1892 / 71 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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î ih mödte sagen, geschäftlihe Erledigungen hinter uns liegen, \obne Verzug die Aufhebung der Beschlagnahme zu bewirken. \

Was die Form dieses Geseßentwurfes betrifft, so hat sie keineswegs den Zwedck, eine auf unbestimmte Zeit etwa zu verlängernde Vollmacht für eine Allerhöchste Verordnung zu erlangen, diese Form ift lediglich dur diese eben bezeichneten geshäftliben Erledigungen, welche zweck- mäßig vor die unmittelbare Aufhebung der Beshlagnahme zu legen sind, bervorgerufen.

Bekanntlich ist nah Maßgabe des Gefeßes vom 15. Februar 1869 die durch die Verordnung vom 2. März 1868 verfügte Beschlagnahme nur durch Gese aufzuheben, und es war daber, wenn man unmittelbar nun zur Aufhebung der Beschlagnabme übergehen wollte, von vorn herein nothwendig, dies Geseß in der von dem jeßigen Entwurf be- absihtigten Weise zu ändern, um dadurch freie Bahn für die jeder- zeitige Aufhebung der Beschlagnahme zu schaffen. Wenn Sie nun fragen, warum nicht der Gesetzentwurf einfach dahin lautet: es wird die Beschlagnahme aufgehoben, so kann ih darauf Folgendes antworten :

In dem Augenblick, wo die Beschlagnahme des Vermögens auf- gehoben wird, tritt der unter dem 29. September 1867 zwischen Seiner Majestät dem Könige von Preußen und Seiner Majestät dem Könige Georg abges{lossene Vertrag unmittelbar wieder in Kraft. Nun wird aber doch schon an und für sich klar sein, daß manche Einzel- beiten dies2s Vertrages {hon wegen des inzwishen stattgefundenen Zeitablaufs einer gewissen Modification bedürfen. Es sind aber au in dem Vertrage, wie si hinterher herausgestellt hat, manche Unklar- heiten, wo es zweckmäßig ist, durch ein Uebereinkommen diese Zweifel zwishen der Krone Preußen und Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs von Cumberland vollständig klar zu stellen. End- lich find mehrere ‘einzelne Fragen, die noch ein besonderes Einvernehmen über die Art der Ausführungen dieses unter dem 29. Sevtember 1867 abges{lossenen Vertrages bedürsen. Es ist erwünscht das werden Sie mir als unbestritten zugeben —, daß, sowie die Beschlagnahme aufgehoben wird, von vorn herein der nun nach allen diesen Richtungen hin geklärte Vertrag in Kraft tritt und nit hinterher noch vielleicht in einzelnen Punkten \{wierigere Ver- handlungen eintreten, nachdem die Beschlagnahme bereits auf- gehoben ift.

Fc glaube also, daß, nachdem Uebereinstimmung zwischen der Staatsregierung und dem Landtag denn ih nehme an: die große Mehrheit des Hauses ist mit der Aufhebung der Beschlagnahme ein- verstanden erzielt ist, über die Zweckmäßigkeit und Möglichkeit der Aufhebung der Beschlagnahme ohne Verzug nah Regelung der eben berührten Verhältnisse, daß doch der Glaube gar nicht entsteben fann, daß nun wieder auf unbestimmte Zeit die Beschlagnabme ver- tagt werden foll.

Eine commissarishe Berathung, wie der Herr Abg. Nichter sie in Aussicht nimmt, würde au über diese einzelnen Fragen eine genauere Auskunft gar nicht zu Tage fördern: denn es wird doch in keinem Falle gerathen sein, in der Commission seitens des einen Theils über einzelne bestimmte Zweifels- und Rechtsfragen vor dem Eintritt der Verhandlungen sich des weiteren auszulassen. Wenn die Hoffnung bestanden, wie ich {on aus einzelnen Fragen des Herrn Abg. Nichter herzuleiten glaube, daß die commissarishe Berathung dahin führte, über jede cinzelne Verwendungéart der bisherigen Beschlagnahme der Nevenüen Auskunft zu erhalten, so kann ich von vornherein erklären, daß eine sole Hoffnung gänzlich unbegründet sein würde. Die Staats- regierung ist nach der Beschlagnahme-Verordnung zur Rechnungs- legung nicht vervflichtet: es sind diese Fonds in der Beshlagnahme- Verordnung ja wesentlich bestimmt worden für Verwendungen in politischer und polizeilicher Hinsicht. Es ift alfo klar, daß die Staats- regierung weder rehtlich verpflihtet ist, noch auch in der Sache wobl thun würde, einzelne Fragen entweder mit Ja oder mit Nein zu beantworten.

Meine Herren, ich möchte Sie daher bitten, wenn ich diese Frage des Herrn Abg. Richter nicht beantworte (Lachen links! Hört! bört !), feineswegs daraus berleiten zu wollen, daß das Schweigen eine Zu- stimmung zu der Behauptung ist. (Heiterkeit.) Das Schweigen be- deutet in diesem Falle eben nichts. (Große Heiterkeit.)

Meine Herren, ich kann Ihnen nur empfehlen, da doch die allgemeine Uebereinstimmung vorhanden ift, daß die Beschlagnahme jeßt in Wegfall fommen foll, daß Sie keinerlei Verzögerungen in diese Angelegenheit hineinbringen wollen. Wenn wir nah dem Wunsche des Herrn Abg. Nichter heute die Aufbebung der Beschlagnahme durch ein bestimmtes Gesetz

sprächen, so würden die Zweifel, die er angeregt hat, genau ebenso leiben, als wenn später die Aufhebung der Beschlagnabme mittels Königlicher Ordre erfolgte. In dieser Beziehung würde dur ein anderes Verfahren nicht das Geringste geändert werden. Es fann also der Zweck, den der Herr Abg. Nichter in dieser Nichtung verfolgt, durch eine andere Form des Gesetzes ebenso wenig erreiht werden.

Meine Herren, die Staatsregierung ist gewiß ihrerseité erfreut, daß sie fich erwaltung dieses Vermögens in Zukunft nicht weiter zu unterziehen braucht. Sie hat die Hoffnung, daß durch die Auf- ns der Beschlagnahme in der Provinz Hannover denn daß die Aufhebung der Beschlagnahme in den Wünschen der Provinz Hannover liegt, ist flar genug hervorgegangen aus den, wenn ih nit irre, einstimmig gefaßten Beschlüssen des Hanneverschen Provinzial-Landtags sie hat, wie gefagt, die Hoffnung, daß die Aufhebung dieser Beschlagnahme zur weiteren Beruhigung der Gemüther in der Provinz Hannover führen und auch nit ihren Einfluß verfehlen wird auf solche Ge- müther, die bisher, sei es mit Recht, sei es mit Unrecht, in dieser Beschlagnahme eine Behinderung voller Versöhnung mit den in- zwis{en gewordenen bistorishen Thatsachen erblicken.

Meine Herren, es ist in der Presse die Frage aufgeworfen, wie denn nun die Sicherung der ursprünglich auf 16 Millionen Thaler bemefsenen Kapitalien, die das Fideicommiß des Gesammthauses Braunschweig-Lüneburg bilden, in Zukunft stattfinden werde, ob nicht die Staatsregierung etwa in der Lage sein würde, nach Auf- hebu ig der Beschlagnahme die Sicherung dieses Vermögens aus der Hand zu geben. Diefe ganze Ansicht beruht auf einer Unkenntniß der Geseße, denn in dem Anleibegeseß, mittels dessen die Staatsregierung crmächtigt wurde, bebufs Abfindung der nah dem Vertrage dem Fideicommiß; des Braunschweigish-Lüneburgischen Hauses zustehenden Kapitaïssumme eine Anleibe aufzunehmen, beißt es ausdrücklih in dem leßten Absat :

Wird die Anleihe genchmigt vorbehaltlich der Zustimmung des E Hen in 8 4 des mit dem König Georg abges{lossenen Bertrages vorgesehenen besonderen Anordnungen und definitiven Vereinbarungen.

Diese besonderen Verabredungen in dem § 4 des fraglichen Vertrages Tauten nun dabin: j

Da von Seiten der Krone Preußen, beißt es im § 4, bebufs Sicherstellung dieser Ausgleihssumme besondere Anordnungen nöthig befunden sind, über welhe ein Einverständniß noch nit hat erzielt werden können, so follen zwischen Organen, welche die Krone Preußen bezeichnen wird, und den Interessenten unverzüglih Verhandlungen darüber eröffnet werden, wie die Sicherstellung der 11 Millionen Thaler in Werthpapieren und der 5 Millionen Thaler baar, der leßteren sowohl in dem Betrage, welchen die Krone Preußen nah den im § 9 gestatteten Anrechnungen zu gewähren bat, als auch in dem Betrage, dessen Anre{bnung Seiner Majestät dem Könige Georg V. vorbehalten ift, bewirkt werden soll.

Bis diese Verhandlungen zu einer definitiven Vereinbarung geführt haben werden, sollen die von der Krone Preußen zu ge- währenden Werthpaviere und baaren Gelder in. der Hand der Krone Preußen deponirt bleiben, die baaren Gelder jedoch in Staats- oder sonstigen sicheren Papieren nach beiderseitigem Einvernehmen zinsbar angelegt und die von dem gesammten Depositum auffommenden Zinsen in halbjährlichen Raten Seiner Majestät dem Könige Georg V. ausgezablt werden.

Wenn nun derartige Anordnungen zu stande kommen , dann bedürfen dieselben der Zustimmung des Landtags nah dem eben vor- gelesenen Anleibegeseßz. Kommen folche Anordnungen nit zu stande, dann bleibt nah diesem Vertrage das ganze Kapital in der Hand der Krone Preußen. Von einer Gefährdung also der Sicherstellung dieser hier in Frage stehenden Summen kann garnicht die Rede sein. Der Vertrag, auf Grund dessen die Anleihe damals bewilligt worden ift, ist in diesem Punkte, während er in den übrigen Beziehungen nah der festgehaltenen Auffassung der Staatsregierung einer Genehmigung des Landtags nicht bedurfte, weil er in dem Uebergangsjahre abge- {lossen ist, Theil des Geseßes geworden. Die Staatsregierung ist also verpflichtet, die geseßlihen Bestimmungen auszuführen, die dahin gehen: entweder bleibt das Kapital in der Hand der Krone Preußen oder aber es finden andere nur mit Zu- stimmung des Landtags möglihe Anordnungen in Beziehung auf die Art der Verwaltung desselben statt. Diese Befürchtungen können also in feiner Weise als irgendwie stihhaltig und ausschlag- gebend für den Landtag erachtet werden.

Meine Herren, es ist allerdings der Vertrag, da ja die Beschlag- nabme fehr bald nach Abschluß des Vertrages genehmigt wurde, in- sofern noch nit in vollem Maße ausgeführt, als die Aufrehnung, welhe nach dem Vertrage dem König Georg gegenüber auf das ihm zugestandenc Gesammtkapital stattfinden sollte wegen solher Beträge, welche derselbe bereits im Besiß hatte, noch nicht in vollem Maße zur Ausführung gekommen. Es is das einer der Punkte, die eben noch zur Ausführung gebraht werden müssen; aber eine ganz Élare Sachlage liegt in dieser Beziehung vor, und ih zweifle nicht, daß ih mit etwaigen Vertretern des Herzogs von Cumberland in der aller- fürzesten Zeit in dieser Beziehung zu einer vollständigen Ueberein stimmung und Klarheit kommen würde.

Auch die anderen Fragen sind nicht von der Bedeutung, daß man irgendwie daran zweifeln fönnte, bei einem beiderseitigen zweifellosen lovalen Verhalten sie bald zu eincm befriedigenden Abschluß für beide Theile zu bringen.

Finanzielle Interessen des Staats, da es sich hier. um Staats- vermögen nicht bandelt, fommen nicht in Frage. Der Herzog von Cumber- land wird nach diesem Vertrage die Revenüen, die Reinerträge der eben bemerften Fonds, welche das Fideicommiß des braunschweig- [üneburgishen Hauses bilden, sofort erhalten. Andere Beträge, die aus allodialen Besitzungen des Herzogs hervorgehen, im Betrage von etwa einer Million Mark werden ihm fofort als Kapital zufallen ; auf diese bezieht sich der § 4 des fraglichen Vertrages vom 20. September 1867 überbaupt nicht.

Meine Herren, ih spreche Ihnen den Wunsch aus, diesem Geseßentwurf, da wir, die Königliche Staatsregierung, mit dem Land- tage in dem- Ziel und in der Sache selbst völlig einverstanden sind, ohne commissarishe Berathung heute Ihre Zustimmung ertheilen zu wollen.

Abg. Dr. Freiherr von Heereman (Centr.): Seine Partei begrüße die Vorlage der Regierung mit besonderer Befriedigung und werde ihr ihre Zustimmung ertheilen in der Vorausfeßung, daß die Regierung. nachdem der Geseßentwurf fertiggestellt sei, ohne Verzug alle diejenigen Maßregeln treffen werde, welche nöthig seien, um die Verpflichtungen zu erfüllen, welche fie durch den Vertrag von 1869 übernommen habe. Sie halte eine möglichst rashe Erledigung der Angelegenheit für wünschenêwerth und eine commiffarische Berathung nicht für nöthig. Die Gründe, welche der Abg. Nichter dafür an- geführt habe, halte er (Redner) niht für durchs{chlagend. Da anzu- nehmen sei, daß eine Reihe von Abwickelungsgeschäften zur voll- ständigen Regelung nothwendig sein werde, halte er es für gut, wenn es Königlicher Verordnung vorbehalten bleibe, die nöthigen Verein- barungen zum Abschluß zu bringen.

_ Abg. Dr. Krauje (nl.): Namens seiner politishen Freunde möchte er deren Genugthuung darüber Ausdruck geben, daß die Auf- hebung der Beschlagnahme stattfinden folle. Sie glaubten, daß die Vorausseßungen dazu zuträfen und meinten, daß der Brief des Herzogs von Cumberland sowobl ihn selbst als auch unsere Politik ehre. Sie seien überzeugt, daß E die Versöhnung im Deutschen Reiche fort- schreiten werde. Ihrer Ansicht nah fei auch die Aufhebung der Beschlag- nabme im höchsten Grade wünschenswerth, damit niht noch länger ein großer Betrag von Geldern uncontrolirbar der Regierung zur Ver- fügung stehe. Was die Tragweite dieses Schrittes anbetreffe, so seien jie übereinstimmend der Anficht, daß dur diese Aufhebung die Frage der etwaigen Herausgabe des Kapitalvermögens des braunshweigis- [üneburgischen Hauses in feiner Weise durch den vorgeschlagenen Gesetzentwurf berührt werde. Es unterliege feinem Zweifel, daß der § 4 des Vertrages von 1868 in Kraft bleibe, daß nur durch Maß- nahmen der Gejseßgebung unter Mitwirkung der Landesvertretung eine Ausantwortung des Kapitals erfolgen könne, wie der Fürst Bismarck damals selbst erklärt habe. Troßdem bestehe bei einigen seiner politischen Freunde ein Zweifel darüber, ob es nit besser sein würde, in den Gejeßentwurf eine Klausel einzufügen, welche ausdrüd- lih erkläre, daß das Geseß von 1868 in feiner Weise außer Kraft geseßt werde. Eine andere Frage sei, ob irgend eine Veranlassung vorliege, im gegenwärtigen Zeitpunkt, wo die Zustimmung des ganzen Hauses der Regierung sicher sei, einen Schwebezustand einzuführen und die definitive Aufhebung einer Königlichen Verordnung zu über- lassen. Er glaube, daß ein Grund hierzu niht vorliege, und daß man in einer Commission die Frage prüfen müsse, ob dur König- lihe Verordnung oder durh geseßlihe Regelung die Beschlagnahme aufgehoben werden solle. Er beantrage daher die Wahl einer Coms- mission von 21 Mitgliedern.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Ich möchte noch einige Bemerkungen zu den Aeußerungen des Herrn

Vorredners machen. Meine Herren! Es kann doch gar nicht zweifel-

haft scin, daß das ganze Werk, welches wir hier vor uns viel einfacher, leiter und glatter abwickeln wird, wenn vor Aufhebun, fh Beschlagnahme alle diese aus dem Vertrag vom 29. September e sultirenden Fragen durch ein Einvernehmen, zwischen der vil res Staatsregierung und dem Herzog von Cumberland erledigt sind „rz wenn man erst die Beschlagnahme aufhebt und dann binterbe: als diese Fragen herantritti. Das, glaube i, wird das Haus lla durhfühlen, daß die Lage der preußischen Staatsregierung günitz sich gestaltet bei dem Verfahren, welches sie bier vorschlägt, als M man von vornherein die Beschlagnahme aufhöbe, obne daß dieie E wendig der Regelirng bedürftigen Fragen geregelt werden. E Wenn nun der Herr Abgeordnete die Frage aufwirft niht doch möglich sei, in diesem Gefeßentwurf noch einmal wieder den Kapitalienfonds zu sichern, so wäre das doch ein ganz unnütes bis in idem. Er ift selbst mit mir darin einverstanden, daß die Sicherung des Kapitals und des Fonds, welcher das Fideicommiß R braunshweigis{-lüneburgishen Hauses bildet, von der Aufbebung bes Beschlagnahme völlig unberührt bleibt. Also selbst wenn wir dur Gescß an diesem Tage die Beschlagnahme aufhöben, so würde die Frage auch gar nit anders zu entscheiden sein. - Nach dieser Richtung ift eine commissarishe Verhandlun- as meiner Meinung obne jede Bedeutung. Ich bin ja erfreut da dis j, . , . - , D Vit Stimmen, die hier im Haufe laut werden, mit dem Vorgehen der pa Í Z s S Z / er Staatsregierung, mit dem Ziel, welches sie verfolgt, durchaus einber- standen sind. Es ift daher für uns die Frage einer Verweisung - die Commission allerdings nur eine Geshäftsordnungsfrage. (5 wirk dadurch vielleiht die Sache einigermaßen verzögert. Aber i Kia einen genügenden Grund, hier eine commissarishe Berathung E treten zu laffen, niht finden, und der Zweck, der hièr und dg mit einer Verweisung an eine Commission möglicher Weise verfolgt werden könnte, wird dur die comnmissarishe Berathung nicht erreicht werden Ich bin überzeugt, Sie werden vor der commissarischen Berathung niht mehr und nicht weniger wissen als nah derselben. (Heiterkeit) _ Abg. Graf zu Limburg-Stirum (conf.): Seine politischen Freunde begrüßten die Vorlage mit Befriedigung. Sie hätten es ke. dauert, daß die Versöhnung des Herzogs von Cumberland mit dex bestehenden Zuständen in Hannover nicht {on früher habe zu stande kommen fönnen. Sie erfennten aber jeßt an, day die Vorauéfeßungen, die damals zur Beschlagnahme geführt hätten, beute niht mehr be: ständen. Der leßte Brief des Herzogs sei, was bisher nit der Fall gewesen sei, adressirt an des Kaisers Majestät; das sei nit allein eine Form, fondern eine Sache von E politisher Bedeutunc. Es handle fih hier nur um die Frage, ob die Aufhebung der Be- s{lagnahme gleich auf die Revenüen ausgedehnt werden folle, tem auf dem größten Theil des betreffenden Vermögens ruhe ja not mus einem anderen Titel die Beschlagnahme, da der § 4 noch der Au: führung harre. Sowohl bei der Genehmigung des Vertrages von 1867, als au bei der Beschlagnahme habe die Regierung nit auf die Mitwirkung des Landtags durch geseßlihe Regelung verzidtet. Wenn das Haus damals einem on Kaiser und einem großen Staatsmanne nicht eine unbedingte Vollmacht gegeben habe, fo eine s ihm gut zu sein, auch heute nicht darauf zu verzihten und die Anc elegenheit durch Gesetz zu regeln. Und dies sei der Grund, warur auch seine Freunde für eine Commissionsberathung stimmen würden. Er zweifle nit, daß man in der Commission zu einer Verständigung fommen werde; follte man nahweisen, daß es nicht gut mögli set, die Aufhebung der Beschlagnahme durh Geseß zu stande zu bringen, so werde fih feine Partei auh fügen. Er glaube, daß durch eine Comnmissionsberathung unnüge Debatten erspart werden würden. Seine Freunde würden allen etwaigen Anfragen, welche sih auf die Vergangenheit bezögen, energischen Widerspru entgegenfetßen, an Senfsationénachrichten hätten ste keine Freude. In der Hoffnung, daß die Erledigung. diefer Frage zur Versöhnung der Geister in der Pro- vinz Hannover beitragen werde, würden sie für den Gesetzentwurf stimmen. Nach der zwar starren aber loyalen Haltung, die der Herzog von Cumberland in der ganzen Zeit angenommen habe, habe er (Redner) die Ueberzeugung, daß, wenn die Herren sich einmal mit dem bestehenden Zustande versöhnt baben würden, sie nihts unternehmen würden, waë die Sicherheit des Deutschen Reiches untergraben könne.

Finanz-Minister Dr. Miquel: Meine Herren! Ih wollte bloß, weil bei dieser Frage so viele Mißverständnisse entstanden sind, gegen ein Wort

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des Herrn Grafen Limburg-Stirum mich wenden. Er hat den Ausdruck gebrauht, es bliebe bezüglich des Kapitalbetrages von 16 Millionen Thalern die Beshlagnahme noch bestehen. Dieser Auë- druck ist wohl durchaus nicht zutreffend, sondern bezüglich dieses Kapt tals tritt der Vertrag in Kraft, nah welchem die Gesammtrevenüen desselben an den Herzog von Cumberland abzuführen find und jede weitere Verwendung seitens der preußishen Krone ausgeschlossen ift.

Meine Herren, diese Vertragsbestimmung erklärt sih ja sehr ein- fa. Der Vertrag unterscheidet überhaupt zwischen Allodialvermögen, welches dem König Georg, jeßt dem Herzog von Cumberland, zustcht, und zwischen dem Fideicommißvermögen des Braunschweig-Lüneburgishen Hauses. Diese gesammte Abfindung sollte ein Aequivalent, eine Ent- schädigung sein für die Ablösung derjenigen Rechte, welche dem Ge- sammthause Braunschweig-Lüneburg an dem hannoverschen Domanium zustanden. Es fönnte dieses Kapital, also welches an die Stelle dieser Domänen und der Rechte des Braunschweig-Lüneburgischen Hauses an denselben treten sollte, niht zur freien Disposition des Herzogs von Cumberland, bezw. des Königs Georg gestellt, sondern sollte eben für das Gesammthaus gesichert werden ; es hatten ja an dieser Sicherung nicht bloß der zeitige Inhaber des Fideicommisse®, sondern namentlich au die Agnaten ein sehr wesentliches Intere]lé- Daraus erklärt sich die Bestimmung aus § 4, an welcher, wie ih wiederhole, auch nach Aufhebung der Beschlagnahme nichts geänder! werden fann, obne die Zustimmung des Landtags einzuholen. Also von einer Beschlagnahme auf dieses Fideicommißvermögen kann unlfk feinen Umständen in Zukünft mehr die Rede sein.

_ Abg. R icht er (dfr.): Es sei ein Mißverständniß, wenn 11an W- nebme, er wolle erst die Beschlagnahme aufheben und dann in einbarung mit dem Herzog treffen, gerade umgekehrt wolle er €s bi ben. Die Vorlage könne ja in der Commission liegen bleiben, bis dié Regierung zu einer Vereinbarung gelangt sei. Dataus entstehe dur@° aus keine Verzögerung, da ja do die Aufhebung der Beschlagnahn! erst ausgesvrohen werden solle, wenn eine Vereinbarung erzielt fel Eine Verzögerung würde nur dann entstehen, wenn der Landtag pol Ostern ges{lossen würde, welche Absicht aber niht vorhanden zu |@ scheine. Auch für die Nebenpunkte müsse eine Genehmigung de Land-

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tags eingeholt werden: denn sciner Ansicht na fei der ganze = d trag damals von dem Landtage genehmigt worden und fonne S jeßt nidt ohne Zustimmung desselben in irgend cinen Punkte f . geändert werden. Was die Revenüen anbetreffe, fo habe der Me init großem Geschick gesagt, er wolle sih gar niht über die von : t (Redner) angeführten Beispiele äußern und wolle nihts dami! ge1as haben. Aber aus der Heiterkeit des Hauses werde mai 1E ersehen haben, daß man dieses in der That Ur, aan Zustimmung gelten lassen fönne. Sonst würde mau dringendste Interesse haben, die betreffenden Perfonen

mischten Gefellshaft der Kostgänger des Reptilienfonds s!

Es bestehe so

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eß, daß über alle diese Sachen das Geheimniß Es stehe da Gu, daß M As resp. Nahfol feine Rechnung gelegt zu werden brauche. Gr wo einen A e Ausgaben fklargestellt wissen, auf das, was abge- lle er nit zurü#ommen. Er wolle nur die Bilanz er- mit der Reptilienfonds abscließe. Er wolle wissen, ob ‘rgerbindlichkeiten für die Zukunft vorhanden feien, ob no eine stung beabsichtigt werde, bis auch der leßte unglüdselige Refe T aus diesem Fonds gestorben fei. Es fkônne sih andernfa Empfin9®: 2 Haftpflicht des preußischen Staates berausstellen. Solche pielleidt reten doc flargestellt werden bei der einzigen Gelegenheit, Sathen Gaus noch habe. Wenn selbst der große Kaiser und der große ei San an die Zustimmung der geseßgebenden Körperschaften ge- Sta ewesen seien, fo dürfe man unter den- heutigen Verbältnisien bunden Fsten davon Abstand nehmen. Er glaube, man müse die Ent- m lange aufschieben, bis die Verhältnisse völlig klargestellt seien. scheidung 19 Ôgga 5 [- Finanz-Minister Dr. Miguel: :

Meine Herren ! Ih muß mich do sofort âußern auf eine Rechts- uffassung des Herrn Abg. Richter in Beziehung auf die Befugniß der Staatsregierung in Betreff der Ausführung des hier vorliegenden Nertrages, damit daraus nit neue Ungeradheiten entstehen. Der N ; Mats { )

Vertrag vom 29. September 1867 ist niemals vom Landtag geneh- is worden. Die Staatsregierung hat auëdrücklich die Nothwendig- teit dieser Genebmigung bestritten; sie hat gesagt : dieser Vertrag ist abgeschlossen wäbrend der Uebergangsperiode, während der sogenannten Dictaturperiode, wo der König allein die Geseßgebung hatte in diesen Ländern. Später kam das Anleihegeses, welches den Zweck batte, die erforderlichen Mittel, welche der Vertrag bedingte, durch cine Anleihe herbeizushaffen. Und auch da, in dem Anleihbegeseß, ist n ciner nahträglichen Genebmigung des Vertrages niht die Rede ; ñe is auch gar nicht angefordert seitens der Regierung, bloß eine einzige Gautel if hineingebracht seitens des Landtags, welche 76 bezieht auf den mehrfach berührten § 4 des Vertrages vom 99, September 1867. Da nun zweifellos das Vermögen, auf welches 7 dieser Vertrag bezieht, gegenwärtig kein preußisches Staats vermögen ist, sondern nur unter Sequesterverwaltung steht, da also in dem Augenblick, wo die Beschlagnahme aufhört, das fragliche E, möêgen wieder die vertragsmaßBtge Bestimmung erbält, welche der Deb trag vom 29. September anzeigt, so können Modificationen des E trages sowei allein von der Verwaltung stattfinden darüber fann aur fein Zweifel sein —, als diese Modificationen nicht neue preußische Mittel erfordern und die preußische Staatskasie unberührt lassen. Diesen Standpunkt muß die Staatsregierung unbedingt festhalten.

Wenn nun der Herr Graf zu Limburg-Stirum gemeint hat, renn man früher gegenüber einem so großen Staatsmann wie dem Fürsten Bismar die Aufhebung der Beschlagnahme von der Zustimmung des Landtags abhängig gemacht hätte, so sei das doch jeßt noch viel- mebr indicirt, so kann ih do diese Auffassung in keiner Weise theilen. Was war denn damals die Absicht des Landtags? Der Landtag wollte eine vorzeitige Aufhebung der Beschlagnahme ver- hindern. Das konnte allein die Bestimmung des in Nede stehenden Vorbebalts sein. Heute ist ja aber alle Welt einverstanden, daß es 36 nit mehr darum handelt, die vorzeitige Aufhebung der Beschlag- nabme zu verbindern, auch Herr Graf Limburg-Stirum begrüßt ja die allseitige Absicht, mit der Aufhebung der Beschlagnahme unver- mittelbar voranzugehen, mit Freuden und erblickt darin eine sehr nüß- lide That der Staatêregierung. Also die Verbältnisie haben fi ben vollständig geändert; der damalige Zweck war der gerade ent- gegengeseßte, den das heutige Gesetz verfolgt. Es wird sich immer ¡&ließlih um die Frage handeln, ob Sie glauben, daß diefe Regelung der vertragsmäßigen Verhältnisse zweckmäßiger nah : oder Dor Auf- hebung der Beschlagnahme stattfindet und nüglicher für die preußische Ztaatêverwaltung und für die Krone Preußens, und ih glaube, darüber fann nit der geringste Zweifel sein, ih bin auch fest, wie ih die Verhältnisse kenne, davon durchdrungen, daß es gar feiner langen Zeit bedürfen wird, um diese Regelung herbeizuführen. Aber in dem Augenblick, wo das Vermögen wieder frei wird, muß diese Regelung vorangegangen sein. Wollen Sie zu diesem Behufe, um \sich hiervon in vollem Maße zu überzeugen, wenn die heutige Debatte das noch nicht ermöglicht hat, eine commissarische Berathung, nun, das ist eine Geschäftsordnungsfrage, das muß ih dam s{chließlich Ihnen überlassen. Ich finde nur in einer solchen commissarisGen Berathung, was der Staatéregierung nicht erwünscht ie Möglichkeit einer längeren Verzögerung der Grledigung der s Aber, wie gesagt, das ist eine Geschäftsordnungssrage; wenn ie Herren glauben, durch die Generaldiscussion nicht genügend instruirt zu sein, fann ich ja nur anheimstellen, diese commissarische Verathung eintreten zu lassen.

_ Abg. von Tzschoppe (freiconf.): Seine volitischen Freunde sähen in der Einbringung dieser Vorlage das Bestreben der Ne- zierung, die aus den historischen Verhältnissen und aus dem Ver- trage von 1867 in Hannover entstandenen Schwierigkeiten ihrer dem- nädstigen Beseitigung näher zu führen und würden die Regierung mit Freuden unterstüzen. Sie erblickten in der Erfüllung dieses Ver- trages ein Ziel, defsen Erreichung wünschenêwerth erscheine, gleicher- maßen aus Gründen der Staatsfklugheit wie der Gerechtigkeit, und & lei mit Genugthuung zu begrüßen, daß die Initiative von Preußen légegangen sei. Ob nun diefes wünschenswerthe Ziel auf dem Wege ter gegenwärtigen Vorlage erreicht werden tönne, darüber lägen _ in einer Partei mannigfahe Bedenken vor. Wenn der Finanz-Minister

beutigen Ausführungen {on in den Motiven niedergelegt hätte, lo würde dadurch ein wesentlicher Theil der Bedenken feiner (des Kedners) Freunde entkräftet worden ]ein. Ste hätten jedoch geglaubt, mt Rücksicht darauf, daß die Fassung des Gesetzentwurfs durch die demselben beigegebene Begründung uiht vollkommen kflargestellt er- \Veine, eine Commissionsberathung beantragen zu sollen. Die Gründe, welche sie dahin geführt hätten, jeten a nliche, wie sie schon von anderer Seite ausgesprochen worden seien. Sie erkennten an, daß das Schreiben des Herzogs vollkommen loyal gebalten sei, aber es nubften sih an dieses Schreiben do Fragen 1o hohwihtiger Art, daß es namentlich denjenigen seiner Freunde, die mit den Xrbâltnissen der Provinz Hannover nicht fo vertraut eten, zUns{enswerth erscheine, hierüber eine Erörterung in der Commission zmlreten zu lassen, da sie zur Erörterung im Plenum S geeignet a Sie hielten daher ihren Antrag auf commissarishe Berathung Met Eine Verzögerung könne dadur nur in ganz unerheblichem Ne eintreten. Troß der commissarishen Berathung würden die S andlungen zwischen den Interesjenten fortgeführt werden können. G giaube nicht, daß die commissari}che Berathung gemißbraucht wer- en werde, um Fragen an die Regierung zu richten, deren Beant- rung im allgemeinen Interesse nicht erfolgen könne.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

; Meine Herren! Ih möchte doh diese Berathungen nicht zu e gehen lassen, ohne die Stellung, die der Herr Abg. Richter zu “T von ihm gestellten Fragen und den Confequenzen, die er aus

P15 uner *

Nichtbeantwortung dieser Fragen zieht, niht unwidersprochen zu

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Meine Herren, ih habe mih auf den Standpunkt gestellt, alle derartigen Fragen über einzelne Verwendungen des Fonds nicht zu beantworten. Es fann daher unmöglich, wenn eine einzelne Be- hauptung aufgestellt und eine Frage daran geknüpft wird, diese Frage aber von mir nicht beantwortet wird, concludirt werden, daß man sie nicht mit Nein beantworten könnte. In dem Augen- blick, wo ih diesen Standpunkt verlasse, wird eine Frage auf die andere kommen, und jedesmal wird man das aus meinem Schweigen her- leiten, was gerade der Antragsteller bejaht oder verneint sehen will. Nun balte ih mich nah Lage der Dinge weder berehtigt, noch als Finanz-Minister obendrein im stande denn diese Verwendungen haben vom Finanz-Ministerium aus gar nit stattgefunden —, no, ih betone es, liegt es im Interesse des Landes, auf solche einzelnen Fragen zu antworten. Ich meine, wir haben alle das größte Interesse in dieser Beziehung, uns auf Einzelheiten nit einzulassen; das kann nat feiner Seite hin Nußen bringen, wohl aber erheblihen Schaden (Bravo.)

Abg. Dr. Sattler (nl.): Als Eingeborener der Provinz Han- nover, der hier Vertrauen entgegengebraht werde, spreche er ih für die Vorlage aus. Die Provinz verdiene durchaus das in sie geseßte Vertrauen. Die Stellungnahme seiner Freunde ergebe sih aus den Vertragsverhandlungen, wie sie in den Jahren 1867—92 über diefe Frage geführt worden seien. Sie begrüßten mit außerordentlicher Freude die Aufhebung der Beschlagnahme. Wenn er troßdem die Vorlage einer Commission überweisen wolle, so thue er das nicht, um Einzelfragen erörtert zu sehen. Es sei aber doch möglich, daß die Verhandlungen nicht zu der Aufhebung führten. Da infolge des Gesetzes von 1869 dem Landtag eine Mitwirkung an der Aufhebun zustehe, so müsse in der Commission die Frage erörtert werden, o die Aufhebung der Beschlagnahme einer Königlichen Verordnung überlassen bleiben oder ob eine bestimmende Frist dafür gefeßt werden solle. Er glaube, man werde möglichs\t einmüthig zum Ziel gelangen, wenn commissarishe Berathung diefer Frage vorangehe.

Abg. Dr. Brüel (Centr.): Bei früheren Gelegenheiten habe er sich für verpflictet gehalten, ih eingehend an den Verhandlungen des Haujes über diese Frage zu betheiligen. Nachdem gegenwärtig in er- freulihfter Weise zwischen den Interessenten ein Einvernehmen er- reiht fei zur gütigen Beilegung der Frage und nachdem in diesem Hause alle Parteien sich dabin erklärt hätten, dieses Bestreben güt- licher Erledigung der Angelegenheit ihrerseits fördern zu wollen, sei er der Meinung, daß es die Sache am besten fördere, wenn er sich eines Eingreifens in die Debatte möglichst enthalte. Er habe nur das aussprechen wollen, daß, wenn er !chweige, es nicht als eine Zu- stimmung zu den politischen Auffassungen gedeutet werden dürfe, die bier im Hause geäußert worden seien.

Abg Richter (dfr.): Er wolle seine Anfragen beschränken auf diejenigen Verbindlichkeiten, die über die Dauer der Beschlagnahme noch binausgingen. Um das flarzustellen, halte er eine Commissions- berathung für nothwendig. _

Damit schließt die Discusston.

Die Vorlage wird gegen die Stimmen des Centrums einer besonderen Commission von 21 Mitgliedern überwiesen.

Abg. Richter (dfr.): Es folge jeßt wieder eine Vorlage aus dem Ressort des Cultus-Ministeriums. Er beantrage die Abseßung derselben von der Tagesordnung.

Abg. von Eynern (nl.) {ließt sih diesem Antrage an.

Der Antrag wird gegen die Stimmen der Freisinnigen und Nationalliberalen E

Abg. Richter (dfr.) erklärt darauf, daß die Freisinnigen fi in Abwesenheit des verantwortlichen Ministers nit an der Berathung betheiligen könnten. s: L

In der ersten Berathung des Gesezentwurfs, betreffend die Sterbe- und Gnadenzeit bei Pfarrstellen u. f. w., erflärt :

Abg. Bachem (Centr.): daß das Centrum si an der Berathung dieser die evangelische Kirche betreffenden Vorlage nicht betheiligen, sondern nur darüber abstimmen fönne.

Damit schließt die erste Berathung. Der Antrag des Abg. von Eynern, die zweite Berathung abzusezen, wird abgelehnt.

Die Vorlage wird in zweiter Berathung ohne Debatte angenommen. -

Die Rechnung der Kasse der Ober-Rechnungs- fammer für 1890/91 wird der Nehnungscommission über- wiesen. :

Schluß 11/5 Uhr.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch in der Woche vom 6. bis 12. März ein günstiger, die Sterblichkeit, wenngleih eine etwas böbere als in der Vorwoche, eine mäßig hohe (von je 1000 Einwobnern starben, aufs Jahr berechnet, 19,9). Etwas häufiger als in der Vorwoche kamen wieder acute Entzündungen der Athmungsorgane zum Vorschein, die auch in etwas gesteigerter Zahl zum Tode führten. Dagegen kamen Erkrankungen an epide- miscber Grippe nur wenig zur Kenntniß und wurden aus der der Berichtswoche vorangegangenen Woche nur noch 3 Todesfälle an Grippe berihtet. Darmfkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder traten selten zu Tage; auch die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb eine mäßig hohe; von je 10000 Lebenden ftarben, aufs Jahr berechnet, 59 Säuglinge. Die Fnfectionsfrankheiten zeigten ih ebenfalls meist seltener, nur Erkrankungen an Scharlah kamen etwas häufiger, aber aus feinem Stadttbeile in nennenswerther Zahl, zur Anzeige. Erkrankungen an Masern und Diphtherie, von denen erstere sih in Moabit, leßtere in der jenseitigen Luisenstadt am häufigsten zeigten, haben abgenommen. Erkrankungen an Unterleibstyphus blieben in beshränkter Zahl; an Kindbettfieber wurden 3 Erkrankungen bekannt. Auch rosenartige Ent- zündungen des Zellgewebes der Haut gelangten seltener als in der Vorwoche zur ärztlichen Behandlung, während Erkrankungen an Keuchhusten etwas bäufiger zur Beobachtung kamen und auch öfter (in 11 Fällen) tödtlih endeten. Nheumatishe Beschwerden aller Art tamen erbebli seltener als in der Vorwodhe zur ärztlichen Behandlung.

Wernigerode, 17. März. Der „Mgdb. Z.“ wird geschrieben : Im benachbarten Ilsenburg is ein dem Schöppen Carl Meinert gehörender Hund erkrankt. Der Kreis-Thierarzt Dr. Achilles hat Tollmwutb als Krankheitsursahe festgestellt und die Tödtung des Thieres angeordnet. Jett is vom Amtsvorsteher Webers für einen Zeitraum von drei Monaten über den Amtsbezirk Ilsenburg die Hundesverre verhängt worden.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 21. d. M. gestellt 9533, niht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

ang pee De ge eenges Beim Königlichen Amtsgeriht 1 Berlin stand am 21. März 1892 das Grundstück Soldinerstraße 46 und Freienwalder- straße 28, dem Maurer Paul Hennig, hier gehörig, zur Ver- steigerung; Mindestgebot 68700 F#; für das Meistgebot von 71 000 Æ wurde der Banquier Mar Stern in Berlin Ersteher. Beim Königlichen Amtsgericht 11 Berlin ftand am 21. März 1892 das Grundstück der Kaufleute H. R. Mölle zu

Hamburg und E. L. Moelle zu Bremen, in Lankwiß belegen, ZUT eigerung, Fläche 39,13 a, Nußun ewerth 1500 4; Mindest- gebot 360 4; für das Meistgebot von 28 000 4A wurde der Eigen- thümer Carl Köhler zu Berlin, Neue Nofßstraße 4, Ersteher.

In der Sitzung des Aufsichtsraths der Allgemeinen Elektrititäts-Gefells chaft vom 19. d. M. legte der Vorstand einen Bericht über die gegenwärtige finanzielle und tehnishe Lage der Gesellshaft vor. Es wurde festgestellt, daß die Arbeiterzahl der Berliner Betriebe, entsprehend der Lage aller übrigen Industrie- zweige, zwar um einige hundert Mann und die Beschäftigungszeit in der Maschinenfabrik von 10 auf 9 Stunden tägli verkürzt wurde, daß aber einzelne Zweige, wie die Glübhlampenfabrik, ihre Leistungsfäbig- feit um 2099/9 erhöht haben. Der Gewinn aus dem gegen das Bor- jahr nicht wesentlih geringeren Waarenumfag stellt si in den ersten fieben Monaten des laufenden Geschäftsjahres procentual höher, als im Vorjahre, wo noch viele Arbeiten für die Berliner Elektricitäts- werke geliefert wurden, die vertragêsmäßig mit geringem Nußen aus- geführt werden mußten. Auch für die nächsten fünf Monate liegen gute Bestellungen vor. Die Resultate der Lauffener Kraftüber- tragung und der Eisenbahnumwandlungen "in Halle und Gera, sowie die bahnbredende Thätigkeit, welhe die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft durch die Vereinigung des elektrishen Licht- und Kraftbetriebs, unter Benußüng von Accumulatoren, entwitelt hat, haben eine Reibe von geschäftlihen Anerbieten gezeitigt, die weitere Beschäftigung in Aussicht stellen. Die gegenwärtig wegen des Baues einer elektrishen Untergrundbahn in Berlin s{webenden Verhandlungen werden voraussihtlich zur Bildung eines Confortiums führen, das der Allgemeinen Eleftricitäts-Gesellshaft den Auftrag zur Herstellung eines Probetunnels zu geben beabsichtigt, sobald eine officielle Erklärung der maßgebenden Behörden über diefes Project dahin gegeben wird, daß über die Concessionsfrage nicht früher entschieden werden soll, als bis ein solcher vraftisher Versu beobachtet worden ist. Jedenfalls würde ih die „Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft“ an diesem Syndikat nur mit einem mäßigen Betrage betheiligen, sodaß ihr aus einem solhen Unternehmen bei dem geringen ODbligo nur Vortheile erwachsen können. Hinsichtlih der Finanzlage der Gesellschaft wurde berihtet. daß die amerifanishen Engagements sämmtlich und zwar mit Gewinn abgewickelt seien und daß die Gesellshaft gegenwärtig 34 Millionen Mark bei ihren Banquiers und etwa 8 Millionen Mark bei den Berliner Elektricitätswerken ausfteben babe. Die Unternehmungen der Gesellshaft im Aus- lande, die si im wesentlichen auf eine Betheiligung bei der Central- station in Madrid und der Aluminium-Industrie Actien-Gesellschaft in Neuhausen beschränken, find in schnellem und hoffnungsvellem Fort- schritt begriffen, während die Rente der Betheiligung an der All- gemeinen Local- und Straßenbahn-Gefellschaft und an der Sptnn'- ichen Beleuchtungskörver-Fabrik sih in dem vorhergesehenen Rahmer weiterentwidelt.

Ueber die Resultate der „Vereinigten Königs- und Laurahütte“ im 1. Semester des laufenden Geschäftsjahres werden nachstehende authentishe Angaben mitgetheilt: Die Production an Steinfoblen hat rund 866000, an Walzwerks-Waaren aller Art 74 750, an Roheisen 78 460 t betragen, ist also in den erften beiden Artikeln sehr erbeblich, d. i. um 131000 t und 11330 t gestiegen, während sie in Roheisen um 8500 t zurück- geblieben ist. Gegen den Schluß des Jahres 1891, namentli aber im Januar und Februar d. I. ist infolge des milden Winters die Nafrage in Steinkoblen geringer geworden, während die Preise fast unverändert geblieben, sogar eine Kleinigkeit gewachsen sind. Die Steige- rung der Production in Walzwerkswaaren entfällt zum großen Theil auf die Erzeugnisse in Eisenbahn-Oberbaumaterial, zum theil jedo auf das sogenannte Stab- und Handelseisen, auch der Ervort hat ih erbeblih besser gestaltet und wie für die Königs- und Laura- hütte gilt das Gesagte für die Oberschlesischen Walzwerke überbauvt : es beziehen si also die laut gewordenen Klagen über die ungünstige Lage der Eisengeschäfte mehr auf die unbefriedigenden Preise. Die Brutto-Baar-Einnahme betrug für das 1.Semester 1891/9215 950 000-46 ; Ke ist infolge des Verkaufs größerer Waarenmengen um 1 532 760 A. gewachsen, doch ist der Bruttogewinn wegen des Rückganges der MWalzeisenpreise er betrug 2 130 870 um 455 270 A niedriger gewesen, als im I. Semester 1890/91. Der Absatz in Steinkohlen und Walzeisen verharrt zur Zeit in rubigem Verlauf; die ersten Monate des laufenden Jahres zeigen gegen den Schluß der verflossenen hon eine Steigerung des Umsayes von Eisen, ein verbältnißmäßig befriedigender Zustand, besonders wenn man erwägt, - daß die Speculation vollständig ruht und die zum Verkauf gelangende Waare zumeist direct in den Consum übergeht.

‘Die Hauptversammlung des Essener Bergwerkvereins „König Wilhelm“ genehmigte einstimmig eine Dividende von 27 °/o für die Prioritäts- und von 22 9% für die Stammactien. Die aus- scheidenden Mitglieder des Aufsichtsrathes wurden wieder- und der Director des A. Schaaffhausen’shen Bankvereins C. Klönne-Berlin neugewählt. Die Umwandelung sämmtlicher Anleihen in 4# °/ fei unter Mitwirkung des A. Schaaffhausen’?chen Bankvereins und der Essener Creditanstalt geplant.

Die „Rhein.-Westf. Ztg.“ bezeihnet die Meldung, daß der Bochumer Gußstahlverein nur noch wenig beschäftigt set und daf für Ende Arril zahlreihe Arbeiter-Entlassungen zu befürchten seien, als unrichtig. Die vorliegenden Bestellungen sicherten vielmehr für das ganze Jahr dem Verein vollauf Beschäftigung. Von Arbeiters entlafsungen fet feine Nede.

Mie die „Köln. Ztg.“- aus Essen erfährt, hat die Bergbau- Actien-Gesellshaft „Pluto“ im abgelaufenen Jahre einen Mehrgewinn von 200 000 .# erzielt: zur Vertheilung werde indeß eine um 10 9% niedrigere Dividende als im Vorjahre fommen, weil ein neuer Luftsdhacht, Wasserhaltungës- und Wäschebauten ausgeführt werden müßten.

Leipzig, 21. März. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. La ew Grundmuster B. ver März 3,324 4, per April 3,327 , per Mai 3,35 Æ, per Jun! 3,375 #, per Juli 3,373 A, ver August 3,374 4, ver September 3,40 4, per Oftober 3,42 ver November 3,424 Æ, ver Dezember 3,425 #4, per Januar 3,42 per Februar 3,424 Umsay 40 000 kg.

Wien, 21. März. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Oesterreihishen Länderbank“ genehmigte die Bilanz, nach der sich der Reingewinn des verflossenen Geschäftsjahres auf 3074736 Fl. stellt, und beshloß, der Generalversammlung zur Vertheilung an die Actionäre eine Dividende von 11 Fl. sowie die Zuweisung von 500 000 FI. an die im Vorjahre errichtete Specialreferve vor- zuschlagen.

- 99. März. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 11. bis 17. März 713 904 Fl., Mindereinnahme 47 990 Fl.

London, 21. März: (W. T. B.) Die Herren Anthony Gibbs u. Sons sind von der griehischen Regierung amtlich verständigt worden, daß die für die Einlösung der am 1. April 1892 fällig werdenden Couvons der 4% Goldrente bestimmten Fonds am Sonnabend von Athen abgeshickt worden sind. Nach Eintreffen derselben in London wird die öffentliße Kundmachung wegen der Einlösung erfolgen. /

An der Küste 9 Weizenladungen angeboten.

Glasgow, 21. März. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 8117 Tons gegen 9843 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 21. März. (W. T. B.) Wolle ruhig, aber stetig, für Garne mäßige Frage zu niedrigsten Notirungen; für Thirtieë 5 sh. geboten, Stoffe gedrückt, jedoch mehr Webstühle arbeitend. : :

Paris, 22. März. (W. T. B.) Einer Meldung aus Rio de Janeiro zufolge verlangen die Actionäre der dortigen Bank für Handel und Industrie die freiwillige, gütlihe Liquidation.

Nah Meldungen aus Montevideo vom 22. März bat der Senat die Gesetesvorlage, betreffend die Gründung einer Nationalbank von Uruguay mit einem Kapital von § Millio- nen Pesos genehmigt. Das Gesetz soll sofort in Kraft treten.

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