Andererseits ist aber im Hinblick auf die Entwiklung unserer ge- samten Handelsverhältnisse und namentlih auch für unsere Schiffahrt zu berücksichtigen, daß — und das ist der Grundton aller auf den Abschluß von Handelsverträgen bezüglißen Wünsche — vor allem unbedingt erforderlich ist, daß wir sowohl für den Bezug als für den Abjay auf fremden Märkten unter denselben Bedingungen konkurrieren können wie die mit uns in Wettbewerb stehenden Länder. Die Sicherheit, in keiner Weise ungünstiger behandelt zu werden, als andere Under, ist verankert in der Klausel der Meistbegünstigung. Wenn auf der einen Seite mit der Gewährung und der Forderung des Rechts der Meistbegünstigung beim Abschluß von Handelsveiträgen Nachteile verbunden sind, so {ließt die Meistbegünstigung auf der anderen Seite au erheblihe Vorteile in fich. Es wird bei gegebener Gelegenheit zu prüfen sein, ob und inwieweit sich die beiden in ent- gegengeseßter Richtung wirkenden Faktoren einander näher bringen lassen können.
Ich stimme also darin dem Herrn Abg. Kaempf unbedingt zu, daß wir keineswegs in der Lage find, das Prinzip der Meist- begünstigung so kurzer Hand bei Seite zu \chieben; (sehr richtig! links), es wird auch in Zukunft für unsere wirtschaftspolitischen Maßnahmen von hoher Bedeutung sein. Es kann sich nur um die Frage handeln, ob wir die Möglichkeit finden, die Schwächen, die dem augenblicklihen System anhaften, durch geeignete Maßnahmen auszugleihen. In der Hauptsahe werden wir an dem Prinzip der Meistbegünstigung festhalten müssen, ebenso wie an der Struktur und dem Prinzip und an der Höbe des Schußes unseres bisherigen Zoll- tarifs. Es handelt fich nit darum, die Zölle niedriger zu gestalten, sondern es handelt sich darum, uns in unserem eigenen Tarif ein wirksames Kampfmittel beim Abschluß von Handelsverträgen zu schaffen.
Das sind die allgemeinen Bemerkungen, die ih mir im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Vorredners gestatten wollte.
Wenn ich von diesen Ausführungen noch einmal auf den Vertrag mit Japan übergehe, so haben die Herren Vorredner bemängelt, daß das Material für die Kritik des Vertrags um deswillen etwas unvollkommen sei, weil der alte japanishe Zoll- tarif nicht mitgeteilt ist, weil keine Vergleihe zwischen dem früheren japanischen Tarif und den vereinbarten Säßen gezogen sind. Meine Herren, ih habe geglaubt, daß die Anlage 5 — diese ist es wobl — ein binreichendes Material enthielte. Nichtig ist, daß die alten Vertragssäße in einer besonderen Gegenüberstellung nicht mit- geteilt sind, weil eine solche Zusammenstellung tatsählich so, wie sich die Dinge entwickelt haben, einen ausreihenden Vergleih oder eine vergleihbare Grundlage für die Beurteilung des jeßigen Bertrages nicht geben konnte. Meine Herren, Sie dürfen niht vergessen, daß der japanische Vertrag von 1896 auf einer völlig anderen Grundlage abgeschlossen ist als der jeß!ge. Sie dürfen nit vergessen, daß bei den Verhandlungen über den Vertrag von 1896 die europäischen Staaten, die mit Japan verhandelten, ein außerordentlihes Dru- mittel besaßen, weil fie in ihrer Hand Vertrag8instrumente hatten, die unkündbar waren und die Japans Souveränität in bezug auf dié Gerichts- barkeit und die Zollgeseßgebung beshränkten. Das Bestreben Japans, seine Souveränität von diesen Schranken zu befreien, hat es den europäischen Staaten und auch uns möglich gemacht, im Jahre 1896 Zugeständnisse ohne Gegenzugeständnisse auf zolltarifarishem Gebiete zu erreichen, die nah Lage der Dinge aufrechtzuerhalten wir natürli nit imstande waren, einmal, weil die Machtmittel, die uns im Jahre 1896 zur Verfügung standen, uns heute fehlten, und weil anderersetts in Japan die wirtshaftlihen Vorgänge eingetreten find, die auch in anderen Ländern uns den Abshluß von Handelsverträgen ershweren.
Jch möchte im Anschluß an das, was ih eben sagte, noh bemerken: Ich bin stets aufs äußerste bestrebt, dem Reichstage das Material unverkürzt und übersichtlich zur Verfügung zu stellen, das zur Beurteilung der aus metnen Händen hervorgehenden Vorlagen notwendig ift, und t{ch werde selbstverständlich die Wünsche, die von seiten der Herren hier ausgesprochen find, auch für die Zukunft berücksichtigen, soweit das noch notwendig sein wird. Sie können versichert sein: wir werden Ihnen in der Zukunft ein nah unserer Auffassung übersichtlihes und klares Material zur Verfügung tellen.
Nun, meine Herren, ist im übrigen im Vertrage besonders be- mängelt worden die Behandlung der Seidenindustrie. Es handelt h hier um eine komplizierte, überwiegend zolltehnische Frage. Ich werde also dem Herrn Vertreter des Reichsshaßzamts es überlassen, die hiecher gehörigen, in sein Ressort fallenden Aufklärungen zu geben. Das eine möchte ih aber mit Bestimmtheit hier feststellen : es handelt sich bei den Habutae ledigliÞh um eine Bindung des Zolles bis zum Jahre 1917, eine Bindung, die wir um so mehr aus sprechen konnten, als wir mit Rücksiht auf die sonstigen vertraglihen Bestimmungen zu den Positionen 401 und 405 unseres Zolltarifs dcch nicht in der Lage gewesen sein würden, vor dem Jahre 1917 eine Erhöhung dieses Satzes eintreten zu lassen. Es handelt sich auch nicht um indirekte Erhöhung des Zolles; denn die von den Herren fkritisierte, nachher von dem Herrn Ver- treter des Netchsshaßzamts näher zu erörternde Abmachung über die Charafkterisfierung derjenigen Seidengewebe, die als Habutae zu verzollen find, bedeutet weiter nihts als die Klarlegung eines schon nach dem geltenden Rechte bestehenden Zustandes, der aus Gründen, auf die ih hier nicht weiter eingehen will, vorübergehend zweifelhaft geworden war. Es ist also nach meiner Ueberzeugung durch diese Bestimmung eine Schädigung unserer Seidenindustric nicht eingetreten, und dadur, daß wir das Zollabkommen mit dem Jahre 1917 ablaufen lassen, haben wir völlig freie Hand, wenn es so weit ist, zu prüfen, ob die veränderten wirtschaftlihen Verhältnisse, ob die veränderte Technik und das veränderte Können in den verschiedenen Ländern eine anderweitige Regelung der diesbezüglichen Vorschriften unseres Zolltarifs notwendig machen.
Meine Herren, das sind nach meiner Erinnerung die wichtigsten Momente, die aus dem Zollvertrag mit Japan hier zu erörtern sein würden.
Die Ausführungen, die der Herr Abg. Kaempf zu den Teer - farbstoffen gemacht hat, fallen unter die vorher {on von mir charakterisfierte Kategorie von Konzessionen, und er hat sie, soweit ih sehe, nur gemacht, um zu beweisen, daß obne die Hinzufügung des älteren Zolltarifs die Bedeutung der im Wege des Vertrages er- zielten Ermäßigungen des neuen Tarifs niht ohne weiteres gewürdigt werden könne. Ich brauche also auf diese Frage hier niht weiter einzugehen.
Dann hat der Herr Abg. Dr. Stresemann eine Angelegenheit zur Sprache gebracht, die nit direkt mit dem japanischen Handelsvertrage zusammenhängt, wohl aber indirekt die Fragen unserer Handels- vertragspolitik berührt, über die ich im Eingange meiner Ausführungen gesprochen habe. Der Herr Abg. Stresemann hat hingewiesen auf die Besorgnisse, die unsere deutschen Importeure empfinden aus Anlaß der in Frankreich bevorstehenden neuen Taraordnung. Bezüglich dieser Taraordnung möchte ih folgendes bemerken.
Sofort nach Eingang der Beschwerden über die neue fran- zösishe Taraordnung sind Vorstellungen in Paris erhoben worden. Die Vorstellungen haben ten Erfolg gehabt, daß das JSnkrafttreten der Beslimmungen bis zum 1. Januar 1912 hinaus- geshoben ist. Ferner ist dem Kaiserlichen Botschafter in Aussicht gestellt worden, daß die neue Taraordnung bis zu ihrem Inkrafttreten noch wesentlihe Aenderungen erfahren werde. Die Neichsverwaltung wird auch fernerhin ernstlich bemüht fein, daß die in Aussicht genommene Aenderung der Taraordnung tunlihst im Sinne der Wiederherstellung des früheren Zustandes, d. h. der Zulassung der Feststellung der wirklihen Tara durch Probeverwiegungen auch bei der inneren Verpackung vorgenommen wird. Sie hegt die Hoffnung, daß es der französishen Regierung gelingen wird, den Bestimmungen eine Fassung zu geben, welche verhindert, daß die neue Taraordnung für wesentliche Teile der deutschen Ausfuhr wie eine Zollerhöhung wirkt.
Meine Herren, ih g?be mich umsomehr der Hoffnung hin, daß diese freundshaftlißen Vorstellungen niht ohne Erfolg bleiben werden, als wir ja auch in früheren Fällen geschen haben, daß derartige Vor- stellungen nit erfolglos sind. Jh crinnere an die hier stattgehabten Besprehungen über die französische Zollnovelle vom 29. März 1910. Auch damals ist die Reichsregierung aus Ihrer Mitte dankenswerterweise daran erinnert worden, daß sie sch hier erhebliher deutsher Interessen anzunehmen hätte. Es war das vor dieser Anregung bereits geschehen, und au damals is es uns ge- lungen, eine nit unwesentliGe Veränderung der ursprünglichen Vor- lage zu unseren Gunsten zu erreicken.
Vielleicht interessieren Sie im Anschluß daran folgende Zahlen. Der neue französfische Zolltarif ist am 1. April 1910 In Kraft getreten. Troß der Mehrbelastung, die er für einen Teil unserer Ausfuhr gebracht hat, hat sich unsere Ausfuhr nach Frankreich günstig entwickelt. Sie hatte im Jahre 1910 einen Wert von 543 Millionen Mark gegenüber 455 und 438 Millionen in den Vor- jahren. Im laufenden Jahre hat nah der französischen Statistik eine sehr erhebliche weitere Steigerung staltgefunden. Die deutsche Einfuhr nah Frankreich hatte in den ersten 9 Monaten 1911 etnen Wert von 700 Millionen Franken gegenüber 586 und 470 Millionen Franken in demselben Zeitraum der beiden Vorjahre. Inwieweit nun diese Steigerung auf solche Artikel unserer Einfuhr zurückzuführen ist, die ' durch die Zolltarifnovele vom 29, März 1910 Zollerhöhungen erfahren baben, kann ich Ihnen heute nicht sagen. Das kann ih erst feststellen, wenn das ftatistische Material für 1911 ‘vorliegt.
Immerhin dürfte es niht ohne Interesse sein, daß auch der er- böhte französishe Zolltarif eine erheblihe Steigerung unseres Handels mit Frankreich nicht verbindert hat. (Bravo !)
Fch glaube, das find die wesentlihen Punkte aus den Aus- führungen der Herren Vorredner, die mir zu einer Erwiderung Ver-
anlassung geben konnten.
Bezüglich der Habutae wird der Herr Vertreter des Reichsschaßz- amts nähere Darlegungen geben.
Unterstaatssekretär im Reichéshatamt Kühn: Von den Herren Abgg. Dr. Pieper und Dr. Stresemann ist gewissen Befürchtungen aus den Kreisen der deutschen Seidenindustkrie Ausdru gegeben worden, die sih auf die Zollbehandlung der fogenannten Habutae beziehen, die aber in den durch den Vertrag mit Japan geschaffenen Zollverhält- nissen wobl kaum einen genügenden Anhalt finden. Nach den Dar- legungen der genannten Redner scheint die JIndustuie weniger die Konkurrenz der Habutae an #ich zu fürchten, als vielmehr den Umstand, daß der Begriff der Hobutae durch die deutschen Zoll- behörden zu weit ausgelegt werden fönnte. Dafür aber, daß dies nicht geschehe, ist Vorsorge getroffen. Jch tarf in der Beziehung auf fol- gend-s hinweisen. Habutae ist — wie {hon in der Begründung zur zur Vorlage ausgeführt ist die japanische Bezeichnung für be stimmte, unter die von den dichten Geweben handelnde Nummer 401 des deutschen Zolltarifs fallende japanishe Scidentafte. Weitere Merk male find in dem Ihnen vorliegenden Vertrage angegeben. Ganz besonders made ih aber darauf aufmerksam, daß bei dem Zu- gaeständnis, das Japan in bezug hierauf gemacht is, am Schluß ausdrücklih hervorgehoben ist, daß der Zoll von 300 \Æ& nur solhen Geweben der bezeihneten Art zu gute fommen soll, welhe den von Japan bei uns hinterlegten Mustern entsprechen. Diese Muster werden bei uns einer Prüfung unterzogen werden, bei der die deutshe Seidenindustrie beteiligt werden wird. Gerade durch die Forderung der Uebereinstimmung der eingehenden Waren mit diesen Mustern, glaube ih, ift der genannten Industrie eine bestimmte Gewähr dafür gegeben, daß nicht etwa, wie sie be fürchtet zu haben scheint, eine Reihe von undihten Geweben, dite in Wirklichkeit gar nicht den Habutae zuzuzählen sind, später unter diesem Namen eingelassen und dann dem Zoll von 300 4 unter- worfen werden.
Direktor im Auswärtigen Amt, Wirklicher Geheimer Nat Dr. von Koerner: “Meinè Herren! Déex Artikel 111 Abs. 2 des Vertrages hat dem Abg. Kaempf Anlaß zu der Frage gegebên, welcher Tert der maßgebende wäre. Das Ut M diesem Falle der französishe. Der Vertrag ist französisch ab- geschlossen worden, der deutsche Text ist Üebersezung und als folche auf der Drucksache bezeichnet. Die Worte, auf die der Abg. Kaempf ich bezogen hat, also „qui sont ou Þourront être ouverts au commerce extérieur“, baben den Sinn, daß die jeweilig geöffneten Häfen damit gemeint sein sollen. Also ist Japan an ih in der Lage, jet geéöffnete Häfen zu s{ließen. Das hat aber keine erhebliche Bedeutung: denn nach der feststehenden Praxis in Japan wird ein Hafen nur dann geschlossen, wenn sein Verkehr so weit hberunter- gegangen ist, daß er für uns auch kein Interesse mehr hat. Jch glaube, ein Bedenken ist aus dieser Bestimmung nicht zu entnehmen.
Abg. Dr. Südekum (Soz.): Man kann vielleicht sagen, daß der beute vorliegende Bertrag ncch der beste ist, der zustande ge- fommen ift; in der Qualität der Handelsverträge sind wir in leßter Zeit überhaupt nicht verwöhnt worden. Mir scheint aber doch, daß die Japaner besser fortgekommen sind als die Deutschen. Zu be- dauern ist, daß die Soyabohne in dem Vertrag nicht besser weg- gekommen ist. Denn es wäre fehr zu münschen, daß die Soyabohne der deuts{chen Volksernährung zugänglih gemacht werden könnte. Ich bedauere es \chmerzlich, taß die Reichsverwaltung dieser Frage keine Bedeutung beilcat und vollständig versagt hat. Der hohe Zoll von 10 oder 20 MÆ hâtte ermäßigt werden können. Der Abg. Strese- mann hat darauf hinweisen zu follen geglaubt, daß die Arbeitslöhne in Japan zu einem starken Schutzzoll gegen Japan berechtigen. Nach den Mitteilungen von japanischen Sozialisten, die 1ch erhalten habe, zeigt sih aber, daß die Handarbeit in Japan im Enteffekt nicht billiger it wie in Deutschland. Die Leistungsfähigkeit eines deutschen Arbeiters bei 9 oder 10 Stunden ist bei weitem höher als die eines japanischen
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Fnnern Dr: Delbr 0E:
Meine Herren! Bei dem Interesse, was der Herr Abg. Dr. Südekum der Sojabohne zuwendet, möchte ih zunächst fest- stellen, daß der Import der Sojabohne aus Japan minimal ist. Wir haben bis vor kurzem aus Japan überhaupt keine Einfuhr von Sojabohnen gehabt; im Jahre 1910 sind aus Japan für 19000 \Æ Sojabohnen gekommen, dagegen sind aus China im Jahre 1910 für 54 Millionen Mark Sojabohnen eingeführt worden. Richtig ist, daß die Sojabohne früher verzollt wurde. Sie ist nämlich nach dem autonomen Tarif mit 4 4, vertragsmäßig mit 2 4 verzollt, weil man die Soja- bohne als Speisebohne nah Nummer 11 des Tarifs verzollt hat. Namentlih aufgeführt ist die Sojabohne im Zolltarif nicht. Sie ist allerdings in dem Warenverzeichnis zum Zolltarif aufgeführt und in der Ausgabe von 1906 als nach Nr. 11 zollpflihtig angesetzt; sie ist aber auf Grund einer Anregung des Reichstags im Jahre 1910 unter Position 16 des Zolltarifs verwiesên und dadurch zollfrei ge- worden. Tatsächlih ist also die Sojabohne zollfrei, zollvflichtig ist nur das Oel.
Abg. Linz (Np.): Wir sind auf Grund der diplomatischen und parlamentarischen Gepflogenheiten, wie sie sich im Laufe der Zeit ausgebildet haben, vor die unangenehme Alternative gestellt, einen uns vorgelegten Handelsvertrag entweder in seiner Gesamtheit anzu- nehmen oder abzulehnen. Die Unmöglichkeit, materielle Aenderungen vorzunehmen, ist in dem vorliegenden Falle besonders bedauerlich, niht nur im Interesse der deutshen Mattenflechterei und Knopf fabrikation, sondern vor allen Dingen der deutschen Seidenindustrie. Die deutsche Seidenindustrie ist gerade im Westen Deutschlands zu hoher BVlüte gelangt, hat aber zufolge der erleihterten Konkurrenz des Auslandes in den leßten Jahrzehnten eine Neihe \hwerer Schläge erlitten. Die japanishe Seidenfabrikation hat {hon wegen der geringeren Herstellungskosten in Japan, der billigeren Arbeitslöhne und der längeren Arbeitszeit . günstigere natürliche Produfktions- bedingungen. Die japanishe Seidenindustrie ist also. als die bet weitem gefährlichste Mitbewerberin auf dem Weltmarkte und für den bcimishen Konsum anzuseben und zu fürchten. Darum ist es doppelt bedauerlich, daß der deutshen Seidenindustrie durch “deutsche Zollmaßnahmen die Konkurrenz noch weiter ers{hwert wird, indem man für wichtige Artikel der japanischen Fabri fation an Stelle des beweglichen Tarifs eine Bindung der Zölle in einer bestimmten Höhe festgeseßt hat und ge- wisse Warengattungen obne weiteres einer anderen Kategorie über- weist, für die geringere Eingangszölle bestehen. Wenn sich die ver- bündeten Regierungen zur MNechtfertigung ihres Verhaltens auf das gegenwärtige System der Meistbegünstigung berufen, das cine differentielle Behandlung der Vertragsstaaten unmöglich mache, so wird man auf Grund der \chweren Schädigungen, die manche deutschen Industriezweige beim Abschluß von Handelsverträgen erfahren haben, genötigt sein, im Lqufe der Zeit in eine Revision des augenblicklihen Vertrags- und Tar!fsystems einzutreten, um in höherem Maße individualisieren zu können. In jedem Falle sollte die Reichsregierung cine nachdrückliche Wahrung deutsher Interessen gegenüber dem Auslande sih angelegen sein lassen.
Abg. Dr. Werner- Gießen (wirts{ch. Vgg.) führt im einzelnen aus, daß Japan aus den Handelsvertragsverhandlungen mit Deutschland durchaus als der gewinnende Teil hervorgegangen sei; es treibe eine fräftige Schußzollpolitik, und demgegenüber würde es das aller- verfehrteste sein, unserseits zum Freihandelsprinzip zurückzukehren. Da sich die anderen Länder unserem Export mehr und mehr zu verschließen anfingen, müsse alle Kraft unserer Wixtschaftspolitik auf die Sicherung des inneren, heimis{en Marktes verwendet werden. Zu der durch den österreichishen und russishen Handels- vertrag begünstigten polnisch: jüdischen Einwanderung rücke jeßt auh noch die japani\{e Einwanderung, die gelbe Gefahr in den Vorder- grund; die chinesische Nevolution lasse diese gelbe Gefahr in erst rect bedroblicher Nähe auftauhen. Da müsse nach english-amertkanishem Muster Prephylare getriében werden; fonst fei nèben dem wirtschaft- liben auch ein sozial-ethisher Verfall zu befürchten. Das Aus- weisungsreht, die Fremdenpolizei müsse reformiert und erweitert werden. Der stille Mongole sei für die europäische Kulturwelt der allergefährlihste Feind. Es müsse verhindert werden, daß das allgemeine Weltbürgertum die leßten Unterschiede von Nafsen und Nationalitäten vollends verwische. ;
Direktor im Auswärtigen Amt, Wi!kliher Geheimer Nat Dr. von Koerner: Es ist der Vermutung Ausdruck gegeben, daß neben dem Tert des Vertrages, der dem Reichs- taa vorliege, noch ein Schlußprotokfoll oder fonst ein Geheim- protokoll abgeschlossen worden wäre, in dem Japan Zu ne. ungen gegeben worden seien, die dem Neichstag vorenthalten werden follten. Jch kann darauf nur erklären : es besteht außer dem dem Neichstage zugegangenen Vertrag keinerlei weiteres urkundliches Protokoll. Daß bier, abweicbend von der Gepflogenheit bei anderen ¿âallen, nit ein Schlußprotokoll neben dem Vertrage figuriert, beruht darauf, daß die Japaner wünschten, daß das, was sonst in das Schluß- protokoll hereingenommen wird, în den Vertrag felbst aufgenommen verden sollte. Der Vertrag verfolgt den Zweck, den freundschaft= lichen und wirtschaftlichen Verkehr zwischen uns und Jayan zu fördern. Das möchte ih gegenüber den rassenpolitischen Ausführungen des Borredne1s erwäbnen. Erfüllt der Vertrag diesen Zweck, haben wir Ursache, damit zufrieden zu sein.
Abg. Dr. R oéstcke (dkons.): Wir haben seinerzeit die ver- bündeten Regierungen ermächtigt, mit Japan einen Vertrag abzu- schließen. Nachdem wir dies getan haben, werden wir wohl den Vertrag annehmen müsse, wie er vorliegt: denn wenn auch die Mehrheit des Meichstags die Aufhebung eines Handelsvertrages verlangen kann, so möchte ih doch die Mehrheit des Reichstags kennen lernen, die unter folchen Umständen die Verantwortung für eine folhe Forde- rung übernehmen wollte. Wir haben bei der Ermächtigung zum Ab- {lussè des Vertrages mit Japvyan ven den verbündeten Negierungen die Zusicherung erhalten, daß sie unter den bestehenden Vertragstanif nicht zurückgehen wollten, auch Graf Posadowsky hatte son dieses Zugeständnis gegeben. Bei Erteilung dieser Ermächtigung ist diese Zusage, wenn auch nicht in der strikten Form gegeben worden. Trohz- dem geht dieser Bertrag in einzelnen Punkten doh wteder unter den Vertragszoll herunter. Wir müssen doch endlich dabei beharren, daß wir die Säpye, wie sie sich entwickelt haben, bestehen lassen. Wir müssen doh damit rechnen, daß, wenn wir erneut einen Zoll wieder herabsetzen, an diesem Vorteil sämtlihe Länder partizipieren, mit denen wir im Meistbegünstigungsverhältnis steben. Der Abg. Kaempf will nicht dadurch bessere Verträge erreichen, daß wir unser Nüstzeug entsprechend stärken, sondern genau fo, wie er die Heere abrüsten will, empfiehlt er, auch hier unser Nüstzeug für die Erreihung besserer Handelsbeziebungen dadurch zu stärken, daß man abbaut. Die Herren sagen „allmählich“ abbauen, aber im Endeffekt wollen fle dasselbe. Wie sollen unsere verbündeten Negierungen mit einem anderen Handelsstaate, der sih bewußt ist, daß er nur durch ‘die Stellung von {arten Forderungen etwas erlangen kann, etwas erreichen, wenn sie nicht zeigen, ‘daß fie bereit sind, energisch Forderungen durchzu- eßen, fondern von vornherein abrüsten und abbauen! Ès ist ferner gesagt worden, daß Ursprungézeugnisse nux ausnahmsweise eingeführt werden fönnen. Ich halte das für einen großen Nachteil. Auch bei Canada haî sih gezeigt , daß wir ohne Ursproungszeugnisse machtlos sind. Gewiß bringt die VMeistbegünstigung bei diesem Vertrag einen gewissen Borteil dadur, daß wir sogleich die tarifarishen Bedingungen von England und Frankreih uns zunußze machen können. Aber allgemein sollte man die Meistbegünstigung etnshränken. Jch habe vermißt, daß man in dem Vertrage nicht zugleich auch versucht hat, die Nechts-
Arbeiters mit 14 Stunden.
schußzangelegenheit der Deutschen zu regeln. Hier hätte man die Bes
stimmungen des früheren Vertrags übernehmen sollen. Endlich hätte n gesehen, wenn man einen Ausfuhrartikel, der durch Maß- nt Japans seinerzeit zugunsten Englands zurückgedrängt wurde, mehr berüdsfichtigt hätte, nämlich den Zucker. Meine politischen ¿Freunde werden dem Vertrage zustimmen. /
T Tp ° v M 2 T ay A nt e V
— Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Jnnern
7 Delbrück:
Dr. Delbrück:
1 f x : 5 | Meine erren! Der Herr Vorredner hat, wenn ih feinen Aus-
e richtig gefolgt bin, vorhin gesagt, es habe seinerzeit der
Slaalssekretär Graf von Posadowsky erklärt: „Ich betrachte den
euligen deutshen Konventtonaltarif als durch die bisherigen Ver-
L abgeschlossen und bin daher der Meinung, daß in Zukunft
DALNO 0A der Dollsâße gegenüber dem durch die abgeschlossenen
as râge geschaffenen Zustand nicht mehr eintreten sollen“,
un f meint, daß eine ähnliche Forderung in der Kommission
0 1 4 #54 c x 2 s
gestellt worden sei, worauf wir zugesagt hätten, diese Forderung
zu erfüllen, und daß wir beim Abschluß der leßten Verträge dieser
Forderung nicht ent)prohen hâtten. Demgegenüber möchte ih fol-
gendes feststellen. Der ‘Antrag des Herrn Abg. Speck, auf den ich
mich vorhin bezogen habe, lautet : Cx ; 7 ; "e Z In digen Vertrage \ollen keine Ermäßigungen von Zollsäßen des geltenden deutschen Generaltarifs verabredet werden, welche noch unter die bereits in den abgeschlossenen Handelsverträgen zugebilligten Zollherabsetzungen heruntergehen.
Soweit deckt sih die Sache, dann geht es aber weiter: Ausnalk men hiervon sollen nur zulässig sein, soweit es sich um sol{e japanische Grzeugnisse handelt, die den deutschen Erzeugnissen keine unmittelbare Konkurrenz machen.
Dieser Antr nri es 7
Dieser Antrag entspriht der Eiflärung, welhe Herr Staats-
sekretär Graf von Posadowsky bet der Beratung des \{wediscken
Handelsvertrags in der Plenarsitzung des Reichstags vom 26. Mai
1906 abgegeben hat, und welche dahin lautet :
Ich betrachte den heutigen deutschen Konventionaltarif als durch die bisherigen Verhandlungen abgeschlossen und Abänderungen nur insofern noch als mögli, als es ih um Spezialitäten anderer
Ee E V4 O ¿ d P . s , Länder handelt, die den einheimischen Artikeln keine unmittelbare Konkurrenz machen.
Wenn der Herr Abz. Dr. Noesicke die Güte haben möchte, ih
ckf io S fs 210 or : : C ci F
einmal die Artikel anzusehen, die von einer Zollermäßigung betroffen
sind, dann wird er finden, daß es ih bier aus\chließ;lich um japanische
Spezialitäten handelt, die dem deutschen Handel eine direkte Konkurrenz
1 » Da8 if : ; Nf j tyrtf f
nicht machen. Was ist durch eingehende Besprehung im wirtschaft-
lichen Ausschuß bezügli aller dieser Artikel unbestritten festgestellt.
Ich möchte das nur gegenüber dem Vorwurf feststellen, daß wir {roß einer gegebenen. Zusage über. das hinausgegangen wären, was lettens der Kommission uns als Nichtlinie mitgegeben worden ist.
I - A Db 4 F Ayr TF6 e. D f N ) , Abg. Deser (fortshr. Volksp.) : Die heutige Verhandlung hat einen etwas mertwürdigen Eindruck gemacht : fast sämtliche Parteien sind der Neinung, daß der vorliegende Vertrag schlechter sci als der be- stehende Zustand, sie lind aber bereit, ihn anzunehmen. Der Staats- setretar hat gemeint, daß es uns an Stokkraft für den Abs{luß neuer Vandelsverträge mangelt ; nah .den Darlegungen des Staats- jefretärs Grafen Posadowsky sollte aber der neue Zolltarif ein glänzendes Önstrument zum Abschluß von Handelsverträgen sein. Der
D Bie: - CU dae id Cha eas da L : - G T d: E éz
bg. Berner prach sich gegen die Zulassung von Kulis in Deutsch
land aus. Sch [rage thn, wer hat denn eigentlich diese Zulassung ge-
u ünscht ° Vie heutige Erörterung der vprinzipiellen Gesichtspunkte
wird draußen im Lande ungemein interessieren. Man spricht mit
Ì v6 das » d 2 I e 2 ice çÇ ic n (42
einer gewissen Leichtigkeit“ über ‘den Begriff der Meistbegünstigung,
denkt aber gar nicht daran, welche ungeheuren materiellen Interessen
aa einem derartigen Begriff bängen. Ich gebe zu, daß der Begriff der Meistbegünstigung cine gewijye Wandlung erfahren hat, wenn ader der Ubg. Linz von einer Neform der Meistbegünstigung spra, so hätte er auh sagen müssen, in welcher Nichtung man sie reformieren
oll. Bon dem Crport darf man nit so wegwerfend sprechen wie
er Adg. Werner, denn an diesem Erport hängen Milliarden von
Werten. Jch freue mich, daß der Staatssekretär Delbrück seinerseits ertlart hat, daß die verbündeten Regierungen an der Meistbegünstigung sesthalten, einstweilen stellt die Meistbegünstigung, so wie sie ist ¡wetsellos cin fostbares und verteidigung5wertes Gut dar. Man glaubt vielfach, daß wir 1917 einen neuen Zolltarif zu beschließen haben. Deöglich ijt es, aber bestimmt ist es niht. Nach unseren rechtlichen Berhaltnissen find die verbündeten Regierungen durchaus in der Lage, uf Grund des bestehenden Zolltarifs entweder die bestehenden
indelsverträge fortdauern zu lassen oder auf Grund dieses 2oll- tarifs neue Handelsverträge abzuschließen und sie dem Neichstag vor zulegen. Es wäre von Interesse, zu erfahren, welchen Entschluß die verbündeten MNegierungen in dieser Frage gefaßt haben. Wie denkt der Reichskanzler über die Zukunft der deutschen Wirtschafts politik ?
Damit schließt die erste Beratung.
Jn zweiter Beratung wird der Vertrag im einzelnen nebst dazu gehörigem Zollabïommen angenommen.
Jn erster und zweiter Beratung wird die Verein- varung zwishen dem Deutschen Reich und Fapan über das Konsulatswesen ohne Debatte erledigt und angenommen.
L, Es Jolgt die erste und eventuell zweite Beratung des Verirages mil Grüubratannien über die gegenjeitige Auslieferung von Verbrechern ischen Deutschland und einer Anzahl von britishen Pro leltoraten. Abg. Dr. Jun ck (nl.): Der bestehende Auslieferungsvertrag t England erstreckt sich niht auf die britischen Prorektorate. Um diese Lück2 auszufüllen, ist im Januar 1911 für den Aus- lieferungsrerkehr zwishen den deutshèn Schutzgebieten und ge- wissen Protektoraten ein Vertrag ges{lossen worden. Durch die eßige Vorlage wird auch die Auslieferung zwischen Deutschland lelbit und diesen Protektoraten geregelt: dieser Vertrag - ist am 17. August unterzeichnet und wird uns jetzt zur Genehmigung vorgelegt. Wie Tommt cs, daß der ungleich wichtigere leßtere Vertrag uns ett jeßt vorgelegt wird? Dié Vifferenzierung zwischen deutschem Bundesgebiet und deutschen Schutzgebieten erscheint uns auch nicht zweckmnäßig. Mit dem Vertrage sind wir einverstanden, behalten uns aber vor, auf die Materie der Schaffung cines deutschen Auslieferungsgesetzes, wie wir cs in einem Jnitiativantrag von 1907 verlangt haben, zurückzukommen. Ob die Frage noch von dem llerbdenden Reichstag zu beraten wäre, lasse ih dahingestellt. Jeden- salls ist es eine Anomalie, daß neben den Neichsverträgen au noh vartikularstaatliche Auslieferung8sverträge wie diejenigen Preußens und OVayerns mit Rußland bestehen. _ Wirklicher Geheimer Legationsrat Dr. Krie g e: Als der erste genannte Dertrag abgeschlossen wurde, hatte sich ein Bedürfnis zur Regelung des “luslieferungêverkehrs zwischen dem Neichsgebiet und den britischen Protektoraten noh nicht herausgestellt, sodaß weder von uns, noch bon britischer Seite ein bezüglicher Antrag gestellt wurde; erst später, und zwar auf Antrag der britischen egierung, ist der Ihnen vor- telegte Bertrag abgeschlossen worden. Dieser bedarf zweifellos der Jlstunmung von Bundesrat und Reichstag. Der erstere dagegen zweifellos nicht, was durch eine Reibe von Präzedenzfällen bewiesen wird. leber die Frage des Erlasses eines deutschen Auslieferungsgesetzes
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Ae 26S - - Regierungen selbstverständlih nicht stattgefunden: ih bin also nicht in der Lage, auf diese Anregung eine Autwort zu geben, eine folde ift wohl au nit erwartet worden. : 20 A Abg. Dove (fortschr. Volksp.): Die leßte Ausführung beweist daß die früheren Anregungen und Beschlüsse des Hauses auf die ver- O Hegicrungen ganz ohne Wirkung geblieben sind. Der Jeidstag hat u. a. cine Resolution Müller-Meiningen angenommen die in der Bezichung Richtlinien angab. Wir haben jetzt den E Zustand, daß noch immer die Auslieferungeverträge Freuzens und Bayerns mit Nußland von 1885 bestehen, die ogar die Auslieferung politischer Verbrecher gestatten, obne daß eine Mit- wirkung der Gerichte stattfindet. In dieser Beziehung ist also unser öffentlicher Nechtszustand absolut prekär, und jedenfalls hat der Yeichstag immer wieder auf diese feine Beschlüsse hinzuweisen und an diese Forderung immer wieder zu erinnern. die Ae De A e (Soz.): Hätten wir nur damals in dieser Frage die D Je der ationalliberalen gehabt, wo mehr Zeit dazu war! Heute letnt mir das Kolleg darüber etwas überflüssig. Mit dieser egierung und mit diefer MehrPbeit ein neues Auslieferungsgesctz zu machen, scheint uns durchaus prekär ; lassen wir es lieber vorläufig beim alten ; lassen wir den englischen Auslieferungsvertrag, wie er ist; die Berwaltungsjuristen warten ja bloß darauf, die Nichtaus lieferung wegen politischer Verbrechen zu beseitigen. t :
On Dr. Jun ck (nl.): Wir wollen doch gerade die Auslieferung mit richterlihen Garantien umgeben. Daß dieser Reichstag noch cin
l
lolhes Gese macht, wird selbst der Abg. Hei icht solches i it, | Abg. Heine nit für wahr- \cheinlih halten. i E Tir
Der Vertr ird în 2weiter Bor hne Disfusfi
Ver L ag wird in zweiter Beratung ohne Diskussion angenommen.
Di E, ¿f C Ee » (855 F Ur ersten Lejung steht sodann der Gesezentwurf, betr. die Handelsbeziehungen zum Britischen Reiche Na Mayr h ; Y / d Das «Wort wird nicht genommen.
n zweiler Lesung gelangt der Geseßentwurf unverändert zur Annahme.
_, VYlerauf wird auf Vorschlag des Präsidenten die Slßung vertagt. Der Präsident {lä vor, die nächste Sit \tdent schlägt vor, die nächste Sißzung Donnerstag, 1 Uhr, abzuhalten mit der Tagesor : A Q ( L zu Tagesordnung : l) Jnterpellation Albrecht, betreffend die Entlassung von Staats- arbeitern bei den Reichseisenbahnen; 2) Besprechung des zur Keuntnisnahme vorgelegten deutsch-französishen Abkommens vom 4. November 1911, betr. Marokko und Aequatorialafrika. “e Abg. B allermann (nl.) (zur Geschäftsordnung): Jch bitte, die Vebatte über das Marokkoabkommen morgen stattfinden zu lassen und zwar nah Maßgabe der vom Seniorenkonvent getroffenen Ver- einbarung. Wenn in so wichtigen Dingen davon abgewichen wird tommen nicht bloß die Abgeordneten mit den von ihnen getroffenen Viéposittonen in Verlegenheit, auch die Oeffentlichkeit wird bin- gehalten. Ueberall erwartet man die Verhandlungen des IJeichstags; außerdem Ut mitgeteilt worden, daß auch in der französischen Kammer die Beratung morgen anfangen sollte. Die Angeleaenheit ist do seit Monaten erörtert worden, die Grundzüge des Abkommens und seit heute auch der Text liegen vor; geschäftsordnungsmüäßige Gründe, die gegen morgen ]prechen, find niht vorhanden, denn es bandelt nh nur um eine Borlage zur Kenntnisnahme.
Präsident: Solhe Gründe bestehen allerdings nicht: i wollte auh die Besprehung für morgen vorshlagen. Nach den Mitteilungen verschiedener Parteitührer batte ih aber Grund zu der Annahme, daß eine Cinigkeit eher erzielt werden würde, wenn der Gegensiand erjt übermorgen auf die Tagesordnung gesetzt würde. Fh bedauere, daß ih mi darin getäuscht habe, und ih würde nun das Haus zu befragen haben. y 7 Abg. Gr Oer (Bantr.): S0 halte den Vorschlag des Präsidenten sür den richtigen. Jch bin dafür, einen Tag auszusetzen, damit die &rattionen Gelegenheit erhalten, die Vorlage, die noch nit in unserem Besitz ist, die vielleiht heute abend in unserer Mappe er- scheinen wird, deren Inhalt vielleicht mit privaten Kundgebungen in einzelnen Zettungen übereinstunmt, was ich aber nicht tontrollieren kann, zu studieren. Der Abg. Bassermann verlangt, daß wir uns morgen auseinandersezen sollen über eine Vorlage, die wir vielleiht dann niht einmal amtlich besißen: das ist nicht die richtige Behandlung eines so wichtigen Gegenstandes. Es wird sich schr wesentlih auch um die Frage handeln, ob der Reichâtag die Ansicht teilt, daß es sich nur um eine Kenntnisnahme handeln fônne : er wird in eine Prüfung einzutreten haben, ob nicht nach dem geltenden Jet eine weitergehende Befugn1s des Neichstags vorliegt. Solche Prüfung ijt notwendig, und wenn es wahr ist, daß der Borlage ketne Lcotive, keine Denkschrift, nicht einmal eine Karte beigegeben ift, dann Ut für uns die Vorbesprehung doch um so wichtiger und um fo \chwieriger ; wir brauchen für eine so wichtige Weltvorlage geraume Zeit. Wenn wir morgen ausfeßen, wird die sahliche Behandlung keines- wegs Irgendwelchen Schaden leiden, sondern sie wird dadur ge- winnen. War der Abg. Bassermann \{on in der Lage, im voraus nit setner Fraltion dazu Stellung zu nehmen? Wenn man auc von dem Abkommen nicht überrascht ist, so kommt doch in vielen wichtigen ¿Fragen auch der Wortlaut sehr in Betraht. Auch wenn es fih bloß um Keuntnisnahme handelt, ist unsere politishe Verantwortung un geheuer groß, und die wollen wir nicht zu leiht nehmen. f Abg. Dr. Wiemer (fortshr. Volksy.): Gewiß sollen die Senioren konventsbe|lüsse nach Möglichkeit eingehalten werden, aber als wir diese Vereinbarung trafen, ges{chah es in der Voraussetzung, daß das Material uns rechtzeitig vorgelegt würde. Das ift bis jetzt nicht geschehen. Haben die Verhandlungen über Marokko so lange Zeit erfordert, so lann der Reichstag wohl für ih einen Tag zur Berfügung beanspruchen ; ein Schaden wird dadur nicht herbei geführt werden. Soviel ich weiß, wird auch in der französischen Kammer die Besprechung «um einen Tag verschoben. Entscheidend aber ijt für uns, daß wir im Interesse des Reichstags wenigstens \o viel Zeit verlangen müssen, um die amtlichen Materialien eingehend zu würdigen.
¿r Abg. B assermann (nl.): Sie werden ja unseren Antrag aolebnen; ich möchte aber dazu doch einige Worte sagen. Als der Prâfiden zu Anfang der Sitzung verkündete, daß dás Abkommen voryelegt sci, war es nah etnigen Stunden auf dem Bureau er- hältlih, und gerade mit Nücksiht auf scine Wichtigkeit habe ich geglaubt, daß die Beratung morgen stattfinden kann. Es fehlt jede Begründung, jedes Kartenmaterial; das Studium diefer Vorlage kann keine Schwierigkeiten mahen. Nachdem aber der Abg. Gröber in Jehr dankenéwerter Weise darauf hingewiesen hat, ob es überhauyt genugt, die Borlage zur Kennthisnahme uns zu unterbreiten, oder ob nicht auch die Genehmigung des Neichstags dazu erforderli fein fönnte, bin ich darüber so erfreut, daß ih gern nahgebe und meinen Antrag zurückziche.
Abg. Bebel (Soz.): Es ist richtig, daß der Senioren- fonvent die Angelegenheit \o bald als möglich auf die Tagesordnung zu seyen gewünscht hat, aber auch nah meiner Meinung aur unter der Voraussetzung, daß das Material vollständig vorliege. Ic bin im höchsten Grade überra]ht über das, was ih in der Vorlage ge- funden oder vielmehr niht gefunden habe. Die französishe Kammer hat zu dem Vertrage ihre Zustimmung zu geben ; dadur find wir thr gegenüber hon sehr benachtciligt. Nun kommt hinzu, daß wir das Abkommen beraten sollen, sogar ohne Karte, wo doch gerade in dieser Beztehung bedeutende Meinungsverschiedenheiten bestehen. Glauben Ste, daß. man der französishen Kammer eine folWe Vorlage machen dürfte? Sie würde sie zutückweisen und das ganze Material ver- langen, und fie würde es békommen. Vielleiht müffen wir sogar dazu kommen, zu erklären, niht eher in die Beratung einzutreten, als bis auch uns das ganze Material vorliegt. |
Präsident: Nachdem der Abg. Bassermann seinen Antrag zurückgezogen hat, konstatiere ih, daß mein Vorschlag einstimmig an genommen ist. :
haben bei diesem kleinen Zujatvertrage Erwägungen der verbündeten
Handel und Gewerbe. Konkurse im Auslande.
Rumänien. Amtsbezirk des Galayer Konsulats.
Anmeldung Verifikation er der
| Forderungen Forderungen
| bis | am
gts / : |
Fallite Firmen Domizil |
F. d’ Aujourd’'hui, Galayt 16./3. Nov. | 25./12. Nov, Getceideexport | 1911 | 1911.
Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts am 7. November 1911: Nuhrrevier Oberschlc\fis{es Nevier Anzahl der Wagen Sellelt 24078 7 988 Nicht gestellt , 3690 4 096.
— În der Aufsichtsratssißung der Mechanishen Weberet Sorau vorm. &. A. Martin u. Co., Sorau, am 7. November wurde die Bilanz per 30. September 1911 zur Vorlage an die am 4A Dezember stattfindende Generalversammlung festgestellt. Es soll E Verteilung von 6 9% Dividende vorgeschlagen werden. Der Vetrieb hat im verflossenen Geschäftsjahre erst allmählich in der Neu- anlage awgenommen werden fönnen. f
— Nach einer Meldung des Präsidenten des Verwaltunasrats der Warschau-Wiener Eisenbahn ergibt, laut Meldung des „W. T. B.*“, die endgültige“ ministerielle Berechnung des Verstaat- lihungspreises 32 225 864 MNubel oder 171 Rubel 11 Kopeken für die unverloste Attie und 71 Nubel 11 Kopeken für den Genußschein aus- [ließlich Dividendenschein für 1911. Die Abweichung gegen die erste DVerechnung beruht auf der Zugrundelegung des neuen Stils.
London, 7. November. (W. T. B.) Na dem Ha ndels- auswets für den Monat Oktober erfuhr die Einfuhr eine Zus aue von 2804 498 Pfd. Sterl., die Ausfuhr eine Zunabme von V oriabes, Pfd. Sterl. gegenüber dem gleichen Zeitraum des
L 4 F L L En Do 7 November. (W. L. D) Por Wert der in r vergangenen Woche ausgeführten Waren betrug 15 560 000 Dollars gegen 16 280 000 Dollars in der Vorwoche. „ Santos, 6. November. (W. T. B.) Die Surtaxeeinnabhme für die Sao Paulo-Kaffeezollanleihe ergaben für die Zeit vom 30. Dftober bis 4. November 1911: 37 600 Pfd. Sterl.
L Werlin; 7. November. Marktpreise nach Ermittlungen des Königlichen Polizeipräsidiums. (Höchste und niedrigste Preise.) Der goppelzentner für : Weizen, gute Sorte{) 20,50 46, 20,48 46. — Weizen, Hittelforte t) 20,46 M, 20,44 Æ. — Weizen, geringe Sorte) 20,42 , 40,40 #Æ. — Roggen, gute Sortef) 18,20 4, —,— #. — Roggen, Mittelforte — M, —,— M. — Roggen, géringe Sorte —,— #, Se #ÆŒ. —- Bultergetlle, gute Sorte): 1990.4 18380 46 = Fultergerste, Mittelsorte*) 18,706, 1810? Futtergerste geringe Sorte*) 18,00 A, 17,50 M. — Hafer, gute Sorte*) 20,40 M, 19,90 M. — Hafer, Mittelsorte*) 19,80 4, 19,40 A. — Hafer gertnge Sorte*) 19,30 M4, 18,90 4. — Mais (mixed) gute Sorte 18,160 A, 17,80 4. — Mais (mirxed) geringe Sorte —— M, —,— M — Mais (runder) gute Sorte 18,00 4, 17,60 4. — Richtstroh 200 M, —— M — Heu 9,80 M, 7,70 4. — (Markthallen- preise.) Erbsen, gelbe, zum Kochen 50,00 4, 36,00 4. — Speisebohnen, weiße 60,00 4, 40,00 A. — Linsen 80,00 M 40,00 M. — Kartoffeln (Kleinhandel) 10,00 4, 7,00 M4. — Nindfleisch von der Keule 1 kg 2,40 #, 1,60 4, do. Baulfleish 1 kz 1,70 M, 1,30 4. — Schweinefleisch 1 kg 1,80 4, 1,20 d —- Kalbfleisch I kg 240 M, 1,50 A. — Hammelfleish 1 kg 2,00 #4, 1,30 4. — Butter 1 kg 3,20 4, 2,60 4. — Gier 60 Stü 6,40 Æ, 3,80 Æ. — Karpfen 1 kg 2,40 4, 1,00 M. — Alle 1 ke 250 e 120 2 — Zander 1 kg 3,60 4, 1,30 M. — Hechte 1 kg 2,60 4, 1,10 4. — Barsche 1 kg 2,00 Æ, 0,80 M. — O L E800 #140 # — Bie 1 kg 1,60 M, 0,80 4. — Krebse 60 Stück 24,00 M, 2,40 6. i E T) Hh Bahn. *) Frei Wagen und ab Bahn.
Kursberichhte von auswärtigen Fondsmärkten. ä Hamburg, E November. (W. T. B.) (Schluß.) Gold in arren das Kuüogramm 2790 Br., 2784 Gd., Silber in Barren das apa (4,590 Br., 74,00 Gd.
_Wlien, 8. November, Vormittags 10 Uhr 50 Min. (W. T. B Einh. 4% Rente M./N. pr. ulf. 91,90. Cinh 4% Rente Zanuar/Jult pr. ult. 91,80, Oesterr. 49/0 Rente in Kr.-W. pr. ult. 91,80, Ungar. 4/9 Goldrente 110,95, Ungar. 49/6 Rente in Kr.-W. 90,70, Türkishe Lose per medio 239,90, Oritentbahnaktien pr. ult. ——, Desterr. Staatsbahnaktien (Franz.) pr. ult. 733,00, Südbahn- gesellschaft (Lomb.) Akt. pr. ult, 111,50, Wiener Bankvereinaktien 943,00, Desterr. Kreditanstalt Aft. pr. ult. 649 25, Ungar. allg. Kreditbankakltien 844,00, Desterr. Länderbankaktien 545,50, Unionbank, aftten 625,50, Deutsche Neichsbanknoten' pr. ult. 117,81, Brürer Kohlenbergb.-Gesellsh.-Akt. —,—, Oesterr. Alpine Montaugesell- shaftsaktien 826 50, Prager Eisentndustrieges.-Akt. — —. :
London, 7. November. (W. T. B.) (Sc{hluß.) 2409/9 Eng- e Konsols 793, Silber prompt 254, per 2 Monate 254 Privats
November. (W. T. B.) (SWhluß.) 30% Franz.
M pt 9, d L ; i 2 { a0 . V, l. November. (W. T. B.) Wechsel auf Paris 108,80. F J ljabon, 7. November. (W. T. B.) Goldagio 01 P ; Q , v / De ULTO DE S'ANEIIO L. November. (W. T. B IModifo S London 161/;,. L (W. L. D.) Wechsel auf
Kursberichte von auswärtigen Warenmärkten.
_ Magdeburg, 8 November. (W. T. B.) Zucerbericht. Kornzuer 88 Grad o. S. 16,70—16,80. Nachprodukte 75 Grad o. &. 13,75—14,00. _Stimmung: Stetig. Brotraffinade I ohne Faß 28 00 bis 28,29. Kristallzucker 1 m. S. —,—. Gem. Naffinade m S 27,75 bis 28,00. Gem. Melis 1 mit Sack 27,25— 27,50. Stimmuna Nuhig. Hobzuder Transit 1. Produkt frei an Bord Hamburg: November 16574 Gd., 16,623 Br. — ,— bez. Dezember 16,621 Gd., 16,70 Br. — 2. DELA Januar- März 16 85 Gbd., 16,924 Br., —,— bez, Mai 17,025 Gd., 17,05. Br., —,— bez., August 17,074 Gd. 17,124 Br. —,— bez. Oktoher-Dezember 1912 12,323 Gd., 12,374 Br., —,— bez, — Stimmung: Fest. : ar i Coln, 7. Hover Bi e V N üb z -9 A Mai 69.00. ¿ovember. (W. T. B.) Rüböl loko 72,00 ai Aren, 7 November. (W. T. B.) (Börsens{hlußberiht.) Privatnotierungen. Schmalz. Fest. Loko, Tubs und Firkin 49, Doppeleimer 50. — Kaffee. Ruhig. — Offizielle Notierungen der Baumwollbörse. Baumwolle. Still. Upland loko middling 483.
Ä Hamburg, 8. November. (W. T. B.) (Vormittagsberickt.) Zuckermarkt. Stetig. Nübenrohzucker 1. Produkt Basis 88 9/9 Nendement neue Usance, frei an Bord Hamburg, November 16,475, Dezember 16,55, Januar-März 16,724, Mai 16,924, August 17,024, Ofktbr.-Dezbr. 12,274. — Kaffee. Ruhig aber behauptet. Good average Santos Dezember 69} Gd., März 694 Gd., Mai 69 Gd. September 69 Gd. : London, 7. Novemker. (W. T. B.) NübenrohzuCer 88 0%
Schluß 61/4 Uhr.
November 16 h. 24 d. gehandelt, stetig. Javazucker 96% pro r h A s t F - t 9. a m zt 17 1h. 9 d. Verkäufer, ruhig. ; STRE
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