1892 / 102 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 29 Apr 1892 18:00:01 GMT) scan diff

wie- seinem Großvater Jsmail und seinem Vater Tewßik Nota, d. h. das erwähnte Gebiet verbleibt unter egyptischer Verwaltung: dagegen werden El-Wedjh, Muella, Daba und Akaba an der Küste von Hedshas, wo sih früher wegen des Pilgerdurhzuges egyptishe Zaptiehs befanden, definitiv mit dem Vilajet von Hedschas vereinigt, also unter ottoma- nishe Administration gestellt. Die Ostgrenze Egyptens läuft nah einer von Sir E. Baring an LDigrane Pascha gerichteten Depesche vom 13: d. M., von einem Punkte östlich von El:Arish in südöstliher Richtung bis an die Spiße des Golfs von Akaba. Das Fort von Akaba selbst wird dagegen zu dem Vilajet Hedshas gehören. Endlich veröffentliht das egyptishe Regierungsorgan auch noch die vom 14. April datirten Noten der Vertreter A Ley und Rußlands, worin diese dem egyptischen Minister des Aeußern, Tigrane Pascha, eröffnen, daß ihre be- treffenden Regierungen das in der Sinai-Frage getroffene Ab- kommen mit Befriedigung zur Kenntniß nehmen.

Parlamentarische Nachrichten.

Jn der heutigen (53.) Sißung des Hauses der Ab- eordneten, welcher der Präsident des Staats-Ministeriums, Staats-Minister Graf zu Eulenburg, der Vice-Präsident des Staats-Ministeriums, Staats-Minister Dr. von Boetticher, der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden und der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse bei- wohnten, gingen die Geseßentwürfe über das Dien st- einkommen der Lehrer an den nichtstaatlihen höheren Lehranstalten und über die Verlegung des Landes-Buß- und Bettags in Z

Auf der Tagesordnung stand die Fortjezung der ersten Berathung des Geseßentwurfs wegen Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushalts-Etat für das Jahr vom 1. April 1892/93. j i

Abg. Dr. Enneccerus (nl.) glaubte niht an eine lange Dauer der Trennung der Aemter des Reichskanzlers und des preußishen Minister-Präsidenten , der Bewilligung der finan- ziellen Consequenzen könne sih aber der Landtag nicht entziehen, da der König die Minister zu ernennen habe. Dem Abg. Stöcker egenüber halte er es für durchaus gerechlfertigt, daß Fürst Bismarck 1866 Jndemnität bei der Landesvertretung nachgesucht habe, und ferner weise er den Vorwurf des Abg. Stöcker, dal der Ansturm gegen das Volksschulgeseß nur eine Mache der nationalliberalen Theater-Directoren fei, zurück; der Abg. Stöer, selbst cin geschickter Agitator, schließe von sich auf andere. Eine Verständigung über das Volks\chulgesez sei unmög- lich gewesen. Ein Schuldotationsgesez sei wünschens- werth und könne ohne Erörterung der principiellen Streitfragen gemacht werden. Wenn das Centrum Freiheit der Kirche und Freiheit der Schule verlange, so wolle es damit die Freiheit des kirhlihen Einflusses auf die Schule, d. h. die Unter- werfung der Schule unter die Kirhe. Die nationalliberale Partei kämpfe für cine andere Schulfreiheit. A

Der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse berichtigte die auf cinem Mißverständniß beruhende, in der Debatte hervorgetretene Auffassung, als habe cr die Vorlegung eines Schuldotationsgeseßes überhaupt für unmöglich erklärt. Er habe nur gemeint, daß dabei ein jeder die principiellen confessionellen Streitpunkte zur Sprache bringen könne, und solche Erörterungen wolle er nach seiner kurzen Amtsführung nicht hervorrufen, wenn er auch an sich den principiellen Er- örterungen keineswegs aus dem Wege gehen wolle.

Abg. Dr. Li eber (Centr.) behauptete, daß die Zurück- ziehung des Schulgeseßes draußen im Lande überall als eine

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it vom 29, April: r Morgens.

Wette

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Kampf gen

offen dargelegt werde. führungen der Abgg. daß man si Je anstatt die ge) haben.

S sei. ein Wort bisher die Re

werde der entwurf vorlegen. Bei ‘Schluß d

Niederlage des Christenthums i A 4 das idi Sing OOE glücklih dur@- er Staa

zur Herrschaft. Der

gegen

werde, gehe Socialismus komme die Schule werde ein

als der fkfirchlihe Culturkampf. müß 2 pa damit eine Gesundung herbeigeführt dann gegen verschiedene Aus-

Redner polemisirte jo von Kard0 d R l dau Verwaltufgspraxis zurüziche, lossene Mehrheit für das Schulgeseß benußt zu Graf Zedliß sei der einzige Minister gewesen, den er aesehen habe, der mit seinen Grundsäßen gestanden habe “und C Bedauerlich sei, daß der neue Minister-Präsident des Vertrauens für die P habe, die ierung unterstüßt hätten. Früh (

so zart gegen die Minderheiten gewesen wie jeßt. Hoffentlich Cultus-Minister bald wieder einen Volksshulgeseß-

t wieder auf die

es Blattes ergriff der Präsident des Staats- Ministeriums, Staats-Minister Graf zu Eulenburg das Wort.

Die Commission d Vorberathung des Geseßentì Ordnung besteht aus den sitzender, Bohy, Stellvertreter des Schriftführer, Jerusalem, Ouast, von Stiernberg,

(Bomst), Böttinger Ç __ Weber _ Jansen, ‘Sm Walle, Krebs, von Strombeck, von Sczaniecki, Broemel.

es Hauses der Abgeordneten zur vurfs über die Bahnen unterster Abgeordneten: Pr. Hammacher, Bor- Vorsitzenden, von Helldorff-Zingst, Schriftführer, von Bismarck, Frenß, von Graf Behr, von Pilgrim, von Tiedemann vom Heede,

bezeichnet werde. Wenn der u Grunde und Kampf

heißerer Culturkampf werden Aber die Gegensäße müßten

rff und Rickert und bedauerte,

er sei man nicht

Herr Schmidt,

Q E E Dr. Krause, Weber (Genthin), gesungen hat.

der

gab heit, Rank

Frau

Schauspiel Dichter die nah feiner A würdige gesellschaftliche S greift, Sorma durch j besten fünstlerischen famfeit.

in lustigster Weise zu sp

Nichtigkeit ihres bisherigen Alles gab Frau Sorma mit fo

Verfasser nicht i

den durch widrige Verhältnisse

Geschick. Fräulein Nuscha der Frau Linden eine vort rathende Freundin, die woh

Theater und Musik.

Berliner Theater. i Das bekannte (von Wilhelm Lange ins Deutsche überfeßte) „Nora* von Henrik Ibsen, worin der norwegische seiner Ansicht mangelhafte Erziehung „und die un- tellung der Frau in seinem Vaterlande an-

gab bei seiner gestrigen

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Frau Sorma überwand alle l : lie % Zuerst die zärtlih liebende, glückliche und verwöbnte Gattin, die, nashhaft wie ein Kind, mit ihren drei Kindern ¡elen versteht, die sich dann plößlich verwandelt in die durch Angst vor den Folgen einer Unbefonnenheit bis zum Wahnsinn gequälte Frau und endlih mit der Erkenntniß von der ; Lebens in nervöser E fich

schließt, i Hc ind ibre Kinder zu verlassen, das entscchließt, bren na mit so vollendeter Meisterschaft, daß ihr Ab- schied erschütternd wirkte und nfan mehr als sonst bedauerte, daß der | E n einem vierten Act die von ihrer krankhafte spanntbeit geheilte Frau in den Kreis ihrer Familie zurückführt „und damit den Conflict zu einem versöhnlichen Abschluß bringt. Auch die übrigen Rollen waren gut beseßt. Herr Arthur Kraußneck H eA den Advocaten Nobert

Herr Ludwig Stahl

mit erschreckender Sicherheit, Herr Ferdinand „Susfke zum Verbrechen, durch die Liebe aber wieder auf einen besseren Weg geführten Günther mit überzeugendem

Bute war, wie so häufig, in der Nolle i i reffliche, beruhigende, besänftigende und be- lthuend wirkt, wo sie nur erscheint. Auch traf sehr richtig den Ton als Kinderfrau Marianne, und Gertrud Schulz, Grete Schlenker und Lina Förster bewiesen {chönes Talent als die drei reizenden Kinder der Nora.

Antonie Baumeister

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um 9 Grad. Zu Triest fielen am 26. 24, am 27. 29 und gestern 26 mm Regen.

Deutsche Seewarte

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u. d. Meeres\p. red. in Millim.

in 9 Celfius 59C,=49 R.

Bar. auf 0 Gr. Temperatur

4'halb bed. 3 wolkig 1\wolfig 3Dunst 4\halb bed. | 2 'bedeckt 1 wolkenlos | still wolkenlos |

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Mullaghmore Aberdeen Christiansund Kopenhagen . Stockholm . irre ; St.Petersbg. Moskau .

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1) Nachts Regen. 2?) Nachts Regen. öfter Regen. 4) Gestern Nahm. Regen. Gewitterregen.

Uebersicht der Witterung.

Unter dem Einfluß einer umfangreichen Depression, deren Kern über der östlihen Nordsee liegt, wehen über Deutschland shwache, meist südöstliche bis süd- westliche Winde bei trüber Witterung mit Neigung zu Regenfällen. Ein Theilminimum liegt bei den Scillys, daselbft \teife nordwestliche Winde ver- ursachend. Die Temperatur is in Deutschland, außer an der Westgrenze, allenthalben gestiegen, im

lungen. Erster Abend:

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Schauspielhaus.

Schauspielhaus. 117.

S E Theater- Nuzeigen. Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern-

haus. 109. Vorstellung. i : Bübhnenfestspiel von Richard Wagner.

Der Ring des Nibe-

Die Walküre in 3 Acten. Diri-

gent : Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr. 116. Vorstellung. t Goethe. Der Tragödie erster Theil. Die zur Handlung gehörende Musik von Anton Fürsten Radziwill und von Peter Josevh von Lindpaintner. In Scene ge- seßt vom Ober-Regisseur Max Grube.

Faust von

Anfang

Sonntag : Opernhaus. 110. Vorstellung. Freund Fritz. Lyrische Oper in 3 Acten von P. Mascagni. Suardon _ Chatrian), deutsch von M. Kalbeck. : seßt vom Ober-Regisseur Teßlaff. Dirigent : Kapell- meister Weingartner. fee. mimisches Ballet-Divertissement von Haßreiter und Musik von J. Bayer. In Scene gefeßt vom Balletmeister Emil Graeb. Dirigent: Musik-

(nah Erckmann und

In Scene ge-

Die Puppenfee. Panto-

Anfang 7 Ubr: M

l Vorstellung. Die Quitzows. D QUGE Drama in 4 Aufzügen von Ernst

von Wildenbruh. Anfang 7 Uhr.

Deuisches Theater. Sonnabend: Stella. Die Mitschuldigen.

Sonntag: Zum t ale vor dem Wiener Gastspiel: Das Urbild des Tartüffe.

Montag: Zum leßten Male vor dem Wiener Gastspiel: Don Carlos.

Anfang 7 Uhr.

| Berliner Theater. Sonnabend: Nora. An- 5) Nachts | fang 7 Uhr. Sonntag: Nachmittags 2+ Uhr: Kean. Abends 74 Uhr: Nora. Montag: König Richard UTlUx.

Lessing-Theater. Sonnabend: Morphium.

Sonntag: Die Großstadtluft. Montag: Die Ehre.

Wallner -Theater.

Sonnabend: Neu ein-

Osten liegt sie jeßt über dem Mittelwertbe, im | studirt: Ehrliche Arbeit. Volkestück mit Gesang Westen noch erheblih unter demselben, in Münster ! in 4*Acten von H. Wilken. Musik von R. Vial

Darstellung der Titelrolle Gelegenheit zu einer Leistungen ihrer rigen i Es giebt wenig Rollen, die bei solcher Naturtreue }o verschiedenartige und s{wierige Anforderungen stellen wie die der Nora. i ungewöhnliche Triumphe.

Helmer mit

Aufführung der Frau Agnes gefichert.

Wirk-

In der Vorstellung von „Freund Friß" ckn Sonn im Königlichen Opernhause sind die Damen A und Lammert, die Ô Bey h d tigt. Den Beschluß des Abends bildet das Ballet „Die Puppenfce“. Am Montag geht „Siegfried“ („Ring des Nibelungen“, zweiter Abend N den Damen Suche

) Bet, Schmidt, Lie E S erifcen Theater findet die leßte Vorstellung vor dem Wiener Gastspiel Freitag, den 6. Mai, ftatt; Sonntag, den 8. Mai, wird das Gastspiel im Wiener Ausstellungs-Theater mit „Stella“ und dem Lustspiel „Die Mitschuldigen“ eröffnet. Nach beendigtem Gastspiel wird die erste Aufführung in Berlin voraus\ichtlih wieder am 24. Mai stattfinden. s :

Im Wallner- Theater geht, wie {hon gemeldet, in neuer Einstudirung das Volksstück mit Gesang: „Ehrliche Arbeit" von H. e r neu Meitet und von L. Herrmann mit neuen Couplets versehen morgen in Scene. S

Bei dem morgigen Jubelabend der Operette Millöcker's „Das Sonntagskind“ im Friedrih-Wilhelmstädtishen Theater werden die Herren Wellhof und Klein neue Coupletstrophen zum Vortrag bringen. 2 i

An der morgen stattfindenden ersten Aufführung von Beethoven's „Fidelio“ im Kroll’schen Theater mit Frau V oran-Vlden als Leonore singt Herr Guszalewicz die Partie des Florestan; den

nen Pierfon, Rothaufer Herren Sylva, Bet, Philipp und Krasa beschäf-

er, Lammert und Herzog, den Herren n und Mödlinger in Scene.

Pizarro singt Herr Luria, den Rocco Herr Poppe, den Jaquino während die Rolle der Marzelline dem Fräulein Saarmann überwiesen wurde. E :

Im Thomas- Theater tritt morgen bei Gelegenheit der ersten Aufführung der neuen Weinbergershen Operette „Die Ulanen“ außer den hon genannten Künstlern auch der Tenorist Alfred William vom Carl - Theater in Wien als Lieutenant von Mühlen zum ersten Mal auf, eine Rolle, die er auch bei der ersten Aufführung in Wien

Der Orgelvirtuose und Organist Herr Hermann Deckert ver- anstaltet am Buß- und Bettag (11. Mai) in der Neuen Kirche (Gendarmenmarft) sein zweites und leßtes Concert, wozu Frau Katha- rina Müller-Nonneburger (Sopran) und der Kammermusiker Herr Albert Nüdel (Cello) ihre Mitwirkung zugesagt haben.

Wie aus Wien gemeldet wird, hat der Kaiser Franz Foseph gestern das Präsidium der Theater- und Musifausstellung emvfangen und diesem die persönliche Eröffnung der Ausstellung zu-

bisherigen

Schwierigkeiten und feierte damit

ibrer franfhaften Ueber- schen Bureau“

rüchte aus

vornehmer Einfach- Doctor

schafien

den rückenmarktranfen

und V. Holländer. Neu bearbeitet und mit neuen Couvplets versehen von L. Herrmann, Anfang T Uhr. Sonntag und folg. Tage: Ehrliche Arbeit.

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Sonaabend: Mit neuer Ausstattung zum 100. Male: Das Sonntagskind. Operette in 3 Äcten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von Carl Millôker. In Scene gescßi von Julius Fritsche. Dirigent: Kavellmeister Kedermann. Die Decorationen aus dem Atelier von Falk. Die neuen Costume vom Garcdteroben-Inspector Venßky. An- fanc 7 Uhr.

Sonntag: Zum 101. Male: find.

Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten- burg. Sonnabend: 15. Gastspiel des K. K. Hofburg- \chauspielers Adolf Sonnenthal. 15. Abend. Vater und Sohn. Lustspiel in 5 Acten von A. Dumas (Sohn). Anfang 7# Uhr. As

Sonntag: Letztes Auftreten und Abschieds - Vor- vorstellung des K. K. Hofburgschauspielers Adolf Sonnenthal. 16. Abend. Wahn und Wahnsinn. Schausviel in 2 Acten von Melesville. Aus der komischen Oper. Lustspiel in 1 Act von Wall.

Kroll's Theater. Sonnabend: Erstes Gast- spiel der Großherzoglilen Kammersängerin Frau Moran-Olden. Fidelio. (Leonore: Frau Moran- Olden.) Anfang 7 Uhr. _

Sonntag: Gastspiel der Signorina Luisa Nikita. Fra Diavolo. (Zerlinc: Sgra. Nikita.)

Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: Zum

42. Male: Pechschulze. Posse mit Gefang und Tanz in 3 Acten (6 Bildern) von H. Salingré. Musik von A. Lang. In Scene gesetzt vom Director Sternheim. Anfang 7s Uhr.

ORIAL Nachmittags 4 Uhr: Im pracht- vollen, glänzenden Sommer-Garten (vornehmstes und großartigstes Sommer - Etablissement der Resi- denz): Eröffnung der Sommer-Saison. Großes Militär - Doppel - Concert, ausgeführt von dem ge- sammten Musikcorps des Garde-Cürassier-Regiments (in Uniform), unter Leitung ihres Dirigenten Verrn Ruth, und der Kapelle des Belle-Alliance-Theaters (40 Mann), unter Leitung des Musikmeisters E. Richter.

Im Theater: Jn Vorbereitung: Der Günftling. Operette in 3 Acten von Hermann Sternheim. Musik von Carl Grau. L OOR

Abonnements-Billets für die am 1. Mai beginnende Sommer-Saison à 10 1, 5 Æ und 3 Æ sind an

Das Sonuntags-

der Kasse zu haben.

Wilhelmshaven, 29. April. ' Majestät der Kaiser schiffte Sih bald nah der Ankunft an Bord des „Beowulf“ ein, welher um 10/2 Uhr nah ‘Helgoland in See ging. Das Panzerfahrzeug „Bremse“ folgte. Die Salutbatterie gab den Kaisersalut ab.

London,

Emirs zwischen Niederlagen erlitten : soll durch Mißhandlungen seitens der Soldaten ausgebrochen sein. Bei den Kämpfen wurde, wie verlautet, der Commandant der afghanischen Truppen s{chwer verwundet; eine große Anzahl Gewehre ging verloren. Von Herat, Candahar und Kabul sind Hilfstruppen abgegangen.

Nah Schluß der Redaction cingegangene

Depeschen.

Seine

(W: T. B)

99. Apxil. (W. T. B.) Wie dem „Reuter-

aus Lahore vom heutigen Tage gemeldet

wird, bringt die dortige „Civil and Military-Gazette“ Ge- Peschawur,

denen zufolge die Truppen von Afghanistan in drei Ob

Herat und Bamian ernstliche 1: der Conflict mit der Bevölkerung

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

Adolph Ernfsi-Theater. Sonnabend: Zum 14. Male: Fräulein Feldwebel. Gefangspose in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Musik von G. Steffens. In Scene geseßt von Adolph Ernst. Anfang 7# Uhr. E

Sonntag und folgende Tage: Fräulein Feld- webel. L

Der Sommer-Gartea is geöffnet.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direction: Emil Thomas. Sonnabend: 1. Gastspiel von Frau Emma Sebold, Herrn Adolf Brakl und Herrn Alfred William vom Carl-Theater in Wien. Zum 1. Male: Novität! Die Ulanen. Novität! Operette in 3 Acten von Hugo Wittmann. Musik von Carl Weinberger. Regie: Ernst Meißner. O Kapellmeister Eduard Weber. Anfang

Uhr.

Sonntag: Die Ulanen.

[60] Sohenzollern-Galerie am Lehrter Bahnhof. Gr. histor. Rundgemälde 1640—1890. 9 Vorm. 11 Ab. 1 A Kinder 59

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde, Am Landes - Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof}, Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglih Vorstellung 18 wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag- zettel. Anfang Ubr.

P E E E I I I P D S Familien-Nachrichten.

Vereheliht: Hr. Major Albert Frhr. von d mit Frl. Elisabeth Schneider (Branden- urg). :

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Rittmeister a. D- von Reichel (Maldeuten). Eine Tochter: Hrn. Hauptmann von der Decken (Bremen). _ l

Gestorben: Stiftsdame Frl. Amalie von Stet? horst (Kloster Lindow). Ms

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag# Anstalt, Berlin SW Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einshließlih Börsen-Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

.¿ 102.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 52. Sibung vom Donnerstag, 28. April.

__ Der Sizung wohnen der Präsident des Staats-Ministe- riums, Staats-Minister Graf zu Eulenburg, der Vice- E des Staats - Ministeriums, Staats - Minister r. von Boetticher, der Minister des Jnnern Herr- furth, der Justiz-Minister Dr. von Schelling, der Finanz - Minister Dr. Miquel, der Minister für Landwirth- schaft 2c. von Heyden, der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen und der Minister der geistlichen 2c. An-

gelegenheiten Dr. Bosse bei. Z

Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Gesegentwurfs, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushalts-Etat für das Jahrr vom 1. April 1892/93.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Der dem Hause zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung vorge- legte Nachtrags-Etat ist bestimmt, die durch die Allerhöchste Er- nennung eines besonderen Präsidenten des preußishen Staats- Ministeriums geschaffenen Verhältnisse etatsmäßig zu regeln.

In dem Nachtrags-Etat werden die Herren für den Herrn Minister-Präsidenten den gleihen Gehalt, wie er für die übrigen vreußishen Staats-Minister normirt is, ausgeworfen finden, außer- dem eine Repräsentationsvergütung in der gleihen Höhe, wie der Neichskanzler im Deutschen Neiche sie bezieht, welches wobl einer näheren Motivirung nicht bedürfen wird.

Die vreußishen Staats-Minister haben den Anspruch auf eine freie Dienstwohnung und deren Ausstattung auf Kosten des Staats. Da es gegenwärtig nicht möglich ist, ein fiscalisches Gebäude dem Herrn Minister - Präsidenten als Dienstwohnung zu überweisen, so wird eine folhe angemiethet werden müssen und sind dafür im Ordinario 18000 # ausgeworfen, wäh- rend ‘für die vorläufige Ausstattung diefer Miethswohnung unter den einmaligen Ausgaben ein Betrag von 60000 # veranschlagt ift. Ob es möglich sein wird, mit diesen beiden leßten veranschlagten Positionen auszukommen, hängt von Verhältnissen ab, über die wir zur Zeit nicht gebieten können, namentlich von der Möglichkeit, eine den Verhältnissen des preußishen Minister - Präsidenten ent- sprechende, würdige Miethswohnung für den Betrag von 18000 Æ zu erlangen. Wir würden also in dieser Beziehung eventuell eine dem- nächstige nachträgliche Genehmigung für eine etwa nöthig werdende Ueberschreitung dieser beiden Positionen nachzusuchen haben.

Ich bitte das Haus, dem Nachtrags-Etat die verfassungsmäßige Zustimmung ertheilen zu wollen.

Abg. Rickert (dfr.): Die Situation, in der das Haus den Nachtrags-Etat berathe, sei eine fehr eigenthümliche, und zum theil sei daran auch die Geschäftsordnung huld. Als der Miniïîter- Präsident hier seine erste Erklärung abgegeben habe, habe er si so- fort zum Wort gemeldet, um dem Minister-Präsidenten in kurzen Worten eine Antwort zu geben; der Präsident habe ihm das Wort verweigert, und die Geschäftsordnung gebe ihm allerdings Recht; aber er halte es nit für vortheilhaft, daß die Minister folhe Mono- loge hielten, auf die niemand aus dem Hause antworten könne. Die Herren von den Mehrheitsparteien hätten den Minister-Präsidenten mit starken, unartifulirten Lauten (Heiterkeit) begrüßt, er habe noch niemals einen Minister mit folhem Zischen empfangen geschen und dabei sei der Minister-Präsident doh ganz unschuldig an den vorangegangenen Ereignissen. Die Herren von der Mehrheit müßten doch ein großes Interesse daran haben, ihre unartikulirten Laute fofort in ein vernehmlihes Deutsh zu übertragen. Er be- dauere, daß die mehrfahen Versuche seiner Partei, die Geschäfts- ordnung zu ändern, einen Korb erhalten hätten. Als kurz vor den Osterferien der Nachtrags-Etat auf der Tagesordnung gestanden habe, habe der Abg. Hobreht auf Grund einer wenige Minuten vor der Sißung veranlaßten Besprechung von Mitgliedern aller Pstteien die Abseßung des Gegenstandes von der Tagesordnung veantragt. Da bâtten aber die Mehrheitsparteien Erklärungen ab- gegeben, die nah außen hin den Anschein hätten erwecken müssen,als ob die Freunde des Abg. Hobrecht und seine (des Redners) Freunde die Ver- tagung beantragt hätten. Dem gegenüber constatire er, daß in jener Be- sprechung vorher hätten feine Verhandlungen zwishen den Nationalliberalen und seiner Partei hierüber stattgefunden die Mehrbeitsparteien, gefordert hätten, es solle der Nachtrags-Etat sofort obne Discufsion in die Commission verwiesen werden. Eine solche Unfchicklichkeit gegen den Minister-Präsidenten, nahdem dieser seine Stellung zur Sache R, sei seinen Freunden unbegreiflich gewesen; fie hätten sih also gegen diesen Antrag erflärt, und der Abg. Richter habe gemeint, wenn den Mebrbeitebarteien daran gelegen fei, die Debatte zu vermeiden, könnten sie ja die Vertagung beantragen, seine Partei werde \sich nach ihrer Ge- wohnheit einem sfolhen Antrag nicht widerseßen. Da hätten die Mehrheitsparteien ihr die D gestellt, den Vertagungsantrag zu stellen, das hätten sie aber nicht verlangen fönnen er fei shon als Redner eingeschrieben gewesen —, und fo habe es der Abg. Hobrecht übernommen. Dieser jei dann Ae worden, als ob er und feine Freunde die Discussion nicht hätten haben wollen. Er habe sich verpflichtet gefühlt, den Abg. Hobreht nicht in der Tinte stecken zu lassen und für die Vertagung gestimmt, troßdem es ihm fehr s{hwer geworden sei, namentlih da die Minister, die dem Haufe angehörten, gegen die Vertagung gestimmt hätten. Die Sache werde wohl dem Abg. Hobrecht die Lehre geben, bei Verhandlungen hinter den Coulifsen etwas vorsichtig zu sein. Der Minister-Präsident habe darauf gefaßt ein müssen, daß das erwähnte Zischen bei feinem Empfang fich bei der Debatte in oppositionelle Neden umseßen werde, aber zu feinem (des Redners) Erstaunen habe fich niemand von vrüben zum Wort ge- meldet (Widerspruch rechts)# nun, vorher sei es wenigstens noch niht der Fall gewesen. “Der Minister-Präsident fei an den Ereignissen vor dem Scheitern der Volksshulvorlage ganz un- schuldig, und seine (des Redners) Partei habe keinen Grund, gegen ihn oppositionell gestimmt zu sein, zumal fie mit ihm zusammen die großen Selbstverwaltungsgeseze, wie mit dem Grafen riß Culenburg die Provinzial- und Kreisordnung, gemacht habe. Das

urückziehen des Volksschulgeseßes erfülle sie nicht mit Bedauern, aber auch nit mit besonderem Jubel; sie würde dies Geseß gern noch eine Zeitlang auf der Tagesordnung gesehen haben, denn fo un- begreiflich seine Einbringung nah der vorjährigen Rede des Neichs- kanzlers gewesen sei, so habe dies doh die fegensreihe Folge gehabt, es die Schläfer im Lande aufgerüttelt habe, denen es gezeigt dabe, daß im Staatsleben sich noch Elemente . geltend maten, die as Staatsschif wverhängnißvollen Klippen zuzuführen drohten. ußerdem habe die Discussion noch die segensreihe Folge gehabt,

Berlin, Freitag, den 29. April

daß sie Parteien einander wieder genäbext habe, die viel Gemeinsames bâtten, die aber die Politik Bismarck's künstlih getrennt habe, und die, vorher mit den Ministern vereint, die ganze innere Politif des Reichs und Preußens ein Jahrzehnt hindurch auf ihren Schultern getragen hätten. Diese segensreichen gig würden noch vermehrt worden sein, hâtte das Volksschulgeses noch ein paar Wochen auf der Tagesordnung gestanden. Seine Partei habe beschlossen gehabt, dem Entwurf Schritt für Schritt und Paragraph für Paragraph in der Commission und im Plenum Opposition zu machen, danach würde die Session bis in den Herbst haben dauern müssen, fo lange würden es die Herren doch nit hier ausgehalten haben, und das Geseg würde in dieser Session doch nicht zu stande gekommen sein. Ob es überbaupt eine Mebrbeit gefunden haben würde, wisse er niht, denn ihm fehle die Kenntniß der Ansichten einzelner Consfervativen; daß das Centrum für das Geseß gewesen sei, wisse er. Der Kamp} seiner Partei gegen die Politik des früheren Cultus-Ministers fei ein durchaus lachlicher gewesen. Persönlich sei er ibr einer der liebsten Minister gewesen. Bei aller s{chroffen und sahlihen Opposition, die sie ihm leider habe machen müssen, erkenne fie in ihm einen Staatsmann, der die Ueberzeugung eines ehrlihen Gegners achte und in jedem Manne den Menschen sehe, niht bloß den Politiker. Der frühere Cultus-Minister habe sih im Verkehr mit den Abgeordneten vor manchem seiner früheren Collegen ausgezeihnet. Die Praris des Grafen Zedliß im Verkehr mit den Abgeordneten habe in wohl- thuender Weise die Achtung vor dem politishen Gegner ausgedrüdt, im Gegensaß zur früheren Bismark schen Zeit. Es sei thm ein Bedürfniß, dies hier offen auszusprehen. Das Schulgeseß sei, wie der neue Unterrichts-Minister gesagt habe, für die nächste Zeit be- seitigt. Man müsse es der Zukunft anheim stellen, ob derartige Schwankungen, wie man sie leider unter dem Ministerium Caprivi erlebt habe, wieder fommen würden. Seit einem Jahrzehnt und länger sei in diesem Hause von allen Parteien wiederholt einstimmig der Beschluß gefaßt worden, daß, wenn es zu einem Schulgese niht komme, man wenigstens die Dotation der Schule Ct ein besonderes Gesez regeln müsse. (Rufe rechts: Ah!) Es mache einen eigenthümlihen Eindruck, daß, nahdem das Schul- geseß zurückgezogen sei, sich die „Kreuzzeitung“, das Hauptorgan der Conservativen, die früher ebenfalls das Schuldotationsgeseßz befürwortet habe, nunmehr gegen dasfelbe aussprehe. Er wisse zwar nicht, ob die „reinlihe Scheidung“ bei den Conservativen bereits eingetreten sei. Der Abg. Stöcker sehe aber so vergnügt aus, daß ‘er (Redner) es glauben möchte. Gefklärt sei die Sache noch niht. (Rufe rechts: Ja! ja!) Ist {chon? Nun da werde man ja bald etwas darüber hören. (Heiterkeit.) Wenn die Conservativen die Iudenfrage in ihr Programm aufnähmen, dann feien fie erst die Echten. Die „Kreuzzeitung“ habe soviel Geshmacklosigkeit gehabt, unmittelbar nah Zurückziehung des Schulgeseßzes den Lehrern vorzu- halten: da seht ihr, unser s{hönes Schulgesez ist zurückgezogen, bedankt euch bei den Herren von der freiconservativen, national- liberalen, freisinnigen Partei. Glaubten denn wirklich die „Kreuz- zeitung“ oder ihre Hintermänner, daß die Lehrer so dumm seien, (Heiterkeit), auf diese Geschichte hineinzufallen? Der Dorfschullehrer im finstersten Winkel Hintervommerns (Oho! rechts) wisse es besser. Der leßte Paragraph des Schulgeseßes, nah welhem neun Millionen für die Dotation der Schule hergegeben werden sollten, sei seiner Partei imiñer der liebste gewesen. Beiläufig wisse er gar nit, was der Finanz-Minister jeßt mit diesen neun Millionen machen werde. Bei den Auseinanderseßungen in der Presse über seine Steuer- reform seien sie verduftet. Der Finanz-Minister möge doch versuchen, bei seinen Collegen durchzuseßen, daß diese neun Millionen der Schule erhalten blieben ! Er habe sofort nach Zurückziehung des Schulgesezes den Wunsh gehabt, im Hause einen Antrag einzubringen, worin die Megierung ersucht werde, fobald als möglich das Schuldotation8gesez vorzulegen. j

Es würde ja mißlih für einen Minister sein, der ein solches Gesetz zu stande bringen wolle, wenn der Antrag abgelehnt werde; er glaube aber nicht, daß die Herren drüben ihre ganze Vergangenheit vergessen und einem Antrag ihre Zustimmung versagen würden, weil er von feiner Partei ausgehe. Er bitte den Cultus-Minister oder den Minister- Präsidenten, in dieser Beziehung eine Aeußerung zu machen. Es würde ein wunderbares Schauspiel sein, wenn jeßt von jener Seite die Theorie verkündet würde: kein Schulgeses kein Dotations- gesetz; keine Herrschaft der Kirche über die Schule keine Erhöhung der Lehrerbesoldungen. Er komme nun zu der anderen Organisation des Ministeriums, die einen Schuß gewähren folle gegen die Schwankungen, die sh in legter Zeit in der inneren Politik namentlich auf dem Gebiet der Schule gezeigt hätten. Die aus- wärtige Politik Deutschlands bleibe durch diese inneren Fragen Preußens unberührt ; au der blödeste Politiker wisse, daß die Politik des Netchs- fanzlers eine Friedenspolitif fei und sich glückliherweise eine Erleich- terung des Verkehrs unter den einzelnen Nationen zum Ziele seße. Die Trennung des Amts des Reichskanzlers und des preußischen Minister-Präsidenten sei von keiner Partei hier und im Reichstag als eine wünschenswerthe Neuerung bezeichnet worden. Die Erfahrungen, die man damit 1873 gemacht habe, ermuthigten nicht zu einem zweiten Versuch. Im Herrenhaus habe ein hochconservatives Mitglied gesagt, er betrachte diese Trennung als eine Ueberleitung und erwarte späterhin eine Wiedervereinigung. Er gehe nicht so weit; wenn er auch das Provisorishe der Einrichtung nicht in Abrede stelle, fo möchte er do nicht glauben, daß es sich hier um eine Veberleitung handele. Man stehe vor einer vollendeten That- sahe und müsse den Ausfall des Versuhs der Aemter- trennung abwarten; seine Partei habe durhaus niht die Absicht, die etatêmäßigen Confequenzen abzulehnen. Die Einrichtung jedo, daß der neue Minister-Präsident lediglich die Geschäfte des Präsidenten ohne Ressortverwaltung übernehme, seine ihm fragwürdig, zweifelhaft und nur provisorisch. Er ftöônne ih niht denken, daß ein Mann von der staatsmännischen Vergangenheit des Grafen Eulenburg die Geschäfte eines bloßen räsidenten ohne Ressort auf die Dauer führen könne. Das Ministerium habe jeßt elf Mitglieder, wohl die höchste Zabl, die je erreiht sei, darunter seien vier ohne eigent- liches Ressort: der Minister - Präsident, der Vice - Präsident, der Kriegs-Minister und der Minister des Auswärtigen. Von diesen vier seien drei hervorragende deutsche Minister. Als Fürst Bismarck 1872 lebensmüde geworden sei und einen Theil seiner Geschäfte abge- geben habe, sei Graf Roon zum Präsidenten des Staats-Ministeriums er- nannt worden. Damals habe ter die Sache anders wie heute ge- legen. Der Reichskanzler habe den Vortrag beim Kaiser in Sachen des Reichs und der auswärtigen Politik behalten, und habe sein Votum in den das Reich berührenden Fragen unter seiner Verant- wortlihkeit abzugeben gehabt. Doch hon am 9. November sei Graf Roon als Minister-Präsident und Kriegs-Minister zurücgetreten und Fürft Bismarck habe wieder den Vorstß im preußischen Ministerium übernommen; zugleih sei der damalige Finanz-Minister Camphausen Vice-Präsident geworden ; eine Einrichtung, welche vielfach Billigung gefunden habe. Nachdem Camphausen gegangen war, habe Graf Stolberg zum Vice-Präsidenten ernannt werden sollen. Damals sei, im Gegensatz zu dem heutigen Vorgehen der Regierung, zuerst vor der Ernennung des Vice-Präsidenten der Nachtrags-Etat vorgelegt und dem Hause somit Gelegenheit gegeben worden, seine Gedanken zu der Ein- rihtung der Vice-Präsidentschaft ohne Ressort in einer längeren Debatte flarzulegen. Dann erst sei die Ernennung des Grafen Stolberg erfolgt.

1892.

Warum sei man von dieser Einrichtung, die das Ministerium Bismarck damals getroffen habe, in diesem Fall abgegangen? Wie stehe es mit der -Competenz des neuen Minister-Präsidenten gegenüber dem Reichs- kanzler, wie stehe es mit seiner Stellung zu den deutschen Einrich- tungen? Werde in den bisherigen Funktionen des bisherigen Reichs- fanzlers und des preußischen Minister-Präsidenten - und des Ministers des Auswärtigen in Bezug auf den Bundesrath irgend etwas geändert? Werde der Minister-Präsident Mitglied des Bundesraths werden? Werde er die Stimme des -Reichskanzlers und auêwär- tigen Ministers im Bundesrathe beeinflussen durch das Gewicht der Stimme des preußischen Ministeriums? Er (Redner) glaube, alle Par- teien würden ein Interesse baben, daß hier volle Klarheit geschaffen werde, auch wenn man von der Ansicht au3gehe, daß dieje ganze Einrichtung nur eine provisorishe fein wecde. Ob das Ent- lafsungsgesuch des Ministers von Boetticher auch mit diesen Com- petenzfragen tim Reich zusammenhänge, wisse er niht ; er nehme an, daß er wie bisher der Stellvertreter des Reichskanzlers bleiben und in dessen Behinderung den Vorsiß im Bundesrath führen werde. Seine Partei sei bereit, die etatsmäßigen Consequenzen zu ziehen aus der Grnennung eines besonderen Minister-Präsidenten. Sie werde in Ruhe abwarten, wie sih die Dinge jeßt entwickeln würden. Das Schulgeseß sei allerdings jeßt zurückgezogen. Es würde aber eine große Thorheit sein, wenn die Leute im Lande sih der Illusion hin- geben wollten, daß die Gefahr nun auch beseitigt sei; sie sei es nicht einmal für die nächste Zeit. Sie werde erst beseitigt sein, wenn hinter der bisherigen Minorität ein starkes Volk und eine starke öffent- lihe Meinung ständen. Es sei die höchste Zeit, daß Preußen in Deutschland in dieser Beziehung nicht in den Hintergrunnd gedrängt werde. Seine Partei könne mit Rube der Zukunft entgegensehen, troß- dem die kirhlihe Reaction sich rüste zum Kampfe, in welchem fie auf dem Wege der Verwaltung das erzwingen wolle, was fie durhch das Geses nicht habe erreihen fönnen. Ießt sei der Zeitpunkt ge- kommen, wo Diejenigen, welcher Partei sie auch angehören möchten, welche die freiheitlihe Entwifelung des preußishen und deutschen Volkes wollten, auf dem Gebiete insbesondere der Schule und der Gewifsensfreiheit, fich fest zusammenschaaren müßten ; dann werde diese Majorität, wie sie beute dieses Haus beberrshe, welhe der lebte Niederschlag der verhängnißvollen Bismark schen Politik sein werde, bei den nächsten Wahlen vers{chwinden (Lachen rechts). Die Herren von der Rechten seien nur etwas durch die Unterstüßung der preußischen Regierung ; sobald diese ihre Hand von ihnen ziehe, dann feien fie weanMlasit (Lachen rets), wie man es son einmal erlebt habe. Es fei die Pflicht aller freisinnigen Elemente, die Streitart zu begraben, und sich zusammen zu schaaren zu einem einmütbigen, energishen Handeln. (Widerspruch rehts und im Centrum).

Abg. von Rauchhaupt (conf.): Er habe im Namen seiner politishen Freunde folgende, einstimmig gefaßte Erklärung abzugeben : Seine politischen Freunde könnten sih der Befürchtung nicht ver- \hließen, daß die Trennung des NReichskanzleramts von dem preußishen Minister-Präsfidium als dauernde öInstitution sich nicht bewähren werde. Sie glaubten aber, im Hinblick auf die bereits erfolgte Ernennung des preußishen Minister - Präsidenten, ih der Vervflihtung niht entziehen zu können, das Gehalt für die bereits im Etat ausgeworfene © nunmehr definitiv auszuwerfen. Sie beantragten deshalb Vorlage an die Budgetcommission zu verweisen, welhe die Form finden werde, um diese Angelegenheit zum Austrag zu bringen. Indem sie hierbei auf die Gründe der leßten Ministerkrisis nicht eingingen, könnten sie ihr Bedauern nicht unterdrücken, daß ihnen bei Berathung des Volks\chulgeseßes nicht die Zeit gelassen worden sei, die Gegensäte, welche sich gegenüber gestanden hätten, zu überwinden und eine Verständigung herbeizuführen, die befriedigendes Resultat hätte erwarten lassen. (Beifall rets.)

Abg. Freiherr von Huene (Centr.): So kurz könne feine Partei die Sache doch nicht abmahen. In Bezug auf die Vor- geschihte wolle er bemerken, daß die erste Anregung, vor Ostern den Nachtragsetat niht zu berathen, von dem Abg. von Kardorff ausgegangen sei. Alle Parteien seien {ließli damit einverstanden aewesen, daß die Berathung vertagt werde, und er bedauere, daß durch Mißverständnisse der Abg. Hobreht in die Lage gekommen sei, von seinen Freunden verleugnet zu werden. Mit Unrecht habe die liberale Presse dem Abg. Freiherrn von Heereman JIlloyalität vor- geworfen. Ér habe vor Ostern hier nit gesagt, daß seine Partei der Maijorität der anderen Parteien wiche, fondern er habe constatirt : fie erfenne die Gründe für die Absetzung des Nachtragsetats an, und wenn die anderen Parteien die Sache abzusezen wünschten, so wolle sie es au. Daß der Abg. Rickert über die Zurückziehung des Volks\chulgesetzes nit trauere, glaube er ihm wobl, feine Freunde hätten ja erreicht, was sie mit vieler Mühe erkämpft hätten. Daß er aber nicht jubele, glaube er ibm erst recht, denn er habe heute durchblicken lassen, daß mit der Zurücfziehung eigentlich niht alles gewonnen fei, und er (Redner) boffe, daß er die Partie nicht gewinnen, ]ondern verlieren werde. (Abg. Rickert: abwarten!) Wenn der Abg. NRickert es abwarte, dann werde er seben, daß er sich auf dem fal|chen Wege befinde. (Oho! links.) Wenn er heute als ein anderer Herr von Bennigsen die anderen Liberalen aufgerufen habe, so nehme er ihm das niht übel; ob aber sein Aufruf Erfolg haben werde, bleibe abzuwarten. Der Geseßz- gebung, welhe mit Hilfe der gesammten Liberalen zu stande ge- fommen sei, dürften sie sich wahrlich niht rühmen (Dho! links); es fei dieselbe Gesetzgebung, durch die der Culturkampf ins Leben gerufen und das Volk vergiftet worden sei. (Zustimmung im Centrum.) Die Regelung der Schuldotation werde von allen Parteien gewünscht. Es sei aber nit zu übersehen, daß Regierung und Landtag seit einer Reihe von Jahren die Gehälter der Lehrer verbessert hätten. Er fei au damit einverstanden, daß nah Maßgabe der vorhandenen Mittel damit fortgefahren werde, aber damit werde die Frage des Schulvermögens nicht zu umgehen sein, und dabei komme man wieder auf den Grundsaß der Confessionalität und damit dürften die Herren wohl nit zufrieden sein. Was nun die Sache felbst betreffe, so glaube er, daß die Einzelheiten zweckmäßiger Weise in der Commission geprüft werden müßten. Weiter meine er, daß, nachdem einmal im Etat der Titel „Minister-Präsident“ stehe, der Landtag, wenn er nicht einen schroffen Konflikt mit der Re- ierung herbeiführen wolle, auch die Mittel in angemessener Höhe bewilligen müsse, nahdem Seine Majestät den Minister-Präsidenten ernannt habe. Inwieweit man nun dem Gedanken, daß die ganze Sache niht als eine dauernde zu behandeln sei, in der Vorlage oder neben der Vorlage Ausdruck geben könne, werde in der Com- mission zu erwägen sein. Gegen den materiellen Inhalt der Vorlage sei er aljo niht; der Gegensaß gelte nur der Veranlassung dieser Vorlage. Seine Partei bedauere den Nütritt der Grafen Zedlitz und von Caprivi aus ihren Stellungen, da er die Grundlage der Zurückziehung des Volks\chulgeseßes gebildet habe. Sie glaube, daß es ein großer Verlust für die Sache gewesen sei, daß es dem Grafen Zedliy niht vergönnt worben sei, das Volks\{ul- geseß weiter mit dem Hause durhzuberathen. (Zustimmung rets und im Centrum.) Sie spreche den Herren ihren Dank aus (Zustim- mung), daß fie hier- in dem Hause den hristlih-conservativen Stand- punkt so entschieden vertreten hätten. (Erneute Zustimmung im Centrum und rechts.) Das katholishe Volk werde es ihnen gewiß nicht vergessen. Freilich fei es niht bequem für die Minister, gerade vom Centrum derartig belobt zu werden. Man habe ja

sprechen hören von einem Abscchütteln des Centrums, von einem

is ir: inn

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