1892 / 85 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Apr 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Im böhmischen Landtage kam gestern bei der Fort- seßung der Budgetdebatte Graf Baquoy auf die Ab- ]sttimmung in der Ausalei som miion zurück und erklärte dem „W. T. B.“ zufolge unter dem Beifall seiner Parteigenossen, die leßten Neichsrathswahlen hätten unzweideutig bewiesen, daß das gesammte böh- mishe Volk dem Ausgleihe in dieser Zeit und in dieser Form niht zustimme. Die Großgrundbesißer seien niht nationale Gegner der Deutschen, fondern politishe Gegner der liberalen Parteien beider Nationalitäten. Die Vertreter dcs Großgrundbesitzes hielten an dem Ausgleich fest und jeder Versu, eine nationale Versöhnung herbeizu- führen, würde sie zur Unterstüßung bereit finden.

Die Gemeindevertretung von Budapest hat cine Commission bestellt, die unter dem Vorsiß des Ober-Bürger- meisters die Vorbereitungen zur Feier des fünfund- zwanzigjährigen Regierungs - Jubiläums des Königs von Ungarn treffen soll.

Großbritannien und Jrland.

Die E Victoria hat beschlossen, ihren Auf- enthalt in Costebelle bei Hyères in der Provence um eine Woche zu verlängern. Wie der „Times-“Correspondent in Hyères zu melden weiß, werde Jhre Majestät erst am 33. April von dort abreisen und am 24. April in Darmstadt eintreffen.

Die Zahl der Wahlkreise, in denen die Arbeiter einen Candidaten aus ihrer Mitte für die nächsten Wahlen auf- stellen, ist im Zunehmen. So hat der Gewerkrath von Hull beschlossen, den früheren Segzer Maddison, den Präsidenten des Gewerksvereins-Congresses im Jahre 1886 als Candidaten auf- zustellen. Maddison hat sein Leben lang in Hull gewohnt und wurde dort auch in den Stadtrath gewählt. Die Liberalen wollen ihn unterstüßen. E

Jn Betreff der gestern erwähnten, im U nterhaufe cin- gebrahten und von dem Staatssecretär des Jnnern Mat- thews beantworteten Interpellation über eine drohende Einwanderung französischer Anarchisten in England ent- nehmen wir dem Bericht der „A. C.“ noch Folgendes: Der Deputirte Vincent fragte den Staatssecretär des Jnnern, ob er erfahren habe, daß 40 oder mehr Anarchisten aus Frankreich ausgewiesen worden seien. Da ihnen Deutsch- land, Jtalien, Spanien, die Schweiz _und Belgien verschlossen und auch die Vereinigten Staaten durch Geseß gegen die Einwanderung unliebsamer Ausländer geschüßt seicn, so würden die Genannten sich wahr- scheinlich nah England wenden. Da si die Zahl der in England wohnenden Anarchisten |tetig mehre, so wünsche er zu erfahren, ob Schritte ergriffen wären, um die Vollmachten der Executive in dieser Richtung zu verstärken: ob die Regierung angesichts der furchtbaren Dynamitverbrechen der leßten Woche die Empfehlungen des englishen Sprengstoff- Inspectors im Jahre 1886 kenne und ob es nicht am Play wäre, mittels internationaler Verträge diefen Verbrechen gegen die Menschheit entgegenzutreten. Der Staatssecretär des Innern Matthews erwiderte: Es fei ihm nicht bekannt, daß die französische Republik Angehörige der Verbrecherklassen ausgewiesen habe, oder auszuweisen ge- denke. Sollte dies wahrscheinlich sein und sollten diplo- matische Vorstellungen zur Verhinderung nichts fruchten, ïo würde die Negierung nicht anstehen, das Parlament um weitergehende O zu ersuchen. Was den Bericht des Inspectors der Explosivstoffe betreffe, so dürfe niht übersehen werden, daß die betreffenden Sätze ein Citat aus ciner amerika- nischen Schrift seien.

Frankreich.

Die französishe Regierung soll nach einem der Wiener „Presse“ zugegangenen Telegramm mit der spanischen, italie- nishen und belgishen Regierung ein vertrauliches Ueber- einkommen getroffen haben wegen Ueberwachung der derzeit aus den gegenseitigen Staatsgebicten ausgew1ecjenen und in nächster Zeit auszuweisenden Anarchisten.

Neue Mittheilungen über Dynamit-Diebstähle, Attentate oder Verhaftungen von Anarchisten liegen heute nicht vor. Der von der Pariser Polizei noch immer gesuchte Anarchist Mathieu ist übrigens, wie „H.T. B.“ meldet, b elgisher Unterthan, sodaß, falls er, wie angenommen wird, sich nah Belgien geflüchtet haben sollte, seine Auslieferung niht möglich sein würde.

Der Minister-Präsident Loubet, der Minister des Aus- wärtigen Ribot und der Unter-Staatssecretär- für die Colo- nien Jamais erklärten, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in der Budgetcommission in Betreff der für den Sudan ge- forderten Credite, es handle sich um Befestigung der Stel- lung Frankreichs im Sudan, nicht um eine Erweiterung der dortigen französischen Besitzungen. Frankreich müsse unter allen Umständen seine Stellung in Dahomey wahren und erhalten. Es würden die erforderlichen Maßregeln zum Schuße der französischen Staatsangehörigen ergriffen werden. Eine Expedition nah Abomey sei gegenwärtig nicht nothwendig, das Ergebniß einer solchen Expedition würde

u den aufgewendeten Mitteln in keinem Verhältniß stehen. Nach cinem amtlihen Telegramm aus Porto-Novo vom 5. d. M. ziehen sich die Dahomeer aus der Um- gegend von Porto-Novo zurück und begeben sich mit zahlreichen Gefangenen und erbeuteten Viehherden nach Norden. Ein Telegramm von Senegal bestätigt den Tod des Haupt- manns Menard. Er wurde mit funf eingeborenen Schüßen beim Angriff auf das Dorf Seguela, welches den Samory

gehört, getödtet. N ; 4 Der Bischof von Nancy hat in einem Hirtenbriese erklärt, angesihts der jüngsten Vorfälle verzichte er darauf, in der Kirche Conferenzen abzuhalten, gegen die Verleßung der Rechte der katholischen Kirche müsse er aber protestiren. Ueber die Verwendung der Luftballons während des leßten Manövers hat soeben der Lieutenant De- buraurx von der französischen Luftschiffer-Abtheilung, wie der „Köln. Ztg.“ geschrieben wird, einen interessanten Aufsaß ver- öffentlicht. Es erhellt daraus, daß sie thatsächlich I Dienste ge- leistet haben, namentlich seitdem eine ununterbrochene Fernsprech- verbindung zwischen dem Ballon und der Erde hergestellt ist. Durch technische Vervollklommnungen sei man dahin gelangt, daß der Ballon in einer halben Stunde zum Ausfsteigen bereit gemacht werden könne. Ferner sei der Ballonpark so eingerichtet worden, daß man den Ballon mit großer Leichtigkeit fortbewegen könne, au in gefülltem und shwebendem Zustande. Mitten während des Gefehts habe man Bar-le-Duc mit ‘einem s{webenden Ballon durchfahren, ohne daß dabci die geringsten Un- ordnungen vorgekommen seien. Die ersten praktischen Erfoíge habe man in dem Manöver bei Aulnoy erzielt, wo der

Corps-Commandeur durch den Ballon habe benachrichügt werden können, daß ein gegen ihn gerichteter Angriff nur ein Scheinangriff sei und daß Kd die Hauptmacht des Gegners in einer ganz anderen Richtung bewege. Während der Manöver von Colombey sei der General Galliffet 21/4 Stunden im 7 essel- ballon geblieben, von dem aus er dur das Telephon alle Be- wegungen geleitet habe. Die Truppen hätten eine Front von 12 km und eine Tiefe von 3 bis 9 km eingenommen, und dieses ganze Gefechtsfeld sei von Galliffct in allen Einzelheiten be- herrscht worden, obgleih der Ballon nur bis zur Höhe von 400 m aufgestiegen gewesen sei. Bei cinem anderen Manöver habe der Ballon dem Ober-Befehlshaber über den Zusammen- stoß zweier Reiter-Divisionen berichten können, derx in einer Entfernung von 9 km stattgefunden habe. Endlich wird her- vorgehoben, daß der Ballon auch bei Nacht gute Dienste ge- leistet habe, da es in mehreren Fällen gelungen sei, die Stellung des Gegners zu entdecken.

Rußland und Polen.

Der österreichisch-ungarische Botschafter am russischen Hofe Graf Wolkenstein-Trostburg ist gestern ins Ausland abgereist. j /

Der Minister des Auswärtigen von Giers befindet sich außer Gefahr und die Kräfte nehmen zu.

Der Wirklihe Staatsrath Andre1ew und der Berg- Ingenieur Jwanow sind von dem Domänen-Ministerium nah Baku gesandt worden. Sie haben mit dem Techniker Doroshenko neue Controlregeln für die Naphtha- Industrie ausgearbeitet. /

Die Kornhändler in Libau haben sich aufs neue an das Finanz-Ministerium mit dem Gesuch gewandt, ihren Hafer ins Ausland ausführen zu dürfen, da er bereits zu faulen beginne. Wie die „St. Pet. Ztg.“ vernimmt, soll dem Gesuch gewillfahrt werden, sobald die Navigation eröffnet ist.

Die neue Getränkehandels-Ordnung soll unter Hinzuziehung von Experten einer nochmaligen Revision unter- worfen und frühestens erst im nächsten E, eingeführt werden.

Im Ministerium des Jnnern ist eine Vorlage aus- gearbeitet worden, welhe die Bildung von Gouvernements- und Kreis-Antibrandbehörden bezweckt. Unter anderem sollen danach alle in den Dörfern Getränkehandel treibenden Personen verpflichtet werden, eine Steuer zum Besten des Unterhalts von Dorffeuerwehren zu entrichten. Das Project liegt hon dem Reichsrath vor.

Ftalien.

Die Staatseinnahmen haben, nah einem Telegramm

des Wolff schen Bureaus aus Rom im verflossenen Monat gegen den Monat März 1891 eine Vermehrung um zwei Millionen bei der Fabrikations- und Verkaufssteuer, eine solche von 716 000 bei den Zöllen und eine Steigerung von 489 000 Lire bei den Einnahmen von Taback und Salz er- geben.

Spanien-

Infolge der entdeckten, gegen die Deputirtenkammer ge- rihteten Dynamit-An schläge ist die Furcht vor weiteren Attentaten in Madrid eine derart große, daß, wie man dem „H. T. B.“ berichtet, nur wenige Abgeordnete der gestrigen Sizung der Cortes beizuwohnen wagten. Die Tribünen waren vollständig leer. Im ganzen Lande finden noch fortgeseßt zahlreiche Aephaftungen statt. Einem Madrider Telegramm der „Magdb. Ztg.“ zufolge hen bereits 67 Anarchisten hinter Schloß und Riegel; 19 fremde Anarchisten sind ausgewiesen. Die Regierung hat die Ver- dreifahung der Militärwache im Königspalast und die Be- wachung aller öffentlichen Gebäude angeordnet. Jn Cadix plaßte in der Nacht zum Mittwoch eine Dynamitbombe, wo0o- dur drei Personen verwundet wurden.

Schweiz.

Ueber den Stand der neu eingeleiteten Handelsver- trags-Unterhandlungen mit Jtalien \shreibt der Berner „Bund“: Die Unterhandlungen zwischen Bundesrath Droz und Herrn Malvano werden fortgeführt. Die Aus- sichten auf cine Verständigung sind immer noch mittelmäßig.

Der Bundesrath hat die Berathung des Entwurfs eines Bundesgeseßes über die Organisation der Bundesrechts- p flege nebst Botschaft nunmehr beendet. Das vom 19. De- zember 1891 datirte Bu ndesgeseß über die Einrichtung von Radfahrer- Abtheilungen im Heere wird, da Referen- dumsbegehren dagegen nicht eingegangen find, demnächst zur Ausführung gebracht werden.

Niederlande.

Die Zweite Kammer hat mit 52 gegen 28 Stimmen cine Vorlage angenommen, welche die Stiftung eines neuen Ordens betrifft, der den Namen „Oranje-Nassau-Orden“ tragen, also ein Sen sein soll, während der Orden vom niederländishen Löwen in der Regel nur nah Zustim- mung des Ministerraths, also für Verdienste um den Staat, verliehen wird. Die neue Auszeichnung soll, der „Köln. Ztg.“ zufolge, die en uge Eichenkrone ersezen, über welche jeßt aus\schließlich der Großherzog von Luxemburg verfügt.

Velgien.

Der Präsident des belgischen Senats Graf vonMerode- Westerloo ist am 5. d. M. plößlich gestorben.

Zur Wahlbewegung wird der „Köln. Ztg.“ aus Brüssel gemeldet, daß die Vertreter der radicalen und ge- mäßigten dortigen Wahlvereine sih über zwei Listen für die Juniwahlen unter Vorbehalt der Zustimmung der Vereine verständigt haben: es wurde eine gleihmäßige Theilung beschlossen.

Aus Lüttich erhält die „Magdeb. Ztg.“ die telegraphische Nachricht, daß die dortige Polizei in der Nacht zum Mittwoch in dem Local Saint Leonhard, wo Anarchisten ihre Ver- sammlungen abzuhalten pflegen, drei Anarchisten verhaftet habe, die als die Urheber des Dynamitdiebstahls in Banneux gelten.

Serbien.

„Narodni Dnewnik“ verzeichnet das Gerücht, der Regent Belimarkovies gedenke aus potitishen Gründen zurück- zutreten.

Schweden und Norwegen. Die Zweite Kammer hat mit 116 gegen 107 Stimmen die Negierungsvorlage, welche eine neunzigtägige NebungSs-

zeit für die Wehrpslichtigen einzuführen beantragt, abgelehnt.

Amerika.

Die Finanzcommission des Senats hat den Geseßentwurf über die freie Silberprägung nah einem Kabeltelegramm des „H. T. B.“ aus Washington abgelehnt.

In New-York eingetroffene Privatmeldungen S (F YE Bureaus aus Venezuela berichten, daß die Ausständischen bereits Herren von fünf Provinz- auptstädten seien und daß sich die Staaten Tachira und Zulia für die Jn- surgenten erklärt hätten.

Nach einer Meldung der „Times“ aus Buenos Aires hat die argentinishe Regierung allen politischen Parteien die Bildung von Wahlc omités gestattet. Man glaubt, seitens der Radicalen würden neue Ruhestörungen

geplant. Asien.

Aus Ober-Birma ist in Kalkutta die Nachricht ein- gegangen, daß die aufständishen Lushais plô lih im Rücken der britishen Colonne die Theegüter von Pooroon- erra angegriffen haben. Der Verwalter und seine Familie entflohen, 38 Kuli aber wurden getödtet und andere in die Gefangenschaft geschleppt. :

Der neue Ober-Commissar für die Jnsel Cypern, Sir Walter Sendall, ist am 5. d. M. in Larnaca angekommen und hat sich nah Ablegung des Amtseides nach Nicosia be- gcben. Der bisherige Ober-Commissar, Sir Henry Bulwer, ist nah England abgereist.

Afrika.

Die Ueberreichung des Wee mane des Sultans an den Khedive ist E einem Telegramm des „Hirsch schen Bureaus“ aus Kairo vertagt worden. Der Marquis von Salisbury habe dem Khedive ein Telegramm übersandt, worin er die Publication des Fermans untersage, ehe nicht der englishen Regierung eine Abschrift zugegangen oder Sicher- heit gegeben sei, daß der Ferman keinerlei Gebietsänderungen P Dem „R. B.“ wird aus Kairo berichtet : Achmed Eyub Pascha und der Khedive wechselten nah der Ankunft des Ersteren Besuche. Der türkishe Commissar hat den Ferman versiegelt überbraht: da es keine Abschrift giebt, so kennt niemand genau den Jnhalt des Schriftstüks. Es wird jedohch als gewiß betrachtet, daß der Ferman wesentlich von den früheren abweihe. Er soll Säße über die Ordnung der Sinai-Halb- insel-Frage und der türkisch-egyptishen Grenze von El Arish bis Suez enthalten. (Vgl. die nah Schluß der Ned. ein- getroffenen Depeschen.)

Der britishe Commissar in Sansibar Gerald Portal hat dem Capitän Rogers zwei Kanonen nebst Munition nah Lamu gesandt, um ihn in den Stand zu seßen, die Un- ruhen im Witulande zu unterdrüen.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (49.) Sizung des Hauses der Ab- eordneten, der der Minister für Landwirthschaft 2c. von ey den beiwohnte, wurde zunächst eine Reihe von Petitionen

zur Erörterung im Plenum nicht für geeignet erachtet.

In dritter Berathung wurden der Gesetzentwurf, betreffend die Erweiterung des Unternehmens der Stargard Küstriner Eisenbahngesellschaft dur den kfäuflihen Erwerb der Eisenbahn von Glasow nah Berlinchen; der Geseßentwurf, betreffend die Be- seitigung der kirchlichen Steuerfreiheit der An- gehörigen der Kieler Universität; der Gesehentwurf, zur Ergänzung des Gesezes vom 3. Juni 1876, betreffend die evangelische Kirchen- verfassung in den aht älteren Provinzen der Monarchie: der Vertrag zwischen Preußen und Bremen wegenErweiterungdesBremischen Staats- gebiets nördlich von Bremerhaven vom 14. März 1892; der

esezentwurf, betreffend Abänderung wegepolizeilicher Vorschriften für die Provinz Schleswig-Holstein, mit Ausnahme des Kreises Herzogthum Lauenburg ohne Debatte unverändert angenommen.

Es folgte die erste Berathung des Antrags der Abgg. Neukirch und Drawe auf Annahme eines Geseßentwurfs, betreffend eine vorläufige Bestimmung über die Reg u- lirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhält- nisse bchufs der Eigenthumsverleihung in Neu- vorpommern und Rügen, in Verbindung mit dem dritten Bericht der Commission für die Agrarverhältnisse über die Petitionen des Kossäthen Dancwardt zu Mönkoig und anderer, wegen Einführung des Abschnittes ITT des Ablósungsgesches vom 2. März 1850 in Neuvorpommern und Rügen und der ersten Berathung des Antrages der Abgg. Neukirch und Drawe auf Annahme eines E betreffend die Regulirung der gutsherrlihen und G Verhältnisse in Neuvorpommern und

ügen.

Abg. Neukirch (dfr.) begründete seinen Antrag unter eingehender Darlegung der betreffenden Verhältnisse in New vorpommern und Rügen und wünschte keine Ueberweisung 47 eine Commission. M

Der Berichterstatter Abg. Drawe (dfr.) befürwortete den Antrag der Agrarcommission: N

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: E

1) Die Petitionen der Königlichen Staatsregierung insowc!l zur Berücksichtigung zu überweisen, als dieselben beantragen, dit Vorlegung eines Gesetzentwurfs, betreffend die Regulirung der utéherrlih-bäuerlihen Verhältnisse in Neuvorpommern un Rügen, so wie derselbe von dem So der Abgeord- neten unter Zustimmung der Königlichen Staatsregierung in der Sißung vom 25. Februar 1861 angenommcn ist, dem Landtag wiederum zur verfassungsmäßigen Bes lußnahme vorzulegen, und in demselben dic Aufhebung des Geseyes vom 1. Mat 1854 vorzusehen.

2) Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, den unter Nr. bezeichneten Geseßentwurf dem Landtag noch in dieser Session vorzulegen.

Die Abgg. von Rauchhaupt C und Freiherr von Zedliß und Neukirch (freicons.) sprachen sich in zustim- mendem Sinne zu den Anträgen Neukirh aus, beantragten aber die Ueberweisung an eine Commission. 4

Abg. Knebel (nl.) sprach si gleichfalls für die Anträge Neukirch aus, wünschte aber wenigstens für den ersteren Antrag die sofortige Erledigung im Plenum ohne Commissionsberathun und machte der Bezirksregierung in Stralsund einen Vorwu? daraus, daß sie nihts für eine gesepliche Regelung der be- treffenden Angelegenheit gethan habe.

Der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden vet?

theidigte die Regierung in Stralsund gegen diesen Vorwurf -

‘6 handle ‘sich hier um schr schwierige Verhältniffe,

i iht, wie sich die Königliche Staatsregierung L a S t stellen werde; er für scine Person

: ägen zu. - stimme den A n eren Bemerkungen des Abg. Neu-

: der zweite Antrag Neukirh der Justiz- kir (dfr.) u A: die zweite Berathung des ersten An-

commissron U s um erfolgen. Der Antrag der Agrar- trags joll im Plen nommen. y N

ission wurde ange 5 ; R erledigte das Haus eine größere Reihe von

NotiUinnen nah den Anträgen der verschiedenen Com- PEE et Bezüglich der Petition der Lehrer Hennig und Gen. in Potsdam wegen anderweiter Regelung der Versorgung der Lehrerwittwen wurde der Antrag der Ünterrichtscommission:

„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen : Ueber die

Petition, in Erwägung, daß dur das Geseß vom 27. Juni 1890

Fen Intentionen des Beschlusses“ des Hauses der Abgeordneten vom

96. März 1889 entsprochen worden ist, zur Tagesordnung über-

ugehen, 2 in fs P vom Abg. Seyffardt - Magdeburg (nl.)

tragten Form angenommen. R Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Ueber die Petition, in Erwägung, daß durh das Gese vom

97. Juni 1890 die bezüglichen 2 erhâltnisse proviforish geordnet, und die Verhandlungen über die geseßliche Regelung beziehungs- weise Neuregelung im Sinne der Resolution des Abgeordneten- hauses vom 26. März 1889 seitdem weitergeführt worden, aber noch nit zum Abschluß gebracht sind, zur Tagesordnung“ über- ugeHen.

Schluß nah 11/4 Uhr. Nächste Sizung Dienstag, den 96. April, Mittags 12 Uhr. Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Gesehentwurfs über die Bahnen unterster Ordnung.

Kunst und Wissenschaft.

eute, Donnerstag, den 7. April, wird im gen Kupferstihcabinet eine Ausstellung von Werken ¡italienischer Kupferstecher eröffnet, welche die Entwicklung der E T, bis zum Tode Marc Antonio Raimondi's veranschaulichen soll.

Lk. Eine Einladungskarte mit graziöser Vignette von F. Stahl rief uns am Sonntag Vormittag zur Eröffnung der ersten Früh - jahrs-Ausstellung der „Vereinigung der X1“ in Shulte's Kunstsalon. Auch die Kunst, welche diese Vereinigung der Herren J. Alberts, Hans Herrmann, L, von Hofmann, Walter Le istikow, Max Liebermann, George Mosson, Müller- Kurzwelly, Schnars-Alquist, Franz Skarbina, F. Stahl und Hugo Vogel in einem geschlossenen Bilde mit tesem Pro- gramm uns vorführt, steht im Dien des Frühlings. Es sind vor der Hand verheißungsvolle Blüthen einer neuen mit Macht vor- dringenden Kunstrichtung, des Jmpressionismus, von der wir hofen dürfen, daß sie dereinst auch reife, zum Genuß ein- ladende Früchte zeitigen wird. Die Aussteller find fkeines- wegs Neuerer um jeden Preis, ohne feste D E f und Schulung, sondern tüchtige, ja zum theil hervorragende Meister ihrer Kunst, die sih mit Fug und Recht zu einem geschlossenen uftreten für ihre Grundsäße hervorwagen dürfen. Freilich wird ihnen die Enttäushung nicht erspart bleiben, daß weite Kreise unseres Publikums zunächst noch rath- und verständnißlos ihrem Wollen gegenüberstehen. Wenngleih die Mehrzahl der Maler, welche hier ihre Werke vor- führen, gleichen Zielen zustrebt, so thut das der Individualität des einzelnen durhaus keinen Abbruch; gerade die Aufrichtigkeit in der Wiedergabe des Selbstgeschauten is ja ein Hauptgrundsay dieser Schule, und die Art zu sehen ist \ließlih bei jedem ihrer Anhänger eine besondere. Am markigsten hebt sich die Persönlichkeit Marx Liebermann’s von der Umgebung ab. In einigen Bildnissen lernen wir ihn von einer neuen Seite kennen. Hatte {hon das für eine illustrirte Zeitschrift gezeichnete Porträt des Directors der Königlichen Gemäldegalerie, Geheimen Raths Dr. Bode, dessen Originalvorlage, eine Kreidezeichnung, ebenfalls hier ausgestellt ist, von seiner Schärfe der Beobachtung und der Kraft zu hacakterisiren einen vortrefflichen Begriff gegeben, so tritt uns in dem für die Kunsthalle Hamburgs emalten ildniß des Bürgermeisters Petersen die erste monumentale

eistung des Künstlers auf dem Gebiete der Porträtmalerei entgegen. Technish, in dem breiten Farbenauftrag, der sicheren Abwerthung von Hintergrund und Gestalt gegen- einander, der Modellirung des Kopfes eine Meisterleistung, scheint das Vild in Bezug auf die Charakteristik des Dargestellten etwas ab- sichtlich alles zu vermeiden, was irgendwie als Pose angesehen werden ns Die schon gebrechlihe Greisengestalt in der altfränfischen Amtstracht _muthet uns fast an wie. eine Genrefigur. Gerade die Tracht der s{hwarzen Schaube, der Kniehosen und des Spißhutes er- es dadurch aber in einem widerspruchsvollen Lichte. Liebermann t es verstanden, den alterthümlihen Charakter auch in der male- S Haltung des Bildes, das man am cehesten mit den Ga i: t8 von Franz Hals vergleichen könnte, festzuhalten. K L ln pn, empfunden ift dagegen das Pastellbildniß des Grafen Ans E (ugt, in Fs, und Blick von ungewöhnlich lebensvollem e ruck. Den beiden Pastellen „Schafhirtin" und „Kartoffelernte“" E A Studien e dem Leben der Landbevölkerung,

) ¿n Vorzug vor der in Oel duhhirtin auf der Waldwiese" geben, deren didflüssiger Farbenauftrag die rechte Durchsichtigkeit eines sonnendurhwärmten Wald- innern niht ganz überzeugend zum Ausdruck bringt. Auch rein technische Bedenken lassen einen gar zu pastosen Farbenauftra wenig empsfehlenswerth erscheinen, da der in dieser Dicke auf die Leinwand gebrahte Farbenkörper der Gefahr der Zerstörung durch Sprünge und Risse ungemein leiht gus geseßt ist. Franz Sfkarbina versteht es, diese Gefahr durch Aae dünnflüssige Malweise von seinen Werken fern zu halten. Mit E einfachen Mitteln weiß er gleihwohl überrashende Wirkungen f E zielen. Freilich ist seine Art, gewisse Beleuhtungsprobleme aufzusuchen, nicht ganz frei von Manier. Ihn reizen gewisse ungewöhnliche in der Natur beobachtete Lichteffecte fo lebhaft, daß seine Augen überempfind- Us werden, und der Beschauer vor vielen sciner Schöpfungen den s der Unwahrscheinlichkeit erst allmählih überwindet. Sicher- ih bt Er die beiden Dorfkinder, welche dur eine halbgeöffnete geRngene ene Thür in den Vorraum einer Bauernhütte eingetreten Pr br mit wachsendem Interesse in der Natur beobachtet. Das ris c as Uchtspiel e auf den Gesichtern male- Arbei P N hat ihn sofort gefesselt, aber während der Gf t glaubte er, um seine Absicht recht deutlich zu machen, den Dabei e A steigern zu sollen. Man merkt die Absicht, Pl stf d Ge ¿usführung , was Lebendigkeit des Ausdrucks und / astik der Gestalten anlangt, vortrefflich und keineswegs dem Be- e sproblem zu Liebe vernachlässigt. Auch das {hon 1890 ge- ma te Sr dchen „Herbstsonne“ “kann als künstlerishe Analyse eines d ems gelten. Das Sonneliht, weldses durch das roth- gefärbte Laub einer Veranda auf einen weiß gestrichenen Gartentisch fällt, an dem ein kleines Mädchen steht, wirkt ungemein wahr und hat sicherlih noch überzeugender gewirkt, als die Farben selbst noch nicht unter der Einwirkung der Sonnenstrahlen gelitten hatten. Zwei sehr feinbeobahtete Landschaftsstudien in Pastell, Abend- dämmerung und Kanalbild aus dem Thiergarten, und ein ganz licht gehaltenes Dorfbild „Rückehr vom Felde“ vervollständigen die Reihe der von dem rastlosen Künstler ausgestellten Arbeiten. Als Dritter sei Hugo Vogel genannt, welcher nur zwei Bildnisse zur Aus- stellung beigesteuert hat. Dasjenige des Geheimen Raths Dr. Dohme

wirkt in Haltung und Farbe für ein-Porträt gar zu unruhig und derb, während das Bild einer Dame mit mächtiger Chrysanthemum- vase sehr feine Farbenaccorde, die auf gelb und blaßlila gestimmt sind, anschlägt. Hans Herrmann zeigt sein hübsches Talent von verschiedenen Seiten. “Eine kleinere Arbeit „Rück- fehr der Lootsen“ erinnert im Vorwurf an niederländische Vorbilder des fiebzehnten Jahrhunderts, nur daß in der Farbengebung an Stelle der Behaglichkeit der auf einen Ton ge- stimmten Bilder eines Goyen hier die moderne, nervöse Unruhe der Töne getreten ist. Auch das große Bild „an der Gelderschenkade in Amsterdam“ leidet an einem etwas fleckigen Colorit, in dem weiße, kreidige Lichter unruhig umherflackern. In der Perspective der Bau- massen folgte der Künstler offenbar einer photographischen Aufnahme, welche die Linien etwas verzerrt, sodaß den Beschauer die Furcht nicht losläßt, die altehrwürdigen Amsterdamer Patrizierhäuser könnten vorn- überstürzen. Das menshlihe Auge corrigirt beim Anschauen die Linsenbilder nun einma anders als der photographische Apparat. Eine fkleine holländishe Landschaft Herrmann's zeigt jene Verblaßtheit der Töne, welhe wir fkürzlih \chon in seinen Aquarellen mit Bedauern bemerkten. Eine sehr erfreuliche Ueberrashung dagegen bereitete uns Friedrih Stahl mit seinem Bilde eines Kirchhofs, von dessen stillem Bezirk man in das rastlose Getreibe eines Rangirbahnhofs hinabblickt. Wem diese Gegenüber- stellung allzu absihtévoll erscheinen möchte, kann sich auf dem Luisen- Kirchhof in Charlottenburg davon überzeugen, daß der Künstler hier nur eine Anregung aus der Umgebung seiner Vaterstadt künstlerisch verwerthet und mit vielem Geschick ausgestaltet hat. Das frifch- geschlossene Grab mit seinem reichen Blumenschmuck rechts im Vorder- grund giebt dem ganzen Bilde, das in das grauweiße Schneelicht eines Winternachmittags getaucht ift, einen wirkungsvollen, die Einbildungs- fraft belebenden Schwerpunkt, Man darf den geschickten Darsteller des modernen Gesellschastslebens zu diesem Erfolge auf neuem Gebiet beglückwünshen. Die Landschaften Walter Leistikow;’s sind durhweg zart gestimmt, in einem friesischen Strandbilde hat ih der Künstler auh mit Glück von seiner Vorliebe für verschwimmende rosige Töne, die in der Mehrzahl der anderen Landschaften domi- niren, freizumachen verstanden. Die kleine Marienkapelle im Lichte der sinkenden Frühlingssonne is wohl eine Studie zu dem „Vesperbild“", welches auf der Ausstellung des vergangenen Sommers zu schen war, und wirkt fast noch zarter und dustiger, als die end- ge O Müller - Kurzwelly und Schnars-

lquist, auf dessen feine Kanalsfkizze wir besonders hinweisen wollen, haben \ih der neuen Bewegung offenbar nur unter Vorbehalt an- geschlossen, ihrem Wesen nah stehen fie der älteren Richtung der Landschaftsmalerei näher. Auch I. Alberts mit seiner zier- lichen Feinmalerei einer Museumsscene und einigen holsteinischen Halligbildern hat neben den geistreichen Studien Skarbina?s einen \hweren Stand. Am extremsten dagegen vertritt die modernste Nich- tung L. von Hofmann, dessen Einbildungskraft sih mit besonderer Vorliebe ungewöhnlichen Vorwürfen zuwendet. Bald ersterben scine Farben in einem grauen freidigen Ton, wie die er- greifende, leiter sehr ungünstig gehängte Abschiedsscene „Abend- wolken“, bald leuchtet aus thnen eine tiefe Gluth wie in dem Land- schaftébilde „Bei sinkender Nacht“, bald blicken wir in eine frystall- klare Bergluft, wie in dem Bildchen „Hoch oben“, das zwei nate Knaben am Hochgebirgsbach zeigt. Eine gewisse Unruhe ist all diefen Schöpfungen eigen, welhe uns fast wie Selbstgespräche einer noch unabgeklärten Phantasie anmuthen, die mit sich felbst ins Reine zu kommen trachtet. Den verschiedenartigsten An- regungen hat sich offenbar der reihbegabte junge Künstler hingegeben: einiges gemahnt an den Frankfurter Thoma, anderes an die schottischen Impressionisten, aber nur weniges läßt volle Reife und Ruhe erkennen. Zu diesen wenigen Leistungen zählen wir das „Frühlingébild*“, das ein halbnacktes Mädchen in einer lichten Lenzlandschaft darstellt. Bei \trenger Selbstkritik dürfte Hofmann, cln Begabung nicht gering zu schäßen ist, ih zu hervorragenden Leistungen durchringen ; zunächst aber scheint sein künstlerishes Empfin- den noch in einer hefti en Gährung begriffen. :

Neben diesen, im Oberlichtsaale des Schulte’shen Salons auf- gestellten Werken der „Vereinigung der XI“ nimmt in dem elektrisch erleuhteten Raum der Ausstellung ein Bild des Polen I. Falat unser Interesse in Anspruch: es stellt den Kaiser auf der Pürschjagd in der Schorfheide dar. Das âsende Hochwild is eben aus dem Dickicht in den Morgennebel der Lichtung, Un und der Herrscher legt, ins Moos gestreckt, die Büchse zum Schuß äl. Dres) l die nebelige Herbststimmung in dem Forstschlag vor Sonnenaufgang wiedergegeben, und die Spannung des Augenblicks überträgt sih unwillkürlich auf den Beschauer. Vorzüglih in der Licht- und Luftwirkung i} eine nordische See- landschaft des in Weimar thätigen Fritjof Smith, dessen vielseitige Begabung zu bewundern die vorjährige internationale Kunstausstellung uns bereits Anlaß bot. In dem gleihen Raume ist noch cine Sammlung neuerer Arbeiten von Franz Stu ck aus München ausgestellt. Die wunderlihe Phantastik der Mehrzahl dieser Schöpfungen überrascht den unvorbereiteten Beschauer anfangs, bis man bei längerer Betrachtung sich mehr und mehr in die Fabelwelt des Künstlers hincinlebt, die sich nur mit der A. Böcklin?'s vergleichen läßt. Stuck verfügt nicht über so reihe Fähigkeiten, wie der große \chweizer Maler, aber das CEmpfindungéleben Beider hat viel Verwandtes. Gerade vor einem Jahre machten wir, ebenfalls bei Schulte, die erste Bekanntschaft mit den Werken des Künstlers. Es scheint, als habe Stuck seitdem seine Thätigkeit mehr verbreitert als ver- tieft. Die große Pietà 3. B, welhe den Mittelpunkt der diesjährigen Ausstellung bildet, kann weder in der malerischen echnik noch in der Auffassung als ein be- deutender Fortschritt gelten: Maria, die neben dem starren, auf einem steinernen Sarkophag ausgestreckten Leichnam ihres Sohnes steht, und in tiefstem Schmerze ihr Haupt verhüllt, ist in halber Figur dargestellt. Fast möchten wir glauben, daß das Studium alt- paduanisher oder venezianisher Meister den Künstler zu dieser Schöpfung angeregt habe. Ein gewisser akademisher Zug läßt sich faum darin verkennen. Weit individueller erscheint Stuck in jenen Stoffen, die, einer weltfremden Sonderlings-Stimmung entsprungen, uns in das Reich der antiken Fabelwesen verseßen, z. B. in der „Be- laushung“, die uns cin Meerweibhen auf brauner Uferklippe hin- gestreckt zeigt, mit Spannung den Flötentönen eines Pan laufend, oder in dem „Liebesfrühling“ eines jugendlichen fre im Schatten einer saftigen Waldwiese. Bei der Darstellung des Orpheus, dessen Leierspiel die Thiere bezaubert, läßt uns der Künstler im Zweifel, ob wir die fast an Oberländer gemahnenden Thiergestalten, namentli das sentimentale Krokodil, für Ernst oder Scherz nehmen sollen. Der ganze Märchenzauber eines gelbleuhtenden Goldhimmels breitet sich über dem „Es war einmal“ bezeichneten Bilde einer Prinzessin aus, die dem verhexten Froshprinzen \ih naht. Der ganze Humor des Zeichners der „Fliegenden Blätter“ endlich kommt in dem „Liebestollen Kentauren“ zur Geltung, der gleih den Gestalten der pompejanishen Wandmalereien in der Luft schwebt. Die Sünde, personificirt in einer üppigen

warzhaarigen Frauengestalt, um deren Leib sich eine bunt-

illernde Schlange ringelt , emahnt stark an Bölin, während der von den Mänaden ershlagene „Orpheus“, dessen Numpfe, im Satten dunkler Bäume ausgestreck, ein mächtiger Blutstrom entquillt, die in Böcklin's Bildern versöhnende Reife künstlerischer stanung durchaus vermissen läßt. Malerish darf vielleiht der strengklassishe Kopf der Pallas Athene mit landschaftlichem Hinter- grund als die hervorragendste Leistung dieser Sonderausstellung eili Es ist zu bedauern, daß Stu sich mehr und mehr von land- chaftlihen Vorwürfen, die seinem Talente fo gut liegen, abgewendet hat. Auch die wenigen ausgestellten Radirungen seiner Hand ent- täuschen nah Werth und Zahl. :

Bei den Sand-Abräumungsarbeiten an der großen Kreide- grube der Cementfabrik zu Hemmoor an der Unterelbe wurde ein großes Gräberfeld- gefunden, Nach der „N.-O.-Z.“ sind bis jeßt

‘dreizehn -Urnen zu Tage gefördert, von denen mehrere mit getriebener

Arbeit versehen sind. Die größte Unne is mit der Darstellung einer

Antilopenjagd geziert. Sämmtliche Urnen sind gut erbalten und

haben Ueberreste menshliher Knochen zum Inhalt. Man hofft durch

den Fund beweisen zu können, daß die Römer auch in dieser Gegend

ehaust haben. Der Fund foll von der Direction dem Provinzial- useum in Hannover überwiesen werden.

Handel und Gewerbe.

Täglihe Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

“An der Ruhr find am 6. d. M. gestellt 9214, niht reht- zeitig gestellt keine Wagen. i

In Oberschlesien sind am 5. d. M. gestellt 3703, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

j Zwangs-Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 6. April 1892 die nacverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung : Straße 30 a, dem Baugeschäft Meßling u. Comp. (Ditges) gehörig, Rohbau; für das Meistgebot von 46010 wurde der Kaufmann Emil Herrmann, Bethanien-Ufer 10, Ersteher. a tcidbia: 90, dem Glasermeister Benno Pasfsarge und dem immermeister Julius Grün, gleichberechtigt, gehörig; Mindest- gebot 950 4; Ersteher wurde der Kaufmann Gustav Hartung, Fruchtstr. 28, für das Meistgebot von 205000 A Wilhelm- straße 141, dem Maurermeister Ern Christ zu Schöneberg ge- hörig; Mindestgebot 451 719 4; für das Meistgebot von 460 000 pen die Frau Henriette Wedel, Potsdamerstraße 139, Er- eherin.

“__— In der gestrigen Generalversammlung der Actiengesell- \chaft Courl wurden sämmtliche Anträge des Verwaltungsraths genehmigt und die Dividende, die sofort zahlbar is, auf 6 9/6 fest- geseßt. Die ausscheidenden Mitglieder des Aufsichtsraths wurden einstimmig wiedergewählt. :

Ueber die in München abgehaltene Kohlenverdingung der bayerischen Staatsbahnen wird der „Köln. Ztg.“ weiter gemeldet, daß die Reederzehen 13 #( bahnfrei Gustavsburg forderten, entsprechend 8,4 # ab Zeche. Die vorjährige Durchschnittsforderung war 17 M per Tonne bahnfrei Gustavsburg. ;

Einer Amsterdamer Meldung der „Frankf. Z.“ zufolge emit- tirt die Amsterdam - Rotterdamer Bahn am 12. d. M. 12 Millionen Fr. 3 9/9 Obligationen zum Curs von 923.

Dirschau, 7. April. Der persönlich haftende Gesellschafter und Director der Dirschauer Creditgefellshaft Wilhelm Preuß is seit einigen Tagen verschwunden, die Kasse ist polizeilich geschlossen. Bisher is} festgestellt, daß der Director oder ein ihm nahestehendes Individuum in Danzig Werthpapiere im Betrage von 32 000 M versfilberte. Der Aufenthalt Beider ist unbekannt.

__ Nürnberg, 7. April. (W. T. B.) Auf die gestern von dem hiesigen Magistrat aufgelegte 4procentige Stadt-Anleihe im Betrage von 1 887 000 wurden 12 Millionen gezeichnet ; unter den Zeichnern befinden sich viele auswärtige. Der Emissionscurs ist auf 102 festgeseßt.

Leipzig, 6. April. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. La Plata. Grundmuster B. per April 3,70 #4, per Mai 3,725 4, per Juni 3,75 4, per Juli 3,80 4, per August 3,80 #, per September 3,821 4, per Oktober 3 85 M, per November 3,85 #, per Dezember 3,85 #, per Januar 3,85 #4, per Februar 3,35 M Umsay 590 000 kg.

Wien, 7. April. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Oesterreichischen Bodencreditanstalt genehmigte die Ver- theilung einer Dividende von 32} Fl. Dem ordentlichen Referve- fonds wurden 466 407 Fl., dem außerordentlichen Reservefonds 500 000 Fl. zugewiesen.

London, 6. April. (W. T. B.) Wollauction. Fest, lebhafte Betheiligung, australische Merino grease 5 9/9 über Februar- preise, Scoured zu Februarpreisen, Kreuzzuchten ungebessert, Cap \chneeweiße kaum verändert, greasy è Penny über Eröffnung.

An der Küste 4 Weizenladungen angeboten.

London, 7. April. (W. T. B.) Die Bank von England hat heute den Discont von 3 auf 22% herabgeseßt.

_Wandsdrup, 4. April. Die M ehausfubtr über die Land- zollgrenze nah Deutschland nimmt, wie „D. B. H.“ meldet, immer SeldereA Umfang an. Am Sonnabend kamen hier fünf Sonderzüge aus dem Norden an und wurden in drei Sonderzügen 166 Wagen- ladungen Rinder und neun Wagenladungen Schweine, im ganzen etwa 2400 Stück Vieh nach Hamburg weiterbefördert. Mehrere Wagenladungen kamen aus Schweden, einzelne sogar direct von Stockholm. : N -

New-York, 6. April. (W. T. B.) Die Börse war anfangs sehr fest, schwächte sich dann theilweise ab und {loß fest zu den höchsten Tagescursen. Der Umsaß der Actien betrug 406 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 3100000 Unzen geshäpt. Die Silberver käufe betrugen 71000 Unzen. Die Silberan äufe für den Staatsschatz betrugen 220 000 Unzen zu 86,20 à 86,40.

Verdingungen im Auslande. Niederlande.

90. April, Mittags 12 Uhr. s’Ryks Centraal Magazyn van Militaire Kleeding. Uitrusting enz. zu Amsterdam:

Lieferung von 60 000 halben Sohlen verschiedener Art und von 82000 Hakenstücken für Armecezwecke. i

Bedingungen und Muster zur Ein- und Ansicht an Ort und Stelle.

98, April, Vormittags 11 Uhr. Commissaris der Koningin zu Haarlem, im Dienstgebäude daselbst:

Eiserne Drehbrücke auf gemeyeltem Unterbau, an Stelle der jeßigen Holzbrücke Nr. 26 bei Spykerboor Nordholländischer Kanal, Schäßungswerth 13 500 Fl. /

Bedingungen käuflich bei Buchhändlern Gebroeders van Cleef im Haag, Spui 28 a, Anweisung an Ort und Stelle am 21. April. Nähere Auskunft bei dem Hoofdingenieur van den Waterstaat zu Haarlem.

9 Mai, Mittags 12 Uhr. Ministerie van Kolonien im Haag :

a. Lieferung des metallenen Oberbaues für 6 Brücken, b. Eiserne Untergestelle für Wagen, c. Eisenconstruction für 2 Kohlenshuppen, d. Stahlschienen. A

Alles für die Staatsbahnen in Niederländish-Indien.

Bedingungen zur Einsicht im Ministerium van Kolonien (Tech- nishes Bureau) und käuflih bei dem Buchhändler Martinus yhoff im Haag, Nobelstraat 18.

: : „Egypten.

23. April, Kriegs-Min##arium Kairo: Lieferung von Zeltschnüren und Zeltleinwand. ;

- 25. April, ebendaselbst : Lieferung von Leinwand für den Bedarf der Citadelle. | i i Spanien.

16. April, 2 Uhr. Stadtverwaltung von Ampuero: Arbeiten und Lieferung zum Ersaß einer gemauerten und cementirten Wasser- leitung dur gußeiserne Röhren. Voranschlag 13 439 Fr., vorläufige Caution 672 Fr. Ausführungsfrist 4 Monate.

2. Mai, 2 Uhr. Hafenbaucommission von Huelva: Lieferung von 4 fahrbaren Dampffkrähnen, au zum Handbetrieb geeignet, Trag- kraft je 4 t, für den Güterverladungsdamm des Hafens. Caution vorläufig 1000 E Auskunft im Bureau obiger Commission.

30. Mai. Stadtverwaltung Manila: Elektrische Beleuchtung der

Stadt. L Rumänien, 21. Mai n. St., 3 Uhr. General-Direction der Verwaltung der Ame, Bukarest: Lieferung von 450 000 Jutesäcken für ie Salinen. i

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