1911 / 269 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Nov 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Regierungsrat von Velsen zum Geheimen Finanzrat und vortragenden Nat im Finanzministerium sowie die Regierungsassessoren von Hagen in Belgard und Dr. Peters in Stettin zu Landräten zu ernennen und den Katasterinspektoren Faulenbah in Düsseldorf und Däumer in Aurich den Charakter als Steuerrat zu verleihen.

Seine Mazjestät der König haben Allergnädigst geruht: den Betriehsdirektor [I1. Klasse Reinsch bei den technischen Instituten zum Betriebsdirektor 1. Klasse zu ernennen sowie dem Geheimen Registrator Westphal vom Kriegsministerium den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.

Ministerium der geistlihen und Unterrichts- angelegenheiten.

Der bisherige Oberlehrer am Gymnafium zu Euskirchen Peter Kremer ist zum Kreisschulinspektor in Aachen ernannt worden.

Kriegsministerium.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht, nachstehende Aenderungen in der Zusammenseßung des Wissen- schaftlichen Senats bei der Kaiser Wilhelms-Akademie für das militärärztlihe Bildungswesen zu bestimmen :

Es sind ernannt:

zum etatsmäßigen Mitgliede: der Generalarzt und Korps- arzt des X. Armeekorps, Professor Dr. Schumburg,

zu außeretatsmäßigen Mitgliedern : der _Geheime Me- dizinalrat, ordentliche Professor an der Universität zu Berlin Dr. Killian und der Obergeneralarzt z. D. Dr. Stechow, dieser auf fünf Jahre.

Der Oberleutnant der Reserve Schreiner, bisher Ober- leutnant im Magdeburgischen FJnfanterieregiment Nr. 66, ist zum etatsmäßigen Jntendanturassessor bei der Intendantur des VIII. Ar:neekorps,

der Betriebsassistent bei der Geschoßfabrik Siegburg,

tilitärbaumeister Reichel zum Betriebsleiter, \

der Militärphysiker Dr. Bollé, Betriebsassistent beim Militärversuchsamt, zum wissenschaftlichen Mitgliede und

der JIntendanturregistrator Böhnke von der Intendantur des I. Armeekorps zum Geheimen Registrator im Kriegs- ministerium ernannt worden.

Ministerium des Jnnern.

Dem Landrat von Hagen ist das Landratsamt im Kreise

Belgard und i i dem Landrat Dr. Peters das Landratsamt im Kreise

Randow übertragen worden.

Finanzministerium. Die Rentmeisterstellen bei den Königlichen Kreiskassen in Thorn, Regierungsbezirk Marienwerder, und in Mül heim, Ruhr, Regierungsbezirk Düsseldorf, sind zu beseßen.

Verant ma qu a

Für das nächstjährige Heeresersaßgeschäft wird denjenigen jungen Männern, welche in dem Zeitraum vom Li Nakuar bis 31. Dezember 1892 geboren sind, in Erinnerung gebracht, daß fie zur Vermeidung von Nachteilen und Weite- rungen sich mit Geburtsscheinen, welhe von den Standes- ämtern kostenfrei ausgefertigt werden, zu versehen haben.

Der Zeitpunkt für die Anmeldung zur Rekrutierungs- stammrolle wird in der ersten Hälfte des Monats Ja- nuar k. J. bekannt gemacht werden.

Berlin, den 11. November 1911.

Die C G ditt s Aushebungsbezirke Berlin. Frommesl.

Nichfamfklicßes. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 14. November.

Seine Majestät der Kaiser und König empfingen gestern nahmittag im Neuen Palais bei Potsdam den Reichs- fanzler Dr. von Bethmann Hollweg. Heute nahmen Seine Majestät die Vorträge des Chefs des Militärkabinetts, (Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker und des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rates von Valentini ent- gegen.

Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sißung zusammen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 7. d. M. S. M. Flußkanonenboot „Vaterland“ in Tschangsha und am 11. d. M. S. M. S. „Leipzig“ mit dem Chef des Kreuzer- geshwaders in Kiukiang und S. M. S. „Seeadler“ in Dares- salam angekommen.

Potsdam, 14. November. Gestern vormittag hat, wie „W. T. B“ meldet, die Rekrutenvereidigung für die Garnison Potsdam in Gegenwart Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin, Jhrer Königlihen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Eitel-Friedrih, des Arden und der Prinzessin August Wilhelm, des

rinzen Joachim, der Prinzessinnen Friedrich Leopold, Viktoria Luise und Viktoria Margarete,

der fremdherrlichen Offiziere und der direkten Vorgeseßten der Potsdamer Truppen stattgefunden. Nach den Reden des evangelischen und katholishen Divisionspfarrers hielt Seine Majestät der Kaiser und König eine Ansprache an die Rekruten, worauf der Kommandant von Potsdam, General- major von Bonin das Hurra auf den Allerhöchsten Kriegs- herrn ausbrachte, das brausenden Widerhall fand.

Bayern.

Zu Beginn der heutigen Sißung der Kammer der Ab- geordneten verlas der Staatsminister von Brettreich, wie „W. T. B.“ meldet, eine Allerhöchste Botschaft, wonach der gegenwärtige Landtag aufgelöst wird. Sowohl die Rechte wie die Linke nahmen die Botschaft mit stürmischem Bravo entgegen. Der Präsident der Kammer {loß danach die Sißung mit einem Hoch auf Seine Königliche Hoheit den Prinz-Regenten.

Großbritannien und Frland.

Jn der gestrigen Sißung des Unterhauses fragte der Abgeordnete Ronaldshay, ob die Regierung davon benach- richtigt worden sei, daß Rußland der persishen RNe- gierung mitgeteilt habe, es werde, falls nicht die persischen Gendarmen von dem Besißtum des Bruders des früheren Schahs Schoa es Saltaneh zurückgezogen und dem russischen Gesandten eine Entschuldigung überreiht würde, die diplo- matischen Beziehungen zu Persien abbrehen. Der Parlaments- untersekretär des Aeußern Ackland erwiderte „W. T. B.“ zufolge:

Wie er erfahre, verhalte si die Sache so: Die englische Negierung* set an der in Frage kommenden Angelegenheit, die Anlaß zu dem Streite gegeben habe, nicht beteiligt, würde aber jeden ernnien Bruch in den Beziehungen zwishen Rußland und Persien lebhaft bedauern. Er sei nicht in der Lage, im gegenwärtigen Zeitpunkt weitere Er- klärungen abzugeben.

Jn Erwiderung auf eine Anfrage an den Staatssekretär des Auswärtigen Amts Grey über die angeblih von den Jtalienern in Tripolis begangenen Grausamkeiten erklärte der Parlamentsuntersekretär A cklan d :

Er kônne es nicht auf sich nehmen, trgendwelche Nachrichten ein- zuziehen oder bekanntzugeben außer in Fällen, die britishe Untertanen beträfen. Natürlich wäre es ein Gegenstand allgemeinen großen Be- dauerns, wenn einer der kriegführenden Teile die in den Bestimmungen des internationalen, von ihm angenommenen 2bkfommens enthaltenen Kriegsregeln nit beachtet hätte. Aber wenn die Vationen nicht ge- sonnen seien, sih einzumishen, so könnten neutrale Mächte die mili- tärischen Operationen einer der fkriegführenden Parteten nicht unter- suchen oder überwachen.

Auch an den Premierminister Asquith wurde gestern nach- mittag über denselben Gegenstand eine Anfrage gerichtet. Asquith bat jedoch, man möge die Anfrage auf Donnerstag verschieben.

Wie „W. T. B.“ meldet, ist in einer gestern abge- haltenen Versam##lung der Unionisten Bonar Law einstimmig zum Führer der Pari gewählt worden.

Frankreich.

Ja der gestrigen Sißung der Deputiertenkammer legte der Finanzminister einen Geseßzentwurf, betreffend Er- neuerung des Privilegiums der Bank von Frank- reich, vor, durch den sie ermächtigt wird, das bisher mit 5 800 000 000 Fr. festgestellte Marimum ihrer Banknoten- emission auf 6 800 000 000 Fr. zu erhöhen. Die Bank von Frankreich wird ferner anstatt wie bisher 180 Millionen dem Staatsschaß Vorschüsse bis zum Betrage von 200 Millionen ständig zinsfrei zur Verfügung stellen.

In der weiteren Beratung der Jnterpellationen über die Pulverfrage erklärte der Kriegsministe Messimy in Erwiderung auf die Ausführungen mehrerer Redner laut Meldung des „W. T. B.“:

Er suche nicht, die Nachlässigkeit im Pulverdienst zu entschuldigen, aber selbst die berufensten Fachleute hätten sich in bezug auf das Pulver B geirrt. Die Anklagen des Oberingenieurs Maissin, der fich durch politische Leidenschaft habe hinreißen lassen, müßten auf ein gerechtes Maß zurückgeführt werden, Maissin habe Vorwürfe gegen die Herstellungsmethoden gerichtet, die er selber angewendet habe. Man brauche in dieser Angelegenheit keinen Schuldigen zu suchen: freilich seien Nachlässigkeit und Unahtsamkeit vorhanden gewesen. Die wichtigste Folgerung aus dem Berichte des Generals Gaudin sei, daß die ganze Produktion der Pulverfabrik in Pont- de-Buis seit zwölf Jahren verdächtig sei. Der Kriegs- minister teilte mit, daß auf die Behauptung Jaurè's hin, daß das Pulver troßdem auf den Kriegsschiffen belassen worden sei, Untersuhungen angeordnet worden seien. Messimy bezeichnete die Einführung einer Kontrolle des Pulververbrauchßs und die Ver- mehrung der Werkstätten und der tehnischen Beamten als notwendig und erklärte, diefe Maßnahmen würden im Einverrehmen mit dem Marineministeriuum ergriffen werden und, wie er hoffe, Sicherheit gewähren, soweit die Technik es zulasse.

Die Kommission für auswärtige Angelegen- heiten hat in ihrer gestrigen Beratung des deuts ch- französishen Abkommens, „W. T. B.“ zufolge, be- \hlossen, von dem Minister des Aeußern de Selves Erklärungen darüber zu verlangen, warum in dem ver- öffentlihten Text der das deutsch - französishe Abkommen erläuternden Briefe Festsezungen, betreffend die Aufgabe des Vorkaufsrehts bezüglih Spanisch - Guineas und be- treffend die Verpflihtung Deutschlands, in den französisch- spanischen Verhandlungen nicht zu intervenieren, fehlen. Die Kommission hat ferner beschlossen, die Mitteilung der Schrift- stücke über den Einspruh Frankreichs gegen die Beseßung von Larrash und Elksar durch Spanien zu verlangen. Der Minister wird den Jnhalt dieser Schriftstücke heute mitteilen.

Nußland.

Die Neichsduma hat gestern laut Meldung des „W. T. B.“ den Antrag der Kadettenpartei, die Geseßvorlage, betreffend die Gleichberehtigung der Finnländer mit den übrigen russishen Untertanen, zur Umarbeitung an die Kommission zurückzuverweisen, mit 218 gegen 105 Stimmen abgelehnt und den Uebergang zur Prüfung der ein- zelnen Paragraphen mit 228 Stimmen des Zentrums, der Nationalisten und der Nechten gegen 93 Stimmen der Oppo- sition beschlossen.

Türkei.

Der Ministerrat hat vorgestern, wie die Konstantinopeler Blätter melden, beschlossen, den Mächten anzuzeigen, daß die Pforte im Falle eines Angriffs Jtaliens auf

die türkischen

Amerika. Der Präsident Taft hat, wie „W. T. B.“ meldet, mit dem Generalstaatsanwalt über die Ratsamkeit einer weiteren Antitrust-Geseß gebung beraten. Es wurde besonders der Plan eines Bundesinkorporationsgeseßes besprochen, das den das Sherman-Geseg verleßenden Körperschaften gestattet, sich zu reorganisieren. Asien.

Die persische Regierung hat dem russischen Gesandten, einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ zufolge, mitgeteilt, daß sie das russische Ultimatum noch nicht beantworten könne, da es kein Kabinett gebe.

Nach Meldungen des „Reuterschen Bureaus“ hat der von den chinesischen Revolutionären ernannte Minister des Aeußern Wutingfang an den Regenten eine Depesche gerichtet, in der er ihm dringend empfiehlt, abzudanken und für die Republik tätig zu sein. Die Mandschuclans würden auh von den Bürgern der Republik geachtet werden.

Der deutsche und der engl ishe Admiral haben Nanking besucht und den Konsuln empfohlen, sih mit dem Konsulatspersonal zurückzuziehen, da die Kriegsschiffe nicht imstande seien, sie zu shüßen. Gestern früh sind dreizehn chinesische Kriegsschiffe in Nanking angekommen, hab aber bisher keine Flagge gehißt. Zwei Kreuzer, drei Kanonenboote und ein Transportschiff sind den Kanal aufwärts gefahren, offenbar mit der Absicht, die Stellung der Aufständischen zu beschießen. :

Jm japanischen Kabinett war wegen des Budgets eine Krisis entstanden, die, wie „W. T. B.“ meldet, mit einem Siege des Finanzministers über den Kriegs- und den Marine minister geendet hat. Der Kriegs- und der Marineminister hatten

Amortisationsfonds zur Deckung einer Erhöhung der Land- und Seestreitkräfte verlangt, was der Finanzminister abgelehnt hatte. Unter dem Druck der Bankiervereinigung und der öffentlichen Meinung hat sich nun der Premierminister Marquis Saionji zugunsten des Finanzministers entschieden und dem Kriegs minister Saito die Wahl gestellt, entweder seine Forderungen zurückzuziehen oder zurückzutreten. Afrika.

Wie die „Agenzia Stefani“ aus Tripolis meldet, wurde vorgestern in den ersten Morgenstunden die \üdliche Front der italienishen Stellung zwischen der Kavallerie faserne und den Bumilianabrunnen angegriffen. Der Angriff wurde von einem Bataillon regulärer Türken, die von Artillerie unterstüßt wurden, ausgeführt; er kam jedoch 600 m von den italienischen Stellungen entfernt, namentlich in- folge des italienischen Geschüßfeuers, zum Stehen. Die Türken ließen fünf Tote, darunter einen Offizier, auf dem Plaß zurück und nahmen zahlreiche Verwundete mit ih. Die „Ztaliener hatten nur zwei Leichtverwundete. Gegen 2 Uhr Nachmittags wurde ein neuer ähnlicher Angriff gemacht und ebenfalls von den italienischen Truppen, die keine Verluste hatten, zurückgewiesen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sizung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.

Auf der Tagesordnung der heutigen (205.) Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Kiderlen- Waechter beiwohnte, stand zur ersten Beratung die Vorlage, betreffend die Ausgabe kleiner Aktien in den Konsulargerichtsbezirken und im Schußgebiet Kiautschou.

Hierzu ergriff der Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Kiderlen - Waechter als erster Redner das Wort. Seine Ausführungen werden morgen im Wortlaut mitgeteil! werden.

Jn der heutigen Sißung der Budgetkommission des Reichstags gab der Staatssekretär im Reichsamt des Jnnern Dr. Delbrück laut Meldung des „W. T. B.“ im Namen der verbündeten Regierungen folgende Erklärung ab:

„Die Neichsleitung ist im Einvernehmen mit den verbündeten Negierungen auch nach erneuter Prüfung der Ueberzeugung, daß die deutsch-französishen Abkommen vom 4. November 1911, be- treffend Marokko und Aequatorialafrika, nit unter Art. 11 Abs. 3 der Reichsverfassung fallen, und daher zu ihrer Gültigkeit nicht der Zustimmung der gesetzgebenden Körper- schaften bedürfen. Gegen diese Auffassung is eingewendet worden, daß scwohl der Marokkovertrag als der Kongovertrag Bestimmungen enthielten, die ohne eine Mitwirkung vom Bundesrat und Reichstag nicht staatsrechtlich gültig werden fönnten. Von dem Marokkovertrag hat man behauptet, daß er einen ver- \chleierten Handelsvertrag darstelle, daß er die vom MNeichstag genehmigte Algectrasakte abändere, daß er endlih einen Eingriff in die deutsche Konsulargerihtsbarkeit in Marokko enthalte. Keine dieser Behauptungen trifft zu. Der deuts{ch-marokkanische Handels- vertrag vom 1. Junt 1890 wird durch das Marokkoabkommen {on deechalb nit berübrt, weil es nur mit Frankrei abgeschlossen ist. Die Staatéverträge Marokkos würden auch dann nit ohne weiteres aufgehoben sein Protektorat schon eingeribtet wäre. Frankreich aber übernimmt in dem Abkommen nur Verpflichtungen, die dem deutshen Handel gewisse Freiheiten gewährleisten; in die deutsche Zoll- und Handelsgesetzgebung greift kein Artikel des Abkommens ein. l der Algeciratakte abgeände1t werden, ist rihtig, nicht aber, daß jene Bestimmungen vom Bundesrat und Peichstag genehmigt worden wären. Der Bundeérat hat niemals, d-r Reichstag nur aus Ver- sehen in der zweiten Lesung, nit aber in der dritten Lesung über die Algecirasakte selbst abgestimmt. Das Ausführungsgeseß zuk

betroffen. wird nicht eingeschränkt.

werden; niht vor. Sollte die VieiGEreBerung, die Zeit für halt n, wo die Vorausseßungen für den Ersaß der deutschen Konsular- gerihtsbarkeit vorliegen, so wird sie bei dem Bundesrat und Reichs- tag die erforderlihe Genehmigung nachsuchen. Was das Abkommen über die Besitzungen in Aequatorialafrika anlangt, so ist der Kernpunkt der Bard der, ob bei der Erwerbung und Abtretung bon Kolonialbesiy die Mitwirkung der gesetzgebenden Körper- schaften erforderlih is. Diese Frage muß verneint

der Kaiser das Neich völkerrechtlich. Hierin liegt das

der Herren vom Kaiserlichen Hauptquartier, der Generalität, !

Inseln oder Küsten sofort alle Jtaliener ausweisen werde.

Necht, Kolonien zu erwerben oder abzutreten. Ein

beide die Aufnahme von Anleihen und die Verminderung des *

werden. Nach Artikel 11 Absatz 1 der Neich: verfassung vertritt

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wenn das von Frankreich ins Auge gefaßte F d

Daß einzelne Bestimmungen F

Algecirasakte wird durch das Abkommen überhaupt nich! E

Auch die deutsche Konsulargerihtsbarkeit in Marokko | Artikel 9 nimmt nur in Aussicht, f daß für den Fall der Einrichturg einer französischen, den europäischen D Anforderungen entsprehenden Gerichtsbarkeit nah freier Ve1ständl- / gung mit den anderen Algeciaëmächten die Konsulargerichte erseßt N eine völkerrechtlide Verpflichtung, sie Aae lieg! H gekommen f

Reichsgeseß, nah dem der Umfang des E derart fest- gestellt wäre, daß dieser ohne Aenderung der Gesetzgebung nicht ver- mehrt oder vermindert werden könnte, besteht niht. Die Vorschrift des Artikels 11 Absaß 3 der Neichsverfassung findet daher kei ne An- wendung. Diese Nechtsauffassung wird nicht nur von den nam- haftesten Staatsrechtslehrern vertreten, sondern au dur eine nahezu dreißigjährige Uebung bestätigt. Die Neichsleitung hält es daher nicht für erforderlich, die Zustimmung der geseßgebenden Körperschaften zu den beiden Verträgen vom 4. November 1911 nachträglich zu erbitten.

Auf der anderen Seite ist nit zu verkennen, daß die Betätigung des Neichs auf dem Gebiete der Kolonisation eine Entwicklung und eine Nichtung genommen hat, die bei der Schaffung des bestehenden Nechtszustandes niemand vorher sehen konnte. Insbesondere lassen die großen Aufwendungen, die für die Einrichtung und deù Ausbau unserer Kolonien erforderli geworden sind, es gerechtfertigt ersheinen, daß durch eine Abänderung des bestehenden Nechtszustandes die geseß- gebenden Körperschaften in weiterem Umfange als btsher zur Mitwirkung bei dem Erwerb und der Ahb- tretung von Kolonialgebiet berufen werden. Von den Anträgen, die in dieser Beziehung gestellt worden sind, erscheint der des Abg. Freiherrn von Hertling am zweckmäßigsten. Die ver- bündeten Regierungen sind daher geneigt, unter Vorbehalt näherer Erörterung über die Fassung der Vorschrift den Wünschen des Neichstags auf diesem Wege entgegenzukommen.“

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Tarifbewegung in der Taschen- und Federmesser- industrie in Solingen hat nunmehr, wie bereits gestern kurz mitgeteilt wurde, ihr Ende erreiht. Der Fabrikantenverein gab, wie die „Frkf. Ztg.“ erfährt, seine Zustimmung zu dem aus den Aus- schußverhandlungen mit den Vertretern des Solinger Industrie- arbeiterverbandes und des cristlihen Metallarbeiterverbandes hervor- gegangenen neuen Preisverzeihnis (Stücklohntarif), das nunmehr eingeführt werden oll.

Im Lugau-Delsnißzer Kohlenbezirk abgehaltene Berg- arbeiterversammlungen haben, wie der „Köln. Ztg.“ aus Leipzig gemeldet wird, beschlossen, in eine Lohnbewegung zu treten.

In Triest sind, wie ,W. T. B.* meldet, etwa tausend Fuhr - leute der dortigen Transport- und Speditionsfirmen in den Ausftand getreten.

In Maifons-Lafitte (Departement Seine-et.Olse) über - fielen, wie dem ,W. T. B.“ berichtet wird, an hundert Aus- ständige zwanzig Arbetitswillige auf einem Bauplatz an der Westbahn. Es kam zu einem heftigen Kampf, in dem ein Arbeiter durch einen Ievolvershuß getötet wurde.

In New York sind, wie dem „W. ganze Tonnen von Desinfektionsmitteln auf den Smut gestreut worden, der sih in den Straßen infolge des Ausstandes der Straßenke hrer (vgl. Nr. 267 d. Bl.) angehäuft hat. Das Ge- sundheitsdepartement wollte sih mit der Lage befassen, wenn der Aus- stand nicht gestern noh beendet würde. Vorgestern fanden A us\chrei- tungen statt, bei denen es Hunderte von Verwundeten gab. Es wurden einige Verhaftungen vorgenommen; auch eine Bombe erx - plodierte, ohne jemanden zu verletzen.

C

T. B.“ telegraphiert wird,

(Weitere „Statistishe Nachrichten“ \. i. d. Ersten Beilage.)

Kunft und Wissenschaft,

A. F. Die Vorderasiatische Gesellschaft begann das Winterhalbjahr mit einer stark besuchten Versammlung, zu der der Miilitäroberpfarrer, Konsistorialrat Strauß einen Bortrag zugesagt hatte über das Thema: „Wie stellte si das Alte Testament ¿ur wissenschaftlihen Sternkunde des alten Orients?“

- Vor dem Eintritt in die Tagesordnung berichtete der Vorsißende, Professor von Luschan auf Grund einer der Gesellschaft eingesandten Abhandlurg von Dr. Nu\ch, z. Z. in Aachen, daß dieser um die hethi- tische Forschung hon mehrfach verdiente junge Gelehrte die Mittelstellung des hethitishen Schriftsystems in der Alten Welt nahwies. Außerdem gelang ihm -neben F ststellung der Zahlzeihen und vieler Silben- und Deutwerte die erstmalige Lesung sowohl ciner Anzahl von Eigen- namen (Lapa, Lupastius, Teschubis, Teschub-tarchu, Teschupiha, Teschuputias, Targurtisar, Argurstis, Motarvu, Hatti-Teschub, Arha, Arrapa, Kis, Kuti, Kararkarti, Patesi, Sutech), als auch der Hethiter- stelle von Babylon, die zuglei umschrieben und überseßt wurde.

Der Vortrag des Abends über das in der Einleitung benannte Thema begann mit der Erinnerung an eine Erzählung Platos, wonach bei einem Besuche Aegyptens Solon von ägypti\{hen Priestern belehrt worden sei, daß die Athener, zwar jung an Geist, aber nit alt an Wissen, sich mit dem in einer langen Vergangenheit gesammelten, erprobten und überlieferten Wissen Aegyptens niht vergleiden könnten. Aehnlih stolz reden zur Gegen- wart die Schäße des Wissens einer mehrtausendjährigen Vergangenheit, welhe uns die assyrishen Ausgrabungen erschließen. Wir haben dank ihnen in den leßten Jahrzehnten unsere Anschauungen in vielen Stücken vollständig ändern und berichtigen müssen. Waren wtr doch z. B. gewöhnt, Abraham als ganz am Anfange einer auf- dämmernden Kultur stehend zu betraten, und nun lernen wir, daß Abrahams Zeitgenossen auf ein altes Kulturvolk, die Sumerer, zurück- blickten, von ihrer Zeit so entfernt, wie beispielsweise Luther von Alt Griechenland. Panbabylon ! Ist es für uns ein Unglück anerkennen zu müssen, daß um die Zeit, da die Geschichte des Volkes Israel anhebt und vom Alten Testament verzeihnet wird, Babylon feit lange und in noch ungeschwähter Macht und ungebrohenem Einfluß die Kultur- welt beherr|chte, niht sowohl durch äußeren Zwang, als durch die Macht der von ihm ausgehenden Gedanken? Mit nihten! Aber jedenfalls ist es wichtig, zu ermitteln, wie sih das Alte Testament zu den ältesten Urkunden gestellt hat, die seine Urheber gekannt haben müssen, wie wir sie heute neu kennen le:nen. Es ist mehrfach versuht worden, der von Babylon ausgehenden Kultur das hohe Alter und die frühzeitige Entwicklung abzusprehen, die sih aus den Funden im Zweistromland ergeben, namentlich wurde das frühe Vor- h1ndensein einer systematischen Forshung verneint. Aber diese Zweifel dürfen jeßt als überwunden gelten, da Urkunden vorliegen, die nicht aus späterer Zeit als vor 2000 vor unserer Zeitrehnung stammen können und aus denen hervorgeht, daß von den babylonishen Sternkundigen damals u. a. die Zeit des Vorrückens der Nachtgleichen, die wir gu rund 26 000 Jahre festzustellen gelernt haben, auf 25 920 Jahre bestimmt war, daß sie solhe Meister der astronomishen Meßkunst waren, um die Entfernung des Sterns Spica in der Jungfrau von Antary im Skorpion * mit dem geringen Fehler bon 30 Se- kunden zu ermitteln; ja, sie fannten 4 Trabanten des Jupiter. Das war zweifellos wirklihe Wissenschaft, die allgemein Ee ung gawann, weil sie infolge ihrer Vertiefung durch die Wissenden au ole Er- sheinungen am Sternenhimmel, auf die alle merkten, z. B. Mond- und Sonnenfinsternisse, vorauézusagen verstanden. Es kann nit wundernehmen, ¡daß die Wissenden ihrer anerkannten und an- gestaunten Kenntnis von den Himmelserscheinungen dadur erhöhtes Ansehen zu verleihen beflissen waren, daß sie der astronomischen Voraussage die geheimnitvolle. „Sterndeutung" beigesellten. So wurde in ganz natürlicher Entwicklung die Astronomie zur Astrologie. Jn dieser Gestalt hat die ursprünglih babylonische Wissenschaft 56000 Jahre die Welt beherrscht ; noch ein leßtes Aufflackern sah diese Pseudowissenschaft im 17. Jahrhundert, zu erinnern ist nur an Tycho de Brahe und Wallenstein. Der lange Zeit ausschließlichen Beherrshung der Kulturwelt durch die von der Astrologie geweckten und genährten Vorstellungen muß man si erinnern bei Prüfung aller Dokumente aus dem Altertum, welche Urteile über die Dinge

und Vorkommnisse dieser Welt enthalten. lernen, daß ihr Tieffinn wohl nah unseren Begriffen ein falscher, aber durchaus kein Widersinn ist. Es erscheint beispielsweise im Sinne dieser Anschauung nur folgerihtig, indem man Sonne und Mond als Gegensäße auffaßte, daß man die nur in der Nacht er- scheinenden Sterne auch im Widerstreit gegen die Sonne wähnte und die Götter, am Tage bedrükt dur das AIRERE Gestirn Marduks, nur in der Nacht - reden ließ. Andererseits, welche Fülle verschiedenster Deutungen gewährten die Wanderungen der bekannten sichtbaren 5 Planeten zwishen den Sternen, fo unbegreifliß un- regelmäßig in ihrem Verlauf, verglihen mit den als regelmäßig er- kannten, jeden Tag und jedes Jahr ih in gleicher Art vollziehenden Wanderungen von Sonne und Mond durch den Tierkreis ! So wurde der Tierkreis, den au die Planeten nte verließen, zum Offenbarungs- feld Gottes, und alle Mythe, alle Geschichte, alle Ereignisse der Gegenwart mußten für das Volk in Einklang mit Vorgängen am Himmel gebracht werden. Kann es wundernehmen, daß die Formen dieser alten Astralwissenschaft Besiß von den Geistern der Menschen nahmen? Wir denken zum Teil noch heute in den Formen dieser alten Wissenschaft, indem wir z. B. den Himmel und die Erde in 360 Grade cinteilen, das 13. Sternbild des Tierkreises, den Naben, zum Unglücksraben machen und dem Dreizehnten den Tod verkünden, der Zahl 7 aber als der der Wandelgestirne eine heilige Bedeutung geben. Die Zahl dieser auf uns gekommenen babylonishen Gedanken- verbindungen is \{chwer zu ershöpfen. Selbst die Befragung des Kuckucks nah den uns noch beschiedenen Lebensjahren, selbst der Ritt der Hexen nah dem Blosberg entstammen babylonishen Vo: stellungen. An diese in weitem Umfange bestehende Beherrschung der Geister dur die Astralwissenschaft des Zweistromlandes muß man si auch erinnern, wenn man das Alte Testament recht verstehen will. Als Abraham und nachher Jakob in das heilige Land kamen, hatten \{on 2000 Fahre oder mehr an der im vorangehenden geschilderten Kette von MWelt- anshauung gewirkt, von der Israel nicht minder als die andere vorder- asiatishe Mitwelt ergriffen war. Wir wissen das aus dem Alten Testament ; denn wir finden auf jedem. Blatt der Bibel. etwas von dieser babylonishen Weltanschauung, und bestätigt ist es u. a. im Vergleich mit den Tell Amarna-Dokumenten und dur diese. Erwähnt seien die Allgemeinheit der Sage vom Kain8zeichen, vom starren Bli. Kain bedeutet tm Arabischen soviel als unstet, flüchtig. Wunderbar erscheint {hon bei Kain etne Erwähnung des Segens des Kreuzes; doch auch aus Hitob 31 und Ezechiel 9 wissen wir, daß das Kreuz in ältester Zeit genannt wurde. Andererseits erwähnt eine Inschrift aus Hammurabis Beit das Zeichen des Kreuzes, und nit minder überraschend ift eine Bemerkung Herodots (933) über ein Kreuz im Tempel der Hera, dem niemand nahen durfte. An astralische Borstellungen erinnert die Kennzeihnung der Wohnsiße des Stammes Sebulon im äußersten Nordwesten des heiligen Landes als „Beginn der Wasserregion“, die nah jenen Vorstellungen den Erdkreis umspannen ollte. Sobald man diese und andere Sachen astralisch sieht, werden sie klar. Tatsächlih waren die Männer des Alten Testaments auf der Höhe des damaligen orientalischen Wissens; Abraham beherrschte es, Zakob kaum minder. Auch “der 90. Psalm des Moses, mit feinem „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“ ist beweiskräftig. Sucht man nah bestimmteren Andeutungen, so sind diese beispielsweise dur die auffälllge Bevorzugung der Zahl 42 im Alten Testa- ment geboten; 42 = 6 X 7, wobei 6 die Grundzahl des babylonishen Zahlensystems, 7 die heilige Zahl ist, die auch in der Sternzahl des großen und kletnen Bären, der Plejaden 2c. wiederkehrt. Auch aus dem bewußten Widerstande, den Moses gewissen altheidnishen kanaanitischen Anschauungen leistete, ist ersihtlich, in welhem Grade er von der edleren Astralanshauung beeinflußt war, so als er im Widerwillen gegen den Blutgenuß zum Geseß machte, daß die Lämmer ganz ge- raten und nur die Pfosten mit Blut beneßt werden follten. Andere für die Feier des Passahfestes getroffene Anordnungen beweisen gleihermaßen, wie das Alte Testament die Astralgrundsäße anwandte. Kennzeichnend hierfür ist endlich auch noch die Ankündigung über die Geburt Christi, daß ein Stern ersheinen werde. Wie Dr. Neus- gebaur nachgewiesen hat, ist Jupiter am 24. Dezember des Zahres 6 vor unserer Zeitrechnung im Sternbild des Widders recht- läufig geworden, nahdem er kurz vorber (am 12. April 6) 100 nördliher von der Sonne eine Konste[[ation miï Saturn gehabt, somit eine glänzende Uchtersheinung bot. Jst hier allerdings nur eine entfernte Uebereinstimmung gegeben, so entspriht doch die Ver- bindung ter Ankündigung eines großen Ereignisses mit der Ver- kündung einer gleichzeitigen Himmelserscheinung ganz den babylonischen Vorstellungen. Dennoch, so stark beeinflußt die Urheber des Alten Testaments von Babylon waren, diesen Anschauungen unterworfen haben sie sich nie. Im Gegenteil, sie gingen souverän mit der alten orientalischen Weltanschauung um, und zwischèn den Kern- sprüchen des Alten Testaments und der kellshriftlihen assyrish-babylonishen Literatur besteht doch ein \o bedeutender Unterschied, ist der Gradunterschied überlegener Weisheit auf ersterer Seite so ungeheuer groß, daß das unbefangene Urteil niht umhin kann, einen überlêègenen Einfluß von anderer Seite anzunehmen. Wie haben wir das zu deuten? Wie erklärt sich neben einer häufig trüben Unterströmung, neben den unleugbar überaus zahlreihen astralen Anklängen, die Erhabenheit der An- shauung, wie sie frühzeitig und vielseitig uns aus dem Alten Testa- ment entgegentritt? Hier ist zu antworten: Es liegt da etwas \{lechthin ÜUnerklärlihes vor, für das wir nur das Wort „ODffen- barung“ einsegen können, auf die Gefahr hin, deshalb unhistoris{ gescholten zu werden.

In dem sich an den Vortrag knüpfenden Meinungsaustausch nahm Professor Dr. Martin Hartmann das Wort: Es falle ihm s{chwer, nach dem gehörten Vortrag die Waffe der Kritik zu brauchen, zumal er bis auf einige Schlußfolgerungen einverstanden sei. Aber vom Standpunkte voraussezungsloser Wissenschaft aus müsse er sagen, es sei nicht zulässig, die Anuahme des Vorhandenseins von „Offenbarung“, eine sicher beahtens8werte Erscheinung im Geistesleben aller Zeiten, als welche sie der Wissenschaft gilt, zur Prämisse irgendwelcher ge- schihtlihen Zusammenhänge und zum Mittel für ibre Erklärung zu machen. Selbstverständlich übe die Wissenschaft gegen die subjektiven Seiten solcher Erklärungsversuche gern eine gewtsse Nachsicht; aber es sei doch daran festzuhalten, daß in keiner Weise überzeugend darzutun ist, daß sich Erklärungen vieler geschichtlichen Ereignisse und Entwicklungen s{lechterdings nicht anders, als dur Annabme über- natürliher Eingriffe geben lassen. Die natürliche Erklärung set vielleiht s{hwer, vtelleiht au zurzeit überhaupt niht zu \{affen, aber es dürfte bestimmt gehofft werden, daß die weitere Entwicklung der geshichtlihen Wissenschaft Licht au in bisher \{chwer verständliche Zusammenhänge bringen werde. Und hierfür werde, so denke er, wesentlich beitragen, wenn ih die ganze historische Wissen-

aft immer eingehender an der Gesellshaftswissenschaft , an der Soziologie unterrihte. Nur wer der Zusammen- seßung der Gesellschaft zu verschiedenen Zeiten und bei den verschiedenen Völkern nabgeforscht und ihrer Verbindung durch das gemeinsame Band religiöser Vorstellungen gehörige Aufmerksamkeit A habe, werde zu rihtigen Shlüssen gelangen, abseits jeder tets mehr oder weniger willkürlihen Annahme von Einflüssen, die

Man wird dann verstehen

nit verstanden, nur aclauts werden können.

Es sprah hierauf der Generalsuperintendent D. Köhler zu- en der von dem Redner des Abends dargelegten Anschauungen. Der

orredner habe jedoch insofern recht, als Offenbarung mit Wissenschaft in Wahrheit nihts zu tun babe. Letztere suche die Erfahrungen der Menschheitsentwickelung mechanisch zu erklären und gerate dabei leiht in eine Mindershäßung der Urkunden, auf die von anderer Seite der größte Wert elegt wird, weil hier die Ane und sicherste Erklärung der @riilelkunam egeben sei. Hinter allen Erscheinungén aber lägen auch Pläne, und bier, jenseits alles menschlichen Wissens und Verstehens, eine höhere weise Leitung als gegeben anzunehmen, sei für den tatsählihen Zusammenhang der Vorgänge mindestens be- weiskräftiger und befriedigender als die in Aussicht genommene künftige Erklärung dur die Wissenschaft. Konsistorialrat Strauß

wies noch darauf hin, daß er die Offenbarung nicht zur

Grundlage seiner Erklärung der Beziehungen zwischen Altem Testament und altem Orient gemacht habe. eir ven seiner Ueberzeugung verbleibenven unerklärbaren Nest wolle er zugeben, daß die Zustimmung zu der von ihm gegebenen Deutung Empfindungssache sei. Professor Hartmann warnte in Erwiderung dieser Einwürfe davor, in wissenschaftliche Erörterungen Empfindungen hineinzutragen und ebenso die historische Forschung irgend einem theologishen oder philosophishen System anzupa}sen. Gegen leßtere Bemerkung wandte Generalfuperintendent D. Köhler noch ein, daß die Wissen- schaft doch auch die Art ihrer Geschichtsforschung in ein System gebracht habe.

__ Einer Meldung der „Frankf.“ Ztg.“ zufolge wurde in der Ver- sammlung des ägyptischen Forshungsfonds in London von Dr. Hunt mitgeteilt, daß in neuen Funden von Oryrhynchos-Papyr i ein großer Teil eines bisher nur in seinem Titel bekannten Dramas von Sophokles enthalten sei. Es handelte ch um ein Satyrstück „Tchneutai“ (,Die Spürer“), von dem etwa die Hälfte aufgefunden worden fet.

Literatur.

Der Verlag von Quelle und Meyer in Leipzig legt drei wert- volle Bücher auf den Weihnachtetish. An erster Stelle set eine Neu- auflage von Professor Dr. Nud olf Euckens Schrift „Der Sinn und Wert des Lebens * genannt (3,60 M4 geb ), deren an dieser Stelle bei ihrem ersten Erscheinen eingehend gedacht wurde. Die Schrift ist eine auf klare philosophishe Erkenntnis und tiefe Herzenëüber- zeugung gegründete Mahnung zu energischer Selbstbesinnung und einer inneren Zusammenfassung des Lebens; ein Weckruf zur Belebung der idealistishen Kräfte des Menschen, zu ihrer Betätigung in freudigem Auf- stieg aus grübelndem Kleinmut. Fn einer Zeit, „in dex die Unsicherheit und der Streit über den geistigen Gehalt unseres Lebens und über unsere Stellung im All von Tag zu Tay wächst, und die Menschheit immer mehr gemeinsame Ziele und eine gemeinsame Innenwelt ver- liert“, ist der Wert einer Schrift wie der Euckenshen nit hoh genug anzuschlagen. Daß von ihr bisher über acttausend Exemplare ins Publikum gedrungen sind, ist eine sehr erfreuliche Tatsache. Der Ver- fasser hat inzwishen den in der Schrift klargelegten Tatbestand noch mehr herausgearbeitet, dié Linien \chärfer gezogen und durch Auf- deckung der Abstufen und Gegensäte die unserm Leben tnnewohnenden Bewegungen noch deutliher vor Augen gestellt, endlich zur größeren Anschaulichkeit noch einen weiteren Abschnitt „Konsequenzen für das Leben des Individuums“ hinzugefügt. Möge der Neuauflage, die der Verlag au äußerlih sehr ansprehend und würdig ausgestattet hat, dieselbe Aufnahme finden, wie die voraufgegangenen. Das Buch verdient es, in die weitesten Kreise der Gebildeten zu dringen. In einer zweiten in dem genannten Verlage erschienenen Schrift be- handelt der Heidelberger Universitätsprofessor D. F. Niebergall das Problem der „Person und Persönlichkeit“ (3,90 M, geb. 4 6). Das Wort „Persönlichkeit“ wird heute so oft angewendet und so oft miß- C daß es sein sharfes Gepräge verloren hat. Der Verfasser will ihm seine Bedeutung als Edelwort im Unterschied zu seinem geringeren Ver- wandten, dem Worte Person, wieder zu erwerben versuchen, indem er davon ausgeht, daß Persönlichkeit" ein bobes Lebensideal bezeichnet, zu dem alle Personen verpflichtet sind. Das Verhältnis beider wird niht nur mit Hilfe des Sprachgebrauchs geklärt, sondern auch durch eine Reihe der wichtigsten Lebensgebiete verfolgt. Es wird dabei gezeigt, wie die Person in dem natürlihen Drange, sich auszuleben, in ihrer Eigenart und ihrem Eigenrecht stets in der „Persönlichkeit“ eine Grenze findet, sowohl an der des andern wie an der eigenen. Diese Tatsache wird. an einer Fülle von Beispielen aus allen Gebieten des Lebens erhärtet: aus denen des gesellshaftlichen Verkehrs, am Che- und Sexualleben, an der Erziehungsfrage und an den großen allgemeinen Fragen des sozialen und religiösen Lebens. Das Buch, in dem auch jeder Erwachsene eine Fülle fein durchgearbeiteler Gedanken und manche Anregung finden wird, ist be- sonders der eben erwachsenen Jugend der männlichen wie der weiblichen, durchaus zu empfehlen. In der dritten Schrift führt der Professor Dr. Georg Worgiß ky in sehr klarer und anregender Form in die haupt\ächlihsten Probleme der Pflanzenbiologie ein. Das Buch be- titelt sich „Lebensfragen aus der heimischen Pflanzen - welt (geb. 7,80 M) und will seine Leser auf ihren Wande- rungen durch die freie Natur „\ehend machen“, sie befähigen, die wunderbaren Lebensvorgänge in der Pflanzenwelt in ibren Ursachen zu erkennen und zu verstehen. Vom Verfasser wurde die Form zwangloser Bilder gewählt, wie sie uns alltäglibe Spazier- gänge vom Vorfrühling durch den Sommer zum Spätherbst und hinein in den winterlihen Wald bieten. Der Leser trifft dabei überall auf alte Bekannte, die ihm, indem er sie als Biologe be- trachten lernt, vielfa in ganz neuem Lichte erscheinen und ihn zu er- neuten und eingehenderen Beobachtungen anregen. So gewinnt er zugleih einen Fernblick auf das großartige Gemälde des gesamten organischen Lebens auf unserer Erde.

Alt-Berlin, Anno 1740 nennt \ich eine Schrift von Ernst Consfentiu s, die soeben in zweiter, vermehrter Auflage im Verlag der Gebrüder Paetel in Berlin erschienen i|t. (5 M.) Der Verfasser hat mit großem Fleiß aus zahlreihen und zuverlässigen Quellen ein überaus reihhaltiges Material über alle Seiten des privaten und öffentlichen Lebens, wie es sich um 1740 in Berlin ab- spielte, gesammelt; und mehr, er hat diese Etnzelbildchen auch mit Geschmack und Geschik zu einem Gesamtbilde zusammenzus{hließen gewußt, sodaß der Leser sih leibhaftig in jene Tage hineinverseßt fühlt, in denen der hausväterische König Friedri Wilhelm [. seine Augen {loß und der junge Friedrich das Erbe seiner Väter antrat. Nicht ohne Stolz, aber Ad mit Rührung wird der Berliner unserer Tage die bescheidenen Bilder an ih vorüberziehen lassen, die Preußeas Hauptstadt äußerlich damals bot, und sch an dem klein- städtishen Leben und Treiben ihrer Bewohner ergößen; zuglei aber wird er in jenem engbegrenzten, bescheidenen Städteleben manches finden, was ihn mit stillem Neid erfüllen dürfte: vor allem jene uns heute fabelhaft niedrig ersheinenden Lebensmittelpreise, die freilich dem wirtschaftlih shwachen damaligen Berliner bei für unsere Begriffe geringen Steigerungen, wie sie gerade im Jahre 1740 Mißernten bervor- riefen, so unerschwinglich wurden, daß der Staat mit seiner Fürsorge entschieden eingreifen mußte. Und w?*e patriarhalisch mutet uns diese Art der staatlichen Fürsorge heute an! Dieser bausbâlterische S an der Spiye, der überall nah dem Rechten sah, dem keine Kleinigkeit entgina, der auch das Geringfügigste selbst zu ordnen stets bemüht war. Jedenfalls haben die Berliner jener Tage diese Königliche Fürsorge oft recht lästig empfunden, wie die Beamten- schaft in der Hauptstadt wie im ganzen Staate sicher seine bis ins kleinste gehende Aufsicht und unnachsihhtlihe Strenge oft als Härte empfand. Und doch hatte Berlin seinem strengen König es in erster Unie zu verdanken, wenn es eine der bestverwalteten Städte war, wie die Nachwelt Friedrich Wilhelm 1. als einen der größten Volkswirte aller Zeiten s{häßen gelernt hat. In dem Bilde, das Consentius von Berlin beim Negierungsantritt Friedrichs Il. entwirft, fehlt {lechterdings fein Zug; es ist bis in alle Einzelheiten aus- geführt. Wir lernen niht nur die äußere Anlage der mächtig si ausdehnenden Stadt und die äußeren Einri@tungen und Be- dingungen kennen, unter denen fich Handel und Wandel in ihr vollzogen, sondern auch das Leben ihrer Bürger in allen S ihten, ihre Wohnungen, ihre Gesfelligkeit, ihre Kleidung, ihre Speise und Trank. Besonderes Interesse dürften die eingehenden Angaben über die damaligen Wohnungsverhältnisse finden, ebenso die Schilderung des Gesindewesens und das ausführlihe Kapital über die damalige Mode. Das Buh is mit 10 Abbildungen hervorragender öffentlißer Gebäude und mit 2 Planblättern versehen. Angefügt sind ihm sehr eingehende Anmerkungen, in dènen. der Leser, der sih über einzelne der behandelten Kapitel genauer unterrihten will, „neben ausführlichen Auszügen aus den benußten: Quellen au weitere Literaturangaben findet. Das Buch ist so lebendig geschrieben und fußt auf einem fo eingehenden Studium, daß: