1892 / 61 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

E M Si Ri LE Sra it 2A R A»,

fort. Heute Vormittag wird der Professor Kußmaul wieder zur Consultation hier eintreffen.

Jhre Kaiserlihen Hoheiten der Großfürst und die Großfürstin Sergius von Rußland sind gestern Abend hier eingetroffen.

Das Ober-Consistorium hat für alle evangelischen Kirchen die Einlegung einer Fürbitte für die Genesung des Großherzogs in das allgemeine Kirchengebet angeordnet.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Weimar, 9. März. Der Landtag hat den bisherigen Ersten Vice-Präsidenten von Rotenhan zum Ersten Prä- sidenten, den Zweiten Vice-Präsidenten Appelius zum Ersten und den Abg. Müller- Apolda zum Zweiten Vice-Präsidenten gewählt.

Braunschweig.

Braunschweig, 8 März. Bei Jhren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Albrecht von Preußen fand heute im Herzoglichen Residenzschloß cin Hofconcert statt, zu welchem circa 160 Einladungen ergangen waren. Die außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Graf von der Golß und Freiherr von Cra mm- Burgdorf waren ebenfalls mit Einladungen beehrt worden.

Elsaß-Lothringen.

Straßburg, 9. März. Der Kaiserlihe Statthalter Fürst Hohenlohe hat sich heute nah Met begeben, um die Arbeiten in Schloß Urville zu besichtigen. Die Rückkehr hierher erfolgt morgen.

Der Landesauss\chuß hat in seiner gestrigen Sißzung nah längerer Debatte den Jnitiativantrag auf Erlaß eines Geseßes über die Besteuerung der Kunstweinfabri- fation und des Kunstweins einer besonderen Commission überwiesen, nachdem der Unter-Staatssecretär von Schraut die Annahme des Antrags empfohlen hatte.

Oesterreich-Ungarn.

Im ungarishen Unterhause wurde gestern die Ndreßdebatte fortgescßt. Graf ‘Albert Apponyi er- klärte, wie „W. T. B.“ berichtet, die gegenwärtige Richtung führe nicht zu ciner Befestigung der staatsrehtlichen Basis, sondern zu ciner Katastrophe; die Regierung fönne sih nicht auf das Niveau der constitutionellen Auffassung erheben und behandele die Wahlen als eine mathematishe These zur Sicherung der Majzorität. Er stimme der Aufrechterhaltung des Ausgleichs von 1867 auf der Basis, auf welcher er geschaffen worden, zu; diese Basis sei jedo seit jener Zeit wesentlih beeinträchtigt und Ungarn immer abhängigec von Oesterreich geworden. Schließlich legte Graf Apponyi den Entwurf einer besonderen Adresse dem Hause vor.

Beide Valuta-Enquête-Commissionen setzten gestern ihre Berathungen fort. Ueber den Gang der Verhandlungen liegen folgende Telegramme des „W. T. B.“ vor:

Die österreihishe Commission, in der abermals der Finanz-Minister Dr. Steinbach den Vorsitz führte, vernahm die drei Mitglieder des böhmischen Landtags, Bondy, Braf und Mattusc, die ih übereinstimmend für die Gold- währung, für die Beibehaltung des Courantsilbers und für Staatskassensheine aussprachen, wobei Bondy eine veriodishe legislative Feststellung des Quantums, Mattusch als Höchstbetrag 120 Millionen in Stückcn von fünfzig Gulden empfablen und Braf zwischen den gemeinsamen und ciéleithanischen Staatsfassenscheinen untershied. Was die Werthrelation betrifft, so wollte Bon dy solche nicht unter 80 und nicht über 84 9/9, während Braf den ODurcbschnittscurs der drei leizten Jahre, Mattusch denjenigen der Jahre 1888, 1889 und 1890 empfahl. Alle drei Landtagëémitglieder sprachen nh Ait den Halben Gulden als Münzeinheit aus, die eventuell Krone genannt werden solle. Im weiteren Verlauf der - Berathungen iprachen sich die Exrperten B unzl, Dimmer, Dub, Dutschfa sämmtli für die Goldwährung aus. Während indeß Bunzl und Dub die Beibehaltung des Umlaufes des bereits geprägten Courant-Silberguldens befürworteten und Dimmer wünschte, daß nur bis zu einem beschränkten Betrage Zahlungen in Silber geleistet werden dürfen, erklärte sich Dutschka grundäßlih gegen jede Aus- rräâgung von Silber-Courantmünzen. :

In der ungarischen Commission gaben sech8 Mitglieder

t den vorgestrigen vollkommen übereinstimmende Aeußerungen ab. üglih der Münzeinheit waren die Meinungen getheilt, indem einen für den Gulden, andere für den Halbgulden und

- c n c aus!praœwen.

Großbritannien und Frland. Die Königin hat den Herzog von Argyll zum Herzog des Vereinigten Königreichs ernannt: bisher war er nur schottischer Herzog und saß dcshalb im Oberhauje als Baron Sundridge und Hamilton, welcher Rang seinen Vor- fahren zu Ende des vorigen Jahrhunderts von George III. verliehen worden war.

Der Schagkanzler Goschen beleuchtete in einer am Dienstag Abend im conservativen Club in Pimlico (London) gehaltenen Rede das Resultat der Grafschaftswahlen. Die Partei der Gemäßigten, so äußerte er nah der „A. C.“, dürfe sich nicht verhehlen, daß sie eine bedeutende Niederlage rlitten habe. Der Sieg der Gladstonianer rühre jedoh nicht von politischen Ursachen her, sondern er habe in den socialen Ver- hältnissen seinen Grund. Höchst wahrscheinlih würden übrigens in der Partei der Fortschrittler schr bald Spaltungen eintreten, da sie aus zu verschiedenartigen Elementen bestände. Die Unionistcn brauchten nicht besorgt zu sein. Die Londoner städtishen Wahlen bildeten kein Vorzeichen für den Ausfall der nächsten Parlamentswahlen. :

Der Londoner Berichterstatter des „Leeds Mercury“ er- fährt, daß Gladstone seit seiner Rückkehr nah England wiedcrholt die Frage mit seinen Collegen besprochen habe, ob die liberale Partei zur Auflösung des Parlaments drängen solle. Das Ergebniß der Berathungen sei gewesen, daß cine aggressive Taktik nach dicfer Nichtung zur Zeit nicht opportun erscheine.

Das Marine-Vudget für das Finanzjahr 1892/93 veranschlagt, der „Magdb. Ztg.“ zufolge, die Ausgaben auf 14 240200 Pfd. Sterl, 25100 Pfd. Sterl. höher als im Vorjahre. Die Summe enthält indeß nicht den auf die Dauer oon sieben Jahren zu verausgabenden Jahresbetrag von 1 428 000 Pfd. Sterl. für den Bau neuer Kriegsschiffe außer- halb der Staatswerften. Die Zahl der Mannschaften der Flotte ist von 71 000 auf 74100 erhöht worden.

In Sheerneß wurde am 8. d. M. das neue Torpedo- Kanonenboot „Glceaner“ vollendet. Drei Jahre lang hat

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der Bau dieses Schiffes gedaucrt und 65 000 Pfd. Sterl. ge- kostet. Der „Gleaner“ legt 20 Knoten in der Stunde zurück; er hat zwei 4: 7zöllige Kanonen, vier 3-Pfünder und fünf vierzehnzöllige Torpedoröhren. Es is das shnellste Kanonen- boot der britishen Marine von der Klasse der „Sharpshooter“.

Frankreich.

In Paris war gestern das Gerücht verbreitet, das Cabinet beabsichtige, das Colonial-Amt dem Marine- Ministerium zuzutheilen. Jn parlamentarischen Kreisen wurde diese Nachricht sehr ungünstig beurtheilt, da man befürchtete, die friedliche Entwickelung der Colonien könnte dadurch gestört werden. Einer neueren Mittheilung des „W. T. B.“ zufolge aber würde die Regierung einem eventuellem Antrage der Kammer, ein besonderes Colonial-Ministerium zu er- richten, nicht entgegentreten.

Von etwa vierzig radicalen Deputirten is im Princip beschlossen worden, cine neue Gruppe zu bilden, die den Namen „radical-\ocialistishe Gruppe“ führen solle.

Der Pariser Municipalrath hat den autonomistishen Socialisten Sauton zum Präsidenten gewählt.

Rußland und Polen.

Den „Mosk. Wed.“ wird aus St. Petersburg berichtet, daß das Departement des Reichsraths für Staatswirth- schaft das neue Getränkesteuer-Reglement mit einigen unwesentlichen redactionellen Aenderungen angenommen hat. Durch dieses Reglement werden die Machtbefugnisse der Gou- vernements-Steuerbehörden vergrößert. Das von einer Com- mission unter dem Vorsitz des Geheimen Raths D. F. Kobeko ausgearbeitete neue Pensions-Statut soll dem Reichs- rath binnen furzem vorgelegt werden. Die unter dem Präsidiuum des Reichsrathsmitgliedss Wirklichen Gec- heimen Raths Abasa niedergeseßte Commission zur Ausarbei- tung von Maßnahmen zur Hebung des adligen Grund- besißes ist, nah der „St. Pet. Ztg.“, zur Zeit damit be- schäftigt, genaue Nachrichten über verpfändete Adelsgüter zu beschaffen; in der Commission sizen viele Adels-Marschälle.

Ftalien.

Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer er- flärte in Beantwortung der Anfrage des Deputirten Pugliese bezüglih der der Einfuhr italienisher Weine in Deutschland entgegenstchenden Schwierigkeiten der Minister- Präsident Marchese di Rudini, nah dem Drahtbericht des „W. T. B.“ : Jnfolge der von der italienischen Negierung unter- nommenen Schritte hätte die deutsche Negierung zugesagt, dem Bundesrath Vorschläge zu machen, welche geeignet seien, die Ucbelstände, die sih herausgestellt haben, zu bescitigen. Pugliese erklärte sich durch diese Antwort nicht zufriedengestellt und kündigte die Absicht an, seine An- frage in eine Interpellation umzuwandeln. Er behalte fih vor, nachzuweisen, daß die Beschwerden der italienishen Pro- ducenten begründet seien. Sodann nahm die Kammer die Berathung des richtiggestellten Budgets wieder auf.

Der „Opinione“ zufolge hat die zum Studium der Ver- besserung der Weincultur grie Commission die Zweckmäßigkeit der Anwendung der Weinzollclausel in dem Handelsvertrage mit Oesterreich-Ungarn anerkannt. Die Commission befürwortet jedoch, daß die Clausel erst nah Ab- {luß der Handelsvertrags-Verhandlungen zwischen Frankreich und Spanien a1gewendet werden möge.

Der vierte internationale Congreß der Gesell- haften vom „Rothen KLeUz“ wird" dem W D. D“ zufolge am 21. April in Rom eröffnet werden. Zu dem Congreß sind bereits mehr als 170 Delegirte angemeldct.

Schweiz.

Vom Bundesrath werden, wie man dem „W. T. B.“ aus Bern meldet, die Bemühungen, um die Demission Marti's als Präsidenten der Direction der Jura-Simplon-Bahn rückgängig zu machen, noch immer fortgeseßt. Gestern Vor- mittag wurde ein Compromißvorschlag festgestellt , dessen An- nahme das Verbleiben Marti’'s auf seinem Posten ermöglichen soll: Nachmittags fand wiederum cine Conferenz der Delegirten des Bundesraths mit der Genfer Finanzgruppe statt.

Im Canton Tessin haben bei den Wahlen zum Verfassungsrath die Conjervativen über die Radicalen gesiegt. Während die ersteren 50 Mandate errangen, brachten die leßteren es nur auf 45. Die Betheiligung war, wie stets bei Wahlen im Tessin, eine ungemein starke.

Griechenland.

Wie „W. T. B.“ aus Athen vernimmt, hätte die griechische Regierung neuerdings beschlossen, die Kammer nicht auf- zulöjen, sondern ihr nah Ablauf der Vertagungsfrist ein be- deutend herabgescßtcs Budget vorzulegen.

Rumänien.

Die Deputirtenkammer wählte gestern, wie tele- graphisch berichtet wird, den General Mano mit 115 Stimmen zum Präsidenten; 31 Stimmzettel waren unbeschrieben. Zu Vice-Präjidenten wurden gewählt Pogor, Paucesco, Sturdza, Scheiano, Alexander Catargi.

Serbien.

_ Der Club der Radicalen hat dem Vernehmen nah folgende Umgestaltung des Cabinets empfohlen: Pasics Präsidium und Aeußeres, Tauschanovics Jnneres, Mica Giorgievics Justiz, Viucs Finanzen, Pera Veli- mirovics Bauten, Jevrem Velimirovics Krieg, Andra Nicol ics Cultus und Unterricht; im Nichtannahmefalle solle Professor Lazarovics oder Angielovics das Unterrichts- Ministerium übernehmen.

Bulgarien.

Die Regierung hat, wie „W. T. B.“ meldet, die Pforte um Genehmigung der Ernennung des bisherigen bulgarischen Agenten in Belgrad Dimitrow zum diplomatischen Agenten Bulgariens in Konstantinopel ersucht.

Montenegro. Der General-Gouverneur von Albanien Kerim Pascha

ck

ist laut Meldung des „W. T. B.“ mit zahlreicher Begleitung in Cetinze eingetroffen.

Amerika.

_ Dem Senat in Washington ist laut Kabeltelegramm e die Correspondenz zwishen England und den Vereinigten Staaten bezüglih der Beringsmeer- Frage vorgelegt worden. Der Premier-Minister Marquis von Salisbury hält darin seine Ansicht aufreht, daß die Erneuerung des modus vivendi unnüg fei, weil der Fischerei

keine Gefahr drohe; der Staatssecretär Blaine erwidert hierauf, daß in jedem Falle Amerika feine Rechte während der nächsten Fischereisaison vertheidigen werde. : Im Rep räsentantenh ause wurde am Montag der Antrag, die Berathung der Bland’schen Silberbill auf Éa 22. März und die beiden folgenden Tage anzusegen vi 189 gegen 85 Stimmen angenommen. t 2 In der leßten Woche des Februar is, wie die „N -Y Hdls.-Ztg.“ meldet, im Senat eine Resolution eingebracht worden, die den Ausschuß für die auswärtigen Angelegen- heiten anweist, einen Gesezentwurf auszuarbeiten , dur welhen die Bundesgerihte ermähtigt werden in allen Fällen, bei welhen es sich um internationale Fragen hagdelt, zu prozessiren, und die Vereinigten Staaten in® den Stand geseßt werden, Vergehen gegen die Vertragsrehte von Ausländern zu bestrafen. Diese Resolution ist durch die Lynchaffaire in New-Orleans veranlaßt. Der Justiz-Ausshuß des Repräsentantenhauses hat beschlossen, die vom Repräsentanten Oates (Alabama) entworfene Naturalisations-Geseßvorlage zur Annahme zy empfehlen. Diese ändert das bestehende Geseh bedeutend ah Die Hauptbestimmungen der neuen Bill find folgende: i Das sogenannte erste Bürgerpapier wird abgeschafft. Die Bedin- gungen für Erlangung des Bürgerrehtes sind: fünfjähriger Aufenthalt

. in der Republik, Fähigkeit, die Constitution lesen zu können, und ein

vor Gericht beizubringender Beweis dafür, daß die um das Bürger- recht nachsuchende Person die dazu erforderlichen Qualificationen be- ißt. Ein Ausländer, der eines Criminalverbrechens \{huldig befunden worden, der ein Anarchist oder Polygamist oder in Ue ertretung eines Gesetzes der Vereinigten Staaten eingewandert ist, kann das s ürger- recht nit erlangen. j

__Dem „New York Herald“ wird aus Valparaiso gemeldet daß der chilenishe Gesandte in Washington, Señor Montt infolge seiner Wahl in die Deputirtenkammer auf telegraphishem Wege um die Entlassung von feinem Posten eingekommen ift.

Aus Argentinien wird der „Köln. Ztg.“ berichtet, daß General Mitre am 6. d. M. scine Bewerbung um die Präsi- dentenwürde förmlich aufgegeben hat, worauf sowohl die Con- vention der Nationalpartei als die der Union Civica Saenz- Peña als Bewerber aufstellten. Dieser habe crklärt, daß er die Gesche des Landes beobachten, cine liberale Handelspolitik

betreiben und sich bemühen wolle, die Finanzlage durch Ein-

ziehung eines Theils des umlaufenden Papiergeldes zu ver- bessern; auch werde er versuchen, neue Einnahmequellen zu entdecken, um den Dienst der auswärtigen Schuld sicherzustellen. Nach ciner heute über Paris eingetroffenen Meldung aus Buenos - Aires ist der Finanz-Minister von seinem Posten zurückgetreten.

Asien.

Aus China wird der „Times“ gemeldet, daß die Ver- leger der st. Zt. erwähnten, die Bevölkerung gegen die Europäer aufheßenden Flugschriften in Shanghai verhaftet, ihre Druckplatten zerstört und ihre Veröffentlichungen streng ver- boten worden find. :

Afrika.

Die von NVaris aus verbreitete Nachricht: die britische Regierung wolle zwei weitere Regimenter nah Egypten zur Verstärkung des dortigen Besazungsheeres senden, entbehrt, wie man dem „N. B.“ aus Kairo meldet, jeder Begründung. Der „Daily News“ zufolge würde der Khedive nach dem NRamadan-Fest nach Konstantinopel reisen, um den Sultan zu besuchen.- Südlih von Sarras soll eine große Anzahl von Derwischen stehen, die wahrscheinlih von dem Khalifen zu Recognoscirungszwecken an die egyptische Grenze geschickt worden seien. i

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (29.) Sißzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz-Minister Dr. Miquel und der Minister der ¿hen 2c. Angelegenheiten Graf von Zedliß beiwohnten, wurde die zweite Berathung des Staatshaushalts-Etats . für 1892/93 fortgeseßt und zwar im Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten mit der gestern abgebrochenen Debatte über Kap. 120 Tit. 5 der dauernden Ausgaben in Verbindung mit dem Normal-Etat für die Lehrerbesoldung und den dazu vorliegenden Anträgen.

Abg. von Schenckendorff (nl.) erkannte an, daß der Normal-Etat eine crheblihhe Verbesserung der Verhältnisse der Lehrer der höheren Schulen biete, bedauerte aber, daß s nicht alle ihre Wünsche erfüllt seien, daß namentlih noch niht die Gleichstellung der Lehrer an nichtstaatlichen Anstalten mit denen an staatlichen erreiht sei. Redner begrüßte jedoch die Erklärung des Ministers, daß bald cine Vorlage in dieser Hinsicht kommen werde, mit Freuden und sprach sodann noch den Wunsch aus, daß die Zeichen- (chreLz an Nichtvollanstalten mit denjenigen an Vollanstalten gleihFestellt würden.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Stauder erwiderte, daß an die Zeichenlehrer von Vollanstalten größere Ansprüche als an die übrigen gestellt würden.

Abg. Sperlich (Centr.) hielt eine allgemeine Gehalts- aufbesserung für wünschenswerther, als die einer einzelnen Beamtenkla\se. Das Schulgeld dürfe nicht so weit erhöht werden, daß der Besuch höherer Anstalten den Kindern der unteren Bevölkerungsklassen unmöglih werde. Sämmtliche akademisch gebildeten Beamten müßten -im Jnteresse einer wirk lih freien Berufswahl gleichgestellt werden. Redner empfahl schließlich seinen Antrag. 4

Abg. Niert (freis.) brachte den Antrag ein, den Titel ° zu fassen: Zur Durchführung des vorliegenden Normal- Etats u. |. w.

Geheimer Ober-Finanz-Rath Germar erklärte sih gegen den Antrag Sperlich, weil dieser eine Ueberschreitung der al geseßten Etatssumme bedingen würde.

_ Abg. Höppner (cons.) wandte sih gegen den Antrag Nikert, der den Normal-Etat der Beschlußfassung des Hauses unterwerfen wolle, während er nur als« eine Denkschrift zu betrachten sei, welche die für die Lehrer- besoldung maßgebenden Grundsäße enthalte Die con|et? vative Partei lehne die meisten Anträge ab, auch den Antrag Korsh über die Gleichstellung der Lehrer mit den Richtern, E aber den Antrag Korsch über dic Besoldung der Anstalts- eiter an.

Abg. Grimm-Frankfurt (nl.) erklärte sich für den Antrag lg um das E mákige Etatsreht des Land- tags zu wahren, und empfahl den Antrag auf Gleich- stellung der Lehrer mit den Richtern sowie die Gleich- tellung der Lehrer an nihtstaatlihen Anstalten mit den- jenigen an staatlichen und der Lehrer an Nichtvollanstalten mit denjenigen an Vollanstalten, soweit an beide gleiche An- orderungen gestellt würden. Die Zahl der Hilfslehrer dürfe nicht allzusehr anwahsen und von der Zeit als Hilfslehrer müsse ein Theil auf die gesammte Dienstzeit angerehnet

rden. . ;

E Abg. Dr. Kropatsheck (cons.) empfahl die Anträge auf Gleichstellung der Lehrer mit den Richtern erster Instanz, auf Unterscheidung der Städte unter und über 50 000 Ein- wohnern, bezüglich der Besoldung der Anstaltsleiter und bezüglih der Gewährung der Zulage von 5 zu 5 ansialt von (qu C Jahren. Redner erklärte sich auch mit der Zulage für besonders _befähigte Lehrer einver- standen, bezeichnete aber das, was für die Zeichenlehrer ge- ichehen solle, theilweise als bloßen Schaum. Eine Regelung der Rangverhältnisse sei den Lehrern besonders erwünscht. Schluß des Blattes.)

- Zu dem Geseßentwurf über den Belagerungézu stand in Elsaß-Lothringen haben nah der „N. Pr. Ztg.“ die national- liberalen Reichstags-Abgeordneten Dr. Petri und Dr. von Cuny in der Commission den Antrag eingebraht, unter Ablehnung dieses (Gesetzentwurfs die verbündeten Regierungen zu erfuchen, einen f ür das ganze Reichsgebiet bestimmten Entwurf des im Art. 68 der Reichsverfassung vorgesehenen Reichsgeseßes über den Kricgszustand dem Reichstage baldigst vorzulegen.

Die Budgetcommission des Hauses der Abgeord- neten bewilligte heute gegen 5 Stimmen die im Etat geforderte Summe von 300 000 Æ als erste Rate für den Dombau. nachdem der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Graf Zedliß die Erklärung abgegeben hatte, daß die vom Landtage geforderten 10 Millionen als Beihilfe zu den Kosten angesehen und weitere A nforderungen an den Landtag niht gemacht werden sollen.

In der Volksschulgeseßcommission des Hauses der Abgeordneten wurde gestern, wie wir den Morgenblättern entnehmen, der dritte Abschnitt der Vorlage berathen. Er be- ginnt mit § 51, welcher lautet: „Die Verwaltung der außeren Angelegenheiten der Volksschule steht der Gemeinde (Gutsbezirk, Schulverband) zu und erfolgt nah den Vorschriften der Gemeinde- verfassunggeseßze, in Schulverbänden, vorbehaltlih der befon- deren Bestimmungen dieses Gesetzes, nah den für communale nach- barliche Verbände gegebenen Vorschriften.“ Nachdem in der vorigen Sißung der Commission der Principalantrag der freiconservativen, nationalliberalen und freifinnigen Partei auf Ucberweisung des ganzen dritten, die Verwaltung der Volks\chulangelegenheiten betreffenden Ab- \nittes an cinc Subcommission abgelehnt worden war, haben die drei Parteien sich über eine Reihe von einzelnen Abänderungsanträgen verstän- tigt. Zunächst beantragen sie, in § 51 hinter dem Worte „erfolgt“ cinzufügen: „vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen dieses Gesetzes“ in Gemeinden nach den Verschriften der Gemeindeverfassungsgesete u. s. w. Staats-Minister Graf Zedliß bielt es verfassungsmäßig für zulässig, den Gemeindeorganen auch die Nerwaltung von inneren Schulangelegenheiten zu übertragen. Diese Uebertragung könne sih aber nur auf Perfonen beziehen und jederzeit zurücégenommen werden. Auch die Abgg. Dr. Brüel (Centr.), Rin- telen (Centr.) und Graf zuLimburg-Stirum (conf.) traten für den Antrag ein, welcher alsdann einstimmig angenommen wurde. Be &8 52 und 53 (Schulaus\huß, welcher für eine eventuelle Unterverthei- lung der Schullasten zu wählen is) wurden mit geringen, im wesentlichen redactionellen Abänderungen nah den Vorschlägen der drei Parteien genehmigt. Die §§ 54 bis 58 (Aufsicht über die Verwaltung der äußeren Angelegenheiten der Volksschule wird unter Oberleitung des Unterrichts-Ministers von den Negierungs- Präsidenten und den Landräthen, für den Stadtkreis Berlin von dem Provinzial-Schulcollegium geübt) passirten ohne wesentliche Debatte nach der Regierungsvorlage. § 59 lautet: „Der Regierungs-Präsident (Provinzial-Schulcollegium in Berlin) kann fih zur Durchführung feiner Anordnungen der einfachen und verstärkten Kreis- (Stadt-) Schulbehörden bedienen, dieselben mit Anweisung versehen, auch ihnen innerhalb ihres Geschäftskreises einzelne Anazlezarbelten zur felbst- ständigen Erledigung übertragen. Abs. 2. Gegen die Anordnungen derselben findet, vorbehaltlih der besonderen Bestimmungen dieses Gesetzes, die Beschwerde an den Regierungs-Präsidenten statt.“ Die drei Parteien beantragten, den Abs. 1 des § 959 fol endermaßen zu fassen: „Der Regierungs-Präsident (Provinzial - Shulcollegium ia Berlin) kann sih außer den Landräthen und Schulaufsichts- beamten zur Durchführung seiner Anordnungen der einfachen und verstärkten Kreis- (Stadt-) Schulbehörde bedienen dieselben in folhen Angelegenheiten, welhe ihnen nicht zur selbständigen Erledigung überwiesen worden find, mit An- weisung versehen, auch thnen einzelne zu seinem Geschäftskreise ge- hörige Angelegenheiten zur felbständigen Erledigung übertragen.“ Die Conservativen beantragten dagegen, den Abs. 2 des § 99 zu streidhen und folgenden § 59a einzufügen: „Gegen die Anordnungen der verstärkten Kreis- (Stadt-) Schulbehörde findet, vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen dieses Gesetzes, die Beschwerde an den Regierungs-Präsidenten statt.“ Abg. Hansen (freicons.) begründete den ersten Antrag, welcher bezwecke, den Interessen der Gemeinden Schuß zu bieten und leßtere vor allzu großer Belastung zu bewahren. Er bat auch um Annahme des Antrages der Conservativen. Staats- Minister Graf Zedli 8 erklärte sih mit dem ersten Antrage cinver- standen, wenn zuglei der zweite angenommen werde. Darauf wurden beide Anträge angenommen.

i Ee Commission vertagte sich darauf bis Freitag Vormittag

Ir.

Kunst und Wissenschaft.

_ #Die Bauarbeiten bei dem Hochschlosse in Marienburg sind im Junern des Gebäudes im Laufe des Winters nicht ausgeseßt worden. Es ist das Gewölbe des obersten Geschosses des südlichen Kreuzganges vollendet, ausgerüstet und gepußt: die alten Thür- und Fensteröffnungen zu den angrenzenden Sälen sind hergestellt, und die Einwölbung des Drei-Pfeiler- saales fortgesezt. Der Ausbau des Herrendansk ist durch Ab- bruch des alten Dachs und der inneren störenden Einbauten begonnen und dur Verding und Anlieferung des erforder- lichen Baumaterials in die Wege geleitet. Auf den äußeren Parcham sind Aufgrabungen nach Fundstücken und Aufräumungsarbeiten sowie Umstellen von Mauersteinen 2c. vor- genommen. Die Auss{mückung der Kirchendachgiebel ist durch Entwurfszeichnungen im natürlichen Maßstabe und durch den Verding der erforderlichen Steinmegzarbeiten und Lieferungen vorbereitet worden. Die Ausschmückungsarbeiten im Fnnern der Kirche und des Kapitelsaales ruhen im Winter.

_ Der Verein zur Förderung des Gewerbefleißes in den Königlich Preußischen Staaten hat 25000 4 zu ‘einer genauen wifieichaftlicen und praktischen Untersuhung der Legirungen des- Eisens und des Nickels bewilligt. Die

Arbeiten follen ausgeführt werden unter Mitwirkung einer Reihe

öffentliher Institute, die eine sahgemäße Ausführung fichern.

Cine Nordpol - Erpedition von Sibirien aus wird, wie man der „Voss. Ztg.“ unter dem 7. d. M. aus St. Peters- burg mittheilt, in diesem Sommer von dem englischen Capitän South man ausgerüstet. Die Expedition wählt zunächst den Land- weg dur das europäishe Rußland in das Gouvernement Tobolsk und begiebt sich sodann zu Wasser nah dem Cap Tscheljuskin (unter 78 Grad nördlicher Breite). Die Kähne des Capitäns Southman haben eine besondere Einrichtung, die ihre Fortbewegung sowohl auf dem Wasser wie auf dem Eise gestattet. Auf solchen Kahnschlitten will die Expedition von Cap Tscheljuskin nach den Polargegenden zu gelangen fuchen.

Bei den Bauarbeiten an der Echazthal-Eisenbahn in Württemberg sind eine Anzahl bemerkenswerther Alterthums- funde gemaht worden, über welhe wir dem „St.-A. f. W.“ Folgendes entnehmen: Mitte Oktober vorigen Jahres wurden im Gewand „Oesclen unter Kazenbohl“ der Markung Pfullingen am südlihen Ende der Stadt an der Grenze des ersten Arbeits- loses Reste von Lanzen und Schwertern in einem aus lettigem Kies bestehenden Bahneinschnitt aufgefunden. Ende Oktober 1891 s\ticch man an der gleihen Stelle etwas näher an der „Heerstraße“ (Römerstraße von Pfullingen auf die Alb führend) auf mehrere Alemannengräber, deren Inhalt im Beisein der Professoren Dr. Krimmel und Drück von Reutlingen sorgfältig gehoben und gesammelt wurde. Die Funde bestanden in 6 Lanzensviten, 8 langen zweischneidigen Schwertern, 6 kurzen {weren einshneidigen Schwertern und einem Wehrgehänge, einem mit reihen- weise geordneten großen Bronzeknöpfen verzierten Lederwerk, endlich in vielen Knochen und Koblenresten. Im dritten Arbeitslos wurden im November v. I. in dem oberen Zahnradeinshnitt, Markung Honau, „auf der Schanze“ beim Uebergang auf das Alb- vlateau drei römishe Bronzemünzen gefunden, die eine mit einem \chönen fein geprägten weiblihen Kopf und der Umschrift Diva Faustina. Die Direction der Königlichen Staatsfammlung vaterländischer Alterthümer in Stuttgart wählte eine Anzahl der wertbvolleren Funde für die Staatésammlung aus, einige Duplicate wurden der Sammlung des Reutlinger Alterthumsvereins überlassen. Die drei Bronzemünzen sind der Direction der Staatssammlung übermittelt worden. Ein interessanter Fund aus dem Thierreich wurde am 10. November 1891 gemacht, indem in dem großen Opvalinusthon-Einschnitt bei Reutlingen 6 m unter Terrain ein sehr guterhaltener unbeshädigter Mam muthzahn von etwa 15 m Lnge in nassem Grund (Uebergang von Letten in Schiefer) aufgefunden wurde. Die Außenfläche war s{warz, an einigen mit dem Pickel angehauenen Stellen traten ausgesprochen weiße Flächen hervor. Dieser Zahn soll zu den besterhaltenen der bis jeßt gefundenen Mammuthzähne zählen; er wird in dem König- lichen Naturaliencabinet in Stuttgart verwahrt. Am 11. Februar d. F wurde in dem gleichen Einschnitt und fast an derselben Stelle 4 m unter dem Terrain ein etwa 50 cm langes, gut erhaltenes Geweihstück des Nennthiers ausgegraben, welcher Fund ebenfalls an das Königliche Naturaliencabinet abgegeben worden ist.

Bei Semendria wurden, wie der „N. Pr. Z.“ telegraphirt wird, hart am Ufer der Donau die Reste eines verschütteten Tempels entdeckt.

Neber das erneute Auftreten von N ordlicht-Erscheinungen und magnetischen Störungen wird der „Nat.-Ztg.“ aus Göttingen geschricben: Am Sonntag, 6. März, 10 Uhr Abends, wurde auf der Sternwarte in Göttingen ein troy des hellen Mond- scheins ziemlich stark hervortretendes, aber nur kurze Zeit andauerndes Nordlicht beobachtet. In der Nähe des Horizonts sah man deutlich das dunkle Segment; die darüber befindlichen Partien erschienen hellgrün und waren an einigen Stellen von rothen Lichtmassen überlagert. Zeitweise \hoß eine große Zahl gelblih leuhtender Strahlen bis zu größeren Höhen am Himmel empor. Der Abtheilungsdirector der Sternwarte, Professor Schur, der diese Erscheinung beobachtete, machte sofort den anderen Abtheilungsdirector, Geheimen Rath Schering, darauf aufmerksam, und dieser fand dann an den Apparaten des erd- magnetischen Observatoriums Anzeichen einer bereits vorübergegangenen erheblichen Störung der erdmagnetishen Declination.

Aus Düsseldorf wird der „Köln. Ztg.“ der Tod Aloys Fellmann's, eines der ausgezeichnetsten jüngeren Genremaler der dortigen Malerschule, gemeldet. Fellmann war 1855 in Oberkirch im Canton Luzern geboren : er war ein vorzüglicher Colorist und befaß zuglei eine große Begabung für kraftvolle Charakteristik.

Der Münchener Thiermaler Benno Adam, der zuleßt in Kelheim lebte, ist den „M. N. N.“ zufolge daselbst verstorben. Er war der älteste Sohn des Schlachtenmalers Albrecht Adam, des Hauptes der wohlbekannten Malerfamilie, und am 15. Juli 1812 in München geboren; seine beiden jüngeren Brüder Franz (gest. 1886) und Eugen (ge\t. 1880) waren ihm im Tode vorangegangen. Sein Hauptgebiet war die Darstellung jagdbarer Thiere, Jagdhunde und Hausthiere, die er in figurenreichen Bildern vorführte. Sein Sohn Emil (geb. 1843) hat ih als Pferdemaler und Reiterporträtist ebenfalls bereits

einen Namen gemacht.

Land- und Forstwirthschaft.

Stand der Saaten.

Im Reg.-Bez. Danzig haben die im Oktober durch ungünstiges Wetter theilweise zurückgekommenen Bestellungsarbeiten bei den im November und Dezember eingetretenen {önen Tagen allgemein recht- zeitig beendigt werden fönnen. Die Wintersaaten sind gut aufgegangen und haben ih gut bestockt. Da auch rechtzeitig der nöthige Frost und eine genügende Schneedecke eingetreten is, so läßt sich erhoffen, daß, wenn niht noch schädliche Naturereignisse eintreten, die Saaten gut durch den Winter kommen werden. Da infolge des milden IPetters dic Weiden überall reihlih ausgenutzt werden konnten, find für die Durchwinterung des Viehs meist reihlihe Bestände vor- handen.

Im Neg.-Bez. Stralsund hat die Bestellung der Wintersaaten überall rechtzeitig vor sih gehen können. Durch die sehr milde Witterung im November und Dezember sind die Winterfaaten in ihrem Wachsthum so gefördert, daß ihr Stand im allgemeinen als ein ausgezeichneter bezeichnet werden kann. Auch scheint der im Januar nach sehr geringem Frost gefallene und nah Verlauf mehrerer S6 abgethaute Schnee nachtheilige Folgen nicht hinterlassen zu

aben.

Im Reg.-Bez. Posen sind die Saaten überall gut angegangen und gewähren die Felder einen ne Anblick. Falls nicht be- fonders ungünstige Witterung cintritt, sind die Aussichten für dieses Jahr gute.

Verkehrs-Anstalten.

Vom 1. April ab führen die Eisenbahnverwaltungen in Baden, Bayern einschließlich der Pfalz, Elsaß-Lothringen und Württemberg die Mittel-Europä ische Zeit M. &. Z. auch für den äußeren Dienst ein. Diese Zeit wird mithin auf den für das Publikum bestimmten Fahrplänen und den Stationsuhren zur Erscheinung kommen.

Mit Rücksicht hierauf führt die Reih s-Postverwaltung zu demselben Zeitpunkt die Mittel - Europäische Zeit für den gesammten Postdienst in den Ober-Postdirectionsbezirken Karlsruhe (Baden), Konstanz, Straßburg (( ls.) und Metz ein. Ebenso wird seitens der Telegraphen- anstalten im ganzen Umfange des Reichs - Post- gebiects vom 1. April ab im innern Telegraphendienst nicht mehr die mittlere Berliner Zeit, sondern ebenfalls ausfchließlich die Mittel-Europäische Zeit zur Anwendung gelangen, welche bei den Eisenbahn -: Telegraphenstationen schon jet im Gebrauch ist.

Theater und Musik,

Königliches Opernhaus.

An dem gestrigen Gedächtnißtage des Todes Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm 1. hatte die Königliche Kapelle des Opernhauses einen Symvphonie- Abend veranstaltet, dessen Programm der Bedeutung des Tages angevaßt war. Zuerst wurde der „Kaisermarsch“, den Richard Wagner zur Verherrlihung des siegreih aus Frankreih heimfkehrenden Begründers des Deutschen Reichs componirt hat, unter der energishen Leitung des Kapell- meisters Weingartner und unter Mitwirkung des Chors der Königlichen Hofoper zur Ausführung gebracht. Die in den Kaisermarsh bineinverwebten mächtigen Töne des „Ein? feste Burg ift unser Gott“ verfeblten ihre Wirkung auf keinen der Zuhörer, die das Opernhaus bis zum leßten Plaß anfüllten; der Uebergang zum Chorgesang, welcher den Schluß bildet, war indeß wohl etwas zu überhastet, der Zusammenklang von Chor und Orchester aber glänzend und eindrucksvoll. Die unvollen dete H-mol1lSymphonievonS chu - bert mit ibrem voetishen Zauber, mit ihrer Tiefe reiner Empfindung, welche dem „Kaisermarsh“ folgte, wurde in tadelloser Weise ausgeführt. Das Ganze bot einen wahren Genuß und zeugte von der flaren, hohen Auffassung, welche der Dirigent von denx hervorragenden Werke hat, wie von der Höhe des musikalishen Ausdrucks, welchen der fo früh verstorbene Tondichter seinen Gedanken zu geben verstand. Den Schluß des Abends bildete Beethoven’s Neunte Symphonie mit Soli und Chören. Auch hier wurden die Tempi zuweilen o beschleunigt, daß der Genuß und das Verständniß etwas beeinträchtigt wurde: dies war sowohl im ersten Saß wie im Scherzo und be- sonders im Schlußallegro der Fall, wo die Schnelligkeit bei der großen Schwierigkeit der Ausführung die Deutlichkeit vermihjen licß. Aber auch unter diesen Umständen bewährte sih die Meister- schaft des Orchesters glänzend. Dasselbe gilt von dem Chor, defsen vorzüglihe Schulung ihn in den Stand seßte, setne Aufgabe stimmlich und rhythmisch vortrefflich zu lösen. Das Solo- Quartett der Damen Herzog und Staudigl, der Herren Sylva und Bet verdient gleichfalls großes Lob für die außerordentlice Sicherheit, mit der es seine Rolle durchführte. Trotz der Ueberhastungen war doch der Gesammteindruck dieses nur selten zu Gehör kommenden großen Werks ein überwäl- igender, und auch die Kritik kann in den rauschenden Beifall ein- stimmen, welcher der „Neunten Symphonie“ folgte.

Der leßte Symphonie-Abend der Königlichen Kapelle findet an dem Geburkêtage des Hochseligen Kaisers, am 22. März, statt.

Belle - Alliance - Theater.

August Junkermann, wohl der bekannteste vlattdeutsche Necitator und Darsteller, trat gestern mit großem Erfolge in der Nolle des „Onkel Bräsig“ auf, jener wunderbar aus innigem Gemüthsleben und felbstgefälligem Humor gemischten fomishen Gestalt aus Frit NReuters „Ut mine Stromtid“. Einzelne Abschnitte dieser Erzählung hat der darstellende Künstler zu cinem dramatischen Lebensbild vereint, in dem der lustige Ontel Bräsig erfreulicher Weise den hervorragendsten Plat einnimmt. Herr Junkermann spielte den Onkel Bräsig mit breiter Behaglichkeit und naiver Selbstgefälligkeit in anheimelnder, gemüthliher Maske ; die Ausbrühe warmen Gefühls wurden mit rührender Drollig- feit dargestellt: eine feine Künstlernatur und ein scharfer Beobachter spraher aus dem Gesammtbilde, das von Onkel Bräsig geliefert wurde. Neben dieser _ wirklichen Menschen- gestalt nahmen sich die anderen Figuren wie Schemen aus; das meiste Charafterisirungsvermögen zeigte noch Frau Werner als Frau Nükler: es lagerte über ihrer Darstellung etwas wie ländliche Be- schaulichkeit. În Salonrollen bewährten fich Fräulein Ida Müller (Frau von Rambow) und Herr Ziele} ch (Franz von Rambow) ganz gut.

Dem Gaste wurden lebhafte Beifallébezeugungen und auch Blu- menspenden zu theil.

Paul Heyse's dreiactiges Schauspiel „Wahrheit ?“, das bereits an den Hofbühnen in München und Dresden bedeutende Erfolge er- reiht bat, wird als nächste Neuheit des Lessing-Theaters in Gegenwart des Dichters am Sonnabend, 19. März, zum ersten Mal in Scene gehen.

Im Wallner-Theater finden heute und morgen die leßten Vorstellungen der Posse „Vvette“ statt. Z

Im Thomas-Theater ist der Schwank „Reif-Yeiflingen“ wieder für den nächsten Sonntag-Nachmittag 3 Uhr zur Aufführung angeseßt und zwar zu besonders ermäßigten Preisen (Parquet 1 4).

Die Großherzoglih mecklenburgishe Kammersängerin Fräulein Hermine Galfy wird gelegentlih ihres bevorstehenden Auf- tretens in der Sing-Akademie am Sonnabend u. a. eine Arie aus Mozarls 1] re pastore” uod Lieder Von F. Jtettmann, A. Bekker und Godard zum Vortrag bringen. Unter dem Protectorat Ihrer Majestät der Katserin veranstaltet Fräulein Katharina von Heinrichshofen zum Besten des Mandalenen - Slists am Mona in dex Sing- Akademie cin großes Concert, für das folgende Künstler ihre Mitwirkung zugesagt haben: Fräulein Rosa Paghelli (Mezzo- Sopran), Herr Kammersänger Jos. Staudigl, Herr Fr. Struß (Königlicher Concertmeister), Herr Kammermusiker Pönit (Harfe), Herr Organist Pennington (Orgel), sowie der Königlihe Domchor unter Leitung seines Dirigenten Herrn Professor Albert Becker. Das nächste Philharmonishe Concert am Montag ist das vorleßte, das unter Bülow's Leitung stattfindet.

Für den nächsten Volksunterhaltungs8abend, der am Sonntag im Kroll’shen Theater stattfindet, haben die Concert- fängerin Fräulein Elma Elsberg und der Pianist Herr Dr. Johannes Merkel ihre Mitwirkung zugesagt.

Unter den großen Musikgesellschaften, welhe das Publikum wäh- rend der Internationalen Mu]ik- und Theater- Ausstel - lung in Wien zu hören Gelegenheit haben wird, befindet sih auch die Budapester Philharmonische Gesellschaft, deren Con- certe in der zweiten Hälfte des Mai stattfinden werden. Auch Anton Nubinstein und St. Saëöns haben zugesagt, je ein Concert während der Ausstellung zu dirigiren. Der Garantiefonds für die Ausstellung hat die Höbe von 128 000 Fl. erreicht.

Mannigfaltiges.

In Gegenwart Ihrer Majestät der Kaiserin ist heute Vormittag die Gräfin Julie von Keller, die Tochter des ver- storbenen Hof-Marschalls Friedrich Wilhelm's 1V. und Schwester des Hof-Marschalls Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht, feier- lih in das Amt der Oberin von Bethanien eingeführt worden. Fhre Majestät die Kaiserin wurde unter Glockengeläut am Portal von dem General von Lattre und den übrigen Mitgliedern des Curatoriums, vom Präsidenten des Evangelischen Ober-Kirchenraths Dr. Barkhausen und vom Ober - Consistorial - Rath Dr. Freiherrn von der Gol empfangen, begrüßte die Gräfin Keller und begab Allerhöchstsich fodann in die Kapelle, wo sih bereits der Haus - Minister von Wedell, Superintendent Hübner, zahlreiche andere Geist- lide mit den Schwestern und einer festlihen Menge ein- gefunden hatten. Die Orgel intonirte ein Präludium, dem Gemeindegesang sich anschloß. Die Liturgie hielt der erste Anstalts- geistlihe P. Nehmiz, die Einführung vollzog im Anschluß an das Wort aus Matth. 20, 26—28 der Propst Freiherrn von der Golß. Nach der Feier geruhte die Kaiserin im Conferenzzimmer eine Tasse Thee anzunehmen.

Das Denkmal der hochseligen Königin Luise im Thiergarten prangt zur Feier des heutigen Geburtstags wieder, wie alljährlich, in festlichem Blumenshmuck. Zahlreiche pietätvolle Verehrer wallfahrteten zu dieser der edlen Frau geweihten Stätte. Auch der E

Luisenstein und das Denkmal des Königs Friedrich Wilhelm 111. sind