dies ja öfter zu gesehen, wenn man mit den sahlihen Motiven nit recht weiter fommt. Ein gutes Zeichen für den Sieg der Sache ist das eigentli nit, aber es ift in ciner für mich fehr chrenvollen Weise geschehen, die ih nur mit Dank anerkennen kann. Die Herren haben mir ja sogar Energie und NRüfsichtslosigkeit nahgerühmt; sie haben dann ferner gesagt: zu dem jeßigen General-Postmeistér haben wir wohl das Vertrauen, daß er das, was er verspricht, auch halten wird, und daß er keinen fo bureaukratishen Charakter hat, um ein Geseß in tyrannisher Weise auszuführen, und daß von ihm sicherlih ein Eingriff in berehtigte andere Interessen, in die Volts- wohlfahrt, die Industrie und namentlich in den Verkehr nicht zu erwarten ist. Aber, haben Sie gesagt, sind wir denn sicher, daß er cinen Nach- folger haben wird, der dieselbe Sanftmuth, dieselbe Nachgiebigkeit und dieselbe Harmlosigkeit besißt wie er? (Große Heiterkeit.)
Nun, meine Herren, mag mein Nachfolger, wenn Gottes Wille
oder die Entscheidung des Kaisers mih ven diesem Posten abberufe, sein, wer er wolle, und ich wünshe dem Vaterlande von ganzen Herzen, daß es ein höher veranlagter Mann sei als ich — niemals wird er die Verwaltung anders führen können, als nah den Traditionen, die fest stehen, und nah den Ge- sammtidcen, wie sie in der Culturentwicklung liegen. In ciner Zeit, wo das große Wort gefallen ist: die Welt im neunzehnten Jahrhundert steht unter dem Zeichen des Verkehrs, da halte ih es für ganz unmöglih, daß die wichtigste Verkehrs- verwaltung jemals gegen den Volksgeist und gegen die Interessen der Gesammtwohlfahrt geführt werden könnte. Die NReichstelegraphen bilden das Nervensystem des ganzen Staats- und Gesellschaftslebens ; lehnen Sie die Anträge ab und verhüten Sie es durh die Ablehnung, daß in dieses Nervensystem eine Zerstörung, eine Zerrüttung hinein- fommt. Sie werden damit sicher der Cultur, dem ganzen Volkswohk cinen Dienst erweisen und einen starken Baustein zur Festigung des öffentlichen Rechts beitragen. (Brävo.)
Aba. Schrader (dfr.): Die Rede des Staatssecretärs sei voller Mißverständnisse gewesen. Bedauerlih sei es doch, daß ein internationaler Congreß, den man nach Deutschland ein- berufen habe, der als Chrenpräsidenten den Staatsfecretär Dr. von Stephan gehabt habe, jeßt so von oben herunter be- handelt werde. Gerade dem Auslande gegenüber sei das nicht ret, denn die Versammlung sei zweifellos eine der hervorragendsten wissenschaftlichen Ae gewesen, die Deutschland je gesehen habe. Ueber die Rechtsauffassung der verbündeten Regierungen habe man bis zum gegenwärtigen Augenblick tros aller Bemühungen immer noch feine Aufklärung erhalten. Die im Publikum entstandenen Miß- verständnisse entsprängen lediglich aus der Behandlung dieser Materie durch die verbündeten Regierungen. Man habe dem Reichstag ein ganz unvollständiges Gescy vorgelegt, dessen Vervollständigung ihm entseßliche Schwierigkeiten gemacht habe. Das Gefeß über die Elektri- citätsanlagen liege seit einem Jahre beim Bundesrath, ohne vorwärts zu fommen. Wäre dieses Gesey entspcehend gefördert worden, so hâtte sih die Berathung sehr viel einfacher ge\taltet. Auch hier im Hause werde seitens des Bundesraths nicht ein einigermaßen befriedigendes Entgegenkommen gezeigt. Welches Necht besiße die Telegraphenverwaltung für ihre Leitungen auf den Straßen und unter der Erde? Diese Frage sei noch immer unbeantwortet. Das Recht, die Erde als Rückleitung zu benutzen, sei als ein aus\chließ- liches Recht der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung nirgends und nicmals fstatuirt worden, praktisch stehe dem die Forderung der Verwaltung gegenüber, daß ihr unter allen Umständen das Vorrecht gebühre. Auch das Recht der Priorität, welches der Antrag Bödiker nchern wolle, fönne hier niht ausshlaggebend fein. Eine gerechte Behandlung der Interessenten verbürge nur der Antrag seiner Partei Man \tehe vor einer großartigen Entwickelung der Elektricität, und man sehe, daß die Maßnahmen der Venvaltuna die Möglich- feit der Nußbarmachung derselben für die Allgemeinheit auszu- {ließen geeignet seien. Deshalb sollte man auch über die Dar- legungen der Städte niht so gleichgültig hinweggeben , die in der freien Verfügung über ihren Grund und Boden nicht gehindert sein wollten. Man fei {on so weit, daß ein Selbst- \huß auch von Telephonleitungen, wenn nicht vollständig, fo doch in hohem Grade möglih sei. Eine Reihe von Telephonleitungen functionirten hon jeßt gut neben Starkstromleitungen, und er habe das feste Vertrauen zur Technik, daß sie etwaige Mängel noch besei- tigen werde. Gebe es für den Ausdruck in dem Antrag „in sich felbst ge\chüßt“, der au bisher in der Telephontechnik üblich fei, einen besseren technishen Ausdruck, so wolle seine Partei ihn gern acceptiren ; er bedeute, daß der Selbstschuß durch Rükleitung erfolgen folle. Habe eine Telegraphenleitung Rückleitung, so sei dem Geseße genügt. Es sei aber niht in jedem Fall eine fsolhe Einrichtung sowohl für Telephonleitungen als auch Starkstromleitungen nöthig, und der Antrag feiner Partei beschränke sh darauf, daß Nükleitung nur nöthig sei, wenn Störungen zu befürchten scien. Beide Theile follten sich dann verständigen, wer von beiden die Rütleitung mache und wer die Kosten trage. Das sei die einzig möglihe und gerechte Entscheidung der éFrage. Die Kosten jeien nicht von großer Bedeutung, in Halle Me die Sicherstellung der Telephonleitung nur 10- oder 11000 4 gekostet. Die Städte empfänden vor allem die langwierigen Verhandlungen mit den Behörden über die Zulässigkeit einer Anlage s{chwer. Damit diese Erschwerungen nicht übermäßig würden, müßten die beiderseitigen Rechte ganz klar festgelegt werden. Der Antrag Strombeck stehe dem feiner Partei am nächsten, aber ihr Antrag drücke s{härfer aus, daß eine rechtliche Gleichstellung beiderseits stattfinden solle, und beseitige die erhobenen Bedenken auch besser als der Antrag Lieber-Spahn. Der Antrag Bödiker sei weniger annehmbar, weil er das Prioritätsreht scharf betone. Heute thue der Reichstag gut, den Antrag feiner Partei anzunehmen, eine befsere Form licße Hd bis zur dritten Lesung finden. Wenn au heute die Regierung allen Anträgen widersprehe, so werde das wohl in der dritten Lesung anders sein. Das Haus habe das Be- dürfniß, diese Frage in diesem Gese zu regeln, und wenn die Regie- rung vor der Frage stehe, ob sie das Gesetz mit einer solchen Bestim- mung annehmen solle oder nicht, werde sie cê wahrscheinlih an- nehmen. Wenn nicht, dann könne man weiter warten, ob die Reichsverwaltung nicht besser thue, sh dem Willen des Hauses zu fügen. (Staatssecretär von Stephan: Ja, des Hauses!) Nun, man werde ja sehen, wie sih das Haus stelle. Sei die Majorität gegen alle Anträge, so trete diese Frage ja garnicht an die Negierung heran. Seine Partei spreche hier niht im Interesse Einzelner, sondern einer großen Industrie. Deshalb möge man ihren Antrag annehmen.
Abg. Dr. Hammacher (nl.): Daß der Antrag Bar fich mii dem Antrag Lieber-Spahn wesentlich decken solle, überrafche ihn ; denn der erstere sage ganz apodiktish, daß die Reichsverwaltung ver- langen könne, daß neue Leitungen in sih selbst geshüßzt würden. Wenn der Abg. Schrader die Verständigung zwischen beiden Theilen wünsche, dann frage er ihn, weshalb cr dann im Geseg eine tategorishe Vorschrift machen wolle. Der allerunannehmbarste Antrag sei der E Eigentlich gehöre die Frage nicht hierher ; da sie aber einmal angeschnitten sei, empfehle cr, den Antrag Bödiker anzunehmen, behalte sich aber für die Form desselben Anträge in der dritten Lesung vor. Derselbe beseitige au s{chon die eigentlichen Bedenken des Abg. Schrader. Rein mechanisch könne man die Frage nicht entscheiden. Bezüglich der Entwicklung der Elektrotechnik und ibrer segenspendenden Wirkung stehe er mehr auf dem Standpunkt des Abg. Schrader als auf dem des Staatsfecretärs. Be- stimmte Vorrechte aus dem Regal erhalte die Reichsverwaltung dur) dieses Gesez keineswegs. Sie erhalte nur dieselben Rechte wie bisher. Was für welche feien das? In keinem deutschen Staate gebe es ein "Gefeß, welches für eine Telegraphenanlage eine Con- cession erfordere, wohl aber sci die Mitwirkung der Polizeibehörde nöthig und unentbehrlich, weil öffentliche Wege bei solchen Anlagen benußt würden und die Sicherheitspolizei aus allgemeinen Gründen die Wahrnehmung der öffentlichen Sicherheit der Person und des Eigenthums dabei prüfen müsse. Dieser Zustand bleibe, wenn diefes Gesetz angenommen werde. Folge denn aus dem Mißbrauch des bestehenden Nechtszustandes, wie es in Breslau und Halle vorge- fommen sei, irgend ein Recht? Wenn in diefen Fällen die Reichs- verwaltung gewisse Wünsche geäußert habe, fo fei darum die Polizei- verwaltung noch nicht verpflihtet oder berechtigt es die An- lagen zu versagen. Daß das Elektricitätsgeseß nit gleichzeitig vor-
gelegt jci, bedauere er, aber keineswegs werde dasselbe durch - diese Norlage retardirt werden; die Regierung werde nach Annahme der Vorlage um so mehr Anregung haben, das andere Gefeß möglichst bald vorzulegen. Der Widerspruch der Reichs-Telegraphenverwaltung reihe nit aus, um eine Privat-Telegraphenanlage zu verhindern.
1 v 2 L s d z Alle gegentheiligen Behauptungen, daß cine neue Anlage von dem
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