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nur eine Reihe von Jahren in bisheriger Höhe e dauern und alsdann eine Beseitigung oder wenigstens erhebliche Verminderung des Zuschusses eintreten zu lassen. Darin würde eine {were ädigung der Städte und der Provinzen liegen, befonders {wer aber würde Caffel dadurch getroffen werden. Der ehemalige Staat Kurhessen sei als solcher verhältnißmäßig reicher als andere Staaten gewesen, während seine Bevölkerung zu den weniger reihen gehört babe; diese Reichthümer seien nach der Annexion Preußen zugefallen. Es würde seinen Landsleuten kaum glaublih erscheinen, daß der gefürchbtete Plan zur Ausführung kommen könnte. Seine Landsleute in dem ebemaligen Kurhessen hätten gern an- erkannt , das die Königlihe Staatsregierung auf allen idealen Ge- bieten, insbesondere auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft, thätig und erfolgreih auch in diesem Regierungsbezirk gewirkt habe. Aber gerade deshalb fei es unbegreiflich, wenn ein Institut, welches von bedeutender Anziehungskraft für das Land, von so erheblidem Werth für gute theatralishe Vorstellungen sei, jept beseitigt oder geschädigt werden sollte. Er könne die
usführungen des Abg. Dr. Sattler über die Krondotation nur unterschreiben. Es habe die bewußte Vorausseßung ob- gewaltet bei der Erhöhung der Krondotation, daß die Hof-Theater in der bisherigen Art fortgeführt würden. Das Ge- rechtigkeitsgefühl des Volks würde es als eine {were Beeinträchti- gung moralischer Pflichten auffassen, wenn hier anders verfahren werden follte. Er habe die Hoffnung, daß es bleibe bei den Worten der Denkschrift von 1875: Es ist selbstverständlih, daß diese be- rühmten Schöpfungen, unter denen das Theater hervorzuheben ist, und an deren Forterbaltung sich die Interessen der Stadt und des Regie- rungsbezirks Caffel knüpfen, niht in Gefahr gerathen, fondern in bis- heriger Gestalt erhalten bleiben.
Abg. Wallbrecht (nl.): Ueber 25 Jahre seien seit der Annerion verflossen, und in leßter Zeit hätten sih viele widerstrebende Ele- mente den neuen Verhältniffen gefügt. Keine Frage sei aber geeigneter, Beunruhigung in der Bevölkerung hervorzurufen, wie die Theater- frage, denn das Theater sci sowohl mit der Stadt wie mit der Provinz Hannover eng verwachsen. Auch der Zeitpunkt, welcher gerade mit der Aufhebung der Beschlagnahme des Welfenfonds zusammenfalle, sei kein sehr geeigneter gewesen. Was die reht- liche Verpflichtung der Erhaltung der Theater betreffe, so sei sie hier wohl nicht klar zu stellen. Eine moralische Verpflichtung liege aber jedenfalls vor. Das sei ja von der Regierung dadurch an- erkannt, daß die Theater seit 25 Jahren in anerkannter Weise er- halten worden seien, und fei dadur gewissermaßen ein Gewohn- heitsreht geschaffen, sodaß die Bevölkerung ganz sicher in dem Glauben fei, das Theater werde immer ébaliei werden müssen. Dem Minister-Präsidenten fei er für die Erklärung, welche er abgegeben habe, sehr dankbar, und er hoffe, daß die Verhandlungen, welche möglichst bald zum Abschluß zu bringen seien, dahin führen würden, daß das Kunstinstitut der Stadt Hannover dauernd und in würdiger Weise erhalten bleibe.
Abg. Dr. Lieber (Centr.): Nachdem der Minister-Präsident erklärt babe, daß die Staatsregierung der Angelegenheit wohlwollend gegenüberstehe, hätten die Interpellanten seiner Meinung nach ihren Hauptzweck erreicht, nämlich festzustellen, daß der dauernde Fortbestand dieser Kunstinstitute als solcher im- wesentlichen gesichert sei. In welher Weise dies geschehe, darauf komme es weniger an. Bei den lezten Verhandlungen über die Erhöhung der Krondotation sei die Forderung in der Budgetcommission von der Staatsregierung u. a. begründet mit dem Hinweis auf die erhöhten Unterhaltungskosten dieser drei Hof-Theater. Er habe sich damals eine Anfrage an den Finanz-Minister erlaubt, ob dies den Sinn habe , daß eine dauernde Verpflichtung zur Unter- haltung der Hof-Theater von dem Kronfideicommißfonds übernommen werden follte. Er könne fich nicht entsinnen, daß der Finanz-Minister eine Antwort gegeben habe. Jedenfalls habe seine Partei die Er- böbung nur in dieser Voraussetzung bewilligt. Daß das Wiesbadener Theatergebäude Eigenthum des Staats sei, sei nicht richtig; es sei von der Stadt errichtet und unterhalten worden. Nach der Annexion fei die Unterhaltung des Theaters vom Kronfideicommißfonds über- nommen. Die Stadt Wiesbaden trage gegenwärtig 175 000 A. zur Unterhaltung des Theaters bei, gegen früher 12 000 M; sie habe ferner infolge der neueren polizeilihen Vorschriften einen Um- bau vornehmen müssen. Danah habe die Stadt auch vollen Anfpruh auf die Unterstüßung von der Krone, obwohl fich ein flagbarer Rechtsanspruch nicht geltend machen lasse. Daß die Interpellanten die breite Masse des Volkes hinter sich haben, fei ebenfalls niht richtig. Die Bevölkerung in Hannover sei z. B. viel mehr aufgeregt dur die neuen Welfenprozesse, als durch diese Angelegenheit. Aber er erkenne an, daß das Interesse der ge- bildeten Kreise des Volks, insbesondere der drei Städte, an diefen Kunstinstituten ein außerordentlih lebhaftes und auch beretigtes sei, und daß diesem Interesse auf die wirksamste Weise entsprochen werden follte. Die Verminderung der Subvention auf einen Beitrag zur Unterhaltung der Hoflogen wäre seines Ermessens keine dauernde Sicherung des Fortbestandes dieser Institute. x
Abg. Brandenburg (Centr.): Die Erklärung des Minister- Präsidenten fei eine sehr entgegenkommende gewesen ; man sei augen- blicklich nicht in der Lage, von der Staatsregierung mehr zu ver- langen. Er glaube nit, daß hier ein Rechtsanspruh zu erheben sei. Man würde sich au sonst in mehrfacher Hinsicht zu bescheiden haben, wenn man sich dabei ganz auf den Standpunkt der Gegenwart stellen wolle. Allerdings verbinde sich in der lebenden Generation die Ver- gangenheit recht eng mit der Gegenwart, und gerade bei diesen Theaterinstituten würde sih ein Vergleich alle Tage geltend machen. Er müsse in vollem Maße anerkennen, daß die nationalliberale Partei vor allem zur Stellung der Interpellation veranlaßt gewesen sei.
Abg. Richter (dfr.): Es handele sich um zwei Fragen, die nicht nothwendig in Verbindung miteinander zu stehen brauchten : nämlich erstens um die Frage der Decentralisation und zweitens um die Frage der Bemessung des Zuschusses. Was die Decentra- lisation Letreffe, so würde er es für einen Fortschritt halten, wenn man dazu gelangte , diese Theater zu selbständigen städtischen zu machen. Die Centralisation fei feines Erachtens auf dem Gebiete folcher Kunstinstitute nicht wohl angebraht. Er könne sich denken, wenn man diese Institute zu städtishen mache, daß es dann möglich fei, in Zukunft au ein Anwachsen der Zuschüsse zu verhindern. Wegen des Repertoires werde man dann mehr im stande sein, ih den Wünschen und Bedürfnissen der Bevölkerung anzupassen und höôbere Einnahmen zu erzielen. Auf der anderen Seite liege es sehr nabe, daß man denselben Zweck erreichen könne, wenn die Verwal- tung an Ort und Stelle ihren Sit habe und das Interesse der In- stitute nicht von einer fernen Instanz von Berlin aus ge- wahrt werde. Diese Seite der Frage- biete für das Haus feine Veranlassung zur Beanstandung. Anders aber sei es wegen der Bemessung des Zuschusses, den man aus dem Kronfideicommißfonds gewähren wolle, wenn die Umwandlung dieser Institute in städtishe ih vollzogen habe. Allerdings habe der Minister-Präsident in dieser Beziehung keine Ziffern angegeben, fondern nur geäußert, man werde den Zuschuß so bemessen , daß er zu den Mitteln der Krondotation im Verhältniß stehe. Er ent- nehme daraus eine Dementirung jener Gerüchte, als ob man es in Zukunft dabei bewenden lassen wolle, einen geringen Beitrag zur Unterhaltung der Hoflogen zu zahlen. Andererseits sei jedo die Erklärung des Minister-Präsidenten etwas verfänglich. Man könne daraus wohl die Ansicht herleiten, diesen Zus, uß um einige Hundert- tausend Mark zu ermäßigen. Daß die Zuschüsse im Laufe der Zeit sich feit 1867 erheblich gesteigert hätten, sei ganz naturgemäß und dieselbe Erscheinung wie bei allen Ausgaben im Bereich des Haus- Ministeriums. Aber eben mit Nückfsicht darauf sei die Dotation der Krone wiederholt erhöht worden: im Jahre 1867 um 3 Millionen Mark, 1873 um 14 Millionen, 1889 um 34 Millionen. Bei diesen Erhöhungen sei in der That \{chon mit Rücksicht ge- nommen auf die wachsenden Ausgaben dieser Hof-Theater. Der Vorfchlag des Abg. Dr. Virchow, statt die Dotation zu erhöhen, die Theaterzuschüsse direct auf den Staatshaushalt zu übernehmen,
habe seiner Zeit keinen Anklang gefunden. Man habe die Dotation erhöht, also damit die Dana ‘der Bestreitung höherer Kosten der Theater aus den Mitteln“ der Dotation zugegeben. Der Kron- fideicommißfonds habe die Natur eines Pauschquantums im weitesten Sinne des Worts und unterscheide sich dadurch wesentli von der Krondotation anderer Staaten. In England sei diese Dotation sehr specialisirt; für solhe Ausgaben, die ein gewisses öffentlihes Kunst- interefse hätten, feien besondere Summen ausgeworfen und ebenso für die Kosten der persönlichen Hofhaltung. Hier bestehe diese Speciali- sirung nicht, aber um so mehr habe man ein Interesse, darüber zu wachen, daß nicht jener Theil der Ausgaben, welche aus dem Kron- fideicommißfonds zu bestreiten seien, an welche sich nit unmittelbare persönliche Interessen der Hofhaltung knüpften, über Gebühr verkürzt werde. Er müsse sich dagegen verwahren, als ob Geneigtheit vorhanden sein könnte, etwa in Zukunft einen Theil dieser Lasten auf die allgemeine Staatskasse zu übernehmen. Der Minister- Präsident -habe sich dahin aus pro, daß, wenn jene Umwandlung der Theater in städtishe ins Leben treten jollte, dem Landtage eine dahin gehende Vorlage gemacht werden würde. Wenn diese Vorlage sich einzig und allein damit befaßte, daß das Eigenthum der Theater in Caffel und Hannover an diese Städte- übertragen werden solle, so werde diese Frage leiht zu lösen sein. Anders wäre es, wenn man versuchen wollte, bei dieser Gelegenheit die Unterhaltungskosten der Theater auf die Staatskasse zu übertragen. Dagegen möchte er sich schon von vornherein auf das entschiedenste verwahreu. Die Lage der Finanzen sei derartig, daß dringende Bedürfnisse nicht be- friedigt werden Ffönnten, und man sei niht in der Lage, für die nächste Zukunft für Theater aus den allgemeinen Staats- mitteln mehr auszugeben. Er bedaure es, da der Landtag für den Dombau zehn Millionen Mark bewilligt habe. Das sei ein Bau, bei dem in erster Linie der Kronfideicommiß- fonds hätte herangezogen werden müssen. Um #\o mehr . Interesse habe * man jet, darüibæ zu waden, daß nicht die Praxis Plaß greife, auf allgemeine Staatskosten Ausgaben des Kron- fideicommißfonds zu übernehmen. Wohin könnte man dann gelangen ? Es gebe eine Reihe von Schlössern und Parks, an deren Erhaltung die Fürstlichen Herrschaften persönlich gar kein Interesse hätten. Was würde werden, wenn man allmählih dazu übergehen wollte, diese Schlösser im Staatshaushalt zu führen? Er sei überzeugt, daß eine moralis{che Verpflihtung des Kronfideicommißfonds vorliege, diese Theater zu erhalten, wie sie gegenwärtig beständen. Formell und rechtlich möge man das bestreiten. Er sei der Meinung, daß der Gesichtspunkt, den Zuschuß im Verhältniß zu den Mitteln des Kron- fideicommißfonds zu bemessen, nit der allein maßgebende fein könne, sondern das Haus-Ministerium habe darauf zu achten, daß die Kosten der persönlichen Hofhaltung niht in einer Weise gesteigert würden, daß es unmögli werde, die moralischen Verpflichtungen des Krwn- fideicommißfonds zu erfüllen.
__ Abg. Graf zu Limburg-Stirum (cons.): Der Vorredner sei von falshen Voraus\eßungen ausgegangen. Woher entnehme er die Berechtigung, den Vorwurf zu erheben, daß der Kronfidei- commißfonds sih den moralischen Verpflichtungen, die ihm oblägen, entziehen wolle? Die Erklärungen des Minister-Präsidenten be- zeugten das Gegentheil und würden überall eine große Beruhigung hervorrufen. Es sei überhaupt fein Grund gewesen, anzunehmen, daß die Verwaltung des Kronfideicommißfonds irgendwie damit umgehe, die Zuschüsse zu den Theatern vollkommen fallen zu lassen. Wenn die Verwaltung des Kronfideicommißfonds daran denke, eine andere Organisation eintreten zu lassen, um überflüssige Ausgaben zu ver- meiden und den Anforderungen an diese Kunstinstitute besser ge- recht zu werden, fo sei dagegen nichts einzuwenden. Die Erklärung des Minister-Präsidenten zeige einen Weg, wie dies gemacht werden solle. Aber er höôffe, daß, was bisher geleistet wörden eiz au) ferner“ geleisleb werde, und ‘daß die Theater infolge der ihnen gegebenen Zuschüsse den Zwecken dienen könnten, denen fie zu dienen becufen seien, d. h. daß sie wirkliche Kunst- und Bildungsinstitute des Volkes seien. Er sei fest überzeugt, daß man bei der Verwaltung des Kronfideicommißfonds keinen andern Gesichtspunkt habe und nicht daran denke, irgend welche Beträge der Staatskasse aufzuerlegen. Wenn zu dieser Annahme kein Grund vorliege, so habe man auch keinen Grund, zu sagen: Das werden wir nicht bewilligen.
Abg. Dr. Sattler (nl.): Abg. Brandenburg irre, wenn er glaube, daß die nationalliberale Partei als solche dieje Interpellation
estellt habe. Denn wenn Jemand den Sa nahe gestanden abe, fo habe er au die Verpflihtung, die Mißstände, die daraus entstanden seien, zu beseitigen; auch Abgeordnete anderer Parteien seien daran betheiligt und hätten den Antrag mit unterzeichnet. Dem Abg. Grafen Limburg gegenüber betone er, der Haus- Minister habe allerdings erklärt, die Zuschüsse follten allmählich reducirt werden bis zu dem Betrag einer Miethe für eine Königliche Hof- loge, und insofern seien die Bewohner dieser Städte berechtigt, hierüber Beunruhigung zu empfinden. Was die CerunE des Minister- Präsidenten betreffe, so erkenne er dankbar das Entgegenkommen, welches si darin ausspreche, aber er müsse doch den Städten zurufen: Habt Acht! Es sei nun einmal festgestellt, daß nah der Absicht des Königlichen Haus-Ministers diese Theater in die Verwaltung der Städte übergehen sollten. Das sei gewiß nit allen Theaterlieb- habern angenehm, denn nah der bisherigen Erfahrung seien die städtishen Theater im großen und ganzen mehr geneigt, auf den finanziellen Effect zu sehen, um die Ausgaben mit dem s\tädtischen Budget in Uebereinstimmung zu bringen, als die Königlichen Theater, welhe mehr das Tünstlerishe Ganze iun Auge behalten könnten. So sei es auch in Hannover bisher gewesen. Gefreut habe es ihn, daß der Minister-Präsident auch seinerseits erklärt habe, daß es Ansicht der Königlichen Staatsregierung sei, daß für die Dauer für die Aufrechterhaltung dieser Institute gesorgt.- werden müsse. Ebenso sei er erfreut, daß er auf die moralishen Verpflichtungen - gar nicht eingegangen sei. Er \chließe daraus, daß der Ministex- Präsident überzeugt sei, daß solche moralischen Verpflichtungen erxistirten, daß er auch an seiner Stelle dafür sorgen werde, daß sie erfüllt wür- den. Insofern könne er sich mit dem Ergebniß der Interpellation zufrieden erflären.
Abg. Richter (dfr.): Nach den Ausführungen des Abg. Grafen Limburg könne man glauben, daß die Interpellanten sih allerhand Vorstellungen zurecht gemacht hätten, die der Wirklichkeit nicht ent- sprächen. Das erste, was man erfahren habe, sei aus den Berichten der Verhandlungen der städtishen Körperschaften in Wiesbaden und Cassel gewesen. Bei diesen Verhandlungen hätten die Bürgermeister von Amtswegen Erklärungen abgegeben, daß das Haus-Ministerium mit ihnen in Verhandlungen treten wolle, welhe darauf abzielten, die Dotation aus dem Kronfideicommißfonds herabzumindern bis zur Miethe für eine Hofloge. Auch gegen eine Ermäßigung der Zu- schüsse, welhe der Haus-Minister jeßt nur noh zu fordern scheine, müsse er is verwahren. Sclösse man einen Vertrag mit den Städten, ihnen feste Zuschüsse zu leisten, so ließe sich darüber reden. Die Städte würden allerdings ein Risiko übernehmen, aber anderer- seits eine Selbständigkeit in der Verwaltung der Institute und die Möglichkeit erlangen, gewisse Ersparnisse zu machen. Aber er müsse fich dagegen vera ben, als ob es zulässig wäre, jeßt den Gesammttitel um einige Hunderttaufend Mark zu kürzen.
_ Darauf wird die Debatte geschlossen; die Jnterpellation ist damit erledigt.
Es folgt die Berathung des aus dem Herrenhause zurück- gekommenen Gesehentwurfs, betreffend das Dienstein- kommen der Lehrer an den nichtstaatlichen öffent- lihen höheren Schulen. /
Im H 1 hatte das Abgeordnetenhaus die Anwendung des neuen Normal-Etats auf die Zeichenlehrer, die technischen, Elementar- und Vorschullehrer beschlossen, die in der Regie- rungsvorlage ausgeschlossen war. Das Herrenhaus hat in diesem Punkt die Vorlage wiederhergestellt und wegen der Lehrer folgende Vorschrift als Absaß 3 aufgenommen:
„Die Besoldung der übrigen technischen, Elementar- und Vor- - {chullehrer ist innerhalb ‘der für die prechenden Kategorien an den staatlihen höheren Schulen bestimmten Grenzen dergestalt festzustellen, daß dieselbe hinter “derjenigen der Volksschullehrer in den betreffenden Orten nit zurückbleiben darf und ihnen außerdem eine nicht pensionsfähige Zulage von 150 Æ jährlich gewährt wird.“ Abg. Dr. Arendt (freicons.) beantragt die Wiederher- stellung des Beschlusses des Abgeordnetenhauses. __ Abg. Dr. Lieber beantragt, den Beschluß des Herrenhauses in seinem leßten Theile abzuändern dahin: „daß dieselbe hinter der um eine nit pensionsfähige Zulage von 150 M jährlih für sie vermehrten der Volksschullehrer in dem betreffenden Orte niht zurückbleiben darf.“
Abg. Seyffardt (nl.): Die Abänderungen des Herrenhauses stellten sih in der Hauptsache als Wiederherstelungen der ursprüng- lihen Regierungsvorlage dar. Er meine nun, daß jeßt weniger sach- liche als tactishe Gründe entscheiden müßten. Soviel er höre, wolle eine Gruppe des Hauses den Fehdehands{huh mit dem Herrenhause
aufnehmen. Seine Partei sei anderer Ansicht. Bei dem Hin- und Herschieben zwischen dem Abgeordneten- und Herrenhause könnten die Gegner des Geseßes es leiht zu Falle bringen, und dazu wolle feine Partei nicht die Hand bieten. Sie meine mit dem Finanz- Minister, daß hier das Bessere der Feind des Guten sei. Auch ihr gefalle der § 2 der Herrenhausfassung nicht, aber nan befinde sih nun einmal in einer Zwangslage, und deshalb werde seine N um ein Scheitern der Vorlage zu verhüten, für die Beschlüsse des Herrenhauses eintreten.
_ Abg. Dr. Arendt (freicons.): Auh ihm liege an dem Zu- standekommen dieses Gesebes, und er habe si gefreut, daß diesmal auch das Herrenhaus die Dringlichkeit einer geseßlichen Regelung diefer Materie anerkannt habe. Man sei verpflihtet, den Wünschen des Herrenhauses möglichst entgegenzukommen, und seine Partei werde deshalb die Bedenken, die sie namentlich gegen die Ge- staltung des § 2 der Herrenhausvorlage habe, zurütreten lassen. Im § 1 unterscheide sich der Beschluß dieses Hauses aber er- heblich von dem des Herrenhauses, und hierüber gerade habe man hier so eingehend verhandelt, daß er erstaunt gewesen fei, wie der Ver- treter des Finanz-Ministers im Herrenhause habe erklären können, das Abgeordnetenhaus werde wohl kaum Bedenken gegen die vom Herrenhause beschlossene Fassung haben. Der § 1 der Negierungs- vorlage sei sehr dunkel gehalten und aus seiner Fassung hätten weitere Unflarheiten des Gesetzes resultirt, aber die Verhandlungen des Herrenhauses über den Abschnitt hätten diese Unklarheit erst voll entwickelt; darin seien vier bis fünf Interpretationen über die Be- deutung der in Rede stehenden Bestimmung zu Tage getreten. Wenn die Lehrer au keinen et A Anspruch hätten, so wolle man ihnen im Geseß do deutli sagen, was sie zu fordern hätten. Unter diesen Umständen habe er mit seinen Freunden die Abänderung der Regierungsvorlage beantragt, und sie glaubten, daß die Annahme ihres Antrags um fo weniger eine Verschleppung _des ganzen Ge- seßes zur E haben dürfte, weil bei der widerspruchsvollen Auf- fassung des errenhauses von § 1 es der vorgeschlagenen Fassung kaum Schwierigkeiten in den Weg legen dürfte. Er bitte also, den Antrag feiner Partei anzunehmen, im übrigen aber die Vorlage un- verändert zu genehmigen.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Jch kann der Hoffnung des Herrn Vorredners, daß die Abänderung des Absatzes 3 in § 1 keinen Grund für das Herrenhaus abgeben würde, um der Geseßzesvorlage die Zustimmung zu versagen, nicht beipflihten. Nach den Eindrüken, die ih in der Commission und im Plenum des Herrenhauses empfangen habe, nehme ih keinen Anstand, es als meine Ueberzeugung auszusprechen, daß ohne die Annahme des § 1 im Sinne der Regierungsvorlage der Entwurf keine Aussicht hat, im Herrenhaus angenommen zu werden. Jh würde das aufs Tiefste bedauern, und ih glaube, der Herr Vorredner untershäßt do die Folgen, die es haben würde, wenn das Gese niht angenommen werden sollte. Es handelt sich niht bloß um 400 Lehrer, es handelt si im ganzen um 900 Lehrer, die dabei in Betracht kommen. Davon befinden sich in leistungsfähigen Städten 420; es bleiben also 480 übrig, in Betreff derer zu verhandeln sein würde und in Betreff derer die Staatsregierung mit den Städten sich in Unterhandlungen
einlassen müßte.
Wenn nun der Herr Vorredner gemeint hat, der Absatz 3 des § 1 sei von vornherein in der Regierungsvorlage unklar gewesen, und er habe den Eindruck empfangen, daß er noch unklarer geworden sei dur die Verhandlungen im Herrenhause, so möchte ih mir doch ge- statten, das Zutreffende dieser Auffassung zu bezweifeln. Fh will zu- geben, daß die ursprüngliche Fassung der Vorlage nachträglich auch bei mir zu Zweifeln Anlaß gegeben hat. Allein die Auffassung, von der wir ausgegangen sind, ist im Herrenhause, wie mir scheint, so auê- giebig und so unzweideutig klargelegt worden, und es ist darüber auch eine Verständigung im Herrenhaus erzielt worden, daß über die Bedeutung der Sache gar kein Zweisel obwalten kann. Dafür spriht auch der heute von dem Herrn Abg. Dr. Lieber hier gestellte Antrag, der zwar eine Fafsungéänderung anstrebt, von der ih aber nur sagen kann, daß sie sahlich genau das\elbe auédrüdt, was auch durch die Fassung des Herrenhauses und, wie ich hinzufüge, nah der Absicht der Staatsregierung auch durch die ursprüngliche Regierungsvorlage hat ausgedrückt werden follen. Ich hoffe daher, daß das Herrenhaus an diefer Fassung keinen Anstoß nehmen wird; denn wenn auch hier das Einverständniß zwishen Staatsregierung und dem Abgeordnetenhaus festgestellt wird darüber, wie der Para- graph auszulegen ift, so kann ein Zweifel nicht bestehen bleiben, und es ist dann nicht nöthig, wie ih glaube, daß die Sache deswegen nohch einmal an das Herrenhaus geht.
Ich möchte mir, meine verehrten Herren, die Erlaubniß erbitten, noch zwei Worte hinzuzufügen darüber, daß in der Presse der Staats- regierung und speciell mir der Vorwurf gemacht is, daß wir durch unser Verhalten im Herrenhause die Schuld trügen, wenn das Geseß möglicherweise nit zu stande käme. Es ift versuht worden, uns die volle Verantwortung dafür aufzubürden, und ih muß sagen, daß, wenn das wahr wäre, mir diese Verantwortung außerordentli schwer zu tragen sein würde. Ich muß aber diese Verantwortung von mir ab- lehnen. Es ergiebt sich das aus Folgendem: Abweichend von den früheren Jahren hat diesmal die Königliche Staatsregierung, wie der Herr Vorredner anerkannt hat, die Jnitiative ergriffen, um endli die der Gerechtigkeit und Billigkeit entsprehende Gleichstellung der Lehrer an den nichtstaatlihen Anstalten mit den an den staat- lichen - herbeizuführen. Ih habe den Geseßentwurf fertig vorbereitet vorgefunden und mußte mich überzeugen, daß ein wesentliher Anstoß dazu gegeben war durch i den Normal-Etat, der damals soeben hier im Hause auch die Genehmigung gefunden hatte. Daß ein Bedürfniß vorlag, konnte mir niht mindesten zweifelhaft sein, und da mir auch die Grundgedanken des Entwurfs durchaus richtig erschienen, so habe ich keinen Anstand ge“ nommen, mit meiner Verantwortlihkeit den Geseßentwurf zu deen, selb wenn etwa in Bezug auf die Redaction hier und da kleine Aus-
stellungen berechtigt gewesen fein sollten. Ih will das dahingestellt sein lassen.
Der Haupteinwand, der auf den ersten Blick sich gegen den Gesetzentwurf geltend machen ließ, war der, daß er das Princip der Durchführung der Dienstalterszulagen nicht mit voller Schärfe den Gemeinden gegenüber zwangsweife geltend machte, daß er vielmehr die LCollision, die zwischen den Interessen der betheiligten Lehrer auf der einen
-Seite und zwischen den Interessen der Gemeinden auf der anderen Seite besteht, dadur auszugleichen suchte, daß der Selbstverwaltung und Selbstbestimmung der betheiligten Gemeinden fo viel als irgend thunlih entgegengekommen werden follte. Wir hatten uns aus den im Herrenhause {on aus den früher über die ähnlihen Vorlagen, die aus der parlamentarischen Initiative hervorgegangen waren, ge- führten Verhandlungen überzeugt, daß gerade dieser Punkt im Herren- hause Schwierigkeiten mahen würde, und es schien uns daher im “nteresse des Zustandekommens des Gesetzes ganz gerehtfertigt, wenn wir von vornherein vielleicht das im äußersten Falle Wünschenëwerthe etwas zurüstellten und uns mit dem begnügten, was uns unter den obwaltenden Verhältnissen erreichbar erschien, und das, sheint mir auch der Gesichtspunkt zu fein, der heute, wenn ih mich nicht täusche, für das hohe Haus hier maßgebend sein dürfte. Nun begannen im Herrenhause die Commissionsverhandlungen damit, daß der dortseitige Herr Ne- ferent von vornherein erklärte: annehmbar ist die Vorlage nur dann, wenn im § 1 die Negierungsvorlage wiederhergestellt wird. Diese Auffassung fand sofort allgemeinen Anklang in der Commission, und nun, meine verehrten Herren, bitte ih Sie, sich zu fragen, ob ih in der Lage war, nachdem ih hier in diesem hohen Hause in allen drei Lefungen grundsäßlih und nach meiner vollen Ueberzeugung die Absicht der Königlichen Staatsregierung, wie sie in dem Absfayß 3 § 1 auch der ursprünglihen Vorlage zum Ausdru gekommen war, vertheidigt hatte, wenn auch — wie ich zugeben muß — ohne Erfolg, ob ih in der Lage war, gegenüber diefer Auffassung des Herrenhauses, die uns unsere Vorlage wiederbrahte, dort hinzutreten und zu sagen: Nein, wir nehmen unsere eigene Vorlage nicht an, wir müssen vielmehr dringend bitten, daß ihr euch dem Beschlusse des Abgeordnetenhauses, soweit es von der Vorlage abweicht, fügt. Meine Herren, in der Lage bin ih nicht gewesen. Fch war auch schon deshalb nicht im stande, so zu handeln, weil ih einen Beschluß der Königlichen Staatsregierung darüber nit in der Hand hatte und weil ich auch nicht in der Lage und nah den Um- ständen nicht genöthigt war, einen derartigen Beschluß herbeizuführen. Es war unser wohlerwogener grundsäßliher Standpunkt, der dort zum Ausdruck kam, und ih möchte auch heute noch einmal darauf zurückfommen. Jch glaube, daß das Abgeordnetenhaus wohl in der Lage ist, diesem Standpunkt sih, wie die Dinge nun einmal im Herrenhause gelaufen sind, anzuschließen. Jch gestatte mir, darauf aufmerksam zu machen, daß nah der von dem Herrn Abg. Dr. Lieber sehr rihtig und — wie ih glaube — zutreffend herausgelesenen Fassung des Herrenhauses die Sache so zu stehen kommt, daß an den nihtstaatlichen Anstalten kein Lehrer ist, der nicht wenigstens das Minimum an Be- foldung plus des Wohnungégeldzuschusses der an staatlichen Anstalten derselben Kategorie angestellten Vorshullehrer und Elementarlehrer haben wird, und zwar eins{ließlich einer Zulagez von 150 Æ, die immer hinausgehen muß über das Gehalt, was der betreffende Lehrer haben würde, wenn er in der Stadt als Volksschullehrer ange- stellt wäre.
Der zweite Punkt, der das Maximum betrifft, hat seinen Schwer- punkt darin, daß die Städte niht gezwungen werden sollen, über das Maximum des Normal - Etats für Elementar- und Volks- \{ullehrer hinauszugehen. Das is der Sinn tes Vorbehalts „innerhalb der für die entsprehenden Kategorien von Lehrern an den staatlihen höheren Schulen bestimmten Grenzen“. Nur das Aufrücken soll nicht zwangsweise nah der Scala der \taat- lihen Alterszulagen erfolgen müssen, sondern es soll den Städten die Freiheit gewahrt werden, daß sie die Lehrer der Vorschulen aufrücken lassen nah Maßgabe der Scala, welche für die Volksschulen besteht, aber immer s\o,- daß die nichtstaatlihen Lehrer das Minimum des Gehalts der staatlihen Vorschullehrer haben müssen. Nun, meine verehrten Herren, glaube ih doch, daß da im ganzen nur eine sehr geringe Differenz übrig bleibt, und der Hauptgrund, der uns . von vornherein bestimmt hat, diesen Vorschlag zu maten, liegt darin, daß in den kleineren Städten ih in der That eine Anpassung an die örtlichen Verhältnisse für die Lehrer durchführen läßt. An den staatlichen Anstalten konnten wir das niht machen, weil ja die Lehrer unmittelbare Staatsbeamte sind, und weil wir da ja begreifliherweise für größere Kategorien gemein- same Besoldungssäte festseßzen müssen. Für die nihtstaatlihen An- stalten lag umsomehr Grund vor, den Vorschlag der Vorlage zu machen, als jede Stadtverwaltung in die Lage kommen fann, daß einmal einer ihrer Vorschullehrer, die” ihre Vorbildung als Volksschullehrer empfangen haben, entbehrlich wird, und daß in diesem Falle, wenn wir das Aufrücken dieser Lehrer nicht an die Gehaltskflassen der Volksschullehrer anschließen, die Städte garniht in der Lage find, den Mann wieder zu verwenden. Wir wollen daher den Städten die Möglichkeit geben, daß sie nöthigenfalls einen solhen Lehrer auch wieder an der Volks- \{ule verwenden können. Das find im - wesentlihen unsere Gründe gewesen, und ih muß doch sagen, die vorliegende Differenz — man mag ihr einen Werth beilegen, welhen man will, — ift doch nit groß genug, deswegen im gegenwärtigen Augenblick das Zustande- kommen des ganzen Geseßes in Frage zu stellen und die Lehrer an den höheren Unterrichtsanstalten, die nicht staatlih sind, nochmals zu vertrösten, fie nochmals warten zu lassen, unter Umständen, wo wir garniht wissen können, wie sich die Sache im nächsten Winter gestalten wird. Kommt das Gesetz nicht zu stande, so müssen wir uns erst überlegen, ob das Gesetz so oder in welcher anderen Form es wieder vorgebracht werden soll. Es ist auch heute garnicht abzusehen, unter welchen Verhältnissen diese Entschließung der Staatsregierung gefaßt werden muß; dann aber läßt sich auch garniht absehen, wie sich die parla- mentarishe Lage im nächsten Winter gestalten wird. Die parla- mentarishen Aufgaben werden insbesondere vorauss\ichtlich unter dem Stern der Steuerreform stehen, kurz, die ganze Sache wird ‘auf un- absehbare Zeit in Frage gestellt, und da scheint mir in der That die Differenz nicht groß genug zu sein, um deswegen -das Geseß zu ge- fährden. Jch glaube, daß wir alle darüber einig sind, daß wir in dem gemeinsamen Wohlwollen gegen die betheiligten Lehrer alles thun wollen, was nur möglich is, um ihre berechtigten Wünsche zu erfüllen. Ich glaube daher, daß kein Grund vorliegt,
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diese Differenz so hoch zu taxiren, um das Geseß deshalb in Frage zu stellen. Jh möchte vielmehr dem hohen Hause dringend anheim- geben, diese Wünsche selbs dann, wenn Sie überzeugt sind, daß Ihre Vorschläge besser sind als die Vorlage, doch zur Zeit im Interesse der Lehrer zurückzustellen und die Vorlage anzunehmen. Ich bin der Meinung, daß, wenn wir wirklich niht auf Grund diese Gesetzes das, was wir wünschen, erreichen follten, nämlich die wesentliche Gleich- stellung der Lehrer mit denen an den staatlichen Anstalten, daß dann immer noch Zeit bleibt, zu überlegen, ob wir nicht durch Ergänzung des Gesetzes etwaigen wirklich verbleibenden Noth- ständen abhelfen fönnen. Das können wir immer noch machen, dazu “kann auch dieses hohe Haus jederzeit die Jnitiative ergreifen, und die Unterrihtsverwaltung ihrerseits hat das höchste Interesse daran, daß den Lehrern endlich einmal ihre gerech{ten Wünsche bewilligt werden. Ih darf mir deshalb die Anheimgabe gestatten: nehmen Sie diesen Entwurf, wie er Jhnen vom Herren- hause zugegangen ist, an. (Beifall links.)
Geheimer Ober-Finanz-Rath Germar: Seine Erklärung, die er im Herrenhaus abgegeben habe, fei absolut von dem verschieden, was ihm der Abg. Dr. Arendt in den Mund gelegt habe. Man habe den Elementarlehrern an den höheren Lehranstalten niht einmal das Gehalt zubilligen wollen, wie den an Volks\{hulen, man habe nicht ein Minimum des Gehalts festseßen wollen, sondern nur das Maximum. Dem gegenüber habe er hervorgehoben, daß man diesem Vorschlage niht Folge geben könnte. : i i
Abg. Dr. Lieber (Centr.): Er habe im wesentlichen drei Bedenken gegen die abändernden Beschlüsse des Herrenhauses. Ein- mal, daß auch dort kein Versuch gemacht sei, in das Geseß felbst eine Bestimmung aufzunehmen , welche den Staat für verpflichtet erflâre, wenigstens bei den bestehenden Anstalten dieser Art oder wenigstens bis zu einem gewissen Verhältnißsaß für die Mehr- belastung aufzukommen. Das zweite Bedenken sei die Beseitigung des S 7, d. h. der Bestimmung, wona der Unterrichts-Minister befugt sein folle, bei folchen Anstalten, für welche Staatszuschüsse verlangt würden, das Schulgeld auf die Höhe desjenigen der staatlichen Anstalten zu erhöhen. Einerseits belafse man den Gemeinden das Recht, die Gehälter der Lehrer so hoch zu normiren, wie sie wollten; und jeßt wolle man den Gemeinden einen Zwang über die Höhe des Squlgeldes auferlegen! Das sei durchaus ungerecht. Im Herrenhause habe man sih auf ein in- zwischen ergangenes Erkenntniß leßter Instanz berufen. Er wünsche dem Zustand, wie ihn der Senatsbes{chluß des Ober-Verwaltungsgerichts als zu Recht bestehend ergebe, soweit ein Ende zu machen, als es sih niht um subventionirte Anstalten handele. Der dritte Punkt fei der 8§ 1 des Geseßentwurfs, wie er aus dem Herrenhause zurückgekommen sei. Die Fassung dieses § 1 sei im 3. Abfaß so dunkel, daß sie zu vielen Unklarheiten geführt habe. Eine bessere Fassung sei durchaus nothwendig, wenn die Regierung nicht anerkenne, daß sein Antrag eine authentische Interpretation der Vorlage sei. ;
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse: Ich wollte mir nur gestatten, mein Bedauern darüber auszu- sprechen, daß ich wahrscheinlich dur meine Schuld mit meiner Er- klärung über den Sinn des Abs. 3 des §1 mißverstanden worden bin. Ich bin mit dem Herrn Abg. Dr. Lieber vollkommen in der Aus- legung dieses Paragraphen einverstanden, und um das nochmals flar zu machen, gestatte ih es mir, das an einem Beispiel zu erläutern. Nach der Meinung der Vorlage, und, wie ih glaube, auch des Herren- hauses, soll das Gehalt des Vorschullehrers betragen mindestens \oviel wie das Volksschullehrergehalt in der betreffenden Stadt Plus einer Bulg Von 150 e, aber nie unter ‘dein Minimum der Einkünfte des staatlihen Vorschullehrers, aljo nie unter 1580 46 — nämlich 1400 Gehalt und 180 M4 Wohnungsgeldzushuß —; die Städte sollen niht gezwungen werden fönnen, ihnen ein höheres Gehalt zu geben als 2800 A Das ift die Meinung, die, wie ich-glaube, aus den Verhandlungen des Herren- hauses sih ergiebt, und ih glaube, daß darin zwishem dem Herrn Abg. Dr. Lieber und uns vollkommene Uebereinstimmung herrscht. Abg. Rickert (dfr.): Er glaube, jdaß man dem Wunsch des Abg. Dr. Lieber dadurch Rechnung tragen könne, daß durch eine authentische Erklärung jede Ünklarheit beseitigt werde. Nach den Erklärungen des Cultus-Ministers habe man im Herrenhause die Sade so interpretirt, wie der Minister hier. Er glaube, daß Die- jenigen, welche den Antrag Arendt unterstüßten, einen sehr gefährlichen Standpunkt einnähmen ; sie berücksichtigten, glaube er, nit die gereht- fertigten Wünsche der Lehrer. Er möchte die e Angelegenheit nicht um kleiner Dinge willen ins Wanken bringen. Er werde daher, so {wer es ihm werde, die materiell rihtige Entscheidung des Abgeordnetenhauses aufzugeben, doch den Verhältnissen Rechnung tragen und für den § 1 stimmen, wie er aus dem Herrenhause gekommen sei. Seine Partei habe angenommen, daß die Minister den Beschluß des Ab- geordnetenhauses zu § 1 vertreten würden, nachdem es bei § 3 nach- gegeben habe. Nun sei die Frage: Sollen wir die Vorlage noh einmal ins Herrenhaus zurücks{hicken? Der Minister habe dies für eine Gefahr für das Zustandekommen des Gefeßes erklärt. Da müsse er sih doch fragen, ob er die Verantwortung übernehmen könne, in einem Augenblick, wo man schon mit gepackten Koffern auf den Schluß der Session warte, eine Frage von folher Bedeutung noch- mals ans Herrenhaus zurüczuschicken. Das wolle er niht riskiren. Das Haus habe eine moralische Verpflihtung, die gerehten Forde- rungen der Lehrer nun endlich zu erfüllen. Das Herrenhaus habe große Opfer seiner Ueberzeugung gebracht und gebe in der Hauptsache nach, da müsse man Hoffnungen auf die Zukunft segen. Der Minister habe erklärt, wenn das Gefeß jeßt scheiterte — das habe man zwischen den Zeilen seiner, Rede berauslesen können —, so würde der Finanz- inister die nächste Session so mit der Fortsezung der Steuer- reform anfüllen, daß für dies Geseß kein Raum mehr bliebe. Er hoffe, daß Abg. Dr. Lieber seine redactionellen Bedenken wegen des § 1 fallen lasse und für die Herrenhausfassung stimme.
Minister der geistlichen 2. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Jch werde die Discussion niht mehr lange auf- halten. Jch befinde mich ja in erfreulicher Uebereinstimmung mit dem Herrn Abgeordneten Nickert und möchte mich nur in zwei Punkten gegen die Möglichkeit verwahren, als könnte die Sache so aufgefaßt werden, daß ih nicht ganz der Wahrheit gemäß mich geäußert hätte. (Widerspruch.) Herr Rickert sagt, ih hätte vorhin ausdrücklich gesagt, alle Mit- glieder der Herrenhaus-Commission hätten dem Referenten zugestimmt. Ich weiß nicht, ob ih den Ausdruck gebraucht habe, bitte aber jeden- falls, mi auf „alle“ nit festzunageln; ih glaube, gesagt zu haben : „es fand allgemeinen Anklang in der Commission.“ Jh möchte eine unrichtige Auffassung nit gern aufkommen lassen.
Was das Verhältniß zwishen § 1 und § 2 angeht, so muß ich aufrichtig bekennen, daß ich den Eindruck nicht gehabt habe, daß wir auch nur moralisch dadur gebunden gewesen wären, für die Fassung des Abgeordnetenhauses einzutreten, wie sie § 1 erhalten hat, nahdem das Haus andererseits den § 3 angenommen hat. Es kann sein, daß ih niht gehörig zugehört habe — die Akustik ist ja gerade für uns hier sehr ungünstig —; aber, wie gesagt, ich habe den Eindruck nicht gehabt. Hätte id» ihn gehabt, so würde ich ihn in irgend einer Weise zum Ausdruck gebracht haben.
Abg. Dr. Dürre (nl.): Nachdem der Minister seine Gründe
für sein Auftreten im Herrenhause dargelegt habe, sei für ihn (den Redner) die Sache erledigt. Er-«erkenne an, daß der Minister die Tendenz des Gefeßes: die E A der höôherzen Lehrer an den nichtstaatlihen und den staatlichen Anstalten, ertheidigt habe. Es wäre jed folgerihtig gewesen, wenn dieselben Gründe auch für die Elementarlehrer angeführt wörden wären; aber mit Rücksicht auf die Erklärung des Ministers und die Geschäftslage wolle er sih dem Bes- \{lusse des Herrenhauses unterwerfen.
Finanz-Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Der Herr Abg. Dr. Lieber hat zu erkennen ge-
geben, daß nah der Constatirung der Uebereinstimmung zwichen ihm
und der Staatsregierung über den Inhalt des § 1 er geneigt sein
würde, sein Amendement zum §1 zurückzuziehen. Jch hoffe, ihn nun
auch- noh zu bewegen, das gleihe bezüglich des § 7 zu thun. Da
ih später bei der weiteren Spezialberathung niht hier sein fann, fo
möchte ih jeßt {on einige Worte darüber sagen.
Als der Entwurf aufgestellt wurde, war es niht ganz sicher, ob
das Ober-Verwaltungsgericht . die Befugniß der Staatsregierzng, auf Grund der Regierungsinstruction auch für nichtstaatlihe Änstalten
dieser Art das Schulgeld ihrerseits zu bestimmen, anerkennen würde. Infolge dessen wurde, um jeden Zweifel auszuschließen, dieser § 7
aufgenommen und foweit beschränkt, daß er sich eben nur auf das Verhältniß zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Unterrichtsanstalten beziehen soll. Nun ging das Abgeordnetenhaus noch weiter und nahm einen § 7 auf, der in unferem Sinne garnichts bedeutete; denn er war gnädig genug, dere Staatsregierung das Recht einzuräumen, bei solchen Anstalten, welhe die Staatsregierung subventionirt, das Schulgeld zu bestimmen. Nun, meine Herren, dazu brauchen wir garkeine geseßlihe Bestimmung. Wenn wir die Subventtön ertheilen, so werden wir auch wohl die Möglichkeit haben, soweit auf die Verwaltung einzuwirken, unter dec Androhung sonstiger Zurückziehung der Subvention, das Schulgeld so zu bestimmen, wie es die Unterrichtsverwaltung für nothwendig hält. Also für diesen Paragraphen konnte die Staatsregierung \ich garnicht interessiren. Nun kam aber in der Zwischenzeit ein Erkennt- niß des Ober-Verwaltung®gerichts, welches die allgemeine Befugniß der Cultusverwaltung, auch an den nichtstaatlihen Anstalten das Schulgeld zu normiren, als zweifellos erklärte und demgemäß ent- hicd. Danah war das Interesse für den § 7 der Vorlage felbst für die Staatsregierung auch weggefallen. Ja, ih gehe jeßt n) Weller: nun Tone dœ S 7 sogar Unkläthêeitel in die anerkannt allgemeine Befugniß der Staatsregierung bringen. Nun enthielt der §-7 wenigstens die Möglichkeit, ihn dahin zu inter- pretiren, daß die allgemeine Befugniß auf die Fälle des § 7 be- {ränkt sei. Meine Herren, es hat also garkcinen Zweck, glaube ih, und ich bin überzeugt, daß der Scharfsinn des Herrn Abg. Lieber bei näherem Nachdenken zu demselben Resultat kommt, diesen 8 7 nun nochmals wieder aufzunehmen und dadurch die Nothwendig- keit herbeizuführen, das Geseß, welches vielleiht im übrigen, wie ih hoffe, nah Maßgabe der Beschlüsse des Herrenhauses „an- genommen wird, wieder dem Herrenhause zuzuführen. In einem Augenblicke, wo der Schluß des Landtags in Tagen bevor- steht, ist es immer gefährlih, ein solches Geseß zurückzuschieben, namentlich, wie ih nicht anstehe hinzuzufügen, an ein Haus, dem es hon vielfach große Ueberwindung gekostet hat, überhaupt diesem Gese zuzustimmen. Jch glaube also, diejenigen, die dem Geseßz- entwurf wirklih über die Klippen hinweg helfen wollen, follten auch, wenn nit der Abg. Dr. Lieber sich selbst ents{chließt, seinen Antrag zurücfzuziehen, in dieser Beziehung sih den Beschlüssen des Herren- hauses anschließen.
Meine Herren, nun sind aher sowohl für das Herrenhaus als namentlich für die Staatsregierung auch in den Erwägungen der- jenigen Redner, die die Situation so richtig auffassen wie der Abg. Nikert, einige Aeußerungen untergelaufen, die die Staatsregierung doch nicht so stillschweigend hinnehmen kann. Ich habe \folche Aeuße- rungen {on in der Presse gelesen, aber ih muß sagen, ih begreife garniht, worauf sie sih eigentlich gründen. Wohin gehen denn diese Klagen? Sie gehen dahin, daß die Staatsregierung namentlih den § 1 nah den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses im Herrene- hause niht unbedingt vertreten hat. Der Herr Cultus-Minister hat darauf aber, wie ih sehe, aus den späteren Reden, noch nicht überzeugend genug, obwohl für diejenigen, die. darüber objectiv denken, nah meiner Meinung s{hlagend das Nöthige erwidert. Ich möchte aber do noch einmal kurz darauf hinweisen, in welche - Lage wohl die Staatsregierung im Herrenhause gekommen wäre, wenn sie einen Sat, eine Bestimmung, die sie hier grundsäßlih bekämpft hat, die gegen die Auffassung der Staatsregierung in die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses hineingekommen is, nun in dem Haufe, welches bei dem ganzen Gese die schwersten Bedenken hat, unbedingt hätte vertreten wollen. Dann hätte das Gese, wenn die Staats= regierung eine folche Schwenkung gemacht hätte gegen ihre eigene Ueberzeugung, {on bei der ersten Berathung im Herrenhause fallen können. Wenn Sie mit den Vertretern der Städte, auf deren Leib doh das ganze Gesetz zugeschnitten werden soll, im Herrenhause sprechen, — und gerade sie sind do berufen, die Interessen der Com- munen zu vertreten — wenn Sie mit ihnen sich einmal privatim unterhalten, können Sie die Richtigkeit dieser Auffassung von der Situation im Herrenhause leiht genug bestätigt sehen, Die Staatsregierung hat also sich weder eines Vertrauensbruhs gewissermaßen \{chuldig gemacht, wie einige Herren andeuteten, noch hat sie durch ihr Verhalten das Geseß gefährdet, sondern umgekehrt, das Gefeß in seiner entscheidenden und wesentlichen Bedeutung ge- sichert. Ich kann daher nur dringend bitten, erwägen Sie, daß das Herrenhaus früher principiell eine solhe Zwangsgeseßgebung gegen die Communen nicht wollte, erwägen Sie, daß das Herrenhaus seinen principiellen Widerstand aufgegeben hat nah Maßgabe der Wünsche der Staatsregierung und des Abgeordnetenhauses, erwägen Sie, daß aus den Beschlüssen des Herrenhauses sich ergiebt, daß dem Ab=- geordnetenhause sieben Achtel seiner Wünsche befriedigt werden, und dann werden Sie sagen, es ist eine billige Haltung gegen das Herrenhaus, in diesem einen Punkte ihm entgegenzukommen. Jch bitte Sie dringend, daß Sie den ganzen Entwurf ohne Veränderungen so annehmen, wie er aus dem Herrenhause hervorgegangen ist,
Abg. v. Schenckendorff (nl.): Die Staatsregierung werde es dem Hause nicht verdenken können, wenn es den V mache, dem Herrenhause gegenüber seine Be auch jest noch zu behaupten, doch füge er sih der Macht der Verhältnisse. Er halte den Minister
Fl bei der Erklärung, daß das jeßige A gewissermaßen nur eine bshlagszahlung sein und später auf die Elementarlehrer ausgedehnt
werden folle. Er werde gegen den Antrag Arendt und für die Bes chlüsse des Herrenhauses bnmen: