1892 / 78 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 30 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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E E L N

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Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 30. März.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute Vormittag den Vortrag des Chefs des Civilcabinets und empfingen hierauf den Besuh Seiner Durchlaucht des Fürsten Reuß älterer Linie.

Heute trat der Buudesrath zu einer ene B zusammen. Vorher hielten die vereinigten Ausshüsse für oll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rehnungs- wesen eine Sißung.

Dem Bundesrath is ein Entwurf zu Bestimmungen, betreffend die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in echelräumen, sowie in Räumen, in welchen Maschinen zum effnen, Lockern, Zerkleinern, Entstäuben, Anfetten oder Mengen von rohen oder abgenußten Faserstoffen, Abfällen oder Lumpen im Betriebe sind, vorgelegt worden.

Zur Durchführung der in Aussicht genommenen Auf- besserung der Gehälter der Lehrer an den höheren Unterrichts- anstalten ist eine allgemeine Erhöhung der Schulgeld- säße bei jenen Anstalten vorgesehen. Nachdem die Vorschläge jeßt die Billigung des Landtags gefunden, hat der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten durh Erlaß vom 22. März d. J. das Schulgeld allgemein bei den Vollanstalten (Gymnasien, Real- gymnasien und Ober-Realschulen) auf 120 M, bei den Pro- ymnasien und Realgymnasien auf 100 #, bei den höheren VaegetsGulen (Realschulen) auf 80 # und für diejenigen Schüler an denselben, welhe auf Kosten der Anstalt lateinishen Nebenunterriht in Sexta bis Quarta cr- halten, auf 120 A jährlih festgejeßt. Soweit bereits höhere Säße erhoben werden, find diese beizubehalten. Die neuen Sätze sind vom 1. April d. J. ab an allen vom Staat aus- {hließlich zu erhaltenden Anstalten, ferner an denjenigen An-

stalten, welche unter Verwaltung des Staates stehen oder be-

züglich deren dem Staat das Lehrer-Ernennungsrecht ui zu erheben. Hierbei ist der bisher üblihe Schulgelderlaz von 10 Proz. auch bei den neuen Säßen zu gewähren. Bei den Vorshulen behält es einstweilen bei den bisherigen Sätzen sein Bewenden, wenn diese Schulen sich aus ihren eigenen Mitteln auch nach Erhöhung der Vorschullehrer- Gehälter von im Durchschnitt 2100 #6 außer Wohnungsgeld- zushuß erhalten; anderenfalls ist ebenfalls eine Steigerung des Schulgeldes und zwar bis zum Betrage des in der Sexta der Hauptanstalt erhobenen Saßes vorzuschen. Für cinzelne Anstalten, z. B. die Berliner Vollanstalten, sind besondere Anordnungen getroffen.

Der Kaiserliche Botschafter in Paris Graf zu Münster hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Erste Secretär der Kaiserlichen Botschaft, Legations-Rath von Schoen als Ge- shäftsträger.

Der Präsident des Patentamts, Wirkliche Geheime Legations-Rath Dr. von Bojanowski ist gestern Abend an Lungenentzündung infolge der Jnfluenza im 61. Lebens- jahre gestorben.

Heute Nachmittag um 2 Uhr fand in der Matthäikirche die Leichenfeier für den verstorbenen General der Jnfanterie z. D. Constantin von Alvensleben statt. Von dort aus erfolgte die Ueberführung der Leiche mit militärischen Ehren- bezeugungen nah dem Potsdamer Bahnhof. ‘Die Trauer- parade commandirte der Commandeur der 3. Garde- Infanterie - Brigade, General - Major von Lütcken; sie bestand aus einem Bataillon des Kaiser Alexander Garde- Grenadier-Regiments Nr. 1 mit Fahne, Spielleuten und der Regimentsmußsik, einem Bataillon des Kaiser Franz Garde-Gre- nadier-Regiments Nr. 2 mit Fahne und Spielleuten, je einer Escadron des 1. Garde-Dragoner-Regiments Königin von Großbritannien und Jrland, des 2. Garde-Dragoner-Regi- ments und des 2. Garde-Ulanen-Regiments und ze einer Batterie zu 4 Geschüßen vom 1. und 2. Garde- Feld - Artillerie - Regiment mit dem Trompetercorps des 3. Garde-Feld-Artillerice-Regiments. Die beiden Bataillone standen unter Befehl des Obersten Freiherrn von Bülow, Commandeurs des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regi- ments Nr. 1; die drei Escadrons wurden von dem Oberst- Lieutenant von dem Knesebeck, Commandeur des 1. Garde- Dragoner-Regiments Königin von Großbritannien und Jrland, befehligt. Das Abholen und Abbringen der Fahnen erfolgte durch das Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1. Die Offiziercorps der Garnison waren durch Ab- ordnungen vertreten. Eine Deputation des C des Leib-Grenadier-Regiments König Friedrich ilhelm ITII. (1. Brandenburgisches) Nr. 8 wohnte ebenfalls der Feier bei.

Sachsen.

Dresden, 29. März. Die Erste Kammer erledigte heute den Mittheilungen des „Dr. J.“ zufolge den Bericht der zweiten Deputation über die zum Königlichen Hausfideicommiß gehörigen Sammlungen für Kunst und E Es folgte die Berathung des Berichis der ersten Depu- tation über den Entwurf eines Geseßes wegen Abände- rung der geseßlichen Bestimmungen Uber die Pensions- verhältnisse der evangelish-lutherishen Geistlihen und der Hinterlafsenen dieser und der evangelisch-reformirten Geistlichen, sowie über den Antrag auf ständische Ermächtigung zur Auf- nahme einer bestimmten Anzahl von Geistlichen der inneren Mission in die allgemeinen geistlihen Pensionskassen. Die Deputation beantragte die Annahme der Vorlage nah den Beschlüssen der Zweiten Kammer, welhem Antrage die Kammer einstimmig beitrat. In der Sizung der “tete Kammer wurde zunächst eine Jnterpellation des Abg. Klemm, dahin gehend, ob die Staatsregierung in der Lage und geneigt sei bei Vertheilung der Räumlichkeiten, welche infolge der in Dresden im Gange befindlichen größeren

Staatsbauten zur Verfügung gelangen werden, auch auf die künftige Écrichtung eines Gesundheits-Museums Rück: iht zu nehmen, von dem Staats - Minister von Mens ahin beantwortet, daß die Staatsregierung dem Ge- danken der Errichtung eines Gesundheits-Museums nen wie vor s\ympathish gegenüberstehe, wenn es ihr au

nah Errichtung des 2 vollen gleichartigen Museums in Berlin fraglih erscheine, ob es oppvrtun sei, in Dresden ein E zu schaffen, welches hinter dem Berliner wesentli zurückbleibe, daß ste aber diese sympathishe Haltung dem Plan auch ferner be- wahren und namentlih auf Verfügbarmachung von geeigneten Räumlichkeiten Bedacht nehmen werde. Jn der s ans@lie enden Seen erklärte sich Abg. Klemm durch die vernommene Erklärung für befriedigt und ersuchte Abg. Starke die Staatsregie- rung dringend, dieSache nicht aus den Augen zu lassen. Die Kammer stimmte sodann auf Antrag der Geseßgebungs-Deputation den Entwürfen der Notariatsordnung und einer Kostenordnung für Notare mit einer geringfügigen Abänderung des § 65 und zwei Aenderungen des Tarifs zu. Sie erledigte ferner auf Antrag der Finanz-Deputation B. die bezüglich des Eisenbahnprojects Reichenbach - Mylau und auf Vorschlag der Geseßgebungs- Deputation die bezügl. der Novelle zur Verfassungsurkunde zwischen den Beschlüssen beider Kammern noch bestchenden O durch Beitritt zu den Beschlüssen der Ersten ammer.

VadDen.

Karlsruhe, 28. ta Bei Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog hält der fieberlose Verlauf der Erkran- fung ununterbrohen an. Die fortdauernde Lösung des Katarrhs der Bronchien vermehrte den Husten zeitweise nicht unbeträchtlih und es wurde dadurch namentlih die Nachtruhe vielfa gestört.

Me&cklenburg-Schwerin.

Seine Königliche O der Großherzog is, wie „W. T. B.“ meldet, an Bord der Yacht „Fores“ gestern in Algier eingetroffen. Der General - Gouverneur Cambon stattete dem Großherzog sofort einen Besuch ab.

Reuß ä. L.

+ Greiz, 29. März. Die lege e des Ge- burtstags des Fürsten Heinrih XXII. und des Tages, an welhem vor nunmehr 5 Jahren Seine Durchlaucht die Regierung des Landes angetreten, hat überall im Fürstenthume ‘ungetheilte Freude und patriotischen Jubel hervorgerufen. Leider weilt Seine Durchlaucht nicht in- mitten seines getreuen Volks, da Höchstderselbe tiefbetrübten Herzens und in wehmüthiger Erinnerung an die heißgeliebte, so früh gerade vor cinem halben Jahre verstorbene oe Gemahlin diesen Ehrentag außer Landes zu verleben beschloß. Höchstseiner Willensmeinung entsprehend, hat man im Lande von geräuschvollen Fcstveranstaltungen abgesehen und dafür der Armen reichlih gedaht. Doch prangt die Residenzstadt Greiz in einem so reihen Flaggenshmuck, wie er bisher hierselbst noh nicht gesehen worden is. Die Fürstlihe Burg wurde von den Bewohnern des Fürstenthums aus Stadt und Land in Schaaren aufgesucht, die Alle ihre Namen in die dort aus- liegende Gratulationsliste eintrugen. Um 9 Uhr fand in der Stadtkirhe ein Dankgottes dien st stait, wobei der Super- intendent Freiherr von der Trenck eine ergreifende O an die Textesworte anknüpfte: „Aber von Gottes

nade bin ich, das ih bin, und Seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen.“ Jm Lehrerseminar, im Gymnasium, in der höheren Töchterschule und in der E 1A ohe fanden feierliche Festacte statt, in denen allen die tiefe Verehrung und die herz- lichste Dankbarkeit für den 4 Jubilar einen wahr- haft erhebenden Ausdruck fand. Nachmittags fanden allerorten Festessen statt, Abends ging auf der hiesigen Tivolibühne ein seitens der patriotischen Vereine Ruthenia, städtisher Verein und N veranstaltetes Fest- spiel in Scene, das zu einer sinnigen Huldigung für das an- gestammte Herrscherhaus sih gestaltete und durh die An- wesenheit Jhrer Durchlauht der Prinzessin Ysenburg, Schwester ¿Seiner Durchlaucht des regierenden Fürsten, sowie Seiner Durchlaucht des Erbprinzen und der Prinzessinnen Emma, Marie und Caroline ausgezeichnet wurde.

Aus Anlaß dieses schönen Festtags, der als ein Fest gegen- seitiger Treue zwischen Fürst und Volk gefeiert wurde, sind an Unterthanen aller Kreise huldvolle Auszeichnungen verliehen worden. U. a. sind die Präsidenten der Fürstlichen Landes- regierung und der Fürstlihen Kammer Dr. Mortag und von Geldern-Crispendorf zu Wirklichen Geheimen Räthen mit dem Prädicat „Excellenz“ ernannt und is der Geheime Hofrath Dietel in den erblihen Adelsstand des Fürstenthums erhoben worden.

Heute ist Jhre Durchlaucht die Prinzessin Marie zu Ysenburg von hier wieder abgereist.

Oesterreich-Ungarn.

Nach der „Pol. Corr.“ sind die Handelsve1tra gs- verhandlungen mit Serbien vorgestern bis zur écten Lesung des Zo N n ;

Der Verlauf der böhmischen Ausgleihsverhand- [lungen scheint in der politishen Haltung der Deut s- Liberalen in Böhmen einen Umschwung herbeiführen zu wollen. Wie dem „Frdbl.“ mitgetheilt wird, hätte der Land- tags-Abgeordnete Dr. Guntermann in der Generalversamm- lung der deutsch-politishen Vereinigung in Brüx bereits die Erklärung Aeg, er werde in der nächsten Sitzung des Clubs der e ie Landtags- Abgeordneten einen Antrag auf schärfere Tonart e der Regierung und den politischen

egnern stellen und im Falle der Nichtannahme diejes E sein Mandat niederlegen. Nach einer der „Mgdb. Ztg.“ zugegangenen Nachricht würde der Club der deutshen Landtags-Abgeordneten nah Abschluß der Ausglcichsdebatte in der Commission eine Kundgebung an die Wähler erlassen über die Stellung zu der neuesten Ausgleichs- phase und zu der Erklärung der Regierung, da cine Aus- gleichsdebatte im Plenum nicht zugelassen werde.

Das Verbot der Feier des Comeniustags ist von den czehishen Studenten in Prag zu demonstrativen Kundgebungen benußt worden. Sie zogen in Schaaren durch die Straßen, sangen bei dem Denkmal des czechishen Dichters Halek die üblichen nationalen Kampflieder und brachten ein Pereat auf den Cultus-Minister von Gautsch aus. Dies wiederholte sich beim Jungmann- und beim Huß-Denkmal,

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dann auf dem Altstädter Ring, wo einzelne Rufe laut wurden:

„Ziehen wir in die Josefstadt gegen die Juden!“ Die Polizei verhaftete drei Personen und mußte zur Abwehr lei Befreiungsversuhen die Waffe gebrauhen. Jm übrigen wurde das Verbot der Feier streng aufrechterhalien. Zahlreiche czehische Orts-Schulräthe hatten den Comeniustag für einen Ferientag erklärt, der Beschluß wurde aber von den betreffenden Bezirkshauptrnannschaften umgestoßen. Der Prager Stadtvertretung wurde der gegen das Verbot der Comeniusfeier bei dem Unterrichts-Ministerium eingelegte- Protest mit der Bemerkung zurückgesandt, daß die Ged rielen Vorkehrungen nicht zurückgenommen werden könnten.

Großbritannien und Frland.

Ueber die in neuerer Zeit seitens der englischen Co- lonien öfter ventilirte Frage über ihre R zur Bildung von Zoll- oder Handelsvereinen hat der Erste Lord des Schatzes Balfour auf an ihn gestellte Anfrage gestern im Unterhause cine bemerkenswerthe Erklärung ab- gegeben. Der darüber vorliegenden Mittheilung des „W. T. B“ A ige äußerte er: Den sih selbst regierenden englischen Colonien stehe es frei, eine Handelsunion oder einen Zollverein unter einander zu bilden. Jn den australischen Colonien könne dies jedoch nur unter den in dem Zollgeseß enthaltenen Beschränkungen stattfinden. Großbritannien könne einem solhen Verein nur beitreten, wenn Belgien und das Deutsche Reich eine gleiche Behandlung fänden. Wenn irgend welche Colonien einen Handelsverein oder einen Zollverein zu bilden beabsichtigten, was bisher nicht ersichtlich sei, so müßte England, falls die bestehenden Ver- träge mit Belgien und dem deutschen Zollverein Hindernisse I den Beitritt bieten sollten, feststellen, unter welchen Be-

ingungen eine e oana der Beschränkungen möglich wäre, und es müßte seine Politik dementsprehend einrichten.

Nach einer Erklärung des Parlaments-Secretärs des Aus- wärtigen Amts, Lowther, in der gestrigen Sißung des Unterhauses sind die englishen Konsulate in Rußland angewiesen worden, die dortigen Auswanderer vor der Einwanderung in England zu warnen.

Die ase Regierung wird, wie die „A. C.“ vernimmt, nah der Westküste von Afrika eine weitere Anzahl von Offizieren senden, welche die dortige Grenzpolizei be- fehligen sollen. Einstweilen lege man in London dem dortigen Aufstande der Eingeborenen feine große Bedeutung bei, ob- e man sich nicht verhehle, daß eine Gährung unter allen

tämmen vom Gambia bis nach Lagos sih bemerkbar mache. Aus diesem Grunde würde auch die zurückgezogene Garnison von Cape Coast Castle wahrscheinlih wieder erseßt werden.

Der leßte amtliche Bericht des General-Jnspectors des englishen Rekrutirungswesens wiederholt die alte Klage, wie s{hwer cs halte, die Lücken der Armee durh passende Elemente auszufüllen. Die Jnfanterie habe Ende 1891 einen Mangel von 3226 Mann aufzuweisen gehabt und in West- indien und in den Colonien hätten 1909 Mann gefehlt, um die dort stehenden Truppenverbände vollzählig zu machen.

Frankreich.

Die Dynamit-Explosionen nehmen fortwährend die Thätigkeit der Behörden in Anspruch. Auch der Minister- rath hat sich nah ciner Ms!dung des „W. T. B.“ gestern mit dem Dynamit-Attentat in der Rue de Clichy beschäftigt. Später conferirte der Minister-Präfident Loubet mit dem Justiz-Minister, mehreren Justizbeamten und dem Polizei-Präfecten. Man glaubt in Paris, daß sehr wichtige Beschlüsse gefaßt worden seien. Allgemein ist man überzeugt, daß Ravachol der Urheber der Attentate sowohl auf dem Boulevard St. Germain wie auch in der Rue de Clichy sei. Dem „W. T. B.“ zufolge wäre die Polizei auf seiner Spur und die meisten seiner Helfershelfer bereits verhaftet. Andererseits wird der „Magd. Ztg.“ gemeldet, daß die Urheber des Attentats Cndüffibbar seien. Jn Saint - Denis seien allerdings etwa zwölf Anarchisten verhaftet worden, doh hätten sie wieder freigelassen werden müssen, weil kein Beweis für ihre Theilnahme an den Explosionen vor- gegen habe. Die Negeruts soll die sofortige Verstärkung er Pariser Polizei um 1 Mann und die Bildung einer besonderen Gendarmerie-Abtheilung zum Schuße der Um- gebung der Hauptstadt angeordnet haben.

Jn Folge der Excesse in den Kirchen von St. Merry und St. Joseph de Belleville hat der Erzbischof von L jeßt eine Verordnung erlassen, in der die von

eistlichen mit Socialisten in Kirchen veranstalteten Con- ferenzen und Disputationen für die Folge untersagt werden. Die Pfarrer der beiden genannten Kirchen haben dem Polizei-Präfecten bereits persönlih die Einstellung der Vorträge mit dem Bemerken mitgetheilt, daß sie der Re- gierung keinerlei Verlegenheiten bereiten wollten. j

Jn der Deputirtenkammer wurde gestern die Credit- vorlage für das Kriegs-Ministerium berathen, deren Betrag die Budgetcommission herabzumindern beantragt hatte. Jn der Debatte wurde zunächst von den Abgg. Raiberti (radical) und Piou (conservativ) der Kriegsverwaltung der Vorwurf gemacht, daß sie gewisse Ausgaben, hauptsächlich die- jenigen tis Manöver, verheimliht, sowie Ausgaben für Er- nährung der Truppen vorgelegt habe, die gar niht gemacht worden seien. Der Kriegs - Minister de Freycinet rehtfertigie die Ueberschreitung der Ausgaben mit der Er- p bef, der Fleishpreise und mit den großen Manövern, dic

efricdigende Resultate ergeben hätten; er sei nur der

Tradition gefolgt, wenn er die Forderung eines Credits vorzeitig vorgelegt habe, ohne die Ziffer der Ausgaben genau Fee zu habe. Der Kammer stehe es frei, eine andere ethode zu bezeichnen. Der Minister er- innerte dann an die Fortschritte der Armee unter seinem Befchle, an die Bildung von 19 Bataillonen, 40 Schwa- dronen und 35 Batterien erster Linie sowie an die Bildung von gemischten Regimentern, die eine nur unbedeutende Er- höhung der Ausgaben verursacht habe. Niemals sei eine Armee besser befehligt gewesen, ihre Führer verdienten Vertrauen. Wenn dies Vertrauen erschüttert werde, werde er nicht mehr Minister bleiben. (Anhaltender Beifall.) Alsdann erklärte Frey- cinet, er nehme die von der Budgetcommission vorgeschlagene Herabminderung des Credits an, aber nur unter der Be- dingung, daß sie keinen Tadel enthalte. Der Berichterstatter und der Präsident der Budgetcommission stellten jed? Absicht eines gegen den Minister persönlich gerihteten An- griffs in Abrede. Déroulède protestirte im Interesse der Armee gegen die Herabminderung des Credits. Schließ- lich wurde der Credit mit der von Freycinet an- genommenen Herabminderung genehmigt und die gc

samte Creditvorlage mit 416 gegen 23 Stimmen ange- nommen. Zal e utirte beglückwünschten Frey cinet wegen seines Erfolges. Die Kammer ene e erner den Gesegentwurf über das internationale Uebereinkommen zum Schuß des industriellen Eigenthums. Demahy wird am Sonnabend den Minister des Auswärtigen Ribot über die Lage in Madagascar befragen.

Der Senat bewilligte in ‘seiner gestrigen Ding den Supplementarcredit im Betrage von 12 Millionen für die Colonien und nahm darquf den Gesegentwurf über die Frauen- und Kinderarbeit an.

Ein amtlihes Telegramm aus Porto Novo an der Küste von Guinea berichtet, während einer Recognoscirung auf dem Wheme-Flusse sei ein Kanonenboot, auf dem sich der Stellvertreter des Gouverneurs der Südküste, Truppen- Commandant Balot befand, ohne jeglihen Anlaß dur eine Schaar Dahomäer mit Flntenschüssen angegriffen worden.

Rußland und Polen.

Der Kaiser hat, wie man der „Mgdb. Ztg.“ aus St. Petersburg meldet, ein Schreiben des Papstes erhalten, worin ihm dieser für die Regelung der Verhältnisse der ka- tholishen Kirche in Südwest-Rußland durch die leßte Bischofs- ernennung dankt. Demselben Blatt zufolge wurde amtlich bekannt gegeben, daß der Zustand des Großfürsten Georg, weiten Sohnes des Kaisers, sih soweit gebessert habe, daß ein

E P in Algier nicht ib A sei. Der Großfürst werde seine Eltern nah Kopenhagen begleiten.

Wie dem „Hamb. Corr.“ berichtet wird, nimmt der Großfürst - Thronfolger an den Regierungsgeschäften eifrigen Antheil. Er besuhe niht nur die B des Neichsraths und des Minister-Comités regelmäßig, sondern sei jezt au in den Finanzrath eingetreten.

Der Minister des Auswärtigen von Giers isst laut Meldung des „W. T. B.“ aus St. Petersburg an der Rose erkrankt; die Krankheit nimmt zedoh einen normalen Verlauf.

Bischof Julius von Richter, das geistlihe Oberhaupt aller evangelishen Kirhen Rußlands, ist der „Frkf. Ztg.“ zu- folge im Alter von 83 Jahren verstorben.

Ftalien.

Zu den Handelsvertrags - Unterhandlungen Ftaliens mit der g wird dem „W. T. B.“ aus Nom gemeldet, daß sich im Auftrage der Regierung der General-Secretär im Auswärtigen Amte, Staatsrath Malvano heute nah Bern begeben werde, um anläßlih der bevor- stehenden Wiederaufnahme der Verhandlungen in Zürich Auf- klärungen über diejenigen E zu geben, über welche eine Einigung bisher nicht erzielt worden ist.

Jn der Deputirtenkammer wurden gestern von Barzilai und Imbriani Jnterpellationen über angeb- liche Angriffe, die von Kroaten gegen italienische Fischer in Selenico verübt seien, angekündigt. Jmbriani verlangte ferner die Beschleunigung der Debatte über die Anwendung der Weinzollclausel im italienisch-österreichischen Handels- verkehr, und der Deputirte Pugliese forderte die Vorlegung des Berichts über den darauf bezüglichen Geseßentwurf.

Luxemburg.

Jn der Hauptstadt des Ag haben gestern die E vate für den Gemeinderath stattgefunden. Bekanntlich hatte sih die Regierung gezwungen gesehen, die frühere A Körperschatt aufzulöfen, weil eine Anzahl von Stadträthen dem Schöffencollegium beharrlih ihre Mit- wirkung verweigerte, die Beschlüsse der Majorilät zu hintertreiben suhte und u. a. die Conversion der städti: hen Schuld verhinderte, und zwar in einem Augen- blié, wo die Jnteressen der Stadt es forderten, die ihr gestellte vortheilhafte Offerte anzunehmen. Die Neu- wahlen haben nun, dem „W. T. B.“ zufolge, 10 Anhänger und 5 Gegner des Schöffencollegiums ergeben. Der Bürger- i Brasseur wurde mit großer Majorität wieder- gewählt.

Belgien.

Der, wie schon gestern nah Schluß der Redaction gemeldet, am 29. d. seinen längeren Leiden erlegene Minister des Auswärtigen Joseph Marie de Riquet, Fürst von Chimay und Caraman, war am 9. Oktober 1836 geboren und der älteste Sohn des Fürsten Joseph von Chimay (gestorben 1886). Er gehörte einige Zeit als Gesandter in Bern dem diplomatischen Dienst an, wurde 1870 Regierungs-Präsident der Provinz Hennegau, und 1882 als Abgeordneter von Philippeville Mitglied der belgishen Kammer. Kurz nachher erhielt er im Ministerium Beernaert dos Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten.

Serbien.

Die von einzelnen Blättern gebrachten Nachrichten von bevorstehenden Reisen des Königs Alexander nach Bukarest, Konstantinopel und Athen werden von der „Pol. Corr.“ als verfrüht bezeihnet. Ein endgültiger Entschluß sei bisher nicht gefaßt worden. / l

Das Amtsblatt wird, wie bestimmt verlauket, heute die Sanctionirung der Erklärung des Königs Milan ver- öffentzichen.

Amerika.

Der Vertrag der Vereinigten Staaten u1d Groß- britanniens über Vie GibariGterliqe Entscheidung der Beringsmeer-Frage ist vom Senat der Union ohne Amendement ratificirt worden. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat pi nah einem Kabeltelegramm des „W. T. B.“ aus Washington beschlossen, die Vorschläge des Marquis von Salisbury wegen Erneuerung des modus vivendi anzunehmen, jedoh mit gewissen Einschränkungen bezüglich der Entschädigungsfrage. : i

Das unerwartete Ergebniß der Berathung über die Bland’sche Silberbill (vgl. Nr. 75 d. Bl.) bildet noch immer den Hauptgegenstand der Erörterung unter den amerikanishen Politikern. Viele Abgeordnete sind der Ansicht, daß sich der heftige Kampf des lehten Donnerstags wiederholen werde, falls der Ausshuß für die Geschäfts- ordnung eine endgültige Abstimmung über die Bland'sche Bill Puragen sollip. Nach einer Meldung der „Times“ aus Philadelphia vom 29. d. M. hätte Bland auf die Weiter-

berathung seiner Bill während der gegenwärtigen Session verzichtet. Ñ

Asien.

Der König von Korea hat, wie der „Köln. Ztg.“ aus Söul unter dem 18. Januar geschrieben wird, ein Decret erlassen, wonach Nicht-Koreanern in der Hauptstadt kein Grund und Boden verkauft werden darf.

Wie dem „Reuter hen Bureau“ aus Bombay telegraphirt wird, haben die Truppen des Emirs von Afghanistan die Stadt Asmar in Kafiristan angegriffen und die Kafirs gezwungen, sich zu unterwerfen.

Parlamentarische Nachrichten.

Jn der heutigen (207.) Sißgung des Reichstags, welcher die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Malgzahn sowie der Königlih preußishe Kriegs-Minister von Kaltenborn beiwohnten, wurden in zweiter Berathung & der Uebersicht der Reichsausgaben und -Einnahmen für das Etatsjahr 1890/91 auf Antrag der Rechnungscommission die nachgewiesenen Etats- überschreitungen und außeretatsmäßigen Au s-

aben. im Gesammtbetrage von 30 928 761 ohne Be- Prediána vorläufig gema.

Die von den Abgg. Möller (nl.), Rösidche (b. k. F.) und Genossen eingebrahte Novelle zum Unfallversice- rungsgeseß wurde in zweiter A ohne Besprehung auf Grund eines Antrags der Abgg. Möller (nl.), Rösicke (b. k. F.), Schrader (dfr.), Freiherrn von Stumm (Rp.), Wichmann (cons.) und Hiße (Centr.) in folgender Fassung angenommen:

8 1. Der § 87 Abs, 4 des Unfallversiherungsgeseßes erhält im ersten Saße und der § 95 Abs. 5 des Gesetzes betr. die Unfall- und Krankenversicherung der in land- und forstwirthschaftlichen Be- trieben beshäftigten Pers onen erhält im zweiten Saße folgende Fassung : „Für die nichtständigen Mitglieder des Reichs-Versiherungsamts sind in der gleihen Weise nah Bedürfniß Stellvertreter zu be- Behn welche die Mitglieder in Behinderungsfällen zu vertreten aben.“

§ 2. Dieses Geseß tritt mit der Wirkung vom 1. Oktober 1891 ab in Kraft.

Es folgte die zweite Berathung des Gesegentwurfs über den Belagerungszustand in Elsaß-Lothringen. Die XXVI. Commission hat den Geseßentwurf abgelehnt und dafür folgendes Geseß zur Annahme vorgeschlagen:

Gesetz, betreffend die Vorbereitung des Kriegszustandes in Elsaß-Lothringen: Bis zum Erlaß eines für das gesammte Cltab Lotbr geltenden Gesetzes über den Kriegszustand gelten für Elsaß-Lothringen folgende, mit dem Tage ihrer Verkündigung in Kraft tretenden Bestimmungen : Für den Fall eines Krieges oder im&all eines unmittelbar drohenden feindlihen Angriffs kann jeder min- destens in der Dienststellung eines Stabsoffiziers befindliche oberste Militärbefehlshaber zum Zweck der Vertheidigung in dem ihm unter- stelltenOrt oder Landestheil vorläufig bis zu der unverzüglich einzuholen- den Entscheidung des Kaisers über die Verhängung des Kriegszustandes, die Ausübung der vollziehenden Gewalt übernehmen. Die E der vollziehenden Gewalt erfolgt durch Erklärung des obersten Militär- befehlshabers gegenüber der Civilverwaltungsbehörde des betref- fenden Orts oder Landestheils, Diese Erklärung ist in ortsüblicher Weise öffentlich bekannt zu machen. Die Civilverwal- tungs- und Gemeindebehörden haben den Anordnungen und Auf- trägen der Militärbefehlshaber Folge zu leisten. Für ihre Anord- nungen und Aufträge sind die betreffenden Militärbefehlshaber persönli verantwortlich. Ueber die getroffenen a muß dem Bundesrath und dem Mets sofort, beziehungsweise bei ihrem nächsten Zusammentreten Rechenschaft gegeben werden.

Der Kriegs-Minister von Kaltenborn erklärte sih mit der vorgeschla zenen Fassung einverstanden, rühmte den patriotishen Sinn, der in ‘den Verhandlungen der Commission von allen Seiten zum Ausdruck gekommen, und sprach seine ae Freude über die Zustimmung der reichsländishen Abgeordneten zu der beschlossenen Fassung aus.

Jn zustimmendem Sinne äußerten sich die Abgg. Dr. Petri-Straßburg (nl.) und Delles-Meg (b. k. F.), während der Abg. Hickel- Mülhausen (Soc.) sih von der Zustimmung aus\hloß, die alle anderen A bei der Abstimmung der Vorlage in der veränderten Form zu theil werden ließen.

Darauf berichtete der Abg. Dr. Hammacher (nl.) im Namen der Budgetcommission über den Nachtrags-Etat für 1892/93. Nach der Vorlage soll für den Neu- bezw. Ausbau von s\trategishen Eisenbahnlinien ein Credit von 32 234 440 A bewilligt werden, wovon die erste Rate mit 9643400 M im Extraordinarium des Militär-Etats für 1892/93 eingestellt werden soll. Die Commission hat die Vorlage unverändert angenommen, nachdem der Beweis der Nothwendigkeit und Dringlichkeit der geforderten Bauten dur die Vertreter der Militärverwaltung erbraht war.

Nachdem die Abgg. Frizen, Hug und Lender vom Centrum und der Abg. Hahn (cons.) sih für die Bewilligung des Nachtrags-Etats erklärt hatten, wurde dieser mit großer Mehrheit bewilligt.

Dann ging das Haus bei Schluß des Blattes zur dritten Berathung des Gesetzentwurfs, betr. den Verkehr mit Wein, über.

Jn der heutigen A Auna des Herrenhazse®, welcher die Staats-Minister Finanz-Minister Dr. Miquel, Justiz-Minister Dr. von Schelling, Minister des Jnnern

errfurth, Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden, Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen, Cultus-Minister Dr. Bosse und Handels-Minister Freiherr von Berlepsch nebst Commissarien beiwohnten, wurde zunächst über die Petition des Militär- Jnvaliden Eduard Saenger in Berlin um Ge- währung einer höheren Jnvalidenpension emäß dem Antrage der Petitionscommission, als deren Berichterstatter Herr von Arnim-Densen sprah, zur Tagesordnung übergegangen, desgleichen über die Petition des Ingenieurs Apel und - Genossen zu Berlin um Schuß gegen die dur die EA O A herbeigeführte zwangsweise Jmpfung ihrer Kinder, Berichterstatter Graf von Klinkowstroem. Die N des T U Gie der evangelischen Gemeinde ju N.-Gladbah um Erwirkung der ministeriellen Er- aubniß zur Erweiterung des evangelischen Begräbniß- plaßes daselbst wurde, entgegen em Antrage der Commission, Berichterstatter Ober-Bürgermeister Schneider: „in der Zuversicht, daß die Gemeinde M.-Gladbah auf dem von ihr neu einzurihtenden communalen Friedhof für eine Trennung der Begräbnißstätten beider christliher Con- fessionen Sorge tragen werde, über die Petition zur Tages- ordnung überzugehen“, in die Petitionscommission zurückver- wiesen, nahdem sich Herr von Kleist-Reßow auf Grund einer neuerdings eingereihten Ergänzungspetition für die Zurückverweisung ausgesprochen hatte.

Darauf wurde die Specialberathung des Staats- ga dad beim Etat der Bauverwaltung fort- gseßt. :

Fürst Putbus wandte sih gegen die Einrichtung eines Verkehrshafens in Saßnig, wo die R {hlecht und auch feine genügende Tiefe vorhanden sei. Besser eigne sih zu diesem Zweck ein Hafen zu Arcona als Anschluß an die Nordbahn. :

Ein Neglerungs-Commilsar der Bauverwaltun erwiderte darauf, daß die Herstellung der. nöthigen Wassertiefe vorgesehen sei. ' ;

Ober-Bürgermeister Bräsi cke empfahl die Beschleunigung der Nezeregulirung und den Ausbau der Schleusen für den Verkehr großer Fahrzeuge. i

Die Denkschrift, betr. die Durhführung des Groß- schiffahrtsweges durch den Breslauer Stadtbezirk wurde dur Kenntnißnahme für erledigt: erklärt, der Etat der Bau- verwaltung genehmigt.

Beim Etat der indirecten Steuern versprah der Ner Miquek, auf eine Anregung des Grafen

linckowstróm, die Freilassung der für den cene Bedarf gebauten Tabacke von der Steuer bei einer : Tabafsteuergeseßes in Erwägung zu ziehen.

Beim Etat der Lotterieverwaltung sagte der Finanz- Minister dem Ober-Bürgermeister Struckmann auf seine Anfrage zu, daß die verabschiedeten Offiziere bei Beseßung der Lotterie-Collecteurstellen möglichst berücksihtigt werden sollen.

Die Etats der indirecten Steuern und der Lotterieverwal- tung wurden genehmigt.

Bei Schluß des Blattes trat das Haus in die Berathung des Etats der Bergwerksverwaltung ein.

evistion des

In der heutigen (43.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welher mehrere Commissarien beiwohnten, gingen ein an Vorlagen: ein Vertrag vom 14. d. M. ischer Preußen und Bremen wegen Erweiterung des Bremischen Stadtgebiets nördlich von Bremerhaven; ein Gesehentwurf wegen Einführung der Landgemeinde- ordnung für die sieben östlihen Provinzen der Monarchie vom 3. Juli 1891 in der Provinz Schleswig-Holstein; ein Gesehentwurf wegen Erweiterung des Unternehmens der Stargard-Küstriner-Eisenbahngesellshaft durch den käuflichen Erwerb der Eisenbahn von Glasow nah Berlinchen; ein Geseßzentwurf wegen Beseitigung der kir chlihenSteuer- freiheit der Angehörigen der Kieler Universität; ein Antrag auf Annahme eines Geseßentwurfs wegen Regulirung der gutsherrlihen und bäuerlihen Verhältnisse in Neuvorpommern und Nügen.

In dritter Berathung wurden die Geseßentwürfe, betreffend die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage in den Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover und Hessen-Nassau, sowie in den hohenzollernschen Landen, und betreffend die Aufhebung älterer in der Provinz Hessen- Nassau geltender geseßliher Bestimmungen über die Unter- suchung des Schlachtvichs und die Ausstellung von Vieh- Gesundheits\heinen, ohne Debatte angenommen.

In der dritten Berathung wurde der Geseßentwurf, betr. die A für an Milzbrand gefallene Thiere nach kurzer Debatte, an der sih die Abgg. Knebel, E von Erffa, Roeren, Broekmann, von Schalscha und der Geheime Ober-Regierungs-Rath Sterne- berg betheiligten, unter Ablehnung eines Antrages Knebel unverändert angenommen.

In erster und zweiter Berathung wurde der Gesceß- entwurf, betreffend die Abänderung von Amtsgerichts- bezirken, ohne Debatte genehmigt.

Ebenso wurde in erster und zweiter Berathung der Geseß- entwurf, betreffend die Errichtung eines Amtsgerichts in der Gemeinde Lechenich unverändert angenommen.

Bei Schluß des Blattes ging das Haus zur Berathung von Petitionen über.

Die mit der Vorberathung der Novel1e zum Berggescß vom 24. Juni 1865 beauftragte Smit! fion des Hauses der Abgeordneten trat, wie wir den Morgenblättern entnehmen, gestern zusammen. Artikel 1 regelt die Ver )ältnisse der Bergleute und der Betricbsbeamten. § 80 besagt: „Das Vertragsverhältniß zwischen den Bergwerksbesißern und den Bergleuten wird nach den allgemeinen geseßlichen Bestimmungen beurtheilt; den Bergwerks- besitern ist untersagt, für den Fall der rechtswidrigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Bergmann die Verwirkung des rück- ständigen Lohns über den Betrag des durhschnittlihhen Wochen- lohns hinaus auszubedingen.“ § 80a schreibt für jedes Bergwerk den Erlaß einer Arbeitsordnung vor. Beide Paragraphen wurden nah längerer Debatte unverändert angenommen. § 80 b schreibt vor, welche Bestimtiim en die Arbeitsordnung enthalten muß: über Anfang und Ende der täglichen Arbeitszeit, über die Art der Bemessung des Lohns, über Zeit und Art der Abrechnung x. Auf Antrag des Abg. Dr. Ritter (freicons.) wurde bestimmt, daß die Arbeitsordnung Be- stimmungen enthalten müsse „über die zur Festseßung des Schichtlohns und zum Abschluß des Gedinges bezw. zur Festseßung des Gedinges ermächtigten fre onen, über die Beurkundung und Bekanntmachung des abgeschlossenen Gedinges, sowie über die Grundsäße für eine Ver- änderung, Aufhebung oder Abnahme der Gedinge." Auf Antrag des Abg. Mm ereus (nl.) wurde ferner Absatz 3 des § 80Þþ ganz gestrihen und lediglih in Uebereinstimmung mit der Neichs-Gewerbe- ordnung gesagt: „Die Arbeitsordnung mut Bestimmungen enthalten über Zeit und Ort der Abrehnung und Lohnzahlung.“ Ein Antrag des Abg. Hiße (Centr.) auf Festseßung einer Maximalarbeitszeit (Beschäftigung unter Tag 8 Stunden für die einzelne Schicht, 48 Stunden in der Woche) wurde abgelehnt.

In der heutigen Sitzung wurde nach eingehender Debatte § 80e unter Ablehnung aller Anträge unverändert in der Fassung der Ne- gierungs8vorlage angenommen.

Kunst und Wissenschaft.

Der ordentliche Professor an der Universität zu München Dr. jur.' Bata von Roth ist im 72. Lebensjahre gestern in München ge- torben. Als außerordentlicher rofessor der Rechte in Marburg begründete er seinen bedeutenden Ruf dur Herausgabe der „Geschichte des Beneficialwesens" im Jahre 1850. Im Jahre 1852 wurde er außerordentlihes, 1863 ordentliches Mitglied der historishen Klasse der bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten nnd Absperrungs- 2 Maßregeln.

Aus Hessen, 26. März. Wie aus Groß-Umstadt, Kreis RSTA der „K. Z." gemeldet wird, sind dort und in der Umgegend eb

in der leßten Zeit zehn Erkrankungen an E enickkrampf vorge-

kommen. Fünf Fälle endeten tödtlich.