1892 / 67 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Bei Behörden, Gemeinden und Corporatiouen , sowie bei Personenvereinen, welche als solche klagen oder verklagt werdeù können, genügt die Zustellung an die Vorsteher.

Bei mehreren geseßlichen Vertretern, sowie bei mehreren Vorstehern genügt die Zustellung an Einen derselben.

TTI.

Die Zustellung für einen Unteroffizier oder einen Gemei- nen des activen Heeres oder der activen Marine erfolgt an den Chef der zunächst vorgeseßten Commandobehörde (Chef der Compagnie, Escadron, Batterie U. \. ww.).

Die Zustellung kann an den Bevollmächtigten und, wenn dieselbe durh den Betrieb eines Handelsgewerbes veranlaßt ist, an den Procuristen erfolgen.

Bei mehreren Bevollmächtigten, sowie bei mehreren Pro- curisten genügt die Zustellung an Einen derselben.

A

Sind Streitgenossen vorhanden, so ist die Ausfertigung ciner ergangenen Entscheidung der Negel nach nur Einem der- selben zuzustellen. Die übrigen Theilnehmer sind alsdann ¡iervon unter Beifügung einer Abschrift des Tenors der Ent- eidung zu benachrichtigen.

Bei Streitgenossen, welche Deputirte aus ihrer Mitte bestellt haben, erfolgt die Zustellung der ergehenden Entschei- dungen, Bescheide und Verfügungen nur an Einen derselben. / E

Für die Ausführung der Zustellungen gelten die in &8 165 bis 170*) der Deutschen Civilprozeßzordnung gegebenen Vorschriften. Jm Fall des § 167 findet jedoh die Nieder- legung des zu übergebenden Schriftstüks nur bei der Orts-

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behörde oder bei der Postanstalt des Zustellungsorts ftatt. ŸVII.

An Sonntagen und allgemeinen Feiertagen darf cine Zustellung nur auf besondere Anweisung des Ober-Berwaltungs- gerichts erfolgen. Die Verfügung, durch welche diese Anwei- n ertheilt wird, ist bei der Zustellung auf Erfordern vorzu- zeigen. Eine Zustellung, bei welcher diese Bestimmungen nicht beobachtet sind , ist gültig, wenn die Annahme nicht verwei- gert ist. ;

VEE

Ucber die Zustellung ist eine Urkunde aufzunehmen: Die- selbe muß enthalten:

1) Ort und Zeit der A

92) die Bezeichnung des zuzuste nden Schriftstücks :

3) die Bezeichnung der Person, an welche zugestellt werden soll:

4) die Bezeichnung der Person, welcher zugestellt ist; in den Fällen der SS 166, 168, 169 der Deutschen Civilprozeß- ordnung die Angabe des Grundes, durch welchen die Zu- stellung an die bezeichnete Person gerechtfertigt wird; wenn nach & 167 a. a. O. verfahren ist, die Bemerkung, wie die darin enthaltenen Vorschriften nah Maßgabe der Nr N dieses Regulativs befolgt sind:

5) im Falle der Verweigerung der Annahme die Erwähnung, daß die Annahme verweigert und das zu Üüber- gebende Schriftstück am Ort der Zustellung zurückgelassen ist:

6) die Bemerkung, daß das zuzusteilende Schriftstück über- geben ist;

D) Die Beamten.

Unterschrift des die Zustellung vollziehenden TX.

Wird durch die Post zugestellt, so hat das Ober-Verwaltungs- gericht einen dur sein Dienstsiegel verschlossenen, mit der Adresse der Person, an welche zugestellt werden soll, versehenen und mit einer Geschäftsnummer bezeichneten Briefumschlag, in zvelchem das zuzustellende Schriftstück enthalten ist, der Post mit dem Ersuchen zu übergeben, die Zustellung cinem Post- boten des Bestimmungsorts aufzutragen. Daß die Uebergabe in der bezeichneten Art geschehen, ist zu den Acten zu be- seinigen. L

Die Zustellung durch den Postboten erfolgt in Gemäßheit der Bestimmungen zu V1. Ueber die Zustellung is von dem Postboten eine Urkunde aufzunehmen, welche den Bestimmungen u VIII Nr. 1, 3 bis 5, 7 entsprechen und die Uebergabe des seinem Verschlusse, seiner Adresse und seiner Geschäftsnummer nach bezeichneten Briefumschlags bezeugen muß.

Die Urkunde ist von dem Postboten der Postanstalt und von dieser dem Ober-Verwaltungsgericht zu überliefern.

*) & 165. Die Zustellungen können an jedem Orte erfolgen, wo die Person, welcher zugestelit werden soll, angetroffen wird.

Hat die Person an diesem Ort eine Wohnung oder cin Geschäfts- local, so ift die außerhalb der Wohnung oder des Geschäftélocals an sie erfolgte Zustellung nur gültig, wenn die Annahme nicht ver- weigert wird.

8 166. Wird die Person, welcher zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung nicht angetroffen, so kann die Zustellung in der Wohnung an einen zu der Familie gehörenden erwachsenen Hausgenossen oder an eine in der Familie dienende erwachsene Person erfolgen. Wird eine solche Person nicht angetroffen, so kann die Zustellung an den in dem- selben Hause wohnenden Hauswirth oder Vermiether erfolgen, wenn diese zur Annahme des Schriftstücks bereit sind.

& 167. Ist die Zustellung nach diesen Bestimmungen nicht aus- fübrbar, fo fann fie dadur erfolgen, daß das zu übergebende Schrift- itück auf der Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung gelegen ist, oder an diesem Ort bei der Post- anstalt oder dem Gemeinde-Vorsteher oder dem Polizei-Vorsteher niedergelegt und die Niederlegung sowohl dur eine an der Thür der Wohnung zu befestigende schriftliche Anzeige, als auch, soweit thunlich, dur mündliche Mittheilung an zwei in der Nachbarschaft wohnende Personen bekannt gemacht wird.

& 168. Für Gewerbetreibende, welche ein besonderes Geschäfts- local” haben, fann, wenn sie in dem Geschäftélocal nicht angetroffen B die Zustellung an einen darin anwesenden Gewerbegehilfen erfolgen.

Wird ein Rechtsanwalt, welchem zugestellt werden foll, in seinem Geschästslocal nicht angetroffen, so kann die Zustellung an einen darin anwesenden Gehilfen oder Schreiber erfolgen.

§ 169. Wird der geseßliche Vertreter oder der Vorsteher einer Behörde, ciner Gemeinde, einer Corporation oder eines Personen- vereins, welchem zugestellt werden soll, in dem Geschäftslocal während der gewöhnlichen Geschäftsstunden nicht angetroffen, oder ist er an der Äunabme verhindert, so kann die Zustellung an einen anderen in E Geschäftslocal anwesenden Beamten oder Bediensteten bewirkt werden.

Wu Der geseßlihe Vertreter oder der Vorsteher in seiner Wohnung nicht angetroffen, so finden die Bestimmungen der 88 166, E O wenn cin besonderes Geschäftslocal nicht vor- vanden ift.

§ 170. Wird die Annahme der Zustellung ohne geseßlihen Grund verweigert, so ist das zu übergebende Schriftstück am Ort der Zu- stellung zurüzulassen.

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In den Fällen der §8 182 bis 184**) der Deutschen Civilprozeßordnung erfolgt die Zustellung in der dort vor- geschriebenen Weise. |

Eine in einem anderen deutshen Staate zu bewirkende Zustellung erfolgt, sofern sie niht nah den mit diesem be- jtehenden Vereinbarungen durch die Post ausführbar ift, mittels Ersuchens der zuständigen Behörde desselben.

Die Ang wird durch das schriftliche peugniß der ersuhten Behörden oder Beamten, daß die Zustellung erfolgt sei, nachgewiesen.

XITI.

Jst der Aufenthalt einer artei unbekannt, so kann die BReuna an dieselbe durch Anheftung des uzustellenden Schriftstücks an der zu Aushängen des Ober erwaltungs- gerichts bestimmten Stelle erfolgen. Die Zustellung gilt als bewirkt, wenn seit der Anheftung zwei Wochen verstrichen find. Auf die Gültigkeit der Zustellung hat es feinen Einfluß, wenn das Schriftstück oon dem Orte der Anheftung zu früh ent- fernt wird. Ï

Enthält das zuzustellende Schriftstüc eine Ladung, so kann angeordnet werden, daß außerdem die ein- oder mehr- malige Einrückung cines Auszuges des Schriftstäcks in die seitens des Ober-Verwaltungsgerichts zu bestimmenden Blätter zu erfolgen habe. :

Jn dem Auszuge des Schriftstuckes müssen die Parteien, der Gegenstand des Streits, der Antrag, der Zweck der Ladung und die Zeit, zu welcher der Geladene vor dem Ober-Ver- waltungsgerichte erscheinen soll, bezeichnet werden.

Die Ladung gilt in diesem Falle als an dem Tage zu- gestellt, an welhem seit der leßten Einrückung des Auszuges in die öffentlihen Blätter ein Monat verstrichen ist, sofern nicht durch das Ober-Verwaltungsgeriht der Ablauf einer längeren Frist für erforderlich erklärt wird.

Diese Arten der Zustellung sind au dann zulässig, wenn bei einer in einem anderen deutshen Staate oder im Aus- lande zu bewirkenden Zustellung die Befolgung der für diese bestehenden Vorschriften unausführbar ist, oder keinen Erfolg

verspricht. XTITI.

Ob auch in anderen als solhen Fällen, in welchen eine Frist in Frage steht, oder es sih um Zustellung einer Entscheidung, einer Ladung oder eines Schri tstückes handelt, an dessen Émpfang sih geseßlih oder rihterlih bestimmte Folgen knüpfen, und demzufolge eine Zustellungsurkunde zu den Acten zu bringen ist, eine Zustellung (Benachrichtigung, Mittheilung) unter Beobachtung der Vorschriften zu 1 bis X1I bewirkt werden soll, bleibt der Anordnung des Ober-Verwal- tungsgerihts im einzelnen Falle vorbehalten.

S Geschäftsjahr.

Das Geschäftsjahr des Ober-Verwaltungsgerichts ist das

Kalenderjahr. E Q S:

Ferien und Beurlaubung.

Das Ober-Verwaltungsgericht hält Ferien während der

Zeit vom 15. Juli bis 15. September. G u den Lauf der gesetzlichen Fristen sind die Ferien ohne influß. Jn der Ferienzeit fallen die regelmäßigen Sihungen aus. Zur Erledigung Gle Angelegenheiten erfolgt die Bil: dung eines Feriensenats, oder nah Maßgabe des bestehenden Bedürfnisses zweier Fertensenate aus mindestens je Fünf Mit- gliedern. Die leßteren, sowie die Stellvertreter, welche für verhinderte Mitglieder von den Vorsizenden der Feriensenate einzuberufen find, bestimmt das Präsidium. Jn den Ferien- senaten führt der zu denselben gehörende Präsident oder Senats-Präsident oder der älteste Rath den Vorsiyg. Die Präsidialgeshäfte erleiden durch die Ferien keine Unter- brechung.

Der Präsident regelt hiernah die Beurlaubung der Mit- glieder während der Ferien, unbeschadet der Befugniß der Mit- glieder, sich für die im § 19 gedahte Zeit vom Siße des Ge- rihtshofes zu entfernen. 8 19

Außer der Ferienzeit darf der Präsident sih nit über acht Tage ohne Urlaub des Ministers des Jnnern vom Sitze des Gerichtes entfernen. Die Senats-Präsidenten und die anderen Mitglieder des Gerichtshofes dürfen außer der Ferien- zeit sich nicht über drei Tage und jedenfalls nicht an einem für die Sihungen bestimmten Tage ohne Urlaub vom Sitze des Gerichtes entfernen. Die Ertheilung des Urlaubes an die- selben steht bis zur Dauer von sechs Wochen dem Präsidenten, über dicse Daucr hinaus dem Minister des Innern zu.

8 20. Uebersicht det Geschäfte.

Am Schlusse des Geschäftsjahres hat das Ober-Verwal- tungsgeriht dem Minister des Jnnern eine Uebersicht der er- ledigten Geschäfte mitzutheilen.

Das vorstehende, von dem Ober-Verwaltungsgericht ent- worfene Regulativ wird hiermit auf Grund des S 30 des Gesetzes vom 3. Juli 1875/2. August 1880 (Gesez-Samml. 1880 S. 323) bestätigt.

Berlin, den 22. Februar 1892.

Königliches Staats-Ministerium. Graf von Caprivi. von Boetticher. Herrfurth. von Schelling. Freiherr von Berlepsh. Miquel. von Heyden. Zedlig. Thielen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichhts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Dem Rector der zweiten höheren Bürgerschule zu Berlin N Abe Reinhardt ist das Prädicat Professor beigelegt worden.

Gie mi Auslande zu bewirkende Zustellung crfolgt mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des fremden Staats oder des in diesem Staat residirenden Konsuls oder Gesandten des Neichs.

183. Zustellungen an Deutsche, welche das Recht der Exterri- torialität genießen, erfolgen, wenn dieselben zur Mission des Meichs geren mittels Erfuchens des Neichskanzlers; wenn dieselben zur Mission eines Bundesstaats gehören, mittels Ersuchens des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten dieses Bundesstaats.

i PusteL ungen an die Vorsteher der Neichskonsulate erfolgen mittels Ersuchens des Reichskanzlers.

& 184. Zustellungen an Personen, welche zu cinem im Auslande befinelichen oder zu einem mobilen Truppentheile oder zur Besatzung eines in Dienst gestellten Kriegsfahrzeuges gehören, fönnen mittels Ersuchens der vorgeseßten Commandobehörde erfolgen.

Der bisherige Kreis-Wundarzt des reite Geldern Dr. van Gulik in Kevelaer is zum Kreisphysikus des Kreises Kleve ernannt worden.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 17. März.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen gestern Vormittag den Vortrag des Chefs des Civilcabinets und daran anschließend den Vortrag des Unter-Staatssecretärs im Reichs-Marineamt entgegen. Nachmittags hörten Seine Majestät den Vortrag des mit der Stellvertretung des be- urlaubten Chefs des Marinecabinets beauftragten Capitän- Lieutenants von Usedom.

Heute fand um 11 Uhr Vormittags eine Sizßung des Kronraths unter dem Vorfiß Seiner Majestät des Kaisers und Königs ftatt.

Heute Nachmittag trat der Bundesrath zu eincr

lenarsißzung zusammen. Vorher tagten der Ausschuß für

Handel und Verkehr und die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen.

_ Das „Armee- Verordnungs- Blatt“ veröffentlicht folgende Allerhöchste Cabinetsordre über größere Truppen- übungen im Jahre 1892:

Auf den Mir gehaltenen Vortrag bestimme Ich hinsichtlich dec diesjährigen größeren Truppenübungen : :

1) Das VIIL, XIV. und XVI. Arínee-Corps halten Manöver vor Mir ab. Jedes Armee-Corps hat für sich große Parade. a. Bei dem VIII. Armee-Corps fällt das in der Felddienst-Ordnung 2. Theil Ziffer 12 vorgesehene Corps-Manöver gegen markirten Feind aus. Bei dem XV1I. Armee-Corps findet an Stelle des Corps-Manövers gegen marfkirten Feind ein Corps-Manöver in zwei Parteien gegen- einander stati. Demnächst haben die beiden Armee-Corps viertägige Manöver gegencinander. b. Bei dem XIV. Armee-Corps fällt das in der Felddienst-Ordnung 2. Theil Ziffer 12 vorgesehene (orps- Manöver gegen markirten Feind ebenfalls aus. Demnächst hat das X1IV. Armee-Corps dreitägige Manöver gegen das XIII. (Königlich Württembergische) Armee-Corps.

2) Hinsichtlich der etwaigen Bildung von besonderen Forma- tionen in diesem Jahre bleibt weitere Bestimmung vorbehalten.

J a Van Ur und N Armee-Corps wird je eine Cavallerie-Division aufgestellt (deren Ordre de bataille aus der An- lage ersichtlich ist). Die Bestimmung der Divisionsführer behalte ih Mir vor. Soweit Ich bei dieser Gelegenheit nicht über die Bildung der Divisionésstäbe Anordnung treffe, veranlassen die General-Com- mandos dieselbe. b. Die beim VIII. und XVI. Armee-Corps auf- zustellenden Cavallerie-Divisionen nehmen nah Beendigung der gemäß FelddienstOrdnung 2. Theil Abschnitt D abzuhaltenden besonderen N A ES A an den Manövern der genannten Armee-Corps vor Mir theil.

4) Die Herbstübungen derjenigen Armee-Corps, welche nicht vor Mir Manöver abhalten, finden in Gemäßheit der Bestimmungen der Felddienst-Ordnung und unter möglichster Berücksichtigung dér Ernte- verhältnisse statt.

5) Das Königin nimmt an den Herbstübungen des VIII. Armee-Corps theil.

6) Bei der Anlage sowohl, als der Ausführung aller Uebungen ist auf Verringerung der Flurshäden Bedacht zu nehmen. In den- jenigen Fällen, in denen die Flurentschädigungen als besonders hoh ih herausstellen, hat Mir das Kriegs-Ministerium Berichte der Divisions-Commandeure darüber vorzulegen, welchen besonderen Um- ständen dies zuzuschreiben ist und welche Anordnungen zur Verringerung der Flurschäden getroffen waren.

7) Bei dem Garde-Corps, II1., 1k, E V, X, X1I. und XVII. Armee-Corps finden Generalstabsreisen, bei dem X Ÿ. Armee-Corps Festungs-Generalstabsreise nah Maßgabe der Be- stimmungen über die jährlichen Generalstab8reisen vom 29. November 1888 statt. :

8) Im Laufe des Sommers findet unter Leitung der beiden Cavallerie-Inspecteure je eine größere Cavallerie - Uebungsreise von Generalen und Stabsoffizieren der Cavallerie und Commandeuren reitender Abtheilungen der Feld-Artillerie statt. Nähere Anordnungen hierüber hat das Kriegs-Ministerium zu treffen.

9) Bei dem Garde-Corps, IVY., V N A E YVIL Armee-Corps finden Cavalleric-Nebungsreifen nach Maßgabe der Instruction vom 23. Januar 1879 ftatt. /

10) Eine größere Armirungs-Uebung der Fuß-Artillerie hat bei Pofen, größere Pionier-Uebungen haben bai Küstrin und Mainz statt- zufinden. Die näheren Anordnungen über Theilnahme von Truppen an diesen Uebungen sowie die sonst erforderlichen Ausführungé- bestimmungen treffen das Kriegs-Ministerium beziehungsweise die General-Inspectionen der Fuß-Artillerie und des Ingenieur- und Pionier-Corps und der Festungen. : N

Veber die Abhaltung einer Befestigung8- beziehungsweise Angriftt- übung unter Betheiligung aller Waffen behalte Ih Mir weitere Bestimmung vor. 2

11) Die Rückehr der Truppen von den Herbstübungen in ihre Standorte ist derartig anzuordnen, daß die in Meiner Ordre vom 30. Sanuar 1892 über die Rekrutirung des Heeres für 1892/93 in Betreff der Entlassung der Reserven und in der Felddienst-Ordnung

9. Theil Ziffer 2 und 3 gegebenen Festscßungen zur Ausführung-- g

gelangen können. E : Berlin, den 3. März 1892. Wilhelm. von Kaltenborn.

Ferner enthält das „Armec-Verordnungsblatt“ folgende Allerhöchste Cabinetsordre über Commandirung von Of zieren der Eisenbahntruppe zur Junfanterle und von Offizieren anderer Waffen zur Eisenbahn- truppe: #

Fch bestimme bierdurch: Alljährlih zum 1. Oktober ist von jedem Cisenbahn-NRegiment zur Infanterie und von der Infanter!ë zu jedem Eisenbahn-Regiment ein Offizier Premier-Lieutenant oder älterer Second-Lieutenant zu commandiren. Das (Commando dauert ein Jahr ; sprechen dienstliche Gründe für Belassung des einen oder anderen Offiziers auch auf ein zweites Jahr, so hat in dem ent- sprechenden Umfange die Neucommandirung zu unterbleiben. 0 Kriegs-Ministerium hat das Weitere zu veranlassen. Berlin, des 3. März 1892. Wilhelm. An das Kriegs-Ministerium.

Wiesbaden, 15. März. Der 26. Communal-Land- tag des Regierungsbezirks Wiesbaden wurde heut Mittag um 12 Uhr dur den Königlichen Landtags-C0 missarius, O von Tepper-Laski m folgender Ansprache eröffnet:

Meine Herren! “G E

Auch in diesem Iabre wiederum von des Königs Majestä! zu! stellvertretenden Königlichen Commiffarius für den Communal-Lanètas

Augusta Garde-Grenadier-Regiment Nr.

„nannt, heiße ih Sie zum L.ginn Ihrer 2. Sißungöperiode herzlich ! ; will Königliche Staatéregierung hat Ihnen Vorlagen nicht zu

machen. Dagegen finden Sie unter denjenigen des Landesaus\chusses solche von hoher Wichtigkeit und weitreihender Bedeutung. Zu letzteren redne ih vor âllem den Ihnen vorliegenden Entwurf eines Ne [e- ment zur Ausführung des Gefeßes vom 11. Juli 1891, durc welches den Lgndarmenver änden an Stelle der früheren Befugniß die Ver- pflichtung zur Fürsorge und Unterbringung hilfsbedürftiger Geistes- éranfen, Ddioten, Epileptishen, Taubstummen und Blinden in Anstalten auferlegt worden ist. Ferner zähle ih dazu den Erlaß bestimmter allgemeiner Normen über die Ns des Wegebauwesens 1m diesseitigen _Bezirkéverbande ; _endli

den Antrag des Landesausshusses auf Bildung von Special- reserven bei der Nassauischen Landesbank und Sparkafse zur Sicherung einer größeren Stabilität in der Etataufstellung. x

In der Ueberzeugung, daß Ihre Berathungen und Beschlüsse au diesmal zum Segen des Communalverbandes ausshlagen werden, erfläre ih den 26. ommunal-Landtag des Regierungsbezirks Wies- baden für eröffnet.

Nachdem der Appellationsgerichts-Vice-Präsident a. D. Pr. Bertram zum Alters-Präfidenten proclamirt worden, âbernahm dieser den Vorsiß und brachte ein Hoh auf Seine Majestät den Kater und König aus, in welches die Versammlun lebhaft einstimmte. Demnächst wurde der Vorstand died Acclamation gewählt. Der zum Vorsizenden gewählte Ha Hilf theilte darauf die Vorlagen für den Communal-Landtag mit und beraumte die nächste Sigung auf eine halbe Stunde nah Schluß dieser ersten Sipung an. i : j E

Jn der Ftaenden zweiten Sißzung wurden die Mitglieder der gebildeten* Commissionen: Finanzcommission, Wegebau- commission, Eingabencommission, Rechnungs - Prúüfungs- commission und Armenlastcommission, durch Acclamation ge- wählt und darauf die nächste Sißzung auf Freitag, den 18. d. M., Vormittags 10 Uhr, anberaumt mit der Tages- ordnung: Berathung des Etats des Bezirksverbandes.

Bayern.

München, 16. März. Auf Befehl Seiner Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten haben nah der „Allg. Ztg.“ die Offiziere des 5. Jnfanterie-Regiments, um das Andenken des verewigten Jnhabers des Regiments, Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Ludwigs IV. von Hessen, zu ehren, acht Tage hindurch Trauer durch Tragen des Flors um den linken Oberarm anzulegen.

Jn der gestrigen Sißgung der Kammer der Abgeord- neten vertheidigte, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird, der Finanz-Minister Dr. von Riedel gegenüber dem Abg. Diehl die Verwaltung von Gemeindewaldungen in der Pfalz, die für die Gemeinden billiger sei, als wenn fie eigene Forstbeamte anstellten. Längere Erörterungen veranlaßten Eingaben des Forstpersonals. Der Finanz-Minister stellte für die vielleicht im nächsten Landtag vorzunehmende Neuregelung der Gehälter der nichtpragmatishen Beamten auch die Aufbesserung des Forstshußpersonals in Aussicht.

Sachsen.

Dresden, 16. März. Seine Majestät der König hat, wie das „Dr. J.“ amtlih meldet, anläßlich des Hinscheidens Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Ludwigs IV. von Hessen eine Armee-Trauer anbefohlen, und zwar haben die Offiziere drei Tage (vom 17. bis 19. d. M.) den Trauerflor um den linken Oberarm anzulegen.

Seine Königliche Hoheit der Prinz Johann Georg hat sich heute Abend nah Darmstadt begeben, um im Aller- höchsten Auftrage Seiner Majestät des Königs den Bei- jezungsfeierlichkeiten daselbst beizuwohnen. :

Die Erste Kammer berieth heute die Vorlage über

eine neue Notariatsordnung. Der Entwurf baut si auf der Grundlage der jeßigen Notariatsordnung auf; er er- weitert u. a. den Berufskreis der Notare, schränkt die bei der notariellen Beurkundung zu beobachtenden Formalitäten ein und bietet eine Neugestaltung der Disciplinargewalt über die Notare. Beigefügt ist eine Kostenordnung und ein Tarif. Die Kammer genehmigte, dem Deputationsvorschlag gemäß, die Notariats- ordnung, die Kostenordnung und den Tarif unverändert , ein- uns und ohne Debatte. Die Zweite Kammer beendigte heute die Berathung der neuen Gesindeordnung. Der Rest der Vorlage wurde mit den von der Deputation beantragten Aenderungen und Zusäßen unter Ablehnung zahlreicher Ab- änderungsanträge der jocialdemokratischen Abgeordneten an- genommen. ___ Den Kammern ijt ein Gesezentwurf vorgelegt worden über die Aufnahme einer 3proc. Rentenanleihe. Beab- sichtigt wird die Ausgabe von Schuldverschreibungen im Nenn- werth von 60 Millionen Mark in Abschnitten zu 200, 300, 500, 1000, 3000 und 5000 4 Die Anleihe ist zur Deckung der außerordentlichen Bedürfnisse der Finanzperiode 1888/89, 1890/91 und 1892/93 bestimmt, soweit die Ueberschüsse früherer Jahre nicht ausreichen.

SHefsen.

_ Darmstadt, 15. März. Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen, in dessen Gefolge sih der Hofmarschall Capitän zur See Freiherr von Seckendorff und der Capitän-Lieutenant von Basse befanden, legte nach der „Darmst. Ztg.“ heute Mittag 1 Uhr am Katafalk des ver- storbenen ogs einen Kranz nieder, den der commandirende Admiral 1m Namen des Offizier-Corps der Marine gesandt hatte.

_ Nachdem die Ausstellung der Leiche um 4 Uhr Nach- mittags geshlossen worden war, fand gegen 5 Uhr am Katafalk ein Trauergottesdienst statt, welhem nur die Mitglieder der Großherzoglihen Familie beiwohnten; Abends 9 Uhr wurde der Sarg geschlo}sen.

_ Seine Königliche L det der Großherzog von Baden irifft morgen früh zur Theilnahme an- den Beitetungsfeierlich- keiten hier ein.

Deutsche Colonien.

Der Gouverneur von Ost - Afrika Freiherr von Soden hatte in der zweiten Hälfte des Januar, begleitet von vier- zehn Sudanesensoldaten, eine vierzehntägige Reise in die das Hinterland von Dar-es-Salam bildende Landschaft Usaramo unternommen, deren Ergebnisse er in einem Bericht als be- friedigend bezeichnet. Er hofft, daß es gelingen werde, durch diese Landschaft einen Theil des Karawanenhandels wieder nah Dar-es-Salam zu ziehen. Die Landschaft besigt um theil ausgedehnte Landstrecken mit recht gutem, zur dat fang geeignetem Boden. Ueber die Expedition entnehmen wir em „Deutsch. Colonialbl.“ Folgendes:

„Die Haltung der Eingeborenen der Karawane gegenüber war cine fehr verschiedene. In einzelnen Dorfschaften, namentlich in der Nähe des Kingani, wo Weiße fast nie ewesen und wo die Angst vor den Mafitís den Leuten noch im Blute steckt, liefen Männer, MWciber und Kinder beim Anblick der Fremden, namentlich wohl der bewaffneten Aëkaris, in den Bush. Zuweilen war es nöthig, einen der Entflohenen mit Gewalt zu ergreifen, um die Uebri en zur Rückfkehr und zur Herbeibringung von Speise und Wasser zu vermögen. An anderen Orten fstarrten die Einwohner \tumvfsinnig die weißen Männer an und wußten kaum den Gruß derselben zu erwidern. In einigen Orten endlich war die Ankunft des Bana Kuba bekannt, die früher erhaltenen deutschen Flaggen waren gehißt, und der Jumbe brachte seine meist in Ziegen, Hühnern und Feldfrüchten bestehenden Geschenke dar. Ein Eindruck war überall unabweisbar, nämli der, daß die Bevölkerung troß der Nähe der Küste auf einer sehr tiefen Stufe der Intelligenz steht und namentlich in düsfterem Aberglauben befangen is. Kein Dorf, kein Haus ohne „Dana“ (Zauber, Medizin) gegen böse Geister, die irgendwo in Form kleiner Häuschen, Holz- oder Ebonschalen mit Nahrung und dergleichen angebracht is. Ja, an mehreren Orten wurde den Mitgliedern der Expedition von Hexenverbrennungen erzählt, die ers fürzlich vorgenommen seien. Man sieht, ein wie reiches Feld deutsher Missionsthätigkeit fo dicht hinter Dar-es-Salam ofen steht. Wild wurde auf dem Marsch und an den Lagerpläßen nur äußerst spärlich bemerkt. Die von den Eingeborenen als reich an Antilopen und anderen Jagdthieren bezeichneten Gegenden am oberen Kingani und südlich nah dem Rufidschi zu lagen außer- halb des Rahmens der Reise. Der Gesundheitszustand der FSxpedition war, abgesehen von Fußverleßungen, ein vortresfliher. Die Tempe- ratur war eine bedeutend fühlere als an der Küste, in Regennächten, namentlich in den höher gelegenen Gegenden, machte sich die Kühle sogar fast unangenehm bemerkbar.“

Der Gouverneur hat sih in der ersten Hälfte des vorigen Monats an Bord des Os „Hindoo“ über Bagamoyo und Sansibar nah Tanga begeben, um mit den Grenzcommissa- ren Dr. L und Konsul Smith (englisher Commissar) Nücfsprache zu nehmen und diese dann nah Wanga zu bringen. Da Dr. Peters infolge s{chlechten Wetters erst etwa am 20. Fe- bruar an der Küste erwartet werden konnte, so beabsich- tigte Herr von Soden, Herrn Vogler welcher dem Dr. Peters beigegeben wird mit einem Theile der Expeditionsträger Att dem englischen Grenzcommissar am 13. v. M. nah Wanga bringen zu lassen. Die Genannten wollten dort die Ankunft des Dr. Peters abwarten und die Zwischenzeit dazu benußen, um einige Punkte an der Küste festzulegen. Freiherr von Soden, in dessen Begleitung fich der seemännische Beirath, Lieutenant zur See Fromm befand, beabsichtigte, cinen längeren Aufenthalt in Tanga zu nehmen.

Nach einex telegraphischen Meldung aus Ojt-Afrika ist die telegraphishe Küstenlinie auf der Strecke zwischen Bagamoyo und Sadani fertiggestellt. Die Entfernung zwischen Tanga und Bagamoyo wird für Boten hierdurch von 95 auf 70 km verkürzt.

In Ost-Afrika wurden im Monat November an Zöllen, Schiffahrtsabgaben und Nebeneinnahmen insgesammt 62057 M, im Monat Dezember 70810 #. vereinnahmt.

Die Sccond-Lieutenants S t o r ch vom Königlich Bayerischen 19. Infanterie-Regiment, Nau ck vom Infanterie-Regiment 98 und Ax vom Rheinischen Fuß-Artillerie-Regiment Nr. 8 sind der Schuttruppe für Ost-Afrika zugetheilt worden und werden am 16. d. __ von Neapel die Ausreise an- treten. Der Oberführer Wilhelm Schmidt ist behufs Verwendung im Civildienst der Colonien aus der Schußtruppe für Oft-Afrika ausgeschieden. Die Lieutenants in der Schußtruppe für Ost-Afrika Stenzler und Scherner sowie der Feldwebel Markgraf und der Sergeant Frie haben je einen viermonatigen Urlaub erhalten.

Die seit dem 16. November v. J. neugebildete Polizei- truppe für Kamerun besteht zur Zeit aus 5 Gefreiten und 51 Mann: sie ist aus 15 von Togo übersandten Polizei- soldaten, 21 von der Expedition Gravenreuth übernommenen Dahomeleuten sowie 20 meist aus Gouvernementsarbeitern ausgewählten Kru- bezw. Weyjungen zusammengeseßt. Alle in die Polizeitruppe Aufgenommenen haben sich auf zwei Jahre Dienstzeit verpflichtet.

Oesterreich-Ungarn.

In der gestrigen Sizung der österreichis Enquête-Commission erklärten fih, wie „W. T. B.“ be- rihtet, der Director der Unionbank Minkus, der General- Secretär der Sparkasse Nava, der Präsident des Giro-Kafßsen- vereins J. M. Pfeiffer und der Director der Escompte- Gesellshaft Pollak für die Goldwährung. Ueber die Werthrelation waren die Meinungen getheilt.

Der russische Botschafter Fürst Lobanoff ist nah S. Petersburg abgereist. E

Der Obmann der Ausgleichscommission des böhmischen Landtags Fürst Ferdinand Lobkowitß hat die nächste Sigzung der Commission auf morgen anberaumt.

Dasaz ungarische Unterhaus seßte gestern die Be- rathung des Adreßentwurfs fort. Jokai sprach sich unter lebhafter Zustimmung entschieden gegen die Bestrebungen der Errichtung einer selbständigen ungarishen Armee aus. Die Zweitheilung der Armee würde die Alliüirten, die niht mehr auf eine mächtige Hilfe der Armee rechnen könnten, von Oesterreih-Ungarn abwendig machen.

Jn dem Budgetbericht des Finanzausschusses des Unterhauses wird der Ueberschuß auf 14725 Fl. beziffert. Der Bericht hebt hervor, für die Durchführung der Valuta- regulirung seien alle vorbereitenden Maßnahmen getroffen. Ueber 7 Millionen Staatsshulden würden aus den laufenden Einnahmen gedeckt werden, was ein Zeichen für die Befesti: gung der ungarischen Finanzen sei.

Großbritannien und Jrlaud.

Der Königliche Hof hat für den verstorbenen Gro ß- herzog von Seifen auf Befehl der Königin eine sehs- wöchige, bis zum 25. April währende Trauer angelegt. Mit der Vertretung Jhrer Majestät bei den Beisezungsfeierlich- keiten sind der Herzog von Edinburg und der an der Spihe a Königlichen Haushalts stehende Sir John Cowell be- auftragt.

Ag Heinrich von Battenberg ging am Sonntag an Bord seiner Yaht „Sheila“ von Tunis nah Algier in See.

Der vom Minister für Landwirthschaft Chaplin be- antragte uenseudt n edit zur Ausrottung der Mau l-

en Valuta-

und Klauenseuhe wurde in der Dienstags - Siyung des Unterhauses einstimmig genehmigt. Der Minister erklärte, daß die Seuche an 43 verschiedenen Stellen, meistens im hauptstädtishen District, ausgebrochen sei; ganz sei sie noch nicht verschwunden.

Unter den zehn von dem neuen Londoner Graf- 1chaftsrath erwählten Aldermen werden von der „A. C.“ enannt Sir John Lubbock, Professor James Stuart und en Tillett. h

Dem cana dischen Parlament ist am 14. d. M. das Budget für das nächste Finanzjahr vorgelegt worden. Die Ausgaben sind darin nah dem „R. B.“ auf 41 500 000 Doll. erat 9 500 000 Doll. niedriger als im laufenden Fahre.

Frankreich.

Der Senat hat vorgestern die allgemeine Berathung der Universitätenvorlage beendet. Die Gegenvorlage Ber- nard's wurde nah der „Köln. Ztg.“ dem [usschuß über- wiesen. / Der Ausschuß der Deputirtenkammer für die Vor- berathung des Gesegentwurfs über die Bedingungen unter denen ausländishe Arbeiter in Frankrei sich aufhalten dürfen, hat, wie „W. T. B.“ meldet, den Wortlaut des Gesetzes festgestellt. Nach dem Entwurfe soll der Ausländer allen Steuern, die von den Franzosen gezahlt werden, unterworfen sein, namentlich- auch dex Militärsteuer, die jedoch unter einer besonderen Form zur Erhebung kommen soll.

Die gestrigen Abendblätter melden, die Polizei habe in Paris bei mehreren Änarch isten Chemikalien, die wahrscheinlich zur Bereitung von Explosivstoffen bestimmt gewesen jeien, sowie auch lecre Patronen und Granaten gefunden. Heute werden bei den Anarchisten neuerdings Hausjuchungen vorgenommen werden. Wie es heißt, ist die Polizei dem Hauptschuldigen der Explosion in der Lobau-Kaserne auf der Spur. Sämmtilihe Bewohner eines Hotels im Quartier des Halles sind gestern verhaftet worden ; nur diejenigen, welche sih genügend ausweisen fonnten, wurden wieder freigelassen. Gegenüber mehrfah geäußerten Be- hauptungen, daß der Fremdenzufluß wegen der infolge der Explosionen entstandenen Beunruhigung geringer sei und daß zahlreihe Fremde wieder abreisten, erklären die großen Hotel- verwaltungen, der Fremdenverkehr habe sich bereits vor den Dynamitattentaten lediglih wegen des shlechten Wetters ver- ringert.

Rußland und Polen.

Aus Anlaß des Ablebens des Großherzogs Ludwig IV. von Hessen is für den Kaiserlichen Hof eine vierwöchige Trauer angeordnet worden.

In Libau traf am Mittwoch Nachmittag der nord- amerifanishe Dampfer „Jndiana“ ein, welcher Lebens- mittel für die von Mißwachs betroffenen Gouvernements an Bord hat. Graf Bobrinski, Mitglied des Nothstands- comités, dessen Vorsitzender der Großzfürst-Thronfolger ist, fuhr auf dem Zolldampfer der „Indiana“ entgegen und ein gweiter Dampfer mit Zuschauern auf die Rhede hinaus. Die Amerikaner wurden durch den Grafen Bobrinski feierlich empfangen und von dem russischen Publikum mit lebhaften Hochrufen begrüßt. Auch bei der Landung wurden die Ameri- faner mit lebhaften Zurufen bewillkommnet.

Belgien. a DeErx Afrikaforscher Premier-Lieutenant Morgen, welcher imBrüsselerColonialverein cinen Vortrag über Kamerun A hatte, D dem „W. T. B.“ zufolge, am Dienstag

(bend eine Einladung zum Diner bei dem König Leopold.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (196.) Sißung des Reichstags, welcher der Ünter-Staatssecretär Dr. von Rottenburg und der Königlih preußishe Ministerial - Director Lohmann bei- wohnten, wurde die dritte Berathung der Novelle zum Krankenkassengeseß fortgeseßt.

Nach § 55a kann die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag von mindestens dreißig Versicherten nah Anhörung der Kasse und der Aufsichtsbehörde die Gewährung der Krankenkassenleistungen durh weitere als die von der Kasse bestimmten Aerzte, Apotheken und Krankenhäuser verfügen.

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.) beantragt, dieser Be- stimmung hinzuzufügen: „wenn durh die von der Kasse ge- troffenen Anordnungen eine den berechtigten Anforderungen der Versicherten entsprehende Gewährung jener Leistungen nicht gesichert ist.“ :

Abg. von der Schulenburg (conf.) beantragt folgenden Quas. „Die Hilfe von Nichtärzten ist nur dann von der

emeinde-Krankenversiherung oder der Krankenkasse zu be- zahlen, wenn diese Hilfe auf ärztliche Verordnung geleistet oder in dringenden Fällen angerufen ist.“

Die frei}. Abgg. Dr. Hir \ch und Dr. Gutfleisch bean- tragen folgenden Zusaß: „Durch Beschluß der Verwaltung der Gemeinde-Krankenversicherung und durh das Kassenstatut fann bestimmt werden, daß den Vesicherten an Stelle der ärzt- lichen Behandlung der Ersaß der Aufwendungen, welche sie N gemacht haben, in Höhe des Krankengeldes gewährt werde“.

Abg. Leuschner (Rp.) sprach sich gegen den S 55a aus.

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.) empfahl seinen Antrag im Interesse größerer Klarheit.

Abg. Dr. Hirsch (dfr.) begründete seinen Antrag damit, daß cr die freie Aerztewahl begünstige.

Abg. von der Schulenburg (cons.) begründete seinen Antrag.

Abg. Dr. Meyer (dfr.) trat ebenfalls für den Antrag Schulenburg ein. l

Abg. Freiherr von Wendt (Centr.) empfahl, die Frage wegen der approbirten und der Naturärzte nicht in diesem Geseg, sondern in der Gewerbeordnung zu regeln, war also gegen den Antrag Schulenburg und ferner gegen den Antrag Sid, stimmte aber dem Antrag Stumm zu.

Abg. Freiherr von Münch (b. k. F.) sprah sih gegen den Antrag Schulenburg aus.

Ministerial-Director Lohmann widersprach der Behauptung des Abg. Dr. Meyer, daß die Aerzte durch die Krankenversicherung geschädigt würden, und wies gegenüber dem Antrag Schulenburg darauf hin, daß die Gewerbeordnung auch die Ausübung der Heil: funde dur Naturärzte zulasse. Der Antrag Schulenburg müsse cinfah deshalb abgelehnt werden, weil er den Kranken- kassen verbiete, was ein guter Familienvater, ohne si dem Vorwurfe der Leichtsertigkeit auszuseßen, für seine Angehörigen thun dürfe, nämlich einen Naturarzt zu Rathe zu ziehen. Der Antrag Hirsh-Gutfleish möge gleichfalls