1892 / 65 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 15 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Artikel 3. Dem nah § 10 des Kirchengeseßes zu bildenden Iandeëfirchlihen Fonds wird vom 1. Oktober 1892 ab zur Gewährung von Beihilfen an Kirchengemeinden, welche die Entschädigungsrenten für aufgehobene Stolgebühren durch Umlage aufbringen müssen, seitens des Staats eine dauerde, vierteljährlich im voraus zahlbare Rente im Betrage von jährlich 70 000 M überwiesen.

Artikel 4. Gegen die nah den §§ 7 und 9 des Kirchengeseßzes zu treffenden Festseßungen ift der Rechtsweg auge o soweit es ih nicht um die Verfolgung der im § 9 erwähnten Rechte solcher Geistlichen oder Kirchenbeamten handelt, welche sich zur Zeit des In- frafttretens des Kirchengeseßes im Amt befinden.

Wird ciner außergerihtlich oder gerihtlich geltend gemachten Forderung auf Stolgebühren der Einwand entgegengeseßt, daß die- selben nach den §§ 1 und 2 Absaß 1 des Kirchengeseßes aufgehoben seien, so 1ist darüber eine Entscheidung im Rechtswege nur dann zu- lässig, wenn vorher die Entscheidung des Consistoriums in Gemäßheit des & 2 Absaß 2 ergangen ist. Die Frist zur Beschreitung des Nechts-

. weges beträgt dreißig Tage; sie beginnt mit der Zustellung der Ent-

scheidung des Consistoriums. :

Beigegeben ist auch diesem Entwurf das entsprechende Kirchen- geseß, betreffend die Aufhebung von Stolgebühren für Taufen und Trauungen.

Jn der Begründung heißt es:

Das staatliche Interesse an der Aufhebung der Stolgebühren be- rubt in der thunlichen Beseitigung jedes Hindernisses, welches der unbemittelten Bevölkerung die Theilnahme an den Wohlthaten der Kirche ershwert. Vor den übrigen gebührenpflichtigen Handlungen

o f Tauf c s S kro Mor, ¿einen sich aber Taufe und Trauung dadurh aus, daß ihre Ver- saumung den Ausschluß vom kirchlichen Gemeindeleben nothwendig mit sich bringt. Es liegt also im Staatsinteresse, den aus der Ent- geltlichfeit dieser Handlungen abzuleitenden Vorwand für die Ver- \{mähung derselben aus dem Wege räumen zu helfen.

Hieraus ergiebt \ich für die finanzielle Mitwirkung des Staats bei der Stolgebührenablösung die Beschränkung einmal auf Taufe und Trauung nebft dem Aufgebote und zweitens auf die einfachen Acte dieser Handlungen.

Für das Maß der Mitwirkung des Staats innerhalb dieser Grenzen war die Erwägung bestimmend, daß dieselbe grundsäßlich eine fubsidiäre bleiben müsse, also nur als Beihilfe zur Vermeidung empfindlicher Belastung der Gemeinden gewährt werden fann.

Solche erscheint im allgemeinen ausgeschlossen, sobald den Ge- meinden nur zugemuthet wird, dasjenige aus eignen Mitteln aufzu- bringen, was bei einer Vertheilung der nothwendigen Entschädigungen für ihre geistlichen und sonstigen bezugsberechtigten Stellen auf die cinfommensteuervflihtigen Gemeindemitglieder vier Procent der Ein- fommensteuer nicht übersteigt.

Dies Maß der Belastung deckt sich auch im wesentlichen mit dem Rorschlage, welchen nah der oben angezogenen Mittheilung des Minister-Präsidenten im Hause der Abgeordneten der evangelische Ober-Kirchenrath unter dem 21. Mai 1890 der Königlichen Staats- regierung gemacht hat.

Wird dieser Maßstab ohne Rücksicht auf die etwaige Heran- zichung vermögender Kirchenkassen und Ausscheidung reicher Pfründen der Abmessung des Staatszuschusses zu Grunde gelegt, so stellen fich nah den statistishen Erhebungen die den einzelnen evangelischen Landesfirchen der Monarchie in Form jährlicher Renten zu über- weisenden Beträge auf rund /

1 250 000 é für die evangelische Landeskirhe der älteren Provinzen, 70000 für die evangelis(-lutherishe Kirche der Provinz Schleswig-Holstein, 140000 , für die evangelish-lutherishe Kirche der Provinz Hannover, 1200 , für die evangelisch-reformirte Kirche der Provinz Hannover, 36 800 ,„ für die evangelischen Kirchengemeinschaften des Consistorialbezirks Cassel, 92000 , für den evangelishen Kirhenverband des Consistorialbezirks Wiesbaden,

zusammen 1 500 000 M

Für die katholische Kirche hat die Aufbereitung der erst sehr viel später eingegangenen statistishen Materialien noch nicht vollendet werden können.

Die Kirchenregierungen der evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen und der s{leswig-holsteinishen evangelisch- lutherischen Landeskirche haben das ihnen hiernach gemachte Anerbieien unter Zu- stimmung ihrer Synodalvertretungen angenommen und sind entschlossen, die Ablésung der Stolgebühren für Taufe und* Trauung in einfacher Form, und für Aufgebote auf dem aus den kirchlihen Gefeßentwürfen ersihtlichen Wege mit Hilfe jener Staatszuschüsse auszuführen.

Um die Bewegungsfreiheit der einzelnen Kirchengemeinschaften möglichst wenig einzuschränken, is die Ueberweisung des Staats- zuschusses nicht davon abhängig gemacht, daß derselbe genau nach den Grundsätzen, nah denen er für den fkirchlichen Gesammtverband be- messen worden ist, auch unter die Gemeinden weiter vertheilt werde. Nur das ist zur Bedingung gemacht, daß er zur obligatorischen und dauernden Ablösung der Stolgebühren in erster Linie für Taufe und Trauung in einfahster Form sowie für Aufgebote, und zwar in Gestalt von Beihilfen für diejenigen Gemeinden verwendet wird, welche -daneben zur Aufbringung der Gebührenentschädigung Kirchen- steuern auéschreiben müssen. Da die Rente als fester Zuschuß über- wiesen wird, verbleiben etwaige Ersparnisse den Kirhenverbänden zu gleichem Zwee. Î

Die erzielten Ersparnisse werden den Kirchenregierungen die er- wünschte Möglichkeit geben, den bedürftigeren Gemeinden höhere Bei- hilfen zuzuführen, als allgemein in Aussiht genommen is (vergl. & 11 Absay 3 des altländischen, § 10 Absay 3 des scleswig-hol- \teinishen Kirchengesetzes). ]

In der Volkss\chulgeseß-Commission des Hauses der Abgeordneten standen, wie wir den Morgenblättern entnehmen, gestern Abend die S8 65, 66 und 67 der Vorlage zur Berathung, welche von der Stadt-Schulbehörde handeln. § 65 lautet: „In jeder Stadt wird eine Stadt-Schulbehörde gebildet. Die Zuständigkeit der Stadt-Schulbebörde erstreckt sih auch auf die Schulen der etwa mit der Stadt zu einem Verbande vereinigten Schulgemeinden (Guts- bezirke). Die Minoritätsparteien beantragten, hinter den Worten „in jeder Stadt“ einzuschalten: „unter 3000 Einwohner“. Sie beantragten ferner, den § 66 der Vorlage abzuändern und \{lugen eine Reihe neuer Paragraphen (67a bis 674d) vor, die für Städte von mehr als 3000 Einwohnern dié bis- her bestandene Zusammensetzung der Schuldeputationen sichern sollten. Abg. Freiherr von Zedlitz (freicons.) begründete den Antrag der drei Parteien, der bezwecke, die Schuldeputationen, die sich als eine segenéreide- Einrichtung erwiesen hätten, au den kleineren Städten zu erhalten und eine Vereinfachung und Concentrirung in der Schul- verwaltung herbeizuführen. Der conservative Antrag zu § 66 wolle die Grenze für die Bildung von Schuldeputationen erweitern und folche erst bei 10000 Elnwobieen zulassen. Ein zutreffender Grund hierfür fônne nit anerfannt werden, da viele kleine Städte unter dem Hinweis, daß ihre Schuleinrichtungen denjenigen großer Städte niht nacständen, den dringenden Wunsch hegten, nicht zurückgeseßt zu werden. Der Antrag der Conservativen leide auch an dem Mangel, daß er nur gewisse Befugnisse des Schulvorstandes den städtischen Schul- deputationen zuweise, während diesen der Antrag der drei Parteien alle Functionen des Schulvorstandes übertragen wolle. Der gleichzeitig zur Debatte gestellte § 66 lautet: „Die Stadt-Schulbehörde besteht aus dem Bürgermeister und dem betheiligten Kreis-Schulinspector. In denjenigen Fällen, in welchen diefes Gese die Beschlußnahme der verstärkten Stadt, Schulbehörde überträgt, treten diesen Beamten zwei von der Stadtverordneten-Versammlung auf sechs Jahre gewählte Mitglieder dieser Versammlung und ein von dem Bürgermeister er- nanntes weiteres Mitglied des Magistrats mit beschließender Stimme

hinzu. In denjenigen Städten, in denen ein collegialisher Ge- meindevorstand nit besteht, wird das ernannte Mitglied aus der Zahl der Shöffen oder der Beigeordneten entnommen. Den Stadtgemeinden, die cinen besonderen Stadtkreis bilden, bleibt De, die Zahl der gewählten und ernannten Mitglieder in gleihem Verhältniß bis auf das Dreifache zu erhöhen. Sind Landgemeinden (Gutsbezirke) mit einer Stadt zu einem Verbande vereinigi, so treten die Vorsteher desselben der verstärkten Stadt-Schulbehörde hinzu.“ Die Conser- vativen beantragten zu diesem Paragraphen folgenden Zusaß: „In Städten mit über 10 000 Einwohnern wird an Stelle der ver- stärften Stadt-Schulbehörde eine Stadt-Schuldeputation gebildet, die aus ein bis höchstens drei Mitgliedern des Magistrats, der gleichen Zahl Mitglieder der Stadtverordneten-Versammlung, sowie mindestens der gleichen Zahl des Erziehungs- und Volks\{hulwesens fkundi- ger Männe: worunter mindestens ein städtischer Lehrer, besteht. Hierzu treten der Kreis-Schulinspector und in Vertretung der evangeli- schen und fatholishen Confession die ersten Pfarrer des Orts, fowie geeignetenfalls die Vertreter anderer Religionsgesellschaften. Den Stadtkreisen bleibt überlassen, die Zahl der Mitglieder jeder Art bis auf höchstens die dreifache Zahl zu erhöhen. Die Mitglieder des Magistrats und aus der Zahl derselben den Vorsißenden ernennt der Bürgermeister. Die Mitglieder der Stadtverordneten-Versamm- lung, sowie die Mitglieder der aus der Zahl der des Erziehungs- und Bolks\chulwesens kundigen Männer wählt die Stadtverordneten- Versammlung. Die Wehl der letzteren bedarf der Bestätigung durch den Regierungs-Präsidenten. Der Stadt-Schuldeputation werden außer den durch dieses Gesetz der verstärkten Stadt-Schulbehörde übertragenen Befugnissen die der Gemeindebehörde zustehende Verwaltung der äußeren Di elegenDelien der Volksschule und die Ausübung folgender, der Stadt-Schulbehörde oder dem Schulvorstande übertragenen Befugnisse zugewiesen: 1) Anhörung, bezw. Antrag wegen der nah § 6 von dem Negierungs-Präsidenten zu erlassenden allgemeinen Vorschriften ; 2) Bestimmung über Entlassung aus der öffentlichen Volks zule; 3) Anordnung über die Verpflichtung, Unterricht an Fortbildungs- \chulen zu übernehmen. 4) Genehmigung zur Uebernahme von Nebenämtern; 5) Anrehnung von Diensteinkünften auf das festgeseßte Grundgehalt nah Maßgabe des § 149; 6) Mitwirkung bei Pensionirung von Lehrern und Lehrerinnen; 7) gutachtliche Aeußerung bei Festseßung derStunden und Lehrpläne ; 8) gutachtliche Aeußerung bei einer Aenderung der Schuleinrichtungen : 9) gutachtliche Aeußerung bei Gewährung eines über vier Wochen dauernden Urlaubs; 10) Mitwirkung bei Ueberwachung des Schulbesuchs und Feststellung und Bestrafung der Sqculversäumnisse; 11) Schließung der Schule bei Gefahr im Ver- zuge in Folge eintretender Epidemien. Auch in Städten mit weniger als 10 000 Einwohnern fann dur ein von dem Megierungs- Präsidenten zu genehmigendes Gemeindestatut eine Stadt-Schul- deputation eingerihtet und fönnen ihr die vorstehenden Befugnisse übertragen werden.“ Abg. Grimm - Frankfurt (nl.) trat den Aus- führungen des Abg. von Zedlitz bei und bat den Minister um eine Uebersicht der Städte von 3- bis 10 000 Einwohnern, welche heute hon die Einrichtung von Schuldeputationen hätten. Er könne nicht ein- schen, weshalb man in den Städten zwei Verwaltungen construiren wolle. Nedner suchte aus den Verhältnissen seiner Vaterstadt Frankfurt a. M. nachzuweisen, wie wihtig eine Einheitlichkeit in der Schulverwaltung sei. Abg. Rintelen (Centr.) erklärte si bereit, der im Antrage der Conservativen gegebenen Anregung zu folgen und den Wünschen der Städte auf Beibehaltung der ihnen lieb gewordenen Schuldepu- tationen Rechnung zu tragen. Aber neben den leßteren müsse er und feine politishen Freunde die Aufrechterhaltung des unabhängigen Schulvorstandes, welcher die beste Garantie für Erhaltung des con- fessionellen Princips gewähre, fordern, während die Schuldeputation entgegengeseßte Tendenzen verfolge. Gerade in Frankfurt a. M., auf welches der Vorredner exemplificirt habe, sche es in dieser Be- ziehung traurig aus. Abg. Bartels (cons.) wies darauf hin, daß die Einrichtung der Stadt-Schuldeputation doch nur facultativ sei. Er gebe zu, daß im conservativen Antrage die Zahl von 10 000 Einwohnern, bei welcher die Bildung der Schuldeputation an Stelle des verstärkten Schulvorstandes beginnen solle, willkürlich gegriffen fei. Neber eine Herabseßung dieser Zahl lasse er mit sich reden, ebenfo über eine Erweiterung von Befugnissen, welhe den Schul- deputationen zugewiesen werden sollten gegenüber dem conservativen Ua Staats-Minister Graf Zed l1ß beantwortete die Us des Abg. Grimm dahin, daß er nicht in der Lage sei, die Zahl der Städte, welche die Einrichtung von Schuldeputationen hätten, anzugeben. Er müsse hervorheben, daß die Schuldeputation niemals in dem Sinne eine communale Behörde gewesen sei, wie das dargestellt werde: sie sei vielmehr nur als ein behördliches Organ anzusehen, welchem regiminale Befugnisse übertragen worden seien. Von diesem Gesichts- punkt ausgehend, habe der Entwurf der einfahen Schulbehörde als einer staatlichen Behörde Befugnisse zugewiesen. Der Angriff gegen eine solche Bestimmung komme aus denjenigen Kreisen, welche bis dahin zwar eine thatsählihe, aber rehtlich nit begründete Organi- sation besäßen. Er sei bereit, die staatlihe Schulbehörde in enge Beziehung mit den communalen Behörden zu bringen, also eine Ver- bindung zwischen regiminaler Thätigkeit und communalen Einrichtungen herzustellen. Ebenso wolle der Entwurf eine Mitwirkung der Commune, der Kirche, sowie der Hausväter. Die Schulaufsiht sei aber ein staatliches Hoheitsreht, welches er sich nicht aus der Hand reißen lassen könne, ebenso wenig könne er zugeben, daß die Schule aus der Hand der stäatlichen Organisation herausgenommen werde. Der Staat müsse, wie das au die Verfassung bestimme, auf dem Gebiete der Schule selbs Herr sein und bleiben. Abg. Dr. Weber- Halber- stadt (nl.) hielt es für sehr bedenklih, daß die Schulbehörden auf einer ganz anderen Basis organisirt werden sollten, als die Gemeinde- behörden. Das könne doch nur zu mißlichen Zuständen und zu aller- hand Neibereien führen. Dem Abg. Nintelen gegenüber müsse er her- vorheben, daß der Propst von Berlin nie überstimmt werde, wenn es sich in der Berliner Schuldeputation um die Interessen der katho- lishen Kirche handle. Solche Klagen seien noch nicht laut gc- worden. (Widerspru des Abg. Rintelen.) Abg. Pr. P or) ch (Centrum): Auch er erkläre ch bereit, den Wünschen der Städte soweit entgegenzukommen, als es sich mit der Aufrechterhaltung des confessionellen Princips vertrage. Die \{lesis hen Städte über 10000 Einwohner hätten in ihrer Eingabe dieselben Functionen für ihre Schuldeputationen verlangt, als der Antrag der Conservativen ihnen zuweisen wolle. Er müsse entschieden der An- nahme widersprechen, daß die schlesischen Schuldeputationen den con- fessionellen Verhältnissen die thnen gebührende Berücksichtigung an-

edcihen ließen. In Breslau z. B. Fei kein Geistliher Mitglied der ftädtischen Schuldeputation, und in einzelnen oberschlesischen Städten gebe der israelitishe Theil der Deputation oft den Ausschlag. Der Antrag der drei Parteien, welcher der Schuldeputation fast alle Be- fugnisse übertragen wolle, gehe ihm zu weit. Nach seiner Meinung müßten folche sich auf gutahtlihe Aeußerungen beshränken. Die weitere Debatte wurde darauf bis Mittwoch vertagt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Der deutsche Fischerei-Verein veranstaltete am Montag Abend eine Trauerfeier für den verstorbenen Präsidenten Kammerherrn von Behr-Schmoldow, an welcher der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden theilnahm. Geheimer Medizinal-Rath, Professor Dr. Virchow entwarf ein Lebensbild des Entschlafenen, dessen unermüdliche Thätig- feit für die Ziele des Vereins er eingehend darlegte. Pr. F. Dernburg gab eine Schilderung der Persönlichkeit und des Characters des Verstorbenen, den er als einen selbstlosen Mann prics. Nachdem der Unter-Staatssecretär im Staats- Ministerium, Wirklihe Geheime Rath Homeyer als naher Verwandter den Dank der Familie für die dem Andenken des

Dahingeschiedenen gewidmete Feier E wurde auf Vor-

{lag des Dr. von Bunsen FürstHermann von Oaßfeldt-Trachen- berg mit 60 gegen 5 Stimmen zum Präsidenten des Vereins gewählt. Dieser nahm die Wahl an und versprach die ihm hiermit übertragenen

ielt Dr. Heincke einen Vortrag über die geplante Errichtung ei iologishen Anstalt auf Helgoland. chtung einer

hielt Dr im Geiste seines Vorgängers erfüllen ¿u wollen. Zum Stluß |

Der Verein für Socialpolitik wird seine diesjährige SOHE au 0ns in Posen abhalten. Zur Verhandlung sind gestellt: die ländliche Arbeiterfrage sowie Boden- vertheilung und Sicherung des ländlichen Kleinbesißzes.

Zur Arbeiterbewegung.

Jn Halberstadt wurde, wie bereits unter den Telegrammen „nah Schluß der Redaction“ in der gestrigen Nummer des Blattes mitgetheilt ist, gestern der Congreß der deutschen socialdemokratishen Gewerkschaften eröffnet. Die erste Sißung fand am Vormittag unter der Leitung des Vorsigzenden der Generalcommission Legien statt. Die Tagesordnung umfaßte außer den Formalien den Bericht über die Thätigkeit der Generalcommission, die Wahl einer Revisionscommission, die Organisationsfrage und allgemeine Anträge. Jn der Nachmittags]izung theilte der Zimmerer Wol ter-Berlin über die Zusammenseßung des Congresses mit:

Soweit die Mandats - Prüfungscommission bis dahin feststellen fonnte, seien 208 Delegirte für 211 645 Arbeiter auf dem Congreß anwesend. Von den Bauhandwerkern seien 38 Delegirte von 39 329 Arbeitern, von der Bekleidungs-Industrie 27 Delegirte von 28 250 Arbeitern, von der Tertilbranhe 7 Delegirte von 6030 Arbeitern von der Metall-Industrie 36 Delegirte von 40 618 Arbeitern, von der Holzindustrie 29 Delegirte von 35 510 Arbeitern, vom Gastwirthsgewerbe 2 Delegirte von 1760 Arbeitern, von dem Nahrungs- und Genußmittelgewerbe 23 Delegirte von 20 145 Arbeitern, vom Verkehr- und Seewesen 9 Delegirte von 10 743 Arbeitern, von dem Keramischen Gewerbe 2 Delegirte, von dem Graphischen Ge- werbe 22 Delegirte von 24 860 Arbeitern, von den Werftarbeitern 6 Delegirte und von den nichtgewerblihen Arbeitern 7 Delegirteo darunter 2 Frauen, gewählt worden. L :

Für die Generalcommission erstattete Herr Legien- Hamburg den Bericht, dem wir Folgendes entnehmen:

Nach ciner s\tatistishen Aufnahme haben Ende 1890 in Deutsch- land 53 Centralvereine mit 3150 Zweigvereinen und 227 733 Mit- gliedern bestanden. Ferner habe es 5 Organisationen, die durch ein Vertrauensmänner]ystem centralisirt waren, gegeben, die in 712 Städten 73467 Mitglieder besaßen. Die Gesammtzahl der gewerkschaftlich-organi- sirten Arbeiter habe, einschließlih der in cinzelnen Orten vorhandenen Fachvereine, etwa 250 000 betragen. Inzwischen habe sich dieses Verhältniß wesentli geändert. Es seien weitere Centralvereine gegründet worden, und auch die Mitgliederzahl in den Organisationen dürfte sih wesentlih vershoben haben. Die Berliner Gewerkschafts- conferenz (November 1890) habe der Commission die Ver- pflichtung übertragen, -die Ausstände in Kirchhain i. L., Erfurt, Bergedorf und Ottensen zu unterstüßen. Um dies möglich zu machen, habe \sih die Commission in Aufrufen an die deut- {hen Arbeiter gewandt zur freiwilligen Unterstüßung der Strikes, Diese freiwilligen Leistungen haben bis 1. März 1892 106 504 M er- geben; die Gelder seien jedoch, als sie gebraucht worden, nicht zur Stelle gewesen. Die Commission habe geglaubt, zur Unterstüßung der Ausstände Anleihen machen zu dürfen. Die über die Listungs- fähigkeit der Gewerkschaften aufgenommene Statistik habe jedoch gezeigt, daß diese bei dem gegenwärtigen Stand der Kassen nicht in der Lage gewesen wären, die erwähnten Darlehne zu decken. Um nach dieser Richtung hin gedeckt, andererseits aber auch, um für spätere Kämpfe gerüstet zu sein, habe die Commission die Sammlung zum Maifonds ausgeschrieben. Der Ertrag derselben sei, troß seiner, in An- betracht der ungünstigen wirthschaftlichen Verhältnisse enormen Höhe, hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die eingegangenen

Summen hätten nicht einmal genügt, die Verpflichtungen der Commission erfüllen zu fönnen, noch_ viel weniger set es aber móöglich gewesen, einen festen Fonds zu bilden.

Vom November 1890 bis September 1891 seien von der Commission 31 Ausstände mit Geld unterstüßt worden. Diese 31 Ausstände, an welchen insgesammt 6600 Personen 225 Wochen betheiligt gewesen, haben cine Ausgabe von 184388 4. erfordert. Es seien außerdem 3600 M zum deutshen Buchdruckerausstand als Darlehn, 1000 zur Unterstüßung des Buchdrukerausstandes in Wien u. \. w. bewilligt worden. Es wurde ferner Agitation unter den Ziegelarbeitern in Lippe-Detmold betrieben und ein Zuschuß, welcen die Bauarbeitéleute in Ost- und Westpreußen veranstalteten, gegeben. Die Commission habe ferner ein Correspondenz- blatt herausgegeben. Zwei Mitglieder der Commission feien im Laufe des verflossenen Jahres nach England entsandt worden, um die dortigen Gewerkschaften zur Unterstützung der deutshen Ausstände dn Die Einnahmen der General- commission vom 20. November 1890 bis Ultimo Februar 1892 be- tragen 288 992 4, die Ausgaben 280252 H, es bleibe ein Kassen- bestand von 8739 4 An Darlehen wurden aufgenommen 106 950 M, an F zurückgezahlt 75 000 4, mithin feien noch abzutragen 31 95 M.

Jn vielen Orten des rheinish-westfälishen Ber g- baubezirks fanden am Sonntag, wie früher angekündigt, Bergarbeiter-Versammlungen statt. Es liegen folgende Nachrichten von dort vor:

Eine Bergarbeiterversammlung in Essen war aus den Orten Neberruhr, Borbeck, Schalke, Steele, Dortmund und Relinghausen stark besucht, erklärte das neue Knappschaftsstatut für schädlich und wählte einen fiebengliedrigen Ausfchuß, der für die Knappschafts- ältesten-Wahl geeignete Candidaten aufstellen soll. Die gegenwärttge Lage der Bergleute kam nicht zur Erörterung, da erst das Resultat der Verhandlungen des Gewerkschaftscongresses abgewartet werden soll.

Aus Leipzig berichtet die „Lpz. Ztg.": In einer von den Hirshch-Duncker’ schen Gewerkvereinen einberufenen Ver- fammlung der Tischlergehilfen versuhten am Sonntag die Anhänger der „modernen Arbeiterbewegung" wieder ohne jeden Erfolg für die Socialdemokratie zu agitiren. Die Versammelten verpflichteten sich in einer Resolution, den Gewerkvereinen beizutreten. Eine von den Socialdemo- fraten eingebrachte Resolution, in der der Anschluß an die Social- demokratie und der Beitritt zum Holzarbeiter-Fachverein empfohlen wurde, wies der Vorsitzende, als zur Debatte und Abstimmung nicht geeignet, zurü.

Ueber den großen Bergarbeiterausstand in Eng- land liegen folgende neuere Meldungen vor:

Gegenwärtig wird, wie ein Wolff’sches Telegramm berichtet, nur in den Kohlengegenden von Northumberland, Südwales un Schottland mit Ausnahme von Stirlingsshire gearbeitet. Die von diesen Werken geförderte Kohle i|st jedo für den Industriebedarf und Hausgebrauch nicht ausreichend, odaß zahlreiche industrielle Unternehmungen in Nord-England und Mittel- England wegen Kohlenmangels ihren Betrieb einstellen dürften. Sollte der Ausstand der Bergarbeiter länger als eine Woche andauer?", so würden voraussihtlih auh die Töpfereien von Nord- strafford\hire {ließen und etwa 50 000 Töpfer arbeitslos werden- Die Nordostbahn in Durham kündigt au, daß mehrer planmäßige Züge eingestellt würden, damit Kohlen erspart werden könnten. Infolge des Ausstandes hat die London and Nortb- western-Eisenbahngesellshaft ihre Maschinenbauanstal! in Crewe geschlossen. Es sind durh diese Maßnahme 250 Arbeiter arbeitslos geworden. Der Londoner Kohlenmarkt ist trotz des Strikes träge und der Preis der zu E nach London gebrachten Kohle war gestern um 3 Schilling per Tonne gefallen. Auf der Nordoft- Eisenbahn werden morgen über zweihundert Züge ihren Dienst einstellen, ebenso werden die Lancashire- und Yorkshirec-B ahn sowie die große Nordbahn den Verkehr beschränken.

Aus Hartlepool wird gemeldet: Die Jahresconferenz tes nördlichen Zweiges des nationalen Arbeiterverbandes beschloß in der gestrigen Sitzung, in der über 50 000 Arbeiter ver- treten waren, den Bergleuten und Grubenbesißern eine \chn elle Einigung anzuempfehlen.

Kunft und Wissenschaft.

Im Königlichen Kunstgewerbe - Museum wird Mittwoch, den 16. d. M., eine Ausstellung von Parament- Stoffen und kirhlichen Stickereien eröffnet, welche den Lichthof in allen seinen Theilen füllt. Die Stoffe in Seide, Sammet und Brocat sind Erzeugnisse der Jndustrie von Kre- feld, welches sih mit diejen Erzeugnissen den besten Werk- stätten alter und neuer Zeit würdig an die Seite stellt. Unter den Stickereien überwiegen die für den evangelischen Cultus bestimmten Altar- und Kanzeldecken von zum Theil De fünstlerisher Vollendung. Die Aussteller sind zumeist die Paramenten-Vereine von Norddeutschland, der Nieder- sächsische, die von Hannover und Mecklenburg. Auch einzelne Ateliers, wie die von Bek in L ae Bessert-Nettelbeck, Prüfer, Frau Dr. von Wedell in Berlin u. a. sind reich ver- treten. Die Ausstellung hat den Zweck, für die künstlerische Ausstattung der vielen, jeßt im Bau begriffenen Kirhen An- regung und Hinweise auf die vorhandenen Vorbilder zu geben. Zu diesem Zweck sind auch hervorragende Stücke der Stoff- sammlung, Entwürfe aus der Unterrichtsanstalt und Vorlagen aus der Bibliothek der Ausstellung angefügt.

Der Königlich fähsishe Geheime Medizinal-Rath und ordent- lie Professor der Geburtshilfe Dr. med. Credé in Leipzig ist, wie die „Lpzg. Z.“ meldet, gestern im 73. Lebensjahre ge- storben. Der Verstorbene, Senior der medizinischen Facultät der dortigen Universität, war bis zum Jahre 1587 Dircctor der Uni- persitäts-Frauenklinik.

Land- und Forstwirthschaft.

Stand der Saaten. i

Auch im Regierungsbezirk Bromberg haben sih die Saaten

bei der günstigen Witterung im Spätherbst gut, zum Theil üppig, ent-

wickelt und sind unter dem Schuß der Schneedecke während des Winters vor Schaden bewahrt geblieben.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Der Gesundheitsstand in Berlin war auch in der Woche vom 98. Februar bis 5. März ein günstiger und die Sterblichkeit cine niedrige (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 17,7). Seltener als in der Vorwoche kamen acute Entzündungen der Athmungsorgane zum Vorschein und endeten auch in er- heblich weniger Fällen tödtlich; auch Erkrankungen an cpidemischer Gripve gelangten nur wenige zur Kenntniß; aus der der Berichts- woche vorangegangenen Woche wurden noch 9 Todesfälle an Grippe gemeldet. Acute Darmkrankheiten traten ebenfalls seltener, besonders unter Kindern zu Tage und endeten nur in wenigen Fällen mit dem Tode. Der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war ein sehr mäßiger, von je 10000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 50 Säuglinge. Von den Infections- frankheiten haben Masern und Diphtherie wieder mehr Erkrankungen hervorgerufen, während Erkrankungen an Unterleibstyphus und Scharlah in beschränkter Zahl verblieben, Masfecn zeigten fich in Moabit und auf dem Wedding, Diphtherie im östlichen Theile des Tempelhofer Vorstadtbezirkes am zahlreihsten. An Kindbettfieber wurden 3 Erkrankungen bekannt. Nosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut kamen wieder mehr zur ärztlichen Beobachtung. Erkrankungen an Keuchhusten waren feltener, der Verlauf im all- gemeinen ein milder. Rheumatishe Beschwerden aller Art zeigten gegen die Vorwoche keine wesentliche Veränderung in ihrem Bor- ommen.

Der Landrath des Kreises Niederbarnim erläßt folgende Bekanntmachung: Im diesseitigen Kreise tritt die Maul- und Klauenseuche mit außerordentlicher Heftigkeit auf und gewinnt eine immer noch zunehmende Verbreitung. Die Hauptursache diefer um- fangreihen Verbreitung if in dem Hausirhandel mit frishmelkenden Kühen zu suchen, tf welchen der Änsteckungéstoff von Ort zu Ort vershleppt wird. Ich mache daher alle Viehbesißer auf dic gegen- wärtige Gefahr eines Vielwechsels aufmerksam und weise ausdrücklich darauf hin, daß die Maul- und Klauenseuche außer dur den Vieh- handel auch durh Schlächter und Viehhändler weiter vershleppt wird.

Handel und Sewerbe.

Täglihße Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien. _ An der Ruhr sind am 14. d. M. gestellt 8978, nit retzeitig gestellt keine Wagen. E Zwangs-Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin stand am 14. März 1892 das Grundstü in der E 32, dem Kaufmann Mar Mockrauer gehörig, zur Versteigerung; Mindestgebot 1000 4; für das Meistgebot von 180 C00 A wurde der Maurermeister Friedrich Langner, Urbanstraße 36, Ersteher.

In der gestrigen Aufsichtsrathssfizung des Norddeutschen Lloyd zu Bremen wurde beschlossen, daß der Vorstand fernerhin aus drei Directoren und zwei Procuristen bestehen soll. Zu Directoren wurden ernannt: der bisherige Consulent des Norddeutschen Lloyd Dr. jur. Wiegand sowie die bisherigen Procuristen Marguardt und Bremermann. Als Procuristen wurden die bisherigen Procuristen Velkers und Leist bestätigt.

Die Direction der „Internationalen Ban in LULXett- burg {lägt, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, die Vertheilung einer vidende von 6# 9/9 vor.

München, 15. März. (W. T. B.) Der „Allg. Ztg." zufolge vergiebt die bayerishe Staatsbahn zum 4. April den Jahres- bedarf an Ruhr-Stein- und Braunkohlen für Locomotivheizung in Vöhe von etwa 500 000 t in beschränkter Submission.

Leipzig, 14. März. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. _La Plata. Grundmuster B. per März 3,375 F, per April 3,377 M, per Mai 3,40 4, per Juni 3,425 H, per Juli 9,425 #1, per August 3,424 H, ver September 3,45 H, per Okto- ver 3,45 H, per November 3,474 #4, per Dezember 3,472 4, per Januar 3,474 Æ, per Februar 3,47} 4 Umsay 60000 kg.

Wien, 14. März. (W. T. B.) Ausweis der österreichi} ch- ungarischen Staatsbahn (österreihishes Neß) vom 1. bis 10. März 528 739 Fl, Mindereinnahme gegen den entsprehenden Zeitraum des vorigen Jahres 75 565 Fl. K A Woh“ März. (W. T. B.) Ausweis E O in

e 5 Ir 336 3 . 190 629 #1. vom. 4. bis 10. März 636 390 F Mindereinnahme l London, 14. März. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen- adung angeboten. u Glasgow, 14. März. (W. T. B.) Die Verschiffungen 4 199 oheisen betrugen in der vorigen Woche 4446 Tons gegen 22 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

won TAdford, 14. März. (W. T. B) Wolle stetig, Merino- ae matt, in Garnen mäßiges Geschäft, in Stoffen mehr bb

om, 14. März. (W, T. B.) Die Nationalbank hat den Wedhseldiécontsaßz auf Por ermäßigt. i

Mailand, 14. März. (W. T. B.) Die Einnahmen des Ftalienischen Mittelmeer-Eisenbahn-Netes während der ersten Dekade des März 1892 betrugen nah proviforifcher . Er- mittelung im Personenverkehr 1232 153 Lire, im Güterverkehr 1 706 544 Lire, zusammen 2 938 697 Lire, im Vorjahre 3 037 697 Lire, mithin weniger 99 000 Lire.

Belgrad, 15. März. (W. T. B.) Es betrugen die Ein- nahmen der Serbischen Tabackregie vom 1. Januar bis 29. Fe- bruar 1892 1 190 603 Fr. (in 1892 mehr 122572 Fr.). Die Ein- nahmen der Serbischen Salz regie betrugen vom 1. Januar bis 29. Februar 1892 388 845 Fr. (in 1892 mehr 46 241 Fr.).

__ New - York, 14. März. (W. T. B.) Nach shwacher Er- M der Börse wurde das Geschäft im späteren Verlauf derselben unregelmäßig, der Schluß war lustlos, aber fest. Der Umsatz der Actien betrug 327000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 3 400 000 Unzen geschäßt. Die Silberverkäufe für den Staats- saß betrugen 395 000 Unzen zu 90,45—90,55.

V eTEU bei Eröffnung steigend und lebhaft bewegt infolge un- günstigen Wetters im Westen und Abnahme der Lagerbestände sowie der sichtbaren Vorräthe, später Reaction und abges{chwächt auf Ver- käufe der Haussiers. Mais abgeshwächt infolge Zunahme der sicht- baren Vorräthe und Lagerbestände.

Baumwolle war nah s{chwacher Eröffnung infolge von Zwangöverkäufen unregelmäßig bewegt und weichend, später erholt auf Abnahme der Sitenzuiubten. Die Besserung ging theilweise wieder verloren auf Meldungen über erwartete Ankünfte in den Häfen, Schluß stetig.

Visible Supply an Weizen 40 818 000 Busßels, do. an Mais 12 304 000 Busbels.

Verkehrs-Anstalten.

Altona, 15. März. (W. T. B) Das Eisenbahn-Be- triebsamt Altona meldet: Sämmtliche Strecken in Dänemark sind wieder fahrbar. Die Shleswig-Angler Bahn hat den Betrieb wieder aufgenommen.

Bremen, 14. März. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer „Preußen if vorgestern, der Dampfer „Bayern“ gestern in Genua angekommen. Der Schnelldampfer „Ems“ ist gestern Mittag in Southampton angekommen.

15. März. (W. T. B.) Der Postdampfer „Amerika“, von Baltimore kommend, hat am 14. März Vormittags Lizard passirt. Der Schnelldampfer „Ems“, am 13. März Abends in Southampton angekommen, hat Nachts die Reise nah Bremen fortgeseßt. Derselbe überbringt 219 Passagiere und volle Ladung. Der Schnelldampfer „Aller“ hat am 13. März Nachmittags die Neise von Southampton nach New-York fortgeseßt.

Hamburg, 14. März. (W. T. B.) Hamburg-Ame- rikanische Packetfahrt-Actiengesellschaft. Der Post- dampfer „Nätia“ hat, von New-York kommend, heute Morgen Scilly passirt.

London, 14. März. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer „Drummond Castle“ ist heute auf der Ausreise in Capetown angekommen. Der Castle-Dampfer „Dunrobian Castle“ hat am Sonnabend auf der Ausreise die Kanarischen Inseln passirt. Der Castle-Dampfer „Hawarden-Castle“ is am Sonnabend auf der Ausreise von Southampton abgegangen, der Castle-Dampfer „Norham-Cafstle“ auf der Heimreise in London angekommen. Der Union-Dampfer „Scot“ ist auf der Heimreise heute in Madeira angekommen.

Mannigfaltiges.

In dem Festsaale des Ministeriums des Innern ift heute unter der verfönlichen Leitung der Gemahlin des Staats-Ministers Herrfurth ein großer B azar zum Besten des Frauen-Vereins der Gustav-Adolf-Stiftung eröffnet worden, der die Mittel bieten soll, den vielen bedürftigen Schul- und Confirmandenhäusern in der Diaspora die dringend gewünschte Unterstüßung zu gewähren. Der Bazar, der bis morgen geöffnet bleibt, ist von den Damen des Vereins vor Allem mit kostbaren Handarbeiten reih beschickt, aber auch hiefige Geschäftshäuser haben der guten Sache reihe Gaben gewidmet.

Heute i nach einer Mittheilung der „N. P. Z.“ die neue städtishe Markthalle X1 auf dem Marheinekeplaß von früh 4 Uhr an dem öffentlihen Verkehr übergeben worden. Ste wird ge- öffnet sein: für den Großhandel im Sommer von 4 Uhr Morgens an und im Winter von 5 Uhr Morgens an ; für den Kleinhandel im Sommer von 6 Uhr Morgens an, im Winter von 7 Uhr Morgens an. Für den öffentlichen Verkehr wird die Markthalle zu jeder Jahres- zeit von 1 bis 5 Uhr Nachmittags geschlossen sein. An Wochentagen wird fie Nachmittags 5 Ubr wieder geöffnet und bleibt dann zu jeder üFahreszeit bis 8 Uhr, Sonnabends bis 9 Uhr Abends im Betrieb. An Sonn- und Festtagen schließt der Verkehr Punkt 9 Uhr Vor- mittags.

Die Humboldt-Akademie und der Wissenschaftliche Central- verein werden, wie alljährlih um diese Zeit, Sonnabend, 19. d. M.,, Abends 714 Uhr, im großen Festsaal des Hotels Zu den vier Jahres- zeiten, Prinz Albrechtstraße (verlängerte Zimmerstraße) 4, einen Commers mit Damen abhalten. Zu dieser Festlichkeit sind von Seiten des Festausshusses umfassende Vorbereitungen getroffen, sodaß den Theilnehmern reihe Genüsse verschiedenster Art bevorstehen. Karten zum Commers nebst Tafel zu 1,50 1 sind im Bureau der genannten Institute, Central-Hotel, Laden 14, zu haben.

Von dem vor einigen Tagen aus Amerika hier wieder eingc- troffenen Director der Gesellshaft Urania Herrn Dr. M. Wil- helm Meyer erfahren wir, daß das in New-York begründete ,Wissen- schaftliche Theater“ seit Mitte Februar sih in vollem Betriebe befindet. Amerikanische und deutshe New-Yorker Blätter melden die begeisterte Aufnahme, die das erste bisher in Scene gegangene wissen- schaftliche Auéstattungss\tück, die hier wohlbekannte „Mond- reise" dort findet. Vorläufig werden die Aufführungen in der unserer „Philharmonie“ entsprehenden „Carnegie-Music-Hall“ dreis mal wöchentlih wiederholt und jedesmal sehr zahlreih befucht. Da der Saal noch zu groß is, um die Worte des Vortragenden überall zu der erwünschten vollen Wirkung gelangen zu lassen, so ift es wahrscheinli, daß die finanziell sehr kräftige Leitung des New- Yorker Unternehmens sich bald entschließt, ein vollständiges Urania- Gebäude zu errichten, um namentlich auch die anderen Theile des Berliner Instituts in entsprechend vergrößertem Maßstabe dorthin zu verpflanzen.

Die Spielfarte kann in diesem Jahre ihr fünfhundert- jähriges Jubiläum begehen. In einem Vortrage, den der Wiener Schriftsteller Dr. Rudolph Lothar dieser Tage dort über „Tarok" hielt und den er als „Beitrag zur modernen Mystik“ be- zeichnete, ging er von der interessanten Thatsache aus, daß die erste beglaubigte Kunde über die Spielkarte aus dem Jahre 1392 stammt. Die Mutter aller Kartenspiele sei das Tarok, seine Wiege stand in Jtalien. Dort war im 14. Jahrhundert eine Sammlung gemalter Blätter, eine Art Encyklopädie des E in Kartenform verbreitet, die später auch von dem erühmten Maler Mantegna künstlerisch ausgeführt wurde. Mit diefen Karten, die „Naïbi“ hießen, trieb man ein eigenthümlihes Spiel, das man am besten als cabbalistische Patience bezeihnen könnte. Jedes Blatt bedeutete \ymbolisch eine Phase des Lebens oder einen Grad des Wissens oder eine der Mächte, die das Dasein regieren. Auf einem Blatte war der Mensch dargestellt ; il misero lautete die Unterschrift. Es galt nun, nah bestimmten Regeln, diesen Misero (unseren Pagat) urt alle Schrecknisse und Gefahren, die in den übrigen Karten lauerten, dur(zulootsen. Die Profanen, die von all’ der nien Weisheit, die in diesem Vorgange lag, feine Ahnung hatten, bildeten das Spiel rasch weiter aus. Der Vortragende schilderte dann, wie wir der „N. Fr. Pr.“

entnehmen, die Entwickelung der anderen Tarokkarten des Mondes, des Scüs, wobei er auf die eigenthümliche, manchmal auch tiefsinnige Symbolik, die mittelalterlihe, cabbalistishe Weisheit hineingelegt, Streiflichter fallen ließ. Dann erklärte er die Entstehung der vier Farben Lou Carreaux, Piques und Trèfles), die ebenfalls von den symbolishen Naïbi ihren Ausgang genommen. Durch die Buch- dructerkunst beflügelt, haben die Karten von Italien aus die ganze Welt erobert.

E Wetterberichte.

Hirschberg, 13. März. Die Verbindung zwischen dem Hirsch- berger Thale über Schreiberhau nah Neuwelt in Böhmen ist infolge von bedeutenden Shneewehungen auf der böhmischen Seite des Riesengebirges unterbrohen. Der Posftverkehr geht dem „Boten a. d. R.“ zufolge vorläufig statt über Schreiberhau über Görlißz- Reichenberg. Infolge des bedeutenden Schneefalles ist die Schlitten- bahn wieder vollständig im Gange. Auch die Hörnerschlittenbahnen sind bereits infolge des lezten Schneefalls so wunderschön, wie sie es nur mitten im Winter sein können. Die Schneemassen im Gebirge sind überhaupt so groß, wie sie seit vierzig Jahren nicht beobachtet worden sein sollen.

Wien, 11. März. Der „N. Fr. Pr.“ ird geschrieben: Heute Nacht ist in Wien ein Schneesturm mit einer Heftigkeit und Massenhaftigkeit eingetreten, wie es in diesem Winter noch nit der Fall war. Ünunterbrochen und in dichten Flocken fiel der Schnee seit Mitternacht hernieder und am Morgen waren bereits die Straßen so hoh mit Schnee bedeckt, daß der Verkehr stockte. Die {weren Fuhrwerke, insbesondere die Wagen der Tramway, deren Schienen mit dicken Schneeshichten überdeckt sind, konnten sich nur langsam und mit Hilfe von Vorspannpferden weiter bewegen. Tausende von Arbeitern und Arbeiterinnen sind seit zeitig Morgens mit der Fortschaffung des Schnees beschäftigt und haben damit vollauf zu thun, da, so oft eine Stelle reingefegt ist, sich wieder neuer Schnce sammelt. Im Prater sicht _es sehr winterlih aus. Infolge des Sturmwindes häufen sih die Schneemassen zu meterhohen Hügeln zusammen. Die Fahrwege sind namentlih in der Nähe der Lagerhäuser vollständig unfahrbar, und viele Frachtwagen müssen mit zwanzig Pferden be- \spannt werden, um das Fuhrwerk vorwärts zu bringen. Der fort- während niederfallende Schnee verhindert die sofortige Säuberung und Gangbarmachung der Wege. Noch ärger sieht es auf dem Kahlenberg aus, der mit feiner unabsehbaren Schneedecke in mannigfahen Formationen ein großartiges landschaftliches Bild darbietet, aber von den unteren Ortschaften gänzliÞh ab- gesperrt ist. Sämmtlihe Wege und Fahrstraßen, namentli die Einschnitte der Zahnradbahn, sind vollständig mit Schnee gefüllt. In der inneren Stadt sind seit heute früh 2600 Arbeiter mit der Straßensäuberung beschäftigt, die von der Allgemeinen Trans- port-Gesellshhaft angenommen wurden. Von der Südbahn wird demselben Blatt mitgetheilt : Infolge des andauernden Schneefalls mußte beute mit Zug 21 der Verkehr auf der elektrishen Bahn Mödling-Hinterbrühl eingestellt werden. Von der Direction der österreichisch - ungarishen Staatseisenbahn - Gesellschaft wird mitgetheilt: Wegen vollständiger Verwehung des Güter- bahnhofes in Wien ist der gesammte Frachtenverkehr, mit Ausnahme des lebenden, nach und von Wien bis auf weiteres eingestellt. Wegen Schneeverwehungen wurde auh der Gesammt- verkehr auf der Localbabn Shwechart—Mannersdorf eingestellt. Aus Stockerau wird berichtet: Der Schneesturm hat die Straßen stellenweise meterhoch verweht und ungangbar gemacht. Zur Auf- rechterhaltung des Bahnverkehrs von hier gegen Zellerndorf werden Schneepflugfahrten unternommen.

Paris, 14. März. Leßte Nacht war, wie der „Voss. Z." ge- meldet wird, im ganzen Lande starker Schneefall.

Rom, 14. März, Abends. Seit gestern herrsht, nach einer Meldung des „D. B. H.", hier ein schreckliches Unwetter. Auf den nahen Bergen ist Schnee gefallen. Von der Südwestküste werden {were Stürme gemeldet. Aus Orte (Distrikt Viterbo) wird Ueber - \chwemmung gemeldet. Der Bürgermeister von Rom macht durch eine Bekanntmachung die Bevölkerung darauf aufmerksam, daß durch das starke Anschwellen des Tiber infolge der anhaltenden Regengüsse für die niedrig gelegenen Stadttheile Roms die Gefahr ciner Ueber- \{chwemmung drohe. Auch der Arno fluß ist im Steigen.

Madrid, 14. März. Dem „H. T. B.“ wird gemeldet: Alle Nachrichten, die aus den Uebershwemmungsgebieten ein- laufen, lauten sehr {limm; ganze Ortschaften sind zerstört worden. íIn Aragonien rotten sich die Bauern zusammen und fordern energisch, daß ihnen Hilfe gebraht werde. Das Elend i} außerordentlich groß und nimmt fortwahrend zu.

Kopenhagen, 14. März. Der Betrieb fast aller Eisenbahnen im Lande ist, wie „D. B. H.“ meldet, infolge des seit Freitag Nach- mittag anhaltenden Schneesturmes gestört. Die durchgehenden Züge aus Korsör und Gjedser konnten nur mit Hilfe von Schnee- vflügen und unter großen Verspätungen hierher gelangen.

Thorn, 13. März. Ein Berliner Consortium beabsichtigt, wie der „Voss. Ztg." mitgetheilt wird, für unsere Stadt elektrische Beleuchtung einzurichten. Dazu soll die Wasserkraft der eine Meile entfernten Leibitscher Mühlen benußt werden. Auch will man die Wasserkraft durh Elektricität hierherleiten und zum Betriebe von Arbeitsmaschinen verwenden, wie cine folche elektrische Kraftübertra- gung shon zwischen Lauffen und Frankfurt a. M. mit Erfolg durch- geführt ist.

Ponte Celle (Eisenbahnstation bei Ravenna), 14. März. Drei Maskirte überfielen, wie der „N. Pr. Z.“ berichtet wird, die Frau eines Eisenbahn-Maschinisten, banden sie, nachdem das Haus voll- ständig ausgeplündert war, fest, überschütteten sie mit Petroleum und verbrannten die Unglückliche. Die Thäter sind spurlos verschwunden.

Perigueurx , 14. März. Ein furhtbarer Waldbrand, von Wilddieben angelegt, zerstörte wie „H. T. B.“ meldet, 500 ha Wald.

Vlis fingen, 14. März. Ein bis jeßt unbekannter Dampfer rannte nach einer Meldung des „D. B. H.“ die französische Bark „Achille“ in den Grund. Der Capitän und zwei Matrosen wurden darch cinen Lootsenkutter gerettct, die übrige Mannschaft ist ertrunken. _

Anderlues, 11. März. Ueber das Grubenunglück vom 11. d. M. wird der „Mgdb. Z.“ berichtet: Der Anblick der Unglüds- stätte ist furhtbar. In Tausenden umstcht eite trostlose Menge, Leute aus dem Orte und der Umgegend, den Schaht. Jeder hat einen Bruder, einen Sohn, den Vater, einen Verwandten da unten, wo der Tod so grauenhaft gewüthet hat. Mehrere neue Aerzte fommen an. Es ist Zeit; die ganze Nacht hat man gearbeitet, um die Opfer herauszuholen. Mehrere Verwundete werden herausgebracht, einige sind furchtbar zugerichtet. Ein Mann ist fast unverleßt. Er geht \{chwankend in die nächste Kueipe, mit Thränen wird er umarmt. Ein junger Mensh wird nun herausgebraht. Mit einem Male be- ginnt er zu rennen und läuft und läuft wie toll ins be- \chneite nächtlihe Feld hinaus. Mehrere Aerzte laufen hinter ihm drein; Blut bezeichnet seine Spur, denn er is {wer verwundet. Mit Mühe wird ¿r eingeholt, zurückgebracht und verbunden. Der Schacht ist derselbe, worin vor elf Jahren am 1. April 1880 eine Katastrophe erfolgte, der fünfzig Bergleute zum Opfer fielen. Dies- mal ist die Zahl der Getödteten eine entseßlih große! Im Augen- blicke der Explosion befanden sih, wie ein Bergingenieur berichtet, in dem untersten Stockwerke des Schachtes in 500 m (1525 Fuß) 85 Arbeiter, Männer und Frauen. Sie sind zweifellos alle sofort etôdtet worden. In der Tiefe von 420 m arbeiteten 80 bis 100

ann. Einige davon haben sih gerettet, alle anderen sind todt. In 370 m Tiefe befanden fih ebenfalls eine Menge Leute. Viele von diesen sind nur verwundet worden. Aus 300 m Tiefe haben sih 2% Leute gerettet. Die beiden unteren Schächte scheinen zum großen Theile eingestürzt zu sein. Aus dem Ventilator