1892 / 126 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 30 May 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Der Minister des Jnnern Herrfurth wies darauf hin, daß jeßt noch ein Mangquement von Unteroffizieren in der t vorhanden sei, deshalb müsse dieser Stand bessere Aussichten auf Versorgung erhalten.

Die Abgg. Eeatter t (nl.) und Dr. Hammacher (nl.) erklärten fsih für den Antrag Eberty, eventuell für den Antrag

a g p dfr.) befürwortet seinen Antr

. Eberty (dfr. ürwortet seinen Antrag.

Abg. von Tiedemann-Labischin (freicons.) war für die Wiederherstellung der Regierungsvorlage.

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (cons.) wünschte im Frereffse der kleinen Communen die Annahme der Commissions- assung.

Nach einer weiteren Bemerkung des Abg. Ebert y (dfr.) oer dem Grafen zu Limburg-Stirum wurde der S 1 in

Commissionsfafsung angenommen.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus.

S hakespeare?s romantishes Schauspiel „Jmogen“ (Cym- belin) wurde am Sonnabend în der Bearbeitung von H. Bult- haupt nah der Herbberg "schen Uebersezung von dem troß der großen Hiße gut besuchten Hause bei seiner nach vieljähriger Pause veranstalteten ersten Aufführung recht freundlich aufgenommen. Die Anerkennung der Zuschauer galt in erster Linie einigen hervorragenden \chaufpielerischen Einzelleiftungen, dann aber au der sorgsamen Ein- studirung dieses weniger bekannten Werkes des großen Dichters, das neben vielen dramati}chen Mängeln do auch ted ist an hochpoetischen Schönheiten. Der theils historische, englischen Chroniken entnommene, theils novellistishe, nah „Boccaccio* gebildete überreiße Stoff weist eine Mannigfaltigkeit der Sprache und eine Verknüpfung verschieden- artigster Geschichten auf, die für die Entwickelung und die Einheitlichkeit der Handlung au selbst in diefer sehr gekürzten Bearbeitung nicht eben vortheilhaft find, umsomehr, weil die Charaktere nit alle streng Iogisch durchgeführt find und das Verhalten einzelner der Haupt- personen nicht nur unwahrscheinlich und unnatürli, sondern ftellen- weise sogar unmöglih erscheint. Nichtsdestoweniger ist es mit Freuden zu begrüßen, daß die Königlihe General - Intendantur durch diese Ausführung ein Werk wieder in Erinnerung gebracht hat, das bei aller Unvollkommenheit doch einen hohen fünftlerishen Genuß gewährt. Wie in den Sagen von der Penelope unt von Kudrun wird auch in der Dichtung von Imogen das in unershütterlicher Treue ausharrende Weib gefeiert. Man hat das Drama mit Recht „Das Lied von der Treue“ und Imogen die reizendste und liebens- würdigste von Shafkespeare's Frauengestalten genannt. Das Interesse der Zuhörer wendet si fast aus\chließlich dieser idealen, vom Dichter mit allen nur denkbaren äußeren wie inneren Vollkommen- beiten ausgestatteten Erscheinung zu; die edler, inniger, hingebungs- voller und natürliher nicht wobl dargestellt werden konnte, als es von Fräulein Lindner ges{hab. Als Imogen's Gemahl zeigte Herr Ludwig wieder die an ihm bekannte und oft gerühmte fünst- lerishe Genialität, die er mit Wärme der Empfindung, Kraft und Natürlichkeit harmonisch zu verbinden weiß. Herr Matkowsky war als Jachimo ein kecker, selbstbewußter und im Verkehr mit Frauen sfiegeëgewifser rômisher Jüngling, konnte sich jedoch anscheinend in die ihm von der Rolle zugemutbete unwürdige Handlung3weise nicht vollftändig hineinfinden. Herr Grube erregte dur die humc- ristische Wiedergabe des stammelnden Cloten viel Heiterkeit. Die Herren Purschian und Herßer gaben die geraubten Königssöhne Guiderius (Polidor) und Arviragus (Cadwall) mit fürstlihem Anstand und vornehmer Einfachheit, während Herr Kahle als ibr Erzieher Belarius (Morgan) durch feine liebevolle väterlihe Fürsorge für seine Zöglinge erfreute. Den König Cymbelin, der dur, seine Schwäche an allem Unglück in seiner Familie huld war, gab Herr Nesper im leßten Sufpuge tadellos, während er zu Anfang durh eine etwas weniger \chroffe Auffassung einen angenehmeren Eindruck machen und mehr im Sinne des Dichters handeln würde. Aus der undankbarcn Rolle der ränkesüchtigen Königin machte Frau Stollberg, was nur möglih

war. Auch Fräulein Tondeur konnte als Hoffräulein der Imogen vollkommen iedigen. Kroll’s Theater.

Frau Marcella Sembrich sang am Sonnabend zum ersten Male in dieser Saison die Gilda in Verdi's „Rigoletto“ und entfaltete darin wieder alle die oft und viel gerühmten E ibrer berrlihen Gefangskunst; aber auh wie sie diese reizende hingebende Mädchengestalt sGauspieleris darstellte, war gleih bewun b. Die liebeglühende Arie aus dem zweiten Act e die Künstlerin auf Verlangen wiederholen; sie bot ihr Gelegenheit, die Ersie Herrschaft über den musikalischen Ausdruck des im Tert gege nen Stimmungegebalts ebenso glänzend darzuthun, wie ihre meisterliche technische Fähigkeit in spielend leihter Bewältigung alles fiorirten Beiwerks. Dabei vermied die Sängerin in ihrer vornehmen Weise durchaus jede bloß virtuosenhafte Bravour, sondern wußte in feinem künstlerishen Sinn auch diese Coloraturen zur charakteristischen Färbung des feelischen Ausdrucks zu verwertben. Der Wiederholung dieser seltenen Meisterleistung folgte wieder ein minutenlanger Applaus, begleitet von föftlihen Blumenspenden. Das Duett mit Rigoletto in der bewegten Scene am Schluß des dritten Acts sang f Sembrich mit dramatisch ergreifender Verinnerlihung, wobei sie dur einen anderen Gast der Kroll’shen Bühne, den trefflichen Baritonisten Herrn Schwarz in der Titelrolle ganz vorzüglich unterstüßt wurde. Auch das große effectvolle Ouartett im leßten Act gelang unter ihrer Mit- wirkung ausgezeihnet; neben den Genannten betheiligten \sich an der Ausführung des leßteren sowie im übrigen nah Kräften Herr Alma als Herzog und Fraulein Beuer als Maddalena. Der gtoße Königs- faal war vollständig ausverkauft.

In der Dienstagsvorftellung des „Freishüß“ im Königlichen Opernhause sind die Damen Leifinger und Dietrich, die Herren Gudehus, Moödlinger, Stammer, Schmidt und Lieban beschäf- tigt. Am Mittwoch{ gebt „Cavalleria rusticana* mit den Damen Pierson , Dietrich und Lammert, den Herren Sylva und Fränkel in Scene. Darauf folgt „Das (ee Kreuz“ mit den Damen Herzog und Weiß, den Herren Philipp, Schmidt und Stammer. Am Donnerstag wird „Boabdil“ mit den Damen Hiedler und Staudigl, den Herren Nothmühl, Fränkel, Mödlinger, Stammer und Schmidt gegeben.

An den drei Pfingstfeiertagen finden, wie an allen Feiertagen, im Berliner Theater außer den Abendvorstelungen noch Nachmit- tagEvorstellungen zu bedeutend ermäßigten Preisén statt; der Spiel- plan für die Festtage lautet, wie folgt: Sonntag (1. Feiertag) Nach- mittag: „Der Hüttenbesißer*, Abends, neu einstudirt: „Der Kauf- mann von Venedig“; Montag (2. Feiertag) Nahmittag: „Kean“ mit Ludwig Barnavy in der Titelrolle, Abends: zum 90. Male „Der Hüttenbesißer“ ; Dienstag (3. Feiertag) Nachmittag: „Iphigenie“ mit Anna Haberland in der Titelrolle, Abends: „Der Kaufmann von Venedig“. Billets zu allen drei ‘Nahmittagsvorstellungen \ind von jeßt ab an der Vormittagskafse des Theaters zu haben.

Das Refidenz-Theater s{hließt, wie hon gemeldet, morgen seine diesjährige Spielzeit mit der 70. Aufführung des Vala- brègue’shen Schwankes „Firma Rondinot.“

Das nächste Gastspiel von Frau Marcella Sembrih „Die Tochter des Regiments“ bei Kroll findet niht morgen, sondern erst am Donnerstag statt. Die gelösten Billets bebalten ibre Gültigkeit. Morgen wird „Der Freishüßz* gegeben.

__ Das Adolph Ernst-Theater beschließt, wie hon mitgetheilt, mit der morgigen Aufführung der Gesangéposse „Fräulein Feldwebel“ seine Spielzeit. Während der zweimonatigen Ferien finden die bereits angetündigten Wiener Gastspiele statt.

Preußische Klafsenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der vorgestern fortgesezten Ziehung der 4. Klasse 186. Königlih preußisher Klassenlotterie fielen in der Nahmittags-Ziehung : /

1 Gewinn von 15 Á auf Nr. 106 510.

4 Gewinne von 10000 A auf Nr. 21158. 143 019. 185712.

109 329.

Ee von 5000 # auf Nr. 19457. 128745

33 Gewinne von 3000 auf Nr. 13924. 21 357 21 461. 22250. 39866. 41041. 45913. 49800. 51 31 51 907. 57490. 57876. 64488. 74233. 80338. 90 859 92538. 100772. 112785. 121274. 125633. 137 712 138 288. 150139. 150933. 151177. 169489. 171 664 176 871. 177077. 178411. 184633. 186489. 5

34 Gewinne von 1500 M auf Nr. 4351. 6823 10 389 13780. 27692. 30190. 33542. 33596. 63741. 68 293 70042. 70981. 73717. 75174. 75413. 85482. 98 19 99 687. 100 541. 104 991. 112935. 125 172. 125 648. 132 072 141 259. 151 006. 157 890. 159 924. 160 837. 161 701. 170 2%9 170 737. 172651. 173 902. E

35 Gewinne von 500 # auf Nr. 5347. 9989 99 987 42419. 48094. 49899. 51 803. 53478. 53527. 63103 79 321. 79748. 86247 97 914. 109326. 111 340. 114 303 127 782. 134947. 135369. 137602. 137915. 142148 143 260. 158474. 158477. 162115. 162326. 165 087 165 548. 166694. 174949. 178395. 180850. 182 416

Bei der heute fortgeseßten Ziehung der 4. Kla 186. Königlich preußischer Klafsenlotterie fielen in der Vor mittagsziehung:

2 Gewinne von 15 000 Æ auf Nr. 134 800. 173566.

- 2 Gewinne von 10000 Æ auf Nr. 46 774. 126579

2 Gewinne von 5000 M auf Nr. 3915. 167 647.

29 Gewinne von 3000 auf Nr. 14558. 15 39 15713. 47715. 54178. 56536. 58952. 59437. 6&5 709. 66 068. 72601. 79585. 84563. 99636. 99920. 101649 107 390. 115732. 120821. 122027. 125997. 145 491 E R 161714. 162224. 167542. 170659. 185 323

D.3C2.

35 Gewinne von 1500 Æ# auf Nr. 337. 1718. 229 3047. 16883. 24731. 25712. 34384. 34418. 38547 53 479. 53745. 72169. 77 630. 86789. 87912. 92166 93938. 97176. 101876. 106950. 124512. 12703 127 466. 138350. 143428. 145317. 150728. 151 634. 164747. 166543. 167933. 171418. 178204. 181 929

39 Gewinne von 500 F auf Nr. 10359. 1489 21 521. 25620. 26518. 29804. 37348. 60199. 76173 T7 266. 78553. 82899. 84633. 84828. 89821. 102409. 102901. 103826. 104374. 110523. 111860. 11286 113 986. 120683. 124763. 132340. 133338. 142993 150 308. 150974. 154241. 163605. 166776. 167 802 173114. 184871. 186301. 187383. 188750.

Nach Schluß der Redaction eingegangene

Depeschen.

Frankfurt a. M, 30. Mai. (W. T. B) Die Königin und die Königin-Regentin der Nieder- lande sind heute Vormittag 9 Uhr 30 Minuten nah Pois- dam abgereist.

München, 30. Mai. (W. T. B.) Der Prinz-Regent und die Prinzessin Therese sind heute Vormittag 10 Uhr mit Gefolge mittels ne nah Stuttgart abgereift. Jm Gefolge befanden ih die General- und Flügel-Adjutanten Graf von Lerchenfeld-Brennberg, Freiherren von Branca und Wolfskeel von Reichenberg, der Geheime Hofrath von Klug und die Gräfin Oberdorf.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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beriht vom 30. Mai,

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ere Gewitter. ?) Nachts : Uebersicht der Witterung.

Eine _ breite Zone hohen Lufidrackdes liegt über Franfreih, Deutschland und dem Ofstieegebiete, charafterifirt durch ruhige, trodene, heitere und warme Witterung, während Deprefsionen westlich von den britishen Inseln und über dem Innern Rußlands lagern. Die erhebliche Abfühlung, welche fich gestern westlich von Deutschland zeigte, hat si oftwaris fortgepflanzt, meist in Begleitung von Ge- im füdlichen Deutschland und an ostpreußi schen Küste ftattianden. In Chemnitz ift e um 7, in Grünberg um 10 Grad fühler als vor 24 Stun- den, indefien liegt in ganz Deutschland die Tem- peratur go Bem über dem Mittelwerthe. Auch grfiern Ns tag errcihien tie Temperaturen un- in Grün-

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langweilt.

7+ Uhr. Buyte, Ludw.

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gewöhnli hohe Werthe, in Breélau 22, berg 25 Grad. Deutsche Seewarte.

Carl Millöcker.

Theater - Anzeigen. Königliche Schauspiele. Dienêtag: Opern- | Mittwoch: Zum 131. Male: Das Sountags- / m prachtvollen Park :

Auftreten von Ge-

sangs- und Instrumental - Künstlern. Anfang des Concerts Sonntags 5 Uhr, an den Wochentagen

138. Vorstellung. in 3 Acten von C. M. v. Weber. nach einem Volkê8märchen „Der Freishüß*“ von F. Kind. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. Varuhelm, oder: Das Soldatenglück. Lustspiel in 5 Aufzügen von G. E. Lessing. C Plaschke. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Opernhaus. 139. Vorstellung. CAvaI1- leria rusticana (Bauern-Ehre). Oper in tjetro Mascagni. gleihnamigen Bolksstück von Verga. gefeßt vom Ober - Regisseur Teßlaff. Mu Wegener. Kreuz. Oper in 2 Acten von Ignatz Brüll. Tert nah dem Französischen von H. S. von Mosenthal. Tanz Taglioni. Wegener. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 147. Vorstellung. Wohlthätige Lustspiel in 4 f L’'Arronge. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Anfang 7 Ubr.

Deutsches Theater. Dienstag: Der Obolus. Die Neuvermählten. Quintus Horatius Flaccus. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Nathan der Weise.

Donnerstag: Die Welt, in der man fich

Die Tagesfasse if von 10 bis 14 Uhr geöffnet.

Berliner Theater. Dienstag: Nora. Anfang

Mittweh: Othello. dw. Barnay, Ludw. Stah[L.) Donnerêtag: Der Hüttenbefizer. T# Ubr.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

l S Voranzeige. Am 1. und 2. Pfingstfeiertag:

Lessing-Theater. Dienêtag : Geschlossen wegen "Srüb-Concere ad See A, der scenishen Vorbereitungen zu Emanuel Reicher's Gesammtgastspiel.

Mittwoch{: 1. Vorstellung von Emanuel Reicher's G elgesellschaft. Zum 1. Male: Frrlichter. Schauspiel von Antropow. Deutsch von P. Lorenz.

Donnerêtag: Jrrlichter. wobei indeffen Regenfälle nur | Freitag: Jrrlichter.

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„Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Dienêtag: it neuer Auéftattung zum 130. Male: Das Sonntagskind. Opvercite in 3 Acten von Hago Wittmann und Julius Bauer. Musik von

T er „ges Frißsche. Dirigent : Kapellmeister Decorationen aus tem Atelier von Falk Die neuen

fang 7 Uhr.

Der Freischüt. Oper find M Tert z Thei N E F En ch Täglich: FRilitär - Concerte.

146. Vorstellung. Miuna von gade 6 Ubr.

Regie: Herr

Tert nah dem In Scene Dirigent :

Das oldene

Dirigent: Mufsikdirector

Aufzügen von Adolph im Sommergarten.

gent: Max Gabriel.

der Residenz):

(Agnes Sorma, Nuscha

Großes

ommers-

Graselli.

In Scene

et von Julius

ermann. Die

Costume vom Garderoben-Inspector Ventky. An-

Residenz-Theater. Direction : Sigmund Lauten- burg. Dienstag: Leßte Vorstellung in dieser Saison. Zum 70. Male: Firma Rondinot. (La Se- curité des Familles.) Shmanf in 3 Acten von Albin Valabrègue. Anfang 7{ Uhr.

Kroll's Theater. Dienstag: angekündigte Gastspiel von Frau Marcella Sembrich „„Regimentstochter““ findet erst Donnerstag statt. Die gelösten Billets behalten ihre Gültigkeit.

Dafür heute: Der Freischütß. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Der Waffenschmied.

Täglich, bei günstigem Wetter: Großes Concert nfang an Sonn- und Festtagen 4 Ubr, an den Wochentagen 54 Uhr.

Belle-Alliance-Theater. Dienstag: Zum 28. Male: Der Günstling. Operette in 3 Acten von Hermann Sternheim. Musik von Carl Grau. In Scene aesept vom Director Sternheim. Diri-

_Großes Militär-Doppel-Conucert. Alierien aare s E Cre a aA Gi s: Feenhafte Jllumination des ganzen en- Etablifsements dur 50 000 Gasflammen. Anfang des Concerts 6 Uhr, Anfang der Vorstellung

Adolph Ernst-Theater. Dienêtag: Legte Aufführung. Zum 42. Male: Fräulein Feldwebel, Gesangépofse in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Musik von G. Steffens. In Scene gesegt von Adolph Ernst. Anfang 7+ Uhr.

Der S ift geöffnet.

Mittwoch: Erftes Gesammt-Gastfpiel des Wiener Ensemble unter Direction von Franz

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direction: Emil Thomas. Dienstag: Gastspiel des Herrn Alfred William. Zum 31. Male: ie Ulanen. Operette in 3 Acten von Hugo Witt-

mann. Musik von Carl Weinberger. Regie: Ernst Meißner. Dirigent: Kapellmeister Eduard Weber. Anfang 7{ Uhr. Mittwoch: Die Ulanen. Der Sommer-Garten ist geöffnet.

[6241] Hohenzollern-Galerie am Lehrter Bahnhof. Gr. histor. Rundgemälde 1640—1890. 9 Vorm. 11 Ab. 1 Kinder 50

Urania, Anftalt für volksthümlihe Naturkunde. Am Landes - Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung in wifssenshaftlißen Theater. Näheres die Anschlacç- zettel. Anfang 74 Ubr.

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Ella Pauli mit Hrn. Pastor Mar Wolfgang Mahler (Berlin—Alt-Jäshwiß, Kreis Bunzlau). Gräfin Erna von Franckenberg- Sierstorpff mit Hrn. Hans Heinrih Graf Stra- wiß von Groß-Zauche und Camineß (Puschire— Stubendorf). Frl. Emma Dreschke mit Hrn. Schulamts-Candidaten Dr. phil. Otto Ifier (Schloß Krotoscbin). Frl. Minna Kahle mit

trn. Pfarrer Richard Kanus (Hummel-Radeck— ummel). Gr Margarethe Bernhard mil

Das für heute

Im prachtvollen, glänzenden Sommer - Garten | Hrn. Pfarramts-Candidaten Erich Bahr (Kücken- (vornehmstes und großartigftes Sommer-Etablifsement

mühle). Frl. Elisabeth Bernhard mit Hrn- Pfarramtéê-Candidaten Reinhold von Lühmann (Kückenmühle). 4 Geboren: Ein Sohn: . Kaiserlichen Bank- Direktor von Klöden (Halle a./S.) Hrn. Re- glerunge Ns Galleisfe (Breslau). Eine ohter: Hrn. Amtsrichter Petrih (Oblau). Hrn. Gymnafiallehrer Dr. Max Banner (Franf- furt a./M.). Hrn. Kammerjunker und Ne gierungs-Affessor von Behr-Pinnow ( Stralsund). Gestorben: Verw. Fr. Major Elise von Rozynski, geb. Schröder „(Königsberg). Hrn. Privatdocen! Dr. Dóöderlein Tochter Dora (Leipzig). Vri- Es Quade Sohn Heinrich (Mergentheun, ürttemberg). Hr. Prediger Ferdinand Dahms (Berlin). n. Jagdjunker von Stralendor Tochter Käthe (Feldberg, Meckl.-Strelißz).

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:

Iosef Verlag der Expedition (Scholz).

Druck dex Norbbentläken Busltuletei nl Ansialt. Berlia L Weilbolemsteaße Nr. 32.

Sieben Beilagen : (einschließli Börsen - Beilage). (%0)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 126.

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 15. Sißung vom Sonnabend, 28. Mai.

Der Sizung wohnen der Präsident des Staats-Ministe- riums, Staats-Minister Graf zu Eulenburg, der Justiz- Minister Dr. von Schelling, der - Finanz-Minister Dr. Miquel und der Minister für Landwirthschaft 2c. von

Heyden bei. e . Als erster Gegenstand steht auf der Tagesordnung der

mündliche Bericht der Justizcommission über ‘den Gesezentwurf wegen Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse in Neuvorpommern und Rügen.

Der Berichterstatter der Justizcommission Herr von Schöning befürwortet die unveränderte Annahme der Vorlage.

Fürst zu Putbus bittet das Haus, die Vorlage abzulehnen, da die Annahme derselben nur Rechtsunsicherheit und Aufregung in dem betreffenden Landestheil hervorrufen und nur cinen Schlag ins Wasser bedeuten werde. Der Provinzial-Landtag von Pommern habe sich zwar für das Geseß ausgesprochen, aber die Verhältnisse von Neuvorpommern seien ganz andere als die in den übrigen Theilen von Pommern, und die Herren im Provinzial-Landtage kennten jene niht genügend. ?

Minister für Landwirthschaft 2c. von“Heyden:

Ich bitte die verehrten Herren, abweichend von dem Antrage des Herrn Vorredners dem Antrage Jhrer Commission und Jbres Herrn Referenten statt zu geben und dem Geseßentwurf so, wie er vom anderen Hause herübergekfommen und von der Königlichen Staats- regierung gebilligt ift, die Zustimmung zu ertheilen. Scitens des Herrn Referenten ist der Sachverhalt so ausführlih dargelegt worden, und auch Ler Herr Vorredner hat sich auf einzelne Bestimmungen des Gesetzes nicht eingelassen, daß ich mich darauf beschränken fann, in den Vordergrund zu stellen, daß es si lediglich um die Frage handelt, ob man ein Bedürfniß zum Erlaß dieses Gefeßes anerkennt oder nicht. Darüber herrs{cht kein Zweifel, daß die Vorlage auf Zeit- pächter niht Anwendung finden kann, daß der Kreis derer, welche der verehrte Herr Vorredner erwähnt hat, von diesem Geseß nicht be- troffen wird. Dagegen is von keiner Seite bis jeßt eine andere Ansicht geltend gemacht wie die, daß es im Jahre 1850 cin Fehler gewesen ist, das Gefeß vom 2. März 1850 auf die Landestheile vvn Neuvorpommern und Rügen nicht auszudehnen. Man glaubte damals, daß derartige Verhältnisse, welche durch den Re- gulirungsabschnitt des Gesezes vom Jahre 1850 betroffen werden, in Neuvorpommern nicht existirten. Dem gegenüber ist gerade dur die Prozesse, welche der Herr Fürst zu Putbus erwähnt, und deren Ent- sceidungsgründe er nur zum theil angegeben hat, festgestellt, daß dort noch bâuerlihe Verhältnisse bestehen, auf welche das Gesetz mögliherweise Anwendung finden könnte, wenn es seiner Zeit eingeführt worden wäre. Wenn der Herr Vorredner erwähnt hat, die Agrarbehörden hätten dahin erkannt, daß den damals streitigen Verhältnissen im wesentlichen Zeitpachtverhältnisse zum Grunde gelägen hätten, so if zu: be- merken, daß die- Leute damals Erbpächter zu sein behaupteten, weil auf Grund befannter Geseßzesbestimmung die Erbpacht in freies Eigenthum umgewandelt war. Und da wurde mit Recht gesagt, Erbpächter sind die Kläger bis jeßt nicht gewesen, aber auc nit reine Zeitpächter.

Ich trage keine Bedenken, den Standpunkt der Königlichen Staatsregierung kurz dahin zu präcisiren: Nachdem gerade dur die erwähnten Entscheidungen bekannt geworden war, daß ausreichende Grünte vorlägen, den Regulirungsabshnitt des Gesetzes vom 2. März 1850 in Neuvorpommern und Rügen einzuführen, hat die Königlihe Staatsregierung im Jahre 1860 die entsprechende Vorlage gemaht. Das hohe Haus hat darüber nicht urtheilen wollen, bevor der Provinzial - Landtag gehört war. Der damalige Provinzial-Landtag verneinte die Bedürfniß- frage. Infolge dessen hat die Regierung die Sache ruhen lassen müssen, weil sie keine Aussicht hatte, das Geseß zustande zu bringen. An diescm Standpunkt hat die Regierung festgehalten, solange die Ver- hältnisse fich niht geändert hatten. Wie jedoch von neuem Anträge an die Regierung herantraten, habe ich Veranlassung genommen, noh- mals cinen Beschluß des Provinzial-Landtags von Pommern herbei- zuführen, weil infolge der Organifationsverhältnifse ein anders zusammen- gefeßter Provinzial-Landtag an Stelle des früheren getreten war. Der jetzige Provinzial-Landtag hat fich dahin ausgesprochen, daß cin Bedürfniß zum Erlaß dieses Gesetzes vorliege. Dabei weiche ih aller- dings in etwas in der Würdigung dieses Provinzial-Landtagsbeschlusses von dem ab, was der Herr Vorredner diesbezüglich ausführen zu sollen geglaubt hat. Nachdem fo die Bahn frei geworden war, war es felbstverständlih, nun den Weg der Gesetzgebung von neuem ¿u betreten. Es besteht bis jeßt Uebereinstimmung zwischen dem Abgeordnetenhause und der Regierung sowie Ihrer Com- mission, und ih hoffe, daß sie auch mit diesem hohen Hause bestehen wird. Ob und welche einzelnen Bauern demnächst das Recht haben, auf Regulirung anzutragen, darüber wird in diesem Moment nicht entschieden, sondern es soll den betreffenden Leuten, gleihviel ob es weniger oder viele sind, nur die Möglichkeit ge- [hafen werden, daß sie ihre wirklichen oder vermeintlichen Ansprüche vor geordneten Instanzen zum Auëêtrag bringen können, was sie bis- her nah Lage der Gefeßgebung nicht fönnen. Durh die Schaffung dieser Möglichkeit wird niemandem zu nahe getreten.

Graf von der Schulenburg - Beetzendorf erkennt wie der Fürst Puttbus kein Bedürfniß für das Gesetz an, gegen das sich auf dem Provinzial-Landtage auch sämmtliche Mitaliebes aus Neu- vorpommern erklärt hätten. Wer das alte argrarishe Necht schüßen wolle, müsse gegen das Geseß stimmen, Opportunitäts-Rücksichten

ürsten nicht ahachenb sein.

, Geheimer Justiz-Rath Professor Dr. Bierling: Es handle sich bei dem Entwurf nicht um Opportunitäts-Rücfsichten, sondern um die Ausdehnung eines gerechten Princips auf cinen bestimmten Landes- theil. Cs sei bisher feinerlei juristishes Bedenken gegen das Gesetz geltend gemaht worden.

Wirklicher Geheimer Ober-Justiz-Rath, Kammergerichts-Präsident

Berlin, Montag, den 30. Mai

Drenkmann empfiehlt das Gese als Sühne eines früher begangenen geseßgeberishen Unrets. - N

Eine vom Grafen von der Shulenburg-Beezendorf zum S 3 beantragte Aenderung wird abgelehnt und das Geseß unverändert angenommen.

Es folgt die zweite Berathung des Nachtrags-Etats für 1892/93 (Gehalt des Minister-Präsidenten).

Der Berichterstatter der Budgetcommission Herr von Pfuel

beantragt die unveränderte Annabme der Vorlage, nahdem im Ab- geordnetenhaus der Finanz-Minister die beruhigende Erklärung ab- gegeben habe, daß die Regulirung der Gehaltsfrage des Vice-Präsi- denten im Staats-Ministerium im nächsten Etat erfolgen solle. __ Graf von Hohenthal: Er wolle sich zunächst gegen die Bedenken wenden, die theils im Abgeordnetenhaus, theils in der Presse erhoben worden seien. Es sei von einer Zweitheilung ge- sprochen und diefe aks eine Art von Uebergangsstadium hingestellt worden. Er glaube allerdings auch nit, daß man einem Definitivum gegenüberstehe, aber das könne man ruhig der Zukunft überlassen. Ferner sei bemängelt worden, daß der Präsident des Staats- Ministeriums kein Ressort habe. Das habe man in Preußen schon öfter gehabt. Er glaube, daß der Präsident als Vorsitzender des Staats- Ministeriums jeder Zeit in der Lage sei, was sowohl die vollziehende Gewalt als auch die Geseßgebung anlange, stets eine entscheidende Stimme zu führen. Nach der politishen Vergangenheit des neuen Minister-Präsidenten könne er (Redner) die beruhigende Gewißheit haben, daß er sein Amt parteilos führen werde. Er möchte darauf hinweisen, daß nah den Erfahrungen der leßten zwei Jahre es wohl faum möglich sei, aus der Vergangenheit niht zu lernen. Die Partei- interefsfen müßten zurückgedrängt werden, das Interesse des Vater- landes maßgebend bleiben. Im Lande herrsche augenblicklih ein weit verbreiteter, tiefgehender Peéssimismus, der wobl zum theil seine Begründung haben möge, doch dürfe man nicht außer Acht lassen, daß viel tendenziöóse Mache dabei mitgewirkt habe. Wenn aber dieser Pefsimismus, wie vielfach behauptet, wirklich so trostlos sei, dann müsse man ja das Beste aufgeben, was man als Preuße und als Politiker besie, das sei der Glaube an den preußischen Staat. Man müsse dabin streben, daß diestr Glaube stark bleibe in Preußen. Er wolle nur erklären, daß es, wenn er auch der Meinung fei, daß ein Politiker eine gewisse Dosis von Skepsis nicht entbehren könne, wenn man auf fein unbefangenes Urtheil niht verzichten solle, doh gut sei, diesem Geist des Pessimismus nach Möglichkeit zu wehren. Er mêchte jeßt noch auf die in Preußen herrschenden Parteiverhältnifse tommen. (Präsident Herzog von Ratibor: Das gehöre nicht zur Sache.) Er habe nur darauf hinweisen wollen, daß der preußische Staat nur einen Feind habe, das sei die Partei, welche links von den Nationalliberalen stehe, die fortscrittlich-freifinnige Partei. Zum Schluß möchte er das Haus bitten, festzuhalten an der wohlwollen- den Unterstüßung des jeßigen Ministeriums, und wenn er au nur in seinem Namen gesprochen habe, hoffe er doeh hierin die Zustim- mung des Haufes zu erlangen.

Freiherr von Stumm-Halberg: Er könne nit anerkennen, daß in Preußen folhe Zustände beständen, daß man Veranlafsung haben fönne, den Glauben an den preußishen Staat aufzugeben. An der Spiße des Staats stehe ein erläuhter Monarch und eine erleuhtete Regierung, die sich immer mehr Anerkennung in allen Volksfkreisen erwerbe. Er könne niht anerkennèn, daß in Preußen ein Pessimismus bestehe, wie der Vorredner meine, natürlich FBarséhen von den Socialdemokraten; aber den linksliberalen Parteien fönne man den Vorwurf niht machen, daß sie den preußischen Staat in Frage stellten. Er möchte niht die Ansicht auffommen lassen, als ob im Herrenhause die Auffassung bestehe, daß ein tiefgehender Pessimismus und tiefgehende Befürchtungen in Preußen vorhanden seien.

Graf von Pfeil: Er sei dem Grafen Hohenthal gegenüber in derselben Lage, wie der Vorreder, wolle aber noch dagegen Protest erheben, daß die Bewilligung des Gehalts für einen Minister in Ver- bindung mit der politischen Strömung gebracht werde. Möge diese sein, wie sie wolle, bei dieser Borlage habe das Haus sih niht um sie zu fümmern. Seine Majestät der König habe das Recht, seine Minister zu ‘ernennen. Daraus folge unzweifelhaft, daß das Gehalt für die Minister auch bewilligt werden müsse, und es sei eine reine Formalität, die der Landtag zu erfüllen habe. Er wolle verhindern, daß infolge der Rede des Grafen Hohenthal die Ansicht Platz greife, daß “R B solcher Gedankengang unwidersprohen bleibe. (Beifall. i Dr. Freiherr von Schorlemer- Als: Er sei über die heutige Nede des Grafen Hohenthal nit weniger erstaunt als über die gestrige. Es sei das unbeshränkte Necht Seiner Majestät, den Minister-Präsidenten zu ernennen, und das Gehalt und andere Aus- gaben infolge dessen habe das Haus einfah zu bewilligen. Er könne also nicht cinsehen, was für eine Veranlassung da gewesen sei, an diesen Gesecßentwurf, der nur eine Formalität sei, diese längeren Aus- führungen zu fnüpfen, wie es Graf Hohenthal gethan habe. Ein großer Theil seiner Rede enthalte auch gar nihts Neues. Er habe gemeint, der Minister-Präsident werde entscheidend einwirken fönnen. Das wisse man ja, und darüber könne kein Zweifel bestehen. Er habe ferner gesagt, der Minister-Präsident habe eine politishe Vergangen- heit, das wisse man auch. Er verlange schließlich, daß die Regierung parteilos sei, darüber bestehe fein Zweifel. Wenn der Pessimismus das Resultat tendenzióser Mache fein solle, fo gebe es ja einen Theil \hlechter Presse, der tendenziès verfahre; aber darüber könne man hinwegsehen. Das sei überall so. Bei dem Ansturm gegen die Schul- vorlage des Grafen Zedliß sei au sehr viel Mache gewesen. (Sehr rihtig! ) Wenn der Graf Hohenthal- meine, daß man fast den Glauben an den preußischen Staat aufgeben könne, so besteße do der Glaube an ‘den preußishen Staat darin, daß man glaube, daß der preußische Staat stets ein christlih-conservativer sein wolle. (Lebhafter Beifall.) Wenn dieser Glaube falle, dann sei allerdings das Ver- trauen zum preußischen Staat gefallen und der Staat in Gefahr. So lange dieses Vertrauen aber im Volke maßgebend sei, brauche man nit beforgt zu sein. (Beifall.) Jeder solle aber dahin wirken, daß Stürme möglichst vermieden würden. Im übrigen lägen die Verhältnisse bei aller Mitwirkung der Parlamente so, daß man auf dem Standpunkt stehe: in Preußen müsse der König regieren. Schwierige Verhältnisse gebe es in jedem Lande, Gott sei Dank, in Preußen nicht die \chlechtesten. (Beifall.)

Darauf wird der Nachtrags-Etat unverändert an- genommen.

Bezüglih der allgemeinen Rechnung üher den Staatshaushalt des Jahres 1888/89 sowie der Ueber- siht von den- Staatseinnahmen und -Aus- gaben 1890/91 werden gemäß dem Antrage der Commission die Etatsübershreitungen und die als außer- etatsmäßig bezeihneten Ausgaben nachträglich genehmigt.

Es folgt die Berathung des Geseßentwurfs über die Auf- hebung der Stolgebühren in der evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen“ der Monarchie, sowie der Provinzen Schleswig-Holstein und Han- nover.

Der Berichterstatter Freiherr von Manteuffel empfiehlt die Annahme der Geseßentwürfe, indem er bemerkt: wenn Herr von

- allgemein

1892

Kleist-Neßzow noch lebte, so würde ihm unzweifelhaft das Referat über diesen Gegenstand anvertraut worden sein; denn dieses Gebiet der VOESnng sei dessen eigentlihe Domäne gewesen, und feiner habe hisrbei für die evazngelishe Kirhe so viel gewirkt, wie er.

*(Beifall.)

_Fretherr von Durant giebt seiner Befriedigung über diesen Geseßentwurf Ausdruck, erklärt aber, daß die Anschauung nicht em getheilt sei, daß hierdurch dem § 54 des Civilstandsgeseßzes vollständig genügt sei. q 4 Fe

Geheimer Vber-Finanz-Rath Fuisting erklärt, d dur den Fonds, der zur Ablösung der Stolgebühren in den Etat eingestellt sei, dem § 54 vollständig Genüge geschehen sei.

Graf von Klinkowstroem bittet die Regierung, so bald als die Finanzlage es gestatte, auch auf eine Aufhebung der Stolgebühren für Begräbnisse hinzuwirken. ° __ Ober-Bürgermeister llmann will troß mancher Bedenken für die Gesetze stimmen, in denen er eine erste Ctapve in dem Vor- gehen des Staats erblicke, die Stolgebühren nach und nah ganz zu beseitigen. Besonders empfehle er, baldigst die verschiedenen Klassen von Begräbnissen aufzuheben.

Ober-Bürgermeister Struckmann ist der Ansicht, daß man es dem Publikum nicht verbieten dürfe, seiner Dankbarkeit gegen beliebte Geistliche durch eine höhere Bezahlung Ausdru zu geben.

Die Gesezentwfkirfe werden. darauf angenommen, des- gleichen die vom Hause der Abgeordneten beschlossene N esolution, worin die Regierung aufgefordert wird, ähnliche Geseße auch e die übrigen Provinzen und für die katholishe Kirche vor- zulegen.

Ohne Debatte wird darauf noch der Gesezentwurf über die Kosten für die infolge des Reichsgeseßes vom 20. April 1892 bei der Führung des Handels- registers vorkommenden Geschäfte in einmaliger Swlußberaihung angenommen.

Schluß 4/5 Uhr.

€E

Haus der Abgeordneten. 70. Sitzung vom Sonnabend, 28. Magi.

Der Sißung wohnen der Minister des Jnnern Herr furth und der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse bei.

In dritter Berathung erledigt das Haus zunächst den Ge- seßentwurf wegen Ablösung der auf Grund des S 46 der Wegeordnung für die Provinz Sachsen seitens des Staats an die genannte Provinz zu zahlenden Rente.

__ Es folgt die zweite Berathung des Nachtrags-Etats für 1892/93 (betreffend die Wasserversorgung Oberschlesiens).

Berichterstatter der Budgetcommission Abg. Graf zu Limburg- Stirum (conf.): Die Wasserversorgung Oberschlesiens habe das Haus s{chon mehrmals beschäftigt. Die Wasser versiegten dort oft und müßten durch Pumpen wieder ans Tageslicht befördert werden, seien dann aber meist von s{lechter Qualität, sodaß große Cala- mitäten daraus entständen. In den Jahren 1882 bis 1885 habe der Staat bereits 696 000 6 für die Wasserverforgung des östlichen Theils des oberschlesishen Bergwerksbezirks aufgewendet. Es sei damals ein artesisher Brunnen in der Gegend von Tarnowißz ge- bohrt, bei Königstein ein Hochbassin angelegt und von diesem aus der östlihe Theil des Bezirks versorgt worden. Jeßt aber trete die Nothwendigkeit, auch den westlichen Bezirk mit Wasser zu versorgen, in der entschiedensten Weise hervor, da dort ein solher Wafsermangel herrsche, daß son einige Werke ihren Betrieb hätten einstellen müssen. Dazu trete noch der Umstand, daß an einigen Stellen Salzquellen an- gehauen worden seien, wodurch das Wasser fo erheblih verschlechtert werde, daß, falls in diesem Sommer Regenmangel eintrete, in Aussicht genommen werden müsse, Wasser auf der Eisen- bahn u. \. w. heranzuführen. Das sei ein unhaltbarer Zustand, sodaß Negierung und Budgetcommission darin einig gewesen seien, daß hier nothwendig Abhilfe geschaffen werden müsse. Jn welcher Weise, darüber stehe ein bestimmtes Project noch nicht fest. Entweder werde das Wasser aus dem s\ogenannten Sawada-Brunnen durch Wasserleitung herbeigeschafft oder es werde eine Neuanlage im west- lichen Bezirk geschaffen werden müssen. Der erwähnte Brunnen, der 1881/82 auf fiscalishem Terrain gebohrt worden sei, liefere ganz aus- gezeichnetes Wasser; jedoh habe die Bergbehörde, um ihn zu s{hüten, durch eine Verordnung einen großen Schußbezirk um ihn ab- gegrenzt. Für das Sawada-Project seien die Kosten auf 1 700 000 M. veranschlagt worden; follte das andere Project zur Ausführung fommen, so werde die Wasserleitung etwas kürzer werden, aber die Kosten für Entschädigungen würden dann höher sein, sodaß ungefähr dieselbe Summe erforderlih sein würde. Die Budgetcommission habe nun einstimmig beschlossen, vorläufig 286 500 M als ste. Rate zu bewilligen zum Bau der Leitung Karf-Zabrze und der Anschlußleitung zwischen Karf und Beuthen an die Adolf-Schacht-Königshütter- Leitung.

Abg. Letocha (Centr.) tritt dicsen Ausführungen bei: und be- fürwortet die Bewilligung der verlangten Summe.

Der Nachtragsetat wird bewilligt.

Darauf wird die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend das Diensteinkommen der Lehrer an den nichtstaatlichen höheren Schulen fortgescßt.

Nach §8 3 sind die bürgerlichen Gemeinden verpflichtet, die zur Erfüllung des § 1 erforderlichen Mittel bereit zu stellen.

Abg. Nadbyl (Centr.) beantragt entsprehend der An- nahme des von der Commission gestrihenen § 2, in § 3 zu segen: Zur Erfüllung der §§ 1 und 2. Außerdem beantragt derselbe Abgeordnete, in dem 3 folgenden neuen Absaß hinzuzufügen :

„Finden in einer Gemeinde von weniger als 25 000 Civil- einwohnern diese Aufbesserungen statt für Anstalten, welche beim Inkrafttreten dieses Geseßes bereits bestanden, so werden sie der Ge- meinde auf ihr Verlangen jährlich aus der Staatskasse ersetzt."

Jn Verbindung mit S 3 wird verhandelt § 8 a, welcher von der Commission eingefügt ist und lautet:

„Für diejenigen Gemeinden und Corporationen, welche bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zur Erbaltung ibrer höheren Schulen eine staatliche ers tus empfangen, wird dieselbe ent- sprechend den aus den Vorschriften dieses Geseßes erwachsenden Mehrausgaben für die Dauer ihrer Leistungéunfähigkeit erhöht.“

Außerdem beantragt die Commission oge Resolution:

„Die Staatsregierung aufzufordern: In Fällen, wo die eigenen Einnahmen bisher vom Staate nicht unterstüzter Lehranstalten und die Mittel der Schulunterhaltungspflichtigen zur Erhaltung dieser Anstalten nah Maßgabe des § 1 dieses Geseßes nahweisbar nicht ausreichen, in möglich#t auegiebiger Weise Beihilfe aus staat- lichen Fonds zu gewähren, später aber diese Beihilfe nur. solchen Gemeinden weiter zuzuwenden, für deren höhere Lehranstalten ein