1892 / 52 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 29 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

kehren, fo hat es immer einen hohen Werth, daß auch auf den deutschen Schiffen die Stellung der Function entspriht. Abgesehen von der Etiquettenfrage, wo {hon Schwierigkeiten entstehen, wenn ein großes deutshes Schiff Unter einem Corvetten - Capitän ankommt und ein fremdes Schiff unter einem „Capitän zur See“ antrifft, wo natürlih der Major dem Oberst den ersten Besuch machen muß, ist es auch da, wo bei der Flotte ein gemeinschaftliches Wirken stattfinden foll, sehr erwünscht, daß die deutshen in dem Alter und in der Charge den fremden Offizieren nicht nachstehen, weil ja unter Umständen sonst dem deutschen Offizier die Führung der Angelegenheit entzogen wird, be- ziehung8weise weil dann seine Ansicht niht in dem Maße zur Geltung fommen fönnte, wie es wohl der Fall wäre, wenn er eine höhere Gharge hätte.

Also, meine Herren, aus diesem Grunde ift es für die Marine- verwaltung wesentlih, wein sie die Functionen mit den richtigen Chargen beseßen kann. Des weiteren möchte ih hier noch erwähnen: Es ist eine ganze Zahl von Lieutenants gestrichen deren aht und dafür Unter-KReutenants eingeseßt worden. Der „Lieutenant zur See“ ist der Offizier, welchem am Bord der Schiffe die Wache übertragen ist, und der „Unter-Ueutenant zur See“ wird gewissermaßeu an Bord des Schiffes als ein Schüler angesehen, der noch an seiner Ausbildung zu arbeiten hat. Es ist also im allgemeinen der Maßstab festzuhalten, daß der wachthabende Offizier die Function eines „Lieutenants zur See“ haben muß. Es i} nicht gleichgültig, ob man einen Unter- Lieutenant zur See dazu nimmt, aus dem Grunde, weil ebea der Lieutenant zur See sih niht mehr in dem Stadium der Ausbildung befindet wie der Unter-Lieutenant.

Ich möchte noch hervorheben, meine Herren, daß diese Forderung, diese Zabl der einzelnen Chargen, entstanden is aus dem Bedürfniß, welches die Marine hat auch für ihre Friedensbedürfnisse im Jahre 1895. Bis dahin wird, wenn alle die Schiffe, die von dem hohen Reichstage bewilligt sind, vollendet sein werden, ein Mehrbedürfniß von 12 Capi- täns zur See eintreten. Es is infolge dessen in diesem Jahre eine Forderung von 3 Capitäns zur See gestellt. Würde diese Forderung hinausgeschboben, so würde in den nächsten Jahren die Forderung an dieser Stelle erhöht eintreten: Aus diesem Grunde bitte ih, daß die Regierungsvorlage wieder hergestellt wird. |

Die Offizierstellen werden darauf nah den Vorschlägen der Commission bewilligt.

_ Abg. Richter (dfr.): Der neue Etat verlange im ganzen eine Vermehrung an Mannschaften um 1137 Köpfe; fo viel feien seines Wissens bisher noch nie verlangt worden. Der Antrag seiner Partei wolle nur mehr bewilligen 224 Köpfe. Aber auch jene Summe von 1137 Mann fei gewissermaßen nur die erste Nate, da für die nächsten vier Jahre Verstärkungen bis zur Le von 4000 Mann geplant feien, und zwar nur für die hon im Bau befindlichen Schiffe. Soweit innerhalb jener Zeit noch neue Schiffe in Bau genommen würden, steige die Zahl auf 5 bis 6000 Mann. Der Vertreter der Commis- fion babe zwar formell richtig ausgeführt, daß die diesjährige Bewilligung noch keine solche Vermehrung für die nächsten Jahre bedinge: aber thatsächlich sei cs sehr s{chwer, wenn man ein mal A gesagt habe, im Weiterbuchstabiren inne zu halten. Die neu geforderte Friedensbesezung für Helgoland in Höhe von 159 Mann könne seines Erachtens sebr wohl gestellt werden aus den bisher vorhandenen Truppen, entweder der Matrosen-Artillerie oder auch der Küsten-Artillerie. Bei der Kleinheit der Insel und der Be- deutung des Badelebens sei es aber niht wünschenswerth, mehr hin- zulegen, als \chbvn da seien. Andere Erhöhungen seien gefordert mit Nücksicht auf die Aufgaben des politischen Dienstes in überseeischen Gebieten. Die Gomaiiion habe beschlossen, alles abzuseßen, was zur Erweiterung der Indiensthaltung dienen folle. Sie hätte daher auch das infolge einer solchen (riordeae Mehr an Mannschaften abseten müssen. Dies hole der Antrag seiner Partei nah. Ein weiterer Abstrich von 295: Mann® werde gerechtfertigt mit dem Nachweis, daß die von der Verwaltung A Erhöhung der Friedensbeseßzung niht nöthig sei. Der dafür geltend gemachte Grund, daß es heute erforderlih sei, bei Ausbrüth eines Krieges die Schlachtschiffe rascher scetühtig und TÉriegsfertig zu machen, sei nicht stichhaltig. Denn es sei heute viel leichter, die Friedensmannschaft zu ergänzen, als früher, weil die Ergänzung in viel höherem Maße aus dem Beurlaubtenstande und niht mehr von den Kauffahrteischiffen genommen werde. Erwäge man, daß im vori- gen Jahre das Ordinarium der Marine um zwei eine halbe Millonen erhöht sei und in diesem Jahre um ebensoviel erhöht werden solle, daß es sich überhaupt in fünfzehn Jahren mehr als verdoppelt habe, dann müsse man eine Begrenzung für i mes wünschenswerth halten. Seine Partei habe die Bedeutung der Marine noch niemals verkannt, sie habe, als die Existenzberehtigung der Marine an maßgebender Stelle bezweifelt worden sei, zuerst für die preußishe und dann für die deutsche Marine das Nothwendige bewilligt. Aber die Partei sei frei von einex besonderen Marineliebhaberei und wolle die Ausgaben nicht mehr steigern, als es der Bedeutung der Marine im gsammten Rahmen der militärischen Lage Deutschlands entsprehe. Ihre Wehr- fraft werde für Deutschland immer eine secundäre bleiben. Wenn man bedenke, welhe Summen für das Landheer mehr bewilligt seien, habe man umsomehr Ursache, bei der Marine ein gewisses Maß nicht zu überschreiten. Seine Partei könne sich deshalb dem Standpunkt der Budgetcommission nicht anschießen.

Abg. Fritzen- Düsseldorf (Centr.): In keiner Partei könne es weniger Marineenthusiasten geben, als in der seinigen, sie stehe der ganzen Sache ziemlich fühl gegenüber. Im Kriegsfall werde die Hauptentscheidung stets beim Landheer liegen. Seine Partei zweifle nicht, daß die Marine im Ernstfall sih wie stets tapfer und brav benehmen und dem deutschen Namen Ehre machen werde, aber die Entscheidung werde sie niemals haben. Die Marine habe nur eine secundâre Bedeutung und nur den defensiven Zweck, die Küsten und Hâfen vor feindlichen Invasionen zu hüten. Seine Partei wolle feine Offensivmarine ersten Ranges und könne nicht in un- gemessene Ferne s{chweifen und Summen bewilligen, die neben den roßen Kosten für die Landarmee schließlich das deutsche Staatsscif zum Sinken bringen würden. Aber die in diesem Etat geforderte Mannschaftsvermehrung könne man niht von der Hand weisen; denn sie sei gefordert, um die jeyt im Bau begriffenen und fertigen neuen Schiffe im Ernstfall rechtzeitig bemannen und seetüchtig machen zu fönnen. Seine Partei habe zum Theil nicht für diese Schiffe gestimmt, müsse aber, nachdem sie ein- mal bewilligt seien, die Folgerungen daraus ziehen. Von der end- gültig in Ausficht génommenen Mannschaftsvermehrung, die bis 1895/96 vollendet sein tolle, fei in diesem Etat nur der vierte Theil gefordert, und“ zwar für die Schlacht- und Kreuzerflotte 754 Köpfe, für die Torpedo- Abtheilungen 171 Köpfe und für die neue Beseßung von Helgoland 159 Köpfe, insgesammt also 1084 Köpfe. Nachdem der Reichstag der Befestigung von’ Helgoland zugestimmt habe, müsse er der Infel auch die“ nöthige Besaßung geben, die ‘aus dem Land- bedarf niht genommen werden fönne. ede die Vermehrung für die Torpedo-Abtheilungen erhebe auch der Abg. Richter keine Ein- wendungen. Eine Vermehrung der Mannschaft der Schul- {chiffe werde nöthig durch Hinzutreten eines Schulschiffes zur Ausbildung von Geschüßführern mit den neuen -Schnell- ladern, mit denen die Schiffe jeßt ausgestattet würden. Jn der Com- mission sei dagegen feine. Einwendung. erhoben worden. Ferner folle ein für den Kundschafterdienst nöthiger Aviso mehr eingestellt werden. Die Vermehrung der Mannschaft für ‘den auswärtigen Dienst werde durch die fübdamerikanische Station bedingt, ‘die auf Anregung des Neichstaçgs im vorigen Jahre infolge der Unruhen in Chile hinzu-

trete, dort solle dauernd ein Schiff bereit gehalten werden. Er gebe zur Erwägung anheim, ob eine dauernde Beseßung der südamerikanischen Station nöthig sei oder ob nicht statt eines großen Kriegs\chiffs mit 600 Mann ein fkleineres dort verwendet werden könne. Die Budget- commission sei nicht inconsequent gewesen, wenn sie zwar die Mehr- forderungen für den politischen Dienst gestrichen, aber nihts von der Mannschaftsvermehrung abgelehnt habe. Diese Consequenz könne nämlih niht gezogen werden, wenn die Regierung sich mit den verkürzten Mitteln des politishen Dienstes dadurch behelfe, daß sie die eine oder andere Station nur zeitweise beseße oder ein größeres Geshwader Ersparnisse mache. Die bis 1895/96 abzuschließende Mannschaftsvermehrung für die Schlacht- und Kreuzerflotte sei dadur bedingt, daß die neuen großen Panzerschiffe bis dahin fertig sein würden und daß die Art und der Umfang der Bemannung geändert werden sollten. Bisher sei die Schlacht- und Kreuzerflotte im Frieden an Mannschaftspersonal nur mit einem Drittel und an Maschinenperfonal nur mit der Hälfte des Kriegs- bedarfs beseßt. Das reiche niht mehr aus und man wolle die Schiffe mit der Hälfte des Mannschafts- und mit zwei Dritteln des Maschinenperfonals versehen, weil die neuen großen Schiffe durch die Complicirtheit der Maschinen und die individuelle Anordnung ein folches Vertrautsein des Personals erforderten, daß im Interesse der Kriegstüchtigkeit {hon im Frieden die Mehrheit des Kriegspersonals mit allen Eigenheiten des Schiffes vertraut sei müsse. as leuchte auch dem Laien ein und man könne sich dem nicht verschließen. Er könne sich also nur für die Anträge der Regierung aussprechen. Seine Partei gebe aber darum ihre kühle und zuwartende Stellung zur Ent- wicklung der Marine nicht auf und werde namentlich beim Ertra- ordinarium jede Forderung genau prüfen. Sie wünsche einen lang- fameren und stetigeren Gang in der Marincentwicklung als bisher. Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Er fei seinerseits bereit, jeden Mann und jeden Groschen für die Marine zu bewilligen. Er appellire aber niht an den Patriotismus, weil er anerkenne, daß die Budget- commission au da, wo sie Abstriche gemaht habe, von durchaus patriotischen Rücksichten ausgegangen sei, und auch deshalb nicht, weil er wisse, daß eine große Anzahl der Mitglieder im Hause, selbst unter seinen volitishen Freunden, in der Bewilligung für die Marine nicht so weit gehe, wie er selbst das zu thun bereit K Er stelle sich viel- mehr t den Standpunkt eines nüchternen Kaufmanns und einfachen

* Calculators, weil er sich sage, es gebe feine bessere Kapitalanlage für

die deutsche Nation, als die für die Land- und die Seemacht. Jede Verstärkung dieser Rüstungen rücke die Gefahr eines Krieges weiter hinaus. Die auswärtigen Mächte würden in dem Umstande, daß der Reichstag annähernd alles das bewillige, was sie zur Ver- theidigung ihres Landes für nothwendig hielten, eine Sicherheit er- blicken, daß Deutschland gerüstet sei. Deutschland aber habe die Gewähr, daß es den Krieg siegreich mit Erfolg beende. Sei der Krieg an sih schon eine außerordentlih kostspielige Sache, so würde ein unglücklicher Krieg noch zu ganz anderen Folgen führen. Er für seine Person wolle nicht dafür verantwortlich sein, daß auch nur ein Mann, eine Kanone oder Schiff an demjenigen fehle, was es sei, um das große Unglück abzuwenden, das im Falle eines unglücklichen Krieges ganz unvermeidlih fei. Man halte eine Vermehrung der Marine nicht für nöthig, weil die deutschen Küsten, namentlich die Ostseeküste, so flach seien, daß von einem wirksamen Angriff auf die feindliche Flotte kaum die Rede sein könne, es genüge deshalb, daß die Landstreitkräfte den Gefahren begegneten. Er sei niht Sachkenner genug, um zu wissen, bis zu welchem Maße das rihtig sei. Aber er glaube, die Ostsee werde am- wirksamsten dadurch vertheidigt, daß man einer feindlichen Flotte durh deutshe Schiffe dort entgegen- trete. Sonst müßte man wie im Jahre 1870 einen größeren Theil des Landheeres zum Schuße der Küste zusammenziehen, und um diese Streitkräfte würde doch das Landheer an E Stelle ge- \{chwächt werden. Dazu komme, daß Deutschland immer mehr das Bedürfniß empfinden müsse, seinen HUE in den auswärtigen Meeren zu {hüßen. Es gerathe in die allerbedenklihste Lage hinein, wenn es niht das Privateigenthum zur See shüßzen könne. Dieser Gesichts- punkt würde wegfallen, wenn die internationalen Abmachungen in dieser Beziehung zu einem Ergebniß geführt hätten. So lange aber dieses Grgebniß nicht erreicht sei, l lange die anderen Mächte sich ihrer überlegenen Kaperfahrzeuge nicht entäußerten, sei das Rei es seinem Handel schuldig, ihn in wirksamer Weise zu schüßen. Gerade in Südamerika halte er eine Station für nothwendig. Nachdem Nordamerika Deutschland seinen Markt verschlossen, fei der deutsche Handel doppelt genöthigt, den südamerikanischen Markt auf- zusuchen. Die Vermehrung oder Indienststellung von Schiffen für die südamerikanishe Station sei für die südamerikanishe Ausfuhr hundertmal wichtiger, als die ganze Ausstellung von Chicago. Er sei also bereit, jeden Mann und jeden Groschen zu bewilligen, in fo weit die Steuerkraft der Nation es zulasse. Daß eine Vermehrung von 24 Millionen der Steuerkraft an den Lebensnerv gehe, wie der Abg. Richter zu glauben scheine, könne er niht zugeben. Selbst die großen Militärausgaben griffen die Steuerkraft nit mehr an, als es bei der heutigen europäischen Lage möglich und geboten sei. Troß der großen Steuerlast, die allerdings auf der deutshen Nation liege, empfinde man fast auf allen Gebieten cinen geringeren Steuerdruck, als andere Staaten. Die Opfer seien nit klein, aber nicht über- trieben, und vershwindend gegenüber den Opfern, die man im Falle eines unglücklichen Krieges bringen müsse.

Staatssecretär Hollmann:

Meine Herren! Die verbündeten Regierungen haben ihre Gründe für die Nothwendigkeit der Personalvermehrung in der Jhnen vor- liegenden Denkschrift niedergelegt. Jch glaube zunächst annehmen zu dürfen, daß sie so ershöpfend sind, daß ih an dieser Stelle nichts mehr hinzuzufügen habe. Wenn noch Lücken darin waren, so hat der Herr Abg. Friten (Düsseldorf) aus der Commission heraus diejenigen Mit- theilungen gemacht, die zur Ergänzung noh nothwendig waren. Jch habe auch in der Commission einige Mittheilungen angeknüpft, die aber für cine Aeußerung hier im Plenum nicht geeignet sind.

Was die Rede des Herrn Abg. Richter betrifft, so glaube ich, in einigen Theilen ihr eine Erwiderung schuldig zu fein.

Es ist in der That im Jahre 1889/90 mit der Bertagung des damaligen Etats in der Commission die Erklärung abgegeben worden, daß die Vermehrung sih auf ungcfähr 1017 Köpfe belaufen wird. Wir find mit unserer neuen Vorlage ziemlich weit darüber hinaus- gegangen. Die Gründe liegen darin, daß, abgesehen von den erhöhten Bedürfnissen des politishen Dienstes, die zum Ausdru kommen in Mebrindienststellung, hauptsächlich auch für die südamerikanischen Sta- tionen, Vermehrung des Krxeuzergeslhwaders und dergleichen die Noth- wendigkeit, die Fricdensstärke der Schiffe zu erhöhen, fehr wesentli dazu beigetragen hat, diese Summe anschwesen zu lassen. Es ist noch dazu gekommen die Indienststellung eines Artillerieschiffes und einige andere fleine Forderungen, \odaß ih aus diesem Mehrbedarf die Erklärung finden läßt für diese erhöhte Anforderung, die jeßt ge- stellt worden ift. 0E

Was die Besaßung Helgolands anbetrifft, so ist in der That eine Vermehrung der Matrosen-Artillerie um eine Compagnie, ungefähr 150 Köpfe, angenommen worden. Diese Compagnie soll nur zu einem fleinen Theil in Friedenszeiten auf der Insel Helgoland garnisoniren, während der übrige Theil in Lehe verbleibt, attachirt der II1. Ma- trosen-Artillerieabtheilung. Es wird ungefähr die Hälfte dieser Com- pagnie in Helgoland garnifonirt werden, sobald die Befestigungen, die dort vorgenommen werden, vollendet sein werden.

Des weiteren hat der Herr Abg. Richter die Schulschiffe und den hohen Bedarf, der dafür eingestellt ist, erwähnt. Ja, meine Herren,

für Schul- und für Versuchszwecke ist in der That ein umfangye;

: , greides Indienstftellungs-Programm vorgesehen. -Wir glauben aber, daß n dieser Nichtung hin nichts gekürzt werden darf; wir halten dafür, daß für die Specialausbildung der Offiziere und Mannschaften die Indienst: stellung dieser Schiffe ein unabweisbares Bedürfniß ift. Natürlich werden die Schiffe, die für Schul- und für Versuchszwecke in D;

L E h i : E Vtenst gestellt find, im Fall einer Mobilmachung, soweit sie sih in der Heimath befinden, und soweit sie für fkriegerishe Zwecke nicht mebr verwerthbar sind, außer Dienst gestellt. Nur muß ich glei erwähnen. es liegt alle Wahrscheinlichkeit vor, daß in solhem Fall nur ein ver. hältnißmäßig kleiner Theil dieser Schulschiffe sih in der Heimath befindet; es werden sih die größeren, die für die Ausbildung der Kadetten und der Schiffsjungen si eignen, jedenfalls im Auslande aufhalten. Der übrige Theil dieser Schulschiffe wird der Schlaht- flotte an seinem Plate eingefügt, und nur ein kleiner Theil wird außer Dienst gestellt werden. Das active Personal, das wir dadur) ge- winnen werden, wird lange nicht hinreichen, um unsere Bedürfnisse zu decken, die wir für die Besaßungen in den Häfen haben, und wir werden zu einem ganz bedeutenden Theil weiter angewiesen sein auf Ergänzung durch NReservemannschaften. Die Reserven haben ihren großen Werth; ich kann aber nur bedauern, daß wir nicht in der Lage sind, die Reservemannschaften da cinzustellen, wo sie im Frieden ihre Ausbildung genossen haben, das bedingt Maßnahmen, deren Sicher- stellung nicht immer gelingt. Kurz und gut, meine Herren, ih glaube auc) hier erwähnen zu können, daß die Besaßung der Schulschiffe im Falle eines Krieges eine Verwendung findet, die dem Bedürfniß eut- spricht.

Schließlich hat der Herr Abg. Nichter hingewiesen auf die Ver- mehrung der Friedensbesaßung auf den Schlachtschiffen, auf den Hoch- seepanzerschiffen und den Kreuzer-Korvetten. Ja, meine Herren, darüber habe ih mich des längeren und breiteren in der Commission aus- gesprochen, warum wir davon nichts nachlassen dürfen und warum wir bitten müssen, diese uns voll zu bewilligen. Die Schiffe mit activem ausgebildetem Personal zu beseßen, ausgebildet insofern, als es mit den Schiffen {hon während ihrer Dienstzeit sich vertraut gemacht hat, ift eine Nothwendigkeit, von der wir uns heutzutage, wo ringsherum alle Secemächte nah dieser Nichtung hin sehr weit vor- geschritten sind, nicht mehr zurüziehen können.

Abg. Nichter (dfr.): Der Abg. Freiherr von Stumm habe ge- meint: was ist es denn viel für die Steuerzahler; wenn das Ordina- rium im ganzen um 25 Millionen erhöht wird? Eins komme zum andern, eine Steuerlast zur anderen. Wenn E aua der Großindustrie in Wegfall kämen, die dem Eisenbahn-Etat so kost: spielig scien, wenn gewisse Privilegien der Branntweinbrenner, die 40 Millionen kosteten, wegfielen, dann könnte man sich hier freigebiger stellen, als es sonst der Fall sei. O befolge man in diesen Fragen mangels sahlicher Gründe die Taktik, daß man für den Fall einer Nichtbewilligung einer Position einen europäischen Krieg in Aussicht stelle. So habe man 1887

esagt: wenn man die verlangte Erhöhung nicht für sieben, in nur für drei Jahre bewillige, so würde Deutschland in einen Krieg mit Frankreich gerathen. Damals habe si das noch eher hören lassen, als jeßt, wo es sih um ein Mehr oder weniger von 900 Mann handle. Hinge die deutshe Wehrkraft nur davon ab, so wäre es um sie schlecht bestellt. Mit solchen Uebertreibungen be- weise man zu viel, also gar nihts. Wenn der Abg. Freiherr von Stumm meine, daß jede Erhöhung des Militär-Etats die vortheil- hafteste Kapitalanlage sei, weil sie die Gefahr eines Krieges weiter fortrüe, dann müßte man die Regierung auffordern, doch noch mehr zu fordern. e müßte man auf einen Punkt kommen, wo dur außerordentliche Militär- und Marine-Ausgaben die Kriegsgefahr aus der Welt geschafft werde. Daß“ das nicht der Fall sei, be- weise, daß darauf noch ganz andere Factoren Einflu hätten als die zweckmäßige Bemessung des ilitär-Etats. ür den Kriegsfall kämen die Besaßungen für den politischen Dienst niht in Frage. Sie seien so weit entfernt, daß sie für die Wehrkraft des Vaterlandes werthlos seien. Statt desen fordere der Abg. Freiherr von Stumm auf, gerade noch diefen politischen Dienst aufs äußerste auszudehnen. Seine Partei - lehne es durh- aus nicht ab, die A aus der Bewilligung neuer Kriegsschiffe für die Vermehrung der Mannschaft zu ziehen, wenn sie auch der Bewilligung niht zustimme. Sein Antrag stehe mit diesen Folgerungen gar niht in Widerspru. Hier kämen aber ganz veränderte Grundsäße in Frage, die mit dem Flotten- gründungsplan nichts zu thun hätten. Man wolle im Kriege nicht nur die neuen Schiffe beseßen, sondern auch die alten Schiffe, die man seiner Zeit als altes Eisen geschildert habe. Daher komme die Sorerung nah einer starken Vermehrung des Personals. Was die

elgoländer Artillerie-Compagnie betreffe, fo sei {on in den Commissions- berathungen vorgeschlagen, diese Besaßung aus den vorhandenen Com- pagnien der Artillerie zu decken. Es omme doch sonst nit vor, daß, wenn ein neues Fort gebaut werde, man gleich eine neue Artillerie- Compagnie E Seine Partei sei zu der Forderung des Abstrichs schon über die Hälfte berehtigt mit Rücksicht auf die Indienststellung, welche die Commission besürworte. Wie solle denn die Indien|t- stellung eingeshränkt werden ohne eine entsprechende Verminderung der Manhschaften? Man sage: entweder müßsen wir die west amerikanishe Station aufgeben, oder das Kreuzer-Geschwader ver- mindern. Wenn man das Kreuzer-Geschwader um eine Corvette ver- mindere, so werde dadurh das gesammte Personal. von 260 Mann verfügbar, dazu kämen noch die 130 Manu, die zur Ablösung în der Heimath blieben. Er sei der Meinung, daß, ohne die Wehrkraft irgendwie in Frage zu stellen, ohne erheblihe Interessen zu schädigen, es thunlich sei, die Rüksichten der Sparsamkeit mehr in Einklang zu bringen mit den Interessen der Marineverwaltung, als die Commission fordere.

Reichskanzler Graf von Caprivi:

Es ist hier die Frage gestreift worden, ob die Besetzung der westamerikanishen Station dauernd erforderlich sein werde, und ob, wenn diese Frage zu verneinen wäre, nicht eine Verringerung deé Personals die Folge davon sein könnte. Es ist den Herren erinner- lich, daß, als aus diesem Hause die Beseßung der westamerikanischen Station während des Krieges in Chili gewünscht wurde, ih mir er laubte zu bemerken, daß es sehr zweifelhaft sei, ob das Kreuzer geshwader nicht in China und in Japan nöthiger wäre als in Chili. Es ist dann, nachdem auch von unserer diplomatischen Vertretung !! Chili die Hinsendung von Schiffen gewünscht worden war, der Befehl an das Kreuzergeschwader ergangen, sich an die westamerikanische Küste zu begeben.

Daß in China und in Japan auf die Dauer die Anforderunge! an eine maritime Vertretung - des Deutschen Neiches nicht sinken werden, halte ih für ausgemacht; ob wir in West-Amerika dauernd elf Schiff brauchen werden, mag dahingestellt bleiben. Aber so viel, glaube i, läßt sich mit Sicherheit absehen, daß mit der fort- schreitenden Zeit die Anforderungen, die die allgemeine Politit und unsere Wirthschaftspolitik an die Stationirung. von Schiffen aus a? wärtigen Stationen stellen werden, nicht fallen, sondern, stèigen.

Als die verbündeten Regierungen dem hohen Hause die Handels

verträge vorlegten, ist von der Wichtigkeit unseres Cxports, von der |

tothwendigkei, den Export zu erhalten, und von unserer ausgedehnten Rbederei die Rede gewesen; es ist angeführt worden, daß wir unseren Export nicht zu concentriren im Stande sind nach einzelnen über- secischen Ländern, sondern daß, wie wir fast in allen Artikeln erpor- tiren, wir au an unzählige Stellen exvortiren. An diesem Ver- hältniß wird sich nichts ändern: ih hoffe fogar, der Export wird zunehmen, und wenn wir neue Stellen finden, so werden wir das benutzen. Die Folge davon wird sein, daß die Anforderungen an das Stationiren von Schiffen, an das Erscheinen von Schiffen an aus- wärtigen Stationen- niht werden geringer werden, als sie bisher gewesen sind; ih möchte vielmehr glauben, daß die Entwickelung unseres Handels uns in der Zukunft dahin führen wird, noch mehr als biêher in fremden, entlegenen Welttheilen Absaß zu suchen. Ich habe mir shon damals anzudeuten erlaubt, daß ih der Meinung bin, es fönnten wohl Zeiten kommen, wo wir Verhältnissen entgegengehen, in denen, um diesen absolut nothwendigen Hande! zu erhalten, euro- väishe Staaten sich Werden vereinen müssen, um ihrem Handel in fremden Welttheilen den nöthigen Schuß zu geben.

Wenn dabei unsere Flotte mitspielen soll, so wird sie do immer eine solche Stärke haben müssen, die unseren Interessen entspricht, wenn wir auch niemals dahin kommen werden, selbständig eine Flotte zu unterhalten, die über den ganzen Erdball unsern Handel zu {hüten im ftande wäre, und ih stimme dem Herrn Abg. Nichter darin voll- fommen bei: es ift ganz unmöglich, jedes unserer Handelsschiffe, die über den Ocean zerstreut sind, zu {üßen. Aber immerhin so, wie sich die Dinge einmal historisch entwickelt haben, werden sie sich vor- aussichilih weiter entwickeln; da, wo der Handel sich niederläßt, wird er den Wunsch haben, wenn auch nur durch das zeitweilige Erscheinen von Kriegsschiffen, geshüßt zu werden (schr rihtig!), die Kriegsflagge wird auch weiter der Handelsflagge folgen müssen. Die verbündeten Regierungen sind also niht im stande, in der Weise, wie sie si die Entwickelung - des Welthandels denken, ein Motiv für die Annahme zu finden, wir würden für die Zukunft auf den auswärtigen Stationen weniger Schiffe brauchen als bisher.

Wenn wir aber von der Ansicht ausgehen, daß cine Zeit kommen fann, in der gegenüber anderen Welttheilen die europäischen Sce- mächte genöthigt sein werden, ihre Kraft mehr zusammen zu nehmen, so läßt fih daraus weiter folgern, daß das erste Erforderniß für unsere Marine ein gutes und fo zahlreiches Personal ist, daß es für solche spätere Entwicklung selbst dann, wenn diese Anforderung plößlich eintreten sollte, einen Keim bilden könnte; und um in dem Personal unserer Marine einen folchen Keim zu erziehen, dazu ist wieder die Ausbildung des Personals auf Schulschiffen erforderli. Und wenn unser Perfonal auch immer“tkünftigen Anforderungen gegenüber ein kleines bleiben wird, so muß der Grundsaß aufrechterhalten werden: dieses kleine Personal muß so gut wie möglich ausgebildet werden. Also wir können auch an Schulschiffen nichts missen.

Ich möchte also im Namen der verbündeten Regierungen {on

von diefen allgemeinen Gesichtspunkten aus befürworten, an der Er- weiterung der Marine in personeller Beziehung nicht zu spaxen. , Der Herr Abg. Freiherr von Stumm hat zunächst erwähnt, daß die Leistungen der Marine, wenn man ihr au in unseren Zukunfts- kriegen und das thue ih auch —, so weit man sich prophetisch außern tann, nur eine secundäre Rolle zuschreibt, do in dieser secun- dâren Rolle indirect dem hauptentscheidenden Factor, der Armee, zu gute kommen können. Man braucht sich da nicht in Zukunftsbilder zu verlieren oder in die Ferne. zu shweifen: man braucht sih nur zu erinnern, wie die Verhältnisse im Jahre 1870 lagen.

Wenn ih mich recht erinnére, blieben damals zunächst drei Divisionen zum Küstenschuß zurück: die cine in Bremen, die andere in der centralen Stellung in Hannover, die dritte, wenn ih nit irre, in Hamburg. Diese Divisionen wurden erst daun frei, als infolge von Ereignissen, wie sie {werlich wiederkehren werden, die französische Flotte genöthigt war, unsere Gewässer zu verlassen. Darauf sind diese drei ODivifionen uachgezogen worden und haben wesentlichen Antheil an der Fortseßung des Krieges und den Erfolgen unserer Armee ge- habt. Wenn nun ähnliche Verhältnisse niht wieder eintreten werden, so wäre doch immerhin der Fall denkbar und wünschenswerth, daß unsere Flotte in der Lage wäre, die gegnerische Flotte an unserer Küste so zu schlagen, daß für den Küstenshuß Truppen des Landheeres nicht mehr verfügbar gehalten zu werden brauchen. Kann ich die feindliche Flotte, die sich im Jahre 1870 aus Gründen, die in ihr selbs und in dem französischen Heere lagen, zurückzog, dadurd unschädlih machen, daß ich sie schlage, so kommt die Leistung unserer Marine direct dem entscheidenden Factor, dem Landheere, zu gute.

Nun möchte ih annehmen, ohne in diese Geheimnisse eingeweiht zu sein, daß in einem nächsten Kriege der Küstenshuß eher noch stärkere als geringere Anforderungen an die Armee stellen wird, so lange, bis es etwa unserer Marine geglüct ist, die Wässer von feindlichen Schiffen frei zu machen.

Ein französischer Marine-Minister, der zugleih als Schriftsteller aufgetreten ist, drückte sich so aus: daß der künftige Krieg bestehen würde in ciner guerre d’incendie et de pillage, einem Kriege von Brandstiftungen und Räubereien, und er führte das näher aus, indem er darlegte, wie alle nur irgend vom Wasser aus erreihbaren Städte nach und nah gebrandshayt werden müßten. Der Grundsaß war neu; er widersprach den Anschauungen, die man bisher von der Führung des Krieges gehabt hatte. Man war bisher der Ansicht, daß Städte, die sih nicht vertheidigten, auh niht wohl Gegenstände eines Angriffs werden könnten. Aber wer giebt uns die Garantie, daß diefer Grundsaß niht doch zur Ausführung kommt? Und wenn er dann zur Aus- führung kommt, werden wir nicht genöthigt sein, mehr Städte zu schüßen, also mehr Truppen für den Küstenshuß zu verwenden, als bisher ?

Ich möchte also hiermit der Anschauung, daß die Marine in ihrer fecundären Rolle für die Hauptentscheidung nicht nußbar gemacht werden könne, doch entgegentreten.

Es wird die Marine zu ciner solchen Mitwirkung um fo eher befähigt sein, je schneller und je stärker sie auftreten kann. Man braucht nit den Unterschied zwischen einer defensiven und offensiven Flotte zu machen, um so weniger, als kein Schiff sih rein defensiv vertheidigen kann; aber au wenn man nur den Schuß unserer Küsten im Auge hat, so ist es erforderlih, daß das, was dazu verwandt wird, fo {nell wie möglich auftritt; und zwar ist dies Erforderniß in dem letzten Jahrzehnt wesentlich gestiegen. Wir haben in der Armee cinen Theil unserer Erfolge dem Umstand zu verdanken ge- habt, daß wir schneller auf dem Plate zu erscheinen im stande waren

als unsere Gegner. Die Marineverwaltung hat sih dur lange Jahre

“den Krieg verweigert, weil es niemals

bemüht, einen ähnlichen Zustand auf dem Wasser herbeizuführen ; und ih glaube mich in der Annahme nit zu irren, daß wir eine Zeit lang einen nennenswerthen Vorsprung in Bezug auf die Geschwindig- keit hatten, niht, weil wir übermäßig ges{hwind waren, sondern weil Andere übermäßig langsam waren, und sie am Alten hingen. Diese Verhältnisse haben sih geändert, und wir müfsen damit rechnen, daß andere Marinen {nell auftreten.

: Nun kommt bei einer Seeschlaht, und zwar bei der ersten See- \chlacht, viel darauf an, daß man stark ist: denn die erste Seecschlacht entscheidet vielleicht über das Schicksal des Seekrieges definitiv. Jch kann nicht, wie beim Landkrieg, wenn ih eiue Aufstellung an der Grenze genommen habe und noch {wach bin und zurückgedrängt werde, morgen zwei, drei Meilen rücckwärts eine neue Aufstellung nehmen. Eine Seecshlacht, wenn sie energisch durchgeshlagen wird, wird immer mit der Vernichtung eines großen Theils der beiderseitigen Streitkräfte endigen: und diese Seeshlacht an einer anderen Stelle wieder aufzunehmen, ist voraussichtlich ausge]{chlossen. Also auf "die erste Entscheidung kommt auf dem Wasser noch mehr an als auf dem Lande.

i: Wird das zugegeben, so müssen wir einmal an Schiffen so stark sein, als wir fein können; zweitens aber müssen wir auch {nell auf- treten föunen. Wir müssen im stande sein, mit so vielen Schiffen als irgend möglih dem Gegner, der auch \{chnell auftritt, überlegen zu sein. Es gewinnt dadurch die Nothwendigkeit, auf den Schiffen größere Stämme zu erhalten, als sie früher erhalten worden sind, sehr wesent- lich an Gewicht.

Der Herr Abg. Richter hat mit Recht angeführt, daß wir jeßt auch alte Schiffe noh ins Gefecht führen wollten, und daß, weil nun die Besaßungen für die neuen Schiffe gefordert werden und dabei die alten noch bemannt werden sollten, daraus ein Theil der Höhe unserer jeßigen Forderung entstünde. Das ist vollkommen richtig. Aber wenn wir nun einmal stark erscheinen müssen, wenn wir einmal einer größeren Anzahl Schiffe von Hause aus bedürfen, so sollte ih meinen, daß gerade der Herr Abg. Richter Ursache hätte, der Marineverwaltung dankbar zu sein, daß sie noch jeßt mit alten Schiffen zu schlagen gedenkt und nicht auch für diese alten Schiffe schon jeßt neue fordert, wenn er zugiebt, daß wir einmal mit weniger Schiffen als den neuen plus den alten unsere Küsten und unsere Häfen zu vertheidigen nicht im stande sein werden. (Lebhaftes Bravo.)

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Der Abg. Richter habe ihm untergelegt, er hätte von der Bewilligung der paar Tausend Mark die Frage eines glücklihen oder unglücklichen Krieges abhängig gemacht.

arauf erwidere er: wenn man alle diese Mehrforderungen \treiche, habe er immer noch die Hoffnung auf einen glücklichen Ausganç eines zukünftigen Krieges, aber dicse Hoffnung werde dem Lande s vermindert durch jeden Abstrich, den man hier vornehme. Sollte aber ein unglückliher Krieg eintreten, dann werde man auch nicht einmal mehr das behalten können, was man heute erreicht habe. Er verweise auf die Geschihte von 1806. Wenn der Abg. Richter an das Jahr 1887 erinnert habe, so erinnere er den Abg. Richter an 1866, wo die liberale Partei Jahre lang wieder- holt der Aliaung die Mittel zu einem Kriege aus Mangel an Voraussicht verweigert habe. Die Folge sei gewesen, daß nach der glücklichen Beendigung des Krieges die liberale Partei aus der Landesvertretung weggefegt worden fei. Sollte jeßt ein Krieg ausbrechen, dann würde das noch in ganz anderer Weise zum Ausdruck kommen. Wenn ihm vorgeworfen werde, er bewege sich nur in E Redewendungen, so müsse er das zugeben; er gehe deshalb nicht ins Einzelne, weil er nicht über Dinge spreche, die er nicht verstehe. Von seinem Standpunkt aus trete er aber generell dafür ein, daß alle die Positionen, die der Abg. Richter streichen N wieder eingestellt würden, \ofern sih eine Mehrheit dafür im

ause finde. : :

__ Abg. Richter (dfr.): Er habe nicht behauptet, daß Deutschland sich heute in einer friedlicheren Lage befinde als 1887; damals habe man es vielleiht so darstellen können, als ob eine Nichtbewilligung eine Kriegsgefahr mit sich bringe ; heute aber, sage er, könne es keinen Einfluß auf die politische Lage haben, ob ein paar Tausend Mark mehr oder weniger aus dem Marine-Etat gestrihen würden. Die freisinnige B00 sei im Jahre 1866 nicht weggefegt worden, sie befinde sich eute dreimal so stark im Haufe wie die MNeichspartei. Die Fort- \chrittspartei habèé 1866 im Abgeordnetenhause niemals Geld für l _es [ls gefordert worden fei. Weigerung des Kriegs - Ministers von Roon wäre eine Vereinbarung erreiht worden auf Grund der zweijährigen Dienstzeit. Je mehr die Geschichte von 1866 aufgeklärt werde, desto mehr würden die Nebel zerstreut werden, als ob damals weniger patriotische Männer im Abgeord- netenhaus gewesen wären als jeßt. Fürst Bismark habe oft aner-

Ohne die damals etne

fannt, daß er alle Achtung habe vor dem Rechtsbewußtsein und der Vaterlandsliebe der damaligen Opposition. Solle denn ein Parlament gar nicht im stande sein, über Marine-

angelegenheiten zu sprehen? Was sei für die Marine geschehen, seit der jeßige Reichskanzler Chef der Marineverwaltung gewesen sei ? Wie sehr hätten sih die Küstenvertheidigung und das Tor- pedowesen ausgedehnt? Der heutige Schiffsbauetat übersteige das Drei- und Vierfahe von dem, was damals der jeßige Reichskanzler als Chef des Marineamts in Aussicht gestellt habe. Jeßt werde die Sache so dargestellt, als wenn an Stelle der alten Schiffe noch eine Serie neuer Schiffe gebaut werden solle; davon sei bisher gar nicht die Nede gewesen. Die südamerikanishe Station sei aus dem Reichstag angeregt worden, aber ein O liege niht vor, und ob Diejenigen, die damals die Frage angeregt hätten, auf eine solche Vermehrung der Marine gerechnet hätten, sei doch noch die Frage. Es seien mehrere Momente in der überseeischen Politik, die es gestat- teten, mit weniger Schiffen auszukommen. Einmal sei Sansibar unter E D g Englands gestellt und die großen Stationen, die das Reich dort in den leßten Jahren habe halten müssen, seien veranlaßt worden durch die Politik des Sultans. Infolge der veränderten Ver- hältnisse habe die in Ostafrika \tationirte Marine und besonders die für den Zweck geschaffene Küstenflottille niht mehr die Bedeutung wie früher. Dann sei früher die Samoapolitik maßgebend gewesen ; diese Ad sei infolge der Abmachungen mit Amerika endgültig aufgegeben. as den Schutz des Handels überhaupt betreffe, fo halte er das für richtig, was schon der frühere Reichskanzler gesagt habe: man könne niht den Deutschen im Auslande denselben Schuß geben, wie dem Handel hier im Inlande, denn ein solches überseeishes Geschäft sei immer ein gewagtes, und da könne das Reich nicht die Gefahr übernehmen. Einen glücklichen Gedanken habe der Reichskanzler aus- esprochen, indem er von den Vereinbarungen gesprochen habe, die getroffen fien, um gewissermaßen eine internationale Organisation zum Schuß der Ordnung in den Meeren und an den Küsten zu schaffen; das würde das Aufgebot an maritimen Kräften wesentlih ermäßigen. Ein französischer Marine-Minister habe gesagt: „Es kommt jeßt mehr als früher auf die Entscheidung der Flotte im Falle eines Krieges in Europa an; umsomehr ist es gerehtfertigt, den politishen Dienst der französishen Marine in übersecishen Gewässern weit mehr zu beschränken, als es jeßt der Fall ist.“ Das sei auch seine Meinung. A Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Er habe der Opposition in der Conflictszeit durchaus keinen Mangel an Patriotismus vor- geworfen, sondern nur Mangel an Voraussicht. Uebrigens stamme aus den Kreisen jener Herren das Wort , E muß der Groß- machtskigel ausgetrieben werden“. Jn zwei Dingen nas den Abgeordneten ihre Kenntniß ein Urtheil: in Dingen, welche die all-

Ét

nos politische Lage beträfen, und in solchen, welche die Sas erührten; diese Kenntniß ermögliche thnen eine ausreichende Controle, auch wenn fie in technishen Fragen sich auf die Fahmänner verließen. Abg. Dr. Buhl (nl.): Er möchte doch auch hier darauf: hin- weisen, daß ihm für die Schlagfertigkeit der Marine die genügende Manuschaftsstärke nèch wichtiger zu sein scheine, als der Besiß \chnellfahrender Schiffe. Für den Handel werde die südamerikanische Station von ganz besonderer Bedeutung sein ; sei doch das eine Schiff, das nah Chile gegangen fei, von der deutschen Handelswelt mit ganz besonderem Interesse begrüßt, es sei förmlih ein Alp von dem deutschen Handel gefallen. Bei den großen Kapitalien, die in den deutschen Handelsverkehr nah Süd-Amerika investirt seien, habe die westamerikanische Station große Aufgaben zu erfüllen. __ Abg. Richter (dfr.): Der Abg. Freiherr von Stumm habe seiner Partei das Wort vorgeworfen: Preußen müsse der Groß- machtskißel ausgetrieben werden. Aber gerade die Fortschrittspartei sei die erste Partei in Deutschland gewesen, die in ihrem Gründungs- programm vom Jahre 1861 den Beruf Preußens als führende Macht in Deutschland aufgestellt und verlangt habe, daß die deutsche Einheit unter der Führung Preußens und durch ein deutsches Par- lament organisirt werde. - Das -Wort „Preußen muß der Großmachts- kißel ausgetrieben werden“ fei allerdings im Jahre 1866 von Schulze-Delißsch in Frankfurt a. M. in einer Versammlung von Abgeordneten ausgesprohen worden, aber in einem ganz anderen Sinne, als der Abg. Freiherr von Stumm anzunehmen scheine. Es habe fih damals um die Politik des Fürsten Bismarck gehandelt, wonach Preußen niht nur die deutshe Vormacht habe sein sollen, sondern auch auf Provinzen außerhalb Deutschlands Anspruch habe und eine außerdeutshe Großmacht sein solle: dagegen habe sich Schulze einzig und allein gewendet. Man müsse überhaupt die damalige Politik in allen ihren Kreuzungen und Wegen kennen, um den Zusammenhang zu verstehen. Wer aber je von Schulze-Delißsh und seiner Politik Notiz genommen habe, der wisse, daß unter allen Abgeordneten der Fortschrittsvartei niemand so entschieden aufgetreten sei für Preußen als deutshe Großuiacht,

wie Schulze.

Abg. Freiherr von Stumm (Np.): Und doch habe Schulze- Delitzsch gegen die deutshe Verfassung gestimmt.

Hierauf wird, unter Ablehnung des Antrags Nichter, der Commissionsvorshlag angenommen.

Beim Kapitel 52: Jndiensthaltung der Schiffe und Fahr- zeuge, beantragt die Commission, folgende Summen abzusetzen : 161 950 /(6 Seezulagen u. #. w., 17180 4 Lootsen- und Hafengelder und 457 385 6, für Jnstandhaltung und Repa- ratur der Schiffe. Dazu beantragt der Abg. Richter, weitere 517 000 M zu streichen.

Abg. Richter (dfr.): Auch nach dem von ihm beantragten Abstrih werde dieser Posten noch größer sein, als im Vorjahre. Die Nothwendigkeit beschleunigter Fahrten von Australien nah der Westküste von Amerika könne er nicht zugeben; das seien Fälle, die sich sehr selten wiederholten. Dazu komme, daß die Kohlenpreise im Fallen feien. Bei der Yacht „Hohenzollern“ hätten sih die Kosten ganz außerordentlih gesteigert. Es handele sih dabei um das Jn- ventar, Matertialienverbrauch und Ausbesserungen. Im Jahre 1889/90 sei dieses Schiff vier Monate scefähig und aht Monate s\tationâr gewesen, im folgenden je fechs Monate seefähig und stationär; die Kosten seien von 34 000 auf 48000 # gestiegen. Das entspreche ungefähr der stärkeren Jnanspruhnahme. Im Vorjahre hätten unter gleihen Verhältnissen die Ausgaben jedoch 102 000 A. betragen und jeßt würden gar 162000 #. gefordert, sodaß also in drei Jahren die Kosten auf den fünffachen Betrag gestiegen seien! Fn der Commission sei nähere Auskunft darüber niht gegeben worden,

Staatssecretär Hollmann:

Ich bitte, den eben beantragten Abstrih niht vornehmen zu wollen. Die Kosten für den Tit. 3 find in der That sehr s{wierig vorher genau zu berechnen; es ist mehr oder weniger eine Wahr- scheinlichkeitsrehnung: wir müssen die Zahlen dabei in Betracht ziehen, die fich in den leßten Jahren als Durchschnitt ergeben haben.

Wenn hier gesagt worden ist von dem Hern Abg. Richter, daß sih wahrscheinlih folche Kosten, wie sie in den Erläuterungen ge- nannt sind, die Kohlen für eine große Neise von Afrika nah West- Amerika, nicht wiederholen werden, fo kann ich das durchaus nicht zu- gestehen; höchstwahrscheinlih werden durch den Gebrauch des Kreuzer- Geschwaders im nächsten Jahre sehr bedeutende Kohlenkosten entstehen. Das Kreuzer-Geschwader wird voraussichtlich eine große Reise bis nah Ost-Asien unternehmen und wird reichlich dieselben Kohlenkosten in Anspruch nehmen. Genau kann ich das nicht vorher sagen; das be- ruht auf der Verwendung des Kreuzer-Geschwaders. Ich glaube nicht, daß hier irgend welche größeren Abstriche vorgenommen werden können, es set denn, daß eine sehr wesentlihe Reducirung der Indiensthaltung stattfände.

Der Antrag der Commission wird angenommen.

Zum Kapitel: Werftbetrieb, beantragt die Budget- commission, die neu geforderten Stellen nicht alle zu bewilligen, sondern zu streichen die Stellen von 6 Bauinspectoren, 3 Werft- secretären, 7 Zeichnern, 10 Werkmeistern, 1 Rendanten, 11 Werftschreibern und 5 Kanzlisten.

Abg. Singer (Soc.): Er habe {hon in der Commission drei Fälle mitgetheilt, in denen auf den Kaiserlichen Werften alten Ar- beltern, die eine Altersrente auf Grund des Alters- und Invalidi- tätsversicherun ee bezögen, ihr Lohn um den Betrag der Alters- rente gekürzt ei. Es handele sih um Arbeiter, die fünfzehn und mehx Jahre auf der Werft beschäftigt seien, denen man andere Arbeit gegeben habe, um sie mit niedrigeren Löhnen abspeisen zu können. Der Staatss\ecretär hahe Erkundigungen einziehen wollen, und er bitte ihn heute um eine Erklärung.

Staatssecretär Hollmann:

Wenn ih zunächst Bezug nehme auf die Aeußerung des Herrn Vorredners, fo habe ih, angeregt durch die Anfrage in der Commission, mir Bericht erstatten lassen von der Kaiserlichen Werft in Kiel, wo diese Frage vorlag, und ih habe die Antwort dem Vorsitzenden der Commission abgegeben; ich kann sie hier nur reproduciren,

Es ist in der That bei einzelnen Leuten eine Lohnreduction ein- getreten, und cs is dies zurückgeführt worden darauf, daß man ge- meint hat, weil die Leute Anspruch auf Altersrente haben, hat man ibnen einen entsprechenden Betrag am Lohn gekürzt. Dies ist aber nicht der Fall. Lohnveränderungen werden auf den Kaiserlichen Werften alljährlih vorgenommen, entweder nah oben oder nah uaten, und zwar ist dies nothwendig aus dem Grunde, weil die Löhne fih nah der Arbeitskraft des Mannes rihten müssen. Es kann vorkommen, daß ältere Leute die Arbeit, die ihnen übertragen ist, niht mehr aus- zuführen vermögen; man muß ihnen dann eine andere Arbett über- tragen, auch son aus dem Grunde, weil, wenn sie unberechtigter- weise in dieser hohen: Lohnklasse verbleiben, fie anderen Arbeitern im Wege stehen. Wir haben auf den Werften, wie bekannt, verschiedene Lohnklassen, vier bis fünf. Also diejenigen, welche die befähigtesten sind, und ihre Arbeit am besten verrihten, stehen in der ersten, und ihrer Anlage entsprechend geht es dann nah unten. ?

Wir haben hier zwei Leute: der eine, ein Arbeiter Machholz, ein Mann von über 70 Jahren, ift beschöftigt gewesen als Zuschläger; er

hat diefe Arbeit niht mehr verrichten können: es ist ihm infolge dessen.

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