1911 / 290 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Dec 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Bekanntmachung.

In Abänderung von Zifff. T1, 9 der Bestimmungen vom 96. Oktober 1910, I. 7792, betr. die Anerkennung der Berg- \{hulen zur Ausstellung von Zeugnissen über die technische und gee Befähigung der Aufsichtspersonen, erkläre ih die

erg\shule zu Dillenburg für befugt zur Ausstellung von Zeugnissen d

für die Betriebsführer und Obersteigerstellen im Erz-, Braunkohlen- und Dachschieferbergbau des Oberhbergamts- bezirks Bonn

sowie für die Stellen der unteren tehnishen Werksbeamten,

insbesondere der Gruben- und Tagessteiger im gesamten Erz- und Dachschieferbergbau Preußens sowie im Braun- fohlenbergbau des ‘Oberbergamtsbezirks Bonn.

Berlin, den 4. Dezember 1911.

Der Minister für Handel und Gewerbe. Sydow.

Der Gewerberat Kran is zum 1. Januar k. J. von Oppeln nah Frankfurt a. O. verseßt und mit der fom- missarischen Verwaltung der Stelle eines Regierungs- und Ge- wer L bei der Regierung in Frankfurt a. O. beauftragt worden.

‘Nichfamlliches. Deutsches Reich.

Preufsen. Berlin, 9. Dezember.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge des Staats- selretärs des Reichsmarineamts, Großadmirals von Tirpiß, des Chefs des Admiralstabes der Marine, Vizeadmirals von Hee- ringen und des Chefs des Marinekabinetts , Admirals von Müller entgegen.

Der Ausschuß des Bundesrats für Handel und Ver- kehr, der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen, die vereinigten Aus\chüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen sowie die: vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.

Die Postsche ckonferenz, die am 5. d. M. im Reichspost- amt stattfand und an der eine größere Zahl von Vertretern von Handel, Jndustrie, Landwirtschaft, Gewerbe , Handwerk und sonstigen JInteressentenkreisen sowie Kommissare mehrerer Reichsressorts usw. teilnahmen, wurde vom Staatssekretär Kraetke durch einen kurzen Nückblick auf die nunmehr drei- jährigen Ergebnisse des deutschen Postscheckverkehrs ein-

das Kalenderjahr 1911 f danach bereits ein

m Reichspostgebiet zu

verzeichnen, wovon ungefähr die Hälfte ohne Sani ruhnäahme

von Barmitteln lediglih im cet abgewidelt worden

ist. Mit Recht konnte der Staatssekretär deshalb E hin-

weisen, daß sih der Postscheckverkehr, ungeachtet der erst kurzen

De seines Bestehens, als ganz besonders geeignet erwiesen

abe, den bargeldlosen Zahlungsverkehr zum Wohle der Nation zu fördern. :

Bei Erörterung der Frage der gegenwärtigen Post chedck- gebühren, die den Mittelpunkt der anschließenden Debatte bildete, wurde von den Vertretern allgemein und dringlich die Beseitigung der Zuschlaggebühr von 7 5 gewünscht. Für die künftige Gestaltung wurde allgemein als zweckmäßig anerkannt, die Vorausbezahlung der Gebühren unter Verwendung von Freimarken einzuführen, Man mar ferner darüber einig, daß an einer Differenzierung der Gebühren für Einzahlungen, Ueber- weisungen und Barrückzahlungen festzuhalten sei und daß es sich empfehle:

1) für jede Bareinzahlung eine Einheitsgebühr von 10 Z ohne Rücksiht auf die Höhe des Betrags,

2) für jede Barrückzahlung, an Stelle der bisherigen Grundgebühr von 5 -Z und der Steigerungsgebühr von 1/10 vom Tausend des auszuzahlenden Betrags, eine feste Gebühr von 5 S für je 500 6 und

3) für jede Ueberweisung eine Einheitsgebühr von 3 H festzuseßen.

Die von einigen Vertretern vorgeschlagene Bemessung der Bareinzahlungsgebühr auf 5 Z wurde für nicht ausreichend erflärt, um nah Wegfall der Zuschlaggebühr im Posischeck- verkehr das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Aus- gaben zu erhalten. Gegenüber der von einzelnen Vertretern angeschnittenen Frage wegen Einführung der Verzinsung der Kontoguthaben verhielt sich der Staatssekretär unter Hinweis auf seine bei Einführung des Postscheckverkehrs , Du Reichstage abgegebenen Erklärungen ablehnend, was die überwiegende Mehrzahl der Vertreter beifällig aufnahm. Hinsichtlih der Höhe der Stammeinlage wurde deren Herab- sezung von 100 # ai 50 M, au im Junteresse der weiteren Entwicklung des Posi eckverkehrs, von der großen Mehrzahl der Vertreter für durchaus erwünscht bezeichnet; es würde damit den mittleren und fleineren Uiisétilehimeen und Ge- [hafen der Beitrilt zum Postscheckverkehr erleichtert. Auch prach man sih dafür aus, von einem Höchstbetrage für Zahl- farten (jezt 10 000 M) fünftig abzusehen, was der Staats- sekretär in Aussicht stellte; weiterhin erklärte er sich bereit, zu prüfen, ob der derzeitige Höchstbetrag für Schecks von 10 000 H auf 20 000 46 herau gesetzt werden fann. p Wunsche einer Reihe von Vertretern , für den schriftlichen Ver- kehr der Kontoinhaber mit den Postsheckämtern die Porto- gebühr pl ermäßigen oder ganz zu bèéseitigen , machte der S etär Bedenken gegen eine Vermehrung der Porto- vergünstigungen geltend auch unter Hinweis auf die an eine folhe Maßnahme sich knüpfenden sonstigen Berufungen. Hin- sichtlich der im Postscheckverkehr von der Reichspostverwaltung eingeführten Formulare zu Zahlfarten, Ueberweisungen . und Schecks wurde von den Vertretern anerkannt, daß diese For- mulare den derzeitigen Nerkehrsbedürfnissen entsprehen und daß sich auch ohne Nachteil für den Verkehr ihre Zahl zurzeit

{ verringern läßt. Jm Interesse einer weiteren Be-

geleitet. aps .Gesamtum}say von 25 Milliarden Mark

treter die Einführung einiger Neuerungen, telegraphischer Ueberweisungen u. a. m. Auch schiedenen Vertretern eine Vereinfachung, eine Verbilligung des fonto und Reichsban t für wünschenswert

Bezüglich des Zeilpunkts für die geseßliche Regelung

von Vertretern den L April 1912 damit noh weitere Erfahrungen auh in bezug Gebührentarif gesammelt werden fönnten, eine \chiebung der ac

Bedenken wurde hon durch das Meles zweiten Nachtrags zum eihshaushaltsetat für 1908 die rundsäßli L Vorschriften eine künftige

Regelung vera E o

die voraussichtli

niht unterliegen werden, wie U. a. die über den Beitritt zum Postsheckverkehr, über den austritt, über den Höchstbetrag der Gebühren, über d verzinsung der Guthaben, über verwaltung. Au

gebührenordnun Reichskanzler, also dur Für die Festlegung derjenigen Bestimmungen, die U. der jeweiligen tung des Verkehrs O und danach auch die Feslezung über die Bah scheckämter gehören 1 rde, käme die jederzeit leicht zu Form einer Verordnung in Betracht.

allgemeine

erfügung, betreffend die Beseßu mittleren, i

Kanzlei- und Unterbeamtenstell

eins, erlassen, die, wie folgt, lautet: Von denjenigen Stellenanwärtern, welche in allen

mehreren Oberlaidélger

zeihnisse für die den

stellungsscheins

großer Teil Diätarstellen auf Anfrage aus. 1) Bewirbt sih ein

stellungsscheins um “die gleidhzeitige

verzeichnisse von 2 oder mehr Oberlandesgerichtébezirken,

anerkannt ist (Heimatébezirk), bereit ist. 1 der Provinzialbehörde seines Heimatsbezirks

Verfü

diätarische

angenommen werde, er wünsche Diätarstellen nur in seinem bezirk anzunehmen. Hat der Bewerber ich für

er aufzufordern, sich darüber zu erklären, in welchen Diätar nicht angestellt zu werden wünscht. “Die behörde des Hetimatsbezirks _ hat demnächst den der Meldung beteiligten Stellen in der nah der allgemeinen Verfügung vom 28. November 1907 Benachrichtigunç h) Kenntnis zu

zur Uebernahme Îw Diätarstellen nicht bereit ist. Bewerberverzeichnissen

Spalte „Besondere unse“ zu vermerken und es ift von Diätarstellen von abzusehen.

Nr.

der Einberufung eines solchen

der auf die Uebernahme von Diätarstellen nicht verzichtet Annahme einer solchen {ständigen oder S

stihhaltigen Grund ab, so ist er in dem #2 jentgen Bezirks zu streichen, welchem die Stelle angehört“ Justizverwaltung, 6. Aufl. S. 358 Zus. b, S. 362 Zuf. 1)

der Änwärter sich vorbehaltlos in das Bewerberverzeichnis tragen lassen. :

Non der Streichung im Bewerberverzeihnis is abzusehe der Anwärter erklärt, zur Frage kommenden Bezirke nit mehr bereit zu sein. dem leßten Saße der Nr. 1 zu verfahren.

Die Anwärter sind beim Anbteten einer Vorschriften dieser Nummer hinzuweisen.

voraesehenen Anfragen auch rihten und demnächst sinngemäß na

4) Die Verfügung tritt am 1. Januar 1912 in Kraft.

Wildpark bei Potsdam, 9. Dezember. der Kaiser und König traf, wie „W. D. BV.-

ein und begab Königin, die fi

zum Empfange auf gefunden hatte, na i

dem Neuen Palais.

Hannover, 7. Dezember.

auf weitere Ermächtigung des den ständigen farrgehilfen Zuschüsse

zufolge, den fonsistoriums,

Antrag

betreffend die Verlegung der Marienfeste im Osnabrü in zweiter Lesung an. - Die Anträge, und die Bekämpfung unsittlicher Einrichtungen, wóurd Wahrung der ostfrie j Jugendpflege der Kommission überwiesen. rc vertagte 9. Januar nächsten Jahres.

für Kultus sich die Synode

Großbritannien und Frland.

Das „Reutersche Bureau“ ist unterrichtet worden, daß eine große Zahl der Berichte,

Umlauf befänden, übertrieben und ungenau seien. der Oeffnung der Dardanellen werde,

mächte der Verträge sein, die den politischen Status der

ni schleunigung des Postscheckverkehrs empfehlen einzelne Ver-

X

straßen regeln.

wie die Zulassung wurde von ver- | namentlich 8 Ueberweisungsverkehrs zwischen M

überweisungs- und Scheverkehrs erachtete eine größere ahl für verfrüht und em ahl,

eglichen Regelung um 2 bis 3 Jahre. vom Staatssekretär entgegengehalten, betreffend die T: eines

“worden sei, d. h. also für die Vorschriften, auf längere Zeit hinaus einer Aenderung Bestimmungen

) er die Gewährleistung der Post- ch käme hinsichtlich der Gebühren in Frage, im

Entwurf zum R —— wie es in der Fernsprech- geschehen ist vorzusehen, daß sie durch den

Verordnung, ermäßigt werden können.

und Orte der Po

Der Justizminister hat unterm 3. Dezember 1911 eine Militäranwärtern und Jnhabern des Anstellungs-

ichtöbezirken gleichzeitig in die Bewerberver - Militäranwärtern und den Inhabern des An- vorbehaltenen Stellen eingetragen sind, \{lägt ein : ur Vermeidung des hieraus ecwachsenden Unnüßen Schreibwerkes bestimme ih folgendes : ‘litäranwärter oder ein Inhaber des An- Eintragung in die Bewerber-

anzugeben, ob er au au erhalb desjenigen Oberlandesgerichtsbezirks, in welhem ihm das Befä igungézeugnis erteilt oder feine Befähigung

e ( Stellèn zu übernehmen Unterläßt er eine solche L, so ist er dieserhalb von

r. 11 3a der alloemeinen gun vom 28. November 1907 Fust.-Minist.-Bl. S. 559 —) mit dem Eröffnen zu befragen, daß, falls er nit binnen 1 Woche antworte,

þ j den leßteren Bezirk überhaupt nit, sondern ledigli für andere Bezirke gemaldet, so ift Bezirken er als

Provinzial- übrigen bei

zu erlassenden eben, inwieweit der Bewerber ! Dies ist tin den der beteiligten Oberlandesgerichtöbezirfe in der

eim Freiwerden Anwärters

2). Lehnt ein in das Bewerberverzeichnis eingetragener Anwärter,

ständigen Stelle ohne ewerberverzeichnisse des-

Entfernungen des Ortes der angebotenen Stelle wird als ein haltiger Grund in der Regel um deswillen nicht anzusehen sein, weil

Uebernahme von Diätarstellen in dem in Dann ift na

Diätarstelle auf die

3) Die Provinzialbehörde des Heimatsbezirkes hat die in Nr. 1 an die bereits eingetragenen Anwärter zu Nr. 1 weiter zu verfahren.

Seine Majestät

gestern nachmittag aus Oberschlesien auf der Station Wildpark sih mit Jhrer Majestät der Kaiserin und dem Bahnhof ein-

zan / Die Landess\syzode der evangelisch-lutherishen Kirche der Provinz Hannover nahm in der gestrigen Sizung, dem „Hannoverschen Courier“

halt und Erleichterungen pen hilich der Nubegehalidveri zu gewähren, mit einigen Abänderungen und den Gesegentwurs,

1 Zwe l betreffend die Fürsorge für die hauswirtschaftliche Ausbildung der weiblichen Jugend

kurzer Debatte der großen Kommission und der Antrag auf fischen Ota tian prLis und kirchlichen

und Unterricht

bis zum

von maßgebender Seite

über die Haltung der Mächte zur Durdanellen ege im

e soweit sie greifbare Ge- stalt angenommen habe, Gegenstand der Erwägung der Signatar-

aber ezeichnet. des Post-

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nur für geseßliche

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Frankreich.

Die französische Regierung hat nah einer Meldung des „W. T. B.“ zur Erörterung des deutsch-französischen Uebereinkommens in der Kammer den 14. Dezember uns gesezt und in die Abtrennung der Interpellationen eingewilligt.

Rußland.

i: Jn der Reichs duma beg annen gestern die Verhandlungen über den Gesetzentwurf, betreffend die Abtrennung des Gouvernements Chelm von Polen.

Nach tem Bericht des „W. T. B.* hob der Berichterstatter Lihatschew hervor, daß die wirtschaftlich abhängige Bevölkerung im Gouvernement Chelm überwiegend aus russischen Bauern bestehe, denen gegenüber die polnischen Großgrundbesiger sih- in der Minderheit befänden. Das s eine en der polnischen Kreise gehe dahin, die dortige russishe Bevölkerung zu fatholisiecen und zu polonisieren. Der Minister des Innern Makarow erklärte: in den gegen die Absonderung des Gouvernemenis erhobenen Einsprüchen jei die Bedeutung dieser Frage wesentlich über- trieben. Die Vorlage stelle tatsächlih nur eine Aenderung der ianeren Verwaltungsordnung in einem kleinen Teile des russishen Reiches dar. Ueberlieferungen, Sprache und eographische- Lage bewiesen un- leugbar, daß das Gouvernement C elm von der russishen Be- völkerung besiedelt worden sei. Die Vorlage “werde nit Zwist und Verfolgung hervorrufen, sondern nuc der russi- schen Bevölkerung die Möglichkeit geben, dem Gebiete scine Ursprünglichkeit und sein nationales Selbstbewußtsein wiederzugeben und in ihm das tamit verbundene “Gefühl der Anhänglichkeit an das russishe Staatstum zu entwickeln und zu festgen Der Vertreter des Polenklubs Dym sa fritisierte die Ausführungen des Ministers \harf, wobei er von der Rechten dur heftige Zwischenrufe unterbrochen wurde. Der Redner wies darauf hin, daß die qo e der Abtrennung Chelms bereits achtmal auf- geworfen und eben ooft (uri geen worden sei. Die Geseßvorlage verlege die besondere Rechtslage Polens, sie beleidige dadurch die

Polen und {ae einen Abgrund ¡wischen zwei \stammverwandten Völkern.

Belgien.

In der gestrigen Sißung der Deputiertenkammer wurde über eine Interpellation der Sozialisten verhandelt, die Bezug hat auf den Prozeß, den die Prinzessin Luise von Belgien gegen den Nachlaß des Königs Leopold IT. an- gestrengt hat.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ führte der Spreer der sozialistischen Partei aus: Der Minister Renkin habe im & ahre 1907 auf Anfrage in der belgischen Kammer erkläct, daß die Congoanleihen der Iahre 1901 und 1904 die rihtige Verwendung gefunden hätten. Später aber habe er zugeben müssen, daß etwa 46 Millionen Francs von diesen Anleihen vom König Leopold in einer Weise verwendet worden seten, die nicht in den Absichten der Kammer gelegen habe. Der Minister Renkin gab zu, taß er si seinerzeit geirrt habe. Er müsse aber erklären, daß der König Leopold im Interesse Belgiens echandelt habe, dessen Größe ihm am Herzen gelegen bätte. Die Angelegenheit sei übrigens gestellt worden.

Das von den Sozialisten beantragte Tadelsvotum für den

Kolonialminister wurde von der Kammer mit 76 gegen 66 Stimmen abgelehnt.

im vorigen Jahre schon von ihm richtig-

Türkei.

Das russische Vorgehen in Persien, das die Pforte stark beunruhigt, bildete den Gegenstand ernster Beralungen in den leßten Sißungen des Ministerrats. Wie das „Wiener K. K. Telegraphen-Korrespondenzbureau“ meldet, beauftragte die Pforte durch ein Rundschreiben die türkischen Boischaster, l dia tai der Mächte auf die Ereignisse in Persien zu lenken.

s Konstantinopler Blättermeldungen zufolge find die Redifdivisionen in Serres und Strumißa zur Ueber- wachung der mazedonischen Eisenbahnen einberufen worden.

Asien.

Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, hat die persische Regierung die Ernennung Lecoffres zum Mitarbeiter im Finanzministerium widerrufen und damit eine der russischen De C erfüllt. Ferner habe die Regierung sich ereit erklärt, in freundschaftliche Unterhandlungen mit Ruß- land über die übrigen russischen Forderungen einzutreten, sie sei aber nicht in der Lage, die Notwendigkeit anzuerkennen, die Frage der zukünftigen Ernennung fremder Beiräte England und Rußland zu überlassen. Die persishe Regierung gebe der Hoffnung und dem Wunsche Ausdru, daß der gegenwärtigen unbefriedigenden Lage dadur ein Ende bereitet werden möge, daß auf diesen Punkt nicht gedrungen werde.

Einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ zufolge haben die Fidai in Täbris damit begonnen, die Bitadelle zu befestigen und Proviantvorräte anzusammeln. Der Endschumen behauptet, daß Depeschen aus Teheran besagen, der standhafteste Widerstand von Täbris sei notwendig, um die Russen zu zwingen, ihre Forderungen herabzuseßen beziehungs- weise völlig zurückzuziehen. Die Fidai sammeln unter der fn Bevölkerung Unterschriften für ein Telegramm, in

em der türfishe Sultan um Entsendung von Truppen nach

Täbris gebeten wird. ' E Nach Meldungen des „Reuterschhen Bureau“ aus Nanking ist der kaiserliche General Tschang mit seinen Truppen von dort entflohen. Die Revolutionäre versuchten, ihn auf seiner Flucht aufzuhalten, wurden aber etwa 100 Meilen nordwärts von der Tientsin—Pekinger Bahn En Hundert Aufständische, die gefangen genommen wurden, sind heute früh hingerichtet worden. Noch weiter nördlich sprengten die Revolutionäre, wie von dort berichtet wird, die Brücken mit Dynamit in die Luft. Dem „Daily Telegraph“! zufolge soll der General Tschang in Hsütschou ermordet worden sein.

7 Der englische Dampfer „Kwanghing“, der vorgestern nach Tientsin in See gegangen war, ist bei Wusung von den Revo- lutionären troß des Einspruchs des Kapitäns nach Konterbande durhsucht worden. Das britische Konsulat machte hierauf Vor- stellungen; troßdem wird der „Kwanghing“ noch immer fest- gehalten. An Bord befindet sich eine revolutionäre Wache.

Ein amtliches Schreiben des deutschen Postmeisters Henne aus Sianfu vom 26. November meldet, daß er von Strolchen angegriffen und am Kopfe verwundet worden sei. Offiziere der Aufständischen hätten ihn in Sicherheit gebracht und, als er sich wieder erholt hatte, habe er seinen Dienst wieder aufgenommen. Seine Frau, seine Kinder und ein englischer Angestellter seien unverleßt. Der Brief bestätigt die Nachricht von dem Tod der Frau Beckmann, ihrer zwei Töchter und verschiedener chinesischer Schulmädchen. Die Beamten der aus- ländischen Postanstalten wünschen dringend, Sianfu zu ver- lassen, aber die Straßen werden durch Briganten unsicher ge-

macht, obwohl die Stadt ruhig ist.

Afrika.

Nach Meldungen der „Agenzia Stefani“ hat fich in der Nacht zum 7. Dezember in Tripolis, Ainzara un Homs nichts Neues ereignet. Vorgestern vormittag wurden drei Kavalleriestreifwachen zur Erkfundung gegen Süden und Südosien ausgeschickt , die feststellten , daß sich bis auf 15 km Entfernung fein feindlicher Trupp aufhalte.

er wurde festgestellt , daß die Türken auf ihrer

ligen Flucht kein Feldgeschüß mitgeführt haben. Folglich

ihre Feldartillerie ganz in die Hände der Jtaliener

efallen oder versteckt oder vergraben worden. Ein Flugzeug ellie gestern abend fest, daß auch die Straße na Azizia

über Bireddin hinaus und die Straße nach Birtobras und B IE bis acht Kilometer südlich von Sidisaiah vom Feinde rei fei.

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung, In Bochum sind, wie die „Köln. Ztg." erfährt, die Scneid er in eine Lohnbewegung eingetreten. Die beiden Arbeitecorganisationen haben den zurzeit bestehenden Tarif zum 99. Februar 1912 gekündigt.

Kunst und Wissenf chaft.

Das Berliner Kunstgewerbemuseum war mit den zur Dar- {stellung der mittelalterlihen Entwicklung der italienischen Töpferkunst unentbehrlichen Frühwerken nur {wach versehen, bis thm vor kurzem der Generaldirektor der Königlichen Kunsisammlungen, Wirklicher Geheimer Nat Dr. Bode eine umfangreiche Sammlung primitiver italienischer Majoliken zawies. Die Schenkung enthält neben vielen meist Losen Bruchstücken eine ansehnliche Zahl ziemli

ändiger und völlig erhaltener Gefäße, die den Formenschai und

ischen Töpfereien von Orvieto, Siena und Rom

. Jahrhunzerts aufs beste veransckaulichen. Es

b si hierbei noch nicht um dekorative Scmuckstücke, wie sie die Blütezeit der Majolikamalerei vom späten 15. Jahrhundert ab herstellte, sondern um Krüge, Kannen, Trinkschalen, Teller und i täglichen Hausgebrauch, denen dennoch stets eine,

wenn auch oft anspruchslose, ornamentale: Ausstattung zuteil wurde. Oft sind derbe und kräftige flanzenornamente oder Wappen, Flecht- bänder, Kiguren und vorwiegend Tierbilder verwendet. Aeußerlih sehen diese (Beschirre, wenn sie nicht zu sehr verwittert find, weißen Zinnfayencen ziemlih ähnlich; sie find jedoch alle noch in der mittel- alterlihen Technik der Mezzamajoliken ausgeführt. Das verglühte Ton- gefäß erhielt Ges einen weißen erdigen Anguß, der die immer nur zweisarbige Malerei in blassem Kupfergrün und Manganbraun aufs nahm. Dann wurde das Gefäß im zweiten Brand mit einer farblos dursichtigen Bleiglasur übershmolzen._ Die meisten und bedeutendsten Trecentomajoliken hat bisher die seit 1905 ausgebeutete Stadt Orvieto geliefert, deren Töpfer \hon im 14. Jahrhundert in einer angesehenen und ratsfähigen Zunst ich zusammengeschlossen hatten. Fhre Grzeugnisse, die auh in den Nachbarstädten und bis nah Rom Abjay fanden, {ind in der erwähnten Sammlung sehr reich vertreten. Zu den kesten Stücken zählt ein fleilrandiges Becken mit dem in ge- Frêönte Köpfe auélaufenden Bandgeflecht sowie ein Teller und Kannen mit cinem \{chwungvoll gezeichneten Hirsh auf dem freuzweis schraffierten Grund, der für Orvieto kennzeichnend ist. Stilverwandt, aber flarer und frischer in Farbe und Glasur, find die gleichzeitigen Paten aus Siena. Unter den römischen Funden überwiegen auchize Kannen mit abstehendem Trichterausguß. Im legten

Viertel des 15. Jahrhunderts, als die Töpferkunst im Fahr- wasser der Renaissance {ih vornehmlich dekorativen Aufgaben zuwandie, wurden eine Hauptstätte der Majolikamalerei das Städichen Faenza, an den tonreidsen Abhängen des Apennins gelegen. Aus der Blütezeit dieser Frührenaissance hat das Kunst- ewerbemuseum durch Schenkung und Ankäufe eine Reihe hervorragender

Majoliken erworben. Die wertvollsten dieser Erwerbungen stammen aus Faenza selbst. So eine Schüssel mit de:bhumoristisher Dar- ftellung, ferner zwei Schüsseln (etwa um 1510), auf denen die figür- liche Malerei zu etner Höhe der Vollendung gelangt ist, wie sie die nachfolgende Majolikafunît, abgesehen von dem weniger jüngeren Coirerservice in Venedig, nie wieder erreiht hat. Des weiteren ist eine S, in deren Mitte ein posaunen- blasender Engel nah Albrecht Dürers Stich neden einer fonnen- beglänzten MNuine in weiter Flußlandschast dargestellt wird, zu nennen. Die stärkste Farbenwükung pflegten diese Majolikamaler dem einrahmenden Trophäenornament des Randes vorzubehalten, während das Bildfeld selbst duftiger dargestelit war. Das Bild wurde zueuft in zark modellierendem Kobaltblau sorgsam ausgemalt und dann n lasierender Weise in Zitronengelb, OÊFer und Grün über- gangen. Zu einer jüngeren Arbeit der Sammlung ist wieder ein Dürershes Vorbild „Der Abschied Christi von Maia“ aus dem Marienleben (1511) herangezogen und vor eine italienische Landschaft gestellt. Der Maler war-der deutschen Vorlage aber niht mehr ge- wachsen. Keine Majolika dieser Gattung trägt eine?Ortsbezeichnung ; troßdem kann nah dem Stand dieser Kunst um 1510 ein anderer Betrieb8ort als Faenza für diese Stüde nicht wohl in Frage fommen.

Jagd.

Dienstag, den 12. d. M., findet Königliche Parforce- jagd ftatt. Stelldichein: Nachmittags 1 Uhr an der ein- Linièn Pappel.

Verkehrswesen.

Die Höchstleistung der Kohlenwagengestellung im Ruhrbezirk ist von der Gisenbahnrerwaltuna am Donnerétag, den 7. Dezember d. I., eriielt worden. An diesem Tage wurden gestellt 98 615 ofene Wagen für Kohlen, Koks, Briketts und 6184 offene Wagen für andere Güter, zusammen 34 799 Wagen. Seit 16. Juli 1910, an welchem Tage erstmals die Gestellungszahl 30 090 erreidht wurde, ist somit die Gestellungéleistuny um fast 5000 Wacoen ge- stiegen, das find Me als 15 9% in einem Zeitxaum von nicht ganz 14 Jahren. Die nforderungen in Oberschlesien am T. Dezember mit zusammen 12 606 Wagen sind voll gedeckt worden. Die Gesamt- gestellung im Ruhrbezirk und in Obers(blesien hat 47 405 Wagen be- tragen, eine Leistung, die nie zuvor err.icht worden ist.

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause findet morgen, Sonmag eine Aufführung der „Meistersinger von Nürnberg“ statt. Herr Frit kein- hals vom Königlichen Hof- und Nationaltheater in München singt als Gaft den Hans Sachs, die Eva Fräulein Dux, die V agdalena Frau vou Scheele-Müller, den Walter Herr Berger, den Beck- messer Herr Habich, den David Herr Sommer, ogner Herr Knüpfer, den Kothner Herr Hôpfl. Dirigent ist der Kapell- meister Blech. Anfang 7 Uhr.) Montag ist Symphoniekonzert der Königlichen Kapelle. „Der Nofenkavalier“ wird am 12 10k und 17. d. M. wiederholt.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen H. Suder- manns Tragödie „Der Bettler von Syrakus“ wiederholt. A Montag: gehen die beiden Werke von H. von Kleist Robert Guiskard“ und „Der zerbrochene Krug“, denen Goethes „Geschwister“ voraus- gehen, in der bekannten Beseßung in Szene.

i Die Uraufführung des Dramas „Offiziere“ von Friy von Unruh ist für Mittwoch, den 13. d. M., im Deutschen Theater angeseßt. Die Regie hat Mar Reinhardt. Vom alten Spiel „Jedermann“ findet im Zirkus Schumann nur noch eine Wiederholung in

diesem Jahre, und ¡war Montag, den 18. d. M., statt. Für diese Vorstellung beginnt morgen der Vorverkauf an der Lagesrasse des Deutschen Theaters. Eine weitere Aufführung kann mit Rülsicht auf das Abkommen mit der Direktion des Zirkus Schumann erst în der zweiten Januarhälfte stattfinden. Z ;

Fg der Kurfürstenoper ist die erste Aufführung von „Philemon und Baucis* auf Montag verlegt. Morgen a end werden wie heute Die lustigen Weiber von Windsor“ gegeben.

Der Berliner Lehrergesangvereln, der heute und morgen, wie {on angekündigt, die Feier \e nes 25 jähr igen Bestehens begeht, hat eine von seinem ersten Schriftführer Wilhelm Conrad bearbeitete, umfangrei&e Festshrift erscheinen . Das vor- nehm aufégestaitete Heft enthält außer interessanten deen Angaben eine Aufzählung der vom Berein der Kunst, der ohltätig- keit, der Geselligkeit und seiner den eigenen Mitgliedern gewidmeten Dienste, eine Namhaftmachun aller der Künstler, die in seinen Konzerten folistisch mitgewirkt aben, sowie ein Verzeichnis der auf- Cefüibeten Chorwerke und eine Mitgliederliste. Eine Photo raphie vom Professor Felix Schmidt, dem Dirigenten des Bereins, \ck{müdt das Titelblatt des Buches.

Das 4. Symyhoniekonzert der Königlichen Kapelle unter der Leitung des Generalmusikdirektors Dr. Richard Strauß findet am Montag, den 11. Dezember, Abends 7X Ubr, im König- lichen Opernhause statt. Die Matinee beginnt an demselben Tage um 12 Uhr. Das Programm lautet: Symphonie in G-Moll von Mozart; 3. Symphonie mit Altsolo, Frauen-, und Knabenchor von Gustav Mahler (zum 1. Male in diesen Konzerten). Das Altfolo singt die Königliche Kammersängerin Frau M. Götze. Den Frauen- or stellt der Königliche Opernchor, den Knabenchor der Königliche Domchor. Eintrittskarten zur Matinee sind bei Bote u. Bock (Leipziger Straße 37) zu haben.

Unter dem Vorsitz des Generalintendanten der Königlichen Schau- spiele Grafen von Hülsen-Haeseler hielt gestern der Deutsche Bühnenverein im Konzertsaal des Köntglichen Schauspielhauses die 42. außerordentliche Generalversammlung ab, an der über sechzig Mitglieder des Vereins teilnahmen. Die Tages8- ordnung umfaßte acht Gegenstände. Als erster Punkt wurde ein S u betreffend ein Preisaus\chretben für eine Textüberseßung zu Mozarts „Don Giovanni“ angenommen. Das Preisgeriht set sih aus den Generalmusikdirektoren Schuh, Dr. Muck und Dr. Schillings, den Opernregisseuren Wymetal-Wien, Fuchs-München und Gura- erlin, ferner aus den Musikschriftstellern

rofessor Krebs, Dr. Schmidt (Berlin) und Dr. Neitel (Cöln) zu- ammen. Der Schriftführer Rechtsanwalt Arthur Wolff erstattete sodann den Bericht über das Deutsche Theateradreßbudch. Ein von dem Intendanten Freiherrn zu Putligz-Stuttgart efürworteter erweiterter Antrag, „den 50. Geburtstag bekannter deutscher Dichter durch Aufführung von Stüdcken dieser Dramatifer an den betreffenden Jubiläumstagen allgemein zu feiern“, wurde ein: stimmig angenommen. Für das nächste Jahr'kämen in Betracht : Gerhart Hauptmann, Schniyler, Dreyer und Fulda. Der nächste Antrag des Präsidiums, betreffend die Einseßung einer Kommission zur Beratung der Frage, od und welhe Maßnahmen gegen das Uéber- handnehmen der Kinematographentheater zu ergreifen sind, wurde nach furzer Beratung einer besonderen Kommission überwiesen. Ueber den weiteren Antrag des Präsidiums, betreffend die Einsetzung einer Kommission zur Beratung über den Plan eines Pensionsversiherungsverbandes unter Berücksichtigung des neuen Versicherung8geseßes für Angestellte, referterte der Syndikus des deutshen Bühnenvereins Dr. Felisch. Auch diese Frage wurde einer aus fünf Juristen bestehenden Kommission unter dem Vorsitz des Syndikus zur weiteren Behandlung überwiesen. Zu den beiden in Dresden am 17. September 1911 abgehaltenen Kom- missionsfizungen, welche die Eventualklauselverträge und die Eingabe des Verbandes deutscher Orhester- und Chorleiter betrafen, wurde ein Vorschlag, daß Gastspielverträge nur, entsprehend den vorhandenen Bedürfnissen abgeschlossen und Gastspiele nur dann zu- zulassen sind, wenn es die Verhältnisse der betreffenden Bühne er- lauben, angenommen. Der Vorfißende gab fodann bekannt, daß der Deutsche * îhnenvereia Ludwig Barnay zu seinem Ehren - mitglied ernannt habe, und wies darauf hin, daß sich ein Komitee in Berlin konstituiert habe, welches tem Komponisten Meyerbeer in seiner Vaterstadt Berlin ein würdiges Denkmal segen wolle. Damit wurde die öffentliche Verhandlung geschlossen.

Die 40. V ertreterversammlung der Genossenschaft deutsher Büh nenangehöriger {loß gestern ihre Tagung, nachdem am Tage vorher in \türmischer Siguns die Wiederwahl Hermann Nissens zum ENOs und Albert Pauls zum NBizepräsidenten erfolgt war. estern wurden der Zentra laus\chuß§ß neugewählt, die Zusammenseßung des neugegründeten _Chrenra ts bestimmt und noch einige sahliche Anträge und geschäftliche An- gelegenbeiten geregelt.

Mannigfaltiges.

Berlin, 9. Dezember 1911.

A. F. Im verflossenen Monat November war die „Branden - burgia“, Gesellschaft für Heimatkunde, mehrfach tätig. Zweimal wurden im Rahmen außerordentlicher Versammlungen FRanderungen vorgenommen, während die ordentlihe Monatsversamm- lung am vorlegten Tage des Monats (über die zu berichten bleibt) im Brandenburgischen Ständehause stattfand. Beide Wanderungen erslreckten sih nit allzu weit : die erste, an einem Sonntagnachmittag ausgeführte, bestand in einem Spaziergang durch Alt Char- lottenburg; die zweite führte zum ehrbelliner Lor unserer Nachbarstadt und entete am Ziele mit der Besichtigung eines interessanten Neu- baues. Der ersten Wanderung lag der beimatfreundlie Gedanke zugrunde, die stolze Entwidlung des größten der Berliner Vororte, der in 20 Jahren seine Einwohnerschaft von 70 000 auf 305 000 erhöht hat, vor allem aber die lezten Erneuerungen und die nicht mehr zahlreihen Spuren von Ait C arlottenburg zu zeigen, ehe diese so shnell und so vollftändig getilgt und verxisht werden, wie es in den legten Jahren in Berlin, z- B. mit den legten bescheidenen Häusern in der Schüyenstraße und an mehreren anderen Punkten Alt Berlins, geschehen ist. Einen ähnlichen Zweck, wenn auch im gegebenen Fall der Hauptzweck ein anderer war, verfolgte die zweite Wanderung. Berdrängen doch auch in dem von Festungsfesseln befreiten Spandau die Neubauten das ehrwürdige Alte, woran viele Erinnerungen knüpfen, und gilt es doch auch hier, ch das Bild von Alt Spandau einzuprägen, ehe es ganz der Vergangenheit angehört. Die Charlottenburger Besichtigung begann um 1 Uhr Mittags im Oppenheimshen Park in der Scharrenstraße 23—27. Das Grundstück ist vor kurzem bon der Stadt angekauft worden und soll mit seinen \{chönen alten Bäumen zu einem großen Teil als öôffent- lier Park erhalten werden. Das |stattliche, erst wenige Jahrzehnte alte Haus, das zurzeit unbewohnt ist, sah als einen seiner legten Be- wohner den Geheimen Medtztinalrat Leyden, der in einem Zimmer zu ebener Erde gestorben fst. Mai in einem wohl als Winter- arten benußt gewesenen groyen Naum erfreute zunächst der

agistratsbibliothekaär Dr. G. Albrecht durch cinen fesselnden Vortrag über die Entwicklungs ges ihte von ars lottenburg, die an ihm den undigsten und berufensten Schilderer besißt. Geht diese Geschichte auch nicht weit in die Ver- angenheit zurück, denn nur das kleine Dorf Lügow, einst in wenigen Hütten an der Stelle stehend, wo

vom Spandauer Bahnh of

i man pietätvoll den alten Orts- namen für einen Charlottenburger Staditeil erhalten hat, ist als vor- handen bis zum Landbuh Kaiser Karls 1V. nahweisbar, alles andere in und an Charloltenburg ist modern und geht niht weiter als bis 1695 zuruck, wo auf Wunsh der Gemahlin des Kurfürsten

riedrihs III., der späteren „philosophischen“ Königin Sophie harlotte, der Freundin von Leibniz, mit dem Bau eines Lustshlosses der Anfang gemaht wurde, weil ihr das Köpeniker S(hloß, obglei es auh ein Neubau war, so gar nit behagte. Um das Sloß, das anfänglich nach dem Dorf in seiner nächsten Nähe hieß, fsiedelte sich naturgemäß eine kleine Kolonie von Bauhandwerkern, Beamten und zu dem Gefolge der Sghloßherrin gehörigen Personen an. Königin Sophie Charlotte starb bereits am 1. Februar Zum Andenken verlieh König Friedrih 1. am 1. April 1705 der neuen Ansiedlung den Namen Gharlotten- burg und das Stadtreht. j auanfänge wurden in der Swhloßstraße gemackt, die, als erste Straße angelegt, bestimmt war, Aussicht aus dem S@&loß nah dem Grunewald zu gewähren. Hier stand als stattlichstes Gebäude (an Stelle® der heutigen Nummern 4 und 6) der „Jägerhof“. CGtwas später eufolgte die Bebauung der Orangestraße. König Friedrich I. tat viel für die neue Ansiedelung. Gr ließ Laternen aufstellen, schenkte reihlich Bauland, befahl, die früber durch die Jungfernheide führende Landstraße nach Spandau durch Charlottenburg zu legen, und bewies seine Huld gegen das junge Gemeinwesen, indem er h zum Ehrenbürgermeister erwählen lteß. Friedrich Wilhelm 1. griff den Gedanken seines Vaters bezüglich einer kürzesten Verbindung Char- lottenburgs mit Berlin auf und erwog den Pian einer vom Branden- burger Tor in Berlin geradlinig bis zur S loßstraße durchzulegenden Straße, die hier mit einem Triumphbogen schließen follte. Aber der prafktishe König ließ diesen Plan \{chließlich zugunsten der Ausführung der Verbindungéstraße fallen, wie sie heute vorliegt, da die gerade Linie (heute durch die Bismarckitraße dargestellt) allzu weit vom GEE ablenkte. Die praktishe Natur des Könias gab Charlottenburg au die Richtung auf die Bevorzugung der Ackerbürger und Gärtner als Ansiedler. Das kam bei der Verleihung von Aeckern und Wiesen als Bauland zum Ausdruck dur eigenartige Abgrenzung der Grund- stüde, die bei \chmaler Straßenfront sehr ausgedehnt und langgestreckt sind, um hier als Acker- und Gartenland benußt zu werden. Damit hat der Plan von Alt Charlottenburg für immer eine Eigentümlich- felt erworben, die ohne Kenntnis des Zusammenhanges befremdlih anmutet. Auh wurde um diese Zeit das Dorf Lützow eingemeindet. Es ift nit zu leugnen, daß der Fürsorge Friedrich Wilhelms I. Alt Gharlottenburg seinen Wohlstand verdankt. Zu feiner Zeit anerkannt wurde das aber nicht, und zwar so wenig, daß der König, als die Bürger, unzufrieden mit der eingeführten Akzise, städtische Einrichtungen forderten, um nit bloß dem Namen nah Stadt zu sein, in Zorn gegen die Stadt entbrannte und sie vorüber- gehend wieder zum Dorf degradierte. Friedrich 11. bewährte ih gegen Charlottenburg als ein gütiger Landesherr ; doh blieb auch jeßt, wie seit 1705, das Schloß unbewohnt. Um diese geit wurde der Stadtteil um die Luisenkirhe herum bebaut die erliner Straße mit auter Beleuchtung versehen und die Ansiedler in jeder Art gefördert. Bekannt und der sicheren Erhaltung im An- denken wert ift, day Friedri IL., als er nach ges{lofenem Huberts- burger N nad) fiebenjähriger Abwesenheit nach seiner Hauptstadt zurüdfehrte, zunächst unangemeldet nah Charlottenburg fuhr und hier in der S(loßkapelle als deren einziger Besucher dem Orgelspiel des herbeigerufenen Organisten in tiefer Ergriffenheit lauschte. Bewegte Zeiten waren dem Schloß Charlottenburg unter Friedrih Wilhelm beshieden, der ä hier weilte und manche Neubauten am S{loß und im Park ausführen ließ, u. a. das sogenannte „Teehäuschen“, bekannt durch etliche spiritistische Sitzungen, deren Schauplaß es gewesen ist. Als Residenz des Königs erwusen der Stadt au zahlreiche Verbesserungen und Verichönerungen, die Berliner und einige andere Straßen wurden chaussiert, dem Park aroße Pflege zugewandt. Besondere Liebe für Charlottenburg, für S@loß und Park, bekundete Friedri Wilhelm 111. Der von ihm veranlaßte Bau des Mausoleums ist dessen Zeuge, zuglei auch Zeuge der wehmütigen Erinnerungen an sein erstes Cheg uüd; denn, von 1793 ab, wohnte der König jedes Iahr für einige Zeit im Schlo Charlottenburg. Die \{lihte Sinnesart des Königs ergibt sich au aus dem besonderen, kleinen Wohnhaus, das er nach 1810 nah dem Tode der Königin Luise im östlichen Teile des Parkes, hart an der Swloßbrücke, für seine Person erbauen ließ, aber erst 1826 bezog, nachdem er {ih am 9. November 1824 mit der Gräfin Harrach ver- mählt hatte. Friedri i holt seine Hof- baltung in das Charlottenburger nah seinem Tode seiner Gemahlin als Witwensiß überwiesen wurde. Wie 1888 Schloß Charlottenburg länger als 25 Monate dem todfrank aus Italien heimgekehrten Kaiser Friedrih als Wohnstätte diente, ist in lebhafter Erinne: ung. Seitdem is das Schloß vereinsamt. Fun Auéflugsort für die Berliner war Charlottenburg {hon zu riedrihs 11. Zeit geworden, nachdem die Verbindung auf der Spree im Wege der sogenannten Treckschuitenfahrt, die unter Friedriß Wil- helm 1. über Charlotten Spandau eingerichtet worden war, besseren Verkehr8mitteln gew Gondelfahrten auf der Spree sind dessenun eachtet bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts beliebt ge- wesen. Dem gestiegenen Nerkehr entsprechend, bestanden zu Friedrichs 11. Zeit {hon 17 Gastwirtschaften in Gharlottenburg, deren älteste, aus dem Sahre 1716 stammende Berliner Straße 11 stand. Auch das „Türkische Zelt" und der „Weiße Schwan“ gehören zu diesen ältesten Grholungs- stätten. Necht langjam stieg im ersten &Fahrhundert seines Daseins die Einwohnerzahl von Charlottenburg. Sie betrug bei der Gründung 200 Köpfe, 1740 1656, 1726 2000, um 1800 3500 Nah den Befreiungskriegen nahm der Verkehr zwischen Berlin und Charlottenburg einen mächtigen Aufshwung. (8 gab täglich viermalige Postverbindung, das Pafsagiergeld be- trug 5 gute Groschen. Noch war aber der Weg sehr sandig. Der Ausbau der Nerbindungsstraße dur den Tiergarten zur Chaussee gehört erst späteren Fahrzehnten des 19. Jahrhunderts an. Den Privat- verkehr zwischen beiden Städten vermittelten anscheinend aus\cließlich Charlottenburger Fuhrwerk: besißer, deren 1811 47 fkonzessioniert waren. Bis Mitte des Fahrbunderis war ihre Zahl auf 60 ge- stiegen. „Torwagen“ sind wobl noch in allgemeiner Grinnerung- Bis in die 70er Jahre nahmen sie für die Person vom Branden- burger Tor bis Charlottenburg 2 gGr. Sie boten aber den Uebel- stand, daß sie fi nicht an bestimmte Nbfahrtszeiten banden. Es wurde abgefahren, sobald der leßte Play beseyt war. (Aus dieser Zeit datiert die Redentart: „es fehlt nur noch eine lumpige Person.“) Der Uebelstand dauerte jahrelang, bis der Fuhrwerksbesißer Kremser die Erlösung brate, indem er zwar 3 Sgr. für die erson nahm, dafür aber zu vorbestimmten Zeiten pünktlich abfuhr. ie dankbare Nachwelt hält den Namen des Mannes fest, indem hie ihn auf die Art von Torwagen überträgt, mit denen Kremlser rechts vom Brandenburger Tore bielt. während links die ältere Sorte von Wagen ihren Ausgangs- und Endpunkt hatte. Im Fahre 1846 er- sien die erste Omnibusverbindung Dönhoffsplaßz Charlottenburger Sc(loßplay. Die Strecke ist genau eine deutshe Meile lang; denn der erste Meilenstein steht heute noch ganz in der Nähe des Schlosses. Die erste Pferdebahn eróffnete ihren Be- trieb im Jahre 1869. Zweiunddreißig Jahre später vertauschte sie ihren Hafermotorbetrieb i leftrishen Motor. Wenig später wurde das Fahrgeld für die Person vom Straßenbahnhof bis zum Kupfergraben auf 10 „4 berabgeseßt. Es hatte in der ersten Zeit des Pferdebahnbetriebs 5 Sar. betragen, war aber {hon ein Jahr sväter GaRE worden, da die Bahn im ersten Jahr {on von einer Million Fahrgäste benußt worden war. Bis zu den 60 er Jahren des vorigen Jahrhunderts genoß Charlottenburg den Ruf der Billig- feit, namentlich im Vergleich zu Berlin billigen Wohnens. änderte sich um die genannte Zeit durch eine gewaltige Steigerung der Grundstückspreise. Dem ahre 1868 gehört die Gründung von Westend an, die der Entwicklung Großberlins etwas zu stark vor- ausetlte und innerhalb 10 Jahren in einem inzwischen überwundenen gusammenbrh endete. Nach dem Kriege ist das zu jener Zeit seinen auf zur Großstadt f oeben beginnende Charlottenburg aus dem Teltower Kreisverbande ausgeschieden. Seitdem i} es Großstadt geworden und entwickelt, in seinen neuen Teilen zumal, außerordentliche Reize. Dies gilt besonders von der Gegend um Kaiserdamm und Lietensee herum.

An diesem zur Kette der runewaldseen gehörigen See bestand bis in