1892 / 71 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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Ea M E r P N

1895 in öffentliher Sipung. Der erste Preis beträgt 1700 M, der zweite 680 # Die gekrönten Arbeiten bleiben unbe- \hränktes Eigenthum der Verfasser. Göttingen, den 21. März 1892. Die philosophische Facultät. Der Decan: Riecke.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 22. März.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin be- gaben Sich gestern jun Besuche Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin-Mutter von Mecklenburg-Schwerin nah Schwerin, wo Allerhöchstdieselben am Bahnhofe von Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin Marie und Jhrer Hoheit der Herzogin Elisabeth empfangen wurden. Nach dem Diner, welches im engsten Familienkreise stattfand, traten Jhre Majestät um 71/2 Uhr miitels Extrazugs die Rückreise nah Berlin an, wo die Ankunft Abends erfolgte.

Bei dem allgemeinen Interesse, welches den Ergebnissen der neuen Einfommensteuer-Veranlagung entgegen- gebracht wird, sind wir in den Stand geseßt, die vorläufige Mittheilung zu machen, daß nach den erst in den leßten Tagen eingegangenen vorläufigen Anzeigen das Gesammtergebniß der Veranlagung sih voraussichtlich günstiger gestalten wird, als im Finanz-Ministerium bisher angenommen werden konnte.

Nachdem in den leßten Jahren umfangreiche Meliora- tionen, wie Moordammculturen, Herstellung von Kunsst- wiesen u. st. w., auf Forstdienstländereien aus Staatsfonds ausgeführt worden sind, hat es der Minister für Landwirth- schaft, Domänen und Forsten zur Sicherstellung des auf- gewendeten Anlagekapitals, welches von den Stelleninhabern gemäß Verfügung vom 18. Juni 1887 lediglich mit 31/7 Proc. ohne Amortisationsbeitrag verzinst wird, TUT CV- forderlich erachtet, die den Nuznießern obliegende Unterhaltungs- pflicht derartiger Meliorationen ciner eingehenden Controle zu unterstellen und in einem NRunderlaß vom 4. Februar darüber nachfolgende Bestimmungen zu erlassen:

1) Die in Rede stehenden Flächen müssen jährlich ordnungs- mäßig mit fkünstlicem Dünger gedüngt werden, und zwar der Regel nach 1m Herbst.

9) Für die Art des künstlihen Düngers und das zu verwendende Quantum sind selbstredend die êrtliben Verhältnisse, insbesondere die Botenbeschaffenbeit der fraglichen Fläche maßgebend, und es bleibt daber der Königlichen Negierung überlaffen, in jedem Einzelfall ent- sprechende Anordnung zu treffen. Im allgemeinen bemerke ih jedo, daß unter mittleren Verhältnissen, namentlich bei den hauptsächlich hier

Thomasschlacko p) Heciar czls Hekijtig]küustlihe Düngung zu bezeidnen fein dürfte, ve&ße jährli èWhind angewendet wyrden müssen, um die Productio1skraft des BounsG ungeschwächt zu erhalten, was fo- wobl im Int(resse des Nut ets und: dessen Nachfolgers wie in demjenigen dei Fi&us§ lUzgk.: Zw&ctinäßig wird es sein, dic Stellen- inhaber darauf aúfmérfsíam zu machen, daß zur Erzielung höherer Ernten in den meisten Fällen cine Verstärkung der Kainitgabe auf etwa 16 Ctr., der Thomaëschlacke auf 6 Ctr. pro Hectar wünschens- werth sein wird. Soweit besonders vhoéphorreihe Moore in Frage fommen, worüber die der Meliorirung vorausgegangene Untersuhung von Bodenvroben durch die Moorversuchéstation wohl in den meisten Fällen sichere Auskunft geben wird, kann das zu verwendende Quantum Thomasschlacke entsprehend vermindert werden, letztere unter Umständen segar ganz fortfallen.

3) Die Beschaffung der erforderlichen mineralishen Düngungs- mittel wird der Regel nach durch Vermittelung der König- lichen Regierung zu geschehen haben, der darnah zu er- stattende Kostenbetrag ist von dem Nutnießer im Wege des Gchaltsabzugs, bei hohen Beträgen nach dem Ermessen der König- lien MRegterung event. in mehreren Raten, jedoch jedenfalls vor Schluß des Rechnungsjahres einzuziehen. Nur wenn ein Stelleninkaber den Nachweis führt, daß er die erforderlichen Düngungsmittel in zweifellos guter Qualität sih anderweitig unter günstigeren Bedingungen zu verschaffen in der Lage ift, fo fann ibm foldes dortseits gestattet werden. Derselbe bat aber alsdann durd Vorlegung von Quittungen zu erhärten, daß er das in Frage

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kommende Quantum wirklich beschafft hat.

4) Auf jeder Stelle, zu der eine solche Meliorationsfläche gehört, ist ein Verzeichniß (Lagerbuch) einzurihten und daselbft zu inventari- firen, in welchem alljährlih das verwendete Quantum mineralischer Düngungêmittel nebst den fonst noch etwa dortseits für erforderlich erachteten näberen Angaben vermerkt wird.

Dieses Verzeichniß ist, wie auch die Meliorationéfläche selbst, von dem nächsten Vorgeseßten des betreffenden Stelleninhabers mindestens cinmal im Iahre zu revidiren und dabei in ersteres ein Vermerk cin- zutragen, ob leßtere in ordnungsmäßigem Zustande befunden ist. Eventuell ist das Erforderliche anzuordnen, um das Versäumte nachzuholen. Bei der nach Nr. 18b der allgemeinen Bestimmungen und Er- läuterungen dem Natural-Etatsentwurfe beizufügenden Bescheinigung des Forstinsvectionebeamten und des Oberförsters über die vorschrifts-

¿ßige Benußung der Dienstländereien der Forstbeamten ist, wofern bei dem betreffenden Revier derartige Meliorationéflächen vorhanden sind, ein Zusaß zu dem angeordneten Wertlaute dahin zu machen, daß die Revisionen in vorge!chriebener Weise erfolgt und die Nut- nießer den ibnen obliegenden Verpflichtungen nachgekommen find. i ___ 5) Soweit cs sich was in der überwiegenden Mehrzahl der Æâlle zutreffen wird um Wiesen handelt, ist darauf zu halten, daß von Zeit zu Zeit die erforderli werdende Ergänzung der Gras- narbe durch) Einfaat gecigneter Gräser seitens des Nußnießers be- wirft wird. i;

Auch hierüber ift eine entsprechende Eintragung in das Lagerbuch zu machen, und bei den vorstehend ad 4 angeordneten Nevisionen zu prüfen, ob in dieser Beziehung von dem Stelleninhaber das Er- forderliche geleistet worden ist.

___6) Insofern auésnahmsweise auf Staatskosten meliorirte A cker - flähen in Frage fommen, ift aufer der Düngung auch die fonstige ordnungémäßige Bewirthschaftung zu controliren und strenge darüber ¿u- wachen, daß der Nuznicßer den ihm obliegenden Verpflichtungen vünftlih nahkommt, damit eine asllmähliche Verschlehterung der Me- liorationéflähe unter allen Umständen vermieden wird. Ich verweife dieserhalb auf meine die dom änen fiskalishen Moordammculturen betreffende Verfügung vom 7. März 1890, welche auch bei der Forstverwaltung sinngemäße Anwendung zu finden hat. Insbesondere ist darauf zu halten, daß auf den in Frage kommenden Flächen seitens der Nutnießer für eine sachgemäße Regulirung des Wasserstandes gesorgt, dem Uebcrhandnehmen des Untrauts auf den Däâmmen enigegen-

in Frage ade 1p r Múgorwie73, etwa 8 Ctr.Kainit und 4 Ctr.

earbeitet und cin Vermischen der aufgetragenen Sanddccke mit dem

runter lagernden Moore, namentlich etwa durch zu tiefes Pflügen, vermieden wird. Uebrigens wird es nah wie vor nur aus- nahmêweife genehmigt werden fönnen, daß solche Dienstlandéflächen auf fiscalishe Kosten meliorirt werden, welhe niht zur Wiefen- nußung, sondern zur A cker nußung bestimmt sind.

7) Bei Neuanlage ciner Dienstlands-Melioration werden die Kosten der erstmaligen künstlichen Düngung und der Einfaat der zur Herstellung einer dauernden Grasnarbe erforderlichen Gräfer aus dem Meliorationskapital mit bestritten, niht dagegen diejenigen für die erstmalige Cinsaat von Getreide, welches nur eine Ernte liefert, die dem Nußnießer voll zu gute kommt. 5 :

Der Minister erwartet, daß nicht nur die Revierverwalter, sondern auh die Jnspections- und Ober-Forstbeamten dieser Angelegenheit ihre rege fmann widmen werden. Sollte ein Nugznießer sih den bezüglichen Anordnungen gegenüber wiederholt säumig deigen. so soll in Erwägung gezogen werden, ob die betreffende Mesliorationsfläche von dem Dienstlande desselben etwa loszulösen und anderweitig nußgbar zu machen

sein wird.

Der Gencral:-Jnspecteur des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens, General der Infanterie von Keßler hat eine Dienstreise nah Schloß Engers angetreten.

Der bisherige Kaiserlihe Gesandte bei der Republik Chile Freiherr von Gutschmid hat Santiago verlassen.

Der Regierungs-Afffsessor Winkel zu Magdeburg is an die Königliche Regierung zu Aachen verseßt worden.

Der neuernannte Regierungs-Assessor Freiherr von Nichthofen ist bis auf Weiteres dem Landrath des Kreises Sagan, Regierungsbezirks Liegniß, und der neuernannte Negierungs-Ässessor von Waldthausen bis auf Weiteres dem Landrath des Kreises Saarbrücken, Regierungsbezirks Trier, zur Hilfeleistung zugetheilt worden.

Die N von Saltwedell aus Hildesheim, Graf zu Dohna aus Merseburg, Dr. jur. Rof aus Gumbinnen, Nollau aus Posen, von Gottberg aus Königsberg und Dr. jur. Dietrich aus Schleswig haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.

Hannover, 21. März. Die außerordentliche Landes - synode hat in ihrer heutigen Sizung die Vorlage über Ablösung der Stolgebühren in folgender Fassung an- genommen :

& 1. Die Gebührenpfliht für Taufen ist aufgehoben. § 2. edoch ist für Taufen, die, abgesehen von Nothfällen, niht in der Fire oder dem Pfarrhausfe stattfinden, eine von dem Kirchenvorstande mit Genebmigung der Kirchenregierung festzustellende Abgabe an die Kirchenkasse zu erlcgen. Ausgenommen von dieser Bestimmung sind diejenigen Kirhengemeinden, in welchen die Taufen außerhalb der Kirche oder des Pfarrhauses die bergebrachte Regel bilden. Entsteht in einem einzelnen Falle darüber Streit, ob diese Abgabe zu entrichten ist, so entscheidet darüber der Aus\{huß der Bezirkssynode nah Anbörung des Kir(envorstandes. Gegen diese Entscheidung ist binnen dreißig Tagen na geschehener Zustellung die Beshwerde an das Consistorium zu- lässig. Eine weitere Beschwerde findet nicht statt. § 3. Insofern bei den Taufen eine besondere, niht zum Wesen der Handlung gehörende Thätigkeit oder Leistung in Anspruch genommen wird, ist dafür die etwa bestehende oder vom Kirchenvorstande mit Genehmigung der Kirchenregierung festzustellende Vergütung dem Bezugsberechtigten zu entrichten. § 4. Der den Stellen bezw. deren Inhabern oder an ibrer Stelle bezugéberechtigten Kassen durch die Aufhebung der Gebübren für Taufen verurfahte Ausfall is von den Kirchenkassen, soweit diese dazu ausreichen, und wenn nicht im Falle der Unzulänglich- feit Dritte ganz oder theilweise für sie einzutreten haben, fonst von den Kirchengemeinden durch eine Rente zu erseßen. Die Mente ist zahlbar am Schluß jedes Vierteljahrs. § 5. Die Höbe der Ent- \chädigungsrente bestimmt sih nach dem Durchschnitt der Solleinnabme aus den aufgebobenen Gebühren für die in den Jahren 1887 bis ein- \{ließlih 1891 vollzogenen Taufen. Ist diese Durchshnittseinnahme nit zu ermitteln, so ist die Höbe der zu gewährenden Entschädigungs- rente unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der Zabl der in den angegebenen Jahren überhaupt vorgekommenen Taufen durch Schäßung zu finden. § 6. Von fechs zu sechs Jahren kann cine neue Feststellung des für die Folgezeit zu ersetzenden Auëêfalls seitens der Kirchenregierung des Bezugsberehtigten oder des Kirchenvorstandes mit der Wirkung verlangt werden, daß die ursprünglich festgestellte Entschädigungsrente im Verhältniß des bis dahin ein- getretenen Anwachsens oder Herabgehens der Seelenzahl in den Kirchengemeinden erhöht oder gemindert wird. Die Seelenzahl der Kirchengemeinde foll zu dem Ende sofort bei der ersten Feststellung des Auêfalls im Anschluß an die zunächst vorhergegangene öffentliche Zäblung und demnächst, fo oft es nötbig wird, in entsprehender Weise thunlichst genau festgestellt werden. Eine Veränderung der Entschä- digungsrente ist nur dann statthaft, wenn dieselbe si mindestens auf einen Betrag von 5 9/6 der früheren Rente beläuft. § 7. Denjenigen Kirchengemeinden, welche nach § 4 die Zahlung der Entschädigungs- rente an Stelle der Kirchenkasse oder Dritter ganz oder theilweise ob- liegt, wird aus dem im § 9 bezeichneten landesfkirchlichen Fonds ein Ersaß gewährt. Dieser Ersatz bestcht in ciner fortlaufenden Rente, deren Iahresbetrag sih berechnet nah der Zahl der in den Jahren 1887 bis 1891 einscließlih vollzogenen Taufen, verviel- fältigt mit dem Gebührensaßz für die einfachste Form der Taufe, mit Ausschluß derjenigen, für welhe cine höhere Gebühr bezahlt ift. Wo dieser Gebührensay nach Ständen, Steuern u. |. w. abgestuft ist, muß daraus unter Berücksichtigung der örtlichen Verbältnisse ein Durchschnittssat gefunden werden. Diejenigen Kirchengemeinden, in welchen nah dem 1. Januar 1874 die Gebühren für Taufen freiwillig ganz oder theilwcise seitens der Kirchengemeinde abgelöst sind, erhalten gleichfalls aus dem landesfirblichen Fonds einen Ersay, welcher nah den in diesem Geseß aufgestellten Grundsäßen mit der Maßgabe zu ermitteln und festzusezen ist, daß an Stelle der Jahre 1887 bis 1891 die leßten fünf Kalenderjahre vor der Ablösung treten. Der Ersatz ist am Scllusse jedes Vierteljabrs zahlbar. Von sech8s zu fes Jahren kann seitens der Kirchenregierung oder des Kirchen- vorstandes eine neue Feststellung des für die Folgezeit zu gewähren- den Ersates verlangt werden. S. 8. Die Festseßung der im § 5 dieses Gesetzes vorgesehenen Entschädigungêrente und der dafür in Betracht kommenden Seelenzahl der Kirchengemeinde, sowie der nach & 7 aus den! landesfirchlihen Fonds zu gewährenden Zuschüsse erfolgt dur das Consistorium. Gegen dessen Entscheidung ist binnen dreißig Tagen nach Zustellung der Festsezungsverfügung die Beschwerde an das Landesconsistorium zulässig, welches endgültig entscheidet. In den Fâllen der §§ 5 und 6 dieses Geseßes sind von der Entscheidung des Consistoriums die Betheiligten (Bezugsberechtigten und Kirchenvor- stand), sowie vor der Entscheidung des Landesconsistoriums der Auê- \huß der Bezirkssynode zu hören. S 9. Behufs Gewährung des im § 7 vorgesehenen Erfaßes- wird ein landesfir- liher Fonds gebildet, in welchen die fstaatlicherscits für die Zwecke der Stolgebührenablöfung zu gewährende Rente fließt. § 10. In denjenigen Kirchengemeinden, in welchen eine Aufhebung der Aufgebots- und Trauungsgebühren nach Maßgabe des § 8 des Kirchengesetzes vom 16. Juni 1875 bisher nicht stattgefunden hat, tritt diese nunmehr ein, und ist die Entshädigungésrente nah den

Bestimmungen des genannten Geseßes zu ermitteln. Soweit ; diesen Kirchengemeinden eîn zur Zahlung der Entschädigun : in Verpflichteter nicht vorhanden ist, vermindert sich die Eutnaha rente betreffenden Stellen um den Betrag dieser Entschädigun a der doch wird den auf ihnen zur Zeit des Inkrafttretens dices Es im Amte befindlichen Personen für ihre Amtsdauer die G... s{ädigungêrente aus dem im § 9 bezeihneten landesfirlider Fonds gezahlt. § 11. Etwaige Ersparnisse an der staatlich n seits zu gewährenden Rente verbleiben dem landesfire, lihen Fonds. Dieselben sind zur Erleichterung ärmerer I \hwer belasteter Kirhengemeinden bci Aufbringung der von denselben zum Zwecke der Aufhebung von Stolgebühren jeßt und in Zuf en zu übernehmenden bezw. nach dem Kirchengefeß vom 16. Juni unft übernommenen Entschädigungsrenten zu verwenden. Die Art ues Weise der Verwendung bleibt kirchengeseßlicher Regelung vorbehal: nd Bis zum Erlaß derselben ist das Landerconsistorium ermähtigt gleihem Zwecke einmal Beihilfen zu bewilligen. Dasselbe hat jähr e unter Beifügung der Jahresrechnung cine Uebersicht über die Ne wendung der Ersparnisse dem ständigen Ausschuß der Landesfvu mitzutheilen. § 12. Die Festseßung des Zeitpunkts, mit wei dieses Geseß in Kraft tritt, bleibt Königlicher Verordnung vorle: halten. § 13. Das Landeësconsistorium if mit Ausführung dies Gesetzes heauftragt. tejes Vayern.

München, 21. März. Die Kammer der Abgeord- neten begann heute die Berathung des Post- und Tele- graphen-Eiais. Nach einem der „Köln. Ztg.“ zugegangenen

erichte regten die Abgg. Freiherr von Stauffenberg und Maifon die Ermäßigung der Telephongebühren an, indem sie auf Dänemark hinwiesen und dankend anerkannten daß seit dem 1. Januar die bayerische Postverwaltung auf diesem Gebiet erheblihe Erleichterungen eingeführt habe. Der Minister Freiherr von Crailsheim hielt, wie schon früher, in Uebereinstimmung mit dem Staatssecretär von Stephan, vorerst die Ermäßigung der Telephongebühren nicht für angängig. Jn Kopenhagen betrage das Abonnement auch 170 /& Die Regierung werde alles Nöthige thun, um zu veranlassen, daß die englische Ueberlandpost durch Bayern geführt werde. Die Erfüllung der Wünsche betreffs facultativer Paet- zustellung und Errichtung höherer Postdienstschulen sei gegen- wärtig unmöglich. Die Portofreiheit für die Armenpflegschafts- Räthe sei ungeseßlih. i _, Der Finanzau s \chu ß genehmigte in seiner heutigen Sißung folgende Positionen: 1438000 für Er- weiterung des bayerischen Bahnhofes in Eger, 5 048 000 für den Nürnberger Centralbahnhof, dessen Neubau in Zukunft noch weitere 7 Millionen Mark erfordert, 754000 # für die Fortsesung der Weichen- und Signal-Centralsignalisirung nebst 1 896 000 # für dazu er- forderlihe Stationsbauten, 3620 000 f zur Erweiterung mehrerer Stationsanlagen und für Einrichtung von Stationen, für den Traunsteiner Bahnhofsbau noch besonders 42000 M

Sachsen.

__ Dresden, 21. März. Die Erste Kammer erledigte, wie das „Dr. J.“ berichtet, in ihrer heutigen Sißung den größten Theil des Etats des Departements des Cultus und offentlichen Unterrichts und bewilligte nach der Regierungs- vorlage unverkürzt die Forderungen für das Ministerium, die Kirchen und kirchlichen Behörden, die Landes-Universität und sämmtliche andere Unterrichtsanstalten , einschließ- lich der Bauten, der erhöhten Beihilfen an Scul- gemeinden und der Gehaltserhöhungen. Eine Differenz zu den Beschlüssen der Zweiten Kammer ergab sih lediglich bei der geforderten 6. Klasse der Alterszulage für Geistliche (24000 J), welche die Zweite Kammer gestrichen hatte, die Erste aber einstimmig heute bewilligte. Die Zweite Kammer beshloß, der Staatsregierung rüsihtlich des Rechenschafts- berichts auf die Finanzperiode 1888/89, foweit dies nicht in der Sißung vom 28. Januar bereits geschehen ist, Entlastung zu ertheilen, ferner nach kurzer Debatte auf Antrag der Berichterstatter Steyer und Frißshing: der Staats- regierung für die Einbringung der Vorlage über das Umlageverfahren bei der land- und forstwirthschaftlichen Berufs- genossenschaft für das Königreih Sachsen und die darin ent: haltenen Ausführungen zu danken, der Beibehaltung des jezigen Umlageverfahrens der land- und forstwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft beizustimmen, aber daran die Bitte zu fnüpfen, die Staatsregierung möchte, je nah Ermessen, dem nächsten oder übernächsten Landtag weitere Mittheilungen über die Wirkung des Umlageverfahrens machen.

Vaden.

Karlsruhe, 21. März. Seine Königlihe Hoheit der Großherzog ist laut Meldung des „W. T. B.“ genöthigt, das Bett zu hüten. Jhre Königlichen Hoheiten die Groß- herzogin und der Erbgroßherzog kehrten heute Abend von der Trauerfeier in Donaueschingen hierher zurü.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Weimar, 20 Marz Der Lanviag hat nach der „Weim. Ztg.“ die procentualen Gehaltsaufbesse- rungen der Beamten nah dem Regierungsantrage mit den beiden Aenderungen genehmigt, daß auch die Gehälter des Staats-Ministers und der Abtheilungs-Chefs (aus 14000 und je 10500 M) erhöht, die Honorirungen der Medizinalcommission dagegen davon ausgeshloîen werden.

Oesterreich-Ungarn.

Der Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky hat sich gestern an das Hoflager in Budapest begeben. i S __ Der deutsche Gesandte in Bukarest von Bülow t! gestern in Wien eingetroffen. : In der gestrigen Sizung des ungarischen Unter- hau} es erklärte gestern bei der Fortsezung der Adreßdeba!ic der Finanz-Minister Dr. Wecerle das Programm der Unabhängigkeitspartei für undurhführbar; feine Verwirt lihung würde Ungarn auf das Niveau eines Staats fünften Ranges herabdrücken. Unter Hinweis auf die finanziellen und wirthschafilihen Errungenschaften der leßten Jahre wies Dr Minister den Vorwurf wirthschaftlicher Abhängigkeit Ungarn? von Oesterreich zurü.

Großbritannien und Frland. i _ In der gestrigen Sißung des Oberhauses theilte der Staatssccretär der Colonien Lord Knuts ford ein am S0 abend eingelaufenes Telegramm des Gouverneurs vo? Sierra Leone mit, demzufolge am 18. März Tambi vol

der englii

: Rolizeima cht angegriffen worden sei; sie

¡edo Acht r Tambi eindringen dönten, sondern nach der

E ¿station zurückehren müssen. Capitän Robinson usg Polizist seien getödtet, die Majore Brown und Moore, und n Campbell und 21 Polizisten verwundet worden. Der Cap rerneur habe beabsichtigt, in Begleitung von 50 Polizisten Bes ewissen Männern nachzuforschen, ob sie Mannschaften deen und einen neuen Polizeiangriff auf Tambi unterstüßen

m Unterhause erklärte der Err des quswáärtigen Lowther auf eine bezüglihe Anfrage: der A ische Gesandte in Tanger sei gewichen, die Frage br errichtung von gemischten Tribunalen in Marocco der Auge zu behalten. Jm weiteren Verlauf der Sizung bes{chloß E ‘Gans die Ausweisung des wegen -Untershlagung von Mändelgeldern verurtheilten Deputirten Hasting aus dem Unterhal ranschläge des Ma dem für 1892—93 sind jeßt im Druck erschienen. Die Gesammtausgaben be- en sich auf 15 266 811 Pfd. Sterl, d. i, 25 100 mehr als ¡m Vorjahre. Für Schiffsbauten sind 2 271 777 Pf. Sterl. bestimmt: es sollen drei neue Shlachtschiffe und zehn Tor pedoboote erster Klasse während des Jahres in Angriff genommen werden. Das Personal der Marine wird m 3100 Mann verstärkt. A 4

Mie der Londoner Berichterstatter der „Birmingham Post“ von einem höheren Polizeibeamten erfahren hat, reisen seit den lezten Wochen häufig Anarchisten vom Continent nah den Binnengrafshaften, wo sich der Mittelpunkt der anarchistishen Action zu befinden scheine. Die Londoner Geheimpolizei wisse, daß in den leßten sehs Wochen etwa dreißig französische und spanische Anarchisten ihren Weg dort- hin genommen hätten.

Frankreich.

Der neuernannte englishe Botschafter Marquis of Dufferin überreichte gestern dem Präsidenten derRepublik in feierliher Audienz fein Beglaubigungsschreiben und bezeichnete es dabei, wie O L B.“ meldet, als seine Auf- gabe, mit allen Kräften die guten Beziehungen zwischen Frank- reich und England zu pflegen. Präsident Carnot versicherte den Botschafter seiner Unterstüßung bei der Erfüllung dieser Mission. ;

Jn der Deputirtenkammer gelangte gestern die Budgetvorlage zur Vertheilung. Die Einnahmen sind mit 3348 158 622 Fr., die Ausgaben mit 3 347 691 488 Fr. einge- stellt. Der Ueberschuß beträgt 467 134 Fr.

Drei neue Versuche der Anarchisten, mit Spreug- toffen Unheil anzurichten, sind der „Köln. Ztg.“ zufolge in Paris entdeckt worden. Auf dem Postamt der Rue Taitbout fand m Sonntag Morgen um 4/2 Uhr ein Briefträger einen Fupferbehälter mit einer angezündeten Lunte. Ein Kanalfeger intdeckte am Sonnabend Nachmittag eine anscheinend geladene Rombe in cinem Abfluß der Rue du Temple, und ebenfalls am Sonnabend Nachmittag warfen in der Rue Notre Dame des Victoires zwei junge Leute eine Eisenkapsel mit Zünd- {nur in eine Droschke. Zwei Schußleute bemerkten die Leute, ‘tnnten ihrer aber niht habhaft werden. Der Anarchist Martinet wird wegez einer in Brest gehaltenen Brandrede vor Gericht gestellt werden.

Ftalien.

In der gestrigen Sizung der Deputirtenkammer beantwortete der Minister-Präsident Marchese di Rudini eine von dem Abgeordneten Jmbriani eingebrachte Jnter- pellation über die wirthshaftliche Lage Jtaliens. Nach dem Drahtbericht des „W. T. B.“ erklärte Herr di Nudini : die wirthshaftlihe Lage sei zwar feine vorzügliche, aber das

Ministerum seße alle seine Kräfte ein, um fie zu bessern. Er bitte Jmbriani, bei Beurtheilung der Situation nicht zu Über- treiben, da gewisse Anklagen und Kritiken, obgleih sie unbe- qründet und übertrieben seien, dem Lande schaden könnten. Der Minister-Präsident {loß mit der Versicherung, daß Jtaliens auswärtige Politik und Jtaliens Bündni]]e ihm nihts von seiner absoluten Unabhängigkeit nähmen. Tmbriani erklärte sich dur dieje Antwort nicht befriedigt und brachte einen darauf bezüglihen Antrag ein, der nach Er- ledigung des Budgets berathen werden wird.

Spanien.

Den Cortes. wird, wie. „W. T. B.“ aus Madrid er- fährt, ein Geseyentwurf vorgelegt werden, durch welchen die Eisenbahngesellshaften ermächtigt werden, als Com- vensation für die Verluste am Wechselcurse die Eilgütertarife und die Preise der Fahrbillets erster Klasse um 12 Proc. zu erhöhen; die Gesellschaften haben dagegen die Transporttarife jur Kohlen herabzusegzen.

Portugal.

Der Finanz-Minister hat laut Meldung des „W. Di. aus Lissabon gestern den Entwurf zu einem Uebercink om- men unterzeichnet, welches die Delegirten der auswärtigen Inhaber portugiesisher Staatstitres den bezüglichen Comités zu unterbreiten haben werden. Jn dem Entwurf wird insbesondere eine Herabsczung der Zinsen der auswärtigen Schuld auf 50 Proc., welche in Gold zahlbar sind, festgeseßt. Die Amort1- sation der amortisirbaren Schuld soll aufrechterhalten bleiben, ebenso der Kapitalsbetrag der Schuld sowie eine Anleihe von 100 Millionen zum Zweck der Consolidirung der \chwebenden Schuld und zur Sicherstellung der Verzinsung der auswär- tigen Schuld während zweier Jahre. Die Zolleinnahmen sollen für den Dienst der neuen Anleihe und der auswärtigen Schuld verwendet werden. Die neue Anleihe im Betrage von 100 Millionen soll in 151/2 Jahren amortisirt werden. Wie die Londoner „Times“ jedo von gut unterrichteter Seite hört, würden diese Vorschläge Abänderungen erfahren. Das Blatt glaubt, die portugiesishe Regierung sei bereits davon in- sormirt, wie es keineswegs wahrscheinlih sei, daß die in Aussicht genommene neue, durch die Zolleinnahmen zu ge- währleistende Anleihe von Erfolg begleitet sein werde.

Schweiz. _ Der Bundesrath hat, wie der Berner „Bund“ berichtet, in seiner Sißung vom Sonnabend Abend die Antwort auf die neuesten Gegenvorschläge Jtaliens festgestellt. Man glaube, daß nach dieser Antwort die Delegirten der beiden änder in Zürich zusammentreten können, ‘um die Handel s- vertrags-Unterhandlungen zum Abschluß zu bringen, a über die hauptsächlichsten Punkte, insbesondere über die wummwolle, eine Einigung so gut als erzielt sei.

Niederlande.

In Beantwortung des Berichts der Sectionen der Zweiten Kammer über das Schlußprotokoll zur Anti- iklaverei-Acte (vgl. Nr. 68 d. Bl.) hat die niederländische Regierung nunmehr, nach einer Depesche des „W. T. B.“ aus dem Haag, erklärt: die nur partielle Ratification der Acte seitens Frankrei chs erscheine ausreichend gerechtfertigt im Hinblick auf die große Bedeutung und das Gelingen der Anti- \klaverei-Acte. Jndem Frankreih die Beobachtung des Ver- trages auf dem Meere unter französisher Flagge überwachen wolle, fühle sich dasselbe durch Artikel 9 der Berliner Congo- Acte und das Uebereinkommen mit England vom Jahre 1867

gebunden. Belgien.

Der Auss\chußberiht über die Verfassungs- revision ist in diesen Tagen der Deputirtenkammer vor- gelegt und diese damit selbst in die Lage verseßt worden, die Re- vistonsfrage zur Entscheidung zu bringen. Die Aufgabe der beiden Kammern wird sih, wie man dem „Hamb. Corr.“ aus Brüssel schreibt, darauf beschränken, die Verfassungsartikel _ZU bezeichnen, deren Revision sie als nothwendig anerkennen. Erst die neu zu wählenden Kammern werden beschließen, ob unD wie die jezt bezeichneten Verfassungsartikel zu ändern sind. Jede Verfassungsänderung is nur dann _ als an- genommen anzusehen, wenn zwei Drittel der Senatoren und Deputirten, wie der König selbst ihr beistimmen. Nach allseitiger Uebereinstimmung sollen die drei das Stimmrecht für Senat und Deputirtenkammer betreffenden Verfassungs- artikel revidirt werden. Gemäß dem Antrage des Kammer- ausschusses sollen weitere sieben Artikel im Einklange mit den Regierungsvorschlägen als „revisionsbedürftig“ erklärt werden, sodaß die neuen Kammern außer dem Stimmrechte ih über Colonialerwerb, Umgestaltung dcs Senats, künftige Thron- folge und Rechte des Königs s{hlüssig zu_ machen haben. Die jezige Deputirtenkammer hat somit nächstens darüber zu aitscheiden, ob sie diese zehn Artikel als „revisionsbedürftig“ anerkennt. Nah Fassung dieses Beschlusses hat der Senat seine Entscheidung über diese Frage zu fällen. Stimmen beide Körperschaften, woran nah Lage der Sache niht mehr zu zweifeln ist, denn die Rechten der beiden Kammern und das Ministerium sind über diesen Punkt und über den Beschluß, die streitigen Punkte, besonders das Referendum den neuen Kammern zur Entscheidung zu überlassen, einig der Annahme der diese zehn Verfassungsartikel umfassenden Revision zu, fo werden sie Anfang Mai aufgelöst.

Griechenland.

Der Ministerrath berieth in einer gestern abgehaltenen Sizung über Maßregeln gegen die künstliche Gold- hausse. Wie nah einem Telegramm des „Wolff schen Bureaus“ aus Athen verlautet, würden die Goldtermin- geschäfte verboten werden. Das Goldagio betrug gestern 53 Proc. Von gut unterrichteter Seite wird dem Berichterstatter des- selben Bureaus versichert, daß die Auflösung der Kammer am nächsten Donnerstag erfolgen werde.

Die „Pol. Corresp.“ läßt sich aus Athen melden, daß König Georg in diesem Jahre auf seine Sommerreise ver- zihten und an der Feier der goldenen Hochzeit des dänischen Königspaares nicht theilnehmen werde.

Numänien.

Bei der Entgegennahme der Adresse der Kammer bemerkte der König, die Kammer erfülle ihre eigentliche Mis- sion, wenn sie alle ihre Anstrengungen den großen Jnteressen des Landes zuwende und die Regierung unterstüge. Die Königin sei, wenngleich ihr Gesundheitszustand sie noch fern- halte, doch mit ihm, dem Könige, einig in den Gefühlen für das Glü und die Größe des Vaterlandes.

Wie die „Pol. Corr.“ erfährt, wären dem diplomatischen Agenten Bulgariens in Bukarest Theodorow von E rishen Emigranten Drohbriefe zugegangen und habe die rumänishe Polizei Maßregeln zum Schuße Theodorow's getroffen.

Amerika.

Der Schagamts-Secretär Foster ist am Donnerstag v. W., von England zurückkehrend, wieder in Washington eingetroffen.

Der „New-York Herald“ hat eine Depesche aus Caracas erhalten, der zufolge ein Gefecht zwischen den Regierungs- truppen und den Gegnern des Prähdenten von Venezuela Dr. Palacio stattgefunden haben soll. Die Jnsurgenten seien geshlagen worden. Die Depesche fügt hinzu, daß der Kampf der beiden Parteien voraussichtlich von langer Dauer sein werde.

Afrika.

Der Sirdar der egyptishen Truppen, General Sir F. Grenfell ist, dem „R. B.“ zufolge, völlig wiederhergestellt, von Wady Halfa, wo Truppenübungen abgehalten werden sollten, aber wegen der Jnfluenza abbestellt werden mußten, wieder in Kairo eingetroffen.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (200.) Sizung des Reichstags fand Präsident von Leveßow seinen Tisch mit einem s{chönen Blumenstrauß geshmückt. Er knüpfte daran die Bemerkung, daß eine Fol, Cie Mer nom ne erreiht worden sei und hoffentlih nie wieder erreicht werden würde, und zugleich den Wunsch, daß die ihm gespendeten Frühlingsblumen die Blüthe des Reichs bedeuten mögen. : E

uf der Tagesordnung des Hauses standen zunächst Wahl- prüfungen, und zwar zuerst die des Abg. von Colmar (conf.) im ersten Wahlkreise des Regierungsbezirks Bromberg, die schon einmal vom Hause beanstandet war. Die Wahlprüfungs- commission hat die weitere Aussegung der Beschlußfassung über die Wahl empfohlen und zuvor noch verschiedene Vewe1s- erhebungen, eidliche und uneidliche, vera

Abg. Dr. Mehnert (cons.) beantragte, die cidlichen zu streichen. : S

Abg. Traeger (dfr.) beantragte die Ungültigkeit der Wahl oder eine Erweiterung der Beweiserhebungen wegen mehrerer in den Protesten erwähnter Punkte. 5

Es sprachen noch die Abgeordneten Auer (Soc.), Hahn (cons.), Dr. von Komierowski (Pole), Gröber (Centr.), Schneider- Hamm (nl.). Bis zum Schluß des Blattes haite die Verhandlung noh nicht ihr Ende gefunden.

‘der Minister des Jnnern

In der heutigen (3.) Sißung des Herrenhauses, welcher

errfurth, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch und der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden beiwohnten, erhob sih das Haus zunächst zum ehrenden Andenken an die seit der leßten Sizung verstorbenen Mitglieder: Graf von Krassow, Graf zu Solms-Roedelheim, Fürst zu Salm-Horstmar, Fürst Carl Egon zu Fürstenberg und Commerzien-Rath Lotichius, von den Sigzen.

Neu berufen sind die Mitglieder Wi hard von Rochow auf Golzow, Ober - Bürgermeister Spiritus (Bonn), Stadtdirector Tramm (Hannover).

Bezüglih des Geseßentwurfs über die Bahnen unterster Ordnung wurde beschlossen, ihn nicht der Eisen- bahncommission zu überweisen, sondern ihn in erster Lesung im Plenum zu berathen.

Es folgte die einmalige Schlußberathung des Geseß- entwurfs, betreffend die Abändevung des Geseßes vom 29. Juni 1886 über die Heranziehung von Militärpersonen zu: Abgaben für Gemeindezwecke.

Berichterstatter Herr von Kem niß beantragte die unver- änderte Annahme des Geseßentwurfs.

Freiherr von Manteuffel beklagte, daß die Tendenz des Geseßes von 1886, daß die Offiziere bei Verseßungen feine Erhöhung der Communalsteuern erleiden sollten, da nicht erreicht sei, wo die Schullasten nicht Communallasten, sondern Societätslasten seien, “zu denen die Offiziere troß des Gesehes von 1886 herangezogen würden.

Der Minister des Jnnern Herrfurth erwiderte, daß fich das Gesetz von 1886 lediglich auf die Communallasten beziehe, sagte jedoh zu, die angeregte Frage in Erwägung ziehen zu wollen.

Freiherr von Manteuffel dankte dem Minister für diese Erklärung, wenn sie ihn auch nicht allzusehr mit Hoff- nungen erfülle.

Der Geseßzentwurf wurde darauf angenommen.

Es folgte die einmalige Schlußberathung über den Geseß- entwurf, betreffend die Aufhebung älterer in der Provinz Hessen-Nassau geltender geseßliher Be- stimmungen über die Untersuhung des Schlacht- viehs und die Ausstellung von Vieh-Gesundheits- seinen.

Berichterstatter Justiz-Rath Rieß beantragte die unver- änderte Annahme des Geseßentwurfs.

Das Haus beschloß ohne Debatte nach diesem Antrag.

Es folgte die einmalige Schlußberathung über den Ge- seßentwurf, betreffend die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage in den Provinzen Shles- wig-Holstein, Hannover und Hessen-Nassau, sowie in den Hohenzollernschen Landen.

Berichterstatter Graf von Reventlou beantragte die unveränderte Annahme des Geseßentwurfs.

Graf von Klincckowström bedauerte, den Cultus- Minister niht mehr an seinem Plate zu sehen, legte einige Bedenken gegen die Vorlage dar, wollte aber doh dafür stimmen und bat die Regierung, diese wichtige Frage durch Landesgeseßgebung zu regeln. (Schluß des Blattes.)

Jn der heutigen (39.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz-Minister Dr. Miquel, der Minister für Landwirthschaft 2. von Heyden und der Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen beiwohnten, stand auf der Tagesordnung als erster Gegenstand die Be- rathung der Denkschrift, betreffend den Kanal von Dortmund nach den Emshäfen.

Abg. Graf Kanißtz (cons.) stellte den Antrag:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, die Königliche Staatêregierung zu ersuchen: die vorges{lagene Aenderung des im Jahre 1886 genehmigten Kanalprojects von der Bedingung ab- hängig zu machen, daß die auf 4770 000 M veranschlagten Mehr- fosten dur) freiwilliae Beiträge der Interessenten gedeckt werden.

Abg. Schmieding (nl.) erkannte die in der Denkschrift niedergelegten Abänderungen des Kanals, namentlich in Bezug auf dessen Linienführung, als Verbesserungen an, empfahl aber auch die Herstellung des sogenannten Mittellandkanals von der Ems nach der Mittelelbe und fragte die Regierung, wie weit die Vorarbeiten dazu gediehen seien. -

Abg. Dr. Dünckelberg (nl.) trat für eine Berücksich- tigung der landwirthschaftlichen Interessen bei diesem Kanalbau wie bei allen anderen Kanalbauten ein.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen erwiderte, daß die Denkschrift auch dem Minister für Landwirthschaft vorgelegen habe, also die landwirthschaftlichen Jntere)sen ge- bührend gewahrt würden. Für den Mittellandkanal seien die Vor- arbeiten im Gange. Der Minister begründete sodanndie veränderte Linienführung des Dortmund-Emskfanals damit, daß dieser da- durch eine höhere wirthschaftliche Bedeutung erhalte, und besprach ferner im einzelnen die Aenderungen der Kanalabniessungen, warnte aber vor noch größeren Dimensionen, weil sonst die Kosten so hoh werden würden, daß es fraglich sei, ob sie noh in rihtigem Verhältniß zu den wirthschaftlichen Vortheilen des Kanals ständen. Stimme das Haus den Grundsäßen der Denkschrift zu, so könnten die Arbeiten am Kanal in den nächsten Wochen energish in Angriff genommen werden, was auch 1m FJnteresse der Beseitigung der Arbeitslosigkeit wünschenswerth sei.

Abg. Graf Kanitz befürchtete eine Ueberschreitung der Kostenanschläge, weil die Arbeitslöhne gestiegen seien, bemängelte es, daß man diese Mehrausgabe nicht in einem besonderen Geseß verlangt habe, und wünschte statt dieses Kanals cine Kanalisirung eines Nebenflusses des Rheins. Die westfälishen Kohlenproducenten würden feinen Vortheil von dem- Kanal haben, weil die Kohlen doch nicht so billig zum Mecre gebraht werden könnten, um der englischen Kohle Concurrenz machen zu können, wenn nicht etwa die Kohlen- producenten dem Auslande ihre Waare billiger lieferten als dem Jnlande. Redner besprach eingehend die Ncoiabewegungen des Kohlenmarktes und das Verhalten der Kohlensyndikate.

Der Finanz-Minister Dr. Miquel hob hervor, daß die Staatsregierung von der Vorlegung eines Geseßentwurfs ab- geschen habe, weil eine festbegrenzte Ziffer über die Kosten des veränderten Projects gar nicht angegeben werden könne und weil vielleicht gar feine KRostenüberschreitung nothwendig werden würde. Die Angriffe des Grafen Kaniß richteten sih weniger

egen das veränderte Project als gegen den Kanalbau über-

ban der nun doch einmal beschlossene Sache fei. Ueber den Antrag des Grafen Kaniß würde sih reden lassen, wenn darin die Summe abgcest würde, die der ge- plante Anschluß an den Mittellandkanal kosten würde. So wie die Dinge lägen, würde der Antrag nur eine neue Ver- zögerung des Kanalbaues herbeiführen.