1892 / 60 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 09 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

M E P I A EROR NHOS: eiden) aoemnbe: ven io An Bremen

‘Taben, gestaite ih mir zunächst, die beiden Fragen zu beantworten, welche der legte Herr Vorredner direct an mich gerichtet hat. Er fraate: soll die Einrichtung eines gemeinsamen Unterbaues wie in Frankfurt a. M. eine Abfindung sein für diejenige Richtung der Re- formbestrebungen, welche die fogenannte Ginheitsschule auf ihre Fahne geschrieben hat, oder foll es ein Versu sein von weiterer Aus- debnung mit dem Ziel einer praktischen Realisirung, wenn er sich be- währt? So babe ich ibn verstanden.

Meine Herren, ih kann nur mit Entschiedenheit hervorheben, daß: die leßtere Alternative zutrifft. Es hat mir ganz fern gelegen, zu denken, auf einem immerhin doch fehr s{werwiegenden Gebiet einen Versu zuzulassen, der mehr oder weniger decorativer Natur wäre. Aber ich muß auch hervorheben, meine Herren, daß die erste Anregung zu diesem Versuch aus einem städtischen Gemeinwesen und aus Kreisen hervorgegangen ift, die sowohl communale wie s{ul- technische Interessen nah jeder Richtung hin bisher vertreten haben und zugleich sachverständig sind, und daß schon aus diesem cinfachen Grunde jeder Gedanke abgewiesen werden muß, als könnte

id bier um eine Frage niederen Ranges handeln.

meine Herren, ich bin der Meinung, es handelt

bei di Nersuch in Frankfurt a. M. gzu dem d in danfenswerther Weise cine große Commune mit großen Mitteln und tüchtigen Kräften hergegeben hat, um die Lösung einer praktischen Frage allerersten Ranges, (hört, hört!) und ih bekenne, daß nach meiner Auffassung, wenn dieser Versuch gelingt, er auch prattish ver- wertbet werden muß in der Entwickelung unseres höheren Schul- wesens. Sollte er mißlingen, nun, dann würde immer noch das An- erfennung verdienen, daß eine Commune sich herbeigelassen hat, einen solhen Versuch in dankenswerther Weise zu machen.

Meine Herren, ih gehe aber auch noch weiter. Ih will es meinerseits gar nit ablehnen, daß, wo geeigneten Orts geeignete Anträge von anderen Communen nach dieser Richtung an mich heran- treten, ih mi ihnen gegenüber durchaus entgegenkommend und wohl- wollend verhalten werde. Ich will es au nit ablehnen, geeigneten Orts mit staatlichen Anstalten einzelne ähnliche Versuche zu machen, (Beifall) aber, meine Herren, immer unter einer Voraussetzung, daß unzweifel- haft nachgewiesen wird, daß an dem betreffenden Orte niht ein Ex- veriment auf Kosten der Eltern gemaht wird: das ist ein fehr wich- tiger Punkt, meine Herren, denn die Voraussetzung für diese Versuche ist ein Schülermaterial ganz constanter Art, welches nicht darauf angewiesen ist, heute in diese Schule, morgen in jene oder an einen anderen Ort zu gehen. Ich glaube, die Unterrichtsverwaltung würde

eine {were Pflichtversäumniß begehen, wenn sie den Anträgen dort

nacfäme, wo solche Vorausseßungen uicht bestehen, und es freut mich, daß ih annehmen fann, damit auf Ihrer Aller Einverständniß rehnen zu dürfen.

Meine Herren, es tritt nun die zweite Frage an mich heran: ob nit möglih wäre, den Realgymnasial-Abtheilungen dieser Ver- suchsanstalt und eventuell späterer ähnlicher Anstalten die gleiche Be- rechtigung wie den Gymnasial-Abtheilungen zu gewähren. Diese Frage muß ih verneinen. Meine Herren, der ganze Versuch würde den wesentlichsten Theil seines Werthes verlieren, wenn man für die varallel laufenden Gymnasial- und Nealabtheilungen plößlich gleiche Berechtigungen construirte. So lange das Berechtigungswesen, wie es jeßt besteht, noch entscheidend ist für viele Eltern, ihre Kinder der cinen oder anderen Anstalt anzuvertrauen, so lange halte ih es für ganz unmöglich, am Endziel diefes Versuchs beiden Parallelabtheilungen die Gleichberehtigung zu verleihen; damit würde die Unterlage für die Trennung der Anstalten überhaupt wegfallen und so zugleih das wirksamste Mittel, um die Frage zu lösen: Ist es mit einem gemeinsamen Unterbau und einer späteren Gabelung mögli, die drei verschiedenen Ziele der lateinlosen Ober- Realschule , es Realgymnasiums und des humanistischen Gymnasiums zu erreihen? Ich glaube also, da fann ih ein Ent- gegenkommen nicht in Aussicht stellen.

Ih schließe hieran gleich cine kurze Erörterung bezüglich der Frage des Berechtigungswesens überhaupt. Der Herr Abg. Graf hat hervorgehoben, daß ja diz Wsung des Berechtigungéwesens, wie sie nun geschehen sei, im allgemeinen befriedige, specielle Wünsche seien selbstverständlich übrig geblieben, und er hoffe, auf diesem Wege werde ih eine gesunde Entwicklung der Schule erreichen lassen. Aber er bat au angedeutet und niemandem ist das besser bekannt als mir daß gerade in dem Vertreter der realistishen Nichtung die jeßige Ordnung des Berechtigungswesens die Keime zu dem Wunsch gelegt hat, daß man einen Schritt weiter gehe und den Realanstalten bezüglih des Besuchs der Hochschule völlig gleiche Be- rechtigung beilege. Der Herr Abg. Graf hat gesagt ich habe ihn wenigstens so verstanden —, er würde ein Eingehen auf diesen Wunsch lebhaft bedauern ; denn damit wäre der Charakter und die Bedeutung unserer jeßigen Hochschule niht mehr aufrecht zu erhalten.

Meine Herren, wäre das der Fall, so würde ih ihm unbedingt beistimmen: Aber es scheint mir doch mindestens der Erwägung werth, ob es nicht später einmal möglich wäre ich nehme selbst- verständlich keinen irgend nahen Zielpunkt in Ausfiht der Frages« näher zu treten und eben diese Erwägung nicht voll- ständig mit einem fkategorishen Nein schon jet abzushneiden. Meine Herren, wir müssen uns klar werden, die Schul- frage ist viel weniger eine tehnishe als eine sociale Frage, und eine ganze Reibe von Ordnungen auf dem Gebiete des Schulwesens würde sich von selbst finden und würde mit einer viel größeren Sicherheit und Zuverlässigkeit in Bezug auf ihre Wirkung sich lösen lassen, wenn man es ermöglichte, sh loszumachen von dem Gedanken, daß für die Erreihung bestimmter \taatliher Stellungen darauf fommt es s{ließlich hinaus cine gewisse Form der Vor- bildung das absolut Nothwendige wäre und umgekehrt eine andere Form absolut davon aus\chlösse. Ich meine, die Frage ist doch noch niht für immer entschieden, ob wirkliß das abschließende Examen eines humanistisWen Gymnasiums unter allen Umständen die alleinige Anwartschaft für die Berechtigung der Zulassung zu gewissen Studien und gewissen Berufszweigen geben soll. Ich verkenne die Schwierigkeit nicht, ih verkenne au nicht, daß wir feine Zustände schaffen dürfen, wo etwa den Universitätslehrern gegen- über ein Mischmash von gänzlich verschieden vorgebildeten Leuten sißt, die seine Vorlesungen nicht verstehen, ja, seiner Einwirkung gegenüber sich vielleicht sogar ablehnend verhalten würden. Das ist mir véllig klar, aber es ist mir nicht so klar, ob es niht mögli wäre, au das unbedingt nothwendige Maß von Verständniß für den einzelnen Fall bei den Studenten vielleiht nah einem oder zwei Semestern auf eine

andere Weise festzustellen, als das jeßt lediglich durch das Abiturium einer bestimmten Anstalt geschieht. Meine Herren, ich bitte, mi nicht mißzuverstehen; ih will keine neue Beunruhigung in die Sache hineinbringen, und ih werde keinen Schritt thun na dieser Richtung hin, der niht auf seine Confequenz hin im weitesten Maße allseitig eingehend geprüft und erörtert worden wäre. Aber das wollte ih mir gestatten heute hier hervorzuheben: die Entscheidung über die endgültige Entwickelung unseres Unterrichtswesens auf den höheren Schulen knüpft sih nicht an die Frage, ob Ober-Realschule oder Real- gymnasium oder humanistisches Gymnasium, sondern die Entscheidung liegt auf einem anderen Gebiete, das ich mir gestattet habe eben zu bezeichnen. Gelänge es, die shwere Frage in einem anderen Sinne zu lösen, dann müssen Sie si, meine Herren, doch auch vergegen- wärtigen, wie viel leichter es sein würde, die Forderung zu erfüllen, die ja von allen Seiten bezüglih der Schulreform in der Presse und in diesem hohen Hause im vorigen Jahre an unser Ohr gedrungen ist: Gebt uns Freiheit der Bewegung und gebt uns eine angemeffene Be- rüsichtigung gewisser lokaler, gewisser individueller Verhältnisse bei Lehrern und Schülern! Meine Herren, die Erfüllung dieser an sich unzweifelhaft berehtigten Forderung findet eine oft unübersteigliche Schranke in der Frage: wie werden die Endzcugnisse der verschiedenen Anstalten geschäßt ?

Meine Herren, ein zweiter Punkt, den ih bitte mit ein paar Worten berühren zu dürfen, betrifft das sogenannte Zwischenexamen. Von allen Neuerungen der Prüfungsordnungen ist, glaube ich, feine so entschieden und mit einem folchen Gewicht von Gründen an- gegriffen worden wie diese und troy dessen glaube ih, mit Unrecht, und zwar aus folgendem Grunde. Wer auf dem Standpunkt steht, daß er unsere ganze höhere Schulbildung, besonders auf Gymnasien, nur aus dem Gesichtspunkte einer Vorbereitung für die Uuiversität betrachtet, und zwar einer Vorbereitung wesentlich für das Universitäts- studium ich will einmal sagen: der früheren, der alten Art man nennt es ja auch vielfach das der reinen Geisteswissenshaft wer, sage ic, unser böheres Schulwefen nur aus diesein Gesichts- punkte betrachtet, der hat, glaube ih, entschieden Recht, wenn er sich als Gegner unserer ganzen Reform überhauvt bekennt, und wenn er vor allen Dingen gegen das Secunda-Eramen in der ent- schiedensten Weise Front macht. Dem d Ul nit zu leugnen, daß der leßte Abshluß der Entwickelung bei einem Schüler, welcher in einer ganz lediglich nah diesem Ziele bin gerichteten Stufenfolge ununterbrohen geführt wird, vielleicht cin besserer, vielleiht ein leichter erreihbarer sein wird, als wenn man unsere höheren Schulen, wie das jeßt der Fall ist, in zwei Stufen zerlegt, in eine Unterstufe und in eine Oberstufe: in eine Unterstufe, die in viel höherem Maße cine erste abgeschlossene formale Bildung vermitteln soll, und in eine Oberstufe, die gewissermaßen aus dem in der Unterstufe Erworbenen die weitere Entwickelung in einem immerhin \hon höheren Sinne, als dies sonst der Fall ist, zu geben berufen ist. Indessen, meine Herren, unser böberes Schulwesen am Ende des 19. Jahrhunderts und unter der Entwickelung, wie sie unfer Volks- leben genommen hat, ist gar niht mehr zu betraten aus dem Ge- sihtspunkt, daß es lediglih die Aufgabe habe, Abiturienten für die Universitäten zu bilden. (Sehr rihtig!)) Es würde nach meiner Auffassung eine {were Versündigung sein an den breiten gebildeten Schichten unseres Volks, an den großen Schichten, welche ihren späteren Lebensberuf auf gewerblichem Gebiete haben, wenn man diesen gegenüber eine fo einseitige Construction noch ferner festhalten wollte. Deêwegen muß nicht das fogenannte Einjährig-Freiwilligeneramen, deswegen muß das Secunda-Examen eingelegt werden, weil es allein den Abschluß bietet und allein dem aus der Untersecunda einer iteunstufigen Anstalt Abgehenden auß in der Welt die gleiche Be- rechtigung giebt, wie dem von einer höheren Bürgerschule Abgehenden. (Zuruf.) Es wird mir zugerufen : Das ist total falsch. (Heiterkeit.) Ich erwarte den Gegenbeweis; vorläufig muß ih bei meiner Auf- fassung stehen bleiben. Es is wohl doch ganz harafkteristisch, daß, nachdem die neuen Lehrpläne thatsächlich veröffentlicht sind und nachdem nun die große Zahl sehr sahverständiger Leute, welche über sie zu urtheilen berufen und berechtigt sind, sich mit dem genau bekannt gemacht hat, was die Negierung will, die Beurtheilung im ganzen eine sehr viel sac- lichere und vor allen Dingen auch bezüglich des Zwischeneramens eine sehr viel günstigere geworden ist. Mit dieser meiner Auffassung be- finde ih mich, glaube ih, jeßt in ganz ausgezeichneter pädagogischer Gesellschaft. Ich kann für meine Ansicht über diese Dinge eine ganze Reihe der hervorragendsten Schulmänner, der hervorragendsten National- öfonomen und Volkswirthe anführen. :

Meine Herren, es ist dann die Frage der Nealgymnasien im all- gemeinen nohmals angeshnitten worden. Wie ih {on die Ehre hatte, im vorigen Jahre an dieser Stelle auszuführen, bestebt niht die Absicht, die Realgymnasien mit einem Schlage über den Haufen zu werfen, besteht nicht die Absicht, sie überhaupt über den Haufen zu werfen. Sie sollen jeßt nach ihrer Gleichstellung mit den Ober-Realshulen zeigen, ob sie eine berechtigte und fundamentale Einrichtung unseres Schulwesens sind. Aber gerade aus diefem Gesichtspunkt heraus und deswegen erwähne ih es hier habe ich zu meinem Bedauern den Wünschen bedeutender und von mir hoch geachteter Männer entgegentreten müssen, welhe die Beibehaltung des Lateinunterrihts im bis- herigen Umfang an den Realgymnasien entweder ganz oder in einer weiteren Ausdehnung, als dies bisher der Fall ist, fordern, und welhe zu verstehen gaben, daß die durch die neuen Lehrpläne hervorgerufene Beschränkung eigentlich auf einem Umwege dasselbe erreiche, was eine sofortige Auflösung der Realgymnasien mit einer größeren Offenheit und kürzer gethan haben würde. Nein, meine Herren, so liegt die Sache niht. Mir liegt jeder Gedanke fern, auf. diesem Wege etwas zu erreichen, was mir vielleicht öffentlih unbequem wäre. Aber das muß ih sagen: die Forderung, die die Herren stellten, is unmöglich vereinbar mit dem realistishen Charakter der Nealgymnasien überhaupt. Wollte man das Latein in dem Umfange beibehalten, wie es von diesen Herren gefordert wurde, so müßten, wenn man Ueberbürdung verhüten und die anderen unerläßlichen Forderungen der Vorbildung berücksichtigen wollte, so müßten, sage i, naturgemäß diejenigen Fächer eine ganz erhebliche Beschränkung erfahren, die dem Realgymnasium selbst überhaupt feinen specifishen Charakter geben. Die Forderung wäre also nichts weiter gewesen, als eine Anerkennung der Einheits\hule, aber selbstverständlich einer anderen Einheitss{ule, wie sie Herr von Schenckendorff will. Ich glaube deswegen, daß ih recht gethan habe, mich diesen Forderungen entgegenzustellen, wenn ich au in einzelnen

kleinen Punften schr gern Abweichungen ven den Lehrplänen ge- billigt habe.

Nun, meine Herren, noh cins. Beide Redner haben dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß man zunächst jeßt eine Ruhbepause in der Ent- wicklung eintreten lassen, sih in die neue Ordnung einleben und schen möchte, wie die höhere Schule praftisch auf Grund dieser neuen Lehr- pläne sih entwickelt. Jh kann meinerseits nur mit Freuden mi diesem Wunsche anschließen und ebenso wie die Herren hoffen, daß wir einer guten und gedeihlichen, aber nicht einer abgeschloFenen Zukunft entgegengehen. (Bravo!)

Abg. Dr. Kropatscheck (conf.) stimmt dem Minister bei, daß das Latein auf den Realgymnajien beschränkt werden müsse, wenn der realistische Charafter der Anstalten überhaupt noch gewahrt werden solle. Das Zwischeneramen sei nothwendig, um die Befähigung für den einjährigen Dienst nachzuweisen; ein solhes Examen bestehe auch schon in anderen Staaten. Allen Besuchern der verschiedenen An- stalten die Universität zu öffnen, habe doch seine Schwierigkeiten ; man sage S e nicht Latein und Griechisch gelernt habe, werde keine Collegien besuchen, die diese Kenntniß erforderten. Vielleicht fordertéèn aber solche Besucher nahher und mit einem gewissen inneren Nehte daß die Collegien ihrem Verständniß an- gepaßt würden. Denn cin einheitliher Unterrichtsbetrieb fei an den Universitäten nothwendig und diefer erfordere eine einheitlide Vorbildung. In den unteren Klassen könne man noch nicht ent- scheiden, ob ein Knabe befähigt sei, die Lateinshule durchzumachen ; jedenfalls würden auch meistens die Eltern lieber ihre Kinder auf die Lateinschule schicken, auch wenn es ihnen an der nöthigen Begabung fehle. Daß die Einheitsshule den Zuzug zur Universität vermindere, habe sih in Norwegen nicht herauëgestellt. Daß ein Versuch gemadt werde in einer Stadt, die sh selbst dazu erboten habe, wolle er nicht mißbilligen; aber davor möchte er warnen, solche Versuhe an vielen Stellen zu machen; zu solchen Experimenten seien unsere höheren Schulen doh zu gut. Ießt müsse der Schulverwaltung Zeit gelassen werden, die Reformen, die erst auf dem Papier ständen, au in Wirklichkeit durhzuführen ; die Schul- reformer, die in der Presse das große Wort führten, sollten nicht so störend eingreifen. Dem Minijter müsse gedankt werden für die so schnelle Erledigung der ihm gestellten Ausgabe. _ /

Abg. Schmelzer (nl.): Er sei weder in der Schulconferenz, noch im Siebenerausshuß gewesen. Die Lehrpläne verdienten den größten Dank, wenn sie au zuerst eine gewisse Beunruhigung hervor- gerufen hätten. Die Hauptarbeit werde mehr in die Schule verlegt ; den Lehrern werde die Arbeit erschwert, aber es werde ihnen auch die Möglichkeit gewährt, an der Erzichung der Schüler eingreifend mit- zuwirkfen. Die Schüler, die mit dem Einjährigenzeugniß die Schule verließen, seien niht immer der Ballast der Schule, sondern oft be- fähigte Schüler, die dics nur aus Familienverhältniffen. thäten. Wenn die Schulräthe dem Zwischenecramen nit beizuwohnen brauchten, dann werde eine Neuerung eigentlih nicht herbeigeführt ; folhe Ver- seßung8examina beständen jeßt son vielfach. y L

_ Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Stauder: Die Absicht des Ministers sei eé, in den meisten Fällen den Director als Staats- commissarius zu bestellen; schon die ÜUeberlastung der Schulräthe würde es hindern, daß sie regelmäßig an dem Examen theilnähmen. ;

__ Abg. Köhler (Centr.): Mit der Ausdehnung des Deutschen könne man einverstanden sein, ebenso mit der Verlegung des Beginns des französishen Unterrichts in die Quarta und mit der Möglichkeit, daß die Schüler der höheren Klassen das Englische lernten. Man müsse allerdings fragen, ob bei der beshränften Stundenzahl für Latein das Ziel ohne Ueberbürdung der Schüler zu erreichen sein werde. Die bumanistischen Gymnasien könnten zufrieden scin über die shonende Art, mit der sie behandelt seien: aber fie wünschten mit Recht jeßt eine längere Nuhepause.

Auf eine Anfrage des Abg. Klose (Centr.) erklärt der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Graf von Zedlißt:

Ich kann die Anfrage des Herrn Abgeordneten kurz beantworten. 58 ist zuzugeben, daß die Turnhalle in einem durchaus un- genügenden Zustande ist. Das ift auch seitens der Unter- richtsverwaltung vor mehreren Jahren anerkannt worden. Der Grund, weshalb diesem Uebelstande biéher feine Abhilfe gegeben ist, lag darin, daß Fisfus und Stadtgemeinde über die Frage der Unterhaltung des Baues verschiedener Meinung sind. Im Jahre 1836 nämlich hat ein Uebereinkommen zwischen diefen beiden über die Bau- lichkeiten des Gymnasiums stattgefunden, wonach die Stadt unter ge- wissen Bedingungen verpflichtet ist, bestimmte Baulichkeiten zu errichten. Die Staatsregierung hat bisher auf dem Standpunkt gestanden, die Turnballe gehöre zu diefen Banlichkeiten. Neuerdings sind Zweifel an der Nichtigkeit dieser Auffassung entstanden; ich habe mich infolge dessen mit dem Herrn Finanz-Minister ins Benehmen gefeßt, und er hat mir in den leßten Tagen erklärt, daß er bereit sei, eine noh- malige Regelung dieser Angelegenheit in wohlwollender Weise in Er- wägung zu nehmen. Ich kann also dem Herrn Abgeordneten die baldige Eröffnung derartiger Verhandlungen in Aussicht stellen.

_ Abg. Grimm-Franffurt (nl.): Es müsse eine gewisse Sicher- heit geschaffen werden, daß der Schulrath möglichst selten oder nie- mals dem Zwischenexamen beiwohne, denn sonst erhalte dies eine Bedeutung, die von : Pâdagogen als bedenklih betrachtet werde. Redner spriht scine Befriedigung darüber aus, daß das Ministerium den Versuch mit dem gemeinsamen Unterbau gestattet habe. In Conferenzen und im Parlament werde man sich über folche ragen nicht einigen fênnen, das föônne nur auf dem Boden der praktis jen Erfahrungen geschehen. ;

Damit schließt die Debatte: der Titel wird genehmigt.

Um 4 Uhr wird die weitere Berathung vertagt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Deutscher Landwirthscha ftsrath.

In der gestrigen Sitzung erklärte bei der Berathung des Antrags auf Abänderung des Geseßes über den Unterftüßungswohnsiß der Staatsfecretär Dr. von Boetticher, wie die „N. A. Z.“ mit- theilt, daß sowohl die preußishe Staatsregierung wie die Reichsregie- rung bemüht seien, eine Aenderung des Geseßes gemäß den politischen und wirthschaftlichen Verhältnissen herbeizuführen, daß sie aber über- einstimmend der Meinung seien, das Princip des Gesetzes müsse auf- recht erhalten werden. Der Bundesrath gebe sih der Hoffnung hin, daß es ihm gelingen werde, durch ein paar Paragraphen eine Correctur des Geseßes zu erreihen. Der Entwurf befinde ih {on im Druck. Betreffs des Erwerbes und des Verlustes des Unterstüßungswohnsißes sei weder das 16. noh das 21., sondern daë 18. Lebensjahr gewählt worden. Der Bundesrath habe sich dabet von der Erwägung leiten laffen, daß in weiten Kreisen der Arbeiter- bevölkferung und zwar sowohl bei dem männlichen als auch bei deu weiblichen Geshlecht eine gewisse wirthschaftlihe Selbständigkeit be- ginne. Im § 28 sei die Erstattungspfliht bei eintretender Ver- jährung enthalten. In dem § 29 seien auch die forst- und landwirth- schaftlichen Arbeiter aufgenommen, und endlich sei die Pflicht der Aufent- haltsgemeinde zur armenrehtlihen Unterstüßung von 6 auf 13 W ausgedehnt worden. Auch bezüglih der Beweislast sei Erleichterung getroffen, und endli sei eine Bestimmung in das Gese aufgenommen worden, wonach Derjenige, der seine Angehörigen ohne Unterstüßung verläßt, event. in eine angemessene Polizeistrafe genommen wird. Welches Schicksal das Gese haben werde, lasse \sih heute noch nit sagen, cs werde zweifellos im Reichstage heftige Kämpfe veranlafsen-

7s sei aber jedenfalls anzunehmen, daß alle Parteien von dem M afen geleitet sein werden, den Nothstand in unserem Vaterlande Ï seiti il, A

P “Scließlih wurde der gestern mitgetheilte Theil des von Below’schen Antrags zurückgezogen und der zweite Theil in folgender Fas enommen : 28 Fans s Geset vom 6. Juni 1870 is dahin abzuändern, daß 1) der E rwerb und Verlust des Unterstüßungswohnsißes bereits mit_ er- folgtem 21. Lebenéjahr zu beginnen hat; 2) a. im § 17 das Wort böslih“ vor „verlaffen“ wegfällt; b. wenn in den Fâllen der §S 17 “nud 19, Abs. 2, einer Ehefrau bezw. einer Ehefrau und den ihr éolgenden Kindern von dem Armenverband des selbständig erworbenen Unterstüßungswohnsites Unterstüßung gewährt wird, dadur der Lauf der in den SF 10 und 22 bezeichneten zweijährigen Erwerbs- und Verlustfrist nicht gehemmt wird; 3) § 29 des Gesepes dahin abgeändert wird: a. Aner Lehrlingen, Gesellen, Dienstboten ind auch sämmtliche Lohnar ‘eiter, welche in ständiger Arbeit tehen, hier zu vermerken. Träger der Unterstüßungspflicht ist im lezteren Falle der Armenverband des Aufenthaltsortes; b. die Pflicht der Aufenthaltsgemeinde zur armenrehtlihen Unterstüßung ist von 6 Wochen auf 13 Wochen auszudehnen; è. die im Absaß a. bezeichnete Nervflichtung der Aufenthaltsgemeinde besteht auch nah Lösung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses fort, wenn die Lösung vor Ablauf der geseßlichen oder vertragsmäßigen Dauer des Verhältnifses erfolgt

der g t us E o 5 L Si e S Ge t, und seitdem bis zum Eintritt des Unterstüßungsbedürfnisses

* (Unterstüßungéfalles) noch nit sechs Wochen verstrichen find; d. in

& 34 anstatt der fechsmonatlichen eine dreizehnwêchentlihe Frist ge- seßt wird.“

Zur Arbeiterbewegung. Aus Leipzig wird der „Voss. Ztg.“ vom gestrigen Tage be- rihtet, daß der Ober-Bürgermeister George einer Abordnung Arbeitsloser die Zusicherung sofortiger Abbilfe gegeben habe. Mehrere Hundert, zunächst nur Familienväter, sollen bereits heute Be- schäftigung erhalten. Verschiedene städtische Arbeiten sollen {leunigst vergeben werden. Außerdem ift ein Ausschuß zur Unter- stüßung Arbeitéloser in der Bildung begriffen.

“Fn Halle haben nah einer Mittheilung des „D. B. H.“ die itädtishen Behörden eine außerordentliche Bewilligung von 10 000 ¿ur Vertheilung von Brot und Speisemarkfen unter die Notbleidenden beschlossen.

Die Thüringishe Socialdemotra wärts“ berichtet, einen „Thüringer

und“ gegründet, dessen Vorstand in Erfurt

Der Arbeiterausstand in der Fabrik M Rübl (Elsaß) kann nach demselben Blatt als werden, nachdem mehr als zwei Drittel der Ausftändic vicder aufgenommen baben, als die Fabrikleitung befan

jeßt nicht wieder an seinen Arbeitsplaß zurücfehre, für immer

l Ü

Hier in Berlin fand vorgestern wieder cine Anarchisten - Versammlung im Saale der Norddeutschen Brauerei statt, in der aub „unabhängige Socialdemokraten" das Wort nabmen. Nach dem Bericht der „Boss. Ztg." wurden bestimmte Beschlüsse in der Ver- fammlung nicht gefaßt. In Weißensee bei Berlin sprach der socialdemofratishe Reichstags - Abgeordnete Bebel vorgestern irlamentarismus. Die Opposition war stark vertreten, zum theil au aus Berlin, und kam fast aus\{ließlich zum Worte. Bebel wurde heftig angegriffen und erklärte u. a.: * Niemandem falle unter „Lumpenproletariat“ die arbeitslosen oder zerlumpten r zu verstehen. Gemeint feien die Gefinnungslumpen, die sich an etwas Anderem betheiligt hätten als an Radau und { und für Alles zu haben wären. Die Versammlung stellte errn Bebel \{chließlich ein Vertrauenêvotum aus. Aus Wien theilt ein Wolff’sches Telegramm mit, daß die von comités für die Arbeitslosen veranstalteten Brotverth e i- u! an die Arbeitslosen Volizeilich untersagt worden sind, da fie zu Vorgängen geführt haben, durch welche die öffentliche fube und Ordnung gestört und die körperliche Sicherheit von Per- nen gefährdet wurde, sowie weil für diefe Art der Vertheilung von nitteln kein Bedürfniß vorhanden sei. Bei der gestrigen Ver- eilung wurden, wie shon an früheren Tagen, mehrere Personen *bnmäßtig. Ein Prager Telegramm des „D. B. H.“ meldet vom gestrigen Die Arbeiter des dem Baron von Erlanger gehörigen *ergwerks in Schaßlar lärmten wegen einer zehnprocentigen bnverminderung. Der Director des Werkes mußte sich dur einen Sprung aus dem Fenster vor den erregten Arbeitern retten. Vie Gendarmerie war genöthigt, mit gefälltem Bajonett vorzugehen. Wie die Londoner „Allg. Corr.“ berichtet, wurde das Ergebniß der Abstimmung der Kohlenbergleute von Durham, ob fie sich an dem Strike betheiligen wollen oder nicht, am Montag bekannt ; 40000 von 55 000 abgegebenen Stimmen waren für einen Ausstand. Ztatutengemäß muß noch eine Abstimmung vorgenommen werden. Vle Streitigkeiten zwishen den Schuhfabrikanten und rdeitern in Leicester sind auf gütlichem Wege ausgeglichen orden, und 3000 Mann haben am Montag die Arbeit wieder auf- Jjenommen. Die Einbuße der Ausständigen an Löhnen beträgt insgesammt zwischen 4000 und 5000 Pfd. Sterl. 1500 Arbeiter empfingen keine Strikegelder. Kleinlihe Streitigkeiten waren die Ursache des Ausstandes.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs» Maßregeln.

/ Ueber die Influenza

erichtet Nr. 10 der „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheits- ants* in Folgendem:

___ „Soweit aus dem Auslande directe Mittheilungen über die ihuenza vorliegen, lauten diese fast ausnahmsélos günstiger als in êr Vorwoche, dagegen erböhte fich in mehreren Städten die Zabl der

odeéfalle an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane und auch die Lelammtsterblichkeit. So z. B. war dies in Brünn (St. 44,6 gegen (:) 39,9 auf je 1000 Einwohner, A. 15 : 11) der Fall. In Wien rar zwar die Gesammtsterblichkeit mit 29,9 : 29,0 9/00 etwas beträcht- licher als in der Vorwoche, aber die Erkrankungen an Influenza be- ugen nur 44 zu 118 (A. 186: 193). Eine ähnlihe VBerminde- rung zeigten die Erkranfungen an Influenza in Prag mit 62: 81 "= L0desfall : 2). In Kopenhagen ging die Zahl der Erkrankungen an

vnNluenza von 163 in der Vorwoche auf 160, in Stockholm von 50 u 958 herunter, aber in beiden Städten stieg die Sterblichkeit an ciéjer Krankheit auf 10:4 und 12: 11 Todesfälle (A. 33: 27 und 59:24). In London gelangten 61 Todesfälle an Influenza : 79 zur Anzeige, doch sei bemerkt, daß die Gesammtsterblihkeit in allen

Beri a\+5 D ORE e 2 Le é O0 7 c D Verichtsstädten des Inselreiches anstieg, in London von 20,7 auf 22,4,

mm N

in Vublin von 37,4 auf 39,5, in Liverpool von 25,1 auf 29,6 9/00

«1 w. In Amsterdam wurden 10 Todesfälle an Influenza : 13 in «er Borwoche, in Paris 8: 15, in New-York 24: 38 beobachtet. - m Deutschen Reich wurden im Reg.-Bez. Düsseldorf 9 Todesfälle und 749 Erkrankungen an Influenza : 22 und 857 ge- ineldet. Wie in diesem Bezirke so lauten fast überall die Mitthei- Ren über die Seuche günstiger, Todesfälle an derselben wurden fast nur noch vereinzelt beobachtet. Eine Zunahme der Gesammtsterblich- E der Todeëfälle an af. Erkr. der Athmungsorgane ist für die s stehenden Orte hervorzuheben: Remscheid (St. 35,6 : 33,1 9/00, Manub : D), Malni (Sb 324 + 20 0, A 12/2 19, R (E 221: 129. 000, A110: 0), Murnberg WürzE 0 : 26,5 0/00, A. ñur 15: 23), Erkr. an Infl. (320 : 400), A. eurg (St. 22,3 : 18,2 0/00, A. 10: 4), Cassel (St. 19,4 : 15,2 9/0, (S 2 Gera (St. 36,5 : 27,7 9/00, A. 8 : 6), Charlottenburg A. 10 : 7) a6 Loo, A. 2), Braunschweig (St. 27,5 : 21,1 0/0, A 74 lel (St. 29,2 : 19,5 9/00, A. 8 : 5), Lübeck (St. 22,8 : 15,7 9/00, : Gerner sei erwähnt, daß in Franffurt a. O. 15 Erkr. an

Infl. : 19, in Magdeburg und Dresden 4 und 6 Todesfälle gegen je 5 in der Vorwoche vorkamen.

_ Nach einem Urtheil des Ober-Landesgerichts zu Breslau finden die Bestimmungen im § 367 Nr. 3 des Strafgeseßbuchs, nah welchen Uebertretungen der Kaiferlihen Verordnung vom 27. Januar 1890, betreffend den Verkehr mit Arzneimitteln, zu bestrafen sind, auf Thierheilmittel feine Anwendung.

Nach einer Mittheilung im „Oest. Sanitätêwesen“ haben die von den öffentlihen Blättern gebrachten übereinstimmenden Nach- riten über Nothstand in ausgedehnten Gebieten Nußlands und infolge desen aufgetretene Infectionskrankheiten das österreichische Ministerium des Innern veranlaßt, an die politischen Landesbehörden in Galizien und in der Bukowina Weisungen zu erlafsen, um der Gefahr für den Gesundheitszustand der Bevölkerung rechtzeitig zu begegnen. Zu diesem Zwecke wurde ihnen empfohlen, jene sanitäts- polizeilichen Maßnahmen ins Auge zu fassen und vorzubereiten, welche geeignet sind, die rasceste Entdeckúng etwa eingeshleppter In- fectionsfranfheiten zu sichern und deren Verbreitung in wirk- samer Weise hintanzuhalten, daher insbesondere wegen retzeitiger Eruirung der ersten Erkrankungsfälle an gefährlichen Infectionskrank- heiten in den Bezirken, wegen Bereitung von Fsolirlocalitäten und wirksamer Desinfectionsmittel, wegen Sorge für ärztlihe Hilfe und entsprehende Krankenpflege das erforderlihe zu veranlassen, endlich zur Sicherung eines im Falle einer Epidemie-Einschlevpung allent- halben gleichmäßigen und sachgemäßen Vorgehens sowie wegen Be- seitigung sanitärer Uebelstände, welche die Verbreitung von Epidemien begünstigen, nach Einholung der Aeußerung und Anträge des Landes- Sanitätsraths mit aller Beschleunigung mit den entsprehenden Ver- fügungen vorzugehen.

Auf amtlichhem Wege eingegangene Nachrichten aus Odessa

Ce

vom 3. Februar/22. Januar d. I. melden, daß das seit Monaten in

der Stadt herrschende Nücffallsfieber einen epidemishen Charakter an- genommen hat. Die Anzahl der Kranken betrug in 2 Krankenhäusern am 3. Februar 702. Die Epidemie soll einen gelinden Verlauf zeigen und cine Sterblichkeit von etwa 9 bis 109%, der Befallenen auf- weisen. In der Berichtëswoche kamen daselbst 9 Todesfälle vor.

Niederlämrdis{ch-Indien. Nachrichten vom 20. Januar

5. zufolge herrshte während des 4. Viertels 1891 in beinahe allen Theilen des Archipels die Cholera in beftigem Maße. Bei Abgang es Berichts war die Seuche in einigen Gegenden noch nicht er-

loschen.

Handel und Gewerbe.

Jn der Reichsbank fand heute Vormittag 111/25 Uhr die ordentliche diesjährige Generalversammlung der An- theilseigner unter Vorsiß des Präsidenten Dr. Ko ch statt. Der Vorsigende begann, auf den gedruckten, jedem Anwesenden eingehändigten Jahresberiht (\. unten) ver- weisend, mit einem Nückblick auf die Thätigkeit der Reichs- bank während des Jahres 1891 unter Hervorhebung der wesentlihsten Momente und erklärte den Betrag der Dividende. Sodann wurden die nach dem Alter ihres Eintritts ausscheidenden Mitglieder des Central-Ausschusses, Geheimen Commercien-Räthe von Hansemann und von Bleich- röder, Kaufmann R. von Hardt und Commercien - Rath E. Mendelsfsohn-Bartholdy wiedergewählt, und an Stelle des verstorbenen Banftdirectors Rauers in Hamburg Bankdirector Schinkel daselbst, des freiwillig ausgeschiedenen Stadtraths Sarre hier der Bankdirector Rudolf Koch hier zu Mitgliedern, endlih an Stelle des verstorbenen Geheimen Commercien- Raths Meyer Cohn hier der Banquier Wolde in Bremen zum Stellvertreter von Mitgliedern des Central-Ausschusses mit absoluter Stimmenmehrheit neu gewählt.

Aus dem Verwaltungsberiht der Reichsbank für das Jahr 1891 seien folgende Angaben mitgetheilt :

Der Gesammtumsaß der Reichsbank betrug im Jahre 1891 109 933 249 000 Æ, gegen das Vorjahr von 108 595 412 990 A mehr 1337 836100 A Der Bankzinsfuß berehnet sih im Durch- schnitt des Jahres 1891 auf 3,7769%/% für Wesel und auf 4,276 9/9 bezw. 4,776 9/6 für Lombard-Darlehen. An ‘Banknoten find durhschnittlich 971666000 F in Umlauf und mit 91,99 9% durch Metall gedeckt gewesen. Im Girovertehr hat der Umsaß rund 81 013 Millionen und einschließlich der Ein- und Aus- zahlungen für Rechnung des Reichs und der Bundesstaaten 85 223 Millionen Mark betragen. Am Jahress{chluß beliefen sich die Gut- haben der Girotunden auf rund 257 961 000 A Der Reserve- fonds ist um 997090,56 Æ gestiegen und hat nunmehr die gesetz- liche Höhe von 30 Millionen Mark erreicht. Die Grundstüdcke batten am 31. Dezember 1891 einen Buchwerth von 22 261 500 M. An Wechseln wurden getauft oder zur Einziehung übernommen 3 350 688 Stück über 5 531 265 753,34 Æ Außerdem sind für Rech- nung der Girokunden 427 799 Platwechsel über 912 465 600,80 eingezogen. Von den am 31. Dezember 1891 im Bestande gewesenen inländishen Wechseln waren fällig: binnen 15 Tagen 212 833 700 Æ, binnen 16 bis 30 Tagen 106 362 600 M, binnen 31 bis 60 Tagen 153 348300. und binnen 61 bis 90 Tagen 85 636 100 4, zusammen 558 180 700 Æ An Lombarddarlehen wurden ertheilt 1 208 140 100 und blieben am Schlusse des Jahres 1891 aus- geliehen 138 612900 Æ Die Wechsel- und Lombard-Anlage hat durchschnittlich 624 809 000 6 betragen. An Zahlungsan- weifungen wurden 5640 Stück über 79423 668,58 M. ertheilt. Im Comptoir für Werthpapiere waren Ende 1891 220 869 Depots im Nennwertbe von 2356 612 539 in 3920 verschiedenen Effecten-Gattungen niedergelegt. An Zinsen und anderen Nutzungen sind von verwahrten Werthpapieren im Laufe des Jahres 87 807 297,82 M eingegangen. Der Gesammtgewintkn hat für das Jahr 1891 betragen 28428 698,79 # Davon gehen ab: 1) die Verwaltungskosten mit: (80571299 #Æ, 2) die Ausgaben für Anfertigung von Banknoten von 91 380,00 A: 3) die an den preußischen Staat zufolge § 6 des Vertrags vom 17./18. Mai 1875 zu leistende Zahlung von 1 865730 Æ, zusammen 9762 882,59 6. Es bleibt daher ein Reingewinn von 18665816,20.4; von diesem erhalten: die Antheilseigner 3479/4 von 120 000 000 4 200 000 e, der Reservefonds 997 090,56 f, zusammen 5 197090,56 .%: vom Ueberreste sind zu zahlen: der Neichskasse 3 000000 # und 5 601 544,24 M, zusammen §601 544,23 #, den Antheilseignern 3 000 000 A und 1 867 181,41 M, zusammen 4 867 181,41 A Dem Gewinn der Antheileeigner von 4 867 181,41 M treten hinzu die am Schluß des Jahres 1890 unvertheilt gebliebenen 2682,42 4, sind zusammen 4 869 863,83 4, wovon auf jeden Bankantheil von 3000 als Nestdividende 121,50 Æ, mithin auf sämmtliche 40 000 Antheile 4 860 000 M entfallen und 9863,83 M der späteren Berehnung vor- behalten bleiben. Hiernach erhalten die Antheilseigner für das Jahr 1891 auf jeden Antheil von 3000 A zu der bereits empfangenen Dividende von 105 S noch 121,50 4 Restdividende, zusammen 226,50 M, mithin cinen Ertrag von 7,55 9%.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 8. d. M. gestellt 9791, niht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 7. d. M. gestelli 3425, nicht retzeitig gestellt keine Wagen.

„Zwangs-Versteigerungen. Beim Königlihen Amtsgericht T Berlin standen am 8. März 1892 die nachverzeihneten Grundstücke zur Versteigerung : Grimmstraße 42, dem Kaufminn W. G. Grimm gehörig; Nußungs-

werth 12 680 ; Mindestgebot 126 000 \; für das Meistgebot von

177 702 Æ wurde der Director R. Fregin zu Stegliß Ersteher. Franseckistraße 6, den Kaufleuten A. Busch & A. Rudelius gebörig Nußungêwerth 18 210 A; Mindestgebot 318 345 ; für das Meist- gebot von 318 400 A wurde die Handelsgesellschaft Blumberg & Schreiber, Friedrichstraße 5, Ersteherin.

Beim Königlichen Amtsgeriht Il Berlin ftand am 7. März 1892 das Grundstück des Zimmermeisters A. Gericke zu Schöneberg, Golzstraße 33 belegen, zur Versteigerung: Nußungs- werth 16 600 A; Ersteher wurde der Kaufmann Paul Lindenau zu Berlin, Potédamerstraße 119, für das Meistgebot von 225 000 M

Vom Berliner Pfandbrief-Institut sind bis ultimo Februar 1892 16962000 Æ 32 9%, 21297300 Æ 4 9%, 45 456 300 479% und 9672 300 M. 5 9/0, zusammen 93387 900 Æ Pfandbriefe ausgegeben worden, wovon noch 15 499 500 M 3# °/, 14 222700 Æ 49/0, 16 142 400 M 4409/6 und 2943 600 M 5 9/0, zu- fammen 48 §808 200 A Pfandbriefe von den Grundstüseigenthümern zu verzinsen sind. Zugesichert, aber noch nicht abgehoben, sind 457 800 M. :

Der Verwaltungsrath der Privatbank zu Gotha hat beshlossen, nah Rückstellung von 15 000 Æ, der aw 11. April d. J. stattfindenden Generalversammlung der Ackionäre die Vertheilung einer Dividende von 54 9/0 für das Geschäftsjahr 1891 vorzuschlagen.

Leipzig, 8. März. (W. T. B.) Kammzug-Term1tn- handel. La Plata. Grundmuster B. ver März 3,377 4, per April 3,40 #, per Mai 340M per Juni 3,427 #, per Juli 3,45 4, per August 3,474 , per September 3,50 #4, ver Okto- ber 3,525 4, per November 3,527 4, per Dezember 3,527 46, per Januar 3,5925 #4, per Februar 3,527 A Umsay 15 000 kg.

Manchester, 8. März. (W. T. B.) 12r Water Taylor 5X, 30r Water Taylor 74, 20r Water Leigh 6X, 30r Water Clayton 62, 32r Mock Brooke 6¿, 40r Mayoll 67, 40r Medio Wilkinson 72, 32r Warpcops Lees 62, 36r Warpcovs Rowland 74, 40r Double Weston 8, 60r Double courante Qualität 115, 32" 116 yards 16 K 16 grey Printers aus 32c/46r 146. Rubig.

New - York, 8. März. (W. T. B.) Die Börse eröffnete durhweg sehr unregelmäßig, später kam eine {wache Tendenz zum Durchbruch, welche bis zum Schlusse andauerte und zu Cursermäßi- gungen führte. Der Umsaß der Actien betrug 374000 Stü. Der Silbervorrath wird auf 3 600 000 Unzen geschäßt. Silber- vertäufe fanden nicht statt. :

250 000 Dollars Gold sind zur Verfchiffung nah Europa für morgen bestellt worden.

Weizen - Verschiffungen der leßten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nah Groß- britannien 77 000, do. nah Frankrei 76 000, do. nach anderen Hâfen des Continents 130 000, do. von Californien und Oregon nach Großbritannien 26 000, do. nach anderen Häfen des Conti- nents 10 000 Orts. :

Der Werth der ‘in der vergangenen Producte betrug 7 230530 Doll. gegen Vorwoche.

Verdingungen im Auslande. China

_1. April. Verwaltung der nord-chinesishen Eisenbahn, Tientsin : Lieferung von 5500 Tonnen Stahlschienen, 420 Tonnen Laschcn, 62 Tonnen Laschen-Bolzen und 135 Tonnen Klammern. :

Rumänien.

11. April. Direction der rumänischen Eisenbahnen, Section P. Bukarest : Erbauung eines Tunnels bei Epureni: Erd- und Mauer- arbeiten auf der Eisenbahnstree Doronoc—Jassy. Voranschlag : 2798 165 Fr. N

Schweden.

17. März, 2 Uhr. Königliche Telegraphenverwaltung Stockholm :

Lieferung von Telegraphenmaterial.

22. März (neuen Stils). Direction der Taback- und Salz- monovolverwaltung, Belgrad :

Lieferung von: 600 Ries vcilhenblauem Papier 450/580 mm, je 1000 Bogen 17 kg schwer:

2590 Mies Nofapapier, Format 450 zu 580 mm, je 1000 Bogen 17 kg {wer ; A

350 Ries rôöthlihem Papier, Format 680 zu 680 mm, je 1000 Bogen 32 kg {wer ; :

320 Nies Papier, weiß für Banderole, Format 510 zu 750 mm, je 1000 Bogen 26 kg \chwer; i

35 Mies weißem sfatinirten Pavier für Mundstücke, Format 520 zu 600 mm, je 1000 Bogen 35 kg {wer : :

40 Nies weißem nicht satinirten Papier für Mundstüce, Format 520 zu 600 mm, je 1000 Bogen 32 kg {wer ; 7 3 Nies Papier, weiß fatinirt, zum Zusammenwickeln von Cigaretten, Format 500 zu 600 mm, je 1000 Bogen 40 kg {wer : :

2000 kg Carton, dunfelgelb, Format 68 zu 89 cm, je §80 Bogen 20 kg schwer: J

2900 kg Carton, bellblau, Format 68 zu 80 cm, je 80 Bogen 20 kg \chwer: :

28 000 kg Carton, weiß, Format 71 zu 91 cm, je 80 L 25 kg schwer ;

1500 kg dides Papier, gelb fatinirt, Format 68 zu 80 cm, je 80 Bogen 20 kg s{chwer:

900 kg Carton, weiß, Format 71 zu 91 cm, je 40 Bogen 25 kg \chwer:

1000 kg Carton, weiß, Format 71 zu 91 cm, je 60 Bogen 2% kg \chwer;

1 200 000 Blätter Papier, gewachst, Format 210 zu 120 mm;

22 900 000 Blätter Pergament-Imitation, Format 110 zu 160 mm, je 1000 Blatt 1 kg schwer ;

4200 Bogen Pergament :

50 Nies Cigarrenpapier in Bogen von 76 zu 51 ecm;

1 700 000 Blâttchen Cigarettenpapier mit goldenen Krönchen :

900 000 i é 2 Bronce

4 700 000 i farbigen L

30 Stück Cigarettenpapier in Hefthen von 27,5 mm.

Caution für Serben 1099/6, für Ausländer 2009/9 des Sub- misstonébetrages.

Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 9. März. (W. L. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Neichs-Postdampfer „Bayern“ is am 8. März Mittags in Port Said angekommen und hat nah Uebergabe der oftafiatischen Post an den nach Brindisi bestimmten Reichs-Postdampfer , Danzig“ die Reise nah Genua fortgeseßt. Der Reichs-Postdampfer „Danzig“ ist am 8. März Nachmittags mit der osftasiatischen Post vom Neichs- SOlbauplet „Bayern“ von Port Said nach Brindisi abgegangen. Der Schnelldampfer „Werra“ hat am §8. März Nachmittags die Reise von Gibraltar nah Genua fortgeseßt. Der Schnelldampfer „Aller“, von New-York kommend, ist am 8. März Vormittags auf der Weser angekommen.

Hamburg, 9. März. (W. T. B) Hamburg-Ame- rikanische M aFetfaheri - Actiengesellschaft. Der Posft- dampfer „Scandia“ hat, von New-York kommend, heute früh 2 Uhr Lizard passirt. Der Postdampfer „Saronia“ hat, von New-York kommend, heute früh 8 Uhr Lizard passirt*

London, 8.- März. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Dane“ ift auf der Ausreise heute in Southampton an- gekommen.