1892 / 68 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Wird der Schicdsspruch in den im § 867 der Civilprozeßordnung bezeichneten Fällen aufgehoben, so hat die Entscheidung des Streit- falls im ordentlihen Rechtswege zu erfolgen.

Berlin, den 16. März 1892.

Intendantur des Garde-Corps.

BekanunntmaMhGung

In der Königlichen Berg-Akademie zu Berlin werden im kommenden Sommer-Semester folgende Vorlefungen und Uebungen gehalten : G Bergbaukunde 11. Theil, 4 Stunden wöchentlich, Geheimer Ober- Bergrath Dr. Hauchecorne. Salinenkunde, 2 Stunden wöchentlich, derselbe. Aufbereitung, 3 Stunden wöchentlih, Professor Schneider. Metallhüttenkunde, 6 Stunden wöchentlih, Geheimer Bergrath Professor Kerl. Allgemeine Probirkunst, 6 Stunden wöchentlich, derselbe. Löthrohrprobirkunst, 2 Stunden wöchentlih, derselbe. Eisenhüttenkunde, 4 Stunden wöchentlich, Geheimer Bergrath Dr. Wedding. Eisenprobirkunst, 3 Stunden wöchentlich, derselbe. Mechanik, 6 Stunden wöchentlih, Professor Hörmann. Maschinen- lehre, 4 Stunden wöchentlich, derselbe. Bergwerks- und Hütten- maschinen, 4 Stunden wöchentlich, derselbe. Metallurgishe Technologie, 2 Stunden wöchentlich, derselbe. Markscheide- und Meßkunst, 11. Theil, 3 Stunden wöchentlih, Professor Schneider. Praktishe Uebungen in der Markscheide- und Meßkunst, 3 Stunden wöchentlich, derselbe. Bau- constructionélehre, 3 Stunden wöchentlih, Geheimer Bergrath Gebauer. Unterricht im Zeichnen und Construiren, 12 Stunden wöchentlich, Ingenieur Brelow. Darstellende Geometrie, 4 Stunden wöchentlich, derselbe. Bergreht 11. Theil, 2 Stunden wöchentlich, Geheimer Ober-Bergrath Eskens. Mineralogie, 4 Stunden wöchentlich, Bezirks- geologe Dr. Scheibe. Mineralogishe Uebungen, 2 Stunden wöchent- lich, derselbe. Ueber die Flora der älteren Formationen, 2 Stunden E U A Hilfsgeologe Dr. Potonié. Integralrehnung, 6 Stunden wbcentlih, Docent Dr. Kötter. Analytishe Geometrie des Raumes, 4 Stunden wöchentlich, derselbe. Mathematishes Nepetitorium, 9 Stunden wöchentlich, derselbe. Technische Gasanalyse, 2 Stunden wöchentlich, Assistent Dr. Pufahl. Elektrometallurgie, 1 Stunde wöchent- lich, derselbe. Repetitorien über Mineralanalyse, 4 Stunden wöchentlich, Professor Dr. Finkener. Uebungen im Laboratorium für Mineralanalyse a. quantitative und qualitative, 36 Stunden wöchentlih, Professor Dr. SFinfener: þ. qualitative, 4 Stunden wöchentlich, derselbe.

Die Vorlesungen beginnen am 2. Mai d. I.

Berlin, den 8. März 1892.

Der Director der Königlichen Berg-Akademie. Hauchecorne.

Nichtamtliches.

Deutsches Neich. Preußem Berlin, 18. März.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute Vormittag von 11 Uhr ab den Vortrag des Chefs des Militärcabinets und arbeiteten daran anschließend mit dem Chef des Civilcabinets.

Der Bundesrath hielt gestern unter dem Vorsitz des Staatsfecretärs des Reichs - Schaßamts Freiherrn von Malzahn eine Plenarsizung ab. Jn derselben wurde die Zustimmung ertheilt: Dem Entwurf eines Gesezes, betreffend den Verkehr mit Wein, wein- haltigen und weinähnlihen Getränken, dem Entwurf einer Ergänzung zum NReichshaushalts-Etat für 1892/93, dem Entwurf einer Verordnung, betreffend die Klasseneintheilung einzelner Orte und den Entwürfen von Bestimmungen über die Beschäftigung jugendliher Arbeiter auf Stein- fohlenbergwerken und von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Cichorienfabriken. Sodann wurde Beschluß gefaßt: Ueber mehrere Eingaben wegen Bewilligung von Aus- nahmen auf Grund des J 105d und des § 139 a Ziffer 4 der Gewerbeordnung für verschiedene Jndufstriezweige, über Eingaben in Zoll: und Steuerangelegenheiten, über ein Gesuch mehrerer Jnhaber des Eisernen Kreuzes, betreffend die Gewährung ciner Ehrenzulage und über die Gesuche zweier früherer Reichsbeamten wegen Anrehnung einer längeren als der geseßlih pensionsfähigen Dienstzeit bei Festseßung ihres Nuhc- gehalts. An neuen Vorlagen sind eingegangen: Ein Antrag des Reichskanzlers, betreffend die Behandlung der abgestem- pelten Schuldverschreibungen der Prämien-Anleihe Beyilacqua la Masa. der Entwurf einer Verordnung über das Inkrafttreten der auf die Sonntagsruhe im Handels- gewerbe bezüglihen Bestimmungen der Gewerbeord- UUNaS Novelle. vot L Qu S9 t Aas, betreffend die Zollbehandlung der in Kesselwagen eingehenden Verschnittweine und Moste (\. unten), der Bericht der Reichs- Schuldencommission über die Verwaltung des Schuldenwesens des Norddeutshen Bundes und des Reichs, ferner ein Antrag wegen Befreiung der Beamten der Jnvaliditäts- und Altersversicherungs - Anstalt Westfalen von der Invaliditäts- und Altersversicherung. Ueber die geschäftliche Behandlung dieser Vorlagen wurde Bestimmung getroffen. Endlich wurde beschlossen, bezüglich der Rehnung der Kasse der Königlich preußischen Ober-Rehnungskammer für 1889/90, soweit sie den Rechnungshof des Deutschen Reichs betrifft, Entlaslung zu ertheilen, sowie zu genehmigen, daß in Mainz gemischte Neivat-Tränfillager ohne ntli Mitvershluß von en unter Nr. 9 des Zolltarifs aufgeführten Waaren gefßtattet werden dürfen.

Nach den vorläufigen Bestimmungen über die Zollbehand- lung der Verschnittweine und Moste hat die Einfuhr von Wein und Most, welcher unter Jnanspruhnahme des er- mäßigten Zollsaßes von 10 M füx 100 ke im deutschen Zoll- gebiet zum Verschneiden verwendet werden soll, „in Gebinden“ zu erfolgen. Jnfolge dieser Beschränkung der Zollbegünstigung auf die in Gebinden eingehenden Vershnittweine und Moste war den in Kesselwagen zur Einfuhr gelangenden italieni- schen Verschnittweinen in mehreren Bundesstaaten der ermäßigte Zoll versagt worden. Jn Jtalien sind hierüber Beschwerden laut geworden, und auch in dem italienishen Parlament wurde diese Angelegenheit jüngst besprochen. Von der italienischen Regierung ijt nun dem Wunsch Ausdru gegeben worden, daß dieje Angelegenheit in einer den Wünschen der italienischen Interessenten entgegenkommenden EL geregelt werde. Der Reichskanzler hat demgemäß, in der Voraussezung, daß man italienischerseits durch thunlihste Berücksichtigung der deutschen Exportinteressen Reciprocität üben werde, dem Bundesrath

die Abstandnahme von der Aut@lennng der in Kessel- wagen eingehenden Verschnittweine und Moste von der Ver- günstigung ciapslen und beantragt, daß in den vorläufigen Bestimmungen über die Zollbehandlung der Verschnittweine und Moste die Worte „in Gebinden und“ in Wegfall fommen mögen.

Die Commission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Geseßbuchs seßte in den Sigzungen vom 14. bis 16. März die Berathung der Vor- schriften über den Kauf (S8 459 bis 501) fort.

Der § 464 Sag 1, welcher die Ersaßpfliht des Käufers wegen nothwendiger Verwendungen des Verkäufers auf die verkaufte Sache betrifft, wurde unter Ablehnung eines Aue Antrags angenommen. -Dagegen wurde der zweite Say des §8 464, welher im übrigen wegen der Ersagzansprühe des Verkäufers hin- sfihtlih der gemahten Verwendungen auf die Grundsäße der Geschäftsführung Ce Sas verweist, als entbehrlich gestrichen. Der von der Tragung der Transportgefahr beim Distancekauf Handelnde § 465 erfuhr keine Anfechtung, cbensowenig der § 466, welcher die Frage regelt, inwieweit die Kosten der Vollziehung des Kaufs dem Verkäufer oder dem Käufer zur Last fallen. Der Abs. 2 des S 466, welcher bei dem Verkauf eines Grundstücks dem Käufer die Kosten der Auflassung und der Eintragung zur Last legt, er- hielt jedoch den Zusaß, daß in den dort bezeichneten Fällen der Käufer auch die Vertragskosten tragen soll. Gestrihen wurde der auf die Verzinsung des nicht gestundeten Kaufpreises sih beziehende § 467. Andererseits erfuhr der Entwurf eine a durch die an das Preußische Recht und das H.-G.-B. Art. 354 sih an- lehnende Vorschrift, daß dem Verkäufer, wenn er vor geleisteter Zahlung des Kaufpreises seinerseits erfüllt hat und der Kauf- preis gestundet ist, wegen nicht rechtzeitiger Zahlung desselben seitens des Käufers das nach den allgemeinen Vorschriften über gegenseitige Verträge geltende Rüctrittsreht vom Ver- trage (8 369 Abs. 2) nicht zustehen sol. Die S8 468, 469, welche für die auf Grund geseßlicher Vorschrift mit der Vor- nahme oder Leitung cines Verkaufs beauftragten Per- sonen das Verbot ausfprehen, den zum Verkauf bestimmten t e selbst oder durch eine Mittels- person zu aufen, wurden ihrem sahlihen Jn- halte nach genehmigt, ebenso die von dem Kaufe nach Probe oder Muster bezw. auf Besicht oder Probe handelnden S8 470 bis 473. Der § 471 s 2 wurde jedo im Anschluß an das H.-G.-B. durch die Vorschrift erseßt, daß der Kauf auf Besicht oder auf Probe im Zweifel als unter der aufschiebenden Bedingung der Billigung geschlossen an- zusehen ist. Anlangend die Vorschriften der ZS 474, 475 über den Kauf mit Vorbehalt eines bessern Angebots seitens eines Dritten, entschied die Mehrheit O Kür die Streichung. Dagegen wurde der Entwurf durh die Aufnahme der Auslegungsregel ergänzt, daß bei dem Verkauf einer beweglihen Sache der Vorbehalt des Eigenthums bis zur Zahlung des Kaufpreises im Zweifel als Eigenthumsübertragung unter einer aufschiebenden Bedingung und zugleih als Vorbehalt des Rücktrittsrechts von dem Kaufvertrage für den Fall aufzufassen sei, daß der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug komme. Man war jedo einverstanden, daß durch diese Vorschrift der bei der Berathung des Sachenrechts zu prüfenden Frage nit worgegriffen werden solle, ob überhaupt eine Eigenthums- übertragung unter einer Bedingung zuzulassen sei.

Die von dem Wiederkauf handelnden Vorschriften der SS 476 bis 480 fanden ihrem sahlihen Jnhalte nach im wesentlichen Zustimmung. Der §8 478 erhielt den Zusaß, daß der Wiederverkäufer wesentlihe Aenderungen der Sache nicht vornehmen darf. Andererseits wurde der zweite Saß des S 479 gestrichen, da eine Vorschrift für den Fall, daß als Kaufpreis neben dem Geldbetrag ein nicht der Gattung nah bestimmter Gegenstand zu leisten war, für unnöthi erachtet wurde. Eine Ergänzung erfuhr der Entwurf dur Aufnahme der Vorschrift, daß, wenn das Wiederkaufsrecht mehreren Berechtigten zusteht, es nur im ganzen aus eñbt werden kann, sowie durch Aufnahme der weiteren Vorschrift, daß, wenn eine Frist für die Ausübung des Wiederkaufsrechts nicht bestimmt ist, dasselbe bei Grundstücken mit Ablauf von dreißig Jahren, bei anderen Gegenständen mit Ablauf von drei Jahren seit dem Zeitpunkte erlisht, in welchem das Wiederkaufsre@zt vorbehalten ift.

Streichung gerichteten

Der Finanz-Minister hat sich damit einverstanden erklärt, daß die Regierungs-Hauptkassen und die außerhalb Berlins mit der Annahme directer Steuern betrauten Staatskassen für die Zahlung der Buhschuldzinsen des Reichs, sowie für die Auslieferung der für gelöshte Buchforderungen aus- gefertigten Schuldoerschreibungen der Reichsanleihe und für die Ausgabe der auf Verlangen an das Publikum unentgeltlich abzugebenden Formulare zu Anträgen auf Eintragung von Buchschulden in soweit in Anspruch genommen werden, als sih am Site der gedachten Kassen keine Reichsbankstelle, mit Kasseneinrihtung versehene Reichsbanknebenstelle oder Reichs- banfk-Commandite befindet.

Die Baarzahlung der Reichsschuldbuchzinsen beginnt für die Negierungs-Hauptkassen mit dem 24. des dem Fälligkeits- termin vorhergehenden Monats und für die Specialkassen mit dem 2. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober, die Ueber- sendung der Zinsen mit der Post dagegen mit dem 18. März, 17. Juni, 17. September und 18. Dezember.

Die für gelöshte Neichs\huldbuchforderungen auszu- reihenden Schuldverschreibungen werden seitens der Controle der Staatspapiere den betreffenden Kassen unmittelbar über- sandt werden, und leßtere haben den bezüglichen Requisitionen dieser Controle ungesäumt zu entsprechen.

Die vom Bundesrath unter dem 21. Januar d. J. be- \chlossenen Ausführungsbestimmungen zum Neichsschuldbuch- gese, welches mit dem 1. April in Kraft tritt, ind übrigens, wie beiläufig bemerkt werden mag, in Nr. 26 des „Reichs- Anzeigers“ vom 30. Januar und in Nr. 5 des „Reichs- Centralblatts“ vom 29. Januar zur Veröffentlichung gelangt.

Auf den 28. März d. J. fällt der 300 iährige Geburts-

tag des Amos Comenius. Die Verdienste diejes Mannes um das Schulwesen und insbesondere um die Volksschule

sind so groß und so allgemein anerkannt, daß gerade dz; Lehrerbildungsanstalten durch eine E Seite sein Andenken zu ehren berufen find. Der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten hat den Königlichen Prg- vinzial - Schulcollegien Abschrift einer von dem König- lihen Provinzial-Schulcollegium zu Breslau an die Seminar: Directoren und Präparandenanstalts-Vorsteher der Provinz Schlefien erlassenen Circularverfügung vom 16. Februar d. © über die Feier des dreihundertjährigen Geburtstags des Amze Comenius zur Kenntnißnahme und mit der Veranlassung zu- gehen lassen, bei den ihnen unterstellten Lehrer- und Lehre- rinnen-Bildungsanstalten 2c. auf eine angemessene Feier dieses Tages hinzuwirken.

tah einer Meldung des „W. T. B.“ aus Kopenhagen 18. März, ist das deutsche Panzerschiff „Baden“ bei Fakke- berg, Südspiße der Jnsel Langeland, leiht auf Grund ge- rathen. Wind und Wetter sind günstig, Gefahr ist nicht vor- handen, Hilfe deutscherseits bereits zur Stelle.

Hannover, 17. März. Der vorgestern hier zusammen- getretenen außerordentlihen Landessynode sind zwei Kirchengeseßze zur Berathung vorgelegt worden; das eine betrifft die erlegung des Landes-Buß- und Bet- tages, das andere die Aufhebung von Taufgebühren und die Gewährung von Beihilfen zu den für auf- gehobene Stolgebühren zu zahlenden Entschädi- gungsrenten. Der leßtgenannte Entwurf wurde nah einer längeren Debatte einstimmig einer Commission von zehn Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen, Von dem Entwurfe wegen Verlegung des Bußtags wurde in der gestrigen Sigung 8 1, nah welchem fortan der Mittwoch vor dem leßten Trinitatis-Sonntag als Buß- und Bettag be- gangen werden soll, unverändert angenommen. Zu § 2, der autet :

: „Dagegen fällt der in verschiedenen Theilen der Landeskirche in der Adventszeit, der in Ostfriesland am vorleßten Mittwoch im November, der in der Stadt Lingen am Fronleichnamstage, der in der Stadt Osnabrück am Mittwoh vor dem Michaelis-Sonntage begangene Buß- und Bettag, sowie für die Grafschaft Hohnstein der Buß- und Bettag in der dritten vollen Woche nah Michaelis fort“, beantragte der Abt Uhlhorn den Zusaß:

_ Die als Ernte- und Dankfeste, sowie zur Erinnerung an besondere Ereignisse eingeführten Localbußtage im Osnabrückschen und in Bremen-Verden bleiben bestehen, bis Pastor und Gemeinde die Aufhebung beschließen.

Nach einer ziemlich lebhafien Erörterung wurde § 2 mit dem Uhlhorn’shen Zusaß angenommen. Das ganze Gescß gelangte darauf gegen eine Stimme, die des Directors Ebeling, welcher Verweisung an cine Commission beantragt hatte, zur Annahme.

Sachsen.

Dresden, 17. März. Die Erste Kammer verhandelte heute, wie das „Dr. J.“ berichtet, über Kap. 70 des Staats- haushalts-Etats (Heil-, Pflege-, Straf- und Corrections- anstalten). Sämmtliche Budgetansäße werden unverkürzi bewilligt. Sodann genehmigte die Kammer einstimmig und ohne Debatte die Vermehrung der Landtags- vertreter der Stadt Leipzig von drei auf fünf und stimmte den dadurch bewirkten Abänderungen der Verfassungsurkunde und des Wahlgeseßes bei. Die Zweite Kammer, die bereits im weiteren Verlaufe ihrer gestrigen Sihung die Schlußberathung der zum Etat des Jnnern gehörigen Kap. 42 bis 58 des Staatshaushalts-Etats begonnen hatte, seßte diese heute fort. Den Anträgen der Deputation entsprechend wurden die genannten Kapitel größtentheils unverändert, einige mit von der Staatsregierung nachträglih beantragten oder gebilligten Aenderungen ohne erhebliche Debatte bewilligt. Der Geseßentwurf wegen Aufnahme einer dreiprocentigen Rentenanleihe wurde der Finanzdeputation A überwiesen. Durch den Rechenschafts- beriht der Brandversicherungskammer über die Verwaltung der Landes-Brandversicherungsanstalt in den Jahren 1889 und 1890 erklärte sich die Kammer auf Antrag der Nechenschaftsdeputation für befriedigt. Auf Antrag der Finanz- deputation B. bewilligte die Kammer gegen drei Stimmen Titel 30 des außerordentlihen Staatshaushalts-Etats (Er- bauung einer Haltestelle bei Dölau an der Linie Weischliß- Wolfsgefärth) mit dem von der Regierung nachträglich herab- geminderten Betrage von 130 000 6

Baden.

Karlsruhe, 17. März. Die Zweite Kammer nahm in ihrer gestrigen Sizung den Geseßentwurf über die Pfand- rehte für Jnhaberpapiecre, durh den den Pfandbriefinhabern ein Vorrecht auf die Hypotheken der Creditanstalt gewährt wird, mit allen Stimmen an.

Heffen.

Darmstadt, 17. März. Heute Vormittag um 101/5 Uhr wurde im Audienzsaale des neuen Palais die Trauerfeier zu Ehren weiland Seiner Königlichen Hoheit des Großherzog® in Gegenwart der hier anwesenden n und eincr aus etwa 150 Personen bestehenden Versammlung durch den Hofprediger Bender vollzogen. Um 111/25 Uhr seßte si der Trauerzug durch die Wilhelminen-, Rhein- und Alexander]traþ nah der Nosenhöhe in Bewegung. Hinter dem mit ach! Pferden bespannten, mit Kränzen und Blumenspenden rcih

eshmückten Leichenwagen schritt Seine Königliche Hoheit er Großherzog Ernst Ludwig, ihm zur Seite Jhre Großherzoglichen Hoheiten die Prinzen Heinrich und Wilhelm von Hessen. Hierauf folgten Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen, Seine Kaiserliche Hoheit der Großfürst Sergius von Rußland und Seine Durchlaucht der Prinz Ludwig von Battenberg. Ihnen schlossen si an: der Großherzog von Baden, die Herzöge von Edinburg und Connaught, der Prinz Christian gu Schleswig-Holstein, die Übrigen Fürsilic)feiten, eine gropt viele Standesherren, Mitglieder beider

Anzahl Generale, : Ministerium, zahlreiche

Ständekammern, das gesammte Beamte und Deputationen von Corps und Burschen- schaften der Universitääu Gießen und der Q nischen Hochschule in Darmstadt sowie sonstiger Ver: eine und Corporationen. In den Straßen, dur welche der ug sich bewegte, bildeten Kriegerveret Spalier. Auf der Nosenhöhe erwarteten Jhre Maje|t( die Kaiserin Friedrih, Jhre Königlichen Hoheiten dic

F innen Heinrih und Margaroths von : A es Jhre De serlide Hoheit die Gro fürstin S ius, Jhre Königliche Veh die Erbprinzessin von p chsen-Meining en und Ihre Großherzoglichen Hoheiten die Nrin essinnen Ludwig von Battenberg und Alix n Hessen den Sarg, der in den linken lügel des Mausoleums gebracht wurde, wo der Hofprediger Ehrhardt dic Leiche einsegnete. Nur die Fürstlichen Personen waren hierbei ‘ugegen. Während die Leiche in die Gruft gebraht wurde, ah die Infanterie 3A Salven ab und lösten die Batterien

: tanonen}chu}}e.

E N weite Kammer trat heute früh zu einer Sißung ¿usammen, in der der Präsident Kugler dem verstorbenen Großherzog einen warmen Nachruf widmete. Nach Ent- egennahme zweier Schreiben Seiner Königlichen Hoheit des Großherzo s Ernst Ludwig, in welchen der Regierungs- antritt mitget eilt und die Versicherung abgegeben wird, daß ex die Verfassung unverbrüchlih halten und süßen werde, wählte die Kammer eine Commission ad Feststellung einer morgen zu berathenden Adresse an den Großherzog. Oldenburg.

(H.) Oldenburg, 16. März. Aus Anlaß des Ablebens Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Hessen und bei Rhein hat Seine Königliche Hoheit der Groß- herzog den Kammerherrn Freiherrn von Friesen zu den Reisezungsfeierlichkeiten nach Darmstadt entsandt.

Braunschweig.

Braunschweig, 17. März. Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzog- thums Braunschweig, ließ sich bei der Beisezung Seiner Königlichen Hoheit des verewigten Großherzogs von Hessen und bei Rhein in Darmstadt durch den Herzoglichen Fammerherrn Freiherrn von Münchhausen vertreten.

Der Landtag hat in seinen leßten beiden Sitzungen, wie der „Hann. Cour.“ berichtet, den Kammerkassen-Etat und

den Etat der Klosterverwaltungskasse erledigt und ist dann

ur Berathung des Staatshaushalts-Etats übergegangen. Reuß ä. L.

Gera, 17. März. Der Landtag nahm in seiner heutigen Sizung die Vorlage über Entschädigung für infolge von Milzbrand gefallene oder getödtete Rinder mit allen gegen drei Stimmen an.

Elsasz-Lothringen.

Straßburg, 18. März. Wie die „Straßburger Post“ meldet, hat die Specialcommission des Landes- ausschusses die Regierungsvorlage über die Ver- waltungsreformen nah Durchberathung der einzelnen Paragraphen im ganzen mit allen gegen zwei Stimmen ab- gelehnt.

Oesterreich-Ungarn.

Seine Majestät der Kaiser und König hat sich, wie V. T. B.“ berichtet, gestern Abend wieder nah Pest be- geben. Jm Laufe des Nachmittags hatte der Kaiser noh dem Neichs-Kricgs-Minister Freiherrn von Bauer einen Besuch abgestattet. : :

Der Hof hat gestern sür Seine Königliche Hoheit den Großherzog von Hessen auf aht Tage Trauer angelegt.

Die Sizungen!der österreichischen Valuta-Enquête- commission sind gestern beendet worden, nachdem noch fünf Experten, unter denen sih der Präsident der Staatseisenbahn- gesellschaft Taussig und der Redacteur des Fremdenblattes Warhanek befanden, ihre Voten abgegeben hatten. Sie empfahlen sämmtlich die Goldwährung. Jn den übrigen Punkten wichen die Gutachten zwar von cinander ab, bewegten sich jedoh mehr oder minder im Rahmen der früher abgegebenen Erklärungen. In der Ansprache, mit der darauf der Finanz-Minister die Enquête s{loß, drückte er den Experten seinen wärmsten Dank für ihre Mühe und Aufopferung aus und constatirte, da} die Zahl der Fragen, bezüglich deren eine Uebereinstimmung erzielt worden, eine unerwartet große sei. Bezüglich der streitig ge- bliebenen Fragen sei eine weitgehende Klärung der An- sichten erfolgt.

Jn der heutigen Sißung der Ausgleihscommission wird nah einer der Wiener „Presse“ aus Prag zugegangenen Mittheilung Dr. Schmeykal den Antrag auf Einladung des Statthalters wiederholen. Die Commission dürfte diesen Antrag annehmen und die Sißzung vertagen. Erst in der darauffolgenden Sißung werde der Statthalter er- scheinen, eine Erklärung der Regierung abgeben, worauf dann die Vertagung der Ausgleihsaction angenommen werden würde.

Großbritannien und Frland.

Die von der Königin angeordnete Trauerfeier für den verewigten Großherzog von Hessen hat gestern Vor- mittag 11 Uhr in der Privatkapelle des Schlosses zu Windsor stattgefunden. Der Feier wohnten mit Jhrer Majestät bei: der Herzog von Cambridge, die Herzogin von Edinburg nebst Töchtern, die Prinzessin Christian zu Schleswig-Holstein, die Prinzessin Beatrice, der Marquis und die Marquise von ©orne und die Herzogin von Albany. /

_ Die Königin hat dem General Lord Roberts das Dber-Commando der indischen Armee aufs weitere bis ¿um 31. März 1893 übertragen.

n der gestrigen Unterhaus sigung erklärte der Par- laments-Secretär des Auswärtigen Amtes Lowther: der Negierung sei über die Feindseligkeiten zwischen den Engländern und Eingeborenen im Nyassalande keine Jnformation außer den bereits veröffentlichten Neuig- keiten (vgl. Nr. 65 d. Bl. unter „Afrika“) zugegangen. Ein von Fohnston aus Zomba, feinem Hauptquartier, am B Februar abgesandtes Telegramm, welches am 4. März eingegangen sei, spreche von erfolgreichen Operationen gegen die Sklavenhändler südlih vom Nyassa-See. Das Telegramm erwähne jedo feiner Niederlage: der Zwet der Feindseligkeiten sei zweifellos, die Sklaventransporte anzu- qUlen und. die Sklaven zu befreien. Die Regierung habe Mitt: Nachricht, welche hinsichtlich der Lage der Kaufleute und —tihtonare Beunruhigung einflöße. bek Der frühere Sprecher des Unterhauses, Lord Hampden, greannter unter seinem Geburtsnamen H. B. Brand, is im a er von 78 Jahren am 14. März in Pau in Südfrankreich

em Lungenleiden erlegen. Er war - im Jahre 1872 zum

Nachfolger Tran s gewählt worden und bekleidete die Würde des Sprechers bis zum Jahre 1884, wo er von der Königin zum Viscount Hampden ernannt wurde. S

Die Königliche Arbeitscommission hat in einer fürzlih abgehaltenen Plenarsizung beschlossen, dem Parlament einen vorläufigen Bericht über alles bis Weihnachten v. J. ein- gegangene Material zu erstatten. Die von den britischen Ver- tretern im Auslande eingegangenen Mittheilungen sollen be- sonders bearbeitet werden, wofür ein Auss{chuß Cngeles: wurde. Von Ende nähster Woche an wird sih die Commission auf fünf Wochen vertagen.

Der fkatholishe Erzbischof und Metropolitan von Edin- burg William Smith ist im Alter von 73 Jahren an der Lungenentzündung gestorben. Er war ein geborener Edinburger und ein ausgezeihneter Orientalist. Auf dem erzbischöflihen Stuhl hat er seit 1885 gesessen.

Frankreich.

Der Minister-Präsident Loubet machte laut Meldung des „W. T. B.“ in dem gestern abgehaltenen Ministerrathe Mittheilungen, aus denen hervorgeht, daß die bei den Anarchisten vorgenommenen Haussuchungen nicht resul- tatlos sein würden. Die Verhaftungen würden aufreht- erhalten bleiben. Jn der Nacht zu gestern verhaftete die Polizei einen Mann, welcher beschuldigt wird, Urheber resp. Mitschuldiger an der Explosion in der Kaserne Lobau zu sein. An einer Mauer des Gefängnisses „La Santé“ im Faubourg St. Jacques wurde eine cylindrishe Büchse gefunden, welhe anscheinend Explosivstoffe enthält. Das Gefäß wurde dem s\tädtishen Laboratorium zur Unter- suhung überwiesen. Wie es heißt, follen im Laufe des heutigen Vormittags weitere Verhaftungen erfolgen, da die Polizei unter der Hand von einem Plane der Anarchisten, den 18. März zu feiern, Kenntniß erhalten hat. Während der vergangenen Nacht wurden auch in Bordeaux bei Per- sönlichkeiten, welche der Polizei als Anarchisten bekannt sind, Haussuchungen vorgenommen.

Der Handels-Minister Jules Roche hat gestern dem Ministerrathe den Geseßentwurf über die auswärtigen Versicherungs gesellschaften vorgelegt.

In der Deputirtenkammer ersuchte gestern der De- putirte von Nancy Barrès den Minister des Junern um Auskunft über das Ausweisungsdecret gegen den Elsaß-Lothringer Naas, 77 Jahre alt und früher Forst- wächter. Dieser sei jeßt von der deutschen Regierung penstonirt und unter der Anschuldigung, boulangistishe Propaganda ge- trieben zu haben, ausgewiesen worden. Der Minister Loubet erwiderte, es sei ihm nicht möglih, über das Aus- weisungsdecret zu berichten; Naas habe sich nah Deutschland begeben, um seine Pension zu erheben, seine Reisen hätten allerdings verdächtig erscheinen können. Die eingeholten Er- kundigungen gestatteten nicht, dem Ersuchen Barrès* zu ent- sprechen. Der Zwischenfall war damit geschlossen.

Die Bureaus der Kammer ernannten heute die Com- mission zur Prüfung der Regierungsvorlage wegen Be- strafung von Dynamit - Attentaten. Sämmtliche Mitglieder der Commission sind der Vorlage günstig.

Ftalien.

Die mehrtägigen Debatten in der Deputirtenkammer über die Finanzlage und das Budget haben gestern mit einem Vertrauensvotum für das Ministerium Rudini geendigt. Den Telegrammen des „W. T. B.“ entnehmen wir über den Verlauf der Sizung Folgendes:

Im Beginn der Debatte erklärte der Kriegs-Minister E hinsichtlich der großen Ersparungen auf militärishem

ebiete, welhe von einigen Seiten für nothwendig zur Wiederherstellung des Budgets erachtet werden: solhe Er- sparungen würden nachtheilig für die Vertheidigung des Landes sein. Er glaube, daß es möglich sein würde, mittels administrativer Reformen anderweitige kleine Ersparungen zu machen; es sei indessen eine Täuschung, zu glauben, daß man Abstrihe machen könne an den Aus- gaben, welhe für die organische Zusammensezung der Armee nothwendig seien. Er müsse entschieden jeden Ge- danken daran zurücfweisen, dié militärishe Kraft des Landes in irgend welher Weise zu verringern. Dann nahm der Minister-Präsident Marchese di Rudini das Wort und erflärte den Angriffen des Deputirten Cavallotti gegenüber: Das Cabinet sei feinem Programme vom 14. Februar treu ge- blieben. Er bestreite rundweg, daß das Cabinet im übrigen Erklärungen abgegeben habe, durh welche dessen Programm bezüglih der auswärtigen Politik und der Herabminderung der militärishen Ausgaben interpretirt werde. Der Minister- Präsident wiederholte, daß ihn stets eine große Meinungs- verschiedenheit sowohl betreffs der auswärtigen, als auch betreffs der inneren Politik von der äußersten Linken getrennt habe. Er habe es niemals an der dem Lande und der Kammer huldigen Loyalität fehlen lassen. (Beifall rechts.) Die Ursache der Abschwächung der wirthschaftlichen Thätigkeit des Landes liege in den übertriebenen Emissionen von Staats- shuldentiteln. Neue Emissionen würden die Curse der Renten drücken. Die Voranshläge wären allerdings um 11 Millionen für das Budget von 1891/92 fehlgegangen, aber aus einer im Februar 1891 nicht vorherzusehenden Ursache, dem Rückgang der Einnahmen. Das Deficit im Budget von 1892/93 werde 20 bis 30 Millionen betragen: ein sehr geringer Betrag, wenn man an dasjenige von 1888/89 denke. Das Werk des Cabinets sei kein nihtiges, denn sonst hätte dieses Deficit 150 Millionen betragen. Die Regierung werde ihren Kampf gegen das Deficit bis zu Ende een Sie gedenke noch weitere Ersparnisse einzuführen und werde einen Geseß- entwurf über eine organische Revision der Verwaltnng vor- legen. Was die Ersparnisse auf militärischem Gebiet anlange, so schließe sih die Regierung den Erklärungen des Kriegs- Ministers an. Die äußere Politik der Regierung sei eine wesentlih friedlihe nah Tradition und Pflicht; aber niemand könne die Zukunft auf Jahresfrist voraus- sehen; man könne also nicht um einiger Millionen willen die Vertheidigung des Vaterlandes in Frage stellen. Das Cabinet lehne entschieden jede Steuer auf Rente ab, wie solhe von dem Deputirten Canzio vorgeschlagen worden sei, und werde einen Geseßentwurf zur Verbesserung der Geld- cirkulation einbringen. Die Regierung wolle keine neuen Steuern, aber die Kammer solle die von der Regierung vor- geshlagenen Ersparungen, einschließlih der Verminderun der Eisenbahnbauten, ¿neliaiant Sie müsse ein klares und be- stimmtes Vertrauensvotum verlangen, und acceptire die von Jndelli beantragte Tagesordnung. Diese Tagesordnung besagt, daß die Kammer vonden Erklärungen der Negierung Act nehme und

das Budget genehmige. Der Präsident der Kammer theilte unter lebhafter Bewegung des Hauses mit, daß 15 De- putirte die namentliche Snoumnunag über die Tagesordnung Indelli, 20 Deputirte dagegen die geheime Abstimmung ver- langten. Der Minister-Präsident bemerkte, es sei das erste Mal, daß man über eine Vertrauens-Tagesordnung ge- heim abstimme:; die Folgen könnten sehr ernste sein, er bitte die Antragsteller, ihrer Verantwortlihkeit dafür ein- gedenkt zu sein. (Lärm links, Beifall - rechts.) Der Präsident ermahnte zur Ruhe und schritt hierauf zur geheimen Abstimmung, die unter lebhaftester Bewegung vor sih ging. Dieselbe ergab die Annahme der Tages- ordnung ÎIndelli mit 261 gegen 157 Stimmen. Die Kammer genehmigte sodann durh Erheben und Sigßenbleiben mit großer Majorität unter lebhafter regung der äußersten Linken den Art. 2 des berihtigten Budgets, welcher die Ziffern der Einnahmen und der Ausgaben festseßt. Ueber den Art. 3, betreffend Veränderungen in den obligatorishen Ausgaben, wurde auf Verlangen von Jmbriani und fünfzehn anderen Deputirten unter allgemeinem Lärm namentlich abgestimmt und der Artikel mit 217 gegen 48 Stimmen ebenfalls an- genommen. Hierauf wurde die Sizung geschlossen. :

Die auswärts verbreiteten Gerüchte von einer beabsich- tigten Demission des Schat-Ministers Luzzatti entbehren, wie die „Agenzia Stefani“ meldet, jeder Begründung.

Spanien.

Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer gab, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid, der Justiz- Minister Villaverde die Erklärung ab, daß die Be- zahlung des Coupons der Staatsshuld nicht nur jeßt, sondern auch für die Zukunft gesichert sei.

Portugal.

Die Commission der Deputirtenkammer zur Vor- berathung des Antrags Manuel Arriaga’s, welcher bezweckt, den früheren Finanz-Minister Marianno de Carvalho wegen? der der Eisenbahngesellschaft geleisteten Vorschüsse in Anklagezustand zu versetzen, hat jezt ihren Bericht er- stattet. Sie kommt, nah einem Wolff\chen Telegramm aus Lissabon, zu dem Schluß, daß cine strafrehtlihe Verfolgung nicht stattzufinden habe.

Niederlande.

Die Zweite Kammer trat gestern in die Berathung des einstweiligen Milizgesetzes ein, durh welches die mili- tärische Dienstzeit für die drei bevorstehenden Aushebungen auf aht Jahre festgesezt werden soll, und beschloß mit 50 gegen 42 Stimmen, die bisherige Dienstzeit von sieben Jahren beizubehalten. Die zweite Lesung der Vorlage wurde auf Dienstag vertagt. :

In der zweiten Section der Kammer stößt, wie man dem „W. T. B.“ aus dem Haag meldet, die Genehmigung des Shlußprotokolls der Brüsseler Antisklaverei- Acte auf Schwierigkeiten. Die partielle Ratification der Acte von Seiten Frankreichs, welche ohne Präcedenz da- stehe, werde in ihren Folgen für gefährlich erahtet. Ueberdies stimme die partielle Ratification damit shlecht überein, daß den Niederlanden nicht gestattet worden sei, die Acte ohne bei- gefügte Erklärung zu unterzeichnen. Endlih wünsche man Gewißheit darüber zu erhalten, daß Portugal die Acte ohne Vorbehalt ratificiren werde, da ohne eine Folche Ratification die Antifklaverei-Acte illusorisch wäre.

Türkei.

Pariser Blätter melden, daß Ejoub Pasha nun- mehr von Konstantinopel abgereist sei, um dem Khedive seinen Juvestitur-Ferman zu überbringen. :

Griechenland.

Nach ciner Correspondenz der „Köln. Ztg.“ aus Athen habe das Ministerium Konstantopulos jede Hoffnung auf Unterstüßung der Kammer aufgegeben und werde daher in der nächsten Woche zur Auflösung derselben schreiten. Dazwischen würden alle delyannistish gesinnten Beamten erseßt werden. Das Ministerium gehe mit dem Gedanken um, eigene Candidaten aufzustellen und womöglih eine eigene Partei in der zukünftigen Kammer zu bilden.

Rumänien.

Die Deputirtenkammer nahm gestern, wie ,„W. T. B berichtet, die Adresse auf die Thronrede mit 81 gegen 17 Stimmen in der Generaldebatte an. Der Minister des Auswärtigen wies im Laufe der Debatte die Vorwürfe zurü, daß die Conservativen nur durch die Gunst des Königs ans Ruder gelangt scien und Eingriffe in die Wahlen statt- gefunden hätten. Die Liberalen hätten nur durch begangene Fehler die Macht verloren; nunmehr sei es die Aufgabe der Conservativen, diese zu verbessern.

Serbien.

In der Skupschtina gelangte gestern die Erklärung des Königs Milan zur Berathung. Die Galerien waren überfüllt. Die Generaldebatte trug dem „W. T. B.“ zufolge einen äußerst lebhaften Charakter. Der Staatsrath Vasiljevics erklärte das Geseß für einen Zwangsact. Profkoijevics sprah gegen die Declaration, bezeichnete die Regenten als von den Radicalen bezahlt und als „Marionetten Milan’s“. Die Ernennung der Regenten sei eine Geseßwidrigkeit, da sie niht vor der Skupschtina den Eid abgelegt hätten. Dem Redner wurde, nachdem ihn der Präsident verwarnt hatte, unter Protest mehrerer Abgeordneten und unter Tumult der Galerien das Wort entzogen. Milan Gjurics, der sih für die Vorlage aussprach , meinte, Milan könne nicht gezwungen werden, seinen Sohn zu lieben. Katics wandte nch gleichfalls gegen das Geseß, das feinerlei Gewaltstreiche gegen Serbien ausf\chließe. er Liberale Avukomovics er- flärte die Skupschtina für incompetent : das Verbannungsurtheil gegen den Vater des regierenden Königs, sei ein öffentlicher Skandal. Der Referent Mostics meinte, die Skupschtina sei verpflichtet, den politishen Tod Milan's zu ehren. Der Justiz-Minister erklärte ließlich, die Regierung sei correct vorgegangen. - Die Declaration erhalte durch Annahme des Gesezes die Form eines Staatsactes, durch welchen Milan für Serbien politisch und bürgerlich todt sei. Jm Ganzen sprachen achtzehn Redner; acht erklärten sih gegen das Gesetz, zehn dafür, aber lediglich um die Wiederkehr Milan’s unmöglich zu machen. Nach fünfstündiger Debatte wurde die Vorlage angenommen. Heute findet die Specialdebatte statt.

Der Regent VBelimarcovics und der Metropolit Michael find an der Jnfluenza erkrankt.

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