1892 / 138 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Jun 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Gurlitt ausgestellten Engelreihen, der sich auf diht zusammen- geballten Wolken tummelt. Die Naivität Dürer's und Cranac's spricht aus diesen übermüthig sich geberdenden Puttengestalten und ihrem kindlichen Spiel. Die Unmittelbar- keit des Schaffens ist es, die Thoma zu einer der sympathischsten Künstlergestalten unserer Zeit macht, deren Empfinden si niht aufdrängt, sondern in künstlerisch hoher Vollendung den Stempel innerer Nothwendigkeit trägt.

e N AL Fpeiteriamnt nag des Deutschen Photo- Pap yen-Berektns findet vom 23. bis 26. August 1892 în Wies- aden stait. Es ist hiermit wieder eine Ausftellung verbunden, an Per sich Mitglieder und Nichtmitglieder des Vereins betheiligen önnen. Der „Schwäb. Mercur“ berihtet ausSt u ttgart vom 10. d. M. das Ergebniß des Preisgerihts wegen Ausshmückung der König Karls-Halle in Stuttgart. Für den Bildercyclus erhielt

den ersten Preis Profeyor Ferdinand Keller in Karlsruhe, den zweiten in in Stuttgart, den dritten Adolf fel D in

Mos or Karl Haeber g

ü . Der erste Preis für die mittlere Figurengruppe fiel Pro-

feffor Gustav Eberlein in Berlin, der zweite Hubert Meter in Jsny

und der dritte Franz Bernauer in München zu. Für die obere

igurengruppe erhielt Hundrieser in Berlin den ersten und Professor av Eberlein in Berlin den zweiten Preis.

Gesundheitswesen, nd “verw igt und Absperrungs: eln.

Cypern.

Auf Cypern wird über Schiffe, welche von Afrika, und zwar aus dem Landstrih zwishen Guardafui und Massowah, und von Arabien zwischen Bab el Mandeb und Aden kommen, eine zehn- tägige Quarantäne verbängt.

Die russishe Gesandtschaft in Teheran giebt, wie die „Voß. Z.“ erfährt, bekannt, daß infolge der Cholera-Epidemie in Meshbed von der russischen Regierung Beobachtungspunkte in Baku und Astara am Kaspischen Meere und in Bellasovar-Dschulfa und Jebrail an der Landgrenze zur ärztlichen Untersuchung aller aus Persien fommendenSchiffe und Reisenden errihtet worden find. Jn zweifelhaften Fällen sollen die Schiffe und das Gepäck desinficirt werden. Der Zugang nah Rußland aus Persien ift an allen übrigen Punkten untersagt. Nach einer Meldung der „Times“ aus Teheran vcm 13. d. M. sind in Meshed am Donnerstag 400 Cholera-Todesfälle vorgekommen; am Freitag ift keine Abnahme eingetreten. Die Geschäfte stocken: die Menteruná hat einen Sanitäts-Cordon in einer Entfernung von 40 Meilen von Teheran gezogen.

Theater und Musik.

Adolph-Ernst-Theater.

Die „Wiener unter der Leitung des Directors Herrn Franz Josef Graselli gaben gestern zum ersten Mal die Local-Pofse mit Gefang „Groß-Wien“ von J. Wimmer, Musik von Karl Berger, die in Wien mit großem Erfolge mehr als hundertmal aufgeführt worden sein foll. Hier vermochte sie wohl unter den Freunden der flotten Gefellshast einigen Beifall, doch nicht einen nachhaltigen Erfolg zu erringen. Die Anspielungen auf die localen Wiener Einrichtungen sind für den mitden Verhältnissen weniger bekannten Berliner von zu geringem Interesse, und die erwarteten Volkstrpen befam man ebensowenig zu fehen, wie eine lebendige unterhaltende oder wißige Handlung. Durch die ersten zwei Acte, in denen eigent- lih nichts vorgebt, ziemlich gelangweilt, findet man im dritten und vierten Act einige Entschädigung durch die humoristish vorgetragenen „Lieder aus Alt-Wien“ und ein Couplet über die Prater-Musik das einen Einblick in das gegenwärtige Wiener Volksleben gewährt. Die Melodien sind, wenn auch nicht originell, doch gefällig und ansprechend ; der Haupterfolg wird aber nicht durch den Eindruck des Gesangs oder den Wi des Tertes, sondern durch die mit außergewöhnlihem Geschick ausgeführten, den Gesang begleitenden und ergänzenden Körperbewegungen erzielt. Besonders waren es Fräulein Kamesch und die Herren

uns

Müller und Ewald, die durh lebhaften Beifall Í wurden, doch wußte auch Fräulein Kobler bei dieser enbeit sih durch ortrag zur Geltung zu bringen. Alle vier wurden zu Wiederholungen aufgefordert, die fie auch R gewährten. Bei aller Anerkennung für das vortreffliche Spiel der „Wiener“ muß ihnen doch eine zweckmäßigere Auswahl der Stücke angerathen werden, wenn sie hier eines dauernden Erfolges si erfreuen wollen.

._ In der Vorstellung des „Tannhäuser“ am Donnerstag im Königlichen Opernhause sind die Damen Leisinger und Hellmuth- Bräm, die Herren Sylva, Bulß, Stammer, Krolop und Lieban be- schäftigt. Fräulein Pewnv vom Stadt-Theater in Leipzig wird die Partie der Venus als Gast fingen. Am Freitag geht „Cavalleria rusticana“ mit den Damen Pierson, Dietrich und Lammert sowie

rrn Fränkel in Scene. Herr Sommer singt den Turiddu als

st. Darauf folgt „Rigoletto* mit Frau Herzog und Fräulein Pohl (Madalena als Gast), mit den Herren Rothmübl, Bulß und Schmidt. Der Sonnabend R E leßte Vorstellung vor den Ferien „Die Walküre“ mit den Damen Sucher, Pierson, Leisinger und Rothaufer, den Herren Sylva, Mödlinger. und Krolop. Die Königliche Kapelle hat ihre Zusage, unter ihres Kapellmeisters Wein- gartner Leitung auf der Wiener Musik- und Theater-Ausstellung zu concertiren, aufgeben müssen, weil die zu erlangenden hohen Garan- tien von dem Ausstellungs-Comité nicht gewährleistet werden konnten.

__ Bei der im Berliner Theater am 20. d. M. stattfindenden ersten Aufführung von Brachvogel's „Narciß“ wird neben Ludwig Barnay in der Titelrolle Anna Haverland als Marquise de Pom- padour und Nuscha Bute als Doris Quinault auftreten.

_ Von Herrn Emanuel Reicher geht uns die Mittheilung zu, daß ihn die Rathschläge der Kritik und die literarishen Einwendungen, die gegen feinen Spielplan erhoben worden sind, veranlaßt haben, von dem geplanten Gastspielausflug nach Wien abzusehen und die Vorstellungen am Lessing-Theater, die nur der Vorbereitung dieses Unternehmens gelten sollten, mit dem morgigen Tage zu beschließen.

Ein Parkfest japanishen Gevräges wird für Sonnabend im

Friedrich - Wilbelmstädtishen Concertpark vorbereitet. Verr F. G. Taen Arr-Hee, der Inhaber des chinesishen und japanischen Waarenhauses hierselbst, übernimmt mit seinem gesammten Geschäftspersonal im Park das Arrangement einer Messe. Auch eine Tombola wird wieder stattfinden, nachdem die 500. Wiederholung der „Fledermaus“ im Theater ihren Schluß erreiht hat. Infolge dieser Vorbereitungen fällt am Mittwoch das Parkfest aus. _ Die Direction des Kroll’schen Theaters hat mit dem Hamburger Tenor Herrn Bötel auch in diesem Jahre ein mehr- maliges Gastspiel abgeshlofsen, das im Juli stattfinden wird. Jn der morgigen Aufführung von Nicolai's „Lustigen Weibern“ mit Frau Sembrich als Frau Fluth wird die Künstlerin als Einlage wieder die Arie aus „Don Pasquale“ von Donizetti und außerdem den „Parla-Walzer" von Arditi zum Vortrag bringen.

Mannigfaltiges.

Stuttgart, 14. Juni. Bei einem gestern Morgen nieder- gegangenen Gewitter entstand, wie der „Schwäb. Merk.“ mit- tbeilt, in der Schule zu Cannstatt, wo si 500 Kinder befanden, eine Panik. ablreihe Kinder erlitten Verwundungen. Die Ver- mutbung, der Bliß babe in das Schulgebäude geschlagen, hat ih nit bewahrheitet. Eine gleihe Panik, jedoch ohne mißlihe Folgen, entstand in dem neben der Spitalichule liegenden Mittel- und Frauen- arbeits\chulgebäude, sowie in der Knabenvolfsshule in der Wilhelms- itraye.

Bremen, 10. Juni. Der älteste Bürger der Stadt, Diedrich Vollers, ift, wie der „Köln. Z.*" gemeldet wird, gestern Mittag an den Folgen der Jnfluenza im Alter von 100 Jahren und 12 Tagen gestorben. E

Wien, 13. Juni. Aus Gran wird dem „W. T. B.* ununter- brohen schnelles Steigen der Donau gemeldet. Der sogenannte Agentiedamm is an mehreren Stellen durchbrohen und eine große Fläche übers{wemmt. Auch die Gran-Fuezitvar-Eisenbahn if an mehreren Stellen unterwashen. Der Wasserstand der Donau bei Budapest ist bis zum Mittag um 37 cm gestiegen. Infolge des

ls Stei : : eon teigens der Raab und der Rabniß wird auch in der

gen ieten efahr befürchtet. Verkehr mit if Sliecirocen, Dei SITLS der ie Deciet “ens ah einer Meldung des „H. T. B.“ aus Lemberg richtet die Weichsel in Galizien fortdauernd großen Schaden an. Ebenso ift E A e Lemberg ausgetreten. Die Saaten sind zum größten ei ichtet. :

Mons, 14. Juni. In dem Kohlenbergwerk St. Ghis- [ain bei Dour ift, wie „H. T. B. mittheilt, Feuer ebrodhen. Der Brand entstand in der leßten Galerie. Die Arbeiten find voll- ständig eingestellt worden und die Grube wird unter Wasser gefeßt.

San Francisco, 13. Juni. Jn der zur Herstellung von Granaten bestimmten Abtheilung des See-Arfen t von Mare Island fand, wie „W. T. B.“ berichtet, eine Explosion statt, wodurch zwölf Menschen getödtet und _drei {wer verleßt wurden. Die Werkstatt wurde durh das Feuer zerstört.

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

Berlin, 14. Juni. (W. T. B.) Heute fand in den Geschäftsräumen der Deutsch - Oftafrikanishen Ge- sell)haft die ordentlihe Hauptversammlung statt. Der Vorsigende hob hervor, daß die Gesellschaft zum ersten Male in der Lage sei, eine Divi- dende und zwar 5 Proc. auf ihre Vorzugsantheile zu vertheilen. Auf Verlesung des Gesellschaftsberihts für 1891 wurde verzihtet; er wurde genehmigt und dem Vorstand und dem Verwaltungsrath Entlastung ertheilt. Die ausscheidenden Mitglieder des Verwaltungs- raths, die Herren Fürst zu Hohenlohe-Langenburg, Prinz Franz von Sayn-Wittgenstein, Graf von und zu Hoensbrocc, Dr. Martius und Geheimer Commerzien-Rath Duttenhofer wurden mit Acclamation wiedergewählt. Die Dividende ist v ags ab an der Gefellshaftskasse, Wilhelmstraße 57/58, zahlbar.

London, 14. Juni. (W. T. B.) Heute früh erfolgte auf dem Bahnhof Bishopsgate ein Zusammenstoß zweier Züge, bei welhem fünf Personen getödtet und mehrere dem Arbeiterftande angehörige Personen mehr oder minder s{hwer verwundetwurden.

: D, 14. Juni. (W. T. B.) Die feier- lihe Eröffnung des Hafens von Libau soll im August stattfinden.

__ St. Petersburg, 14. Juni. (W. T. B.) Die Be- jeßung der vacant gewordenen diplomatishen Aemter im Auslande, wie des Postens eines Gesandten in Stuttgart, dürfte definitiv erst im Herbst erfolgen. u demselben geit punkte wird auch der Nütritt des Ministers des Aeußzern von Giers erwartet.

_ Brüssel, 14. Juni. (W. T. B.) Die Wahlen, die seit dem frühen Morgen eröffnet find, vollziehen as unter ang Betheiligung der Wähler. Jn mehreren Werkstätten eiern die Arbeiter. Jn Namur wurden die Klerikalen wiedergewählt. Jn Ath fam es zwishen Liberalen und Klerifalen zum Handgemenge.

_ Athen, 14. Juni. (W. T. B.) Jn den leßten Tagen sind an verschiedenen Orten wiederholt Erdstöße, auch jolhe von größerer Heftigkeit, verspürt worden. Aus Theben wird der Einsturz zweier Häuser gemeldet, wobei eine Person ums Leben kam. Die Einwohner campiren dort im Freien.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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Wetterbericht vom 14. Juni, r

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Morgens.

Stationen.

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Mullaghmore Aberdeen …. . | Christiansund Kopenhagen . Stockholm Haparanda . St. Petersbg. Mosfau . Cork,Queens- |

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S Hamburg Swinemünde | Neufahrwafser'

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1) Regnerisch.

4) Mittags Gewitter.

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u. d. Meeressp. red. in Millim.

Wind. Wetter.

6 halb bed. 3'beiter SW 1 Nebel NNW 2 halb bed. N 6 bedeckt

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2?) Nachts starker Regen. 3) Thau.

Uebersicht der Witterung.

Ein Minimum, wel@jes geftern morgen über dem centralen Deutschland lag, ist, gefolgt von Gewitter- ersheinungen, nordoftwärts nah Wisby fortgeschritten und verursacht an der ostdeutschen Küste starke west- lihe Winde. Das Hochdruckgebiet im Nordwesten

hat sih südostwärts ausgebreitet.

5) Nachmittags Gewitter.

Das Wetter ist

in Deutschland kühl, in den nördlichen und füdlichen Gebietstheilen trübe, in den mittleren vielfa heiter ; an der Küste fanden allenthalben im Binnenlande vielfa Regenfälle statt ; auf der Strecke Magdeburg— Warfchau und in Ost-, Mittel- und Süd-Frank- reich, fowie in Oesterreih-Ungarn gingen zahlreiche Bornholm meldet 20, Clermont 22, Wisby 39 mm Regen. : Deutsche Seewarte.

Gewitter nieder.

Theater- Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Mittwoch bleiben die Königlichen Theater geschlossen.

Donnerstag: Opernhaus. 153. Vorstellung. Tann- häuser und der Sängerkrieg auf der Wart- burg. NRomantishe Oper in 3 Acten von R. Wagner. Ballet von Emil Graeb. Jn Scene ge- seßt vom Ober-Regifseur Teßlaff. Dirigent: Kapell- meister Sucher. Anfang 7 Ühr. /

Schauspielhaus. 160. Vorftellung. Faust von Goethe. Der Tragödie erster Theil. Die zur Handlung gehörende Musik von Anton Fürsten Radziwill und von Peter Ioseph von Lindpaintner. In Scene ge- seßt vom Ober-Regifseur Max Grube. (Mephistopheles: Herr Mitterwurzer, als Gast.) Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Mittwoch: Des Meeres und der Liebe Wellen. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: Der Compaguon.

Freitag: Don Carlos.

Die Tageskafse ift von 10 bis 14 Uhr geöffnet.

Berliner Theater. Mittwoch: Der Hütten- befißer. Anfang 75 Uhr.

Donnerstag: Der Kaufmann von Venedig.

Freitag: 39. Abonnements - Vorstellung. De- metrius.

In Vorbereitung: Narciß. (Pomvadour: Anna Haverland ; Quinault: Nuscha Bute; Narciß: Ludw. Barnay.)

Lessing-Theater. Mittwoch: Letzte Vor- stellung von Emanuel Reicher's Gastspiel: gesellschaft. JFrrlichter. Schauspiel in 5 Acten von Antropow.

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Mittwoh: Der Mikado. Burleske- Operette in 3 Acten von Sullivan.

__ Im prachtvollen Park:

Militär - Doppel - Concert. Auftreten von Ge- fangs- und JInstrumental - Künstlern. Anfang des E Sonntags 5 Uhr, an den Wochentagen

L. ü

Donnerstag: Der Mikado.

Sonnabend: Außerordentlihes Park - Fest. 500. Male: Die Fledermaus.

KßKroll's Theater. Mittwoch: Vorleßtes Gast- spiel von Fr. Marcella Sembrih. Die luftigen Weiber von Windsor. (Frau Fluth: Fr. Marcella

Zum

Sembrich.) Einlagen: Arie aus „Don Pasquale“ von Donizetti, und „Parla-Walzer“ von Ärditi, ge- sungen von Fr. Sembrih. Anfang 7 Uhr. Donnerstag : Die Zauberflöte. Täglich, bei günstigem Wetter: Großes Concert im Sommergarten. Anfang an Sonn- und Festtagen 4 Ubr, an den Wochentagen 54 Ubr.

Belle-Alliance-Theater. Mittwoch: Zum 12. Male: Der Abenteurer. Operette in 3 Acten von Philipp und Sondermann. Musik von Carl Stix. Dirigent : Max Gabriel.

Im prachtvollen, glänzenden Sommer - Garten (vornehmstes und großartigstes Sommer-Etablissement der Residenz) :

Großes Militär-Doppel-Concert.

Auftreten sämmtlicher Specialitäten.

Abends: Feenhafte Illumination des ganzen Garten- Etablissements durch 50 000 Gasflammen.

As des Concerts 4 Uhr, Anfang der Vorstellung 7# Ubr.

Abends von 9 Uhr an: Eintritt in den Garten und Theater (soweit der Raum reicht) 50 4.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Donnerstag: 1. Auftreten der Caraïben-Cara- wane (25 Personen) in den Sitten und Gebräuchen ihres Landes.

Adolph Ernst-Theater. Mittwoh: 15. Ge- sammt - Gastspiel des Wiener Ensemble, zu- sammengestellt von Mitgliedern des K. K. Jofef- städter und K. K. Karl - Theaters unter der Leitung des Directors3 ranz Josef Grafselli. Zum 3. Male: Groß - Wien. Localpofse mit Gesang in 4 Acten von J. Wimmer. Musik von Karl Berger. Anfang 72 Uhr.

Donnerstag: Grofi-Wien. _

Der Sommer-Garten ist geöffnet.

Thóômas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direction: Emil Thomas. Mittwoch: 6. Gast- spiel von IJlka-—- von Palmay vom Theater an der Wien in Wien, als Gast, und Wiederauftreten von Emil Tbomas nah feiner Rückkehr aus Amerika. Zum 6. Male: Novität! Heißes Blut. Posse mit Gefang in 3 Acten und 7 Bildern von Leopo Krenn und Carl Lindau. In Scene geseßt von Emil Thomas. (IJlona: Ilka von Palmay, a. G. ; Couplet-Einlage im 4. Bilde von Alfred Schönfeld, gesungen von Emil Thomas.) Anfang 7{ Uhr.

Donnerstag: Seißes Blut.

Der Sommer-Garten ist geöffnet.

(1260) Hohenzollern-Galerie 9 Vorm. 10 Ab. Lehrter Bahnhof. Gr. biftor. Rundgemälde 1640—1890. 1. Sonntag 50 «4. Kinder die Hälfte,

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes - Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag- zettel. Anfang 75 Uhr.

E A L A e A S Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Victoria von Conta mit Hrr- Redacteur Rudolf Schwarß (Arnstadt—Berlin). Frl. Olga Jerchel mit Hrn. Hauptmann Ernst Duliß (Ohlau, Schl.—Mainz). Frl. Else Liekfeld mit Hrn. Kammergerichts-Referendar Müe (Berlin). Frl. Franziska von Strombeck mit Hrn. Rittmeister a. D. Georg von Boddien (Dresden—Zschahwiß).

Verehelicht: Hr. Conrad von Wostrowsky-Skalka mit Frl. Adele Heyne (Dom. Rachen b. Malt). Hr. Hauptmann Erich von Wunsch mit Frl. Elisabeth von Bredow (Schloß Mückenberg). Hr. Lieut. Brauns mit Frl. Margarete von Alten Criwan bei Stolp).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann Frhrn. von der Borch (Aachen). Eine Tochter: Hrn. Pastor Gebauer (Spiller). Hru. Majer Thilo von Westernhagen (Potsdam). Hrn. Oberförster Otto Heym (Mirau).

Gestorben: Hr. Schloßhauptmann und Kammer- herr Gustav von Blücher (Kupventin).

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags3- Anstalt. Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen (einsließlich Börsen-Beilage), sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent- lichen Anzeigers (Commanditgesellschaften auf

Actien und Il für die Woche A T n Simi 1892,

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 13S,

Berlin, Dienstag, den 14. Juni

1892,

O E E A I C E E E S E E S I E E E E M E I E

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 73. Sißung vom Montag, 13. Juni.

Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats-Ministeriums, Staats-Minister Graf zu Eulenburg und. der Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen bei.

Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Geseg über die Bahnen unterster Ordnung.

Die Vorlage enthält zwei Abschnitte: 1) Eisenbahnen, welche dem öffentlihen Verkehr dienen, und 2} sonstige Eisen- bahnen.

Die Commission hat die Titel geändert: 1) Localbahnen, 9) Privatanshlußbahnen.

8 1 lautet nah den Anträgen der Commission:

Localbahnen sind die dem öffentlichen Verkehre dienenden Eisen- bahnen, welhe wegen ihrer geringen Bedeutung für den all- gemeinen Eisenbahnverkehr dem Geseß über die Eisenbabnunter- nehmungen vom 3. November 1838 nicht unterliegen. Insbesondere sind Localbahnen der Regel nah solche Bahnen, welche haupt- \ählih den örtlichen Verftehr innerbalb eines Gemeindebezirks odèr benahbarter Gemeindebezirke vermitteln, sowie Bahnen, welche niht mit Locomotiven betrieben werden. Ob die Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Gescßes vom 3. November 1838 vor- liegt, entscheidet auf Anruf der Betheiligten das Staats-Ministerium.

Die Vorlage lautete :

Eisenbahnen, welde dem öffentlihen Verkehre dienen, jedo weder auf Grund des Art. 41 Abf. 1 der Verfassung des Deutschen Reichs angelegt und betrieben werden, noch auch dem Gesetze über die Eisenbahnunternebmungen vom 3. November 1838 unterworfen oder zu unterwerfen sind, bedürfen zur baulichen S und zum Betriebe polizeilicher Genehmigung. Bahnen, welche 1) haupt- sählich den örtlihen Verkehr innerhalb einer Gemeinde oder zwischen benachbarten Gemeinden vermitteln, oder 2) nit mit Locomotiven betricben werden, sind dem Geseße über die Eisen- bahnunternehmungen vom 3. November 1838 nur dann zu unter- werfen, wenn R - Entscheidung des Staats-Ministeriums ibnen eine solhe Bedeutung für den öffentlichen Verkehr beizumessen ist, daß sie als Theile des allgemeinen Eisenbahnneßzes zu behandeln sind. Zweifel darüber, ob für eine Bahn die Vorausseßungen zu 1 und 2 vorliegen, entshecidet auf Anrufen Betbeiligter das Staats- Ministerium.

Abg. Im Walle (Centr.) beantragt zu § 1: a. das Wort „die“ zu streichen und das Wort „dienenden“ zu erseßen durch „dienende“, b. statt „der Betheiligten“ zu seßen: „der zuständigen Behörde“.

Abg. Jansen (Centr.) tritt dafür ein, daß die Bezeichnung „Kleinbahnen“ ftatt „Localbahnen“ gewählt werde.

Abg. Rickert (dfr.): Er mache seine Zustimmung zu der Aende- rung des Wortes „Localbahnen“ in „Kleinbahnen“ abhängig von der Zustimmung der Staatsregierung und sehe die Sache für nicht so tragisch an. Eine ganze Reihe von brieflichen Ansprachen seien an ihn ergangen, weil er es über das Herz gcbraht habe, einige Fremdwörter in feinen Réden hier anzuwenden. Er stehe den Be- strebungen der Sprachreiniger hl gegenüber und billige deren hoc- gradige Uebertreibungen niht. Das Wort „Kleinbahnen“ im Gegen- jaß zu „Großbahnen“ habe auch seine Bedenken, das Wort „Localbahnen“ sei allgemein eingebürgert, und er meine, kein deutshes Gemüth nehme daran Anstoß. Er glaube, die große Majorität des Hauses werde mit ihm in dem Wunsche einig fein, daß das Haus die Verhand- lungen möglichst bald {ließe und die Debatte über dieses Gesetz möglichst G tzunige Das Gefeß sei von großer Bedeutung für unsere wirthschaftlice Entwickelung, und man hâtte es bereits vor zehn Jahren erlassen follen. Die ganze Entwickelung des Chaufsee- wesens fei dur diefe Unterlassung in eine falshe Nichtung ge- rathen und habe unnöthig Geld gefostet. Wenn auch viele lang- gehegte Wünsche durch das Gesetz befriedigt würden, so fei es doch immer nur ein Versuch, und Alles komme darauf an, daß der Minister durch Instructionen dafür sorge, daß die Bureaufratie bei der Ausführung des Geseßzes nicht mehr Schwierigkeiten mache, als nöthig sei. Eine ganze Reihe von wünschenswerthen Klarstellungen und Verbesserungen teien durch die Commission in das Gesetz Fneiligébrabt Er sei aber noch heute der Meinung, daß in Bezug auf Pferdebahnen das Geseß in Widerspruch stehe mit § 6 der Reichs-Gewerbeordnung. Seine Bedenken in dieser Beziehung seien in der Commission nicht widerlegt worden. Die Verhandlungen hätten dargethan, daß die Frage mindestens zweifelhaft sei, was au die Negierung anerkannt habe. Er bitte den Minister, dabin zu wirken, daß die NReichéregierung Veranlassung nehme, “diesen Zweifel zu be- seitigen. Wenn die Reichsregierung felbst niht eine Declaration des § 6 der Gewerbeotdnung gebe, müsse seitens des Reichstags dazu die Initiative ergriffen werden.

__ Abg. Dr. Krause (ul.): Seine Fraction stehe der Vorlage nicht feindlich gegenüber, fie wünsche im Gegentheil die Verhältnisse der Bahnen niederer Ordnung gefeßlih geregelt zu sehen, und viele der in der Commission angenommenen Verbesserungen rührten von seinen politishen Freunden her, insoweit die wirthshaftlihe Selbständig- teit der Unternehmer gesteigert und die an sih nöthige Aufsicht der Behörden auf das Maß des unbedingt Nothwendigen eingeschränkt bleibe. §1 der Vorlage errege aber Bedenken bezüglih des Rechts- bodens, auf dem die hier in Rede ftehende Materie basirt sei, ob nämlich § 6 der Gewerbeordnung, der den CEisenbahnbetriebd von den Bestimmungen der Gewerbe- ordnung ausnehme, auch auf Pferdebahnen Anwendung finden lolle oder nicht; im leßteren Fall würde der Landesgesetz- gebung völlig freie Hand gelassen sein. Die Rechtsprehung abe sih aber mehrfach dafür ausgesprochen, daß die Pferdebahnen den Bestimmungen der Gewerbeordnung unterlägen ; - in diesen Reichsgerichtsentscheidungen habe es si aber nur um civilrechtlie &ragen gehandelt, man müsse jedoch auch über die öffentlih-redtlihe Seite der Sache Klarheit schaffen. Ein Ministerialrescript vom Jahre 1872 habe sih au in dem Sinne ausgesprochen, wie die Judicatur ; darum habe die Commission mit Recht zuerst eine Resolution vor- geschlagen, in der die Staatsregierung aufgefordert werde, bei der eihéregierung auf eine authentishe Interpretation des § 6 der

ewerbeordnung binzuwirken. Diese Retolution liege jeßt aber nicht mehr vor, jedo bitte er die Regierung, in dem von der Resolution angeregten Sinne vorzugehen. as die Namengebung anlange, so gebe er diese völlig dem Hause anheim, da seine P hierüber verschiedener Meinung seien er per}önlich würde den Namen »L&ocalbahnen“" vorziehen. Die Anträge des Abg. Im Walle bitte er abzulehnen.

Abg. vom Heede (nl.): Auch er halte eine authentische Inter- pretation des § 6 der Gewerbeordnung für dringend wünschens- werth und bitte die Staatsregierung, eine folhe anzustreben. Was ie Namengebung anlange, so ziehe er den Namen eKleinbahnen“ por, da das wefentlihe Kriterium der Bahnen, von denen die Vorlage ’andele, die Art ihrer Ansage sei, nicht aber der Umstand, daß fie rein localen Zweden dienten.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! I erfülle zunähst auch meinerseits eine Pflicht der Dankbarkeit, wenn ih mit voller Wärme die Sorgfalt anerkenne, welche die Commission bei der Prüfung des Geseßentwurfs bat ob- walten lassen, wenn ih auch meinerseits anetfenne, daß eine ganze Reibe derjenigen Aenderungen, welche die Commission ihrerseits vor- genommen hat, als Verbesserungen \ich darstellen. Bei einer anderen Reihe von Aenderungen wird mir das hohe Haus nicht verükeln, wenn ih der Meinung bin, daß die ursprünglihe Fassung der Staats- regierung mindestens gleichwerthig is. Jedenfalls is die Staats- regierung aber auch bei dieser Reibe von Aenderungen in der Lage,

l die Vorschläge der Commission anzunehmen, und es bleiben \{ließlich

nur wenige Punkte übrig, bezüglih deren ih boffe, im Laufe der Discussion das hohe Haus zu überzeugen, daß die Staatsregierung bei ihrem ursprünglichen Vorschlage das Richtigere getroffen hat.

Was nun die Namengebung anbetrifft, so möchte ih von vorn- herein erklären, daß ich-an Entgegenkommen niht hinter dem Herrn Abs. Rickert zurückstehen möchte. Ich möchte also, wie er die Namen- gebung der Staatsregierung anvertraut, meinerseits erklären: die Staatsregierung überläßt es sehr gern dem hohen Hause, welchen Namen es diesen Bahnen geben will. (Heiterkeit.) Im großen und ganzen halte ih aber dafür, daß diese Frage eigentlih eine Frage der Aesthetik ist, fast möchte ih sagen, der theoretishen Nesthetit: denn die einzelnen Bahnen werden doch weder Localbahnen noch Kleinbahnen genannt, fie bekommen ihren sfpeciellen Vor- und Zunamen und werden als solche fünftig in der Verkehrswelt bezeichnet werden. Es wird also der Name „Local-" oder „Kleinbahn“ nit weit über den Rahmen des Gescßes hinausgehen, bcziebentlih über die Acten der betheiligten Behörden. L

Wenn ich nun persönlich gefragt werden würde, was ih nah meiner Geshmacksrichtung vorziehen möchte, so würde ih mi auf die Seite der „Localbahbnen“ stellen. Jh würde das um fo lieber thun, da ja auch die Majorität der Commission sich auf dieselbe Seite gestellt hat. Aber, wie gesagt, die Königlihe Staatsregierung nimmt den Geseßentwurf au unter dem Namen „Kleinbahnen“ gern von Ihnen an.

Was dann endlich die von den Herren Vorrednern berührte Frage anbetrifft, ob die rechtlide Grundlage des Geseßentwurfes bezüglich eines Theiles der Bahnen eine cinwandsfreie sei oder nicht, so ist die Staatsregierung auch nah all den Erörterungen hicr im Plenum des Hauses bei der ersten Lesung und heute sowie nah den noch tiefer gehenden Erörterungen in der Commission nit davon überzeugt, daß der Zweifel ein berechtigter sei. Fh will aber, da die bisherigen Redner auch nur im großen und ganzen ihre Bedenken skizzirt haben, auf die theoretishe Seite der Sache heute nit näher eingehen. Ich möchte hervorheben, daß nach Auffassung der Staatës- regierung der aufgeworfenen Frage an und für sih eine weittragende Bedeutung nicht beigelegt werden kann; denn, meine Herren, cin Conflict zwischen Reichêcompetenz und Landescompetenz fann in diefer Frage wohl niht auftauhen, materiell wird die Behandlung der Fragen, die dieses Geseß regeln will, immer nur Landesfache fein können und niemals Reichsfahe werden. Es wird immer nur das Land sih mit den Leocal- oder Kleinbahnen in ihren öffentlich- rechtlihen Bezichungen zu beschäftigen haben, meiner Ansiht nah aber niemals das Reih. Und wenn nun auch wirklich das Reich, ob auf Antrag eines Bundesftaats oder aus eigener Initiative, dazu über- geben sollte, den § 6 der Gewerbeordnung dahin zu declariren, daß die Pferde- und andere Kleinbahnen den Eisenbahnen beizurehnen seien, \o würde meines Erachtens sofort bei einer dahin zielenden Verhandlung im Reichstage die Ueberzeugung sih Plaß schaffen, daß es niht mit dem 8 6 der Gewerbeordnung allein gethan ift, sondern daß dann auch weiter declarirt werden muß : das Haftpflichtgesez, das Strafgesezbuch und vielleiht noch eine ganze Reihe von anderen Geseßen. Jch halte es, wie gesagt, meinerseits nicht für nöthig, eine folche Decla- ration herbeizuführen, weil fein vraftisher Anlaß zu einer solchen vor- handen sein würde, felbst wenn die Rehtsanschauung jener Herren von stärkeren Gründen unterstüßt wäre, als dies nah meiner Ansicht der Fall ist, aber andererseits für recht bedenklich, diese Frage aus rein theoretischen Gründen anzurühren und damit dieses Geseß mit dem Makel des Zweifels an seiner Nechtsbeständigkeit zu behaften; {on das allein ist meines Erachtens ein so großer und \{werwiegender Uebelstand, daß ih dringend das hohe Haus bitten möchte, dieser Frage keine weitere Folge zu geben. Jch bin fest davon überzeugt, daß daraus praktis keinerlei Unzuträglichkeiten entstehen werden.

Abg. Im Walle (Centr.): In der Frage, ob „Local“- oder „Kleinbahn“ vorzuziehen sei, einer reinen Geshmasfrage, erkläre er persönlih sih für „Localbahn“. Von seinen zwei Anträgen habe er den ersten aus Nücksicht auf die grammatikalishen Forderungen ge- stellt, denen man in Geseßen nicht weniger genügen sollte, als der Forderung auf möglichste Vermeidung der Fremdwörter. Sein zweiter Antrag entsprehe ganz den von der Commission gebilligten Principien. Der betheiligte Unternehmer habe niemals ein Interesse daran, daß die Bahn anders als nah den Bestimmungen des Gesetzes von 1838 behandelt werde, die betheiligte Postverwaltung habe erst recht fein Interesse daran, also sei es correct, lediglih der Behörde, welche die Entscheidung treffe, den Recurs an das Staats-Ministerium zu belassen. Darum bitte er um Annahme seiner Anträge.

Abg. Dr. Hammacher (nl.): Es könne wohl der Fall eintreten, daß auch der Unternehmer ein Interesse daran habe, die Kleinbahn anders als nach dem Gesez von 1838 behandelt zu sehen, wenn näâmlih die Behörde diese Bahn nur unter der Bedingung con- cessionire, daß sie nah anderen Vorschriften behandelt werde; darum bitte er, den zweiten Antrag Im Walle abzulehnen. Mit der Ten- denz des ersten Antrages: mögli grammatifalisch correcte Fassung der Gesetze, sei auch er cinverstanden, er meine nur nicht, daß hier eine Verbesserung der Commisfionsfafsung in grammatifalisher Rich- tung vorliege. Was den Rechtéboden der Vorlage anlange, so be- merfe er dem Minister zuerst, daß eine auf Herstellung einer autbentishen Interpretation des § 6 der Gewerbeordnung abzielende Resolution garniht vorliege, er halte aber eine Beseitigung der thatsählih vorliegenden Rechtéunsicherheit um so cher für noth- wendig, als der frühere preußische Minister im Gegensaß ¿zum jeßigen die Pferdebahnen für unter die Gewerbeordnung fallend ge- balten habe, und die Frage bei der Entscheidung von Streitigkeiten

über die Anstellung von Arbeitern und socialpolitischen Leistungen für diese praktische Bedeutung gewinnen könne. Wenn dis Staatsregierung der Reichêregierung keine Anregung geben wolle,“ hierüber eine authentische Interpretation herbeizuführen, fo müsse das Haus es thun. Daß dadurch auch Interpretationen anderer Gefeze nöthig würden, sei ja richtig, fönne aber nicht daran hindern, eine bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen: Le,

Meine Herren! Ich möchte nur kurz darauf hinweisen, daß die preußische Staatsregierung in dieser Frage nah meiner Ueberzeugung alles das gethan hat, was sie zu thun {uldig war. Sie hat si, als sie an den Entwurf dieses Gesetzes herantrat, mit der zuständigen Behörde des Reichs in Verbindung geseßt und ihr diese Frage unter eingehender Erörterung vorgelegt; die zuständige Reichsbehörde hat die preußische Landesregierung dahin ‘beschieden, daß nah ihrer Auffassung bezüglich der Zuständigkeit der“Landesbebörde fein Zweifel bestände, und auf Grund dieser Entscheidung der zu- ständigen Reichsbehörde ift der gegenwärtige Gesetzentwurf in diesem Theile zu Stande gekommen.

Die preußishe Staatsregierung hat “also ihrerseits nah meiner Auffassung keinerlei Veranlassung, irgend welhe Zweifel zu hegen, und au feine Veranlassung, diese für sie überhaupt nit vorhandenen Zweifel auf irgend einem Wege aus der Welt zu schaffen.

Abg. Jansen (Centr.) tritt nohmals für seinen Antrag ein.

S 1 wird angenommen mit dem Antrag Jansen, statt „Localbahnen“ zu jezen „Kleinbahnen“.

Der von der Commission eingeschaltete § 1a lautet:

Die Befugniß zur Herstellung und zum Betrieb einer Local- bahn wird dur die Genehmigung der zuständigen Behörde ertheilt. Wesentliche Erweiterungen oder fonstige wesentlihe Aenderungen des Unternehmens der Anlage oder des Betriebs bedürfen der gleichen Genehmigung. Dieselbe ist nicht zu ertheilen, wenn die Aenderung die Unterordnung des Unternehmens unter das Gesetz vom 3. November 1838 bedingt.

_ Abg. Jansen (Centr.) beantragt, dem § 1a eine andere Fassung zu geben, und zwar: _ yZUC Herstellung und zum Betriebe ciner Localbahn bedarf es der Genehmigung der zuständigen Behörde. Dasselbe gilt für wesentlihe Erweiterungen oder sonstige wesentliche Aenderungen des Unternehmens, der Anlage oder des Betriebes. Diese Ge- nehmigung ift zu versagen, wenn die Erweiterung oder Aenderung die Unterordnung des Unternehmens unter das Gese vom 3. No- vember 1838 bedingt.“ : 0 _ Geheimer Ober-Regierungsrath Freiherr von Zedliß: Diese redactionelle Aenderung würde Zweifel in das Gesetz hineinbringen, da in diefer Fassung der leßte Saß sih auch auf den ersten beziehe. Er bitte daher, den Antrag abzulehnen. 28

Abg. von Strombeck (Kentr): Ihm seine der Antrag Jansen eine redactionelle Verbessérung, und er könne auch keinen Zweifel anerfennenu. Er wünsche, daß fünstig alle Aenderungen des Be- triebes der Genehmigung der betr. Behörde unterworfen würden, sobald dadur das éffentlihe Interesse berührt werde.

Der S 1a wird mit dem A Janf Uer § La wird mit dem Antrage Jansen angenommen. 9 2 lautet: : /

Zur Ertheilung der Genehmigung ist zuständig: a :

1) wenn der Betrieb ganz oder theilweise mit Maschinenkraft beabsichtigt wird: Der Regierungs-Präsident, für den Stadtkreis Berlin der Polizei-Präjident, im Einvernehmen mit der von dem Minister der öffentlihen Arbeiten bezeichneten Eisenbahnbehörde;

2) in allen übrigen Fällen, und zwar a. sofern Kunststraßen benußt oder von der Bahn mehrere Kreise oder nihtpreußische Landestheile berührt werden sollen: Der Regierungs-Präfident, für den Stadtkreis Berlin der Polizei-Präsident , b. sofern mehrere Polizeibezirke desselben Landkreises berührt werden: der Landrath, c. fofern das Unternehmen innerhalb eines Polizeibezirks ver- bleibt : die Orts-Polizeibehörde. O

Wenn die zum Betriebe mit Maschinenkraft einzuritende Bahn die Bezirke mehrerer Landes-Polizeibehörden berührt, oder im Falle der Nr. 2a die betreffenden Kreise nicht in demselben Re- gierungsbezirk liegen, bezeihnet der Ober-Präsident, falls jedoch die Landes-Polizeibezirke bezw. Kreise verschiedenen Provinzen an- gehören, oder Berlin betheiligt is, der Minister der öffentlichen Arbeiten im Einvernehmen mit dem Minister des Innern die zuständige Behörde.

Abg. Barth (freicons.) beantragt: E

hinter 2e folgenden Zusaß zu beschließen : In den Fällen der Nr. 2b und e is der Kreis-Baubcamte oder ein Beamter der Stadtgemeinde, beziehentlih des Kreisverbandes, welcher die gleiche Qualification besitzt, gutachilih zu hören. Das Gutachten hat sih inebesondere auch auf die Benußung öffentlicher Wege zu erstrecken. Die bierdur erwachsenen Kosten fallen dem Unternehmer zux Last.

Abg. Bart h (freiconf.): Das Geseß schreibe vor, wenn es sich um öffentliche Wege handele, die Wegepolizei zu hören, das sei in fleinen Landbezirken der Amts- oder Gemeindevorsteher. Er behaupte nun, daß die tehnischen Kenntnisse, wenn sie auch nur in geringem Grade verlangt würden, den meisten Orts-Polizeibehörden abgingen. Es werde häufig der Fall vorkommen, daß bei Widerspruch, den ein Pro- ject in der Gemeinde finde, die Behörde sih dazu hinreißen lasse, die Genehmigung ohne weitere Gründe zu versagen. Viel wichtiger sei aber der Fall, wenn die betreffende Orts-Polizeibehörde die Genehmigung ertheile und sih später herausstelle, daß wichtige öffentliche Inter- essen verlezt seien. Nach der Instruction könnten die betreffenden Behörden zwar angewiesen werden, technishe Sachverständige _anzu- hören ; dann entstehe aber wieder die Frage, wer die Kosten dafür zu tragen habe, seiner Anficht nach der Unternehmer. Diese Fragen müßten gefeßlih geregelt werden. Er glaube nicht, daß wichtige Bedenken gegen feinen Antrag vorlägen.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! An und für sich würden große Bedenken au nah meiner Auffassung gegen den Antrag niht sprehen. Aber meinerseits muß ih doch fagen, ih halte den Antrag für überflüssig. (Sehr richtig! liriks.) Es wird eine ganze Reihe von Fällen geben, in denen überhaupt die Zuziehung eines Baubeamten gar nit noth- wendig ist. Ist aber die Zuziehung eines Baubeamten. nothwendig, so wird die Orts-Polizeibehörde au ohne geseßliche Bestimmung fich an den Kreis-Baubeamten wenden und diesen um Rath bitten. Die Kostenfrage wird aber in der Praris nah meiner Ueckerzeugung zu Schwierigkeiten nicht führen.

Weitaus in den meisten Fällen wird zwishen dem Unternehmer und dem Wegebaupflichtigen doch ein Vertrag geschlossen werden müssen, und in dem Vertrag wird \sih eine Stelle finden, wo dem Unternehmer die Kosten auferlegt werten können für Stempel und sonstige Dinge.