1892 / 129 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Jun 1892 18:00:01 GMT) scan diff

M S Pa M fette tain: prt f neen iRtinthr- 13 Hie r ara ate E Vertretu 7 ck74 Ug pei S Et 6e. Edi Hefe get0 me Reni i; V N R S f z s

-

i Laode fene ‘Es ist deghalb die gedachte Scheuerfxau für

| ngspflihtig erahtet und ihr die worden.

Ein in der elsaß - lothringischen Steuerverwaltung be- Tchäftigter Steuerbote, welher nah den maßgebenden dienstpragmatishen Bestimmungen als Landesbeamter anzu- sehen war, ist für niht versiherungspflihtig erahtet worden.

Ein auf Grund privaten Vertrags von einem Postagenten angenommener Postbote is als rentenberehtigt angesehen worden, nachdem dur eine amtlihe Auskunft des Reichs- Postamts festgestellt worden war, daß der Rentenbewerber Beamteneigenschaft nicht vente A , i

Die persönliche Ungebundenheit bei der Arbeitsverrihtung, welche. das wesentlihste Kriteriuum für die Selbständigkeit der hausindustriellen Thätigkeit bildet, kann auch bei Außen- arbeitern , insbesondere ccord-Außenarbeitern, gegeben sein und hiernah die Beschäftigung dieser Personen derjenigen der M ähnlih ersheinen. Rechilih de diese Ungebundenheit in den beiden hervorgehobenen Fällen eine wesentlich verschiedene Bedeutung. Ob ihr die eine oder die andere zukommt, ist nah dem Charakter des Beschäftigungs- verhältnisses in seinen übrigen hier in Betracht kommenden Beziehungen zu entscheiden. s j

Die an eine Krankheit sih anschließende, die Aufnahme der Arbeit verhindernde Reconvalescenz ist der gemäß S 17 Absaß 2 und §158 des Jnvaliditäts- und Altersversicherungs- geseßzes anrechnungsfähigen eigentlichen Krankheit gleihzustellen.

Die Bestimmungen der S8 17 Absaß 2 und 158 a. a. O. sollen niht bloß den in einem festen Arbeitsverhältniß stehen- den, sondern auch den unständigen Arbeitern zu gute kommen, sodaß an sih unter S 17 a. a. O. fallende Krank- heiten berufsmäßiger Lohnarbeiter auch dann, wenn ihnen eine wirkliche Beschäftigung niht unmittelbar vorangegangen ist, anrehnungsfähig sind, sofern nur angenommen werden fann, der betreffende Arbeiter würde, falls er gesund geblieben wäre, während der Dauer der Krankheit Beschäftigung gehabt haben.

Das Dienstverhältniß, in welhem eine Rentenbewerberin als Kinderwärterin bei einer im Ausland wohnenden Familie gestanden hat, kann auf die vorgeseßlihe Wartezeit nit angerechnet werden.

Seine Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, General-Lieutenant und Commandeur der 2. Garde-Jnfanterie- Division, hat fih mit Urlaub nach Koblenz begeben.

Mecklenburg-Sechwerin.

Schwerin, 1. Juni. Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat sih gestern von hier nah Rostock be- geben zur Eröffnung der dortigen Landes-Gewerbeausstellung. Seine Königliche Sohéit traf, wie die „Medckl. Nachr.“ er- fahren, ales na 2 Uhr in der Ausftellung ein, enthusfiastish begrüßt von einer zahlreihen Volksmenge. Der Bürgermeister Maßmann gab nun in längerer Ansprache den Gefühlen der Bevölkerung Ausdruck und {loß daran lebhaften Dank für alle, die das Ausstellungwerk gefördert Der Ministerial : Director Schmidt erklärte alsdann namens der beiden Landesherren die Ausstellung für eröffnet. Hierauf nahm der Großherzog das Wort und sprach in weithin vernehmlihen bewegten Worten seine Freude aus, daß es ihm vergönnt fei, an der Eröffnung der Ausstellung theilzu- nehmen. Er freue sich lebhaft der Ausstellung, mehr aber noch darüber, daß er nah langer schwerer Krankheit wieder in seinem lieben Mecklenburg weile. „Wenige von Ihnen wissen“, so äußerte der Großherzog, „wie s{merzlich es ist, dem Lande fern zu sein, woran man mit allen Fasern hängt. Gleichviel aber wo ich au bin, mein Herz wird stets treu für mein Heimathland schlagen, und ih werde unaufhörlih für dessen Wohl zu wirken bestrebt sein.“ Das nun folgende Hoch, auf beide Landesherren ausgebraht dur Bürgermeister Maßmann, fand brausenden Widerhall. Am Abend erfolgte die Rückehr des Großherzogs nah Schwerin.

Reuß ä. L.

+ Greiz, 1. Juni. Heute Saa ist Seine Durchlaucht der Fürst über Reichenbach und Dresden nah Bad Tepliß zu mehrwöchigem Kurgebrauch abgereist.

Elsaß-Lothringen.

Straßburg, 1. Juni. Der Statthalter Fürst Hohen- [ohe traf, von Forbah fommend, gestern Abend in Mez ein. Auf dem Bahnhofe wurde er von dem Bürger- meister Helm begrüßt und fuhr dann nach dem Bezirks- lagerte, wo ihm die Kaiserlihen Gemächer zur Ver- ügung gestellt waren. Das Publikum begrüßte den Statthalter beim Durchschreiten des Bahnhofsgebäudes in ehr- furhtsvoller Weise. Bei der Einfahrt in die Stadt läutete nah hergebrachter Sitte die Mütte-Glocke der Kathedrale. In Bolchen, wohin fich der Statthalter heute begab, wurde mit großem Jubel von der Bevölkerung empfangen.

Deutsche Colonien.

Das „Deutsche Colonialblait“ schreibt: Ueber die Wirren in Uganda find nunmehr au von unseren Grenzposten am Victoria-Nyanza, die jenen Vorgängen als unbetheiligte Zu- schauer in nächster Nähe beiwohnten, Nachrichten eingetroffen. Sie bestätigen, was darüber sonst schon befannt geworden, daß näâmlich im Januar d. J. ein offener Krieg zwischen der katholischen und der evangelishen Partei unter den Eingeborenen in Uganda ausgebrochen ist, der zu- nächst mit der Vertreibung des zur katholischen Mission haltenden Königs Muanga geführt hat. Die franzöfischen Missionare mit ihrem Bischof Hirth haben sich in das Gebiet der deutschen Jnteressensphäre zurückgezogen. Dort erst glaubten sie si vor ihren Verfolgern in Sicherheit. Es liegt auf der Hand, daß durch diese Ereignisse die kleine deutshe Station Bukoba in die Wirren gewissermaßen mit hineingezogen worden ist. Die geringste Zufälligfeit fann den Com- mandirenden dort in shwierige Lagen bringen. Die Ruhe und Umsicht, die Lieutenant Lang held bisher bewiesen, und die ihm ertheilten Jnstructionen bürgen indessen dafür, daß er auch im weiteren Verlauf der Angelegenheit das Richtige treffen wird. Unter dem Lieutenant Langheld steht in Bufoba der Vice- Feldwebel Kühne von der Kaiserlihen Schußtruppe, der be- reits im Herbst v. J. dur Verleihung des Militär-Ehren- zeichens 2. Klafse für sein Verhalten in den vorhergegangenen Kämpfen ausgezeihnei worden ift. Diesen hatte ein shweres

Augenübel veranlaßt, Urlaub da zu erbitten, ziehen Auf seine, Reise dorthin ist schen di Ma: ziehen. iner e do! ist er zwis ie d M den Parteien gerathen. Seiner Kaliblütigkeit und seinem C \hick in der Behandlung der Eingeborenen L nicht nur das eigene Leben, sondern auch das me A zu retten. Dem Reiseberiht des Vice-Feldwebels Kühne ent- nehmen wir Folgendes: i Am 24. Januar reiste er von Bukoba in dem englischen Segel-

boot der english-ostafrifanishen Gesellschaft mit Mr. Bagge _(einem englishen Missionar), mit fünf Soldaten und mit drei der Station angehörigen Booten ab und fam am 28. Januar nas Budjadju ( Buddu), einer fleinen englischen Station, wo er ; in Uganda der Krieg zwischen Protestanten, Katholiken und Mubamedanern ausgebrochen, anga von seiner Refidenz Mengo geflohen sei und daß der Wasserweg nach Uganda von ihm bewacht, jedem englishen Boot die Weiterreise von Budjadju nach Mengo verweigert werde. Auf der englishen Station Budjadju befanden fih 150 bis 120 Sudanesen, ehemalige Leute Fun PAGs s, welche dem Kühne mitthbeilten, daß Emin nah dem Tanganjika gegangen sei. Um politishen Verwickelungen aus dem Wege zu gehen, begab sih Kühne am 30. Januar Morgens nah der algerischen Missionsstation Bugoma (auf der Insel Sesse), um nah den dortigen Priestern zu seben. Das englische Segelboot mit Mr. Dage {loß sih an, da die ganze Besaßung in Budjadju die Station verlassen batte und desertirt war. Um 102 Uhr Vormittags erreihte Kühne die Insel Seffe. Das Segel- boot blieb der Sicherheit wegen auf See. Wir lafsen Kühne weiter mit seinen eigenen Worten reden: „Bis auf ungefähr 100 m an die Insel herangekommen, drohten mir etwa 300 bis 400 Waganda der fatholischen Partei, welche den Strand der Insel beseßt hatten, falls ih zu landen verfuhe, auf mih zu schießen; sie hielten mih für einen Engländer. Als fie jedoch die deutsche Flagge und mich erkannten, warfen sie die Gewehre fort und riefen: „Die Wa- deutschi kommen.“ Alles sprang ins Waffer, um mich ans Land zu tragen. Mit Ngoma und Kriegsgesang wurde ih nach der nahe liegenden Mission geleitet, wo mi Pre Hautecour und zwei andere Priester begrüßten. Die Nachrichten von dem Bürgerkriege in Uganda bestätigten sich leider; es wurde erzählt, daß Bischof Hirth und aht andere Priester in ibrem Haufe _ in Kampalla (Uganda) verbrannt seien, eine Nachricht, die sih später als un- LtBEs herausftellte. Da für die Priester vorläufig hier nichts zu befürhten war, reiste ich4 Nachmittags 3 Uhr von Bugoma ab, um weiter nach Uganda zu ziehen, und mein Möglichstes für die noch lebenden Europäer zu thun.“ Jhm folgte das englische Segelboot mit Mr. Bagge. Bald brate er in Erfahrung, daß man das Segelboot zerschlagen und den Engländer tödten wolle. Kühne benachrichtigte thu Nachts und sandte thn nah Bukoba zurück, wo er au glücklich ankam. Als die Wasesse ibr Vorhaben ausführen wollten, war Mr. Bagge {on längst in Sicherheit. Am 31. Januar, Mittags 2 Ubr, erreihte Kühne die Insel Luramba, wo der vorher als todt gemeldete Bischof Hirth mit dem König Muanga und mit einigen

riestern,verfolgt von vielenBooten der englischen Partei, eintraf. Muanga at Kühne um Schuß und es gelang diesem, die Boote der protestantischen Partei zurückzuhalten und den Bischof Hirth mit sechs Priestern sowie den König Muanga nah Bugoma (auf der Insel Sefse) zu bringen, wo die Ankunft am 1. Februar erfolgte. „Sofort wurden Briefe an die noch feblenden Missionare gesandt, um sie zur {nellen Rückkehr nach Bugoma zu veranlassen, damit sie alle zusammen im Schuße der deutschen Flagge abreisen könnten. Die Priester trafen bis auf sechs Nachmittags 4¿è Uhr bier ein und wurden, da ihr Leben in Gefahr stand, von meinen Soldaten bewacht. Nachdem ich die Priester mit Lebenêmitteln nothdürftig versorgt (sie hatten ahtzehn Stunden nichts gegefsen), wurde noch am Abend in der siebenten Stunde abgefahren und nach zweistündiger Fahrt Bud- jadju erreiht, wo geraftet wurde. Nachts verband ich etwa dreißig schwerverwundete Leute Muanga's, welche bei dem blutigen Kampfe in Mengo entkommen waren. Muanga war in Mengo mehrere Mal geschlagen worden und hatte seine besten Leute verloren. Jch stellte in Budjadju Posten aus und ließ die Priester bewachen, bis der Morgen anbrah. Den ganzen Tag des 2. Februar bis Nachmittags s Uhr wurden Boote revarirt und um 4 Uhr weiter bis Kasiru ges fahren. Die Station Budjadju wurde von den fatholischen Waganda niedergebrannt. In Kasiru angefommen, wurde das Stokes"sche Segelboot, weldes von Muanza vom Südende des - Sees fam uud mit 44 Lasten Stoffen, Post und einigen Gewehren nach Uganda wollte und hier vor Anker lag, von den katholishen Waganda geplündert. Die Bootsbesaßung, bestehend aus 11 Mann, floh über Land nah Bufkoba, da man sie tôdten wollte. Gegen Abend brachte man Stroh, um das Boot, welches verlassen am Strande lag, zu verbrennen. Muanga war ebenfalls hier ein- getroffen und wohnte etwa eine Stunde vom Strande entfernt in einer Boma. Nachtë um 12 Uhr begab ih mich mit einem meiner Soldaten auf den Weg, um Muanga zu besuchen und um Schonung des Bootes zu bitten. Um 1 Uhr Nachts traf ih bei Muanga ein. Er empfing mi freundlichst, ‘und das Schauri begann. Nach langem Hin- und Herreden gab Muanga endlich meinen dringenden Bitten, das Boot zu schonen, nach. Ehe er mir aber dasselbe gab, bat er um Blutsfreundschaft, in die ih au einwilligte. Das Boot war gerettet. Nachdem wir uns freundschaftlihst verab- schiedet, begab ih mi an den Strand, um sofort abzufahren. Das Strob in dem Boot war leider {on angebrannt, ein Segel an- gesengt, doch gelang es mir, das Feuer zu löschen, das Boot hatte niht gelitten. Es gelang mir mit Hilfe meiner Soldaten, recht schnell abzusegeln, denn ih fürhtete, Muanga würde seine Gedanken ändern. Um 4 Uhr Morgens am 3. Februar fuhr ih ab und erreite gegen Abend den Ort Dumu (Buddu). Hier erwartete ih die fran- zo1tschen Priester, welhe um 6 Uhr Abends eintrafen. Nachts mar- sWirten sie bis zur Kagera und waren in Sicherheit. Den 4. Februar Morgens segelte ih weiter und gelangte Mittags 12 Uhr nah Sango, wo ih bis Abends 6 Ubr rastete. Muanga war in dieser Zeit nah Dumu (Buddu) marschirt und hat sih dort vorläufig niedergelassen. Abends 6 Ubr brach ih von Sango auf und erreihte nach vier- zehnstündiger Fahrt am 5. Februar Morgens 8 Uhr Bukoba. Unter- wegs hatte ih mit dem Segelboot ein furchtbares Unwetter zu be- stehen, fodaß die Segel in Feyen gingen. Bei der Rettung des Stokes’schen Bootes ftand ohne Zweifel das Leben meiner Soldaten und das meinige auf dem Spiele. Indessen glaubte ih, das Wagniß unternehmen zu follen für die Ehre der deutshen Flagge und für das Ansehen unserer Truppe, und bin mir bewußt, streng neutral gehandelt ¿u haben, wie meine Instruction lautete.*

Ueber die Wissmanndampfer-Expedition berichtet das „Deutsche Colonialblatt“ in Folgendem :

Die Verladung des Wissmanndampfers in Saadani auf den zu diesem Zweck gecharterten deutschen Küstendampfer „Peters“ soll in der ersten Hälfte d. M. erfolgen. Der „Peters“ geht dann nah Mozambique, von wo er den inzwischen hinausbeförderten, 13 m langen Schleppdampfer „Pfeil“ mit nach dem Zambesi nimmt. Hier wird der Wissmanndampfer in vier Schleppboote bezw. ein Stahl- boot verladen, welche durch den „Pfeil“ den Schire hinauf- ges{leppt werden sollen. Vor den Fällen wird der „Pfeil“ auf cin fahrbares Gestell gebraht und in das Wasser oberhalb der Fâlle geführt werden. Majxr von Wissmann wird sih auf dem „Pfeil“ nach dem Nordende des Nyafsa begeben und. auf deutshem Gebiet eine befestigte Station errichten, nie welcher mit Hilfe der inzwischen cbenfalls um die Schirefälle geshafften Schleppboote das ganze Expeditionsgut geführt wird. Der mit einem Snellfeuer- geshüg armirte Dampfer „Pfeil“ und die Schleppboote verbleiben der Nyafsa-Station, welche zugleih den Stüßpunkt für den Weiter- marsch der Expedition nach dem Tanganjika Und Die deutihen Missionen am . Nordende des Nyassa bilden sol. An Europäern werden fih bei der Expedition be- finden und sind _ mit dem Dampfer „Kaiser“ nach Ost- Afrika bereits unterwegê: Dr. Bumiller, Freiherr von Eltz, Capitän

2

cmeister Zllih (son in Ost-Afrika), Maschine S A E E A H a e f r a eile, iffffszimmerleute Riemer und Ottlich, Kesselshmiede Kunth, Grün- hagel und Dormann. Ein Arzt und ein Geologe sollen die Erpediticn begleiten. Major von Wissmann wird ferner über 100 mit Maufer- ewebren nete Sudanesen (eins{l. einiger Somali), vier 3,7 cem Schnellfeuergeshüße und zwei Marximgeshütze verfügen.

Oesterreih-Ungarn.

Der Gros von Mgen Deimar hat gestern Abend 9 Uhr die Rückreise n eimar angetreten. Auf dem Bahnhofe waren zum Abschied erschienen: der Erzherzog Carl Ae der deutsche Botschafter Prinz Reuß ricbit Gemahlin und dem Personal der deutschen Botschaft, sowie die dem Großherzog Een Officiere und der nieder- ländische Gesandte Mazel.

Die Ge Correspondenz“ ist von zuständiger Stelle- u der Erklärung ern igs dal die Meldung verschiedener

lätter, die Anwesenheit des bulgarishen Finanz-Ministers. Natschowitsch in Wien stehe mit dem Abschlusse einer neuen: bulgarishen Anleihe in Verbindung, vollständig un- begründet sei.

Der Finanzausshuß des ungarischen Unterhauses. hat in seiner gestrigen Sißung den Geseßentwurf wegen Ein= führung der Kronen-Währung mit unwesentlichen Zu= säßen, sowie den Geseßentwurf über den Mün zvertrag mit Oesterreich angenommen.

In der A Sibung des Unterhauses erklärte der Cultus-Minister Graf Cfaky bei der Berathung des Budget- titels „Gymnasien“, in der zu schaffenden einheitlihen Mittel- shule werde der Unterricht in der lateinishen Sprache ein- geshränkt, derjenige in der deutshen Sprache aber voll aufrecht erhalten werden, weil leßtere im Verkehr mit der gebildeten Welt nothwendig und die Kenntniß der- selben für jeden einzelnen vortheilhaft sei. Der Minister- Prôfident Graf Szapary theilte im weiteren Laufe der Sizung mit, die Kaiserin sei niht in der Lage, an- den Krönungsfeierlihkeiten theilzunehmen. Das Haus. beschloß darauf einhellig, eine Begrüßungs-Adresse an die Kaiserin zu rihten. Auf eine Jnterpellation des Abgeord- neten Polonyi antwortete der Minister-Präsident Graf Szapary, die von ausländishen Blättern, insbesondere von den „Hamburger Nachrichten“ gebrauchte irrige Bezeich- nung „österreihishe Monarchie“ anstatt „österreichisch- ungarische Monarchie“ sei nicht böswillig, sondern aus Un- kenntniß der Dinge erfoigt, was aus einem Schreiben des Redacteurs der "Daiiburges Nathrichten“ an ihn hervorgehe. Zwangsmaßregeln, wie die Entzichung des Postdebits, würden niht zum Ziel führen. Es handle fich nicht darum, das Blatt zu Mee sondern den Gebrauch einer correcten Bezeichnung herbeizuführen. Der Redacteur der „Nach- rihten“ habe, dur eine geeignete Persönlichkeit auf die Un- rihtigkeit der Bezeichnung tismeriságt gemacht, aus eigenem. Antriebe lärt, fortan die correcte Bezeichnung gebrauchen zu wollen. Ler Abg. Polonyi erklärte, die Antwort nicht zur Kenntniß zu nehmen. Auf eine weitere Bemerkung Polonyi's erklärte Graf Szapary, er habe die Vertreter der auswärtigen Mächte direct eingeladen, an der Feier des Krönungsjubiläums theilzunehmen. Die äußerste Linke verlangte nament- lihe Abjtimmung darüber, ob die Antwort des Minister- Präsidenten auf die Tagesordnung zu e sei. Der Präsi- dent erklärte, gemäß der Hausor nung fei hier nur eine ein- fache Abstimmung am Plaße. Es entspann sich nun über die Be- stimmungen der Hausordnung eine stürmishe Debatte. ‘Der Abg. Hegedus beantragte die Vornahme einer namentlichen Abstimmung, wenngleich sih über die bezüglihen Bestimmun- gen der Hausordnung streiten lasse. Bei der namentlichen Abstimmung wurde die Kenntnißnahme der Antwort mit 104 gegen 95 Stimmen abgelehnt, die Debatte über die Antwort wird deshalb in eincr der nächsten Sizungen eröffnet werden. Der Abg. Koransky brachte sodann eine Jnter- pellation an das Gesammt-Ministerium ein, daß die Ver- längerung des Budgetprovisoriums erst am 15. Zuni in Kraft trete, die Regierung deshalb nicht befugt sei, Steuern zu er= heben und Ausgaben zu besorgen. Der Minister-Präfident Graf Szapary wird diese Jnterpellation am Freitag be- antworten. ;

Soweit das Resultat der Wahlen zum kroatishen Landtag bis heute bekannt ist, gehören von den für den froatishen Landtag gewählten Abgeordneten 64 der National-

partei, 8 der Rechtspartei und 2 der radicalen Serbenpartei.

an. Ein Abgeordneter ist parteilos. Die Nationalpartei hat hiernah fünf Size gewonnen und vier verloren.

Großbritannien und Frland.

Nach den gegenwärtigen Dispositionen wird die Auf- lösung des Parlaments etwa am 24. oder 25. Juni erfolgen ; spätestens am 28. Juni wird die officielle Bekannt- machung über die Einberufung des neuen Parlaments er- wartet.

Das britishe Mittelmeergeshwa der hat am 31. v. M. eine sechswöchige Kreuzfahrt in den Gewässern der Levante angetreten. Die Schiffe werden zuerst Nauplia berühren und später im griehishen Archipelagus kreuzen.

Frankreich. . ; :

Der e von Schweden ist gestern Abend in Paris eingetroffen und wird nach einer Meldung des „W.- T. B.“ heute dem Präsidenten Carnot einen Besuch abstatten.

Der Finanz-Minister Rouvier empfing gestern Vormittag eine Abordnung von Deputirten und Senatoren

mehrerer Departements des Nordens, die gegen:

die Reform der Ge-

die in dem eßentmu über o s Alkoholsteuer

tränkesteuern . geplante Erhöhung der

Auf L L leßtere Maßregel würde cinen außerordentlichen Verlust für den Staatsschagz herbeiführen ; er versprehe jedo, die Wünsche der Abordnung der Regierung vorzulegen. Vorgestern find in Paris die Brüder Fortuné Henry und Emile Henry, weil sie in der anarchistischen Ver-

sammlung vomSonnabend (siehe Nr. 127 d. „R.- u. St.-A.“ vom.

31. Mai) unter dem Rufe „Das stnd unsere Waffen“ Dynamit- patronen s{chwangen, verhaftet worden. Die Anklage gegen sie wird der „Köln. Ztg.“ zufolge auf unbefugten Besiß von Dynamit und Aufreizung zu Mord und Plünderun

krankt. S

Einspruch erheben wollten und als Compensation die völlige- Lina der Bierfteuer verlangten. Rouvier erwiderte,

] Cu lauten. Der Gouverneur von Tongking Lamessan ist shwer er--

î4

Ftalien. ;

Die Deputirtenkammer seßte in ihrer estrigen Sißung die Berathung der Weinzoll-Clausel des italtenis-Sstee reichischen Handelsvertrages weiter fort. Ne der Ver- handlung betonte der Deputirte Sciacca della Scala die Noth- wendigkeit der sofortigen Anwendung der Weinzoll-Clausel. Billia bekämpfte die Vorlage, während fich sechs weitere Redner für die Anwendüng der Clausel aussprachen. Der Referent Saporito erklärte sih gegen dieselbe. Der Minister-Präsident Giolitti erklärte bei ntwortung einer Anfrage Bonghi's : Die staatisgefährlihen Jndividuen würden dur die Polizei überwacht; die A halte aber den Erlaß eines besonderen Gesegzes gegen die Anarchisten nicht für nothwendig. N

Die Königin Elisabeth von Rumänien hat gestern Morgen Pallanza nah längerem Erholungsaufenthalt da- selbst verlassen und ist nah Basel abgereist. Die Behörden der Stadt sowie eine große Menschenmenge hatten ih zur Verabschiedung auf dem Bahnhofe eingefunden und begrüßten die Königin aufs herzlihste, wofür Jhre Majestät gerührt dankte. ie „W. T. B.“ vernimmt, wird die Königin h demnächst mit ihrem Bruder, dem Fürsten zu Wied, na dem Schlosse Neu-Wied begeben und dort ctwa einen Monat

verweilen. Luxemburg.

Die Deputirtenkammer hat in ihrer gestrigen Sizung die Vorlage, wonach der Wahlcensus für die Wähler Zur Deputirtenkammer von 30 auf 15 Fr. herabgeseßt wird, mit allen gegen eine Stimme angenommen, ebenso die Be- stimmung, welche den Candidaten verbietet, den Wählern Getränke und Essen zu geben und während der Wahlperiode den Wählern Besuche zu machen. Ein Deputirter enthielt sich

der Abstimmung. Bulgarien.

Anläßlich des Namens festes des Prinzen Ferdinand von Sachsen-Coburg wurde am _ 30. v. M,, wie der „Pest. Lloyd“ mittheilt, im Lager bei Sofia ein Tedeum celebrirt, dem die Minister, die Hofbeamten, Civil- und Militär- behörden, die gesammte Garnijon und ein jahteeies Publikum beiwohnten. Nach dem Gottesdienst fand eine Parade vor dem Kriegs-Minister statt, an der außer der - Garnison von Sofia au zwei aus Südbulgarien eingetroffene Cavallerie- Regimenter theilnahmen. Eine gleiche Feier beging das den Namen des Fürsten Ferdinand führende 4. Artillerie-Regi- ment. Die Stadt war beflaggt. Nach dem Tedeum wurden 101 Kanonenschüsse abgegeben.

Montenegro.

Der italienishe Minister-Resident in Cetinie Bianchi Lavagna di Castelbianco wird sich laut Meldung des „W. T. V.“ infolge einer Einladung des neuen italienischen Ministeriums nach Rom begeben.

Schweden und Norwegen.

Der König gedenkt, wie „Morgenbladet“ erfährt, un- gefähr am 20. Juni von seiner Auslandsreise nah Stockholm urückzukehren. Am 1. Juli beabsichtigt Seine Majestät auf em Schlosse Sofiero bei Helsingborg einzutreffen, wo gleich- eitig auh die Königin von Deutschland her erwartet wird.

Der Entwurf, welchen der Constitutionsausschuß des norwegischen Storthings über die shwedish-norwegische Konsulats frage ausarbeitet, steht vor dem T IOnS In Linkenblättern heißt es, die Beschlüsse würden dahin lauten : 1) das Storthing genehmigt den Plan der Regierung zur Organisation eines norwegischen Konsulatswesens und bewilligt die zu Untersuhungen und Verfügungen in dieser Beziehung erforderlihen Mittel; 2) die Regierung wird bevollmächtigt, mit Schweden Unterhandlungen über dic Abwicklung der kon- sularen Gemeinschaft einzuleiten.

Dänemark.

Bei dem König von Griechenland findet heute auf dem Landgute Smistrup am Sunde eine Frühstücks- tafel statt, an welcher die gesammte Familie des Königs Christian theilnimmt. Nach dem Frühstück gedenken der Kronprinz und die Kronprinzessin von Griechen- land nah Homburg zum Besuche der Kaiserin Friedrich abzureisen.

Asien.

Der Kaiser von Japan hat nach einer Correspondenz der „Köln. Ztg.“ aus Tokio Ende April eine Commission ernannt, die mit der Revision-der Verträge betraut ist. Diese Commission besteht aus _den Herren: Graf Jto, Graf Goto (Verkehrs - Me Vicomte Enomoto (Minister des Aeußern), Graf Soeyima (Minister des Jnnern), Graf Kuroda, Graf Teraslima und Herrn Jnouye Ki. Die Commission ist beauftragt, die Vertragsvorschläge Japans zu Lesen und zu begutachten. Auf Grund des Gutachtens der Commission sollen dann die Verhandlungen mit den fremden Mächten geführt werden. Die Staats-Minister, soweit sie niht in der Commission selbst vertreten sind, sollen den Sizungen beiwohnen. Die Commission hat bereits mehrere Sigzungen gehabt, über deren Ergebniß jedoch noch nichts verlautet.

Aus Afghanistan wird der „Pol. Corr.“ berihtet, daß mehrere Stämme an der Grenze si gegen die Herr- saft des Emirs erhoben haben. Abdurrahman Khan hat gen die Aufständischen Truppen entsendet, die jedoch in den

¿

e Défiles von Gomal eingeschlossen worden find.

Afrika. . , - Ueber die britishe Expedition gegen die Jebus in Ober-Guinea liegen jegt aus Lagos folgende eingehendere Nachrichten vor:

_Die Hauptstadt Jebu Ode is nah viertägigem, erbittertem Gefecht am 19. Mai von den britishen Truppen eingenommen worden. Besonders hizig waren die Kämpfe am 17. und 19. Mai. Die Jebus hatten eine fast uneinnehmbare Stellung binter dem Flusse inne, während die britischen Truppen sich in einer von dichten Wäldern umgebenen Schluht befanden. In den Wäldern hatten a die Jebus versteckt. Der Entscheidungskampf dauerte zwei Stunden. Die britischen Truppen seßten über den Strom, bis an die Hüften im Wasser gebend, während die Jebus ein vernitendes Feuer von der anderen Seite R Stromes unterhielten. Sie waren theilweise mit Snidergewebren

ewafffnet. Auf britischer Seite hatte man 4 Todte und 42 Ver- wundete; 3 englische Offiziere wurden leiht verwundet und ein ein- ffizier wurde getödtet. Der König der JIebus hat \ich er-

geben, alle seine Leute sind geflohen. Das Heer der Jebus ist außer and und Band. Die Hauptstadt ist von den Briten beseßt. Der

ieg. Er dankte dem Obersten Scott

Das Ergebniß könne nur

ge haben. Am 21. d. M. wurde

ah é pfe Ort Inaqushen beseßt, wobei Capitän Hardinge, Capitän Owen, Lieutenant Lawrie unt 30 Mann von den englishen Truppen verwundet und mehrere verbündete Ein- P S fes fett nete MAE Ee iten ie Jebus ihrem gräßli en pfer dargebracht, um

sich den Sieg zu sichern. Sie tödteten nicht weniger als 200 Per- fonen aus ibrem Stamme, darunter wahrscheinlich viele Mädchen.

Männer wurden lebendig verbrannt, um ihren ganz be- sonders günstig zu ftimmen. Die Jebus hatten die Íbadans auf- gefordert, sämmtliche Missionare aus ihrem Gebiet zu vertreiben und die Ibadans hatten in diese Forderung willigen müfsen, da die Jebus ihnen sonst die Nahrungsmittelzufuhr abgeschnitten hätten. Man hat bisher jedoh noch feine Nachricht von der Vertreibung der Missfionarë erhalten und hofft deshalb, daß die Besiegung der Jebus die Aus- führung dieses Schrittes noch ' rechtzeitig verhindern wird.

m 26. Mai ift der Gouverneur von Lagos unbelästigt in Jebu Ode eingetroffen. Die Zustände kommen allmählich ins Geleise. Die verwundeten Offiziere sind wieder genesen und die Heilung der Leute macht gute Fortschritte. -

Der Präfident des Oranje-Freistaats F. W. Reit hat, wie man dem „H. T. B.“ aus London meldet, angesichts der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Project eines afrikanischen Zollverbandes seine Demission gegeben.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Commission des Herrenhauses für Vorberathung des Geseßentwurfs über das Diensteinkommen der Lehrer an den nihtftaatlihen öffentlihen höheren Schulen bestebt aus den ren: von Wedell, Vorsißender; Freiherr von Maltzahn, Stellvertreter des Vorsißenden; von Rohr, Sthriftführer: Graf von Königsmarck, Stellvertreter des Schriftführers: Dr. Dam- bach, von Klißing, Bötticher, von Pfuel, Oertel, Fürst zu Putbus, von Schöning, Dr. Möllmann, Reichert, Freiherr von Wackerbarth, Struckmann.

Die Commission des Herrenhauses für das Gesetz wegen Aufhebung der Steuerfreiheit gegen Ent- shâdigung hat beschlofsen, die Vorlage in der Fafsung des Abge- ordnetenhaufes anzunehmen.

Kunft ub Wiffenschaft.

Die Helmholtz-Stiftung, weldhe zum 70. Geburtstage des großen Forschers begründet wurde, ist, wie wir der „N. A. Zt entnehmen, von der Akademie der Wissenschaften zur Verwaltung übernommen worden. An Beiträgen für die Stiftung find aus den verschiedenen Ländern nanu 58 957 M eingegangen. Davon sind an die Akademie als Grundkapital der Stiftung 48 000 ls rene Consols abgeliefert. Professor Tautenhayn erhielt für Herstellung der Stempel der Helmbolz-Medaille für das dem Gefeierten verliehene goldene und einige bronzene Exemplare 4856 Die von Professor Adolf Hildebrand in Florenz gefertigte Marmorbüste er- forderte eine Summe von 8000. Die von Professor Jacoby in Berlin auêgeführte Radirung des Portraits, deren Originalzeihnung und erstes Eremplar Helmholi gewidmet wurden, kostete 3000 4 Interessant ist die Zusammenstellung der 1700 Personen, die fih an den Samm- lungen betheiligt baben. Neben deutschen Gelehrten traten ins- befondere die Professoren Italiens zahlreich hervor, an der Spiße Baccelli und Cannizaro. Zu ihnen gesellen sch Verehrer aus Oesterreih und Ungarn, Rußland (darunter der Finanz - Minister Wischnegradsky), Schweden (besonders zahlreich Professoren und Studenten von Upsala), Norwegen, England (u. a. Lord Rayleigh, Sir William Thomson), aus den Niederlanden, Belgien, der Schweiz ferner viele bekannte Persönlichkeiten jenseits des Oceans, so z. B. Henry Villard. Auch Paris ift durch fünf Namen vertreten.

Land- und Forstwirthschaft. Saatenstand in Rußland.

Der bis ungefähr den 10. (22.) Mai reichende Bericht des Ackerbau - Departements über den Stand der Saaten im europäishen Rußland besagt: Der schneereide Winter habe den Boden fast durchgängig genügend gut be- feutet, was hauptsählih zur Aufbesserung des Standes der Winter- jaaten im Frühling beigetragen habe. Es habe sich zwar im April ein Mangel an Regen fühlbar gemadt, allein der im Mai allent- halben niedergegangene Regen habe die Saaten sehr erfrischt und die beste Hoffnung auf eine befriedigende Ernte gegeben. Die Sommersaaten stehen größtentheils befriedigend, stellenweise sogar auf dem Wintersaaten-Areal und find durch die jüngste Mißernte im allgemeinen nit verringert.

_ Ueber den Saatenstand in Schweden und Norwegen er- fahren wir Folgendes:

__ Die Witterung ist sowohl für die Wintersaaten als auc für die Früßhjahrsbeftellung in ganz Schweden günsti gewesen. Die Früh- jahrsbestellung is durchweg beendigt. Die Kartoffelausfaat ift im Norden bei günstigem Wetter im Fortschreiten begriffen. Der Stand der Wintersaaten läßt im allgemeinen nihts zu wünschen übrig. Auch in Norwegen ift der Saatenstand im allgemeinen befriedigend, doch hat die Roggensaat in manchen Gegenden unter der anhaltenden Dürre ctwas gelitten.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Die Epidemien in den Nothstandsgebieten Rußlands. _ Weiteren Nachrichten zufolge tritt in der füdlichen Hälfte des Kreises Ostrogoshsk (Gouv. Woronesh) der Sfko rbut heftig auf. Die Krankheit äußert \ih vielfa in Hornhautgeshwüren, die zum Verlust des Auges führen. Ferner wurden bei einer ärztlichen In- !peckionsreïfe anfangs April d. J. in 7 Dörfern des Kreises Lufku- janow (Gouv. Nischni-Nowgorot) 100 an T S ZoP Has und Unter- leibstyphus Erkrankte vorgefunden. Auch in Simbirsf ist das DIENCTIaR einer Flecktyphus - Epidemie amtlih bestätigt worden.

Cholera.

Auf amtlichem Wege eingegangenen Nachrichten aus St. Peters- burg vom 14. Mai d. I. zufolge hat eine aus Vertretern der Ministerien des Krieges, der Finanzen _ und des Innern zusammen efeßte-Commifsion über Maßnahmen zur Sicherung des Transkaspi-Gebiets bezw. des russischen Reichs gegen die in Afghanistan ausgebrochene Cholera berathen. Die Commission befürwortete die Anlage von Wassercisternen und ergänzte die bestehenden Sanitätsverordnungen (im wesentlichen Ueberwahung der Transkaspi-Bahn) durch Be- stimmungen, welche die Errichtung von Hilfscomités, eine Controle der die Grenze überschreitenden Reisenden und die eventuelle Bereit- schaft von Hospitälern mit einer Gesammtzahl pon 840 Betten ins Auge faffen. Fernerhin amit gp die genannte Commission: 1) einen Bacteriologen nah Herat zucommandiren, 2) desgleichen zwei Aerzte nah den bedeutenderen Handelspunkten, 3) die Uebecwaduna der in Duschak und Aschabad ankommenden Reisenden zu verstärken, 4) reht- zeitig Aerzte für die von der Cholera bedrohten Ortschaften zu de-

ligniren, 5) an der Grenze von Afghanistan und Persien Cordons

zu verstärken, 7) chen auch die der Trai Babn und bei den Stationen Räume für Ebolerakranke zu errichten, 8) Pilgerfahrten nah Mesched zu untersagen, 9) für die ebung ‘der fanitären Verhältnisse Sorge zu tragen und 10) die \signirung der nöthigen Summen zur Ausführung der vorstehend angeführten Maßnahmen bei den Ministerien des Innern und der Finanzen zu beantragen.

Verdingungen im Auslande.

s Niederlande. 7. Juni, 11 Uhr. Der Minister van Marine im Dienstgebäude

„des Marine-Ministeriums im Haag:

Lieferung von zwei neuen eisernen Leuhtthürmen für den Be- leuhtungsdienst auf der Wester-Schelde zu Billand, westlich vom Fort-Bath. - Ausfunft und Bedingungen an Ort und Stelle. Anweisung am Plate den 2. Juni zwischen 1 und 2 Uhr. e

Verkehrs-Anftalten.

Bremen, 1. Juni. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Köln“ is am 31. Mai Vormittags in Liffabon angekommen und hat Mittags die Reise „nach Antwerpen fortgeseßt. Der Postdampfer „Condor“, m 2. April von Bremen abgegangen, ift am 31. Mai Vormittags in Bahia ange- kommen. Der Do dampfer „Graf Bismarck“, von Brasilien kommend, ift am 30. Mai Abends in Vlis fingen angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Preußen“, von Ost-Asien kommend, ist am 31. Mai Nachmittags in Genua angekommen. Der Scnell- dampfer „Aller“, von New-York kommend, is am 31. Mai Morgens auf der Weser angekommen.

London, 1. „Juni. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Pretoria“ if heute auf der Heimreise in Southampton an- gekommen. Der Castle-Dampfer „Courland* if heute auf der Ausreise in Durban (Natal) angekommen. Der Caftle- Dampfer „Grantully Castle“ hat heute auf der Heimreise Madeira passirt.

F

Theater und Musik.

Leising- Theater. _… Herr Emanuel Reicher hat gestern Abend mit der von ihm für die Wiener Theater-Ausstellung gebildeten Gastspielgesellshaft das troß feines Alters von zwanzig Jahren hier noch wenig befannte Sttauspiel „Irrlihter* von Antropow, deuts von Lorenz, aufgeführt und damit einen ungewöhnlih großen Erfolg exzielt. Das Stü dieses schon in jugendlichem Alter verstorbenen russischen Schrift- stellers zeigt ein starfes dramatishes Talent. Die Entwickelung in den erften drei Acten ift natürlich, die Charaktere sind bis dabin gut gezeihnet; dann wird die Handlung allerdings verschwommen. Das Verhalten der auftretenden Personen erscheint nit der erften Anlage entsprechend, und s{ließlich werden im fünften Act noch mehrere Personen vorgeführt, die das Werk unnöthiger Weise in die Länge ziehen, ohne dem Zuschauer auch nur das geringste Interesse einzuflößen. Troß dieser Schwächen werden die Besucher bis ¿zum leßten Augenblick in Spannung erhalten und sowobl durch die geist- vollen Gedanken des Verfafsers wie dur die vortreffliche Darstellung zu lebhaftesten Beifallsbezeigungen veranlaßt. Der Inhalt des Dramas ift einfah und mit wenigen Worten wiederzugeben. Zwei Schwestern, haben das Unglüd, ihre Neigung ein und demfelben Mann zuzuwenden, der schwankend zwischen beiden ftebt, weil er in der älteren eine zwar nit tugendhafte, aber fluge und fünstlerisch begabte Frau verehrt, in der jüngeren aber die hëde Unschuld der Jugend anbetet. Die jüngere Schwester trägt zunächst den Sieg davon, indem sie seine Gattin wird, doch genügt ihm das Leben an der Seite dieses einfachen Natur- kindes nit: die Erinnerung an die ältere Shhwester mat ihn ¿um mürrischen und unglücklihen Ehemann, der s{ließlich in Gegenwart beider Frauen durch einen Pistolenschuß seinem Leben ein Ziel sezt, im Sterben sich abwendet von der Geliebten und seiner Frau zu Füßen - sinkt. Der Ehemann wurde von Herrn Emanuel Reicher mit der ganzen ihm zu Gebote stehenden Kraft dargestellt. Der widerspruhêvolle und wenn au nicht unnatürlihe, doch s{chwer verständlihe Charakter wurde dur das meisterhafte Spiel glaubhaft gemaht. Die Damen Hermine Reichenbach und Elise Sauer gaben die beiden Schwestern, erstere die ältere, leßtere die jüngere Shwester. Beide trafen dur{- aus rihtig den Ton ihrer versiedenartigen Rollen und gewannen die volle Sympathie der Zuschauer. Herr Adolf Lück fand Ge- legenheit, in einer Charafterrolle großes Geschick für dieses Fach zu zeigen, und Fräulein Emma Sydow bewährte si als Dienstmagd ; doch könnte sie zeitweise etwas weniger derb fein. Adolf-Ernst-Theater.

Der Wiener Gesellschaft des Herrn Grafelli, weld®e geftern ihr Gastspiel eröffnete, wurde von einem zablreih erschienenen Publikum eine fehr freundlihe und warme Aufnahme bereitet. Als Eröffnungsstück war, wie im vorigen Jahre, die Wimmer'she Lokal- posse „Die Gigerln von Wien“ gewählt, welche den weitesten Spielraum bietet, alle die originellen Wiener Volkstypen und darunter als neueste die Gigerlfiguren, in die Erscheinung treten zu lafsen und diese în ihrem lebensfrohen lustigen Treiben, im geshäftlihen und geselligen Verkehr, auf der Promenade, bei dem Ausshank des Heurigen in Nußdorf 2c. uns vorzuführen. Den äußeren Rahmen dazu giebt die drollige Ge- schichte eines Cylinderhutes ber, der einst bei einer Maskerade benußt worden und von dem biederen Hutmacher Strobl als geheimer Auf- bewahrungêort für ein Lotterieloos benußt wird, umglüdlicherweite aber wegen seiner abnormen Form das Wohlgefallen eines fentation®ê- bedürftigen Gigerl erregt und an diesen von der Gattin des Hut- machers ohne dessen Wissen verkauft wird. Das Loos kommt mit einem Gewinn heraus und nun beginnt eine tolle Iagd, die den Gewinner in eine Reibe höchst kfomischer Situationen bringt, {ließli aber erfolgreih endet. Die Posse wird von dem Wiener Ensemble außerordentlih fris, flott und amüsant gespielt, dürfte aber doch hier und da noch einige Kürzungen vertragen. Von den einzelnen Darstellern verdient besondere Hervorhebung zunächst Herr Director Graselli felbst, der den in Modesahhen tonangebenden Gigerl Baron von Wadelburg sehr ergößlih und als Typus dieser Gecken in Bewegung, Manieren, Sprache und Lachen treffend charafterisirte. Die anderen Gigerln, dargestellt von den Herren Blum, Svoboda, Elmenberg, Digruber und Ewald, rangen mit ihm um die Palme des Heiterkeitserfolges. Den lebens- frohen, humorvollen und wigigen Wiener Bürger mit all seinen liebenêwürdigen Eigenschaften verkörperte der treffliche Regisseur und Charafkter-Komiker der Gesellshaft Herr Franz Müller in der Figur des Hutmachers Strobl in höchst gelungener Weise : auch als gewandter, wirkungêvoller Coupletsänger fand er vielen ver- dienten Beifall. In der Rolle der Frau Strobl - stand ibm Frl. Kamesch anerkennenswerth zur Seite. Aus dem übrigen, vorzüglich eingespielten Ensemble seien noch genannt die Damen Fräulein M. und T. Gribl als flotte, sangesfrohe Wäschermadeln, Herr Köpvl in der Partie des Lehrjungen Stefan und Frau Men§ßtl als sprahgewandte nahbarlihe Klatshbase. Das Publikum war, wie {hon eingangs erwähnt, äußerst animirt : es über- \chüttete die stets gern gesehenen Wiener Gäste wieder mit reichem Beifall bei offener Scene, wie na allen Acts{hlüfsen und bieß sie aufs wärmste willkommen.

- Am Sonnabend tritt im Berliner Theater mit der Dar- stellung der Titelrolle in Goethe’'s neueinstudirter „Iphigenie“ Anna Haverland dauernd in den Mitgliederverband der genannten Bühne. Die übrigen Rollen des Werks find beseßt mit Emanuel Stockhausen

(Orefst), Albert Ullrich (Pylades), Arthur Kraußneck (Thoas), Paul