1892 / 138 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Jun 1892 18:00:01 GMT) scan diff

treicn zu wollen; wir wissen schr wohl, daß dic amtliche Prüfung cine Koftenerhöhung von wenigstens 50 bis 60 Z für das einzelne Jnstrument bedingt und daß angesichts der leichten Zerbrehlihkeit der Thermometer ein solher Mehr- betrag nicht als gering angesehen werden darf. Nur sind wir der Meinung, daß jeder Arzt mindestens ein geprüftes Ther- mometer beßen solle, {hon um die Richtigkeit der von seinen Patienten gebrauchten Fieber-Thermometer controliren zu können. Dann aber ist es nöthig, daß er sih vor Täuschun über den Werth der Prüfungsscheine {üßt, und deshal halten wir es für angemessen, dem mit werthlosen Scheinen getriebenen ing entgegenzutreten und den Aerzten dringend anzuempfehlen, als geprüfte Thermometer nur solche zu kaufen, deren Prüfungsbescheinigungen von- amtlicher Stelle aus- “gas mit dem Stempelzeichen des Reichsadlers ver- ehen find.

Der Königlihe Wirkliche Geheime Rath und Kammer- herr, General der Jnfanterie à la suite der Armee, Ober- Hof- und Haus-Marschall und Ober-Stallmeister weil. Seiner Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm 1. Graf von Püdler ist heute, den 14. d. M., Mittags 12 Uhr 20 Mi- nuten hierselbst im Schloß Bellevue verstorben.

Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Baden, Commandeur der 4. Garde-Jnfanterie-Brigade, ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt.

Der Inspecteur der 1. Cavallerie - Jnspection, General- Lieutenant von Krosigk ist hier wieder eingetroffen.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerischer Ministerial-Rath Geiger und Königlih württembergischer Ober-Finanz-Rath von Fischer sind hier angekommen.

Der Regierungs-Rath Heintze zu Arnsberg is an die Königliche Regierung zu Aachen verseßt worden.

Der bisher dem Landrath des Kreises Landsberg, Re- gierungsbezirk Frankfurt a. O., als Hilfsarbeiter zugetheilte Regierungs-Affsessor Tuebben ist der Königlichen Regierung ¿zu Marienwerder zur weiteren dienstlichen Verwendung über- wiesen worden.

Mecklenburg-Schwerin.

Schwerin, 13. Juni. Seine Königlihe Hoheit der Großherzog hat sih, wie dic „Meckl. Nahr.“ melden, heute Nachmittag nah Berlin begeben, wo Höchstderselbe mit Jhrer Kaiserlihen Hoheit der Großherzogin zusammentreffen wird, um morgen Jhrcen Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin in Potsdam einen Besuch abzustatten. Am Mittwoch, 15. d. M., gedenken die Höchsten Herrschaften nah Schwerin zurüc{zukehren.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Weimar, 13. Juni. Gestern Nachmittag traf, wie bercits gestern kurz berichtet, Seine Majestät der König von Schweden und Norwegen hier ein und wurde am Bahn- hof von Jhren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und dem Erbgroßherzog, sowie von Seiner Hoheit dem Prinzen Bernhard empfangen. Nach herzlicher Be- willfommnung bestiegen die Höchsten Herrschaften den Wagen und fuhren nach Belvedere, woselbst Ihre König- lichen Hoheiten die Großherzogin und die Erbgroß- herzogin den hohen Gast begrüßten. Nah Vorstellung der beiderseitigen Umgebungen geleitete Seine Königliche Hoheit der Großherzog Scine Mazestät in die für Allerhöchstdenselben bereiteten Gemächer. Bei der Tafel, die um 6 Uhr statt- fand, saß Seine Majestät zwischen den Großherzoglichen Herr- schaften. Seine Königliche Hoheit der Großherzog trank auf das Wohl Seiner Majestät, Jhrer Majestät der Königin und des Königlichen Hauses, der König auf das Wohl der Großherzoglichen Herrschaften und des Großherzoglichen Hauses. Nach der Tafel besuchte Seine Konigliche Hoheit der Großherzog mit seinem Königlihen Gast die Vor- stellung im Hoftheater. Den Thee nahmen die Herrschaften bei Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin ein. Heute besuhte Seine Majestät der König, geleitet von Sciner König- lichen Hoheit dem Großherzog, das Gecthe-National-Museum, das Goethe-Schiller-Archiv u. f. w. Nach der Frühstückstafel in Belvedere verabschiedete sih Seine Majestät von den Groß- herzoglichen Herrschaften und seßte seine Reise nach Berlin und Potsdam fort.

Sachsen-Meiningen.

Meiningen, 12. Juni. Jn der Stadt Sonneberg haben, wie der „Weim. Ztg.“ berichtei wird, die Social- demokraten bei den am 9. d. M. vorgenommenen Ersa §- wahlen zum Gemeinderath eine empfindlihe Nicder- lage erlitten. Von den drei ausgeschiedenen Mitgliedern gehörten givei der socialdemokratishen, das dritte der frei- fnnigen Partei an. Die vereinigten Ordnungsparteien er- rangen einen vollständigen Sieg, da ihre sämmtlichen Candidaten gewählt wurden, während die Socialdemokraten sogar ihren Führer, den Landtags-Abgeordneten Wehder, nicht durhbrachten.

Oesterreich-Ungarn.

Jn der gestrigen Sißung des Ausschusses des Ab geordnetenhauses für die Valutavorlagen erwiderte auf cine Anfrage des Abg. Mcznik der Finanz-Minister Dr. Steinbach, das Gerücht von einer parlamentarischen Ver- tagung der Valutavorlagen cntbehre (wie bereits gestern anderweitig gemeldet) jeder thatsählihen Begründung. Ferncr erklärte der Minister, es sei selbstverständ-- lich, daß der Erlôs der Anleihe zur Regelung der Wöährungsverhältnisse beziehungsweise zur Einziehung oder Fundirung der Staatsnoten verwendet werden werde. Dic Regierung bereite rüfichtlih dieses Princips kein Hinderniß, da die E O der Regierung diesclbe gewesen, wie sie in dem Antrag Plener zum Ausdruck gelangt sei. Der Valuta- ausíhuß stimmte sodann cincm Amcndement Steinwender's zu,

Erlôs der Goldanlcihe zu Währungszwecken beziehenilich zur Einziehung oder Fundirung der Staatsnoten verwendet werde, geht der Ausschuß zur Berathung des Gesezes über die Kronen- währung über. Hierauf wurde die Debatte über dieses Geseß begonnen. Dem Vorschlag gegenüber, den Ausdruck „Gold- währung“ aus dem Geseg zu eliminiren, erklärte der Finanz- Minister, die Einführung der Goldwährung sei thatsählih be- absihtigt, die Sahe müsse daher auh so benannt werden. Der Bimetallismus sei nur auf internationaler Grundlage denkbar; sollte die von den Vereinigten Staaten Nord-Amerikas angeregte Silberconferenz dazu führen, so werde Oesterreih-Ungarn unter dem Schuße eines völkerreht- lihen Vertrags ein gleiches thun, wie andere Länder, die Goldwährung besäßen, beispielsweise England und Deutsch- land. Falls ‘die Conferenz resultatlos verliefe, müsse Oester- reich-Ungarn gegenüber den Preisschwankungen des Silbers erst recht bei der Goldwährung verbleiben.

Sämmtliche in Prag erscheinende Abendblätter, die eine Rede Eduard Gregr'’s reproducirien, welche dieser in einer behördlih aufgelösten Versammlung in Deutsh-Brod gehalten hatte, find confiscirt worden. Gregr hatte in seiner Rede empfohlen, das Beispiel der ungarishen Opposition im Par- lament nachzuahmen.

Großbritannien und Jrland.

Der Schluß des Parlaments ist, wie der Erste Lord des Schaßes Balfour in der gestrigen Unterhaussibung amtlih mittheilte, nicht vor dem Ende der nächsten Woche und nit später als in der Mitte der am 26. d. M. begin- nenden Woche zu erwarten. Das Unterhaus hat gestern die Bill angenommen, wonach eine Reduction der Zinsen von den Geldern, die der Staat der Bank von England und Jrland schuldet, von 3 auf 2/, Proz. erfolgen soll. Dem Staat erwächst aus der Maßregel eine jährliche Erspar- niß von 53 500 Pfd. Sterl. Auch die Bill zur Abände- rung des Staatsschuldgeseßes von 1870 wurde vom Haute in erster Lesung genehmigt.

_ Das Oberhaus crledigte in zweiter Lesung die Kle in- stellen-Bill.

Frankrei.

Die Handelsvertrags - Verhandlungen zwischen Rumänien und Frankreih nehmen, wie „W. T. B.“ aus Paris meldet, einen guten Förigang; man glaubt, daß sie demnächst zum Abschluß kommen werden.

In der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer richtete der radicale Deputirte Moreau (Departement du Nord) an die Regierung eine Anfrage wegen der Gesellschaft für Hüttenwerke .Notre Dame“, die von Industriellen des Departements du Nord gebildet sci, in Wirklichkeit aber von der Geistlichkeit geleitet werde und gegen die Geseze ver- stoße, da sie sich niht mit gewerblihen Dingen, sondern mit religiöser Propaganda beschäftige, und die Arbeiter von den Arbeitgebern gezwungen würden, an dieser Propaganda Theil zu nehmen. Der Justiz-Minister Nicard erwiderte, dic fragliche Gesellschaft stehe mit den Gesezen in Widerspruch. Dic Regierung habe Anordnungen getroffen, daß ihre Mit- glieder vor das Zuchtpolizeigericht -in Lille gestellt würden. (Beifall links, Lärm rets.) Hicrauf wurde eine von dem Deputirten Hubbard vorgeschlagene und von der Regierung acceptirte Tagesordnung, in welcher die feste und energische Anwendung der bestehenden Geseze verlangt wird, mit 306 gegen 148 Stimmen angenommen. Die Sigung wurde darauf aufgehoben.

Die gestern gebrahte Nachricht, daß die französishen Behörden in Dakar die Einschiffung von 500 Einwohnern des Senegalgebiets, die für Bahnbauten im Congo- staate angeworben waren , verhindert hätten, wird heute bestätigt. Wie aus Brüssel gemeldet wird, findet über diese Angelegenheit bereits ein diplomatisher Schriftwecsel zwischen der dais: des Congosiaats und der französishen Regie- rung statt.

Nach einem Telegramm des „H. T. B.“ soll der Prozeß gegen Ravachol vor dem Shwurgeriht in Mont- brison am nächsten Montag beginnen. Die Liste der Ge- schworenen werde geheim gehalten.

Nuß;land und Polen. Der Thronfolger von Rumänien, Prinz Ferdinand, wird Ende Juni in Peterhof erwartet; um dieselbe Zeit dürfte, wie „W. T. B.“ aus Skt. Petersburg erfährt, auch die Königin von Griechenland dort eintreffen. Der M:nister des Auswärtigen von Giers ‘ist az Sonntag zum Sommeraufenthalt nach Finland abgercift. Wie der „Negierungsbote“ meldet, wird der Großfürst Wladimir in der Zeit vom 12. Juni bis 9. Juli eine Be- sihtigungsreise durch den ihm unterstellten St. Peters- burger Militärbezirk unternehmen. Hauptgrund der Reise sei der Wunsch des Großfürsten, sich mit den unlängst diesem Militärbezirk zugeiheilten Kreisen des Gouvernements Livland bekannt zu machen. Jn Walaam werde er der Einweihung der Kloster - Kathedrale beiwohnen, deren Grundsteinlegung vor sechs Jahren in Gegen- wart des Großfürsten erfolgte. Unterwegs werde Seine Kaiserlihe Hoheit niht unterlassen, die Verwaltungen der Kreis-Militär-Chefs auf die allseitige Mobilisations - Bereit- schaft zu prüfen und si hierauf an Ort und Stelle mit dem Gang der Arbeiten an dem Ausbau des Marienkanal-Systems befannt zu machen, die von großer staatliher Bedeutung seien. Das Minister-Comité hat nunmehr den Bau der westsibirishen Bahn in der Richtung von Tcheliabinsk nah Kurgan - Petropawlowsk - Omsk - Kainsk mit Ueber- brückung des Ob bei dem Dorf Krivosthekow bis zur Station Potchitanskaja der centralsibirishen Bahn mit Um- gehung von Tomsk genchmigt und beschlossen, den Bau der Linie Tcheliabinsf-Omsk bereits in diesem Jahre auf Staatskosten vorzunehmen. Ferner beshloß das Minister- Comité, der Londoner israelitishen Colonisations- gesellschaft die Einsezung eines Central-Comités in St. Peters- burg und von Local-Comités in anderen Städten zu ge- statten. Der „Köln. Ztg.“ wird über den von dem Baron von Hirsh herrührenden und von der russishen Regierung ge- egten Colonisationsplan aus St. Petersburg noch erichtet : Der Plan des Barons von Hirsch geht dabin, in 25 Jahren 3 900 000 Juden aus Rußland in eine neue Heimath auswandern zu lassen. Es ist dabei eine vollfommene Unterordnung der Hirsch’schen Organifation unter die Regierungêcontrole vorgesehen. Jm Jahre 1892 werden zunächst 25000 Juden auswandern. Im weitern Verlauf soll dann jährlich die Anzahl der Auswanderer gesteigert

das besagt: Jndem der Ausschuß principiell zustimmt, daß der

die tleitung, in cinigen anderen russi Städten wer Dit ti entlt cinige gade fen Cen wee aus dem russishen Unterthanenverband aus, erhalten unentgeltlich die nöthigen iere und sind von der Wehrpflicht entbunden, obne daß die zurübleibenden Glaubenëgenofsen zur Zahlung von Strafgeldern inr sie Es find. Um der Rückehr der Ausgewanderten vor- zubeugen un 100 000 Rubel bei der Regierung binterlegen, die stets wieder voll zu ergänzen sind, sobald fie bis auf 25 000 verauëgabt worden. Das Ministerium des Innern übernimmt die Ueberwachung der gesammten Angelegenheit. Ftalien.

Die vorliegenden ausführlichen Berichte über die Sonn- abend-Sißzung der Deputirtenkammer, in welcher die Ab- stimmung über das Budgetprovisoriuum erfolgte, enthalten nichts, was nachzutragen nothwendig wäre. Nur sei die Be- merkung des Präsidenten Giolitti hervorgehoben, die er an die Rechte richtete; er sagte: „Sie wollten uns wie unwürdige Schuljungen verjagen. Uns bleibt daher nichts übrig, als das Urtheil des Landes anzurufen, und ihm allein werden wir Rede stehen, ihm allein unsere Jdeen vortragen.“ Hiermit ift also deutlich die Absicht der Auflösung der Kammer und der Neuwahlen ausgesprohen, deren wegen das Ministerium das sechsmonatige udgetprovisorium erbeten hatte.

In ihrer gestrigen Sizung hat die Kammer den Geseß- entwurf genehmigt, welcher die Regierung ermächtigt, einen etwaigen Handels- und Schiffahrts-Vertrag mit Spanten bis zum 31. Dezember in Kraft treten zu lassen.

_Dem „H. T. B.“ wird von einer Erkrankung des Finanz- Ministers Ellena berichtet, welhe das eußerste be- fürchten laffe.

Spanien.

Die spanische Regierung wird, wie man dem ¿D Be aus Madrid meldet, in den Cortes Gesezentwürfe ein- bringen wegen Aenderung des Zolltarifs, Reform des Zünd- holz-Monopols und Emission einer Anleihe von 70 Millionen Pesetas. Der Minister dcr Colonien fordert Staatshilfe für die Ueberschwemmten in Cuba. Die Ernte soll da- selbst vollständig vernihtet und 600 000 Sack Zucker verdorben sein. Der Schaden an Material wird auf 20 Millionen ge- [häpt. Die Zahl der verlorenen Menschenleben ist noch un- ekannt.

Portugal.

Aus Lissabon wird dem „W. T. B.“ berichtet, daß der Bevollmächtigte bei den Pariser Unterhandlungen über die portugiesishe Staatsschuld Serpa Pimentel sämmtliche der Regeneradorpartei angehörenden ehemaligen Mister auf heute zu einer Conferenz eingeladen habe.

Schweiz.

Beim Nationalrath hatte Joos (Schaffhausen) den Antrag eingebracht: der Bundesrath möge untersuchen, ob die Shweizer Bundesverfassung nit einen Zufaß erhalten sollte, wonach der Bund auf dem Wege der Geseßgebung Grundsäße aufzustellen hätte, nah welchen die Verstaat- lihung von Eisenbahnen zu geschehen habe. Dieser Anirag i} in der gestrigen Sißung vom Nationalrath ab- gelehnt worden.

Velgien.

Heute (14. Juni) finden in Belgien die Wahlen zu dem neuen Senat und zu der neuen Kammer statt, die über die Aenderung der Verfassung zu beschließen berufen sein werden. Die Polizei hat allenthalben für die Aufrehterhaltung der Ruhe die erforderlihen Maßregeln getroffen. Wie "98. S. B:° meldet, hat der Bürgermeister von Brüssel wegen dieser An- gelegenheit cine längere Unterredung mit dem Minister des Innern gehabt und erklärt, daß in Brüssel alles geschehen sci, um die Ruhe zu sichern. Der Minister betonte in der Unterredung, es. sei beshiossen worden, im Falle von Ruhestörungen encrgish vorzugehen ; die Truppen würden in den Kasernen consignirt bleiben, und die Bürgergarde habe Befehl erhalten, sih bereit zu halten, um der ersten Aufforderung zu ent- sprechen.

Es werden im ganzen 76 Mitglieder für den Senat und 152 für die Kammer gewählt. Bis jezt hatte der Senat 69, die Kammer 138 Mitglieder: ihre Zahl ist infolge der Ver- mehrung der Bevölkerung erhöht worden. Jm Senat gab es bisher 48 Klerikale und 21 Liberale, in der Kammer 94 Kleri- fale und 44 Liberale. Ueber die Aussichten der Partcien bei den heutigen Wahlen bringen die Blätter manche Betrachtungen und Berechnungen : doch erscheint es angesichts des bevorstehenden Ergebnifsfes überflüssig, darauf cinzugehen.

Bulgarien. Der Prozeß gegen die Mörder Beltschew's be- ginnt in der nächsten Woche. Der Kriegs-Minister hat den Oberst-Lieutenant Drandarewski zum Präsidenten und die Oberst-Lieutenants Andreew und Kalintshow sowie die Majore Goldunsky und Fitshew zu Mitgliedern des Gerichtshofs ernannt.

Amerika.

Die republikanishe National-Convention in Minneapolis hat, wie schon gemeldet, bei der am Freitag vor- enommenen Abstimmung trogz aller Anstrengungen der An- änger Blaine'ss mit großer Majorität den Präsidenten Harrison für die nähste Wahl zum Präsidentschafts- Candidaten nominirt. Dagegen ist für den Posten des Vice-Präsidenten nicht der bisherige Jnhaber Levi Morton, fondern Whitelaw Reid aufgestellt worden: er ist aus dem Journalistenstande hervorgegangen, war längere Zeit Herausgeber der „New-York Tribune“ und bis vor kurzem Ünionsgesandter in Paris. Zum Präsidentschafis-Candidaten der demo kra- tishen Partei wird allen Anzeichen nah, da immer mehr demokratische Conventiounen von Einzêélstaaten fich für ihn entscheiden, der frühere Präsident Grover Cleveland nominirt werden, sofern er den Gegencandidaten in seinem eigenen Parteilager, den früheren Gouverneur von New-York Hill, überwindet. Er ist befanntlih ein Gegner der shugzöllnerischen Mac Kinley schen Principien. Uebrigens geben, wie man der „Frkf. Ztg.“ aus New-York meldet, die Blätter der rep2- blikanischen Martei im Osten wie im Westen der Union ver steckt oder offen bereits ihrem Mißmuth über die Nomination von Minneapolis Ausdruck und die Mehrzahl stimmt darin überein, daß die Partei einen s{hweren Wahlkampf zu be- stehen haben werde. Mac Kinley werde des Verraths an

‘Partei O und seine Popularität sei stark gesunken.

Wie dem „Reutershen Bureau“ aus Buenos Aires g&

werden. In St. Peterêburg übernimmt ein (Hirsh*{er) Central- « i [4 Ï

meldet wird, hat der neu erwählte Präsident von Argenck

Die auswandernden Juden treten vollkommen

zur Deckung von Unkosten muß die Gefellschaft-

ena in seiner Erwiderung auf die Glück- nhänger eine Aera von Reformen in Ausficht Mcierudi, welhe die Unterstüßung der

tinien Saen wünsche seiner A estellt sowie eine Nation verdiene. Afrika. j

Die Wirren in Uganda sind noh* nicht aufgeklärt, doc hat die englishe Regierung wie Lord Salisbury gestern in der Sißung des Unterhauses mittheilte über Sansibar die Nachricht crhalten, daß der Capitän Milliams am 831. März aus Uganda in Muanza (am Südende des Victoria - Sees, also auf deutschem Boden) eingetroffen ist. Williams so berichtete der Premier habe dorthin die Nachriht gebracht, daß die Kämpfe in Uganda beendet und die Hoffnung vor- handen sei, zu einem Einverständniß mit König Mwanga und dessen Anhängern zu kommen. Die britischen Missionare hielten fich in Uganda, die französischen im (deutschen) Bukoba-District auf. Nach den Schlußworten der De- pesche, die nicht ganz klar seien, schienen diese in Sicherheit und wohl zu sein. Lord Salisbury knüpfte aw diese Mit- theilung folgende Erklärung: „Könnte ih glauben, daß irgend ein britisher Agent Gewaltsamkeiten, wie einen Angriff auf die katholishen Etablissements oder sonst einen feindseligen Act gegen die Unterthanen einer anderen europäishen Macht be- gangen habe, so würde i diese Handlungen ernstlih verdammen ; allein wir dürfen die britishen Offiziere niht ungehört verur- theilen: ih bin überzeugt, dem Capitän Lugard hat nichts ferner elegen als eine Action propagandistishen Charakters oder die Namendurig von Gemalt behufs Schädigung von Anders- gläubigen oder einer fremden Nation.“ Lord Salisbury sprach alsdann die Hoffnung aus, daß Lugard und seine Collegen ge- handelt hätten, wie es britishen Offizieren gezieme ; dies könne jedoch das Bedauern über die Leiden der Missionare in Uganda nicht vermindern; er hoffe, die früheren Berichte seien übertrieben. Die Regierung werde genaue Aa Sorfenng über den Hergang anstellen und eine strenge Rechenschaft von denen verlangen, die ctwa nah der Untersuhung Tadel verdienen. Die Regierung wünsche sehr, daß der Friede dort hergestellt werde und die selbstverleugnenden Männer, die dort thätig gewesen seien, ihrer Thätigkeit wiedergegeben würden. Capitän Jones sei ange- wiesen, sich von Uganda nah einem Punkt auf dem halben Wege nach der Küste zurüczuziehen. Uganda zu halten, sei unter den vorhandenen Verhältnissen eine {were Aufgabe : aber er glaube, wenn eine Eisenbahn von der Küste nah dem Victoria-See gebaut würde, so sei es keine Schwierigkeit mehr, die Position zu behaupen :

Die hier angedeutete Möglichkeit, Uganda aufzugeben, wurde gestern bereits in einem nah Schluß der Redaction eingetroffenen Telegramm als Absicht der englisch-os- afrikanishen Gesellschaft hingestellt. Heute berichtet „Neuter’s Bureau“ weiter, die Gescllschaft sei durch Ueberein- kommen mit der Missionsgesellschaft verpflichtet, ihre Vertreter bis Ende des Jahres 1892 in Uganda zu belassen. Die An- ordnungen, durch welche (wie gestern gemeldet wurde) Lugard aufgefordert wird, sich zurüczuziehen, seien nach Mombassa gesandt worden; fie seien jedo noch niht in das Jnnere weitergegeben: die Gesellschaft wisse auch nicht, wann sie weiter gegeben werden fönnten. Die Gesellschaft würde gern ihre Vertreter in Uganda unterhalten, sie könne jedoch die außerordentlich hohen Ausgaben, welche die Unterhaltung der Truppen in der fern gelegenen Gegend erfordere, nicht ershwingen. R '

Ucber Uganda liegt ferner noch aus Brüssel eine Mit- theilung von Seiten des Leiters der afrikanishen Mission der weißen Brüder, zu Mecheln vor, wonach ein Schreiben des Paters Guillemin aus Uganda vom 31. Januar eingetroffen ist, welhes meldet, daß eine große Anzahl Männer, Frauen und Kinder sih als Gefangene im Fort Kampala befänden. In einem zweiten Brief Guillemin's vom 4. Februar heißt cs ferner, dem Führer der Katholiken Msaji sei es fünfmal gelungen, die heranstüurmenden Pro- testanten zurüczuwerfen. Darauf sei von den leßteren cin Mitrailleusenfcuer eröffnet worden, dur welches die Katho- lifen außerordentliche Verluste erlitten hätten. Die Ueber- lebenden scien nach dem Victoria-Nyanza gedrängt worden; hierbei seien fünf- bis scchstausend Menschen im Wasser um- gckommen. Guillemin habe seine Aufzeihnungen im Geheimen und mit Bleistift machen müssen. Der dritte Brief des Paters ist niht ans Ziel gelangt. Pater Couilland s{hrieb am 16. Febraar, der deutshe Offizier Kühne habe dem Bischof Hirth und dem König Mwanga das Leben gerettet. (Dies ist bereits durch das am 1. Juni im „Deutschen Colonialblatt“ veröffentlichte Schreiben des Feldwebels Kühne vgl. Nr. 129 des „N= U 1A “gemeldel worden. D. Ned.) Die leßteren seien nahe daran gewesen, in die Gefangenschaft zu gerathen, als die Bark Kühne's angelangt sci. Kühne habe auf drei Barken die deutshe Flagge gehißt und dadur die Kähne der britisch - ostafrikanishen Gcesellshaft zur Umkehr veranlaßt.

Aus Aden wird der „Agenzia Stefani“ gemeldet, daß der Kosak Maschoff mit seiner Frau auf der französischen Station Gibouti eingetroffen sei. Er behaupte, der Ueber- bringer eines an die Souveräne Europas Ta Schrei- bens des Negus Menelik zu sein, und habe auch Ma- konnen bestimmen wollen, sich nach Gibouti zu begeben ; dies lei ihm jedoch nicht gelungen. Jn Aden werde der italienische Reisende Traversi mit freundschaftlichen Bricfen Menelik's für die italienishe Regierung und die Nömische Geographische Gesellschaft erwartet.

Parlamentarische Nachrichten.

_In der heutigen (19.) Sißung des Herrenhauses theilte der Präfident zunächst mit, daß der von der Stadt Wiesbaden präsentirte Ober-Bürgermeister Dr. von Ibell in das Haus berufen und der auf Präsentation der Stadt Duisburg berufene Ober-Bürgermeister Lehr in das Haus eingetreten sei.

Das Andenken des verstorbenen Mitgliedes, Stadtraths |

L des in Thorn ehrte das Haus dur Erheben von den Plätzen. Darauf beschäftigte sich das Haus mit Petitionen. Ueber die lbahión des Zeichenlehrers Friese am Real- pomnasium I zu Hannover und Genossen, dahin zu wirken, daß

und Vorschullehrern auf einer Stufe stehen, sondern-den ordent- lichen eau der höheren Schulen gleih, oder während einer Uebergangsperiode wenigstens annähernd gleich [lt werden, ging das Haus auf Antrag der Petitionscommission zur Tages- ordnung über. 4. E : Bezüglich der Petition der vormärzlihen sd»leswig- holsteinishen Offiziere, Oberst a. D. von Fürsen-Bach- mann und Genoffen, ihren Antrag auf Nachzahlung der ihnen in den Jahren 1851 bis 1864 vorenthaltenen Pensionen der Mes Staatsregierung zur Berücsichtigung zu überweisen, beschloß das Haus auf Antrag der Petitionscommission, in Erwä- ung, daß den Petenten ein Rehtsanspruch nicht zur Seite stehe, daß: die finanzielle Lage des Staats nicht gestatte, weitere Billigkeitsrückfichten gelten zu lafsen, nachdem solhe den Petenten bereits zu theil geworden seien und daß die Con- sequenzen einer Befürwortung der Petition zur Zeit niht zu übersehen seien, über die Petition zur Tagesordnung überzu- ehen. #

E Die Petition’ des Presbytcriums der evangelischen GemeindezuM.-Gladbach um Erwirkung der ministeriellen | Erlaubniß zur Erweiterung des evangelischen Begräbnißplaßzes daselbst wurde auf Antrag der Petitionscommission der König- lihen Staatsregierung zur Erwägung überwiesen, nachdem Freiherr von Durant sich für den Commissionsantrag aus- gesprochen hatte. (Schluß des Blattes.)

In der heutigen (74.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, der der Minister der offentlihen Arbeiten Thielen beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Geseß- entwurfs über die Bahnen unterster Ordnung fortgeseßt. Nach § 13 kann der Bau von Bahnen, die für den Betrieb mit Maschinen bestimmi sind, nicht eher beginnen, bis der Plan festgestellt ist, zur Einsicht ausgelegen hat und die Einwendungen dagegen erledigt sind. Der lebte Absagz lautet : Wenn aus der beabsichtigten Bahnanlage Nachtheile oder er- beblihe Belästigungen der benahbarten Grundbesißer und des öffent- lien Verkehrs ncht zu erwarten sind, fann der Minifter der öffentlichen Arbeiten den Beginn des Baues ohne vorgängige Planfestsetung gestätten. L 2 Abg. Hansen (freicons.) befürwortete den Anirag, diesen Absatz zu streichen oder wenigstens hinter „kann“ einzuschalten: „sofern es sich nicht um die Benußung öffentliher Wege handelt“, indem er darauf hinwies, daß bei Benußung offentliher Wege durch Eisenbahnèn die größte Vorsicht nothig fei. . i E Der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen erklärte diesen Antrag für überflüssig. Jn solhen Fällen, wo die Eiscnbahnanlage auf * einem Wege Gefahr zur Folge haben könne, werde von der Festseßung und Auslegung des Planes nicht abgesehen werden. a E Nachdem noch der Abg. Fren § (cons.) sih für den Antrag Hansen ausgesprochen, wurde § 13 mit diesem angenommen, ebenso ohne erheblihe Debatte die SS 14 bis 16. Dem S 17 hat die Commission folgenden Zusaß gegeben: _ „Die angeseßten Beförderungspreise haben gleihmäßig für alle Personen oder Güter Anwendung zu finden.“ # Abg. Riert (dfr.) hielt eine nähere Declaration dieser Bestimmung für nothwendig. Es solle wohl nur ausgedrückt werden, daß keine Person bei Bemessung der Tarife begünstigt werden solle. / e Der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen bezeichnete diese Auffassung als zutreffend. Die Bestimmung entspreche dem Eisenbahngesez von 1838. Die betreffende Vorschrift sei nur deshalb niht in das Geseß aufgenommen worden, weil fie in die Concessionsurfunde aufgenommen werden sollte. S 17 wurde unverändert angenommen. 7 Zu S 18 wurde ein Antrag des Abg. von Strombedck (Centr.) angenommen, wona der infolge einer Erweiterung des Unternehmens eintretende Wechsel der Aufsichtsbehörde auf Kosten des Unternehmers befannt gemacht werden müsfe. Zu § 20 wurde beschlossen, daß die Genehmigung zurüd- genommen werden fönne, wenn gegen die dem Unternehmer obliegenden Verpflichtungen „in wesentlihen Beziehungen“ verstoßen werde: die Worte „in wesentlihen Beziehungen“ fehlten. n der Bor@cege | E Nach § 22 wird beim Erlöschen oder bei der Zurü- nahme der Genehmigung die bestellte Sicherheit Rene und die Wegeunterhaltungspflichtigen erhalten das Recht, die Wiederherstellung des feieren Zustandes unter Beseitigung in den Weg eingebauter Theile der Bahnanlage oder gegen an- gemessene Entshädigung den Uebergang der leßteren in ihr Eigenthum zu verlangen. Die Commijtion hat den Zusaß ge- macht: „im öffentlihen Interesse kann die Aufsichtsbehörde eine Frist festsegen, vor deren Ablauf der Unterhaltungs- pslichtige niht berechtigt ist, die Wiederherstellung des früheren Zustandes zu verlangen.“ S Nach § 25 können die Unternehmer von Kleinbahnen den Anschluß an Bahnen, die dem Eisenbahngeseh von 1838 unterliegen, verlangen. : , . wo Der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen bestätigte dem Abg. Brömel (dfr.), daß auch die Staatsbahnen \ch den Anschluß der Kleinbahnen gefallen laffen müßten.

S 25 wurde genehmigt. (Schluß des Blattes.)

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Ein von einem polizeilich angestellten Hundefänger akb- gefangener und nach dem amtlichen Hundedepot abgelieferter Hund ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Straffenats, vom 12. Februar 1892, in Preußen als polizeilich beshlagnabmt zu erahten und die Entziehung aus dieser Verstrickung ist aus § 137 des Strafgeseßbuchs als Arreftbruch zu bestrafen.

Die Zerstörung oder Beschädigung eines Grabes ist, nah einem Urtheil des Reichégerichts, 111. Strafsenats, vom 15. Februar 1892, als ein Vergehen gegen die Religion aus §. 168 des Strafgeseßbuchs zu bestrafen, auch wenn dabei ein besonderer, auf Pietätverleßung gerichteter Vorsaß nicht vorhanden gewesen ift.

Kunst und Wissenschaft.

Akademische Kunstausstellung. IV -

Hans Thoma. L. K. Goethe sagt einmal: „Wir sind in TelsGtaud

kommt, so wissen wir gar. niht, was wir damit anfangen sollen; t E Verstand wird albern und. der gute Wille \chädlih.“ Das hat der Künstler, dem unsere heutige Be- ilt, der Maler Hans Thoma bei ‘seinem künst- lerischen Schaffen erfahren. - Seine Werke begegneten fast überall der Verständnißlosigkeit der Menge, der Anfeindung der Kritik. Erst seit der im Jahre 1 in München von Freunden seiner Kunst veranstalteten Sonderausstellung der E die der Künstler in unermüdliher Ausdauer und unbeirrtem Festhalten an seinen Jdealen im Verlauf von nahezu sechzig Jahren geschaffen, ist ein vielleiht allzu shroffer Wandel in der öffentlihen Meinung zu Gunsten Thoma's ein- getreten. Schon das Selbstporträt des Künstlers mit dem unter - zärtschifnmernder Stirn hervorleuhtenden finnenden Bli verräth Herzensreinheit, Weichheit des Empfindens und Gemüthstiefe. Eine lyrische Natur, den ernsten Blick nah innen gerichtet, so fteht Thoma vor unserer Einbildungskraft. Seine Naturfreude verschmäht das Nebelgrau des Pesstmiämzus, in reichen ungebrochenen Farben, ungetrübt dur verstandes- mäßige Reflexion, suht er die ihn umgebende Schönheit fünstlerish festzuhalten. Daß eine so geartete Natur besonders innig von den landschaftlihen Reizen fich gefesselt fühlt, ist begreiflih. Eine stattlihe Reihe von Landschaften, bald aus seiner engeren Heimath, dem Schwarzwald, bald aus den sonnigen Gefilden FJtaliens, giebt Kunde von dieser Seite seiner Begabung. Die Anhänger der neuesten Richtung der Landschaftsmalerei, welche ihre gauze Künstler- kraft darin seßen, den unmittelbaren finnlihen Gesammteindruck der Natur in seinen Farbenwerthen wiederzugeben, werden an Thoma'’s Art manches auszuseßen finden. Thoma stilisirt die Landschaft : - niht, wie sein Lehrer Schirmer, indem er frei componirt, in Linien und Maßen adstracten ästhetischen Ge- seßen folgend, sondern in den Einzelheiten der Formgebung, indem er seiner individuellen Art zu sehen gehorcht. Sein Baumschlag ist eigenartig, bald zerfasert, bald büschelförmig, seine Wolken wirken oft zu körperhaft schwer, das Wasser kräuselt fih in seinen Bildern in wunderlihen Wellen und Strudeln. Er vermeidet in der Gesammthaltung der Farben allzuscharfe Accente, die Tiefe und die Plastik der Formen erreicht er nit so vollkommen, wie unsere jüngsten Licht: und Luftmaler. Und doch wirkt jede seiner Landschaften einheitlih und geschlossen in der Stimmung als unmittelbare Schöpfung eines selbst- ständigen Künstlergeistes, sei es, daß er ein grünleuchtendes toskanishes Bergthal, von fahlen Felswänden umsäumt, dgr- stellt (Nr. 1275), sei es, daß er uns an Wasserfälle und See- buchten führt (Nr. 1270 und 1266), die Wolken an einem windigen Tag über die Ebene jagen läßt, sodaß nur in der Ferne ein durhbrehender Sonnenstrahl die gedeckten Töne aufhellt (Nr. 1252), sei es, daß er die heilige Familie am buschigen Feldrain unter tiefleuhtendem Himmelblau aus- ruhen läßt, wo zierlihe kleine Engelsgestalten mit schillern- den Libellenflügeln das Christkind bedienen und fein Laut in die laushige Weltabgeschiedenheit dringt (Nr. 1254). Naive Poesie spricht aus seiner Darstellung des Paradieses- (Nr. 1268), an defsen blauverschwimmendem Horizont Schnec- berge in die geballten Wolken ragen und wo ein reiches Pflanzen- und Thierleben sich in den seligen Gefilden entfaltet. Ein Meisterstück stimmungsvoller Poeste ist au der Fernblick von den Höhen Tivolis hinak in die weit sich dehnende Fluß- ebene (Nr. 1265), wo im Schatten der Oliven sich ein Schäfer- paar niedergelassen hat, während hinter den Wolken die Sonne versinkt. Der sehnsuhtweckende Reiz solher Fernsiht muß unseren Künstler besonders lebhaft gefesselt haben, denn wir sehen ihn in einem zweiten Bilde, welhes zur Zeit in der „Kunsthandlung von Gurliti“ mit einigen anderen Werken feiner Hand «ausgestellt ist, wieder diese friedlich stille Stätte, den Oliveto de Angelis, aufsuhen und hier unter veränderter Beleuchtung den Blick ins Anienethal in Farben fixiren. Jn grauem Felsgeflüft jtellt er einen Ziegenhirten mit sciner Heerde dar, beobachtet mit feinem Blick Haltung und Bewegung der weidenden Thiere und weiß uns durch frishen Humor zu entzücken. Aber auch mit mytho- logischen Gestalten belebt er seine Landschaftsgedichte : Da be- gegnet uns Apollo im Cyprefsenhain im Wettstreit mit Mar- snas (Nr. 1262), und hier lernen wir zum ersten Mal den Meister im Actzeichnen und Modelliren nackter Körper be- wundern. Mit fräftigem, oft allzubreitem Contur umreißt cr die Gestalten, arbeitet mit s{lichten Mitteln und verblüffender Sicherheit jeden Muskel der Gestalt heraus, weiß in die Bewegung Grazie und Lebendigkeit u legen. Ganz auf diesem Gebiet bewegt er sich in den Bogenschüßen (Nr. 1263), sehnigen, sonnengebräunten Jünglings- gestalten, deren Bewegung voller Elasticität und Schwung- fraft ist. Bildmäßige Wirkung erzielt er auch bei diesem scheinbar gegenstandslosen Bilde durch das Zusammenhalten der Gestalten in gemeinsamer Action. Jn einem andercn Bilde, welches drei Flötenbläser in einem Haine darftellt, denen drei Mädchen lauschen, während im Westen die Sonne verglüht, nähert er sch am meisten dem Empfindungs- gehalt Feuerbach's und Bödlins. Gleichwohl unter- scheidet ihn von dem leßtgenannten stammverwandten Farbendihter auf das bestimmtefte das Temperament. Während Bödlin's phantastishe Gestalten und Traum- bilder gleih geheimnißvoll aufleuhtenden Meteoren die Ein- bildungsfkraft des Beschauers nicht selten beunruhigen, der aus ihnen sprühende Wiß uns an der vollen Naivität ihres Schöpfers zweifeln läßt, bewegt sich Thoma gleihmäßig in ruhiger lyrisher Stimmung, die Phantastik seiner Werke läßt sich viel eher dem Schillern des Regenbogens, dem ruhigen Leuchten des Mondes vergleichen. Nicht zu seinem Vortheil verläßt er die stillen Pfade. der Naturlyrik, so in seinen Nornen, deren schauerlihe Gestalten gar zu gequält erscheinen, um unmittelbar wirken zu können. Die Tritonen, welche eine Schale aus den Meeresfluthen mit nervigen Armen empor- heben, in der ein geflügelter Genius mit der Perle steht, lassen auch die Jntensität der Einbildungskraft vermissen, durch die Bölin seinen abenteuerlihen Spukgestalten überzeugendes Leben einzuflößen versteht. Die Shulung Thoma's durch die alten Meister, unter denen namentlich Mantegna tiefen Ein- druck auf ihn gemacht zu haben scheint, wird in jenen beiden Rittergestalten offenbar, deren einen er als Wächter des Liebes- gartens, den anderen als Hüter des Thals bezeichnet. Namentlich die lehtere Figur, auf der Bergeshalde Wacht haltend über das im Frieden der Sternennacht ruhende Thal, ist - überaus cindrucksvoll. Man möchte von einer musikalishen Wirkung dieser Art Werke jprehen, die sih unmittelbar an das Gefühl des Beschauers wenden und seiner Einbildungskraft Spielraum lassen, sich dên Ge-

sehr verftändig und haben guten Willen, beides für den Haus-

as Gehalt der Zeichenlchrer an höheren Lehranftalten so erhöht werde, daß dirs nicht mehr, wie bisher, mit den Elementar-

gebrauch: wenn aber cinmal etwas Besonderes zum Vorschein

dankeninhalt frei zu ergänzen. Von seiner liebenswürdig humoristischen Seite zeigt ih Thoma schließlih in einem bet