1892 / 101 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Apr 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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ungünstiges Resultat eingetreten ift, wie es unter anderen Verhältniffen meiner Ansicht nah gescheben sein würde. Man weiß, daß gerade bei der Drainage und diese ist im Osten und namentlich in Osft- und Westpreußen diejenige Melioration, welche von höherem Erfolg begleitet ist die Wirkung in den ersten zwei bis vier, Jahren nit zur vollen Erscheinung kommt, fondern daß in diesem Fall der Nutzen der Arbeit dieses Mannes seinen Nachfolgern zu gute kommt. Darum ift es in diefem Fall vollkommen unbedenkflich gewesen, au meinerseits den Pachterlaß in dieser Höhe zu genehmigen.

Der frühere Pächter besißt jeßt ein Rittergut, ie Auf die Details bier näher einzugehen, werden die Herren mir erlassen, unter welchen Verhältnissen . er es gekauft bat, und was mir darüber mitgetheilt worden ift. Das Gut liect im Kreise Ortelsburg. Ich habe im vorigen Fahre die Ehre gehabt, diese Gegend kennen zu lernen. Ih wünsche dem Herrn von Herzen, daß er das Ziel, welches ich verfolgt habe, daß es ihm gelingen möge, sih eine neue Existenz zu gründen, auf dieser Scholle erreichen möge.

Dann babe ih bezüglih aller Herren Domänenpächter, denen beim Ausscheiden aus der Pacht ein Erlaß zu theil geworden ift, noh Eins anzuführen. Alle diese Leute haben, obwobl sie sich klar waren, daß sie sih nit halten konnten, ibre Pachtobjecte niht vernah- lässigt, sondern sie bis zur leßten Stunde in bester Weise bewirth- schaftet. Es giebt auch eine Ebre beim Domänenpächterstande, und zwar die, das ihnen anvertraute Gut niht verwahrlofen zu laßen, sondern au in \chwierigen Zeiten über Wasser zu halten und nit zu deterioriren. Dem sind diefe Herren nachgekommen ; das erfenne ih dankbarst an, wie ih es allgemein bezeuge, daß in dem Domänen- vädterstande dieses Ehrbewußtsein und die Ueberzeugung, die Ver- tragspflihten erfüllen zu müssen, durchweg vertreten ist. Ich will bofen, daß das immer so bleibt, und wir nicht andere Erfahrungen erleben. (Æbhaftes Bravo rechts.)

Abg. Rickert (dfr.): Warum seien die Herren von der Rechten heute fo schweigsam über die „Notblage der Landwirthschaft“, während sie sonst in jedem Jahre beim Etat beweisen wollten, wie sehr die Landwirtbschaft bei uns beruntergekommen sei ? Er hoffe, daß den Herren in Zukunft der Apvetit vergehen werde, aus solchen Zahlen die Noth der Landwirthschaft deduciren zu wollen. Wenn der Minister sage, daß er es Domänenväthtern sehr boch anrehne, daß sie in der Mehrzabl der Fälle das Pachtobject nicht vernachlässigten, }o el dies Lob sehr überflüssig, denn die Pächter hätten nur ihre Pflicht und Schuldigkeit gethan. Er würde sh im Gegentheil sehr wundern, wenn sie ibre contractmaäBig übernommenen Pflichten vernacläfsigten. Die gedrückte Lage der Landwirtbschaft erkenne er aus eigener Kenntniß an, er bedauere nur die Uebertreibungen von jener Seite. In jedem einzelnen der bier in Nede ftehenden Fâlle scien cs nit die allgemeinen ungunsligen Conjuncturen, unter denen die Landwirthschaft zu leiden habe, sondern die, besonderen per- sönlihen Verhältnisse, welche die Nothlage herbeigeführt bätten. (Oho! rets.) Der erste Pächter habe ich bei einer Zuckerfabrik verspeculirt. Damit habe also die allgemeine ungünitige Lage der Landwirthschaft nichts zu thun. Würde man bei einem Kaufmann, der sich ver!peculirt habe, die gleihe Entschuldigung gelten laffen ? Würde man ihm nit vielmebr seine s{lechte Moral vorhalten, daß er über seine Mittel speculire? Der Minister _babe gesagt, es babe ihm sebr daran gelegen, daß der betreffende Pächter

mit einem Kavital von 36 000 4 habe herausgeben Têönnen, um ih

eine andere Cristenz zu schaffen. Cs scheine, als wenn das Staats-

Ministerium denn der landwirtbschaftliche Minister könne doch

nicht allein selbe Grunde aufstellen und befolgen den Gru §

aufgestellt babe, daß ein Véann aus einer Patsche, in die er sich selbit bineingebraht habe, mit einem Vermögen von 36 000 Æ herausgeben müsse. Er wisse nit, ob in der Re{nungscommission diese Praxis bekannt gewesen sei. Den Finanz-Minister frage er, ob er bei allen diesen Fällen mitgewirkt, und zwar auf der Grundlage, welche der landwirtbschaftlide Minister hier angegeben habe; sei diele Grund- lage durch das Staats-Ministerium festgestellt worden , eristirten überhaupt Grundsäße, nach welcen solche Pachtniederslagungen statt- fänden? Er würde beantragen, die ganze Vorlage an die Rechnungs- commission zurüzuverweisen, um auf Grundlage der Mittheilungen des Ministers weitere Naforshungen zu machen, wenn ex auf eine Annahme dieses Antrages rechnen könnte. Wie ftehe es überbaupt mit dem verbeißenen Gese über die Einnahmen und Ausgaben, wann werde es kommen und was babe der Finanz-Minister in Bezug auf diesen Punkt in das Gesetz hineingebraht ? Denn es könnten nit bloß Domänenpächtern, fondern au anderen Sterblichen Verpsli - tungen erlaffen werden. Wer über Staatêmittel zu verfügen babe, müñe viel peinlicher sein, als derjenige, der über sein eigenes Ver- mögen diéponire. Aus Staatêmitteln tolle man keine Geschenke machen. Die Rigorosität, mit welcher im Reiche au solche Zölle einge- trieben würden, welhe nah Ansicht der Zollpflichtigen zu Unrecht be- zahlt worden feien, stehe mit diesem Verfabren in einem eigenthüms- lihen Widerspru. Er werde im Reichstage der Regierung die heutige Rede des landwirtbschaftliben Ministers vorlesen und fragen, ob die betreffenden Kausleute au 30000 M be- kämen, damit 11e ih eine andere Existenz gründen könnten. Was einem ret, sei dem anderen billig. Habe der Herr von Oppen mit 30- bis 36 900 Æ das Rittergut gefauft ? In feinem Falle handele es sh nit um die Nothlage der Landwirthschaft, sondern der Minister gebe zu, daß der Herr zu energisch mit Meliorationen vorgegangen jei. In cinem Falle sei die Uebersdwemmung von 1888 die Ürsache des Vermögensverfalles gewesen, nit die RNothlage der Landwirtb- haft, und auch in dem vierten, im Berichte angeführten Falle handele e fich um persönlihe Verhältnifje. Viete Vorkommnisse sollten dem Hause Veranlafjung geben, in Zukunft energisch Kritik an solchen Pachterlafsen zu üben, und er behalte fich vor, je nabdem die Erflärung des Finanz-Ministers ausfalle, die weiteren Con- sequenzen zu ziehen. Jedenfalls habe fih das Haus bisher mit den Grundsägen, die der landwirthschaftliche Minister ausgesprochen habe, niht einverstanden erklärt. Gerechtigkeit solle das Fundament auch der Verwaltung sein, und es sollten feinem Berufsstande besondere Begünstigungen zugewendet werden.

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden:

Einige der Fragen, die der Herr Vorredner an den Herrn Finanz- Minifter gerichtet hat, würde er fih selber beantworten fönnen, wenn er tem, was ich gesagt habe, Rechnung trägt. Ich habe gesagt : „bei der Bemefsung der Erlaßsumme habe ih beabsichtigt, daß der näher bezeichnete Zweck erreiht werde“. *

Damit war ausgesprochen, daß das Staats - Ministerium damit nit befaßt gewesen is, daß auch der Herr Finanz- Minifter damit nichts zu thun gehabt hat. Der Herr Finanz-Minifter konnte ressortmäßig garniht damit befaßt werden. Bis zum Jahre 1879 war die Verwaltung der Domänen Sache des Finanz-Minifteriums und wurde von ibm allein geleitet. Seitdem die Angelegenheit auf das landwirtbschaftlihe Ministerium über- gegangen ift, iff die Frage der Regelung des Nerhältnifses zwischen Pächter und Verpächter Sache des landwirtbschaftlicben Ministeriums. SFch habe ferner nur einen Berwaltungsgrundsaß aufgestellt, und zwar habe ih den dahin formulirt: „daß, solange wir eine Domänen- verwaltung haben, ‘die Domänenverwaltung ih für berechtigt gehalten und demgemäß gehandelt hat würdigen Domänenpächtern, wenn

rückstände zu erlassen, soweit dies na Lage der Verhältnisse in der Billigkeit lag, um ihnen die Möglichkeit zu gewähren, eine neue bescheidene Existenz ih gründen zu können. Ich babe ferner gesagt, daß dieses Verhältniß auënahmslos, seitdem das landwirthschaftliche Ministerium die Domänenverwaltung führte, zur Kenntniß dieses Hauses gebracht und vom Hause nicht beanstandet i SO babe also glauben fönnen und glauben müssen, daß es in der Absicht auch dieses Hauses liege, daß den Domänenpäctern gegenüber in dieser wohlwollenden Weise verfahren werde, und habe dann meinerseits binzugefügt: ein Pachterlaß hat bloß Sinn, wenn er auch wirkli den beabsichtigten Zweck herbeiführen kann; denn ein ganz ge- ringer Erlaß, mit dem der Mann doch nichts anfangen kann, fann nicht dazu führen, ihm die Möglichkeit zu schaffen, sich eine neue Existenz zu begründen.

Wenn nun der Herr Vorredner Parallelen gezogen hat zwischen den Landwirthen und anderen Berufsständen, so möchte ich ihm zunächst sagen: es handelt sh niht um Landwirthe, fondern um Domänenpächter, es handelt sich um Leute, die mit dem Staate in einem Vertragsverhältnisse stehen. Das ist der große Unterschied gegenüber allen anderen Parallelen, die er gezogen hat. (Sehr richtig!) Wenn Sie eine Parallele ziehen wollen, dann fönnen Sie bloß eine Parallele ziehen mit einem in Konkurs gerathenen Menschen gegen- über seinen Gläubigern, zu denen au der Staat gehört. Es ist eine bekannte Thatsache, daß in einem sehr weitgehenden Maße einem in Konkurs gerathenen Mann gerade im Handelsstande durch den Accord die Möglichkeit geboten wird, sich eine neue Eristenz zu schaffen. Das ist die richtige Parallele, aber nicht die, daß der Staat für jeden in Vermögensverfall gerathenen Menschen einzutreten habe. (Bravo! rets.)

Wenn der Herr Vorredner geglaubt hat, die anertennenden Worte, welhe ih über die Domänenpälter gesprochen habe, daß sie au dann, wenn sie den Abgrund vor sich ofen seben, ihre Pflicht erfüllen und na bestem Wissen das Domänenobject im Stand balten und nicht vers{hlechtern, wenn der Herr Abgeordnete geglaubt hat, das als ibre verfluGte Pfliht und Schuldigkeit bezeicbnen zu müssen, so überlasse ih es dem Urtheil des Hauses, ob diese Bezeichnung für die von mir be- zeichnete Thätigkeit die rihtige war. Vergegenwärtigen Sie sich, meine Herren, was das beißt, wenn der Mann seinen Ruin vor Augen hat und dann doch noch bis zum leßten Moment das Pacht- object im Stand bält und nit vers{lechtern läßt. Das ift ganz etwas Anderes, wie die Erfüllung der allgemeinen Vertragspflicht der Domänenpäcter.

Fch glaube, meine Herren, meinerseits auf die Frage bezügli des Staatshaushbaltzgesetzes in diesem Moment nicht weiter eingehen zu sollen: nur das will ih hervorheben, daß die Staatéregierung ihr Ret, derartig zu verfahren, wie sie in diesem Falle verfahren ift, nidt in Zweifel zieben laffen fann.

Menn der Abg. Rickert sagt: wo hat je die Commission etwas derartiges anerkannt, daß so verfabren werden soll, wie in diefem Falle, dann verweise ich ihn auf den Bericht der Rechnungscommission für das Jahr 1883/84, in den Drucksachen des Abgeordnetenhauses Nr. 201 von 1885 Seite 11:

Die Commission konnte die erfolgte Berücksichtigung des dur die, wie anerkannt, überaus bobe Einshäßung der Domänen zur Grundsteuer über den Werth des Pachtobjects getäuschten Pächters nur billigen.

In dem Bericht 1885/86 ebenfo 1886/87 ist gesagt:

Die Commission hat in allen Fällen die Mindereinnahmen für hinreichend aufgeklärt erachtet.

Ferner 1889, Seite 4:

Nachdem festgestellt war, daß derartige Nieders{lagungen von Pachtrückständen nur von Fall zu Fall durch Allerhöchste Ordre bei unvers{uldetem Vermögensverfall der Pächter erfolgen, wurde die Mindereinnabme für hinreichend aufgeklärt erachtet.

Und so gebt es weiter. Dies ift nit etwa bloß im Schoße der Commissionen geblieben, sondern alljährlih zur Kenntniß des hohen Hauses gebracht. Also ih glaube, daß au in dieser Beziehung die Regierung wie i für meine Person es nicht bezweifelt habe ni&t bat annehmen fönnen, daß ihr Recht zum Erlaß von Pachtgeld- rüdftänden in Zweifel gezogen worden ift. (Bravo! rechts.)

Abg. Papendieck (dfr.): Er habe in seinem Geschäft ebenso verfabren müßen, wie die in Rede stehenden Domänenpäcbter, habe aber dabci genau berehnet, ob die Vergrößerung seines Betriebes si so rentiren werde, daß er seinen Verpflichtungen werde nachkommen können und womöglich noch Vortheil daraus ziehen. Was würde aber gewesen sein, wenn dies nicht der Fall gewe]en lein würde ? Hätte der Staat ihm au Hilfe gebraht ? Er sei doch ebenso gut wie ein Domänenpäthter! Eine Privatperson dürfe dem Pächter einen Theil der Pacht erlafsen, der Staat dürfe dies aber E Da möchten freiliÞh Alle Domänenpächter werden, wenn vet den Domänenpächtern der Staat Sorge trage, daß fie, au wenn fie mit der Pacht nicht zurecht kämen, eine Erifstenz bebielten! Der Minister meine, er mache beim Erlaß von Pactrücständen keinen Unterschied bezügli der politischen Becthatatig: aber im Regierungébezirk Gumbinnen sei zu dem Sobne cines verstorbenen Domänenpädters, von dem man angenommen babe, er werde auch Domänenpächter werden wollen, ein Regierungs- beamter gekommen und habe ihm den guten Rath gegeben, wenn er Domänenpächter werden wolle, den Verkehr in einem Hause zu unter- lañen, dessen Besißer ein Überaler sei. Der junge Mann habe ihm natürli geantwortet, was ibn das angebe? Nun, sei ihm erwidert worden, das könne einmal ein Hinderniß werden. Der betreffende Herr sei aber mit der Schwester jenes Besigers verlobt gewesen : in Gumbinnen {ienen eben besondere Anschauungen zu herrschen, denn anderswo pflege man im Hause seiner Verlobten zu verkebren. Er meine, - man solle im Regierungébezirk nur an freisinnige Leute ver- pachten, dann werde man dert feine Pachtrükstände baben.

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden:

Meine Herren! Ih habe nit gesagt, da ih glaubte, mih mit dem Herrn Vorredner darüber in Uebereinstimmung zu befinden, daß das Nerbalten, welches ih eingeshlagen habe, den Wünschen des ich bin aber überzeugt, daß es dem Willen der Den anderen Fall, den

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¡roßen Majorität dieses Hauses entspricht. eben noch angeführt hat, daß also ein Regierungébeamter zu dem Sobn einer Domänenpäthterin gefommen sei? und ihn wegen seines

er Umaangss in liberalen Häusern verwarnt habe der Herr Vorredner

hat nicht gesagt, daß er dies direct gebhêrt habe ift zur Zeit jeden- falls sebr wenig beglaubigt. Wenn Sie glauben, daß es nothwendig ist, daß ih mich mit der Angelegenheit befasse, so theilen Sie mir Ihre Kenntniß mit, ih werde dann meine Entschließungen treffen.

Finanz-Minister Dr. Miquel: i

Die befondere Frage, die der Herr Abg. Rickert an die Finanz- verwaltung richtete, ob sie Kenntniß von dem vorliegenden Falle gehabt habe, und ob sie die Grundsäge, die dabei zur Geltung gebracht sind, billige, ist bereits von meinem Herrn Collegen beantwortet. Der Erlaß von Domänenrüständen ist lediglih Sache der Domänen- verwaltung, der Finanz-Minister ist dabei weder thatsächlih noch verfassungäsmäßig betheiligt (hört! Hört! links), und es wird auh im wesentlihen so bleiben müssen und nicht anders werden fönnen, wenn wir ein Staatshaushaltsgeseß vorlegen.

Meine Herren, wer eine große Verwaltung einmal geführt bat, der weiß, daß es völlig unmöglich ist, in allen Fällen nach den bloßen formalistishen Regeln des strengen Rechts zu handeln, daß man da Billigkeit unbedingt in vielen Fällen berücsichtigen und gelten lassen muß. (Sehr richtig! rechts.)

Das ift niht bloß in der Domänenverwaltung, sondern in der gesammten Staatsverwaltung, in allen Ressorts, niht bloß in der gesammten Staatsverwaltung, sondern in der Gemeindeverwaltung und in Privatverwaltungen genau so nöthig. Wir würden bald voll- ständig in Unmöglichkeiten gerathen, wenn wir in der Verwaltung diese Befugniß nicht hätten. Wenn wir an die Berathung, wie au ich hoffe, des Staatshaushaltsgeseßes so möchte ich es nennen in der nächsten Session kommen, so werden Sie finden, meine Herren, daß das, was man so in der Negel als einen Act Königlicher Gnade bezeichnet, Fälle, die man nicht anders glaubt sich erklären zu können, als indem man juristische, staatsre{tlihe Principien in Beziehung auf das Begnadigungsrecht auf dem Civilgebiet construirt, in den meisten Fällen einfa zu er- flären ift als Ausfluß der libera administratio der Erecutive. Daß die dafür verantwortlih sein, daß der LUndtag in Betreff der richtigen Handhabung berechtigt sein kann, Kritik gegen den einzelnen Minister zu üben, das ist do eine ganz andere Frage, aber eine Verwaltung obne diese Befugniß ist geradezu unmögli. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, in der Bauverwaltung wie viele Fälle dieser Art kommen dort vor wo es zu den extremsten Härten fübren würde, wenn man z. B. Conbentionalstrafen, wo vielleiht ein oder zwei Tage zu spät geliefert wird und deshalb éine große Summe verfallen wäre, stets rüdcksichtslos nah dem formalen Recht einziehen wollte. Wenn dies nun {on in anderen Verwaltungen \o oft vor- kommt, so ist das besonders natürlich in der Domänenverwaltung, weil bier solche Verträge auf lange Zeit laufen, in der die gesammten Verhältnisse sich verändern können; und gerade in der gegenwärtigen Zeit, wo doch anerkannt werden muß, daß in den leßten Jahren die Landwirthschaft in ihren Erträgen vielfach nicht weiter gekommen ist, sondern rückwärts gegangen ist, wo aber die früher abgeschlossenen Verträge auf ganz anderen wirthschaftlichen Grundlagen und Preisverhältnissen basiren, „ist es ganz natürlich, daß man obne irgend einen Erlaß von Domänenrückständen nicht aus- kommen ftann.

Meine Herren, wird nun gefragt, wie es denn nun eigentlih mit dem Staatshaushaltsgeseß stehe, und ob vielleicht noch in diefer Session ein solhes Geseß vorgelegt werden würde, so habe i bei verschiedenen Gelegenheiten den dringenden Wunsch der Finanzverwaltung betont, ein solhes Geseß mit dem Landtag zu verabschieden. Wir würden darin ein Mittel, \taatsrechtliße und etatérechtlihe Streitfragen zwischen der Staatsregierung und dem Landtag zu beseitigen, erblicken, weles nit boch genug anges{lagen werden fann. Wir würden darin auch eine in vielen Beziehungen sehr nothwendige und wünschenswerthe Klarstellung der Befugnisse der Finanzverwaltung gegenüber den einzelnen Ressorts sehen. Daß also vom Standpunkte der Finanzverwaltung ein solches Geseß im höchsten Grade wünschens- werth ift, darüber fann gar kein Zweifel sein. Andererseits darf aber doc au nicht verkannt werden, daß feste Verwaltungsgrundsäße über Etatisirung, Verre{nung und Justificirung einzuführen und zu formuliren, in Gesezesparagraphben zu bringen, von der größten Schwierigkeit ist. Die Verhandlungen über das Geseß haben feinen Augenblick geruht; der Finanz-Minister ift mit sämmtlichen Ressorts in fortwährender Rerhandlung: es entstehen da aber wirklich die größten sachlichen Schwierigkeiten, obne daß von irgend einer Seite in dieser Beziehung den Versuchen, das Gese zu stande zu bringen, ein böser Wille oder eine Abneigung entgegengesezt würde. Es wird daher keines- wegs möglich sein, selbst wenn die Lage des Landtags so beschaffen wäre, daß dieses Geseß noch zu stande gebraht werden könnte, dem gegenwärtigen Landtag ein solhes Geseß vorzulegen; ich hoffe aber, daß es im nächsten Landtag möglich sein wird: wenigstens werde ih an meinem Ort es nit an den dahin gehenden Bemühungen fehlen lassen.

Meine Herren, der Herr Abg. Kieshke hat nun auf verschiedene Fälle hingewiesen, wo die Baucredite sehr lange gelaufen haben, und hat gefragt, ob es nicht möglich wäre, diese Baucredite früher zum Abschluß zu bringen. Er hat au daran die Befürchtung gefnüpft, daß, wenn die Baucredite zu lange laufen, obne daß dies berechtigt ift, die Neigung vorhanden sein werde, etwaige Ersparungen aus diesen Baucrediten zu weiteren Verbesserungen des Baues, Aus- s{hmüdungen desselben zu benußen, die niht gerade ausdrücklich in dem ursprünglichen Kostenanshlag und Plan enthalten waren. Ih fann dem Abg. Kieschke darauf nur erwidern, daß die Finanzverwal- tung genau denselben Standpunkt einnimmt, den er hier bezeichnet hat. Wir wünschen au und streben immer dahin, die Baucredite mögli bald abzuschließen. Daß das aber in vielen Fällen nicht möglich ist, daß das Offenlassen des Credits in vielen Fällen nothwendig und durchaus zweckmäßig ist, wird der Abg. Kieshke mir auch nicht bestreiten. Aber grundsäglich stehe ih in dieser Beziehung auf dem gleichen Standpunkt, den er bezeichnet hat. Einen Baucredit so {nell wie möglih zum Abschluß zu bringen, ist offenbar ein Interesse der allgemeinen Finanzverwaltung, und es wird daraufhin stets von der Finanzverwaltung gewirkt. Die Berechtigung, wesentliche Aenderungen an dem ursprünglichen Plan vorzunehmen. und dadurch die Baukosten zu erhöhen, gesteht die Finanzverwaltung den einzelnen Ressorts auch ihrerseits nit zV- Man wird immer darauf thunlichst halten müssen kleine Modit- ficationen sind ja in vielen Fällen überhaupt nit zu vermeiden —e daß cardinale Aenderungen an demjenigen Plan, welher dem Landtag bei der Creditbewillung vorgelegen hat, nicht vorgenommen werden, und na dieser Richtung hin is} auch die Finanzverwaltung immer bemüht.

sie in Vermögensverfall gerathen, bei Beendigung der Pacht Paht-

Aber so nüt mir die Sache nichts.

Abg. Dr. Virchow (dfr.): Im Jahre 1862 habe man bei

Berathung des Gesetzes über die Vernaltun ber- - kammer im § 17 die Bestimmungen über die d P bier g s [RARDE Gnadenerlafse u. f. w. vorläufig ofen lassen wollen, en e sih aber hier im Hause s{ließlich darüber geeinigt, daß die Verantwortung e 15 nicht bloß der betreffende Refsort-Chef, ondern mit ihm auch der Finanz-Minister tragen solle. Die Rechnungs- commission hâtte ja in die Verhältnisse der in Rede stehenden Pächter tiefer eindringen fönnen, aber fie vermeide es stets, darin weiter zu gehen, als irgend nöthig sei. Wo unvershuldete Noth vor- banden sei, meine ja auch die Rechnungscommission, daß ein Gnadenerlaß eintreten könne, aber die Regierung müsse hierbei die größte Mäßigung und Sparsamkeit walten lassen. Ninister für Landwirthschaft 2c. von Heyden: Soweit ih den Herrn Vorredner habe verstehen können, bat er geglaubt, bier den Nath wiederholen zu müssen, den mir Herr Nickert ertheilt hat, daß man vervflihtet sei, Staatsgelder niht leihtsinnig aus einer gewissen Wohlthätigkeitéanwandlung zu vertheilen. Habe ich etwas Falshes verstanden in diefer Beziehung, so bitte ih, mich zu berichtigen. Meine Herren, ih fann dem Herrn Vorredner nur sagen: ich bin mir dieser Verpflichtung vollkommen bewußt. Jch gehe sogar weiter: ih bin zweifelhaft, ob es richtig gewesen ist, in so weitem Umfange Domänenpachten über- haupt zu stunden, wie es geschehen ist. Es ist aber einmal geschehen und mit dieser Thatsache muß ih rechnen. Jch verkenne jedoch nit, daß, wenn den s\chwierigen Verhältnissen der einzelnen Domänenpächter durch Pachtstundung in zu weitem Maße Rechnung 4 getragen wird, dies einen ungünstigen Einfluß auf die zukünftige Bildung der Pachtgebote baben kann. Ich gehe von der Ansicht aus, daß die Pachtgebote auf Domänen auch heute noch den thatsählihen Verhältnissen nicht immer entsprechen, daß sie vielfa zu bo abgegeben werden. (Zurufe links.)

Ich muß zugeben: wenn eine zu weit gehende Berücksichtigung derartiger Verhältnisse stattfindet, so kann hierin eine Verleitung zu zu hohen Pachtgeboten liegen. - Ich erlaubte mir vorhin chon anzuführen : die Verhältnisse haben ih dahin entwidelt, daß die Rückstände angeschwollen find von 460 000 é auf 1 600000 # Das sind thatsählihe Verhältnisse, mit denen man rechnen muß. Ich kann Ihnen also nicht versprechen, daß derartige Fâlle, wie sie heute bier zur Sprache gekommen sind, nicht auch in Zukunft wieder vorkommen werden. Ih werde auc in Zukunft genöthigt fein, Anträge auf Erlaß von Pachtrück- ständen zuständigen Orts zu stellen. Ich theile ja die Ansicht des Herrn Vorredners, daß es nicht erwünscht ist, wenn derartige An- gelegenheiten, wie sie uns heute beschäftigen, hier im Landtag ver- handelt werden ; aber ich möchte das abwehren, daß die Nothwendigkeit der beutigen Verhandlungen meinerseits anerkannt wird, oder durh Maßnahmen der Domänenverwaltung veranlaßt ist.

Referent Abg. Dr. Sattler (nl.):#Die Frage wegen der langen Baucredite sei in der Commission au erörtert worden, und man sei zu demselben Resultat gekommen, wie heute der Finanz-Minister. Bezüglich der Erlasse von Pachtrückständen handele es sich nicht um ein Princip der landwirthshaftlihen Verwaltung, sondern es werde genau von Fall zu Fall geprüft. Die Commission habe aber bei dieser Gelegenheit wieder die dringende Forderung auf baldigen Erlaß eines Comptabilitätsgeseßes gestellt, und nur mit Rücksicht auf dessen baldige Emanirung habe fie geglaubt, von einer weiteren Behandlung der Sache absehen zu follen.

Abg. von Kardorff (freicons.): Auch seine Partei theile den Wunsch auf baldigen Erlaß eines Comptabilitätsgefeßes, verkenne aber die Schwierigkeiten der Fertigstellung eines folchen nicht, die sie indeß bald überwunden zu sehen hoffe. Aber auch beim Bestehen eines folchen Geseßes würde der vorliegende Fall nicht anders erledigt werden können, denn von diefen Dingen bekomme ja der Finanz-Minister keine Kenntniß. Pachtrükstandserlasse und dergl. kämen übrigens son immer vor, er wisse es aus den fünfziger Jahren, wo er Regierungs- Referendar ewesen sei. Damals hätten übrigens auch_freisinnige Domänenpälhter oft um Pachtrükstandserlaß gebeten. Ohne foldie Erlasse gehe es eben nicht, und man müsse dem Minister das Vertrauen schenken, daß er dabei nah Recht und Gerechtigkeit entscheide, und er glaube, das Haus meine mit ihm, der Minister solle auch in Zukunft bei der früheren Praxis bleiben. Wenn folche Erlasse niht mehr vorkämen, so würden die Pachthöhen sinken, weil man eben nicht das Vertrauen habe, daß im Fall der Noth die Regierung Nachsicht übe, und wenn der Erlaß, niht bedeutend sei, habe er überhaupt keinen Zwed. Hoffentlich würden auch für die Landwirthschaft einmal bessere Zeiten kommen, fodaß folhe Dinge

überhaupt niht mehr nöthig sein würden.

Abg. Bachem (Centr:): Er glaube nicht, daß in den vorliegen- den Specialfällen der Minister zu weit gegangen sei. Das Recht zum Erlaß Von O Ren bestehe A die Regierung, wenn au nicht geschrieben, so doch historisch. edenklih fet ihm nur der Quit, daß der Minister einen Pachterlaß zu dem Zweck gewähre, um T R dem Pachtverhältniß scheidenden Pächter eine sichere Existenz in zu nft zu lassen, das rue an Wohlthätigkeit, und die dürften wohl Private üben, aber in folhen Fällen nicht der Staat. Ein Erlaß der Rückstände dürfe eintreten, wenn bei Uebernahme die Domäne für ertragéreicher gehalten worden tach als sie fih später er- weise, oder bei Ueberschwemmungsnoth, Milzbrand und ähnlichen schädlichen Ereignissen. Daß aber von allen solhen Erlassen nicht bloß der Reffort-Chef, sondern auc der Finanz-Minister Kenntniß haben solle, halte auch er für nothwendig; sie kämen nit nur in der land- wirthschaftlichen, sondern auch in der Bau- und Eisenbahnverwaltung vor und könnten fich zu für den Etat niht unbeträchtlihen Summen anhäufen. Der Finanz-Minister müsse um so mehr davon Kenntniß nehmen, als bei dem Pt des Comptabilitätsgeseßes, und da dasselbe auch nit in Bälde zu erwarten sei, der Finanz - Minister wenigstens die Controle über diese Dinge haben müsse.

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden:

Ich muß einer Ausführung des Herrn Vorredners widersprecken. Er hat es so hingestellt, als ob ich proclamirt hätte, es sei Ver- waltungsgrundsaß der Domänenverwaltung, daß jeder Domänen- pâchter, wenn er aus der Pacht ausscheidet, mindestens mit einem gewissen Vermögen ausscheiden müsse. Kein Wort davon habe ih gesagt ; sondern ih habe gesagt: es ist allgemeiner Grundsatz bei der Domänenverwaltung gewesen, daß sie an sich würdigen Domänenpächtern , die unvershuldet in Unglück gerathen sind, Pahterlaß gewährt. Dann habe ih hinzugefügt : ih für meine Person habe in dem concreten Falle geglaubt, wenn der Pachterlaß für die Leute überhaupt einen Nutzen haben soll, muß er so und so S sein. Ich habe das offen gesagt, wie ich überhaupt von dieser Le aus in diesem hohen Hause von Anfang an bereits erklärt habe : ih bin bereit, vollständig ofene Karten zu spielen und die inneren Vorgänge, die mih in folhen Fällen bewegt haben, vor- zuführen. Meines Erachtens hat ein derartiger Erlaß keinen Sinn, wenn er nicht eine gewisse Höhe hat, sodaß auch der beabsichtigte Zweck apt wird. Im übrigen aber ist das ja vollständig selbstverständs na daß nicht etwa ganz allgemein ‘ein derartiger Erlaß bewilligt N Sie wissen ja aus den Verhandlungen „des Hauses, daß in

zelnen Jahren garnichts, in anderen Jahren zwei, drei oder vier

Liegt eine \pecielle Veranlassung zu einem Erlaß vor? Jst das aner- fannt, dann muß natürlich au die Würdigung der Höhe des Erlasses im Einzelfall eintreten. Angenehme Beschäftigungen sind diese Er- E nicht. Aber ih glaube mi denselben nit entziehen zu ürfen. :

__ Abg. Bachem (Centr.): Er habe durhaus nit gesagt, daß es sich um ein Princip des Ministers handele, aber a S al habe A ctimpit sters h , aber auch den einzelnen Abg. Nichter (dfr.): Der Abg. Bachem habe einige Grundsä ausgesprochen, die feines (des Redners) Erachtens nah Tei u otige sprochen bleiben dürften. Er meine, es liege im Sinne einer liberalen Behandlung der Domänenpächter, daß diesen ein Nachlaß der Pacht gewährt werde, wenn der Reinertrag die Höhe der Pachtsumtne nicht erreiche. Die Domänenpachten würden abges{loffen auf achtzehn Jahre die Conjuncturen ließen fich im voraus für die ganze Zeit garnicht sicher berehnen. Unter allen Umständen werde deshalb ein Risico bei der Pacht übernommen und dies finde auch in der Pacht- summe seinen Ausdruck. Habe denn schon jemals jemand davon gehört, daß, wenn die Conjuncturen günstiger aus- fielen, der Zu ter seiner Pachtsumme etwas zugelegt habe? Eine große Zahl später felbständiger Grundbesißer fei rei) geworden aus den Domänenpachten, namentlich în der Provinz Sachsen. Bei der Neuverpachtung werde oft die dreifahe Pacht- summe von der bezahlt, die der bisherige Pächter gegeben habe. Ebenso wenig wie man verlange, daß der Pächter in günstigen Jahren etwas zu seiner Pachtsumme zulege , ebenso wenig könne man umgekehrt aus ungünstigen Conjuncturen einen Pachterlaß her- leiten. Der Minister habe gesagt, die Domänenpachten, wie sie gegen- wärtig bezahlt würden, seien viel zu hoch. Dieser Ausspruch sei sehr bedentlich und könne fehr eigenthümlihe Folgen nah sih ziehen. Wenn die Herren erst hörten, daß sie nah Ansicht des Ministers zubiel zahlten, so werde das nicht gerade dazu beitragen, fie in ihrem Eifer, ihre Pacht pünktlich zu bezahlen, zu stärken, sondern im Gegentheil müßten folhe Erklärungen sie provociren , nah- lässig zu werden und mit Auliegen zu ommen, ihre Pachtsumme zu ermäßigen. Worauf gründe sich über- aupt diese „allgemeine Behauptung, daß die Pachtsummen zu hoch seien? Die Pachtverträge seien nicht alle in einem Jahre abgeschlossen, in jedem Jahre wirke die Abshäßung der allgemeinen Crtragsver- hältnisse auf die Normirung der Pacht in verschiedener Weise. Es könne wohl fein, daß Pachten zu hoch feien, die in den Gründerjahren abgeschloffen seien, sie könnten aber auch zu niedrig fein, wenn sie aus Jahren stammten, wo man Ra Ger über die Landwirthschaft ge- dacht habe. Es sei eine eigenthümliche Erfahrung, daß der Finanz- Minister all diesen Dingen vollständig fern stehe. Früher sei er zugleih der Ressort - Minister der Domänenverwaltung gewesen und habe als folher eine Controle auszuüben gehabt, wenn es sih um Nachlässe von Pachtverpflihtungen gehandelt habe. Wenn der Finanz-Minister in folhen Fällen nicht gefragt zu werden brauche, so sei das sehr bedenklich, weil in Bezug auf folhe Nachlässe gewisse einheitlihe Grundsäße obwalten müßten, für alle Ressorts, und diese niemand anders wahren fönne als der Finanz-Minister in seinem Verhältniß zu allen Ressorts, und weil die ganze Finanzverwaltung dadurch berührt werde. Um diese Controle wieder herbeizuführen, brauche man nicht auf ein Comptabilitätsgeseß zu warten, dem er übrigens sehr \feptisch gegenüberstehe , denn man warte {hon zwanzig Jahre darauf und von den jeßigen Mitgliedern des Hauses werde wohl faum noch jemand den Erlaß desselben erleben. Er fei der Meinung, wo man Mißstände treffe, müsse man sie gleich zur Erörte- rung bringen. Der Eindruck, welchen die Debatte mache, werde nicht dahin gehen, daß die_ Sache so ganz in der Ordnung sei. Künftig sollten daher folhe Fälle zur Gegenzeihnung dem Finanz-Minister vorgelegt werden.

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden:

Die Ausführungen des Herrn Vorredners nöthigen mich in einer Beziehung zur Erwiderung. Er hat gesagt und gemißbilligt, daß ih ausgesprochen hätte, die Domänenpachtungen feien im allgemeinen viel zu hoh. Ih bin mir nicht bewußt, diese Aeußerung gemacht zu haben. (Sehr richtig! rechts.) Ich habe versucht, das Stenogramm zu bekommen, um dasfelbe einzusehen. Jedenfalls konnte mir ein der- artiger allgemeiner Ausfpruch über die Höhe der Domänenpachtungen niht in den Sinn kommen, weil Gott sei Dank mit jeder neuen Verpachtung eine gewisse Sanirung der Verhältnisse eintritt. Jch habe nah meiner Erinnerung ausgesprochen, daß nah meiner Ueber- zeugung bei der jedesmaligen Neuverpachtung in einzelnen Fällen oder häufig noch heute zu hohe Gebote abgegeben werden, und diese Ansicht halte ich vollständig aufrecht. Ih f\eche nicht ein, warum ih die E nicht sagen foll, wenn ich davon überzeugt bin. (Bravo! rets.

Abg. von Shalscha (Centr.): Wenn man gute Erfolge haben wolle bei der Verpachtung der Domänen und Ute bobe e E er- zielen wolle, so könne das nur dadurch erreiht werden, daß die Leute das Vertrauen zur Domänenverwaltung hätten: wenn einmal ein s{chlechtes Jahr komme, so bätten sie es niht mit Halsabschneidern zu thun, fondern mit anständigen Leuten. Dann fönnten sie das Risico bei der Pacht eingehen, um mit dem, was sie in guten Jahren mehr erzielten, das Fehlende in s{lechten Jahren zu erseßen. Eine gewisse Liberalität in den Forderungen fei noch kein fGlectes Geschäft. Wenn die Domänen so viel abgeworfen hätten, wie bisher, so liege das, wie er glaube, nicht am we- nigsten daran, daß die E meinten: der Landwirth- schafts - Minister werde ihnen nicht gleich das Messer an die Kehle seßen. Wenn gesagt worden sei, es dürfe nur eine ge- wisse Summe nachgelafsen werden, so müsse er das bestreiten. Wenn ein Mann von seinem Pachtgut ruinirt weggebe, fo sei es ganz egal, ob er mit Minus oder mit Null fortgehe. Wenn er große Melio- rationen auf feinem Gut vorgenommen habe und nachher die Con- juncturen s{lecht seien, so sei es nicht seine Schuld, wenn er die Pacht nicht bezahlen könne.

Damit schließt die Debatte.

Der Antrag der Commission wird angenommen.

Der Bericht der Staats\schuldencommission für

das Jahr 1890/91 wird ohne Debätte der Rechnungscom- mission überwiesen.

Fi Es folgt die zweite e des Antrags Neu- irh und Drawe auf Annahme eines Gesezentwurfs, ZE Le Bestimmung über die Regulirung A A errlihen und bäuerlichen Verhältnisse ehufs der Eigenthumsverleihung in Neuvor- pommern und Rügen. __ Graf Behr (freicon*.): Als Einwohner von Neuvorpommern S er sih dahin aussprechen, diesem Geseße die Zustimmung zu ge en, da es durchaus der Billigkeit entspreche und die BESRN E in euvorpommern einer Regelung dringend bedürftig seien. Er glaube aber, einige Bestimmungen des Gesetzes gingen zu weit, indem gle wohlerworbene Rechte Dritter ohne weiteres beseitigen wollten. h machungen, die nah dem 1. Januar d. J. stattgefunden hätten, follten ohne Wirkung sein; das könne doch E in der Absicht des Gefeßes liegen. Es folle doh nur zwischen Besißern und Bauern ein erträgliches ees bergestellt werden. Er glaube daher, daß das Haus alle Veranlassung g diesen Punkt noh einer näheren eingehenden Sew zu unterstellen, und beantrage daher, das Geseß an eine Commission zu verweisen. Das Herrenhaus werde dieses Gese doch niht eher verabshieden, bis ihm das definitive Gese zugeshoben worden sei. Es werde also_ in keiner Weise da- dur verzögert. Er bitte im Interesse des Zustandekommens des

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Jâlle vorkommen, In jedem einzelnen Falle wird genau geprüft:

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden: i :

Bei der ersten Berathung dieses Nothgesezes und des Geseß- entwurfs Nr. 119 babe ich meine persönlihe Ansicht dahin aus- gesprochen, daß es mir erwünsht sei, diese Materie gefeßlih geregelt zu sehen, sofern das Geseg auch nur einem Bauern in Neuvorvommern zu gute komme. Jch konnte mich aber damals namens der Königlichen Staatsregierung noch nicht er- erklären. Inzwischen hat die Beschlußfassung des Staats-Ministeriums Minden. Die Staatsregierung i} bereit, sch an der weiteren Age tung der vorliegenden Anträge zu betheiligen, und wünscht diese Fuge legenheit noch in der diesjährigen Tagung des Landtags zum Abschied zu bringen. Bei dieser Lage der Sache hat der Nothgesezentwurf, der beute auf der Tagesordnung steht, eine geringere Bedeutung, als ihm anfangs beigelegt wurde. Im übrigen glaube ih, daß dem Bedenken, welches der Herr Vorredner gegen die Fassung des einzigen Paragraphen des Rothgesetzes soeben ausgesprochen hat, die Berechtigung niht versagt werden. kann, uad möchte aud ih glauben, daß es zweckmäßig sein wird, au diesen Geseßentwurf noch an die Justizcommission zu verweisen. Versäumt wird absolut nichts. Wie Ihnen bekannt, tagt die Justizcommission in dieser Angelegenheit a E Abend, sodaß nah einer oder höchstens zwei Sigungen die Angelegenheit bereits dem Hause zur weiteren Berathung vor- gelegt Kwerden kann und damit die Möglichkeit gegeben ist, den “E 7 E Frist zum Abschluß zu bringen.

Abg. uktirch (dfr.): Er fei { Friedi ü ie entgegenkommenden E aragen, He erte U M amens dée Staatsregierung abgegeben habe, und die wesentlich anders gelautet hâtten, als seine früheren Worte. Er hoffe daß das Gesetz E in dieser Tagung zum Abschluß kommen ee.

Ninister für Landwirthschaft 2c. von Heyden:

y Ich muß perfönlih dem Herrn Vorredner gegenüber aussprechen daß (ih heute feine andere Stellung eingenommen habe als bei der erstenzBerathung; ih konnte mich bei der ersten Berathung niht anders erflären, wie geschehen, weil noch feine Möglichkeit gegeben war, eine Beschlußfassung des Staats-Ministeriums herbeizuführen. Meine persönlichen Anschauungen habe ich damals bestimmt aus- gesprochen, und was ich wünschte, glaube ih, habe ich deutlich genug dadurch documentirt, daß, sobald diese Frage an mi herangetreten ist, ich fofort Veranlassung genommen habe, die nothwendige erneute Beschlußfassung des Provinzial-Landtags von Pommern herbeizu- führen.

Abg. Knebel (nl.): Es bestehe kein Zweif ß di - Flärungen des Mincstezs Ét D e Ae, n i e vorigen Berathung des Gegenstandes. Es sei mit Freuden zu be- grüßen, daß der Minister heute sage, daß er selbs Werth darauf lege das Geseß noch in diefer Tagung zu Stande zu bringen. Die Bedenken, welhe noch beständen, werde auch die Justizcommission nicht ganz beseitigen können. An den Bauern sei thatsächlich Unrecht geübt worden. Es hätten diejenigen, welhe in der Zwischenzeit seit dem 1. Januar Verträge eingegangen seien, einsehen müssen, daß die Sache geseßlih geregelt werden werde. Er erkenne fein dringendes Bedürfniß an, daß das Gesetz an die Justizcommission verwiesen werde, wolle aber dem Antrage nicht widersprechen.

Der Antrag wird darauf der Justizcommission überwiesen. Es folgt die Berathung von Petitionen. Die Petition des Rittergutsbesißers Hörig aus Körniß bei Trachenberg wegen Regulirung der Bartsch soll nah dem Antrag der Commission der Regierung zur Berücksichtigung in dem Sinne überwiesen werden, daß die Polizeiverordnung von 1861 im Verwaltungswege revidirt wird, demnächst die Verpflichteten zur Jnstandsezung der betreffenden Flußläufe angehalten, außerdem aber Mittel aus Staatsfonds für diesen Zweck zur Beihilfe gegeben werden.

__ Abg. Wuesten (cons.): Er wolle dem Beschluß der Commission

nicht widersprechen. Es sei bekannt, daß bei den Regulirungen der großen Ströme in der Regel von der Quelle nah der Mündung

zu regulirt worden sei. Man habe die Erfahrung gemacht, daß

dieses Verfahren ein total unrihtiges sei. Die Bartsch sei an der Mündung vollständig verfandet. Er möchte den Minister bitten, daß

niht früher mit der Regulirung der oberen Bartsch vorgegangen

werde, bevor nicht die Mündung vollständig regulirt sei. Im

übrigen möchte er die Annahme des Antrages empfehlen.

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden:

Meine Herren! Der Antrag der Commission an das Haus

geht dahin:

die Petition 11 Nr. 607 der Königlichen Staatsregierung zur

Berücksichtigung in dem Sinne zu überweisen, daß die Polizei-

verordnung, d. d. Breslau, den 21. Dezember 1861, im Ver-

waltungêwege revidirt, demnächst die Verpflichteten zur Instand-

seßung der betreffenden Flußläufe angehalten, außerdem aber

Mittel aus Staatsfonds für diesen Zweck zur Beihilfe "gegeben

werden.

Die Angelegenheit hat auch bereits das Herrenhaus beschäftigt, welches einen etwas weiter gehenden Antrag zum Beschluß er- hoben hat.

Fn dem Antrage Ihrer Commifsion wird gewünscht, daß Mittel aus Staatsfonds zur Verbesserung der Bartshverhältnisse als Bei- hilfe gegeben würden. Ja, das würde ih sehr gern erfüllen; aber die nothwendige Vorausfeßung ist, daß sich zunächst Genossenschaften bilden. Denn bekanntlich stehen dem Landwirthschaftlihen Ministerium nur für communale und genossenschaftliche Flußregulirungen überhaupt Fonds zur Verfügung.

Im übrigen beschäftigt diese ganze Angelegenheit der Bartsch seit längerer Zeit das Ministerium und wird dort in der eingehendsten Weise verfolgt.

Ich bin genöthigt, da der Commissionsbericht !gedruckt vorliegt, ein paar Worte hinzuzufügen, um keine Mißverständnisse entstehen zu lassen. Der Streit dreht fih hauptsächlih darum, ob eine Polizei= verordnung aus dem Jahre 1863, welche eine weitgehende Fluß- regulirung, niht bloß eine Räumung in dem bisherigen Umfange anftrebt, überhaupt rechtsgültig ist. In dem Bericht Ihrer Commission wird gesagt: ja, wenn die Polizeiverordnung nicht gültig ist, dann hâtte die Domänenverwaltung schon seit 30 Jahren auf eine Auf- hebung dieser Polizeiverordnung hinwirken müssen. Dazu hatte die Domänenverwaltung an sih keine Veranlassung. Sie war auch in einer ziemlich s{wierigen Lage, dies zu thun; fie konnte abwarten was geschah. : Thatsächlich ist inzwischen durch eine gerihtlihe Entscheidung allerdings bloß in erster Instanz die Ungültigkeit der Polizeiver= ordnung ausgesprochen. Meinerseits bin ih bereit, die Angelegenheit zu fördern. Da ih jedoch bemerke, daß das hohe Haus zu einer eins gehenden Discussion dieser Sache heute niht geneigt zu... sein \{eint,

Gesetzes, es an die Commission zu verweisen,

so werde ih auf die mir an sich erwünschte ausführlihe Besprechung,

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