1892 / 103 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Apr 1892 18:00:01 GMT) scan diff

der Amisrichter Dr. Pilling in Posen als Landrichter an das Landgericht in Posen, der Amtsrichter Roskamp in Schwarzenfels an das Amtsgericht in Hoya und der Amts- rihter Plath in Willenberg an das Amtsgericht in Mohrungen.

Dem Amtsrichter Schaab in Zell ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheilt.

Verseßt sind der Staatsanwalt Dr. von Rheinbaben vom Landgericht T in Berlin und der Staatsanmalt Dr. Sperling vom Ober-Landesgericht in Marienwerder an das Kammergericht in Berlin.

Dem Rechtsanwalt und Notar Thier in Jserlohn und dem Rechtsanwalt und Notar Ziemann in Loslau ist die nahgesuchte Entlassung aus dem Amt als Notar ertheilt.

In der Liste der Rechtsanwälte sind gelösht: der Rechts- anwalt Marcard in Osterode a. H. bei dem Landgericht in Sn der Rechtsanwalt Ziemann bei dem Amtsgericht in Loslau, der Rechtsanwalt Hoffmann bei dem Amtsgericht in Tangermünde und der Rechtsanwalt Thier bei dem Amts- gericht in Jserlohn. :

In die Liste der Rechtsanwälte is eingetragen: der Gerichts-Assessor Stelzer bei dem Amtsgericht in Dt.-Krone.

Der Amtsgerichts-Rath Coester in Cassel, der Amts- rihter Shmid in Witten, der Amtsrichter Dr. Roggaßt in Ranis und der Rechtsanwalt und Notar Bernhard Voigt in Dortmund sind gestorben.

Ministerium der öffentlihen Arbeiten.

Der Regicrungs- und Baurath Runge ist der Königlichen Regierung in Marienwerder überwiesen worden.

Der bisher bei dem Bau des neuen Empfangsgebäudes auf Bahnhof Halle a. S. beschäftigte Königlihe Land- Bauinspector Pelt is} als Bauinspector und tehnishes Mit- g!ied an die Königliche Regierung in Potsdam verseßt worden.

Der bisherige Kreis - Bauinspector Jende in Karkt- haus W.-Pr. is als Bauinspector und hochbautehnisches Mitglied an die Königlihe Regierung in Breslau verseßt worden.

Der bisherige Kreis-Bauinspector Adank in Oppeln ist als Bauinspector und hohbautechnischecs Mitglied an die König- liche Regierung in Köslin verseßt worden.

Der Kreis - Bauinspector Spanke ist von Krotoschin nach Dortmund verseßt und an Stelle des beurlaubten Bau- raths Genzmer mit der Verwaltung der dortigen Kreis-Bau- inspection betraut worden.

Der Wasser-Bauinspector Bohde ist von Tapiau nah Pa verseßt und mit der Leitung des Baues cines Fischerei- afens daselbst betraut worden. -

Der Wasser-Bauinjspector Kra chí ist von Kurzebrack nah Marienburg Westpr. verseßt und ihm die an leßterem Orte neu errichtete ständige Wafser-Bauinfpectorstelle verliehen worden.

Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten. _ Dem Rector der Klostershule in Donndorf, Regierungs- bezirk Merseburg, Dr. Richard Kraft ist das Prädicat Professor beigelegt worden.

Angekommen:

Seine Excellenz der commandirende Admiral, Vice-Admiral Freiherr von der Golß8. |

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 30. April.

Seine Majestät der Kaiser und König trafen cstern Nachmittag gegen 3 Uhr an Bord S. M. P. „Beowulf“, ommandant Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich, vor

Helgoland ein und begaben Sich alsbald an Land.

Heute Morgen gingen Seine Majestät nach Nordenham in See, wo die Ankunft um 1 Uhr Mittags erfolgte. Um 3 Uhr seßten Seine Majestät die Reise nah Wildpark fort wo die Ankunft für 11 Uhr Abends in Aussicht genommen ist"

Ueber den kurzen Aufenthalt Seiner Majestät des Kaisers und Königs am gestrigen Morgen in Oldenburg wird uns von dort geschrieben:

Seine Mazestät traf früh um 7 Uhr ein und wurde am Bahnhofe von Jhren Königlichen Hoheiten dem Erb- großherzog und der Erbgroßherzogin sowie von Zhrer Hoheit der Herzogin Sophie Charlotte empfangen. Der Kaiser, welher Marineuniform trug, fuhr, auf dem Wege überall stürmisch begrüßt, mit den Erbgroßherzoglichen Herrschaften in vier- spännigem Galawagen, welchem zwei Spizenreiter voraufritten, zum Großherzoglichen Schlosse. Nach einstündigem Aufenthalt im Schlosse, wo das Frühstück eingenommen wurde, erfolgte die Rückfahrt des Kaisers in Begleitung des Erbgroßherzogs zum Bahnhofe und von dort die Weiterreise L Wilhelmshaven. Die Jubelrufe wiederholten sich bei der Nücf- fahrt, die Straßen und der Bahnbof waren festlih geshmüdckt. Vom Schlosse wehte während der Anwesenheit des Allerhöchsten Gastes die Kaiserstandarte.

Heute traten die vereinigten Ausschüsse des Bundes- raths für Handel und Verkehr und für Justizwesen zu einer Sitzung zusammen.

Heute ist im Verlage von E. S. Mittler u. Sohn hiecr- selbst die Rang- und Quartierliste der Königlich preußischen Armee für das Jahr 1892 erschienen. Das „Mil. Wochenbl.“ enthält darüber Folgendes:

Die neue Rangliste ist wie ihre leßte Vorgängerin nah dem Stande der Armee am 1. April des betreffenden Jahres aufgestellt. Die: Zahl der Offiziere vom 1. April 1891 bis zum 1. April 1892 nah der Rangliste gerechnet hat sih im activen Dienstistande um rund 300 erhöht, ebenso ist die Zahl der activen Sanitäts-Offiziere um etwa 10 gestiegen. Die Gesammtzahl der Ernennungen und Be- förderungen unter Berücksichtigung inzwischen vorgekommener Abgänge betrug im activen Dienststande: 1 General-Dberst, 5 Generale, 27 - General - Lieutenants, 49 General - Majors, 90 Obersten, 128“ Oberst - Lieutenants, 302 Majors, 494 Hauptleute und Rittmeister, 610 Premier - Lieutenants, 1019 Second - Lieutenants

iere vom General-Arzt 2. Klasse abwärts bis i erzte 2. Klasse; bei der Reserve: 55 Haupt-

315 Premier-Lieutenants, 952 Second- Lieutenants und 680 Sanitäts-Offiziere vom Ober-Stabsarzt 2. Klasse ab; bei der Landwehr : Majors, 174 Haupt- leute und Rittmeister, 514 Premier-Lieutenants, 65 Second- Lieutenants und 133 Sanitäts-Offiziere vom Ober-Stabsarzt 2. Klasse ab. Rechnet man zu dieser Zahl von 5797 Beförde- rungen noch diejenigen durch Verleihungen vordatirter Patente, durch Wiederanstellung und durch Uebertritt von der Neferve in den activen Dienst, sowie die zu patentirenden Portepee-Fähnriche hinzu, fo dürften die durch Allerhöchste Cabinetsordres verfügten Beförderungen die Zahl von 7000 erheblich überschreiten. Für die Ranglifte sind ebenso von tief eingreifendem Einfluß die Verseßungen und Commandirungen, deren Zahl den Beförderungen kaum nah- steht: kommen hierzu noch die Standeserhöhungen und Ordens- verleihungen, sowie Ueberweisungen von Offizieren aus einem Landwehr- bezirk in den anderen, so dürften nur wenige Stellen der alten Rang- liste unverändert geblieben sein. :

Zu den im Laufe des Ranglistenjahres erledigten Stellen ge- hôren die der verstorbenen Regiments-Chefs der Grenadier-Regi- menter 5 und 9 (General der Sufanteoie Bronfart von Schellen- dorf I. und General-Feldmarschall Graf von Moltke), des Infanterie- Regiments Nr. 25 (Seine Majestät der König Karl 1. von Württem- berg), der Infanterie-Negimenter 81 und 115, des Dragoner-Regi- ments Nr. 23 und des Feld-Artillerie-Re iments Nr. 25 (General- Oberst der Infanterie Ludwig 1V. Großherzog von Hessen und bei Rhein Königliche Hoheit), des “Cürassier - Regiments Nr. 5 (Nikolaus Nikolajewitich Großfürst von Rußland Kaiserliche Hobeit) und des Husaren-Regiments Nr. 9 (Constantin Nikolaje- witsch Großfürst von Rußland Kaiserliche Hoheit). Verliehene Cbef- stellen sind die des Infanterie-Regiments Nr. 13 (Königlich württem- bergischer General der Infanterie Herzog Wilhelm von Württemberg Königliche Hoheit), des Füsilier-Regiments Nr. 39 (Erzherzog Rainer von VDesterreih Kaiserlihe und Königliche Hoheit) und des Cürafsier- Regiments Nr. 5 (Seine Majestät der König Wilhelm TI. von Würt- temberg). Erledigt und bisher nicht wieder beseßt is die Stelle des General-Inspecteurs der 111. Armee-Infpection. Durch Todesfall find ferner vacant geworden und wieder beseßt: die Stellen des Präses der Landes-Vertheidigungscommission, des RNemonte-Inspecteurs, des Ge- neral-Commandos 1. Armee-Corps, des Commandanten von Koblenz, eines Infanterie- und eines Feld-Artillerie-Negiments-Commandeurs.

Durch Verseßungen bezw. Verabschiedungen und Beförderungen find vacant geworden und wieder besezt: Die Stellen der commandi- renden Generale des II. und XV. Armee-Corps, des Directors des Allgemeinen Kriegédepartements, diejenigen von 13 Divisionë-Com- HIanNboS 1 8,9, 10711, 19: 19,28. 29. 31. unv 33.) einer Cavallerie-Inspection, der Feld-Artillerie- urd der 4. Fuß-Artillerie- Inspection, diejenigen von 23 Infanterie-, 14 Cavallerie- und 5 Feld- Artillerie-Brigade-Commandes, 1 Ingenieur-Inspection, derJnspectionen der Jäger und Schüßen bezw. der Infanteries{hulen, der Landwehr- Inspection, des Gouverneurs von Straßburg, von 6 Commandanten, die Negiments-Commandeurstellen von 42 Infanterie-, 25 Cavallerie-, 11 Feld-Artillerie- und 6 Fuß-Artillerie-Regimentern, die Stellen des Inspecteurs der Gewehrfabriken, des Chefs des Militär-Reitinstituts, des Directors der Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule, der Comman- deure des Cadetten-Corps bezw. der Haupt-Cadettenanfstalt, des Inspecteurs des Militär-Veterinärwesens und der Commandeure von 44 Land- wehrbezirken. Die Stellen der Commandanten von Hannover und Neisse sind eingegangen. und das General-Artillerie-Comité ift auf- gelöst. Neu binzugekommen sind: die Stelle eines Abtheilungs-Chefs im Kriegs-Ministerium, der neuen Feld-Artillerie-Abtheilung, die Commandanturen der 6 Truppenübungëpläße bei Arys, Darmstadt, Hagenau, Jüterbog, in der Senne (Standort Paderborn) und bei Wesel, fowie die Unteroffizier-Vorshulen in Jülich und Wohlau und das Gadettenhaus in Karlêrußhe.

Die Abgänge in den Offiziercorps durch Verabschiedung belaufen ih auf 680 bei der Linie: 2 Generale, 19 General-Lieutena:.ts, 26 General-Majors, 49 Obersten, 34 Oberst-Lieutenanté, 121 Majors, 141 Hauptleute und Rittmeister, 107 Premier-Lieutenants, 161 Second- Lieutenants: 113 bei der Reserve und 819 bei der Landwehr, beim Sanitätscorps auf 49 der Linie, 31 der Reserve und 99 der Landwehr.

Durch Todesfall sind in Abgang gekommen: 5 Fürsten und Prinzen (bisherige Negiments-Chefs bezw. ohne Charge à la suite von Regimentern), 1 General-Feldmarschall (Graf von Moltke), 5 Generale (einf{ließlich derer, welche zwar niht mehr im Dienst, aber à la suite eineé Regiments ftanden), 1 General-Lieutenant, 3 General- Majors, 5 Obersten, 6 Oberst-Lieutenants aus dem activen Dienst- stande, 1 aus der Landwehr, 18 Majoré, 23 Hauptleute und Ritt- meister, 11 Premier- und 17 Second-Lieutenants des activen Dienst- standes, 6 Premier- und 27 Second-Lieutenants der Reserve, 2 Majors 7 Hauptleute bezw. Rittmeister, 15 Premier- und 21 Second-Lieutenants der Landwehr, ferner 2 Ober-Stabärzte 1. Klasse, 4 Stabsärzte, ein Assistenz-Arzt 1. und einer 2. Klasse der Linie, vier Assistenz- Aerzte 1. und fechs 2. Klasse der Reserve, 5 Stabsärzte und zwei Assistenz-Aerzte 1. Klasse der Landwehr.

_ Denjenigen Regimentern, welhe neben ihrer vrovinziellen Be- zeichnung Ebrennamen erhalten haben, sind hinzugetreten : das Füsilier- Regiment General-Feldmarschall Graf von Moltke (Schlesisches) Nr. 38, das Infanterie-Regiment von Alvensleben (6. Branden- burgishes) Nr. 52, das Infanterie - Negiment Markgraf Ludwig Wilhelm (3. Badishes) Nr. 111, das “In- fanterie-Regiment Kaiser Wilhelm (2. GroßherzogliÞh Hessisches) Nr. 116 und das Ulanen-Regiment Großherzog Friedri von Baden (Rheinisches) Nr. 7. Die Regimenter des 111. Armee-Corps haben, mit Auênahme des 1. Brandenburgiswen Dragoner-Regiments Nr. 2, sämmtli befondere Namen.

Beim Leib-Garde-Husaren-Regiment wird Seine Majestät der König von Württemberg und beim 1. Garde-Feld-Artillerie-Regiment Seine Majestät der König von Rumänien an der Spitze des Regi- ments hinter dem Chef geführt. Unter einem Abschnitte der Rang- liste find diesmal gar keine Offiziere aufgeführt, nämlih bei den „Offizieren von der Armee“. Wenn auch tim Laufe des Jahres mehr- fache Versetzungen dabin stattgefunden haben, so find die Betreffenden doch noch vor Fertigstellung der Rangliste entweder ausgeschieden oder in andere Dienststellen verseßt.

_ Die Zahl der Inhaber des Eisernen Kreuzes, welhe in der Rang- liste stehen, hat in den leßten Jahren erheblichß abgenommen. Es sind nur _noch vorhanden: Inhaber des Großkreuzes 1, des Kreuzes erster Klasse 183, des Kreuzes zweiter Klasse am s{hwarzen Bante 3306 und des Kreuzes zweiter Klasse am weißen Bande 464. Von den Kreuzen erster Klasse befinden sih in dem activen Dienststande 101 bei den Stäben der höheren Commandobehörden, 45 bei der Infanterie, 8 bei der Cavallerie, 4 bei der Artillerie, 1 beim Ingenieur- und Pionier-Corps, 6 bei der Gendarmerie und den Invaliden und 1 bei den Instituten, 1 bei der Reserve-Infanterie und 16 bei der Landwebr. Von den Kreuzen zweiter Klafse am schwarzen Bande befindet sih die Mehrzahl, 2660, bei dem activen Dienststande, 66 sind noch in der Referve und 580 in der Landwehr vorhanden. Das Eiserne Kreuz zweiter Klasse am weißen Bande i} mit 405 Eremplaren im activen Dienststande und mit 59 in der Landwehr vertreten. Das leßte Eiferne Kreuz aus den Jahren 1813—15 ist erst vor wenigen Jahren aus der Rang- liste geschieden.

n redactioneller Beziehuñg- sind einige Verbesserungen vorge- nommen, wie z. B. im Inhaltsverzeichnifse, wo die früher einzeln aufgeführten Unteroffizier-Vorshulen und die Militär-Lehrschmieden fortgelaffen find, welche nun unter dem Abschnitt „Unteroffiziershulen“ bezw. unter dem Gesammtabschnitt „Militär-Lehrshmieden“ gefunden werden ftönnen. :

und 181 Sanitäts- einshließlich der Af leute und Rittmeister,

Der Königlich bayerische Militär-Bevollmätigte hierselbst, General - Majorz Ritt.r vom Haag ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt. :

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Der Archiv - Assistent Dr. phil. Georg Liebe ist von

Koblenz an das Staatsarchiv in, der Archiv-Hilfsarbeiter Dr. phil. Staatsarhio in Marburg zum worden.

riedrich Küch bei a riv - Assistenten ernannt

S. M. Kreuzer „Sperber“, Commandant Corveiten- Capitän Fischer, beabsichtigt, am 3. Mai von Sydney nah Apia (Samoa-Jnseln) in See zu gehen.

__ Posen, 28. April. Dem Provinzial-Landtag lag ein Antrag des landwirthschaftlihen Centralvereins für das Großherzogthum Posen vor dahin gehend, bei der Königlichen Staatsregierung vorstellig zu werden, daß diese die Einführung einer für die Provinz Posen geeigneten Landgüterordnung be- wirken möge, wie dies in den Biedotnzés Brandenburg und Schlesien bereits gemein sei. Dieser Antrag wird unter anderem auch dur den Nachiveis begründet, daß der bäuer- lihe und Kleinbesiß in der Provinz Posen zurückgehe, denn 1816 habe die Zahl der spannfähigen Nahrungen 48 151 be- tragen, im Jahre 18890 nur noh 39 139. Die Ursache für diejen Nas glaubt der genannte „Centralverein mit in der unbeschränkten Erbtheilung zu erblicken und hält deshalb die Einführung der Landgüterrolle für geboten. Beschlossen wurde, diesen Antrag dem Provinzial-Ausschusse Zur Prüfung und Berichterstattung für den nächsten Provinzial- Landtag zu überweisen. Nachdem ein Gesuh der Lehrer an den Taubstummenanstalten Posen und Bromberg um Gewäh- rung des Wohnungsgeldzushusses an Stelle der jezigen Mieths- entshädigung abgelehnt war, wurde die Besoldungsordnung für die Lehrer an den Zwangserziehungs-Anstalten der Provinz derart festgeseßt, daß die Vorstcher und die Ersten Lehrer 2400 bis 3300 # Gehalt, die ordentlichen Lehrer 1200 bis 2400 Gehalt, die Hilfslehrer, welhe die erste Lehrerprüfung bestanden haben, 90 F Remuneration, und die, welche die zweite Lehrerprüfung bestanden haben, 1050 bis 1200 Æ Remuneration beziehen. Die allgemeinen Grundsäße für Gehaltszulagen wurden derart bestimmt, daß die Vorsteher und Ersten Lehrer in dreijährigen Zeiträumen 300 E, die ordentlihen Lehrer den gleichen Betrag in fünf- jährigen Zeiträumen und die Hilfslehrer, welche die zweite Lehrerprüfung bestanden haben, jährlih 59 A erhalten. Dem Vorstand des Samariter-Ordensstiftes zu Krashniß in Schlesien wird zur Erweiterung der Anstalt ein auf demselben sicher zu stellendes zinsfreics Darlehn von 20 009 M gewährt, welches fällig wird, sobald die zwischen der Provinz Posen und dem Ordensstift bestehenden Vertragsverhältnisse gelöst und die ¡jeßigen 130 Freistellen für Schwachsinnige dem E Verbande von Posen niht mehr zur Verfügung stehen. Nach- dem die Genehmigung zur Aufhebung des in Höhe von etwa 12500 A vorhandenen Fonds des aufgelösten landschaftlichen Creditvereins ertheilt war, beschließt der Landtag, daß ein Betrag von 10000 #6 zur Verstärkung der vom Staat zur Förderung der Landwirthschaft in der Provinz Posen in Aussicht gestellten Summe von 40 M dem Ober - Präsidenten mit der Bedingung zur Verfügung gestellt werden solle, daß jene Summe zunächst zur Hebung der Viehzucht verwendet wird und daß bei der Verwendung sowohl des Staats- als auch des Provinzial: zushusses die Provinzial-Verwaltung zugezogen wird. Dem Provinzialverein für die Wanderbettelei wurde nah längerer lebhafter Debatte, an der sich auch der Ober - Präsident, der Vorsißende des Provinzial - Aus- shusses und der Landeshauptmann betheiligten, für die Arbeiter-Colonie Alt-Laßig vom 1. April 1892 ab eine jähr- lihe, niht auf rehtliher Verpflihtung beruhende Beihilfe von 4009 M unter besonderen Bedingungen bewilligt. Ein aus der Mitte der Versammlung gestellter Antrag, diese Summe höher zu bemessen, wurde abgelehnt. Die nächste Plenarsizung, in welcher als einziger Punkt der Tagesordnung der Entwurf der neuen Saßungen für die Provinzial-Feuer- Societät zur Berathung kommt, findet morgen statt.

Saarbrücken, 29. April. Die Bekanntmachung, welche Freiherr von Stumm im Auftrage Seiner Majestät des Kaisers und Königs an seine Arbeiter erlassen hat, war in der „Saarbr. Ztg.“, aus der wir sie in Nr. 100 des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ abgedruckt hatten, niht ganz correct wiedergegeben. Wie er uns mittheilt, hat die Be- kanntmachung folgenden Worilaut:

„An die Arbeiter! Seine Majestät haben die Gnade gehabt, mi zu beauftragen, der gesammten Arbeiterschaft des D Werkes Allerhöchstibren Dank für ihre loyale Haltung und das Verständniß, welches jie den auf das Wohl der arbeitenden Klassen gerichteten Bestrebungen Seiner Majestät entgegenbringt, auszusprechen. Es ist N böiter Stolz, Euch diese Allerhöchste Anerkennung übermitteln zu durfen.“

Bayern. [ S München, 29. April. Die Kammer der Abgeord- neten seßte heute die allgemeine Berathung über die Vorlage wegen Erhöhung der Fa ge Tee fort. Der Abg. Hermann Bech Eorach für, der Abg. Haberland gegen die Vorlage. Der Abg. Bichl war für die Vorlage; er forderte ewer durch Gescßgebung gegen die aarenabzahlungsgeschäfte, Haußrhandel u. dgi. auf. Der Minister Freiherr von Fei- lib} ch erkannte die shwierige Lage des Handwerks an. Die Regierung thue ihr möglihstes dafür: das Verbot des Hausir- handels durch Aufsuchung von Bestellungen bei Privaten jei leider im Reichstag gefallen. Die bayerishe Re- gierung werde hierauf immer zurücfommen, ebenso darauf, daß der ambulante Gewerbebetrieb au des seßhaften Gewerbes am Niederlassungsort als Hausirhandel betrachtet, ferner daß die Ausstellung von Wandergewerbescheinen auch egenüber Reichsangehörigen von der Bedürfnißfrage aàb- hängig gemahi werde. Sie hoffe, damit doch noch im Reichstag einen Erfolg zu erzielen. Die Hausirpatentgebühren seien in Bayern erst jüngst wieder erhöht worden, ebenso das Haufiren an Sonntagen verboten. Ueber die Abzahlungs- geschäfte sei cin Gesey in Vorbereitung. Der Abg. Aichbichler tadelte, daß der „Jngolstadter Zeitung“ wegen eines mißliebigen Artikels über die Jüristen die amtlichen Anzeigen entzogen worden seien. Der Justiz - Minister Freiherr von Leonrod verlas den betreffenden Beschluß des Ober- Landesgerichts in Augsburg und überließ es dem unbe- fangenen Urtheil, ob ein Blatt, welches so empörend Juristenstand schmähe, ein amilihes Organ sein könne. B Abg. Burger sprach gegen die Vorlage, weil nit gleichzeitig

die Negiecung zu stärkerem L der lcbzarien

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die Pensionsnormen geändert würden. Der Neseret Freiherr von Soden hielt în einem Bete die Ausshußanträge aufrecht. Jn der heutigen Abendfißung wurde die Vorlage dem Beschluß des Ausschusses gemäß mit 129 gegen 29 Stimmen unverändert angenommen, nachdem der Minister- Präsident und der Finanz-Minister die Annahme nochmals lebhaft befürwortet hatten. :

Baden. j

Karlsruhe, 29. April. Seine Majestät der Kaiser hat an Seine Seniie Hoheit den Großherzog anläßlich dessen vierzigjähriger Regierungs-Jubelfeier ein Allerhöchstes Handschreiben gerichtet, worin es dem „W. T. B.“ zufolge heißt: die vierzigjährige Wiederkehr des Tages, an welchem der Großbecien die Regierung angetreten habe, werde nicht nur von der jubelnden Begeisterung seiner Junge badishen Völker, fondern soweit die deutsche

unge Élinge, mit freudiger Theilnahme begrüßt. Das andschreiben spricht den Wunsh aus, es möge dem Großherzog vergönnt sein, noch während einer langen Reihe von Jahren die Früchke einer dem Wohle seines gesegneten Landes unablässig gewidmeten Fürsorge zu genießen und im Bunde mit den übrigen deutshen Fürsten für die Größe des Reiches zu wirken. : Heute Vormittag brachten die Präsidien beider Kammern dem Großherzog getrennt ihre Glückwünsche dar. Der „Bad. Corr.“ zufolge antwortete Höchstderselbe der Depu- tation der Ersten Kammer: Wenn es ihm gelungen sei, etwas für das Reich, Land und Volk zu thun, so habe er dies vor allem dem Segen Gottes zu danken. Er erinnere sih mit Freuden der schönen geit, wo er selbst Mitglied der Ersten Kammer gewesen. Deputation der Zweiten Kammer dankte der Großherzog für die stets bewiesene treue Unter- stüßung; er freue si, an ihrer Spiße den Staatsmann Lamey zu sehen, der ihm als Minister vor langen Jahren treu zur Seite gestanden habe. Später empfing der Groß- herzog die große Landes-Deputation. Der Ober- Bürgermeister Schneßler verlas die von sämmilichen Gemeinden des Großherzogthums an den Großherzog gerichtete Huldigungsadresse. Der Großherzog dankte, wie „W. T. B.“ meldet, mit äußerst herzlihen Worten und hob in einem Rückblick auf die Zeit seiner Regierung deren größtes Ereigniß, die Einigung Deutschlands, hervor. Kein Opfer ei zu groß, um diese Einigung zu erhalten. Der Großherzog er- mahnte zu einträchtiger Arbeit: nur durch die Einigkeit aller der- jenigen, die die Erhaltung des Staats und der Ordnung als das hôchite Gut betrachteten, konnten manche Gefahren der Zeit über- wunden werden. Der Großherzog {loß mit der Versicherung, daß fein treues Herz aushalten werde, so lange Gott ihm Kraft verleihe. Jm Laufe des Tages fanden dann noch zahl- reiche Empfänge statt, darunter ein großer Empfang des diplomatischen Corps. Am Abend besuchten der Großherzog und die Großherzogin zum ersten Mal seit dem Trauerjahre 1888 das Hoftheater. Das Publikum begrüßte die hohen Herrschaften daselbst mit begeisterten Zurufen. Die- Stadt ist

Festlih geschmüdckt. Mecklenburg-Strelitß.

Strelisz, 29. April. Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin haben sh, wie die „Meckl. Nachr.“ melden, gestern Abend zu mehrwöchigem Aufenthalt nah England begeben.

Sachsen-Coburg-Gotha.

_Coburg, 28. April. Seine Königliche Hoheit der Prinz Alfred von Edinburg wird der „Cob. Ztg.“ zufolge am 4. Mai nah München übersiedeln, um an der dortigen Uni- versität seine Studien fortzuseßen.

Anhalt.

Dessau, 29. April. _ Der Geburtstag Seiner Hoheit des Herzogs wurde heute festlich begangen. Die Stadt ijt rei geshmüdckt, in sämmtlihen Schulen fanden Festfeiern statt. Mittags 1 Uhr erfolgte die feierlihe Enthüllung des von dem Baron von Cohn geschenkten Denkmals Kaiser Wil-

elm’s I. Seine Hoheit der Erin, sowie der Prinz duard, der Prinz und die Prinzessin Aribert von Anhalt, die Spitzen der Behörden und die gesammte Garnison wohnten der Feier bei. Die Festrede hielt Professor Gerlach. Deutsche Colonien.

Major von Wissmann hat, wie dem „N. B.“ aus Kairo gemeldet wird, seine auf den 29. April angeseßt ge- wesene Abreise nah Sansibar von wo er, wie gemeldet, die geplante Expedition nah dem Tanganjika-See führen wird auf die nächste Woche verschoben.

Wie cin vorgestern nah Schluß der Redaction aus Sansibar eingetroffenes Telegramm des „W. T. B.“ meldete, dessen Jnhalt dur ein gleichzeitiges Telegramm des Gouver- neurs Freiherrn von Soden aus Dar-es-Salam bestätigt wird, ist Dr. Stuhlmann am 15. Februar mit dem größeren Theil der Emin-Pascha-Expedition, doch ohne Emin Pascha, der erkranft sei und langsam nachfolge, in Bukoba ein- getroffen. Bukoba liegt am Südwest-Ufer des Victoria-Nyanza : dort wurde von Emin Pascha auf der von ihm im Auftrage des Neichscommissars Majors von Wissmann im Jahre 1890 unternommenen Expedition eine deutshe Station angelegt. Von dort hatte sich nach verschiedenen Berichten und Ver- muthungen Emin Pascha mit seinen Leuten, also auch mit Dr. Stuhlmann, nach Westen gewandt; es hieß dann, er sei zunächst am Albert - Edward - Nyanza und später am Albert - Nyanza gesehen worden, asso in die früher von ihm verwaltete (egyptishe) Provinz Aequatoria zurückgekehrt. Jeßt wird gemeldet , daß die Ex-' pedition, welche also hon längst die deutshe Jnteressensphäre überschritten hatte, bis nah Undufsuma gelangt war. Undussuma liegt nah Mittheilung des Telegramms westlich vom Albert- Nyanza und zwar 11/29 nördlicher Breite; dort hätten Hunger und Krankheit den Weitermarsh verhindert. Emin Pascha wäre also eun! nicht bis Wadelai gekommen und hätte also auch nur die südwestlihe Ecke des Albert-Nyanza errciht, von wo die Umkehr erfolgte. Zugleich mit dieser Nachricht wird dur die Münchener „Allgem. Ztg.“ bekannt, daß jenes Sthreiben, dur welches Emin Pascha der Vorschlag se wurde, er möge unter den gleihen Bedingungen wie

mann und Peters in den Reichsdienst eintreten, nicht in seine Hände, sondern als unbestellbar wieder an die

ütte zurückgelangt ist. Jenes Schreiben tatirte vom 3. Tehenan e

„Dos vollständige Dunkel, welches noch über die weiten Findergebiete zwishen dem Kilimandjaro und dem

ictoriasee ausgebreitet liegt, der Umstand andererseits,

daß die directe Entfernung von der Meeresfüste bis zum Victoriasee durch dieje Gebiete hindurh etwa um ein Viertel kürzer ist als diejenige auf der von den Karawanen begangenen Straße über Mpwapwa- Tabora, legten die Frage nahe, zugleich mit der Er- forshung der unbekannten Landstrecken diese kürzere Wege- verbindung aufzusuchen und, wenn möglich, dem Verkehr zu eröffnen. Diese Frage lag um so näher, als fast die Hälfte dieses Weges dur die Errichtung der Stationen auf dem Kilimandjaro bereits bekannt geworden und gesichert worden war. Der Plan der Ausführungscommission der Anti- \flaverei-Lotterie, die Beantwortung dieser Frage zu oer- suchen, bege sich mit einer ähnlihen Absicht der Deutsh-Ostafrikanischen Gesellschaft und führte zu einer Ang dahin, daß die Ausführungscommission si verpflichtete, bei der dem bewährten Reisenden Dr. Baumann zu übertragenden Expedition die die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft interessirenden Untersuchungen mit ausführen zu lassen und die Resultate der Gesellshaft zur Verfügung zu stellen, wogegen die Gesellschaft der Ausführungscommission zu den Kosten der Expedition einen Beitrag von 35000 # leistete. Dr. Baumann verließ Ende Oktober Europa, begab si zunächst nah Massowah, wo es ihm bei kurzem Aufenthalt gelang, fünfzehn Sudanesen-Soldaten anzuwerben, von da nah Aden, kaufte daselbst drei Lastkameele an und reiste dann mit seiner Begleitung, die er noch um drei Gebirgs-Araber zur Wartung der Kameele vermehrt hatte, nah Ost-Afrika. Dort traf er am 20. November ein und ging, nahdem ihm die vom Gouverneur erbetene Unterstüßung zugesichert worden war, sofort an die Vorbereitung zur Ssammeénsteltun seiner Karawane, die vorzüglich in der Anwerbung der erforderlichen Träger und in der Beschaffung und Verpackung der für die Massailänder nothwendigen Tauschartikel bestand. Dr. Bau- mann vermochte seine Vorbereitungen fo rechtzeitig zu beenden, daß er den für seinen Abmarsch von Tanga festgeseßten Termin, den 15. Januar d. J., einzuhalten vermochte.

Ueber seinen Marsch berichtet er unter dem 1. Februar d. J. von Kisuani am Kilimandjaro aus wie folgt:

An die Auéfübrungscommission der Deutschen Antisklaperei- Lotterie in Koblenz.

In meinem leßten Schreiben aus Tanga erlaubte i mir Jbnen meinen bevorstehenden Abmarsch anzuzeigen. Dieser fand am 15. Januar anstandslos statt. Beim Aufbruch fehlten mir einige Leute, deren Lasten auf das Kameel und einige unbelastete Esel ver- theilt wurden und die in den nähsten Tagen der Karawane nafolgten. Thatfächliche Desertionen kamen nur drei ver, und es ist nicht mehr wahr- scheinlich), daß jeßt noch Leute fortlaufen. Mit mir gemeinsam brach die kleine Grpedition des Herrn Barons Jokey , eines ungarischen Svportsman, auf, der sh zu Jagdzwecken nah dem Kilimandjaro begiebt. Ueberall, selbft in der Steppe, wurde ih dur die erstaunlih reiche Vegetation überrascht, welcher die leßten ungewöhnlih starken Regen Entstehung gaben. Faîst alle font trockœenen Wasseruisse führen os gegenwärtig reichlich Wasser. Im Wadigo - Land ergriffen die durch die leßte militärishe Erpedition einges{üchterten Ein- geborenen bei Herannahen der Karawane sämmtlih die Flucht, was für mich deshalb unangenehm war, weil es mich zwang, die Mann- schaften durch Fouragiren zu verpflegen. Die ersten Eingeborenen befamen wir in Buiti zu sehen, von wo aus wir uns nach Daluni begaben. Dortselbst gedeiben die letzten Cocospalmen und endet das Küstengebiet; dort gönnte ich den der Lasten noch ungewohnten Trägern einen Nastiag. In Buiti sowohl wie in Daluni vernahm ih bittere Klagen der Eingeborenen über die fortwährenden Einfälle der Wataita aus British-Ost-Afrika behufs Vieh- und Menschenraubs.

Von Daluni marschirten wir durd) die Umba-Nyika nach Kitivo und Lungufa, von wo ih einen Ausflug nach Mlalo unternahm. Die drei in der prächtigen Hohmulde lebenden deutschen Missionare traf ih in bester Gesundheit an. Dieselben baben sich auf einem herrlich pin Bergvorsprung einige Lehmhütten errichtet und in einem

leinen Gärtchen einige unbedeutende Gulturen angelegt. Von Lungusa zogen wir um den charaftteristischen Bergvorsprung von Msfambara nach Mnasfi (Mbaramu). Von dort s{chlug ih nicht den ge- wöhnlihen Weg nah Gonja ein, da dieser in feinem leßten Theil stark versumpft und daher gegenwärtig {wer gangbar ist, sondern zog durch die Nyika-Steppe am Nordfuß der Igorgohügel vorbei direct nah Kisuani. Wir fanden mehrmals Wasser, fowohl in Tüm- peln wie au in Wasßserrifsen, besonders im Kambaga. Gestern Nach- mittag langten wir bier in dem kleinen Miklitärposten Kisuani an, der von fünf Swahili-Askaris beseßt ist. Da hier ziemli viel Mais erhältlich ift, werde ih einige Tage hierbleiben, um mine Karawane für den Marsch dur die Massai-Steppe zu verproviantiren. ___ Mit meiner Mannschaft habe ich biéher auen Grund zufrieden zu sein. Die Sudanesen versehen hauptsählich den nächtlihen Wahht- dienst und bilden die Vor- und Nachhut auf dem Marsche. Den Swahili-Askaris fällt die Beaufsichtigung der Träger und Transport- thiere, der ganze Lagerdienst und die Freimahung der Route von Hindernissen zu. Vou den Trägern bewähren sih die an die biesige egend gewöhnten Pangani- und Tanga-Leute vorläufig am besten, die Bagamoyo-Leute fühlen sich mit Ausnahme meiner alten Träger hier noch etwas fremd, werden fich aber wohl bald eingewöhnen, da sie sehr guten Willen zeigen. Desertionen kommen, wie gesagt, niht vor; die drei Leute, welche fortliefen, waren fremde Wabondei, die ih mir auéhilfêéweise mitgenommen. -

Bezüglich der Verpflegung der Leute befolge ih die arabische Methode, d. h. ich ftaufe die Lebensmittel im Großen ein und ver- theile sie an die Träger, was ungleih billiger zu stehen fommt, als das von Europäern meist angewandte System der Vertheilung von Zeug. oder Glasëperlen an die Träger. Sehr gute Erfahrungen mache ih bisher mit den Eseln, welche jeder zwei Lasten anstandslos be- fördern. Das Kameel ist jeßt gesund und befördert Wassershläuche.

Ich marschire von hier nah dem Bangamifluß, überseße denselben und dringe in die Maßai-Ebene ein. Da die Viehseuche dortselbst

abfoluten Naßhrungsmangel hervorgerufen, bin ich nicht in der Lage, Ihnen über meine projectirte Route näheres mitzutheilen und ist es mögli, daß Sie bis zu meiner Arkunft am Victoria-See nichts mehr von mir hören.

Hochachtungsvoll und ergebenst

Dr. Oscar Baumann.

_ Nach einem bei der Ausführungscommission am 22. April eingelaufenen Telegramm sind nun an diesem Tage bereits Nachrichten an die Küste gelangt, wonah Dr. Baumann den Victoria-See mit seiner Expedition E ehalten erreiht hat. Es scheint demnach, daß er auf seinem Marsche keine erheblichen Schwierigkeiten zu überwinden gehabt hat. : _ Bei der Ausführungscommission des deutschen Anti- sklaverei-Comités ist die telegraphishe Meldung eingetroffen, daß nah an die deuts-ostafrikanishe Küste gelangten Nach- rihten Baron Fischer mit seiner Expedition Tabora wohl- behalten erreiht hat, daß dagegen Herr Oscar Borchert erkrankt ist und an seiner Stelle Graf Schweiniß gemäß der für diesen Fall getroffenen Anordnung die vorläufige Führung der Expedition übernommen hat.

Die Ausführungscommission der deutschen Antisklaverei-Lotterie sucht einen jungen A rzt, welcher bereit und körperlich geeignet ist, als Freiwilliger gegen Ge- währung freier Ausrüstung, freier Reise, freier Unterkunft und Verpflegung (aus\chließzlich Getränke) auf die Dauer

von zwei Jahren an den Victoria-See zu gehen. Er

müßte schon längere Zeit in Lazarethen und Kliniken als Arzt as pie e im Operiren geschickt sein. Bewerber, welche ihrer schriftlihen Bewerbung einen Lebenslauf und Abschrift ihrer Zeugnisse beizufügen Haben, haben fich an den Geschäftsleiter der Commission, Bergrath Dr. Busse in Koblenz zu wenden. Die Abreise würde am 25. Mai von Hamburg

aus zu erfolgen haben.

Oesterreich-Ungarn.

Jm Abgeordnetenhause is gestern au bei der Be- ia dep Geseßentwurfs über die Personalsteuern die Frage s böhmischen Ausgleihs zur Sprache gebracht worden. Bie „W. T. B.“ berichtet, erklärte der Jungczehe Herold eine gerehte Steuerreform ohne die - gerehte politishe Be- friedigung der Völker Oesterreichs für undurchführbar und warf der Regierung eine ungeseßlihe und strafbare Action und politische Rancune gegenüber dem böhmischen Volke vor, das sie um seine Rechte zu bestehlen versuhe. Der Redner erhielt wegen des leßteren Ausdrucks einen * Ordnungsruf. Der jungezehishe Abgeordnete Vasaty stellte den Antrag, die Regierung aufzufordern, sie möge den Erlaß des Justiz- Ministeriums vom 3. Februar 1890 als den Geseßen zuwider- laufend und den Rechten und Interessen Böhmens und des Reichs abträglih aufheben. Die Berathung des Antrags auf Verseßung des Justiz-Ministers Grafen Schoenborn in den Anklagezujtand soll, wie es heißt, für Mittwoch auf die Tages- ordnung gestellt werden. Seitens der Deutsch-Liberalen wird der Abg. Dr. von Plener den Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung stellen. , Der Budgetaus\schuß des Abgeordnetenhauses berieth gestern die vom Herrenhause zurücgelangte Vorlage uber die Theuerungsbeiträge für Staatsbeamte und beschl»® die Erhöhung der Beitragssumme auf eine Million, jedo, hne Heranziehung der Kassenbestände, aufreht zu halten. Der Finanz-Minister erklärte, bei dem bisherigen Standpunkte der Regierung verharren zu müssen.

Großbritannien und Frland. ___ In seiner gestrigen Sißung berieth das Unterhaus einen Antrag des Mitgliedes Clark wegen Errichtung be- fonderer Parlamente für Ar Schottland, Wales und England. Der Antrag wurde laut telegraphischer Meldung mit 74 in Uf Stimmen verworfen.

Ueber den Verlauf der Unterhausdebatte über die Frauenstimmrehts-Bill, deren Ergebniß, nämlich die Ab- lehnung der zweiten Lesung, am Donnerstag son telegraphisch gemeldet wurde, entnehmen wir der „A. C.“ noch folgende ausführliheren Mittheilungen :

In der Namittagsfißung des Unterhauses am Mittwoch be- antragte Sir Albert Nollit die zweite Lesung seiner Frauen- stimmrechts - Bill. Man habe, so führte er aus, die Bill als revolutionâr, gegen die Ordnung der Natur verstoßend, charakterisirt. In städtishen Angelegenheiten aber hätten ja die Frauen schon lange ein: Stimmrecht befessen. In Yorkshire und anderswo hätten die Frauen zu Zeiten der Plantagenets gestimmt und ebenso zu Zeiten der Tudors. Man pflege doch stets zu sagen, daß Besteue- rung ohne Vertretung Tyrannei sei. In Guern]ey hätten Haus- besißerinnen das Stimmreht. Nur wären sie niht für ein Amt wählbar und könnten auch nicht in den „Staaten“ fißen. Das Unter- haus würde wohl durhweg der Ansicht huldigen, daß Frauen uicht im Parlament sißen follten, felbst wenn man ihnen das Stimmrecht ge: währe. Man sage, daß die Frauen das Stimmrecht gar nit be- gehrten. Das fei nicht wahr. Seine Bill besage ja weiter nichts, als daß jede Frau, welche in Großbritannien in Borougbs und Grafschaften ein Wahlrecht besitze oder in Irland bei den Armen- vflegewahlen stimmberehtigt sei, auch als parlamentarische Waäbhlerin in die Listen eingetragen werden sollte. Hierdurh würdé die Zahl der Wähler um 1 Million vermehrt werden. Im Jahre 1869 sei den Frauen das Stimmrecht für die Municipalwabhlen gegeben worden; die Erfahrung sprehe zu Gunsten der Ausdehnung diefes Nechtes. Es gebe viele Dinge, über die Frauen ebenso gut stimmen könnten wie Männer, z. B. Ehescheidung, Heirath mit der Schwester der verstorbenen Frau 2c. Die Wenigsten ahnten, wie viele Frauen Farmen besäßen und Schafzucht trieben. Auch in hygienischen Dingen müßten die Frauen ein Wort mitzureden haben. '

Als energisher Gegner der Bill trat der liberale Abgeordnete von Liverpool S. Smith auf. Gegen die Motive der Vorlage wolle er nichts sagen. Es scheine unlogisch, daß Frauen bei städti- schen und nit bei Parlamentêwahlen stimmen dürften. Das erstere Necht sei den Frauen durch einen reinen Zufall, ohne Debatte, um 3 Uhr Morgens, durch Parlamentsbeschluß zu_ theil geworden. Er- theile man den Frauen das parlamentarische Stimmrecht, fo könnten sie ja auch Bischöfe, Richter und Generale werden. Frauen würden niemals einsihtige Politiker abgeben. Keine der beiden großen Par- teien würde durch die Annahme der Bill gewinnen. Das Land würde um Hunderte von Jahren zurückgeworfen werden. Sir A. Rollit's Bill sei die revolutionärste der modernen Zeik.

Sir W. Barttelot (cons.) meinte, die Frauen würden, wenn sie stimmen dürften, in Gegensaß zu den Männern gerathen. Bryce (lib.) wiederholte das Gladstone’she Argument, daß die Frauen das Stimmrecht gar nicht haben wollten. Die Arbeiterinnen würden auch nicht höhere Löhne bekommen, wenn Frauen im Parlament säßen. Im amerikanischen Territorium Washington hätten die Frauen vor 1889 das Stimmrecht gehabt, dann fei es ihnen aber mit zwei Drittel Mehrheit wieder genommen worden. i Der Leiter des Unterhauses Balfour trat für die zweite Lesung der Bill ein. Er äußerte, es sei niht zu befürchten, daß die englische Nation dadur eine Nation von Frauen und Kindern würde. Wenn man fage, daf die Frauen niht in den Kampf ziehen könnten, so sei das ebenso der Fall mit allen über 60 Jahre alten Männern. Beide pvolitishen Parteien hätten doch ihre Frauenvereine. Wenn Frauen auch vielleicht niht Parlaments-Abgeordnete werden follten, fo önnten sie do alle vier oder fünf Jahre einmal wählen.

Dic Abstimmung über die Bill ergab, wie {hon mit- getheilt, 152 Stimmen für und 175 gegen die zweite Lesung. Dafür votirten 77 Conservative, 52 Parteigänger Gladstone's, 12 liberale Unionisten und 11 irishe Nationalisten, dagegen 64 Conservative, 80 Gladftonianer, 24 liberale Unionisten und 7 irische Nationalisten. Von den Ministern stimmte die Mehr- zahl gegen die Bill, dafür stimmten jedoch Mr. A. Balfour, Sir John Gorst, Sir H. Marwell, der Attorney-General fis Zrland und Mr. Stuart Wortley. Mr. Gladstone, Sir W. } e hatt Mr. Mundella, Mr. Campbell-Bannermann, Mr. H. Fowler, Mr. J. Chamberlain und Sir H. James von der liberalen Partei befanden sih unter der Majorität, während einige andere Mitglieder aus den vordersten Reihen der Opposition mit der Minorität stimmten. Die Abstimmung erfolgte R ohne jede Rücksicht auf den Parteistandpunkt.

Dieselbe von Parteiprincipien gesonderte Meinungsverschie- denheit drückh sich in den Leitartikeln der großen Morgen- blätter überÿie Parlamentsabstimmung aus. Der „Standard“ meint, den Añgelpunkt der Frage bilde die Unteritüßzung, die man von den b}figenden Frauen in dem bevorstehenden Kampfe

der Massen geghn die besizenden Klassen zu erlangen suchen.