1911 / 297 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Dec 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Nichkamllicßes. Deutsches Reiccch.

Preußen. Berlin, 18. Dezember.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im hiesigen Königlihen Schlosse den Vortrag des Staatssekretärs des Reichsschaßamts Wermuth in Gegen- wart des Reichskanzlers Dr. von Bethmann Hollweg und darauf

den Vortrag des Chefs 3 des Zivilkabinetis, Wirklichen Geheim Rats von Valentin s 2 ° en

Der Bundesrat versammelte fih heute sibung; vorher hielten die vereinigten Ausf} und Verkehr und für schüsse für Zoll- und

Sitzungen.

u einer Plenar- i üsse für Handel stizwesen sowie die vereinigten Aus- teuerwesen und für Rechnungswesen

Nebersiht der Einnahmen an Zöllen, Steuern und Gebühren für die Zeit vom 1. April 1911

bis zum Schlusse des Monats November 1911.

Die Solleinnahme nach Abzug der Ausfuhrvergütungen usw. hat betragen

Die &steinnahme

hat betragen Im Neichshaushalts-

Bezeichnung

der Einnabmen

_— | Laufende Nummer

[vom Beginne des | Rethnungöjahe ti

im ; i : bis zum Monat November des Monats

p Pi PIRE E _etat ist die Einnahme für das

Rechnungsjahr 1911 veranschlagt auf

vom Beginne des luf „Redhnungsjahre usse is zum Schlusse Monat November} es Monats November November M , t M

4 E 6 7

Ö 64 205 265 abaksteuer 949 967 igarettensteuer 3 083 206 udckersteuer 13 018 7x2 Salzsteuer j: 6416 621 RVerbrauchs8abgabe für Branntwein 18 844 480 Essigsäureverbrauhsabgabe . . . . . - 83 432 Schaumweinjsteuer A ar O 1 508 390 Leuchtmittelsteuer .. ....+ 1610146 e arg A 1 962 190 rausteuer und i 9 108 230

Bier Spielkartenstempel 207 137 Wechselstempelsteuer 1 624 470 Reichsstempelabgaben :

A. von Wertpapieren : 2 937 922

B. von Gewinnanteilshein- und Zins- 945 087 1 989 139

_—— bak I-L Co A G I D: 5/0.DO d

Üebergangsabgabe von

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pk pi rk P So 0D

bogen C. von Kauf- und sonstigen Anshaffungs- La D. von Lotterielosen : a. für Staatslotterien . . . . - b. für Privatlotterien E. von Frachturkunden . . . . « - F. von E 7 G. von Erlaubniskarten für Kraftfahr- zeuge H. von Vergütungen an Mitglieder von Aufsichtsräten A E e a S E K. von Grundstücksübertragungen . . Erbschaftssteuer 2 871 669 Statistishe Gebühr. ....-. -- 165 474

‘509 755 1 788 340 1931613

214 216 495 413

317 499 3 924 554

Oesterreich-Ungarn.

Die öfterreihish- ungarische Regierung hat, wie „W.T.B.“ meldet, ihre Botschafter in Berlin und Paris ermächtigt, deu dortigen Regierungen die grundsäßliche Zustimmung der Monarchie zum Dent Frag ee Marofkkoabkommen mit deni Vorbehalt befanntzugeben, daß die formelle schriftliche Zustimmungserklärung zu diesem Abkommen erst zu einem späteren Zeitpunkte erfolgen fann.

Das össterreichische Abgeordnetenhaus ver- handelte vorgestern über die vom Ausschuß vorgeschlagenen Maßnahmen zugunsten der Eisenbahnbeamten.

Der Eisenbahnminister Dr. Freiherr von Forster legte, obiger Quelle zufolge, die Stellungnahme der Regierung dar, erkannte die dringende Notwendigkeit an, angesihts der Teuerungsverhbältnisse den Staatsangest-llten zu Hilfe zu fommen, und wies auf die namhafte Erböbung der zu diesem Zweck von den führenden Regierungen in Aussicht genommenen Beträge hin und erôrterte sodann die Deckungsfrage. Im Verlaufe feiner Ausführungen befaßte sich der Minister auch mit der Anregung, die erböhten Erfordernisse für die Eisenbahnangestellten durch eine weitgehende Einschränkung der NRefaktien und durch Verminderung des Personalstandes bei den Direktionen der Staatsbahn und im Eisenbabrministerium zu decken. Er bezeichnete diese Anregungen als nicht ausführbar und erklärte, es liege dem Eisenbahnministerium daher die Pflicht ob, dur eine Erhöhung der Tarife für die Lasten aufzukommen, wobei jedo mit großer Vo!sicht vorzugehen sei. Die Tariferhöhungen, die er ins Auge gefaßt habe, und die im Prinzip eigentlich als be- \hlossene Tatsache gelten könnten, müßten um so zarter angefaßt werden, als hier eine Belastung der produzierenden Stände bevorstehe und die Befürchtung niht abzuweisen sei, daß die sebr weit gehende und große Massen der Staatsbabnbediensteten umfassende Gehaltêe- und Lohnregulierung auch auf die Lobnverhältnisse in den Piivat- betrieben zurückwirken werde, und zwar fo, daß diese Beiriebe unter Umständen zweimal getroffen werden könnten.

_ Das Haus stimmte den Anträgen des Ausschusses zu, zur Besserstellung der Beamten, Unterbeamten, Diener und Arbeiter der Staatsbahnen insgesamt 38 Millionen Kronen aufzuwenden, troßdem der Eisenbahnminister erklärt hatte, er könne aus finanziellen Gründen über einen Betrag von rund 21 Millionen nicht hinausgehen.

_— Das Erfordernis des Landes Böhmen beträgt nah der Vorlage des Referenten 100 Millionen, wovon 66 Millionen gedeckt sind, sodaß ein Defizit von 34 Millionen entsteht, während es im Vorjahre nur 22 Millionen betrug. Jnfolgedefjen hat der _Landesausshuß beschlossen, keinen Vor- anshlag aufzustellen, sondern die Vorlage des Referenten an diesen zur Vornahme weiterer Einschränkungen zurückzuweisen.

Großbritannien und Frland.

Das Parlament ist vorgestern mit einer Thronrede pri eHeN worden, in der es laut Meldung des „W. T. B.“

eißt:

Meine Beziehungen zu den fremden Mächten find andauernd freundlich. Ich freue mi, feststellen zu fönnen, daß die Verhand- l: ngen zwischen der französishen und deutschen Regierung über die Maroffofrage, von der meine Regierung infolge ibrer Vertrags- vervflitung berührt war, zum Ab)hluß gebracht worden sind. Was den Kriegs uftand ongebt, der leider zwisen Ztalien und der Türkei bestebt, so babe ic in ciner Proflamation meine ftrenge Neutralität erflärt.

Die Thronrede berührt sodann die Beratungen der Reichs- konferenz im lezten Sommer und bezeichnet sie als einen Be- weis für die harmonischen Beziehungen, die zwischen den Regie- rungen des Vereinigten Königreichs und den Dominions mit Selbstverwaltung beständen, und für das wachsende Verständnis der gemeinsamen Interessen. Die Thronrede gibt der Hoffnung

138 898 356

523 855 389 7 114 990 23 161 399 115 399 848 38 388 467

487 283 475 8 509 440 19 721 876 108 129 987 36 122 832 134 405 212 459 513

6 812 944 7215 338 12 046 602

81 349 070 1127 835 12718 011

33 691 103 6 409 571 16 040 355

20 533 706

8 698 009 11 836 472 15 461 213

2703 756

3 647 245 2 060 764 25 818 917 25 504 420 1249 271

53 286 991 789 174

2 723 859 12 406 928 4 858 336 17 293 752 67 088 870 750 1051 099 1557 340

10 695 939 121 045

1 591 980 2 879 164 887 865

1 948 762

638 291 000 14 549 000 25 814 000

151 919 000 58 250 000

163 476 000

641 000 10 876 000 8 963 000 15 776 000

123 462 000 1 852 450 17 190 000

628 903

8 255 553 8414 277 13 014 612

81 669 663 1 189 546 12 977 562

34 378 677 6 474710 16 372 322

20 533 706

8 875 519 12 078 032 15 776 747

2 758 935

3 721 679 2 102 821 26 349 683 25 504 420 1 265 525

49 000 000

15 430 000

36 605 500

8 330 000 14 994 000 19 600 000

2 352 000

‘499 560 1752 574 1892 981

209 931

485 504 311 148 3453 682 2871 669

Ausdruck, daf dæÆ demnächst beginnenden Arbeiten der König- lichen Kommisstön für Untnrsihing der natürlichen Hilfs- quellen und der Möglichkeiten für die Entwicklung des Handels des Reiches Mittel zutage fördern werden, um eine größere Wohlfahrt und eine Förderung des wechselseitigen Verkehrs der Reichsglieder untereinander zu erzielen. Es wird die zuversichtliche Erwartung ausgesprochen, daß das neue Ver- sicherungsgeseß dazu beitragen wird, das Elend der Arbeiter zu mildern, Erkrankungen zu vermindern und ihre harte Lage zu bessern. Es wird auch auf die Aenderung des Geseßes über das geistige Urheberrecht Bezug genommen, die Großbritannien in den Stand seßen wird, der kürzlich in Berlin unterzeichneten internationalen Konvention beizutreten.

Frankreich.

Die Deputiertenkammer seßte vorgestern die Beratung

des deutsh-französishen Abkommens fort. BQu Bericht des „W. T. B.* ergriff zunächst der Abg. Ma rcel Sembat (geeinigter Sozialist) das Wort. Er \pottete über den Optimiémus Millerands, erklärte sih aber insoweit einverstanden mit ihm, als au er das Abkommen im Zusammenbang mit der gesamten auéwäârtizen Politik betrachte. Man müsse sh fragen, welche Art von Politik dieses Abkommen für Frankreich vorbereitete. Er werde mit seinen Freunden für den Vertrag stimmen, weil er darin ein Unterpfand der Entspannung und ein Friedensversprechen erblicke. Er verwies fodann auf den Beifall, den Millerand geerntet babe, als er so gut von der englischen Entente geïprochen hâtte, erklärte weiter, dieser Beifall sei fast ein Vertrauensvotum gewe}en, und bemerkte, Frankreihs Freunde, die Engländer, seien gleichfalls gute Realpolitifker, wenn sie die Entente bherzlih zu erbalten suhten. Im Interesse dieses herzlihen Einvernehmens müsse ein Einvernehmen mit Deutsch- land geshaffen werden. Er glaube nit, daß die Klausel, betreffend das Haager Schiedsgericht, genügen werde, um alle Konfliktsursachen zu beseitigen. Der Ve-:kebr zwishen dem Congo und Zentralafrika könne mande Schwierigkeiten hervorrufen ; aus diesem Grunde lasse sih das Abkommen überbaupt nur mit einer Politik der Annäherung an Deutschland durchfuhren. Der engli'che Minister habe erklärt, das englische Bolk verlange, daß die Entente cordiale gegen niemand eine Spiße habe. England habe recht, sich auf den englischen Standpunkt zu stellen. Man habe sih gewundert, daß England Spanien gegen gewisse Wünsche Frankreichs unterstüge. England verfolge damit nur die traditionelle engli\he Politik. Es wolle nicht eine Macht in Vibraltar sih gegenüber steben schen. Frankreib müsse auch seinerseits französihe Politik treiben. „Man darf“, fuhr Sembat fort, „nicht die Ereignisse aus dem Auge verlieren, die den Verbanèlungen vorbergingen, be- sonders den Plan eines deuts - französichen Konsortiums für den Congo. Cine Verständigung zwischen dem Minister Pichon und dem Botschafter Freiberrn von Schoen war zustande- gekommen; vlöulih wurde alles kurz abgebrochen. Mane L ute gl-uben, wenn man die Dinge bâtte gehen lassen, fo hâtte man die Schwierigkeiten vermieden. Die Z-itung?n sprechen alle voa deutschen Industriellen in Französisch Lothringen, von Thyssen in den Berg- werken von La Manche. Wenn wir immer den Grundsay des laisser faire gelten ließen, so würde es sih nicht darum handeln, Varoffo zu folonisieren, sondern darum, bis zu welhem Punfte Frankreich folonisiert werden soll.“ Der Redner wies darauf hin, daß auë dem Konsortium ledigli die Deutschen Nußen gezogen haben würden. Die Kommission der Kammer habe gut daran getan, daß sie n:chts davon habe wissen wollen. Der Redner erklärte ¿um S{bluß, die augenblickliche auêwärtige Lage sei shlechter als zu Beginn der Ver- handlungen, und verlangte eine Politik des Friedens mit Deutschland. , Der Abg. Deschanel, Präsident der Kommission für aus- wärtige An „elegenheiten, erfiärte, die Konimission könne die Ve- ant wortung für eine £blehnung des Abkommens nicht übernebmen. Man müsse daran denken, daß Frankreich nährend der Verhandlungen Tag für Tag England und Rußland auf dem laufenden gehalten babe. Man müsse an die beiflen Verhandlungen mit Spanien denken. Der

die die Unabbängigkeit Marokfkos verbürgt habe, und cu die Worte des Fürsten Radolin an Rouvier: „Wir stehen hinter Marokko mit allen unseren Kräften“. Er wies dann-nach, wie sehr sih die Lage geändert habe. Was das Abkommen anlange, so habe Frankrei die Vergangenbeit nicht un'erdrück.n föônnen, weder die beträbtlihen Ffommerziellen Interessen Englands, noch die vorausgegangenen Vereinbarungen. Franfreih fönne die wirtshaft- liche Gleihberechtigung in Marokko niht bindern. Die Hauptsache sei gewesen, daß es in Fes feine andere Macht gebe als in Tunis und Algier. Das System der Schußzgenossen gebe Vtißbräuchen Naum. Nachdem man jedo die notwendigen Garantien geschaffen habe, werde sich Franfreih mit den Mächten verständigen, um dieses System ver- shwinden zu lassen. Der Redner erinnerte dann an die heroische Eroberung Akheriens und fügte hinzu, ranfreich werde für sih selbst und für die ganze Menschheit das Werk vollenden, das alle bisherigen französishen Regierungen solidarisch ins Auge gefaßt hätten. Nachdem der Redner seine hohe Befriedigung über die Klausel, betreffend den Haager Schiedsgerichtshof, ausgedrückt hatte, kam er auf den Congo zu sprehen und sagte, er wolle den Schmerz nicht verbergen, den er empfinde. Der Verlust, den Frankreich erleide, dürfe nit nah der Zahl der Kolonisten berechnet werden, sondern nach dem Heroismus ter Franzosen, die diele Kolonie dzm Vaterlande geschenkt bâtten, Brazzas und seiner Genossen. Frankrei sei es sih schuldig, daß es die N-chte Belgiens am Congo und Spaniens in Maroffo achte. Was Spanien anlange, so sei_die Lage nit mehr dieselbe wie im Jahre 1904; man habe Spanien 19 Jahre gewinnen lassen. Dem müsse Spanien seinerseits Rechnung tragen. Die französische Entente mit England bleibe zusammen mit dem russischen Bündnis die beste Friedensbürgschaft. Unzweifelhaft werde die Entente der Mächte im Laufe der Fahre ih kräftigen. Frank- rei müsse seine Arbeit in Marokko unverzüglich tn die Hand nehmen. Der Redner entwarf dann ein düsteres Bild von dem Zustande Europas infolge des italicnis - 1ürfischen Krieges, der Yivalität zwishen England und Deutschland und der Lage auf dem Balkan. Deutschland bemühe ih, die Welt wirtshaftlid zu erobern, sein Handel suche sich in Amerika, in Persien, in China, in Alexandrien, in Bagdad, am Congo auszubreiten. Unter diesen Verhältnissen habe Frankfreih nit _mehr die freie Wahl der Pläne. Die Eimkbeit der Gesichtspunkte fei ein unerläßlihes Erfordernis feiner Politik. Frankreich brauche eine scarfsihtige und starke Politik zur Ver- teidigung seiner heiligen Sache: des Friedens in Ehren, der Größe Franfreihs und der Nechte Europas. _

_ Der Abg. Denys Cochin warf die Frage auf, was gesehen würde, wenn der Vertrag nicht angenommen werden sollte. Zweifellos würde Deutschland nah Agadir zurückkehren, aber dann würde auch England ein Wort dazu sprechen, diefe Versicherung habe Sir Edward Grey gegeben. Ab: r wenn man zugebe, daß der Vertrag ratifiziert werden müsse, so sei das kein Grund, niht zu sagen, wie schlecht jedermann davon denke. Er wünschte, daß die französishe Regierung der Regierung des Deutschen Reiches gegenüber eine ebenso stolze Sprache geführt hätte, wie sie Sir Cdward Grey dem deutschen Botschafter gegenüber geführt habe. Aber man wisse ja nicht, was ih eigentli abgespielt habe. Zum mindesten habe Franfreih sich geweigert, anzuerkennen, daß die Geste von Agadir die Antwort auf den Marsch na Fes gewejen sei. Nichts in dem Berhalten Frant- reihs habe diese Geste gerechifertigt. Die französishen Soldaten seien nah Fes gegangen, wie die französischen Seeleute der „Delhi“ zu Hilfe geeilt seien, mit Rücksicht auf eine dringende -Gefahr. Er frage \ich, inwiefern das Marokfkoabkommen die Rechtsverhältnisse im s\cherifishen Reiche ändere, die international blieben. Ein Beispiel dafür sei die Zusammenseßung der marokkanischen Staatsbank, die Rechtspflege, das Komitee für öffentliche Arbeiten usw. Franfreich bezahle einen teuren Preis für ein Marokko, das aller Welt gehöôren werde. Wie dem aber nun auch fei, er hoffe, daß die Entente mit England sich fortdauernd festigen werde, und daß die Beziehungen zu Spanien berzlih blieben. Aber wie würden die Beziebungen zu Deutschland ih gestalten? Der Redner \{chloß: „Nie baben wir daran gedacht, Deut!chland den Play an der Sonne streitig zu machen, wenn es aber unsere Aftion im Mittelmeer hindern will, fürhte ich alles. Sagen Sie uns, daß Sie sich darin niemals bebindern laffen werden.“ Der Redner erklärte shließlih, daß er dem Vertrag nicht zustimmen E ae Nücksiht auf das, was der deutsche Reichskanzler dazu gesagt habe.

Die Sizung wurde sodann aufgehoben.

Rußland.

AAE Budgetkommission der Reichsduma hat gesiern mit 17 gegen 7 Stimmen die Vorlage, betreffend die Ver- staatlihung der Warschau-Wiener Bahn, angenommen, die am 14. Januar 1912 in Kraft treten soll.

_ Wie „W. T. B.* berichtet, erboben die Polen gegen die Ver- staatlihung Einspruch, die für die Krone unvorteilhaft und politis unannehmbar sei, weil fie ein Auedruck des Mißktrauens gegen die Polen sei Die Mehrheit stimmte dem Berichterstatter, dem Okfto- bristen Markow, zu, der autführte, daß die Veritaatlihung der Krone einen sicheren Gewinn brirge und außerdem unbedingt notwendig fei, weil die Bahn jeßt voll1iändig in den Händen der Polen fei und bei gleiher Spurweite mit den aueländishen Eisenbahnen im Falle eines Krieges dem Feinde eine ausgezeihnete Verbindungslinie bieten Tônne.

Spanien.

Ueber die französish-spanishen Marokkoverhand- lungen wird vom „W. T. B.“ berichtet, daß die spanische Regierung, obgleich fie das unbeschränkte Eigentumsrecht in ihrer Zone vorgezogen hätte, unter gewissen Bürgschaften die scherifishen Vertreter in diesem Gebiete lassen werde, da sie be- greife, daß Frankreih in der spanischen ane kein anderes Regime zugeben fönnte, als in der seinen. Birkliche Schwierig- feiten bereite nur die Frage der südlichen Zonen. Spanien wolle sich wohl zu Zugeständnissen im Hinterlande, aber nicht an der den Kanarischen Jnseln gegenüberliegenden Küste herbei-

lassen. Türkei.

Ja der vorgestrigen Sizung der Deputiertenkammer gab der Minister des Aeußern N sim - Bey bezüglich der Depesche des persischen Parlaments, worin die Unter- stüßung der Türkei gegen Rußland erbeten wird, laut Meldung des „W. T. B.“ folgende Erklärung ab:

Dre Türkei habe, sobald sie von der Ueberreichurg des russischen Ultimatums Kenntnis erlangt bâtte, in Teheran versöhnliche Rat1lägk gegeben und den ottomanishen Botschafter beauftragt, ein Ver- \tändigungsmittel zu suchen, das die Iuteressen und die Eigenliebe der beiden Freunte, deren Zwistigkeiten die Ottomanen bedauerten, nit berüßre. Einige Tage darauf habe dec russüch- Botschafter Tscha: ykow auf der Pforte offiziell erklärt, daß Rußland gl-ichfalls bedauere, genötigt zu sein, Truppen nach Kaëwin zu schicken- Diese würden jedoch zurückgezogen werden, sobald die Beziehungen eines guten Einvernebmens mit Persien wiederhergestellt seien. Zu den Bespredungen mit dem Botschafter Tsckaryfow fei festgestellt worden, daß die Türkei und Persien übereinstimmend die Integrität und die politisde Unabhängi„fcit Persiens wünschten Man músse an die Aufrichtigkeit der Versicherungen Rußlands glauben, die dié Grundlage des englis-russisten Uebereinkommens bi deten. T Minister betonte die Wich'igkeit der Integrität und der Unabhängig- keit Persizns für tie Tinfkei und gab der Voffnung Ausdruck, daß die Zwistigkeiten zwishen Rußland und Persien eine Beil-gung fiaden werden. Der pe' sische Botschafter habe der Pforte für die gui! Dienste der Türkei seinen Dank ausgesprochen.

Die Kammer begann sodann mit der Beratung eines

Redner erinnerte dann an die R.de Kaiser Wilhelms 11. in Tanger,

dringlichen Gesetzentwurfs, durch den. dem Sultan das Recht

eingeräumt wird, die Kammer im Falle eines Streites mit der Regierung aufzulösen, ohne den Senat zu befragen, sowie die Kammer in Kriegszeiten zu vertagen. f

D Said-Pascha erklärte, von der Opposition lärmend unterbrochen, das Hauptmotiv des Entwurfs, sei die Even- tualität von Friedensverhandlungen mit Italien; denn in diesem Falle bedürfe es starfen Regierung: Der Großwesir wies die An- flagen der Oppositionsprefse zurüd, daß mit der Auflösung der Kammer, ein Staatéstreich oder die Aufhebung der Verfassung beabsichligt sei. Mehrere Abgeordnete bekämpften die Drin t, während der Großwesir fie zu rechtfertigen suchte. Lutfi Fifkri (Uberale Ver- einigung) griff den Großwisir und das türfkishe Komitiee beftig an und warf ihnen vor sie setzten - das Ansehen des Sultans herab und ließen diesen

cine Informationen nur aus dem „Tanin“ und der „Sabah“ \höôpfen. jungtürfishen Zen:rum hervor,

Diese Worte riefen einen Sturm im dessen Führer lärmend Einspruch erbob. Nachdem wieder Nuhe eingetreten war, beendete Lutfi Fikri seine Ausführungen und sagte: Daß die Jungtürken ihre NRube verloren hâtten, sei den Wablerfolgen der Liberalen Vereinigung in Konstantinopel zu verdanken. Das Komitee wolle die Neuwablen mit ter Reit- peitshe machen. Aber es nerde mit dieser Absicht fein Glü haben. Auch der Marireminister Churî chid- Pascha wies die Bemerkung zurüd, daß der Sultan nur den „Tanin“ und die „Sabah“ lese. Der Großwesir Said-Pascha erklärte, day er, falls die Verleutr dungen fortdauerten, gezwungen wäre, den Saal zu verlassen. Schließlich zogen die Mitglieter des Kabinetts tatsählich zurück. Die Opposition protestierte mit der Erklärung, daß sie nit in Abwesen- heit der Regierung verbandeln wolle. Der Vosigende fah ih gezwungen, die Sigung zu unterbreen. Nach Wi: deraufnabme der Sigzung erschienen die Mitglieder des Kabinetts wieder im Saal. Nach einer kurzen Debatte stimmte die Mehrheit der Kammer der Verweisung des Entwurfs an die Kommijhion

und der Dringlichkeit zu.

Bulgarien.

Jn einer gestern in Sofia abgehaltenen Protest-

versammlung, die sih mit den Jschtiper Vorfällen be- (EEN wurde eine §

Resolution angenommen, in der, wie „W, §. D.“ meldet, die bulgarische Regierung aufgefordert wird, gegen die Politik der Ausrottung der Bulgaren in Mazedonien energische Mittel zu ergreifen und die Mächte zu ersuchen, die Kontrolle Europas üb-r Mazedonien in einer bis

zur Autonomie entwidelten Form wiederherzustellen.

Asien.

Unter den lebhaften Kundgebungen der Menge ‘ist der König Georg vorgestern von Delhi nach Nepal, die Königin Mary nah Agra abgereist. -

_— Nach Meldung des „Reuterschen Bureaus“ ‘ist Tangshaoyi, der Friedensdelegierte Yuanschikais, von Peking in Schanghai eingetroffen und von einer großen Anzahl Per- sonen, darunter dem englischen, russischen und amerikanischen Konsul sowie den offiziellen Vertretern der Aufständischen empfangen worden. Tangshaoyi wird mit dem Friedens- delegierten der Aufständischen, Wutingfang, morgen zusammen- treffen.

N Troß des Maffenstillstandes finden fortgeseßt feinere Ge- fechte statt. Jn Peking eingetroffene Berichte lajjen erkennen, daß sih die Unruhen ausbreiten. Die Mandschugarnijon von Kintschan hat sich ergeben. Die Aufständischen in Schansi sind demoralifiert und fliehen vor den Kaiserlichen.

Afrika.

Nach Meldungen der „Agenzia Stefani“ vom gestrigen Tage ist in Tripolis, Tadjura und Ainzara nichts Neues vor- gekommen. Jn-Homs unternahmen am Freitag 11/9 Bataillone Alpini einen Erfundungszug nah Westen, dem einige Gruppen bewaffneter Araber heftigen Widerstand entgegenseßten. Erst nah einem lebhaften Feuergefecht zog sih der Feind mit ernsten Verlusten zurück. Auf italienisher Seite wurden vier Mann getötet und elf verwundet. In Benghasi ijt ebenfalls nichts Neues zu verzeichnen. Beträchtliche feindliche Abteilungen halten sih in 15—20 km Entfernung von der italienischen Linie.

Die Zeitungen „Jkdam““ und „Tanin' melden: nach einer im türkischen Kriegsministerium eingelaufenen Depesche hätten Türken und Araber einen Sturmangriff} aus Benghasi ausgeführt und fast sämtliche Befestigungen der Jialiener genommen. Die Jtaliener selbst seien nach Birka zurüd- gewichen. Jnfolge des Feuers der italienischen Panzerschiffe hätten fi die Türken und Araber jedo wieder außerhalb der Tragweite der Geschüze zurückgezogen. Es seien ihnen einige Kanonen und eine große Menge Schießbedarf in die Hände gefallen. Ein Zeitpunkt, an dem der Kampf stattgefunden haben soll, ist in der Depesche nicht angegeben. Demgegenüber erklärt die „Agenzia Stefani“, daß die Nachricht von diesem angeblichen türtishen Siege ganz und gar unrichtig sei. Seit dem 10. Dezember, an dem die italienishen Truppen einen sehr heftigen Angriff der Türken und Araber zurückgeschlagen hätten, sei in Benghasi feine bemerkenswerte Aftion vorge- kommen. '

_— Wie aus Fes vom „W. T. B.“ gemeldet wird, hat etwa zwölf Kilometer von dieser Stadt zwischen einem aus dreihundert Reitern bef:ehenden Araberhaufen, der etnen Beute- zug unternommen hatte, und einer von zwei französischen In- struktionsoffizieren befehligten scherifischen Mahalla ein Gefecht stattgefunden, in dem die Berber mit beträchtlichen Verlusten in die Flucht geschlagen wurden. Die scherifishen Truppen hatten drei Tote und zehn Verwundete.

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die im Deutschen Metallarbeiterverband organisfierten Bau- \{losser Berlins und der Vororte sind, wie die „Voss. Zta.“ mitteilt, in cine Lohnbewegung eingetreten. In einer sta’kbesuten Versammlung, die am gestrigen Sonn1ag stattfand, wurde einstimmig beschlossen, den Tanifvertcag zu fündigen, der am 1. April 1912 ab- läuft und auf ein Jahr verlängert ist, wenn er nicht am 1. Januar 1912 gekündigt wird. Bei der Lohnbewegung kommen für Groß Berlin etwa 6000 Bauschlosszr in Betracht. j :

Die rom Deutschen Transportacheiterverband eingeleitete Lobn- bewegung der Hausdiener in Solingen (vgl. Nr. 287 d. Bl.) hat, der „Köln. Ztg.“ zufolge, zum Abichluß eines Tarifvertrages zwischen dem Tran: portarbeiterverband und dem Verband der Detaillisien geführt, na? dem die Hausdiener ihre anfänglichen Forderungen wesent- lih ermäßigt hatten.

(Weitere „Statistishe Nachrihten“ \. i. d. Ersten Beilage.)

Knust und Wissenschaft.

A. F. Der Verein für die Geschichte Berlins erfreute {G in seiner am Sonntagnachmittag um Konzertsaal der Hochschule für Musik abgehaltenen außerordentlihen Sißung der Anwesenheit

Seiner Majestät des Kaisers und Königs, seines hoben Pro- teftors. Die Tagesordnung brachte als einzigen Gegenstand die Fort- seßung eines Lichtbildervortrags „über die Bauten und Kunst- denkmäler von Alt B * dessen erster Teil vor Jahr und Tag an der gleihen Stelle und gleichfalls bei Anwesenbeit Seiner Majestät vor- geführt worden war. Damals hatte das Königliche SGA und Alt Kölln im Mittelpunkt gestanden und den Schluß batten dje andlungen ge- bildet, welche die Petrikirhe im Lauf der Jahrhunderte erfahren hat. Daran anknüpfend ging dieëmal, wie der Vortragende, Amtsgerichtsrat Dr. Bóringuier, erläuterte, die Wanderung über den Köllnischen Fishmarkt und den Müblendamm nah dem eigentlihen Alt Berlin : Von ersterem und dem Köllnisen Rathause wurde ein guter Kupfer- stih aus dem 18. Jahrhundert gezeigt, während vom: Molken- markt und Krögel eine große Anzahl aus verschiedenen Zeiten stammender Bilder vorgeführt werden konnten. Es is im Rabmen dieser Mitteilungen leider nicht möglich, die bunderterlei bistorishen Erinnerungen ernsterer und anekdotischer Art zu wiederholen, welche der fefselnde Vortrag brahte. Vom Molkenmarkt, der mehrere Jahrzehnte im 18. Jahrhundert „Königs- markt“ hieß, solange hier ein Standbild des erften preußigen Königs stand, das später nach Königsberg fam, ging es zur nahen Nifolai- Kirche, die gleichfalls eine weselvolle Geschichte, namentlich Bau- geschichte, aufzuweisen hat, von da zum alten Berliner Rathause mit der Gerihtélaube, nach der Klosterstraße mit ihrer Parochialkirche, ibrer Klosterkirhe, dem grauen Kloster und dem alten markgräflihen Schloß, j-t Lagerhaus, und zum Alexanderplay, als dem lange Zeit äußersten Posten von Alt Berlin. Ueber die Königébrüde, an den Köntgsfolonnaden vorüber zur Königstraße zurüfehrend, wurde dem Neuen Markt, der Marienkirche, der Heiligen Geist - Kirche, dem Hackeschen Markt gebührende Aufmerksamkeit gewidmet und an einer Neibe von Bildern wurden deren MWandlungen gezeigt. Es war erfreulich, an allen diesen Bildern die Wahrnehmung zu machen, daß der Verein für die Geschichte Berlins wöhrend seines jeßt 46 jährigen Bestehens es si bat angelegen sein lafsen, Verschwindendes von charakteristischen Bauten im Weichbid der Stadt rechizeitig im Bilde festzuhalten und von nech auffindbaren Darstellungen aus vergangenen Tagen foviel als irgend möêglih zu sammeln. Deren waren noch aus dem 18. Jahr- bundert eine ziemlicke Anzah! aufzutreiben, auch wenige not ältere Blätter. So nur war es mögli, einen so hointerefsanten Vortrag an so viel Ansauungématerial zu knüpfen. Die gleiche Betrachtung ergab fih im folgenden, als Major Noël, der inzwischen Dr. Béringuier im Vortrag abgelöst hatte, die Bilter der alten Tore und der Brücken in Berlin in ihrer früheren Gestalt vor Augen führte: das Oranienburger, das Rosenthaler, das Alte Leipziger Tor 2c., und die mehrfachen Aenderungen, welche Mükblendamm, Priebenpa mee und anderes erfahren hatte. Ein Teil dieser

enderungen gehört ja einer nicht allzufernen Vergangenheit an, aber man muß doch {on ziemli viele Fabre auf dem Rüden baben, um si beispielêweise der genannten Tore und der Mauer rund um Berlin zu erinnern, die Friedri IT. bei Einführung der Akzise hatte erbauen lassen. Aehnliche Betrachtungen knüpfen si an die gegen Ende des Vortrags gezeigten Darstellungen richt mebr vorhandener Bauten in der Nähe des Königlichen Sclosses : ter alten, erst 1805 erbauten Börse, der Stechbahn, der Schloß- freiheit, der alten Münze, des Palais Wartenberg und nicht zuleßt des erst vor wenigen Jahren beseitigten, damals âltesten Hau!es von Alt Berlin, Klosterstraße 87, einst Wobnsiß des Bischofs von Lebus. Endlich konnte noch, immer an der Hand von Bildern, einiger Ereig- nisse von technishem Interesse getaht werden, die zu ihrer Zeit Berlin in Aufregung gesegt batten: des erilen Luftballonaufstieges von Blanchard, der ih am 27. September 1788 vollzog, der ersten Quftballonfernfahrt von Berlin nach Stettin am 5. Mai 1811, der ersten Berliner Lokomotive und des ersten Berliner Dampisciftes. Letztere Ereignisse gehören beide dem Jahre 1816 an. Das ersie ili dur eine in der Königlichen Eisengießerei modellierte und gegollene Platte verewigt, aber die nach dér erhaltenen Abbildung ziemlich mißglüdte Lokomotive bewährte s minder lange. Sie vers{chwand ichon wenige Jahre naber vom Schauplaß, und lange Zeit blieb es in Berlin still auf diesem Gebiet, bis Borsig die schlummernden Geister erweckte. Aber die ersten auf der Berlin-Potetamer Babn, eröffnet 1838, fahrenden Lokomotiven waren aus England und Amerifa bezogen. Glüdlicher erging es dem ersten, au im Bilde noch begut- achtungsfähigen, in Berlin, und zwar auf einer Werft am Pichels- werder, erbauten Dampfboot. Es hat mehrere Jahre Spree und Havel befabren. Das Sc(lufwort nahm Dr. Béringuier wieder, um als leztes ein Bild vom Einzug König Friedrich Wilhelms IIk. am 23. Dezember 1809 zu zeigen und durch Danfesworte an den an- wesenden Urenkel zu begleiten. Seine Majestät der Kaiser verweilte

dann noch eine reilide Viertelstunde in lebhafter Unterhaltung mit den Herren des Vorstands.

Literatur.

_— Die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete der Elektrotechnik von Ingenieur Wilhelm Beck, mit 66 Ab- bildungen. Verlag von Ernst Wiest Nachf. Preis geb. 3 #. Das 110 Drudck'eiten enthaltende Buch ist ein Ergänzungsband_ zur fiebenten, vollständig umgearbeiteten Auflage des unter dem Titel “Die Elktrizität und ihre Technik“ ershienenen Werkes desselben Nerfassers. Daß es eine \{wierige Aufgabe ift, mit den stürmischen Fortschritten der Technik in deren Schilderung und Wertung gleichen Schritt zu balten, darf man dem Versasjer gern glauben, zuglei aber wird man „ihm bei Prúfung dieser neuesten Fortsezung eines Werkes, das auf seinem Gebiet schneller mit Veraltung bedroht ift als irgend ein anderes, die Anerkennung nicht versagen, daß er mit dieser Ergänzung wieder vollständig im Wauferden ist. Er wird in dem Buch nicht nur der Praxis, für die es an erster Stelle geschrieben ist, sondern auch der Theorie gere, belehrt über die. neuen Anichauungen vom Wesen der Elektrizität und gebt dann zu den überaus flar und verständlih bescriebenen neuesten Leistungen der Elektrizität über. Das nachfolgende FInhaltéverzeihnis spricht empfeblend für sich selber : Fortschritte der Röntgent chnif, Entwicklung der Telegraphie und des Fernsprehweiens (Bildtelegrapbie, automatishe Telepbonämter, draht- lose Telegrapbie), die Fortsritte ter Beleuchtungstehnit, hier einge- {lossen die neueste Erscheinung .Das Vacuum Licht“. tis

Chemie der Gase. Allgemeine Darstellung der Eigenschaften und Herstellungéarten der für die Luftschiffabrt wichtigen ase, von Dr. Friedricb Bräbmer, Chemiker, Afsistent an der Königlichen Militärtebnischen Akademie in Berlin. Verlag von Franz Benjamin Auffarth in Frankfurt a. M. Preis geb. 4 #. Das in einem Bande von 145 Druckfeiten vorliegende, mit 62 Textabbildungen und 3 Tabellen gezierte Werk bildet den dritten Band einer Sammlung, die vom Direktor ® der Wftscbiffershule des Deutschen Luftflottenvereins, Oberleutnant trag Neumann berauêgegeben wird und sich vorseßt, dem Gesamtgebiete der Luftfahrt die theoretiihen Grundlagen zu liefern, deren sie ni&t entraten fann. Dem auf die praftishe Ausführung bon, Fahrten mit Ballon oder Motorluftsif gerichteten Luftschiffer geschiebt sier ein großer Ge- fallen, wenn ihm über die Gase, die ihm den Flug gestatten, und deren Eigenart genau zu kennen, nit immer so, wie es sein sollte, erstrebt wird, bier in sehr gründlicher, abr gleihwobl nit pedantish lehrbafter Art, Belehrung zuteil wird. Dem Kapitel „Wasserstof“ kst natürlich ein esondeis großer Abschnitt gewidmet, doch auch das Luchtzas mit seiner intere! anten Abart dem Leihtgas von Oechel- bäujer ist nit zu kurz gekommen. Í j; /

Der wetterkundliche Unterriht, ein svstematischer Lhrgang, bearbeitet von Dr. Franz Linke, Dozent für Meteorologie urd Geopbvsik am Phyvsikalischen Berein und der Akademie, in Ge- meinschaft mit Jacob Clôßner, Lebrer an der Ka: melitersule, in

rankfurt am Main. Verlag von Franz Benjamin Auffarth ebendort. eis gebunden 3,50 #. Das 177 Dradckjeiten umfassende und zwei (als Vorbilder dienende) Monatswetterbeobahtungéfarten ent- baltende Werk verfolat den Zweck, vor allem der Jugend Interesse an der Wetterkunde einzuflößen und ihr das BVer- ständnis der meteorologischen Vorgänge ¿U vermitteln. Ein voll-

ftändiges Lehrbuh der Wetterwifsenshaft zu schreiben, hat den Ver- fafsern ferngelegen, es ist ihnen aber ersihtlich eine tüchtige Leiftung gelungen. Die Nerfafser folgen auf ihrem Wege einer Anregung dur das seit Jah1en bestehende Zusammenarbeiten der Frankfurter IZetterdienfistelle mit der Lehrerschast der mächtig aufblühenden S tadt. Durch einen Vortrag in der „Allgemeinen Lehrerversammlung“ und daran sich knüpfenden Meinunasaustausch ist man \sih zunächst über die beste Form der Belehrung über die Wettervorgänge klar geworden, ein Lhrplan entwidelte fich daraus, und an ibn {ließt sih eng das vörliegende Buch und feine Texteinteilung an. Die überaus lichtvelle Darstellung, erläutert dur 52 Textfiguren, 7 farbige Tafeln und viele Tabellen, läßt das Buch als eine willfommene Weihnachtsgabe für unsere strebende Jugend erscheinen.

Aeronautische Meteorologie von Dr. Franz- Linke, Dozent für Meteorologie und Geovhysik am Physikalishen Verein und der Akademie zu Frankfurt a. M. 11. Teil. Verlag von Franz Benjamin Auffarth, Frankfurt a. M. Preis geb. 3,50 A. Mit dieser Fortsetzung des ersten, bor Fahr und Tag erschienenen Teiles \ciner Meteorologie zum Gebrauch der Luftschiffer darf der selbst als fübner und erfahrener Luftshiffer anerkannte Verfasser sicher sein, der Luft- \{ch ahrt einen namhaften Dienst erwiesen und viele Inter- eflenten an dieser edlen neuen Betätiguna des Menschen erfreut zu haben. Wie im ersten Teil, stellt sich der Vers fasser zur Aufgabe, die Vorgänge im Wftmeer, wenn auch nit aués{ließlich, so do im wesentliben vom Standpunft des Luftfahrers zu betrachten und folhe praftishen Ratschläge zu geben, für die er Dank in den betreffenden Kreifen ernten wird. Die nacbfolgende Fnhaltseinteilung des 126 Drudckseiten umfaßenden, durch 37 Lert- abbildunzen und 7 farbige Tafeln bereiherten Werks gibt eine Vor- stellung, was von seinem Studium zu erwarten üt: Wolken, Schihtungen der Luft, Wetterkunde und Wetterdienst, Böen. Gewitter und Trombe, optische Erscheinungen in der Atmosphäre. Wem beute noch Wetterkarten beinahe unlözbare Rätsel aufgeben, der belebre

fich hier. Jagd. Bekanntmachung.

Séluß der Jagd auf Birk-, Hasel- und Fasanenhennen. Für den Landesvolizeibezirk Pot: dam wird der Beginn der Schon- zeit für Biuk-, Hasel- und Fasanenhennen auf den 18. Sanuar 1912 festgeseßt. Potsdam, den 12. Dezember 1911. Der Bezirksauss{uß zu Potsdam. JFoachimi.

Theater und Musik. Königliches Schauspielhaus.

Das Königliche Sthauspielhaus begann gestern abend die Gefamt- auffübrung von Friedrich Hebbels neueinstudierter Trilcgie „Die Nibelungen“, die der Dichter als „ein deutsches Traue spiel in drei Abteilungen“ bezeichnet hat, mit dem cinaftigen Vorspiel „Der gebörnte Siegfried“, dem sich das Trauerspiel in fünf Aufzügen „Siegfrieds Tod“ ans{chloß. Die Aufführung der dritten Abteilung, „Kriembilds Rache“, die ursprünalich am Abend darauf folgen sollte, it auf nächsten Donnerstag vers{oben worden. Friedrih Hebbels dicterisher Genius hat in den „Nibelungen“, seine leyte, edelste und \chöônste Blüte gezeitigt; Hier zeigt H feine starke, fast übermädhtige Gestaltungéfraft an den Riesen und Recken der deutihen Volkédihtung in \ch{öôner Harmonie mit dem behandelten Stoffe, als ob die gesunde Urkraft dieser altdeutshen Sagengestalten der sonst oft zum Uebershäumen geneigten Phantasie des Dichters straf Zügel angelegt bätte. Mit bewundernswertem Starffinn hat Hebbel aus dem umfangreichen, wuhtigen Stoffe die dramatisch bedeutendsten Momente herauëgeboben, sodaß die großen Geschebnisse sich in rascher und flarer Folge aneinander fetten. Urdeutsch ist die Empyfindungêwelt, fmd die Leidenschaften, die aus der Handlung zu uns sprechen. Die Welt der fampffrohen Recken, in die der „Gebörnte Siegfried“ einführt, uind die in rôtlichem Dämmerliht \himmernde Felsenburg Brunbilds im nordishen Jienland mit ibren wilden Bewohnern im ersten Aft von „Siegfrieds Tod“ weden zunähst mehr Grauen und Staunen als innere Ergriffenbeit. Aber der dritte Akt mit dem Streit der Königinnen um die Vorzüge der Gatten eröffnet den si steigernden Kampf heißer Leidenschaften, dem S'egfried als erster zum Opfer fällt und der dann wie ein verzehrende® Feuer, das immer neue Nahrung findet, das ganze Werk durchzieht. Diesen Glutbauch ließ die gestrige Aufführung, die der Regisseur Patry, auf der tollen Höbe feiner

und anspruévollen Aufgabe stebend, mit Sorgfalt, Verständnis un Liebe in Szene geseßtt batte, stark verspüren und zwang die Zuschauer in den Bann der gewaltigen, inbalt- und gedankzns+weren Dichtung. Der Künstlerbestand des Königlichen Schauspielhauses ermöglidt aber’au, das Werk in allen Rollen, auch den unsceinbaren, }o z ete daß kaum ein Wunsch unbefriedigt bleibt. In der Rolle des fried zeigte Herr Staegemann, wie sebr er in den legten Jahr fünstlerisch gewachsen ist. Als leuhtendes Vorbild hat ihm unzwetse hafi Matkowsky gedient, das erfennt man aus manchen Zügen, nic zum wenigsten aus der Behandlung der Sprache; aber er iît fein blo Nachahmer, sondern steht dabei fest auf eigenen Füßen. Vor allen Dingen fließt bei ibm die Poesie der Gestalt aus reiner, ursprüng- liher Quelle. Für seinen finsteren Widerpart Hagen läßt sich kaum ein besserer Darsteller denken, als Herr Kraußneck es gestern war. Ein Held auch er, nit ein gemeiner Intrigant, nicht die Verkörpe- rung des bôsen Prinzips, die manhe Schauspieler aus ihm machen, sondern der von seinem Net überzeugte Rächer, dem, ibm selbst fast unbewußt, in den ‘Tiefen der Seele der Neid zur Triebteder des Handelns wird. Einander ebenbürtig waren aub Frau Poppes dâmonishe Brunhbild und Frau Willigs sanftere Kriemhbild, deren Streit im dritten Aft mit elementarer Gewalt ihre gegensäßlihen Naturen ofenbarte. Den König Gunther spielte Herr Geisendörfer als {lichten Menschen, der nur in dieser Umgebung von Recken und Uebermenschen flein erscheint, obne seine Schwäche mebr als nötig zu betonen. Etwas großzügiger, als Frau Buygze sie binstellte, bâtte man sich die Königin Ute gewünscht, auch im Ton mütterlicher Herzlich- feit und Fürsorge, den sie ja vortrefflich zu treffen weiß Fräulein von Arnauld als Frigga, Herr K-ßller als Spielmann Volker, Herr Boettcher als jugendlich munterer Giselber, die Herren Werra (Gerenot), Mannstädt (Dankwart) und andere vervollständigten mit : Der Auf-

führung, die starken Beifall fand, wobnten Ihre Majestäten der

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einwandfreien Leistungen daë vortrefflite Zusammenspiel.

Kaiser und die Kaiserin von Anfang bis zu Ende bei.

Im Königlichen Overnhause wird morgen, Dienttag, „Tannhäuser“, mit Herrn Iöôrn in der Titelrolle, wied-rbolt. Die Elisabeth singt Fräulein Lisbeth Ullrich vom Königlichen Hof- und Nationaltheater in München als Gast, die Venus: Fräulein Nofe, den Hirtenknaben: Fräulein Dietrich, den Wolfram : Herr de Garmo vom Stadttheater in Hamburg als Gast, den Landgrafen: Herr Fiser, den Walter: Herr Schöffel, den Biterolf: Herr Bachmann. Der Kapellmeister Blech dirigiert.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen H. Suder- manrs Tragödie „Der Bettler von Syrakus* in der bekannten Be- setzung wiederholt. Am 1. Weihnachtékeiertage, Nachmittags 24 Ubr, wird „Der Schlagbaum“ und am 2. Meihnattfeiertage, Nachmittags 21 Ubr, „Der Störenfried“ zu den nacstebend ermäßigten Preijen

: Fremdenloge 6,50 4, Erster Rang Loge und Orcheiter-

#4, Erster Rang Scfsel und Parkett Sessel und Loge

4,50 4, Parkett 3,50 , Balkon 2,50 #, 11. Balkon 1,50 Æ, Galerie 0,75 H. i

Die Kurfürstenoper bleibt wegen der Vorbereitungen, zu der Neubeit: „Der Schmuck der Madouna“ von Wolff-Ferrari, die sondere Schwierigkeiten bereitet, am Freitag und Sonnabend ge*