1892 / 68 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

T r horn Eer P R Ar:

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (197.) Sißung des Reichstags, welcher der Flinisterial-Dixector Lohmann und der Geheime Ober- Regierungs-Rath von Woedtke beiwohnten, wurde die dritte Berathung der Novelle zum Krankenkassengeseß fort- eseßt. E gel bach S 75a ist den eingeschriebenen Hilfskassen auf ihren Antrag eine ‘amtlihe Bescheinigung darüber auszustellen, daß sie, vorbehaltlich der Höhe des Krankengeldes, den Anforde- rungen des §75 genügen. Die Bescheinigung wird ausgestellt : 1) für Kassen, deren Bezirk über die Grenzen eines Bundes- staats niht hinausreiht, von der Centralbehörde, 2) für Kassen, deren Bezirk über die Grenzen eines Bundesstaats hinausreiht, von dem Reichskanzler. S

Die freisinnigen Abgg. Dr. Hirsch und Dr. Gutfleisch beantragen den Zusaß: „Der Bescheid ist innerhalb sechs Wochen zu ertheilen“. Sie beantragen ferner zum S 75a zu beshließen, daß in Gemeinden, in denen wentger als zwanzig Mitglieder der betreffenden Kasse be- schäftigt werden, den Mitgliedern an Stelle der Leistungen von freiem Arzt und freier Arzenei in natura die Hälfte des ortsüblihen Tagelohns gewährt werden fann

Nach fast zweistündiger Verhandlung, an der sich die Abgg. von der Schulenburg (cons.), Freiherr von Stumm(Rp.), Ulrih (Soc.), Möller (nl.), Dr. Hirsch (dfr.), Dr. Gold- \chmidt (dfr.), Hitze (Centr.) und der Commissar der verbündeten Regierungen Geheime Ober-Regierungs-Rath von Woedtke betheiligten, wurde der § 75a mit den beantragten Zusäßen angenommen, desgleichen der Rest der Novelle mit den Com- promißanträgen, die unter dem Namen des Abg. Pr. Gut- fleisch eingebraht sind. S

Da der zweite Zusaß zu § 75a dem Hause heute noch nicht gedruckt vorlag, muß, wie der Präsident ankündigte, die Abstimmung morgen wiederholt werden.

Auch die Resolution Nösicke, betr. die Berehnung des ortsüblihen Tagelohns, wurde genehmigt. (Schluß des Blattes.)

Jn der heutigen (35.) Sigung des Hauses der Nbgeordneten, welher der Minister des Jnnern Herr- furth, der Justiz-Minister Dr. von Schelling, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden, der Finanz- Minister Dr. Miquel und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen beiwohnten, stand auf der As die dritte Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1892/93. S :

Jn der Generaldiscussion besprach i L

Abg. Rickert (dfr.) die jüngsten Nachrichten der Presse, welche die Finanzlage Preußens sehr trübe darstellten, die aber, wie er nicht zweifle, vom Finanz-Minister selbst nicht ausgingen. Der laufendeEtat solle ein Deficit von 100 Millionen Mark ergeben, namentlih infolge des Rückgangs der Eisenbahneinnahmen.

bericht vom 13. März,

r Morgens. |

Wette

c

o eret

director Hertel.

Stationen. Wind. Wetter,

fang 7 Uhr.

S ch DESZ

Cs QEE e Q Ben E Da S8 Cn S Sb

| |

in ® Celsius 59. =40R.

Temperatur

| | | |

Mullaghmore | Aberdeen . . | &Fhristiansund | Kopenhagen . | Stockholm

2'wolkig 1 bedeckt 1 Nebel 2 bedeckt Haparanda | V 2'bedeckt S+.Petersbg. | W l1hbedeckt | MoSiau T still\wolfenlos |—15 Cork, Queens- | |

On f. (03 5\bedeckt | Cherbourg 3 wolkenlos | Helder 1\wolfenlos | U l \wolfenlos | mburd « - l wolkenlos Zwinemünde | 1/Nebell) | Neufahrwasser| 1l\bedeck | Memel 3 bedeckt

ee A 2\wolkenlos tünster

| 4\wolfenlos | Karlsruhe . . 2\wolfenlos | Wiesbaden 1\wolfenl.2) | München .. | 4 halb bed. | Chemnig .. | 2\wolkfig | Berlitt ¿l 3\bedeckt | Met 3 'bedeckt real. 2 bedeckt Ie D 3\wolfkenlos Nizza 2 wolkenlos Dre 2'heiter

O

WTOTOIO!

25

QAEARAEAM

(S5

Anfang 7 Uhr.

|

G)

Frauen.

S L

Mar Grube.

WITOTOITWTO) O

|

L R S

2D

_—J

|

| Om OMMRN— Co!

|

= Q O

O

10000 1 O O S

N 1 1A] VOUUUSVLOYOVOUSSSVOSIRARA

MOMM==1=—1=1=—1=——I==I| 9

E V2 O

1) Nachts Reif. 2) Nachts Reif, Horizont dunstig. Uebersicht der Witterung.

Fast ganz Curopa steht unter dem Einflusse eines Hochdruckgebietes, dessen Kern mit über 787 mm über

Luftbewegung schwach, in Central-Europa meist mit in 3 südöstlicher bis nordöstlicher Nichtung. In Deutsch- fang 4 Uhr. land ist das Wetter im Westen heiter und infolge

der vermehrten Ausstrahlung kälter; im Osten trübe | von: Sein bester Freund.

S wärmer, nennenswerthe Nieder- schläge haben nicht stattgefunden. Ueberhaupt ift auf dem ganzen Gebiete zwischen den Alpen und

Nord-Skandinavien die Temperatur sehr gleihmäßig | Sonnabend: Mit neuer Ausstattung zum 59. Male:

vertheilt und liegt daselbst allenthalben nahe dem | Das Sonntagskind. Operette in 3 Acten von

Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von arl Millöcker.

Erivsche. Dirigent: Kapellmeister E Di Die ecorationen aus dem Atelier von

Costume vom Garderoben-Inspector Venßky. An-

Gefrierpunkte. ; Deutsche Seewarte.

Theater - Anzeigen, fang 7 Uhr.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern- haus. 72. Vorstellung. Zum 1. Male: Freund Frit. Lyrische Oper in 3 Acten von P. Mascagni.

und Gaul. Musik von J. Bayer. In Scene geseßt vom Balletmeister Emil Graeb. Dirigent : Musik- | Maskenball. Anfang 7 Uhr.

Sonntag : Opernhaus. 73. Vorstellung. Freund

Tert von P. Suardon (nah Erckmann und Chatrian), deutsch von M. Kalbecck. j L Ober - Regisseur Teblaff. Dirigent : Kapellmeister Weingartner. Die Puppenfee. Pantomimisches Ballet-Divertissement von Haßreiter und Gaul. l à Musik von I. Bayer. In Scene geseßt vom Ballet- | Unter gütiger Mitwirkung der Kgl. Sächs. Kammer- särgerin Fr. Clementine Schuch-Proska, der Kgl. Sängerinnen Fr. e d D, Lammert, der Sänger Hrn. Paul Bu ch1) j : R Sinai Shgeo), Hrn. Eloi Sva, des Hrn. Carl | 74 Uhr: Equestrishe Gala-Vorstellung zum Benefi Tetlaff, Ober-Regisseur der Kgl. Oper, des Kgl jur. eres Franz Renz. Zum 1. Male: Hippo- Opernchors und der Kgl. Kapelle, unter Leitung des | logish Kgl. Kapellmeisters Felix Weingartner. e _irischer u! tifher ace), Billets à 10 4 und Stehplätze à 2.4 von heute | Diese Nummer enthält sämmtliche Freiheitsdre}huren

meister Emil Graeb. Dirigent: Musikdirector Hertel.

Schauspielhaus.

Lustspiel in 4 Aufzügen von Adolph

L'Arronge. In Scene geseßt vom Ober-Negisseur

Anfang 7 Uhr. Deutsches Theater.

Pfarrer von Kirchfeld. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Der Sohn der Wildniß. Montag: Götz von Berlichingen. Dienstag: Wildfeuer.

Berliner Theater. Sonnabend: Die Königs- | tags-Aufführung. brüder. Anfang 7 Uhr.

Lessing-Theater. Sonnabend: Zum 1. Male: Wahrheit? Schauspiel in 3 Acten von Paul Heyse.

Wallner -Theater. Sonnabend: Zum 8. Male:

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. | Mofer.

Sonntag : Zum 60. Male: Das Sountagskind.

Residenz-Theater. Direction : Sigmund Lauten- Text von P. Suardon (nach Erckmann und Chatrian), | burg. Sonnabend: Musotte. Schauspiel in 3 Acten

Er bitte den Finanz-Minister um eine Auskunft über die Eisenbahneinnahmen und über den voraussihtlihen Ertrag der neuen Einkommensteuer. / OeA

Der Finanz-Minister Dr. Miquel versicherte, daß die „Berliner Politischen Nachrichten“ irgend wie officielle oder officióse Nachrichten nicht erhielten und nicht erhalten würden. Die Ergebnisse des laufenden und des nächsten Etats würden allerdings von den Eisenbahneinnahmen abhängen, die sih aber noch nicht übersehen ließen ; die rückläufige Tendenz der wirthschaftlihen Verhältnisse bedinge jedoch noch keines- wegs einen Rückgang der Eisenbahneinnahmen. Ueber die Er- gebnisse der Einkommensteuer könne er cin Gesammtbild noch niht geben, die Zeitungsnachrichten darüber seien zum Theil irrig. Tau {loß die Generaldiscusston. :

Die Etats des Kriegs - Ministeriums und der Domänenverwaltung wurden ohne Debatte bewilligt.

Beim Etat der Forstverwaltung machte auf Anregung des Abg. von Benda (nl.) der Minister für Landwirth- haft 2. von Heyden einige Mittheilungen über den Be- stand an Oedländereien und rechtfertigte sodann die Entlassung des früheren Directors Borggreve von der Forst-Akademie in Münden. i

Abg. von Schalscha (Ctr.) empfahl eine Beschleunigung der Aufforstung von Oedländereien. Jn der Provinz Posen hinderten die Tarvorschriften der Landschaft die Aufforstung durch Private. ae i

Abg. Dr. Gerlich (freicons.) {lug vor, dur gesct- geberishe Maßnahmen die Devastirung des Privatwaldes zu verhüten. ;

“Ba Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden erklärte sih zu einem solhen Eingriff in das Privateigenthum nicht entschließen zu können.

Abg. von Tiedemann (freicons.) widersprach den Aus- führungen des Abg. von Schalscha bezüglih der Posener Landschaft. E E :

Abg. Knebel (nl.) hielt die Eingriffe der Geseßgebung zur Erhaltung der Schußwaldungen für nöthig.

Abg. Mooren (Centr.) empfahl, bei der Ablösung von Forstservituten weniger fiscalisch zu verfahren. -

Der Etat der Forstverwaltung wurde bewilligt. i

Beim Etat der directen Steuern erklärte auf eine Anfrage des Abg. Dr. Sattler (nl.) der Finanz-Minister Dr. Miquel, daß der Geseßentwurf über die Entschädigung der Standesherren für die Aufhebung der Stieuerfreiheit in den nächsten Tagen dem Hause zugehen werde.

Beim Etat der Berg-, Hütten- und Salinen- verwaltung besprach E A

Abg. Leto cha (Centr.) die Schädigung der oberschlesischen Eisenindustrie durch die Steigerung der Kohlenpreise und wünschte eine bessere Wasserver)orgung für Oberschlesien.

Abg. Szmu la (Centr.) {chloß sich diesen Ausführungen an.

Der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von

1. Theil: Concert. 79. Vorstellung. Wohlthätige | Kgl.

Sonnabend: Der : an bei Bote & Bock.

86. Male: Der Tanzteufel.

Gusiav Steffens.

Sonntag: Der Tanzteufel.

Gewagte Mittel. Lustspiel

Gesangsterte von Isidor Fuchs.

In Scene geseßt von Julius

Sonntag und Montag: Musotte. Vorher: Ein

Dienstag: Zum 1. Male: Der kleine Schwere-

Schauspielhaus. 78. Borstellung. Narziß. Trauer- nöther- (Ferdinand le moceur). Schwank Populäres Concert von Bernhard Stavenhagen, spiel in 5 Aufzügen von A. É. Brachvogel. In | in 4 Acten von Leon Gaudillot. Scene geseßt vom Ober-Negisseur Mar Grube. An- | Schönau.

Kroll's Thealer. Freitag, 2%. März, Abends

Fritz. Lyrische Oper in 3 Acten von P. Mascagni. | 73 Uhr: Zum Besten der „Mildwida" (Frauenverein | Son ger Hv irn zur Unterstüßung der Wittwen und Waisen des | Skl! Betty Waibel. Anfang 7 Uhr.

In Scene geseßt vom | Allgemeinen deutschen Musiker-Verbandes).

Große musikalische Aufführuug.

11. Theil: Cavalleria rusticana.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

a ‘chaufpiel | paul L : . Jacob] . Mannstädt. ; j Sonntag: Nachmittags 24 Uhr: Die Ehre. | Cn e Dor Gustav Görß, Musik vos | Abends 74 Uhr: Auf Helgoland.

Abends 7 Uhr: Wahrheit ? s : : Ga R O EAN: Ernst. Anfang Übr. N E a E

des Königlich bayerischen Hofschauspielers Conrad

zeit des Reservisten. Posse mit Gesang in 4 Auf- gen (nah dem Französischen der Herren Duru und stein). Abend-Vorstellung. Letzte Sonntags - Aufführung | Chivot) von F- Zell. Musik E R Verehelicht: d Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Reif-Reiflingen. Schwank mit Gesang in 5 Aufzügen von G. von ; Parquet-Fautenil 1 4) Abend-Borstellung: Conrad Dreher a. Gast. Zum E: E GoVN es Se a d ontag: Zum 1. Male: Der BVureaukrat. | Gestorben: Hr. Ober-Landesgerichts-Nath a. —- Lustsviel l 4 Acten von G. v. Moser. 5 L E

Berlepsch sagte zu, auf eine Verbesserung der Wasser- verhältnisse Oberschlesiens hinwirken zu wollen, und beme daß sih der Fiscus an der Kohlenpreistreiberei nit betheiligt habe, daß er sich aber an die Marktpreise halten müsse.

Abg. Das bach (Centr.) wünschte bessere Lohnverhält- nisse für die Bergarbeiter im Saarbrücker Bezirk.

An der weiteren Debatte betheiligten sih die Abgg. Szmula (Centr.), der Minister für Landwirthschaft 2c. von

eyden, der Abg. Dasbach (Centr.) und der Minister des Innern Herrfurth, welch leßterer die Klagen des Abg. Szmula in der zweiten Lesung über Mißstände in den Shlaf- häusern auf den fiscalishen Gruben als unbegründet zurückwies. : De

Der Etat der Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung wurde genehmigt. : :

Beim Etat der Eisenbahnverwaltung befürwortete Aba. Jürgensen (nl.) eine bessere Gestaltung des Eisenbahn- verkehrs in Shleswg. j i :

Der Minister der öffentlihen Arbeiten Thiel en sagte eine Prüfung. des Wunsches dur die Localbehörde zu. (Schluß des Blattes.)

Nah Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

Duisburg, 18. März. (W. T. B.) Auf dem Schraubendampfer-Schleppboot „Heinri“, Eigen- thümer Buchloch aus Ruhrort, welches in der Nähe der Werthauser Fähre Hochfeld bei Duisburg liegt, fand der „Rhein- und Nuhrzeitung“ zufolge, gejtern Abend 11 Uhr eine Kesselexplosion statt. Das Bootsdeck it voll: ständig in der Mitte aufgerissen; scchs Personen von der Mannschaft, darunter der Capitän, find ums Leben gekommen.

Darmstadt, 18. März. (W. T. B.) Die „Darmstädter Zeitung“ veröffentliht den ärztlihen Bericht über den Krankheitsverlauf bei dem verstorbenen Groß: herzog. Der Bericht schließt mit den Worten: „Es fann der Wahrheit gemäß die beruhigende Versicherung ertheilt werden, daß der ganze Verlauf der Krankheit ein s{hmerzloser war, fowie daß das Hinscheiden des Großherzogs in leichter und sanfter Weise eingetreten ist.“

St. Petersburg, 18. März. (W.T.B.) Gestern Abend stürzte hier der Neubau eines dreistökigen Hauses ein und begrub dreizehn Arbeiter unter seinen Trümmern. Einr wurde erschlagen, die übrigen mehr oder minder verleßt

Paris 18 Mz. (W_D. B) Die Cent brigaden von Paris und die republikanische Garde sind heute im Jnteresse der Aufrechterhaltung der Ordnung consignirt worden. Nach Meldungen aus Bordeaux smd daselbst an mehreren Stellen Dynamitpatronen gefunden worden. Infolge dessen wurden Haussuchungen angeordnet.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

S

Concerte. Sing-Akademie. Sonnabend, Anfang 72 Ubr.

Dou, L N Deuts von unter Mitwirkung von Frau Agnes Stavenhagen,

Concert-§aus. Sonnabend: Karl Meyder- Concert unter gütiger Mitwirkung der Concertfängerin

Ouv. „Abenceragen“ von Cherubini. „Rienzi“ von Wagner. „Martha“ von Flotow. Arie au der Oper „Der Waffenschmied“ von Lorßing (Frau Waibel). Brief-Arie aus „Don Juan“ von Mozart (Frau Waibel).

(Kgl. Sächs. Cixcus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abend

er Congreß von 36 Vollblutpferden (arabischer, trakehner, englischer, irisher und schottisher ace).

des Beneficiaten. Neu! Alt - Friedericianisch: p . 9 , ) O - R Quadrille, geritten von §8 Damen und 8 Herren commandirt vom Beneficiaten. 4 hohe Schulen

Belie-Alliance-Theater. Sonnabend: 11.Gast- zu gleicher Zeit geritten von 4 Damen. Zw! spiel des Kgl. Hofschauspielers August Junckermann. | 1, Male: Old Jo, komische Scene von den Herre „„Reuter-Cyclus“. Erster Abend. Einzige Sonn- | Franks und C. Onkel Bräsig. Lebensbild in | ZEck Auf Helgoland Sus oder: Ebbe und 5 Acten nah dem Noman „Ut mine Stromtid“ | Fluth. Große bhydrol. Ausstattungs Pantomime in Sonntag: Nachmittags 24 Uhr: Uriel Acosta. | y/n Fris Reuter. E E von | 2 Abtheilungen vom Director E. Renz. National Abends 7F Uhr: Schlimme Saat. ugust Zunckermann. g (s UHr.

Montag: Der Hüttenbefitzer.

Godlewsky. Zum Schluß:

tänze (65 Damen) 2c. Einlage: Ulanen und Garde Husaren 2x. Dampfschiff- und Bootfahrten, nut überrashende Licht- und Feuereffecte. §0 Fuß hobe

Adolph Ernsi-Theater. Sonnabend: Zum | Riesenfontäne. Gefangsposse in

Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei). Auf Verlangen: Die Touristen.

Familien-Nachrichten.

dem Innern Nußlands liegt, welcher einen Ausläufer | Sein bester Freund. Schwank in 4 Acten von T homas-Theater. Alte Igtobsiraße Nr. 30. Verlobt: Frl. Sophie Heinke mit Hrn. Pastor D westsüdwestwärts nah Frankreich entsendet. Nur an | Friß e E Karl B Anfang 71 Uhr. Direction: Emil Thomas. Sonnabend: 17. Gastspiel den Nordwestküsten Europas wehen stellenweise \steife | Sonntag: MNachmittags-Borstellung zu bedeuten U C S südöstliche bis südwestliche Winde, im übrigen ist die | ermäßigten Preisen. Gew Dreher aus München. Zum 12. Male: Die Hoch- cten von Francis Stahl. Parquet 1 A An-

Bornmann (Schlaupp—Wingendorf). Fl“ Bertha Grote mit Hrn. MNeferendar Dr. Jul Rohde (Torgau—Osnabrück). Rosa Frein p! Kleist mit Hrn. Lieut. Adolph Coupette (Allen’

Hr. Frhr. von Puttkamer-Zatleil thin mit Frl. Helene von Enckevort (Vogelsang Hr. Rittergutsbesißer Anton Cleve mik 8“ Anna von Sommerfeld (Leckow—Stettin).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Pfarrer Rohrmo!t (Schillehnen). Eine Tochter: Hrn. Gericht? asellor Parthey (Berlin). &

Geh. Justiz-Rath Carl Oelsner (Breslau).

E J

alf. Die neuen | [70379]

Hohenzollern-Galerie

am Lehrter Bahnhof. Gr. histor. Nundgemälde 1640—1890. 9 Vorm. 11 Ab. 1 A Kinder 50 ..

Nedacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz). Dru der Norddeutschen Buchdrudckerei und Verlag®

deutsch von M. Kalbeck. In Scene geseßt vom | von Guy de Maupasjant. In Scene geseßt von | Am Landes - Ausstellungs - Park

Ober-Regisseur Teblaff. Weingartner.

ctner. Zum 1. Male: Die Puppenfee. | Dramolett in 1 Pantomimisches Ballet-Divertissement von Haßreiter | Anfang Uhr.

Dirigent : Kapellmeister | Sigmund Lautenburg. Vorher: Ein Maskenball. | Geöffnet von 12—11 Uhr. ? Act von Gräfin Thun-Waldstein. | wissenschaftlihen Theater. Näheres die Ans

zettel. Anfang 74 Uhr.

Urania, Anstalt für volksthümlihe Naturkunde. Lehrter Bahnhof). ih Vorstellung im

lag

Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32 Sieben Beilagen

(einsch{ließilich Börsen-Beilage),

und das Verzeichuiß der gezogenen Prenfl schen 32 °/% Staatsschuldscheine.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 68,

Berlin, Freitag, den 18. März

1892.

Deutscher Reichstag. 196. Sizung vom Donnerstag, 17. März, 12 Uhr.

Am Tische des Bundesraths der Unter-Staatssecretär Dr. vonRottenburg und der Königlich preußisheMinisterial- Director Lohmann.

Die dritte h Perilets der Novelle zum Kranken-

ssengesechß wird fortgejeßt. Ned ba, den die Commission in die Vorlage ecin- gefügt hat, kann die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag von mindestens dreißig betheiligten Versicherten nah Anhörung der Kasse und der Aufsichtsbehörde die Gewährung der Krankenkassenleistungen durch weitere als die von der Kasse bestimmten Aerzte, Apotheken und Krankenhäuser verfügen.

Dazu werden folgende Zusäße beantragt: 1) vom Abg. Freiherrn von Stumm (Rp.): „Wenn durch die von der Kasse getroffenen Anordnungen cine den berechtigten An- forderungen ‘der Versicherten entsprechende Gewährung jener Leistungen nicht gesichert ist“, 2) von dem Abg. von der Schulenburg (cons.): „Die Hilfe von Nichtärzten is nur dann von der Gemeindekrankenversicherunc oder Der Krankenkasse zu bezahlen, wenn diese ilfe auf ärzt- liche Verordnung geleistet oder iu dringenden Fällen angerufen ist“, 3) von den freisinnigen Abgg. Dr. Hirsch und Dr. Gutfleish: „Durch Beschluß der Verwaltung der Gemeindekrankenverficherung und dur das Kassenstatut kann bestimmt werden, daß den Versicherten an Stelle der ärztlichen Vehandlung der Ersaß der Aufwendungen, welche sie hierfür gemacht haben, in Höhe des Krankengeldes gewährt werde.“

Abg. Leuschner (Np.): Man möge gegen die versicherten Kranken jede nur mögliche Humanität walten lassen, aber dieser Paragraph würde zu den größten praktishen Mißständen führen. Penn on dreißig Personen eine anderweitige Arztwahl veranlassen könnten, so würde man aus den Klagen und Beschwerden gar nicht herauskommen, und durch die Anstellung neuer Aerzte würden die Kassen aufs Aeußerste belastet. Er bitte deshalb, den ganzen Paragraphen zu streichen.

Abg. Freiherr von Stumm (Np.) empfiehlt feinen Antrag, welher der Aufsichtsbehörde eine bestiminte Anleitung gebe und dadurh Klarheit in die Sache bringe.

Abg. Dr. Hirs (dfr.): Dem Verlangen nah freier Arztwahl,

oder daß wenigstens die freien Kassen auhch ferner thren Mitgliedern ur Krankengeld gewähren dürften, werde entgegen gehalten: es müsse dafür gesorgt werden, daß die Mitglieder der Krankenkafse im Falle der Erkrankung auch wirkli und rechtzeitig die ärztlihe Hilfe in Anspru nähmen: eine folche Sicherheit biete aber die alleinige Erhöhung des Krankengeldes niht. Diesem Einwande wolle der Antrag seiner Partei Nechnung tragen. Es solle zwar die Natural- leistung des Arztes und der Arznei durch ein wesentlih erhöhtes Krankengeld erseßt werden, aber nur als Ersay für die Aufwendungen, welche die Mitglieder wirklih für die Krankheit gemaht hätten. Ein Mitglicd würde nicht einen Pfennig dieser Erhöhung beanspruchen tönnen ohne den Nachweis, daß es wirklih ärztliche Hilfe, Arznei u. st. w. gebraucht habe. Die freie Arztwahl habe ja selbst der Staatsfecretär Dr. von Boetticher als ein {chönes Ideal hingestellt. Der Antrag würde eine wesentliche Verbesserung des Gesetzes sein. __ Abg. von der Schulenburg (cons.): Im Princip sei er au für eine Streichung des Paragraphen, oder für den Antrag Stumm. Den Antrag Hirsch verwerfe er, weil er eine Abweichung von dem Grundgedanken dieses Gesetzes , der persönlichen Hilfeleistung, enthalte. Sein Antrag wolle, daß den Versicherten die Hilfe nur vom Arzt gewährt werden solle und daß andere Personen von der Hilfeleistung grundsäßlih ausgeschlossen würden. Selbstverständlih fielen nicht unter diescs Verbot der Heilgehilfe als Adlatus des Arztes und der Naturbeilkundige, falls er auf ärztliche Anordnung zugezogen werde. Wenn er die Behandlung der Kranken ausdrücklich in die Hände eines wissenschaftlih gebildeten Arztes legen wolle, fo habe er dabei nit das einseitige Interesse des Aerztestandes und ihr materielles nteresse im Auge, sondern ganz hervorragend das Wohl und Wehe der Versicherten felbst. Daß auch Aerzte irrten, würden sie felbst die Ersten sein zuzugeben, aber unzweifelhaft liege doch die größte Sicher- heit einer guten Heilung nur bei den wissenschaftlich gebildeten Aerzten. Unter den Naturärzten mögen ja einige hervorragende Capacitäten lein, aber wohin gerathe man, wenn man der Wissenschaft ihren Vauptfeind gleichwerthig zur Seite stelle ? :

; Abg. Dr. Meyer (dfr.): Dieser Gesetzentwurf leide an einem undeilbaren Widerspruch: er schreibe vor die ärztlihe Behandlung n natura zu gewähren, gebe aber feine Erklärung, was unter der ärztlichen Behandlung zu verstehen sei. Bei richtiger Auslegung des Art. 29 der Gewerbeordnung verstehe sih das, was der Antrag Schulenburg besage, eigentlich von selbst. Aber man habe erlebt, a3 eine Krankenkasse mit Erfolg die Behandlung eines Nichtarztes der eines Arztes gleichzustellen versuht habe, und gegen die Wieder- lung eiñes folDen Falles müsse man sih s{chüßen. Die Bestre- bungen, die Thätigkeit der approbirten Aerzte auszuschließen gingen lehr weit. Hier in Berlin trete ihnen das Polizeipräsidium mit erwünshtem Nachdruck entgegen. In anderen Landestheilen, werde derselbe Nachdruck vielleicht niht ausgeübt werden. Art. 29 der Gewerbeordnung stelle keineswegs approbirte Aerzte, Alularärzte und Nichtärzte gleih. Er habe nur die bis- Æligen Strafbestimmungen gegen die Kurpfuscherei beseitigt. Jur etne Wiedereinführung dieser Strafbestimmungen könne er sich unter keinen Umständen aus]prehen. So lange sie bestanden hätten, f stets Zweifel darüber obgewaltet, was eine ärztliche Behandlung L Set es schon eine ärztlihe Behandlung, wenn jemand einem “ern empfehle, Hoffshen Malzertract zu trinken, oder sich massiren M assen ? Darüber sci es zu höchst verdrießlihen Strafprozessen b mien, deren Möglichkeit er beseitigen wolle. Auch fei s; ôU vergessen, daß der approbirte Arzt zugleich eine Urkundsperfon 0 daß er Atteste auszustellen habe, von denen Rechtsverhältnisse ab- Ad und eine solhe Befugniß könne man nicht der freien Concurrenz c erwerfen. Nur approbirte Personen könnten von dem Staate und der A mit amtlichen Functionen betraut werden. Dieses Gefeß füge (Wer in den approbirten Aerzten einen unheilbaren Schaden zu. Es niedri, N Anzahl von Personen die ärztliche Behandlung zu einem durch Annas Preise zu, als sie sich bei der natürlichen Preisbildung eiserne ot und Nachfrage herausstellen würde; er zwinge die Aerzte Mau I unter dem Selbstkostenpreise ihre Leistungen zu liefern. fiinèe echtfertige dies mit humanen Erwägungen, lasie aber einen Krank O Kreis solcher Leute übrig, die gezwungen würden, in a aE A den Arzt nah Maßgabe seiner wirklichen Thätigkeit rob en „Und darin sehe er allerdings eine gefährliche Be- lichen Sta T ärztlichen Standes ; Deutschland könne auf seinen ärzt- würde, wu, mit mehr Recht stolz sein, als irgend ein anderes Land. Er versoran “ae er in eine {were Krankheit verfiele, sein Leben für

r meine dag wenn er nicht von einem deutschen Arzt behandelt würde. [chweizerif Ht guiGt in chauvinistishem Sinne; ein österreichischer und lei ihm Pa rzt, der von der deutschen Wi enschaft vorgebildet sei,

"m ebenfo lieb. Der Streit über den Vorzug der Staats-

medizin und der sog. Naturärzte lasse sich auf die einfahe Frage zurüführen : was ift bcsser, das Wissen oder die Unwissenheit ? Alle die Künste, deren sich die Naturärzte bedienten, seien ja nur Bro- samen vom Tische der Wissenschaft. Das Gefährliche dieser Kur- pfuscherei, wie sie in gewissen Landestheilen künstlih gehegt werde, sei die Verachtung gegen die Wissenschaft. Es würden Anstalten be- gründet, in denen jemand in zwei oder drei Monaten abgerichtet werden solle, alle möglichen Krankheiten zu beilen : trete man de nicht entgegen, dann lege man die Axt an den Baum der Wissenschaft und bereite eine im hohen Grade gefährlihe Zukunft vor. Als einziges Beweismittel habe man nur die Halligen entgegengehalten. Man könne doch nicht die ganze Geseßgebung des Neichs auf dem Fuße dieser armen Inseln und allenfalls einiger Theile Ostpreußens einrichten, in denêén es an approbirten Aerzten fehle. Sie würden sich auch dort ansiedeln, wenn ihrer Thätigkeit ein Feld eröffnet würde. Er bitte, den Antrag Schulenbnrg anzunehmen.

Abg. Freiherr von Wendt (Centr.): 127 Petitionen, meist von ärztlichen Vereinen, verlangten ausschließlich die Zulassung der approbirten Aerzte, 987 dagegen, meist von Kassenvorständen, in einem Falle auch von cinem Naturarzt ausgegangen, die Beibehaltung des gegenwärtigen Zustandes. Petitionen gäben zwar keinen Ausschlag, aber so große Zahlen von Interessenten verdienten doch Beachtung. Die Gewerbe- ordnung hebe allerdings dur) § 29 die Bestrafung der Kurpfuscherei auf, aber da, was nit verboten, erlaubt sei, so sei eben die Aus- übung der Heilkunde auch dem Nichtarzt gestattet, und die Kranken- fassenmitglieder sollte man in der Freiheit, sih den Arzt ihres Ver- trauens zu wählen, ebenso wenig behindern, wie font jemand. Die Regelung dieser Frage gehöre niht hierher, sondern in eine Novelle zur Gewerbeordnung. Die Annahme des Antrags Schulen- burg würde eine ausgedehnte Agitation gegen das Krankenkassengeset zur Folge haben. Dem Antrag Hirsch-Gutfleish könne er nicht zu- stimmen, wohl aber dem Antrag Stumm.

Abg. Freiherr von Münch (b. k. F.): Es handele sich um eine genaue Charakterisirung der Naturhbeilkfunde, die hier leider von ver- schiedenen Seiten der Kurpfuscherei völlig gleichgestellt werde. Auch ohne Fachmann zu fein, kenne doch wohl jeder die medizinische Wissenschaft genau genug, um sie zu erklären als die Kunst, krankhafte Veränderungen im mens{lichen Organismus zu erkennen und sie zu bekämpfen durch die Anwendung gewisser mehr oder weniger zu- sammengeseßter, durch die Botanik, die anorganische und namentlich die organische Chemie der menshlihen Kenntniß übermittelter In- gredienzien. Dem gegenüber scien andere, und große Massen stimmten thnen zu, er verweise nur auf den Pfarrer Kneipp der Ansicht, daß die Krankheiten hervorgerufen feien lediglich dur eine falsdhe Zu- sammenseßung des Blutes und durch die Behandlung mit kaltemWasjer ent- fernt werden fönnten. Bisher habe niemand bewiesen, daß die Natur- heilmethode unwissenschaftlih sei. Darum sei der Antrag Schulen- burg unberechtigt. Es handele sich hier niht um die Wissenschaft, fon- dern um ihre Anwendung auf das leidende Publikum, und nah den Erfolgen des Pfarrers Kneipp könne man die Naturärzte von der Wirksamkeit in Krankenkassen nicht gut ausschließen. Der § 29 der Gewerbeordnung bebe in der That jeden rechtlihen Unterschied zwischen approbirten und den Naturärzten auf, und es sei höchst bedauerlich, daß man Naturärzte bisher noch nicht auch in öffentlich- rechtlihem Sinn, bei der Anstellung von Medizinalbeamten, den studirten Aerzten gleichstellt habe.

Ministerial-Director Lohmann n: Wenn der Abg. Dr. Meyer in dem Krankenkassengesez eine ungeheure Schädigung des ärztlichen Standes erblicke, so vergesse er, daß durh dies Gefeß der Kreis der Personen, die überhaupt eine ärztliche Hilfe in Anspru nähmen, ganz erheblich erweitert werde. (Abg. Dr. Meyer: Das habe er auch gesagt!) Dann habe er es nicht gehört. Außerdem habe er aus 8 29 der Gewerbeordnung viel zu weit gehende Folgerungen ge- zogen. Dies Gesez kenne auh eine Ausübung der Heilkunde durch niht approbirte Personen, indem der Gewerbebetrieb im Umherziehen auch verboten sei bei der Ausübung der Heilkunde durh nicht approbirte Personen. Auch er glaube nicht, daß es wohlgethan fei, cine Frage, dic der Gewerbeordnung vorbehalten bleiben müsse, hier zu regeln. Er möchte bitten, den Antrag . Schulenburg abzulehnen, weil er den Krankenkafsen und ihren Mèit- gliedern etwas zu thun verbiete, was jeder bonus pater familias ohne allen Anstand thun dürfe, daß er nämlich in kleineren Fällen eine Ausübung der e sih verschaffe, ohne einen approbirten Arzt zuzuziehen, ohne sich dem Vorwurf des Leichtsinns auszusetzen. Er bitte, auch den Antrag Hirsh-Gutfleish abzulehnen; leßterer ge- höre nach sciner Meinung nicht in diesen Zusammenhang, sondern eher in den zweiten Absatz des § 6, der von den obligatorischen Leistungen der Krankenkasse handele. Die Bedeutung des Antrags sei die, daß nah dem Beschluß der Gemeindebehörden oder Kassen- vorstände Bezahlung ärztlicher Hilfe nur bis zur Höhe des Kranken- geldes geliefert zu werden brauhe. Dadurch würden viele Kassen- mitglieder geschädigt werden, die für ärztlihe Behandlung mehr altswenoelen, Ds folge [Won qus der GSlatllt. Mm Jahre 1890 seien von Gemeinde - Krankenkassen 3 900 000 für ärztlihe Behandlung und Medizin ausgegeben worden und nur 2 500 000 6 an Krankengeldern, bei den Betriebs-Krankenkassen lauteten die entsprehenden Zahlen 12 300 000 und 11 800 000 4, und nur bei den Ortskassen sei an Krankengeldern ein geringer Betrag mehr ausgegeben worden, als für ärztlihe Behandlung und Medizin. Die Fassung des Antrags Hirsh-Gutfleish sei Übrigens insofern unklar, als er zweifelhaft lasse, ob die Kasse die entsprehende Be- stimmung immer nur für die Gesammtheit der Kassenmitglieder, oder auch für einzelne Klassen solle erlassen dürfen. Namentlich bei Kassen mit einem sehr ausgedehnten Bezirk würden die vom Kassensitz entfernter wohnenden Mitglieder dur die Annahme des Antrags Hirsch-Gutfleifh shlehter gestellt werden, als die näher wohnenden.

Abg. Möller (nl.) beantragt, außer einer redactionellen Aende- rung des Antrags Schulenburg hinzuzufügen, daß das Krankengeld nur auf Grund von ärztlichen Attesten gezahlt werden solle; nur in dem Falle, wo ein Nichtarzt ausdrülih zur Behandlung zugelassen und bezahlt worden sei, gelte auch dessen Zeugniß.

Abg. Eberty (dfr.): Die in der Gewerbeordnung verbotene Ausübung der Heilkunde im Umherziehen durch nicht approbirte Personen könne gegen den Antrag Schulenburg gar nichts beweisen. Der Ministerial-Director Lohmann müßte von seinem Standpunkt erst ret für den Antrag Hir|ch-Gutfleish eintreten. Die Petitionen, welche die Sache beim Alten zu lassen bäten, könnte man auch für seine Partei in Anspruch nehmen, wenn nicht die eigentlich selbstverständliche Auffassung des Wortes „Arzt“ dur eine bedauerlihe Praxis unklar ge- worden wäre. Nach der SteüUungnahme des Ministerial-Directors Lohmann könnten die Kassenmitglieder gezwungen werden, sich der ärztlichen Behandlung durch irgend eine beliebige Person zu unterwerfen. Im Interesse der Versicherten wie der Aerzte wenn auch das Standes- interesse der Leßteren niht maßgebend sei bitte seine Partei um Annahme des Antrags Schulenburg. Durch seine Ablehnung würde keine Nuhe eintreten, sondern die Aerzte würden vielleiht zu Maß- regeln übergehen müssen, die, fo bedauerlich fie auch an sich sein mögen, durch die Nothwehr entschuldigt wären. Die Meinung des Ministerial- Directors Lohmann, daß die Annahme des Antrags Schulenburg den Kassenmitgliedern das Recht jedes bonus pater familias schädigen würde, zur Heilung kleinerer Unfälle auf die Zuziehung eines Arztes verzichten zu dürfen, werde einfach dadurch widerlegt, wonach man bei kleineren Unfällen eben immer auf die Hilfe des Arztes verzichte; das fei

selbstverständlich, und Selbstverständliches brauche kein Gesetz zu enthalten, auch der Antrag Schulenburg niht. Die Begriffsbestimmung des Arztes bedürfe feiner „Regelung“, diese Regelung gehöre also auch nit in die Gewerbeordnung; er wundere fich vielmehr, daß es zu diefer an sih fo einfahen Erklärung solcher langen Verhandlungen im Deutschen Reichstage bedürfe außerhalb dieses Hauses werde man das nicht verstehen. Arzt sei, wer die dazu nöthige Befähigung nachgewiesen habe, das müsse man, da leider eine gegentheilige Praxis entstanden sei, durch den Antrag Schulenburg besonders aus- sprechen. Aus diesem Grunde und im“ Interesse der Ruhe und des Friedens bitte er um Annahme dieses Antrags. Dem Antrag Hirsch- Gutfleish stehe er sympathisch gegenüber, aber er könne nur zu- gleih mit dem Antrage Schulenburg angenommen werden.

Ministerial-Director Lohmann: Es sei durhaus nicht selbst- verständlih nach dem Antrag Schulenburg, daß untergeordnete Ver- richtungen von einem Heilgehilfen u... w. vorgenommen werden dürften. Solche Leistungen von Nichtärzten seien nur dann von der Kasse zu bezahlen, wenn sie auf ärztlihe Verordnung oder in dringenden Fällen stattgefunden hätten; so schreibe der Antrag ausdrücklih vor, und das sei auh die Auslegung der Gerichte. Er habe nicht behauptet, daß die Krankenkassen jeden beliebigen Menschen ibrerfeits ihren Mit- gliedern als Arzt würden aufdringen können. Eine folche Thorheit zu fagen, würde ihm nicht einfallen.

Abg. Möller (nl.): Er halte es für unglaublich, daß überhaupt in Zweifel gezogen werden könne, ob eine ärztlihe Behandlung nur durch einen approbirten Arzt geleistet werden dürfe. Jn der Com- mission habe er, ohne Widerspruch zu finden, die Ansicht aufgestellt, daß eine ärztliche Behandlung immer nur die eines apvrobirten Arztes sein könne. Da aber die Dinge durch die Besprechung s\eit- dem ganz unglücklich verschoben seien, halte er es für dringend noth- wendig, daß man durch den Antrag Schulenburg Klarheit in Ie Ce Pee Um 0 mer, as fle a S 6 zweifelhaft geblieben sei. Man habe alle Ursache, einen gerechten Wunsch der Aerzte zu erfüllen, eines Standes, dessen man zur Durchführung der focialen Gesetzgebung dringend bedürfe. Daß kleine Leistungen von Nichtärzten gewährt werden könnten, verstehe sich von felbst. Die Voraussetzung scines zweiten Antrages sei die Annahme des § 5a. Wenn es die Meinung des Hauses fei, daß nur approbirte Aerzte zugelassen werden sollten, dann müsse auch dem vor- gebeugt werden, daß von Kurpfuschern urkundliche Bescheinigungen ausgestellt würden. Der Antrag Stumm entspreche dem, was in dem Commisstonsantrage ursprünglich gestanden habe, nur in anderer Form. Auch er halte diefe Einschränkung für nüßlich, damit der Willkür der Berwaltungsbehörde eine Anleitung gegeben werde.

Abg. Wurm (Soc.): Die lange Besprechung über diesen Para- graphen beweise nur, daß der Minderheit die Abstimmung von vor- gestern unbequem sei. Die Ausführungen des Ministerial-Directors Lobmann lauteten ganz anders, als die gestrige Erklärung des Minuisterial- Directors Dr. Bartsch im Abgeordnetenhause. Leßterer habe erklärt, daß nur approbirte Aerzte als Kassenärzte zugelassen werden dürften. Seine Partei stehe nah wie vor auf dem Standpunkte, daß den Mitgliedern der Krankenkassen das größere Recht zu gewähren sei und nicht die Privatinteressen der Aerzte besonders geshüßt werden müßten. Wenn die Wissenschaft durch die Kurpfuscher in Gefahr gerathen follte, dann wäre es schr traurig um sie bestellt; durch sfsolche kleinlichen Geseßzesvorschristen werde sie jedenfalls niht geschüßt. Kurpfuscher und Naturarzt sei nicht dasfelbe. Kurpfuscher könnten sich auch in den appro- birten ärztlihen Stand einschleihen. Die Anhänger der Natur- heilmethode würden aus der Besprehung die Lehre ziehen, daß es nöthig sei, alle Möglichkeiten zu beseitigen, die dem Verdaht Raum gäben, daß sich Kurpfuscher unter ihnen befänden. Im Anfange der Bewegung sei allerdings durch shablonenmäßiges Heilverfahren viel ge- sündigt worden, aber in neuerer Zeit habe ih das vollständig ge- ändert. Es hicße das Kind mit dem Bade ausschütten, wenn man der alten Nichtung zu Liebe wegen einiger Mißstände der neuen keine Bahn gewähren wollte. Der Antrag Schulenburg wolle nur nachholen, was vorgestern nicht gelungen sei. Doch das Haus werde boffentlih nach wie vor die Beschlüsse aufrecht erhalten, wie sie im Interesse der Kranken lägen. Wolle man dies und auch das Interesse der Aerzte wahrnehmen, so möge man den Arzt zum Beamten des Staats machen. Dann werde die Kurpfuscherei von selbst ver- schwinden.

Ministerial-Director Lohmann: Dem Abg. Wurm gegenüber bemerke er, daß ein Widerspruch zwischen seinen Aeußerungen und denen des Ministerial-Directors Dr. Bartsh im Abgeordnetenhause nicht bestehe.

Abg. Prinz zu Carolath-Schönaich (b. k. F.): Ihm seien verschiedene Zuschriften zugegangen, die darum bâten, daß ihren Inter- essen bei der gegenwärtigen Berathung Rechnung getragen werde. Der oberschlesishe Knavpschaftsverband, der über 60 000 Mitglieder zähle, gewähre scinen Mitgliedern freie Kur und Arznei. Derartige Wohlthätigkeitsanstalten dürften nicht geschmälert werden Der An- trag Stumm werde wenigstens einigermaßen den thatsächlichen Be- dürfnissen gerecht. Die Wohnungen der oberschlesischen Arbeiter befänden fich größtentheils in einem sehritraurigen Zustande, daher sei es von großem Vortheile für sie, daß in einem Bezirk von 35 000 Quadrat-Kilometer neun Lazarethe mit tüchtigen Aerzten ent- standen seien, in denen täglich mehr als 1200 Kranke die denkbar beste ärztliche Behandlung fänden. Die Arbeitgeber zahlten zu diesen Kassen fast. das Doppelte des geseßglih verlangten Satzes, nämlich 94 9% statt 509%. Deshalb möchte er bitten, es bei dem bisherigen Zustand zu belassen, denn naturgemäß würden die vermehrten Kosten von den Arbeitern gezahlt werden müssen. Das würde in thren Kreisen eine Erregung hervorrufen, die seines Erachtens gerade heute thunlichst zu vermeiden sei.

Abg. Dr. Gutfleisch E Dem Antrage Stumm stimme er zu, weil er den Vortheil habe, die Richtung anzugeben, in der die Verwaltungsbehörden demnächst thätig sein müßten. Dem An- trage Schulenburg zuzustimmen, sei er zu seinem Bedauern nicht in der Lage. Es habe sih im Laûfe der Besprehung die Vorstellung herausgebildet, als ob die Gegner des Antrages Freunde des Naturbellverfabrens seien ; das sei bei seiner Partei durchaus nicht der Fall, sondern sie stimme dagegen aus formellen Gründen. Sie halte es für besser, wenn man sich mit der Frage, ob approbirte Aerzte oder Naturheilkundige, garniht befaßt hätte; denn sedes materiae fei die Gewerbeordnung und nicht dieses Geseg. Die Gerichte hätten jeßt {hon über die Frage zu entscheiden, ob die Bezahlung nicht approbirter Aerzte gefordert werden könne, z. B. im Falle von Körperverlezungen. Meist hätten sie nur die Kosten der approbirten Aerzte als ersaßfähig betrachtet, aber sie hätten auch Ausnahmen gestattet, und dabei sollte man es belassen. Die Aus- nahmefälle zu formuliren, sei niht nöthig. Der Antrag Hirsch- Gutfleisch wolle die Möglichkeit schaffen, daß an Stelle der Natural- leistungen, Arzt und Arznei den Versicherten eine Vergütung gegeben werde, was den großen Vortheil einer vollständig freien ahl des Arztes gewähre und ‘Mißstände beseitige, die sich aus dem Kassen- zwang ergäben. Auch wolle seine Partei diese Bestimmung auf den Ar ausdehnen. Unter Versicherten seien selbstverständlih nur sämmt- iche Versicherte der betreffenden e gemeint. Das freie Er- messen der Gerichte, ob Krankengeld zu zahlen fei oder nicht, dürfe nicht irgendwie eingeshränkt werden. Es sei mit den Ab- sichten des Geseßes unverträglih, wenn man sage, die Zahlung

des Krankengeldes folle nur auf Grund eines ärztlichen Attestes er