1892 / 114 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 May 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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Emblemen, sowie die Schüler und Schülerinnen sämmilicher Lehranstalten Spalier. Auf dem Dumainglah. woselbst ein Obelisk errichtet worden war, hatten Mitglieder der städtischen Verwaltung Aufstellung genommen. Hier wurden die Majestäten von dem Ober-Bürgermeister Haken, wie wir der „Ostsee-Ztg.“ entnehmen, mit folgender Ansprache begrüßt: eEnrer Majestät bitten wir, bei dem Einzuge zum Kaiserfest der aer Pommern auch von der Stadt Stettin unsere ehrfurchtsvollste egrüßung Allergnädigst entgegen zu nehmen. Wir stehen hier an dem fünftigen Denkmalsplaß des hochseligen Kaisers Wilbelm I., bier an der Grenze der alten Stadt, wo in ficherem Schuß unter Eurer Majestät allgebietender Macht eine neue Stadt in friedlicher Arbeit rastlos fortschreitend heranwächst. Hier soll das Bild des unvergeßlichen Kaisers ein Gruß der Mitwelt an kommende Geschlechter in ftrahlendem Glanze fich erheben. Keinen würdigeren Plaß konnten wir finden, um Eurer Majestät in voller Begeisterung unseren tief- empfundenen Dank auszusprechen für die unermüdliche landesväterliche “teile e, mit welcher Eure Majestät, _theilnehmend an unseren ünschen und Hoffnungen, unsere Stadt so überreih beglücken. Und von besonderer Freude ift uns das Herz bewegt, daß auch Ihre Majestät die Kaiserin die Stettiner Festtage in huldreicher Güte Aller- gnädigst verherrlichen, daß es uns vergönnt ist, dem Hohen Herrscherpaare ¿um ersten Mal in unserer Stadt vereint unsere Huldigung dar- zubringen. Gott erhalte uns unseren Kaiser und König in der Fülle feiner [haffenden Kraft, Gott shirme und behüte unsere Kaiferin und Königin und das jugendfrish erblühende Hohenzollernhaus. Seine Majestät der Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin, Sie leben hoch! hoh! und nochmals hoch!“

Begeistert stimmten die Umstehenden dreimal in den Hoch- ruf ein. Nachdem Seine Majestät einige Worte des Dankes erwidert hatte, seßte fih der Kaiserlihe Zug wieder in Be- Sis und erreichte kurz nach 5! Uhr das Königliche Schloß.

Bei dem Erscheinen der Majestäten zur Festvorstellung im Stadt-Theater wurde die Nationalhymne gespielt, und das Publikum brahte auch hier Allerhöchstdenselben herzliche Ovationen dar.

Dem Bundesrath lagen in der am 12. d. M. unter dem Vorsiß des Vice-Präsidenten des Staats-Ministeriums, Staatssecretärs des Jnnern Dr. von Boetticher abge- haltenen Plenarsizung mehrere Eingaben in Zoll- und Steuer- Angelegenheiten vor. Der Entwurf von Bestiz1mungen über die zollamtlihe Abfertigung der zur unmittelbaren Durchfuhr dur das deutsche Zollgebiet mit der Eisenbahn bestimmten Passagier-Effecten und der Entwurf eines Gesezes für Elsaß- Lothringen über die Verbesserung der Kanäle, sowie die Er- hebung der Schiffahrtsabgaben auf denselben, leßterer Entwurf in der durch den Landesausshuß abgeänderten Fassung, wurden den zuständigen Ausschüssen zur Vorberathung über- wiesen. Anerkannt wurde, daß die Bestimmung des §8 4 Abs. 1 des Gesezes über die Jnvaliditäts- und Altersverficherung vom 22. Juni 1889 auf die mit Pensionsberechtigung angejtellten Beamten der Jnvaliditäts- und Alters - Versicherungsanstalt Westfalen und der Posener Landschaft anzuwenden seien. Einer Eingabe wegen Aufhebung der Verkehrsbeshränkungen für die Einfuhr von Zugochsen aus Desterreih beshloß die Ver- sammlung keine Folge zu geben. Endlich wurde über die Wiederbeseßung einer Stelle in der Commission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Geseßbuchs für das Deutsche Reih und über einen Antrag auf Ertheilung der Ermächtigung zur strafrehlihen Verfolgung wegen Beleidigung des Bundesraths Beschluß gefaßt.

Heute traten die vereinigien Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen, sowie die vereinigten Ausshüfse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr zu Sitzungen zusammen.

Das Reichs-Geseßblatt veröffentlicht die General-Acte der Brüsseler Antisklaverei-Conferenz nebst Decla- ration vom 2. Juli 1890, nahdem sie ratificirt worden ift. Die Hinterlegung der Ratifications-Urkunden hat bci der Königlich belgishen Regierung stattgefunden. Der Präsident der Französishen Republik hat der Ratification den Vorbchalt einer weiteren Vereinbarung über die Bestimmungen der Artikel XX1, XXTI, XXTI, XLII bis LXT (wegen Fest- stellung der Meercszone, in welcher der Sklavenhandel noh besteht, wegen des Rechts des Besuchs, der Durhsuchung und Beschlagnahme von Schiffen und der Sistirung verdächtiger Schiffe) beigefügt.

Die crste Sißung der neu errichteten Commission für Arbeiterstatistik wird dem Vernehmen nach in der zweiten Hälfte des Monats Juni stattfinden. Außer der Anhörung der Commission über die für ihren Geschäftsgang vom Reichskanzler zu erlassende Geschäftsordnung dürften Vor- schläge über anzustellende Erhebungen bezüglih der Arbeits- zeit im Bälergewerbe, Müllergewerbe und im Handelsgewerbe die Gegenstände der Tagesordnung bilden.

Unter Bezugnahme auf die Circularverfügung vom 12. Februar d. J. hat dcr Unterrichts-Minister unter dem 9. Mai d. J. verfügt, daß an allen neunstufigen höheren Lehr- anstalten (Gymnasten, Realgymnasien und Ober-Realschulen) gegen Ausgang des laufenden Sommer - Semesters eine Abscchlußprüfung für diejenigen Schüler ab- gehalten werde, welhe sich dem Subalterndienst zu widmen beabsichtigen und zur Zeit bereits in die Ober-Secunda verseßt sind oder Aussicht haben, am Schlusse des Sommersemesters in diese Klasse verseßt zu werden. Die Absicht dieser Maßnahme ist, die Schüler der neunstufigen Anstalten in den Stand zu seßen, daß sie sich dur das Bestehen der Prüfung auch ohne Absolvirung cines siebenjährigen Schulcursus die nach Nr. 11 der Bekannt- machung des Staats-Ministeriums vom 14. Februar v. J. erforderlichen Vorbildungsnachweise zur Zulassung für den Subalterndienst béschaffen können. Die Maßnahme wird daher nur für cinmal und lediglich für die Schüler angeordnet, welche in den Subalterndienst eintreten wollen. Sie wird überflüssig, sobald mit Ostern 1893 das Bestehen der Ab- schlußprüfung allgemein zur Bedingung für die Verseßung nah Ober-Sccunda an den neunstufigen Anstalten geworden ijt.

- Seitens des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und

en ist die Ein E von lebenden Schweinen aus

teinbruch, Bicliz-Biala und Wiener-Neustadt über Oderberg,

Dziediß und Bodenbah in das öffentlihe Schlahthaus zu Wittenberge widerruflih gestattet worden.

Der Königliche Gesandte in Hamburg Freiherr von Thielmann hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Legations- Secretär von Bülow als Geschäftsträger.

Der General-Lieutenant von Bülow, Commandeur der 25. (Großherzoglih Hessischen) Division, hat nah beendetem

Urlaub Berlin wieder verlassen.

Danzig, 13. Mai. Seine Majestät der Kaiser wird, wie die „Danz. Allg. Ztg.“ mittheilt, Sonntag, den 15. d. M., Abends um 6 Uhr 20 Minuten hier auf der Haltestelle am Olivaer Thor eintreffen. Von hier aus begiebt Sich Allerhöchstderselbe direct nah der Schihau’shen Werft und besteigt dort die bereitliegende Dampfbarkasse, die den Kaiser zu der an der Kaiserlihen Werft liegenden Yacht „Hohenzollern“, welche vorgestern Nachmittag von Kiel ein- getroffen ist, überführt. An Bord wird ein Diner im engsten Kreise eingenommen werden. Für die folgenden Tage ist folgendes Programm festgestelt worden: Montag, 16. Mai, 10 Uhr Vormittags, Einzug Seiner Majestät zu Wasser von der Kaiserlihen Werft nah der Grünen Brücke und nah Be- sichtigung der ersten Ehren-Compagnie in der Milchkannengasse zu Wagen nach dem Langenmarkt. Nach Besichtigung der zweiten Ehren-Compagnie großer Empfang im Artushofe, an den sih die Darbringung des Ehrentrunks seitens der Stadt in Gegenwart der Kaufmannschaftanschließzt. Besuch des Rathhauses. Fahrt durhdic Langgasse, die große Wollwebergasse, die Jopengasse nach dem Südostportal der Marienkirhe. Besichtigung der Marienkirhe. Vom Südwestportal der Marienkirhe durch die Vor aaje das Zeughaus, den Kohlenmarkt, das hohe Thor, die Promenade, das Jakobsthor, die Kalkgasse, den Faulgraben, die Sammtgasse nah der Kaserne des 1. Leib- Susarii Neuiment 121/92 Uhr Frühstück daselbst. Nach 2 Uhr Besuch des Bischofsberges und des Hagelsberges. Fahrt durch das Jaktobsthor und das Werftthor nah der Kaiserlichen Werft. 7 Uhr Abends Festmahl der Provinz im Landeshause. Nach 9 Uhr Abends Fahrt über die Promenade durch das Jakobs- thor und das Werftthor nah der Kaiserlihen Werft. Dienstag, 17. Mai, gegen 10 Uhr Vormittags, Parade auf dem großen Exercirplaße hinter Langfuhr, Rückkehr Seiner Majestät an der Spitze der Truppen dur das Hohethor über den Kohlen- und Holzmarkt, die Breitgasse nah dem König- lichen General-Commando. Dann um 3 Ühr Nachmittags Fahrt zu Wasser vom Krahnthor nach der Yacht „Hohenzollern“. 4 Uhr Nachmittags Stapellauf des neuen Kreuzers E: 7 Uhr Abends kleines Mittagessen im Ober-Präfidium.Nah9 Uhr Abends Fahrt zu Wagen dur@ das Hohethor, die Langgasse über den Langenmarkt nach der Grünen Brücke, zu Wasser nah der Kaiserlichen Werft. Große Jllumination. Mittwoch, 18. Mai 8 Uhr Vormittags, Fahrt zu Wasser über Groß- Plehnendorf nach Siedlersfähre. B eliilicana der Durchstichs- arbeiten. Fahrt zu Waßer nah Dirshau. Gegen 2 Uhr Nachmittags Ankunft ín Dirschau, gegen 21/2 Uhr Nachmittags Ankunft in Marienburg. Besichtigung des Schlosses und der Sammlungen. Gegen 31/2 Uhr Nachmittags Abreise nah Schlobitten.

Bayern.

München, 13. Mai. Die Kammer der Abgeord- neten bewilligte in ihrer heutigen Sißung den Matricular- beitrag in Höhe von 42400 000 Æ.

Im Finanzausshuß machte gestern der Finanz- Minister Dr. Freiherr von Riedel bei Gelegenheit der Bewilligung der Kosten für den Neubau des National- Museums in der Prinzregentenstraße die Mittheilung, daß im Jahre 1890 die Einnahmen den Voranschlag um 3951/9 Millionen Mark übertroffen hätten : für das Jahr 1891 sei zwar eine so hohe Mehreinnahme nicht zu erwarten, jeden- falls ständen aber 30 Millionen Mark zur Schuldentilgung dem nächsten Tanvias zur Verfügung. 4400000 A feien für den Neubau des Museums unbedingt ausreihend. Die Vorlage über den Neubau wurde genehmigt.

VadDen.

Karlsruhe, 13. Mai. Jm Landtag waren von Seiten des Centrums und der Demokraten Anträge auf Ein- führung des directen Wahlrechts eingebraht worden. Jn der heutigen Sißung der Zweiten Kammer stand der Bericht der Commission über diese Anträge auf der Tages- ordnung, worin empfohlen wird, die Anträge in der vorliegende Fassung abzulehnen, gleichzeitig aber zu crflären, die Zweite Kammer sei principiell mit d.r Aenderung des Wahlsystems dur Einführung d-r directen Wahlen einverstanden, erachte jedoch für den Fall der Ein- führung dieses Wahlsystems cine Gesammtrevision der Ver- fassung für nothwendig und ersuhe die Negierung, dem Landtag einen auf dic Abänderung der Verfassung bezüglichen Geseßzentwurf vorzulegen. Bei der Berathung crllârle nq iner Voung S L V2 der Staats-Minister Dr. Turban, die Negierung sei nicht in der Lage, das directe Wahlrecht zuzulassen. Auch die An- träge auf Aenderung der Organisation der Ersten Kammer konnten niht angenommen werden: er warne davor, an der Verfassung zu rütteln, wozu ja keine Nothwendigkeit vorliege.

Hessen.

Darmstadt, 13. Mai. Dié Diréctoxen déx Gymnasien und Realgymnasien sind auf die Zeit vom 23. bis 25. Juni zu einer Conferenz zusammenberufen, der der „Köln. Ztg.“ nach folgende zwei Alipigecrc einbe vorge- legt werden sollen : 1) Ob und welhe Aenderungen an dem Lehrplane und der Reifeprüfungsordnung mit Rücksicht auf die jüngst in Preußen erlassenen neuen Bestimmungen etwa zu treffen sind? 2) Die Auffstelung neuer Disciplinar- vorschriften.

Braunschweig.

Blankenburg, 13. Mai. Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, und Jhre Königliche Hoheit die Frau Prin- zessin, die noch immer Wohnsiß auf Schloß Blankenburg

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ommen, gaben ein Diner, zu dem das Ag per VA pft des Da rManr er? M fanteric-

sowie die Spißen der Behörden mit Damen geladen wen

S. BeslerreléhUngai

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Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent von Bayern traf gestern früh inWien ein und g, wie „W. T. B.“ meldet, Vormittags den Besuch Seiner Majestät des Kaisers, den Höchstderselbe Nachmittags erwiderte.

. Der Budgetausshuß des Abgeordnetenhauses berieth in seiner georgen Sizung die Vorlage über die österreihishen Vereinsthaler und stimmte dem Antrag des Deputirten Schuklje zu, die weitere Berathung dex Vorlage bis o Einbringung der Währungsvorlage vertagen. Der Referent Neuwirth befürwortete die Vorlage und sprach den Wunsch aus, daß die Zustimmung Reichsraths im Gesehe ausdrücklih hervorgehoben werde. Der Finanz-Minister Dr. Steinbach führte aus, die Regierung habe die Berechtigung und Verpflichtung, die Vereinsthaler jederzeit mit 11/2 Fl. einzulösen, ohne dazu der Genehmigung des Reichsräths zu bedürfen, sie habe demna auch den vor- liegenden günstigen Vertrag abschließen können.

Jm ungarischen Unterhause erklärte sih der Acker- bau-Minister Graf Bethlen im weiteren Verlaufe der Budget: debatte gegen die Aufhebung des Totalisators, der für die Pferdezuht nothwendig sei. Es sei ein Gebot der Zweckmäßigkeit, den Totalisator für productive Zwecke zy benugzen. E ;

Dem Abgeordnetenhause sind heute die Vorlagen über die Valutaregulirung zugegangen. Es wird Varüber telegraphish bzrichtet : :

Die Vorlagen bestehen aus sechs Gefeßzentwürfen, fünf davon be- treffen die Valutaregulirung, der sech#ste ermächtigt den öfterreichiscen Finanz-Minister, die 5% steuerfreie Notenrente, die 5°, Staats- \chuldverschreibungen der Vorarlbergbahn und die 439/69 Fisenbabn- shuldversreibungen der Kronvrinz-Rudolfbahn zu convertiken. Die Grundlagen der Münz- und Währungsreform sind in zwei Geseg- entwürfen enthalten, von denen ciner die Kronenwährung fest- stellt, der andere den Münz- und Währungsvertrag mit Ungarn ent- bält. Die neue Währung ift als Goldwährung erklärt. Die Rech- nungseinheit is die Krone , eingetheilt in 100 Heller. Der Münzfuß ist dahin bestimmt, daß 2952 Kronen auf 1 kg Münzgold von 20/1000 Feinheit fommen, demnach 3280 Kronen aus 1 kg Fein- gold auszuprägen sind. Goldmünzen werden in Stücken zuy zwanzig und zu zehn Kronen ausgeprägt, sowohl für Staats- als auch für Privatrechnung. Dukaten werden auch tünftig als Handelsmünze geprägt. Neben diefen Landes-Goldmünzen bleiben vie Landes-Silbermünzen österreihis{er Währung im Umlauf. Der Silbergulden Öêésterreihischer Währung ist gleih 2 Kronen. Als Theil- münzen der Kronenwährung werden ausgeprägt: Silbermünzen und zwar Einkronenstücke und Fünfzighellerstücke: ferner als Nickelmünzen 20 und 10 Hellerstücke: als Broncemünzen 2 und 1 Hellerftücke. Di Silbermünzen werden ausgeprägt in einer Feinheit von 85/1000. Es gehen 200 Einkronenstücke auf 1 kg Münzsilber. Die Nickelmünzen werden aus reinem Nickel geprägt. Die Ausprägung von Theil- münzen findet nur für Staatsrehnung statt. Das Contingent der österreihishen Hälfte für die Ausprägung und die Ausgabe it für Silbermünzen auf 140 Millionen Kronen, für Niel- münzen auf 42 Millionen und. für Broncemünzen auf 182/19 Milliogen Krozen festgeseßt. Die Silbersheidemünzen und die Kupfermünzen der österreichischen Währung werden eingezogen. Die Papiergeldzeichen der österreichischen Währung bleiben bis auf weiteres im Umlauf ein Gulden gleih zwei Kronen. Die Contiñgente für die Auéprägung der Theilmünzen sind zunächst dahin bestimmt, daß für 200 Millionen Kronen Silbermünzen, für 60 Millionen Kronen Nickel- münzen und für 26 Millionen Broncemünzen in beiden Staatë- gebieten ausgeprägt werden. Die Auftbeilung der Contingente er- folgt im Verhäliniß von 70 zu 30. Die in beiden Staatë- gebieten auëgeprägten Münzen haben in beiden Staatsgebieten ge- tekliden Umlauf. Beide Regierungen werden zu einem geeigneten Zeitpunkt im gegenseitigen Einvernehmen den Legislativen Vorlagen über die Einlöfung der Staatsnoten einbringen. Die Kosten für die Einlösung der Staatsnoten werden bis zum Be- trage von 312 Millionen Gulden gemeinsam getragen und nah dem Verhältniß von 70 zu 30 aufgetheilt. Are

Dem ungarischen Unterhause sind die Vorlagen heute gleichfalls zugegangen. Ueber den Jnhalt des seten Geseßentwurfs wird berichtet : (

Außer der fünfprocentigen ungarischen Papierrente sind einzu- berufen: die Actien der Siebenbürger, der Donau-Drau-, der Alfoeld- Fiumaner-, der Ofen Fünffirchener, der Galizishen Eisenbahn, ferner der Ungarischen Westbahn, sowie der Ungarischen Nordostbahn. So- dann sollen einberufen werden die Silberprioritäten der Nordostbabn aus den Jahren 1869 und 1871, der Westbahn erster und zweiter Emission, die sech3- und fünfprocentigen Goldprioritäten der Nordoît- babn, alle am 1..Juli 1892 fälligen Titres der vereinigten Bahn- vrioritäten-Anleiße. Der Einlöfungépreis i} der volle Geldwerth in der bisherigen Währung. An Stelle der erwähnten Papiere treten dreierlei neue Typen: 1) Niedriger verzinëliche Rentenobligationen in Kronenwährung, 2) Rentenobligationen nach Art der vierprocentigen Goldrente, 3) in 75 Jahren tilgbare auf Bahnen einverleibbare Obli- gationen. Alle drei Typen sind steuerfrei. Der nach der Dur- führung - dieser Operation verbleibende Goldvorrath sammt 45 Millionen Geldgulden , welhe den Kassabeständen entnommen werden, sind ausshließlich zu Zwecken der Währungsêregelung zu ver- wenden. Die zur Kündigung bezw. Einlöfung bestimmten fünfprocen- tigen Papierrententitres repräsentiren einen Gesammtbetrag ven 358 Millionen. Die Publicirung der Kündigung dieser Titres, sowie der nah dem 1. Juli 1892 fälligen Obligationen und Actien der verstaatlihten Eisenbahnen soil mindestens drei Monate vor der Eir- lösung erfolgen. In dea Motiven zu dem Geseßentwurf heißt ck, der Finanz-Minister habe aus den Kassenbeständen 45 Millionen Goldgulden angeschafft; somit scien zur Einlösung der Staatë- noten gemäß den für Ungarn bestimmten Ouotenverhältnifsca weitere 36/10 Millionen erferderlich. Diese Beträge würden auë- reichen, wenn die Zahlungsbilanz Oesterreihs und Ungarns in den nächsten Jahren activ sein würde. Sollten die Erportverhältnitse der Monarchie sih ungünstig gestalten, so würde die Nothwendigfeit weiterer Goldkäufe eintreten.

Großbritannien und Jrland.

Jn der gestrigen Sißung des Unterhauses theilte der Erste Lord der Admiraltrtät Hamilton mit, daß die Regierung den Bau zweier Kanonenboote angeordnet habe, welhhe im Herbst auf dem Nyassa-Sce ftationirt werden sollen. Er glaube, daßdie Anwesenheit der beiden Kanonenbootc wesentli zur Einschränkung des Sklavenhandels an einer seiner Hauptquellen beitragen werde. Der Parlamentssecretär des Colonialamts Worms betonte, die englische Regierung habe dem Präsidenten der Transvaal-Republik die Ab tretung des Swazilandes nicht versprochen. Auch von cinem Vorschlage des Gouverneurs Cecil Rhodes, die Zustimmung des Transvaalstaats zum Beitritt zu einem Zollveret aller Colonien und Staaten Süd-Afrikas durch Abtretung des Swazilandes zu erlangen, sei ihm nichts bekannt. Der Schaf kanzler Goschen erklärte auf eine an ihn gerichtete Ar frage : cinc verfrühte Mittheilung der eoentuellen Jnfstructione?

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e i SENE Iron, ves Beme rattimevas sei unzweck-

äßig : seien die ionen noch garnicht cit Im weiteren Verlauf der Sißung m der Parlamentssecretär des Auswärtigen Amts Lowther das aur zu der Erklärung: die britishe Regierung könne die Behauptung Spaniens, daß für englishes Leinengarn der Specialzolltarif des österreihischen Vertrages aufgehört habe, nit zu eben und dringe darauf, daß E Seen: garn unter Tien Tarif bis zum 30. Juni d. J. in Spanien ugelassen werde. Ferner gelangte in der gestrigen Sizung ein von Robert Webster eingebrahter Anirag zur Verhandlung, welcher dahin lautete: es möchten im Jnteresse der wahren Freiheit bei den Wahlen die Be- stimmungen der Ballot-Acte, betreffend die unwissenden Mähler, aufgehoben werden. Jm Laufe der Debatte sprach fich der Erste Lord des Schazes Balfour für den Antrag aus und erklärte: wenn je das Parlament an eine Abänderung des Wahlgeseßes herantreten sollte, dann müsse dies im Sinne des Webster schen Antrages geschehen ; daher stimme er für den- selben. Der Antrag wurde s{ließlich mit 116 gegen 55 Stim- men angenommen. :

Die conservativen Londoner Parlament5s- abgeordneten beriethen am A darüber, ob sie eine vom Londoner Gewerkrath ihnen angekündigte Abordnung wegen der geseßlihen Einführung des acht- stündigen Arbeitstags empfangen sollten oder nicht. Die Meinungen waren getheilt. Schließlih einigte man fich dahin, daß fein Abgeordneter verpflichtet sein solle, dem Em- pfange beizuwohnen. Ein dahin gehendes Schreiben wurde dem Secretär des Gewerkraths Shipton zugesandt mit dem ausdrücklihen Bemerken, daß keine mündlihen Versprehungen abgegeben werden würden.

Bn den nördlihen Gegenden Jndiens findet unter den Eingeborenen jeßt eine lebhafte Bewegung statt, deren Ziel ein Massenübertritt zum Christenthum is. Wie

‘englishen Blättern von dort gemeldet wird, haben sich die

Eingeborenen seit einiger Zeit in großer Anzahl zur Taufe gedrängt. Ungefähr 19 000 sind während des lezten Jahres getauft worden, und 40 000 Männer und Frauen bitten augen- blicklich um Zulaffung zur christlihen Kirhe. Zu gleicher Zeit sind die Schulen, in denen die Sprache der Eingeborenen oon Missionaren gelehrt wird, bedeutend vermehrt worden. Die getauften Eingeborenen gehören meist den niederen Kasten an. Frankreich.

Der König von Schweden und Norwegen is in Mentone eingetroffen. Der Präsident Carnot sandte, ihm, wie „W. T. B.“ berichtet, cin sehr herzlihes Begrüßungs- telegramm. Der Commandant des Mittelmeergeshwaders be- giebt sfich nah Mentone, um dem König die Huldigungen der Flotte darzubringen, der im vergangenen Jahr in Stocholm warmer Empfang bereitet worden war.

Am nächsten Dienstag wird in der Deputirten- fammer die Jnterpellation Lavy über die Verhaftung einer Anzahl Anarchisten eingebraht werden. Der Minister-Präsident Loubet wird der „Köln. Ztg.“ zufolge die sofortige Besprechung verlangen und erklären, die Regierung sei entschlossen, darauf zu bestehen, alle Maßregeln anzuordnen, die ohne irgend eine Art von Herausforderung dazu angethan seien, die öffentlihe Sicherheit zu befestigen.

Die Leichenfeier für den Restaurateur Véry fand gestern unter zahlreiher Betheiligung statt. Unter den Kränzen befanden fih solhe vom Municipalrath und der Polizeipräfectur. Zahlreihe Beamte und Municipal- Räthe wohnten der Feier bei. Auf dem Friedhof wurden mehrere Reden gehalten. Der Minister-Präsident Loubet erklärte, die Regierung werde für die Frau und die Tochter Véry's forgen, und constatirte die einstimmige Verurtheilung der anarchistishen Attentate. Die Bevölkerung lasse sich nit terrorisiren, die öffentlichen Gewalten würden fein Mittel zum Schuge der Gesellschaft vernachlässigen. Der Präsident des Municipalraths Santon dankte dem Minister und fügte hinzu, der erste Augenblick der Bestürzung sei vorüber, jedermann sei bereit, seine Pfliht zu thun. Ein Zwischenfall kam nicht vor.

Das Schwurgericht des Aisne-Departements verurtheilte

den Pariser Anarchisten Martinet wegen einer in St. Quen- ün gehaltenen Rede zu einem Jahre Gefängniß. n der Nacht zum Freitag explodirte vor dem Hause eines Werkmeisters der Gruben in Lens eine Dynamit- patrone. Durch die Explosion wurde beträchtliher mate- rieller Schaden angerichtet, doch wurde niemand verleßt. Zahlreiche Vernchmungen haben stattgefunden, doch sind fie bisher ohne Resultat geblieben.

Der „Figaro“ veröffentliht einen Bericht über ein Znterview mit dem Prinzen Victor Napoleon. Danach hâtte der Prinz anläßlih der jüngsten Dynamitattentate geäußert, es sei nirgends mehr eine Autorität vorhanden, überall herrshe volle Anarchie: die Regierung habe den ocialen und religiösen Krieg entfesselt: das einzige Heilmittel gegen die heutigen Mißstände sei eine feste, auf dem Plebiscit beruhende Regierung.

Rußland und Polen.

_… Die gestern erschienene Nummer der Gesez-Sammlung ver- ofsentliht nunmehr den Kaiserlichen Ukas, durch welchen der Maisexport gänzlih freigegeben und die Aus- fuhr der se gruworrig in Archangel, Libau, Reval und Riga vorhandenen Hafervorräthe ge- S ua

Die deutshe „St. Pet. Ztg.“ entnimmt einem russishen Blatte die Mittheilung, daß gegenwärtig im Militärressort ein Project ausgearbeitet werde, wonach das Alter für den Eintritt der Recruten vom 21. auf das 22. Lebensjahr verlegt werden soll.

. Wie der „Rev. Ztg.“ aus St. Petersburg geschrieben wird, würde das große Reformproject in Betreff des Steuer- Vejens der Landschaft in der laufenden Session noch nicht zur e Qlusfassennon Berathung im Reichsrath gelangen, londern ei für die Herbstsession vertagt. Desgleichen sei eine andere wichtige Vorlage, die der Umgestaltung der Lan- desverfas jung und der Einführung der allgemeinen Adels- verfassung in den baltishen Provinzen, die der geseßz- gebenden Körperschaft zur Berathung in dieser Session zu- gegangen war, zurüdckgestellt worden.

Italien. Nach den heutc vorliegenden Meldungen des „W. T. B.“ hat Giolitti in dem neuen Cabinet jeßt endgültig den

Brin das Ressort ‘des Aeußern, Bon: ci das Justiz-Portefeuille und Martini das Unterrichts-Minifterium. Die Verhand- lungen über die DeEvung der anderen Posten dauern fort. Die Constituirung des Cabinets wird für morgen erwartet. Die bis jeßt genannten Mitglieder gehören der Linken an. In der „Nat. - Ztg.“ wird das neue Cabinet als ein „Werk Zanardelli's“ bezeichnet; Zanardelli werde es eifrig unterstüßen, Crispi ihm aber keine Opposition machen. Wie die Wiener „N. fr. Pr.“ vernimmt, beabsichtige Herr Giolitti, die Deputirtenfammer gegen den 20. Mai einzu- berufen und sofort nah ihrem Zusammentritt eine Abstimmung über die Lösung der Cabinetskrise herbeizuführen. Er wolle dur diese Maßregel die Dariegung des Programms - des neuen Ministeriums und eventuell ein Vertrauensvotum pro- vociren.

Der Gesandte der Vereinigten Staaten Porter ist gestern nah Rom zurückgekehrt und hat nach erfolgter Wiederherstellung der beiderseitigen diplomatischen Beziehungen die Geschäfte wieder übernommen. E

Schweiz.

Die Liste der Verhandlungsgegenstände für die am 30. Mai beginnende Sommer-Sesjion der Bundes- versammlung ist vom Bundesrath jeßt festgestellt. Die Anzahl der Vorlagen beträgt 51; unter ihnen befindet sich auch die Botschaft nebst Beschlußentwurf, betreffend die Ratification der Uebereinkunft mit Deutshland vom 13. April 1892 zum gegenseitigen Schuße des gewerhb- lichen Eigenthums (Erfindungspatente, gewerbliche Muster und Modelle, Fabrik: und Handelsmarken, Han- delsfirmen, Herkunftsbezeihnungen). Ferner seien als wichtigere Traktanden genannt: der Handelsvertrag mit Jtalien, die Neuordnung der Bundesrechtspflege, Zündhölzhenmonopol, Tessiner Jnterventionskosten, Creditbegehren für die Ver- vollständigung der Befestigungen von St. - Maurice und Re- vision des internationalen Vertrags zwishen den Bodensce- uferstaaten, betreffend die Schiffahrts- und Hafenordnung für den Bodensee.

Niederlande.

Die Zweite Kammer hat in ihrer gestrigen Sißzung die Berner internationale Convention, betreffend die Beförderung von Waaren auf Eisenbahnen, angenommen.

Am 12. d. M. haben die Wahlen für die Provin- zialräthe stattgefunden. Das jeßt vorliegende vollständige Ergebniß bedeutet, wie der „Mgdb. Ztg.“ aus Amsterdam telegraphirt wird, einen liberalen Sieg. Die Klerikalen seien fast überall geshlagen. Jm Haag, der immer conservativ wählte, haben diesmal alle liberalen Candidaten gesiegt.

Belgien.

In der gestrigen Sißzung der Repräsentantenkammer stellte der Deputirte Rosseuw an die Regierung die Forderung, fe möge heute kategorische Erklärungen über die Beschuldigungen abgeben, wonach der Congostaat dert Beschlüssen der Brüsseler Conferenz zuwider für eigene Rechnung Handel triebe und nah seinem Territorium Gewehre im- portirt hätte. Wenn diese Behauptungen wahr wären, dann würden, so meinte der Antragiteller, die von Belgien gestellten Bedingungen, unter welchen Belgien die Anleihe des Congo- staats bewilligt habe, eine Abänderung erfahren haben.

Griechenland.

Anläßlich der morgen (15. Mai) bevorstehenden Wahlen werden heute in ganz Griechenland große Kundgebungen erwartet und find deshalb allerorts die Truppen consignirt. Auf der Jnsel Korfu wurden bei einer Wahlschlägerei vier Personen verwundet.

Rumänien.

Wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, haben die bisherigen Verhöre in der Galatßer Bomben- Affaire den Bestand eines über den ganzen Orient ausgedehnten, aber nicht gegen Bulgarien, sondern gegen die Herrschaft der Türken ge- richteten Complots nachgewiesen.

Bulgarien.

Dic „Agence balcanique“ erklärt die Nachricht auswärtiger Blätter, die bulgarishe Regierung habe den Schiffen der Gagarin’shen Gesellschaft das Anlegen in bulgari- schen Donauhäfen verboten, für unbegründet.

Amerika.

Aus Carácas in Venezuela erhielt der „New-York Herald“ die Nachricht, daß dort am 11. d. M. vor dem Palais des Finanz-Ministers Sefior Matto eine Bombe explodirt sei, welche das Gebäude und das daneben liegende französische Konsulat stark beshädigt, Menschen jedoch nicht verleßt habe.

Afrika.

Aus Lagos in Ober-Guinea wird dem „R. B.“ ge- meldet, daß, nahdem die leßten Abtheilungen des westindi- shen Regiments dort eingetroffen, am Donnerstag Morgen das ganze Regiment unter dem Befehl des Obersten Scott zum Kampfe gegen die aufständishen Jebus und Egbas abmarschirt ist.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (64.) Sißung des Hauses der Ab- geordneten, der der Finanz-Minister Dr. Miquel beiwohnte, wurde zunächst in der Abstimmung im ganzen der Geseß- entwurf wegen Abänderung einzelner Bestim- mungen des allgemeinenBerggeseßes vom 24. Juni 1865 angenommen.

In dritter Berathung wurden sodann ohne Debatte der Geseßentwurf über die Aufhebung von Stolgebühren für Taufen, Trauungen und kirhliche Aufgebote in der ua nger iden Landeskirche der älteren Pro- vinzen der Monarchie, der Geseßentwurf über die Au f- O von Stolgebühren für Taufen und Trauungen in der evangelish-luther ishen Kirche der Provinz Schleswig-Holstein und der Geseßentwurf über die Gewährung einer Staatsrente für Stol- gebühren-Entshädigungen in der evangelish- lutherischen Kirhe der Provinz Hannover an- genommen. N

Es folgte die zweite Berathung des Gesetzentwurfs über die Aufhebung der Befreiung von ordentlihen Per- sonalsteuern gegen Entschädigung.

Bei § 1 referirte der Berichterstatter der die ois n

i; D E ecerandcLübben (conf.) über die verhandlungen. N - :

Nach § 1 soll die Steuerfreihät der Häupter und Mii- glieder der Familien vormals unmittelbarer deutsher Reichs- stände vom 1. April 1893 ab aufgehoben sein.

Abg. Rickert (dfr.) erklärte, daß seine Partei dem Gesetze nicht ¿nfinien könne; man hâtte die Standesherren auf den Rechtsweg verweisen sollen. Redner fragte die Regierung, wie fie sih zu der auch dem Hause zugegangenen Rechtsverwahrung der Standesherren stelle, in der diese anstatt der von der E vorgeschlagenen 131/, fachen eine 29 fache Entshädigurg orderten.

* Geheimer Ober-Finanz-Rath Wall a ch erwiderte, daß diese Rechtsverwahrung mehrfahe Jrrthümer enthalte. Die Ver- handlungen mit den Standesherren über die Höhe der Ent- ichädigung hätten allerdings eine Verständigung nicht leicht erscheinen lassen, « ie i:

Abg. Bödiker (Centr.) sprah sih für das Gese aus, weil es sih nicht um ein Privilegium, sondern um gewisser- phen völkerrehtlich anerkannte Ansprüche der Standesherren

andle.

Der Finanz-Minister Dr. Miquel .erwiderte dem Abg. Rickert, daß die Verweisung auf den Rehtsweg unmöglih fei, weil das Recht der Standesherren auf Steuerfreiheit an- erkannt sei, also nit bestritten werden fönne. Ein solches Recht könne nur gegen Entschädigung: abgelöst werden. Käme das Gescz niht zu stande, so würde die Steuerfreiheit be- stehen bleiben. Der Minister führte sodann aus, daß der Multiplicator von 131/, zwar arbiträr, aber angemessen sei.

Abg. Dy. Sattler (nl.) wollte für das Geseg stimmen, obwohl er das Vorliegen völkerrechtlich anerkannter Ab- machungen nit anerkennen könne, weil das neue Einkommen- steuergeseß diese Vorlage bedinge. Er bedauere, daß die be- treffenden Familien nicht selbst auf diefes Privilegium ver- zichtet hätten.

Abg. Dr. Lieber (Centr.) sprah sich für die Vor- [lage aus.

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (cons.) war für die Annahme des Gesetzes: das Einkommensteuergesez vom vorigen Jahre habe das Recht der Standesherren auf Steuerfreiheit anerkannt. Man könne nicht verlangen, daß dieselben dem Staat etwas \chenkten.

Abg. Rickert (dfr.) blieb dabei, daß es sich nur um au- geblihe Rechte handle, und behauptete, daß die Motive zum Einkommensteuergeseß auf seinem Standpunkt ständen.

Der Finanz-Minister Dr. Miquel bestritt diese Be- hauptung.

Abg. Dr. Meyer (dfr.) stellte sich vollkommen auf den Standpunkt des Abg. Nickert, wollte aber das Geseg schließlich doch annehmen, weil ohne dessen Annahme der unhaltbare Dunan der Steuecrfreiheit der Mediatisirten bestchen bleiben würde.

Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Bödiker (Centr.), Graf zu Limburg-Stirum (confs.), Dr. Lieber (Centr.), Dr. Sattler (nl.) und Rickert (dfr.) wurde der 8 1 an- Men, desgleichen der Rest des Geseßes ohne erhebliche Öebatte.

Der Abg. Graf zu Limburg-Stirum (conf.) be- antragte darauf folgende Resolution :

Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, zu erwägen, ob aus Billigkeitsgründen den Familien Bent heim-Tecklenburg- Nheda und Sayn-Wittgenstein-Berleburg Entschädi- gungen für die früher von ihnen genossene Befreiung von ordent- lihen Personalsteuern zu gewähren sein wird.

Die Resolution wurde nah kurzer Debatte zwischen den Abgg. Graf zu Limburg-Stirum (cons.), Dr. Meyer (Df, Francke- Tondern (nl.) und Dr. Lieber (Centr.), und nachdem sich Finanz-Minister Dr. Miquel dagegen erklärt hatte, abgelehnt.

Schluß 1 Uhr 50 Minuten. Nächste Sitzung Montag 1 Uhr. (Tagesordnung: Dritte Lesungen der Geseßentwürfe über die Landgemeindeordnung von Schleswig-Holstein und die Aufhebung der Befreiung von ordentlichen Versonalsteuern gegen Entschädigung ; Petitionen.)

Der Präsident des Herrenhauses Herzog von Ratibor hat den Mitglicdern des Hauses die Mittheilung zugehen lassen, daß zur Erledigung der cingegangenen und noch C u@tbendbs Vorlagen Plenarsißungen am Freitag, 27. Mai, und den folgenden Tagen ftatt- finden werden.

Kunst und Wiffenschaft.

{ Eine aus achtundsechzig Gemälden bestehende Privat- fammlung, dem Banquier W. Molenaar gehörig, ift gegen- wärtig in dem Oberlichtsaal der Schulte schen Kunsthandlung ausgestellt. Sie ift in wenigen Jahren mit. ansprehendem Ge- \chmack zusammengestellt und enthält neben zwölf altholländishen Bildern ausshließlich Werke lebender Künstler. Unter den Holländern verdienten namentli eine Bauernschenke von A drjiaen Ostade, eine Marine von Beerstraaten, ein Reitergefeßt von Jan van Huchtenberg und eine Winterlandschaft von A. Schelfhout sowie ein 1666 datirtes Bauerninterieur von Jan Mienze M olenaer Beachtung. Freilich ist die Aufstellung unter den farben- leuhtenden anspruhsvollen Bildern der modernen Schulen bei grellem Oberlicht den intimen Reizen altholländisher Kunst nicht sonderlih günstig. Der Hauptantheil der neueren Werke fällt der Berliner Schule zu. Der Besißer hat es verstanden, besonders charakteristishe Leistungen der zeitgenössishen Meister aus- zuwählen. So darf R. Eschke’s „Abladestelle an einem Binnen- wasser“ zu feinen besten Werken gezählt werden: dasselbe gilt von Müller-Kurzwelly?s feingestimmtem Strandbilde. Hans Fer. mann?’s Blumenmarkt zu Amsterdam is von älteren Ausstellungen bereits aufs vortheilhafteste befannt. Ein Waldinterieur von P. Meyerheim aus dem Jahre 1889 zeigt uns den berühmten Meister des Thierstücks als trefflichen Landschafter und Coloristen. Eine un- gemein farbenkräftige Alpenlandshaft von Carl Ludw ig vervoll- ständigt mit einigen andern Werken von Kamecke, Frenzel und Gude das vortheilhafte Bild, welhes uns diese Sammlung von der Berliñer Landschaftsmalerei bietet. Daß der Sammler mit be- fonderer Vorliebe dieses Gebiet bevorzugt, ist begreiflich, und eine Statistik unserer privaten Gemäldesammlungen würde sicherlich zu dem Ergebniß führen, daß breivitetel aller in Privat- besiß befindlihen Gemälde Landschaften sind. Auch Düsseldorf ist mit seinen bewährten beiden Altmeistern auf diesem Gebiet Andreas und Oswald Achenbach vertreten, während Arthur Kampf, der Champion der jüngeren Düsseldorfer Schule, eine Berliner Straßenscene in Aquarell beigesteuert hat. Unter den Münchener Malern ist S Mans von Bartels und ter flotte Zeichner der „Fliegenden Blätter“ René Reinidcke er- wähnenswerth. ‘Ein auf der leßten Münchener Ausstellung mit der goldenen Medaille ausgezeichnetes Kanalbild des Mailänders Grafen Gola, fowie Sinding's „Badende Knaben* find charakteristische