1912 / 6 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 08 Jan 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Hauptverwaltung der Staatsschulden.

Bekanntmachung.

Bei der heute öffentlih in Gegenwart eines Notars be- wirkten Verlosung der 4/2 proz. Prioritätsobligationen (I. Emission) der früheren Braunschweigischen Eisen- bahngesellschaft sind folgende Nummern gezogen worden:

E O, 02, 05, 09, 61 63,66 67, 70 74 320, 322, 323, 328, 329, 334, 337, 338, 341, 342, 384, 388, 391, 393, 399 bis 398, 401, 409 bis 411, 416, 417, 422, 423, 425, 426, 429, 433 = 40 Stück à 3000 Æ = 120 000 4:

Nr. 1289, 1294, 1295, 1298,/ 1299, 1303, 1306, 1308, 1311, 1313, 1322, 1324, 1325, 1328, 1329, 1337, 1343 bis 1346, 1458, 1461, 1463, 1465, 1468, 1469, 1472, 1474, 1475, 1477 bis 1479, 1484, 1485, 1487, 1488, 1493, 1500, 1502, 1504, 1638, 1642 bis 1646, 1648, 1649, 1651, 1652, 1660, 1661, 1667 bis 1669, 1674, 1675, 1679, 1684, 1685, 1817, 1820, 1825, 1828, 1832, 1834 bis 1837, 1840, 1846 bis 1850| 1854, 1855, 1858, 1863, 1865, 3017, 3018, 3020, 3022 bis 3024, 3033, 3036, 3038, 3040, 3041, 3048 bis 3050, 3052, 3053, 3055, 3059, 3060, 3063 = 100 Stück à 1500 M = 150 000 M;

Nr. 3503, 3504, 3506, 3510, 3511, 3513 bis O O. 3024, 3025, 3927, 3529, 3530, 3535, 3937, 3939, 3547 bis 3549, 3551, 3552, 3560, 3563, 3564, 3566 bis 3569, 3571, 4542, 4553, 4554, 4560 bis 4563, 4565, 4566, 4570 bis 4573, 4581, 4584, 4590, 4592, 4594, 4596 bis 4598, 4600, 4601, 4603, 4604, 4607 bis 4609, 4611, 4613, 5690 bis 9692, 9694 bis 5696, 5698, 5700, 5702, 9104, 5706, 5709, 9710, 5715, 5720 bis 5722, 5724, 5728, 9729, 5736, 5739, Al, 9142, 5748 bis 5750, 5754, 5769 D769, D981, 9989, 9984, 5986, 5988, 5990, 9993, 5995, 5996, 5998, 6000, 6001, 6004, 6005, 6008, 6011, 6013 M Os. G00, C022 6027, 6029 bis 6033, 6158 bis 6163, 6167, 6168, 6170, 6171, 6173 bis 6179, 6181, 6184, 6189, 6192, 6195, 6196 6203, 6207, 6210, 6213, 6216, 6220, 6221, 6973, 6975, 6978, 6979, 6985, 6987, 6988, 6991, 6992, 6996 bis 0995 „TOOT: 7003, 7004, 7006, 7007, 7015, -7016,, 7018 bis 7020, 7023 bis (O20, (O2, (029, cU81, (O22, (085, 7791, O2, CUOA bis 7797, 7799, 7802, 7803, 7805, 7806, 7809, 7810, O 10 bis (818, (821 7824 7826, 7827 7831 bis 7834, 7836 bis ‘7839, 8234 8236: bis 8244, 8246, 8248, 8250, 8252, 8253, 8259, 8263 bis 8265, 8269 bis 8274, 8276 bis 8280, 8351 bis 8353, 8398, 8360 bis S368, 8373 bis 8375, 8378, 8780, 8784, 8786, 8788, 8791, 8794 bis 8798, 8801, 8803, 8805, 8807, 8810, 8813, 8815 bis 8817, 8819, 8821, 8824, 8831, 8832, 8835, 8837 bis 8839, 8841’ 8844, 9064, 9067, 9069, 9075, 9079 bis 9085, 9087 bis 9091, 9094, 9096, 9097, 9099, 9101, 9102, 9106 bis 9108, 9113, 9115, 9116, 9118, 9119, 9849 bis 9854, 9856, 9861 9862, 9864, 9867, 9868, 9870, 9872, 9874 bis I0T60, 9878, 9879, 9882, 9884, 9889, 9891, 9892, 9895, 9896, 9899, 9900, 9902, 9903, 11811, 11812, 11815, 11819 bis 11824, 11826 11 828, 11 830, 118838 bis 11 840, 11842, 11 851, 11852, 12094, 12095, 12098, 12099, 12 102, 12 110 bis 12112, 12118, 12119, 12121 12 401, 12 407, 12409, 12410, 12412 bis 12414,

12493, 12424, 12427 bis 12 429, 12431,

12 439, 12 440, 12 442, 12444 bis 12448,

12 453, 12455, 12456 = 409 Stüd à 300 M zusammen 549 Stück über 392 700 4.

Dieselben werden den Besißern zum 1. April 1912 mit der Aufforderung gekündigt, die in den ausgelosten Nummern verschriebenen Kapitalbeträge nebst den Stüczinsen für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1912 gegen Quittung und Rückgabe der Obligationen und der nah dem Kündigungs- termine zahlbar werdenden Zinsscheine Serie IV Nr. 16 bis 20 nebst Erneuerungsschein (Talon) für die nächste Zins\cheinreihe bei der Staatsschuldentilgungskasse in Berlin W. 8, Tauben- straße 29, zu erheben. Die Zahlung erfolgt werktäglih von 9 Uhr Vormittags bis 1 Uhr Nachmittags mit Aus\{luß der leßten beiden Geschäftstage jedes Monats.

Die Einlösung geschieht auch bei den Regierungshaupt- fassen und in Frankfurt a. M. bei der Kreiskasse und ferner bei den Bankhäusern Lehmann, Oppenheimer u. Sohn in Braunschweig, Mendelssohn u. Co. in Berlin und der Berliner Handelsgesellschaft in Berlin. Die Effekten können diesen Stellen {hon vom 1. März 1912 ab eingereicht werden, die sie der Staatsschuldentilgungskafse zur Prüfung vorzulegen und nah der Feststellung die Auszahlung vom 1. April 1912 ab zu bewirken haben. :

Der Betrag der etwa fehlenden Zinsscheine wird vom Kapital zurückbehalten. Mit dem 31. März 1912 hört die Verzinsung der verlosten Obligationen auf.

Gleichzeitig werden die bereits früher ausgelosten, nach: stehend aufgeführten, noch rückständigen Obli gationen wieder- holt und mit dem Bemerken aufgerufen, daß deren Verzinsung mit dem 31. März des Jahres ihrer Verlosung aufgehört hat und jeder Anspruch aus ihnen erlischt, wenn sie 10 Jahre lang alljährlich einmal öffentli aufgerufen und dessenungeachtet nicht spätestens binnen Jahresfrist nah dem leßten öffentlichen Auf- rufe zur Einlösung vorgelegt sein werden.

Aus der Kündigung zum 1. April 1906 zu 300 #4 Nr. 7174, 8022, 8150, 8760, 10 191. Aus der Kündigung zum 1. April 1907

zu 300 6 Nr. 4345, 8808. Aus der Kündigung zum 1. April 1908

zu 3000 #6 Nr. 702,

zu 1500 6 Nr. 1450, 2191,

zu 300 Æ Nr. 5407, 8731, 10 446, 10 807.

Aus der Kündigung zum 1. April 1909

zu 1500 „#6 Nr. 3065, 3066,

300 M Nr. 7193, 7194, 9322, 9323. Aus der Kündigung zum 1. April 1910 1500 6 Nr. 1993, 2946,

zu 300 1 Nr. 6754, 6784.

Aus der Kündigung zum 1. April 1911

zu 1500 Æ Nr. 2196, 2239,

zu 300 M Nr. 5489, 6240, 9173, 9174, 9177, 9216, 9218, 9226, 9559, 9567.

Formulare zu den Quittungen werden von sämtlichen Ein- lösungsstellen unentgeltlih verabfolgt.

Berlin, den 2. Januar 1912.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Bischoffs hausen.

Bekanntmachung.

Dem Markscheider Otto Uhde aus Bernburg ift von uns heute die Befugnis zur selbständigen Markscheidertätig- keit für den Umfang des Preußischen Staates erteilt worden.

Uhde hat seinen Wohnsitz in Bernburg genommen.

Halle a. S., den 30. Dezember 1911.

Königliches Oberbergamt. Scharf.

Abgereist: __ Seine Exzellenz der Staatsminister und Minister für Land- wirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schor- lemer, nah der Rheinprovinz.

NicZfamklliges. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 8. Januar.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute im Neuen Palais bei Potsdam den Vortrag des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rates von Valentini.

Seine Majestät der Kaiser und König begaben Sich, wie „W. T. B.“ meldet, gestern vormittag vom Neuen Palais bei Potsdam nach Charlottenburg, um im Mausoleum am Sarkophage weiland Jhrer Majestät der Kaiserin Augusta, deren Todestag war, einen Kranz niederzulegen.

Der Ausschuß des Bundesrats für Handel und Verkehr

hielt heute eine Sißung.

Das Handbuch über den Königlich preußischen Hof und Staat für das Jahr 1912 ist in Kommission bei R. von Deckers Verlag (G. Schenck, Königlicher Hofbuch- händler) hierselbst soeben erschienen.

Die Technische Hochschule zu Berlin wird das Geburtstagsfest Seiner Majestät des Kaisers und Königs am Freitag, den 26. Januar 1912, Abends 6 Uhr, in der Halle des Hauptgebäudes festlich begehen. Der Zutritt findet nur durch den Haupteingang statt: es wird ersucht, dort- selbst die Einlaßkarten vorzuzeigen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 5. d. M. S. M.S. „Bremen“ in Havana und S. M. S. „Vineta“ in Port-au-

Prince ckauf Haiti, am 6. d. M. S. M. S. „Gneisenau“ in Schanghai eingetroffen.

Hannover, 0. Januar Die Lan dessynode der evangelish-lutherishen Kirche der Provinz Hannover nahm, wie der „Hannoversche Courier“ meldet, in der gestrigen Sißung nah längerer Debatte die Anträge an, betreffend Zusammenlegung verschiedener Fonds und Auf stellung eines Haushaltsplanes, betreffend Fonds zur Auf- besserung der mit einem Schulamte verbundenen Kirchenämter fowie Gründung eines landesftirhlichen Fonds zur Unterstützung von Kirchengemeinden für die Anstellung von (Gemeindehelfern und -helferinnen, und stimmte folgender Resolution bezüglich der Jugendpflege zu:

Die Landbessynode begrüßt dankbar den Grlaß des Herrn Ministers der geistlihen Angelegenheiten vom 18. Januar 1911 über die Pflege der shulentlassenen männlihen Jugend, insbesondere auch das von dem Herrn Minister ausgesprochene Vertrauen in die wertvolle Hilfe der Geistlichen.

Sie ist der Ueberzeugung, daß dieses Vertrauen nit getäuscht werden wird, und in der Erkenntnis, daß eine nachhaliige Jugendpflege nur af dem festen Grunde des Wortes Gottes erfolgen kann, bittet sie, von der Mithilfe der Geistlichen, auch durch Zuwendung von Geld- mitteln an die kirhlihe Jugendpflege, tunlich#t weitgehenden Gebrauch ¿u macen, auch dafür Sorge zu tragen, daß die bereits vorhandene kfirhliÞe Jugendpflege niht durch Organisationen der staatlichen Iugendpflege beeinträchtigt, vielmehr die weitere Ausdehnuvyg der kfirblihen Jugendpflege au staatlichcrseits wohlwollend gefördert werde. Die Landessynode ist endlich davon durchdrungen, daß die Pflege der weiblihen Jugend keine geringere Bedeutung hat, als die der mä”zsiden, und hofft, daß die Königliche Staateregierung auch diesem teren Zwelce der Jugendpfl ge baldtunlicst das gleiche Interesse zuwenden werde, wie sie es für die männliche Jugend ge- zeigt hat.

Die Landesfynode richtet an alle Geistlichen die Bitte, sich au fernerhin der firchlichen Jugendpflege auf das wärmste anzunehmen und zu diesem Ende sich allen Organisationen der Iugendpflege an- zuschließen, in denen firhlihe Mitarbeit erbeten oder zugelassen wird. Insbesondere bittet sie die Geistlichen, den ländliden Fort- bildungëshulen sowie auh den gewerblich. n Fortbildungé schulen ihr besonderes Interesse zuzuwenden. Die Landessynode spricht ferner ihre Zuversicht aus, daß sie auch bei der kirhlid'en Jugendpflege auf eine vertravensvolle Mitarbeit der Lehrec re{chnen fann. Sie empfiehlt endlich den Staats- und Gemeindebehörden sowie den Kirchenvorständen, sich der Fürsorge für die hauswirtschaftlice Aus- bildung der weiblihen Fugend, insbefor dere der in der Landwirtschaft und Industrie beschäftigten Lohnarbeiterinnen, warm anzunehmen.

Württemberg.

ZU Ehren Jhrer Königlichen Hoheiten des Groß- herzogs und der Großherzogin von Mecklenburg- Schwerin fand vorgestern abend im Weißen Saale des Nesidenzschlosses Galatafel statt, an der, „W. T. B.“ zufolge, außer der Königlichen Familie, die Staatsminister, das diplo- matishe Korps, Graf von Zeppelin, die Hofchargen ünd die Vertreter der Stadtgemeinde tetlnahmen. Während des Mahles wechselten Seine Majestät der König und Seine König- lihe Hoheit der. Großherzog herzliche Trinksprüche. Spät Abends erfolgte die Abreise des Großherzoglichen Paares nach Regensburg.

Großbritannien und Frland,

Ein Memorandum-der Admiralität kündigt, wie „W T. B.“ meldet, die unmittelbare Bildung eines Admiralstabes E E an, der sih aus drei Abteilungen zusammenseßzen wird.

Frankrei.

__ Gestern haben hundert Wahlen zum Senat in den jenigen Departements stattgefunden, deren Namen mit einem der Buchstaben a bis anfangen, oder in denen durch Todes- fälle Siße frei geworden sind. Nach den bis heute morgen im Ministerium des Jnnern eingegangenen Ergebnissen sind, wie „W. D, B.“ meldet, _5 Reaktionäre, 23 Progressisten, 19 Linksrepublikaner, 48 Radikale und Sozialistish-Radikale sowie 3 sozialistishe Republikaner gewählt worden. Es fehlen noch die Ergebnisse von Guadeloupe und La Réunion. Bisher ge- winnen die Linksrepublikaner 8 Sige, die sozialistishen Republi- kaner einen Siß. Die Reaktionäre verlieren 2, die Progressisten 4, die Nadikalen und die Sozialistish-Nadikalen 3 Sißze.

_— Der Ministerpräsident Caillaux hat vorgestern als Vorsitzender eines Banketts der „Blauen aus der Normandie“, einer radikalen politischen Vereinigung, eine Nede gehalten, in der er auf die von dem Parlament angenommenen Gesetz entwürfe einging, insbesondere auf die Annahme des Budgets und des deutsch-französishen Abkommens durh die Kammer. Wie „W. T. B.“ meldet, führte Caillaux aus:

Dank der Tätigkeit des Parlaments sei das Terrain gut geebnet. Während der Senat das Budget und das deutsch- französische Ab- fommen erledige, dessen endgültige Annahme ih nicht länger ver- zögern dünfe, könne die Kammer die Wablrefonm, die Gesetze zur Berteidigung der Laienshule und das Schiffsbauprogramm, dessen Annahme für die Sicherheit und Größe Frankreichs notwendig fei, beenden. Die Regierung werde die Kammer zur Verwirklichung einer na'ionalen Politik auffordern, um die Verteidigung und damit die Sicherheit tes Landes in größerem Umfange sicherzustellen, die Ver waltung zu_konfolidieren und auf dec sozialen Stufenleiter von oben bis unten Ordnung und Disziplin durchzuführen. Das sei das Werk, das man verfolgen müsse. Die Negterung werde danach trachten, dag Programm einer wirtschaftlichen Verjüngungéaktion damit zu ver- binden. Sie werde sich bemühen, die Ersparnisse des Lantes auf die Verbesserung der Häfen und der Schiffahrtsstraßen sowie auf die Verbesserung des Eisenbahnnetzes hinzulenkea, denn wenn man sich auch aus verschiedenen praktischen Gesichtépunkten über die Geld anlagen im Auslande freuen müßte, die Frankreih zum Kommanditär, des Fortschritts in der Welt machten, dürfte es doch angezeigt sein in gewissem Maße dem Mißverhältnis entgegenzuwirken, das zwischen diesen Anlagen und der Verwendung ècr Kapitalien im Innern platz- greifen könnte. Dhne daß man sih gewaltsam der Autdehnungs- bewegung, die in der Natur der Sache liege, widcrseße, müßten do alle wertschaffenden Kräfte des Landes inniger zu seiner Entwicklung und seiner Wohlfahrt zusammentvirken.

Der Ministerpräsident {loß mit einem Aufruf an die Eintracht und Disziplin unter den Republikanern.

Ftalien.

Da die Kammern noch nicht vexsammelt sind, veröffentlicht der Schazminister Tedesco laut Meldung des „W. T. B.“ an Stelle des üblichen Finanzexposés folgende Mitteilungen über den Staatshaushalt und die Lage des Schatzes.

Seit dem Jahre 1898 wird die Entwicklung dec italienis{:n Staatëfinanzen chatakterisiert durch ein beträch!li-s und ununters- brohenes Anwachsen der Einnabmen, eine rashe und anhaltende Steigerung der Ausgaben und mehr oder weniger große Uebershüsse. Das endgültige Budget für 1910/11 wies einen Uetershuß von 32,2 Millionen Lire auf, etwa doppelt so viel als das vorangegangçene ; das berichtigte Budget für 1911/12 einen solchen von mehr als 59 Millionen, von denen nah Abzug der unvorbergeschenen Autgaben immer noch etwa 23,7 Millionen verbleiben. Für das Nechnungejahr 1912/13 ift ein Uebershuß von 145 Millionen vorgeseben wobei alle Etats mit Auênahme des States Mehrauëgaben aufweisen, dic beim öffentlichen Unterricht 35 Millionen Lire betragen. Die Vermehrung der wichtigsten Einnahmen in den Nechnung®jabren von 1901/02 bis 1910/11 beträgt, abgesehen von den Getreidezöllen, 534 Millionen und ist fast auéscließlih auf die natürlihe Entwicklung der Einnahme- fapitel und nur zu einem kleinen Teil auf geseßgeberische Maßnabmen zurückzuführen; die Steigerung der Ausgaben von 1838/99 bis 1912 13, d. h. seit dem Beginn der Periode blübender Finanzen, die eine bessere Berücksichtigung aller \ozialen, wirtschaftliben und naticnalen Bedür f- nisse und daneben auch eine ausgiebige Hilfsaktion für die Opfer des Grdbeb?ens von 1908 gestattete, beläuft fih auf 593 Millionen Lire. Am stärksten ist diese Steigerung zutage getreten beim öffentlichen Unterrichtswesen, den öffentlihen Arbeiten, dem Ackerbau, dem Post und Telegraphenwesen.

Neber die Kriegsaufwendungen bemerkt der Minister:

Zu den normalen Ausgaben treten gegenwärtig die außercr*ent lichen für die Unternehmung hinzu, die das Volk mit aufrichtigem Beltfall und Kundgebungen der Begei|terung für die tapferen Matrosen und Soldaten und des Vertrauers in die Zukunft der neuen italienishen Länder fegrüßt bat. Indessen können und follen, wie der Ministerpräsident in völliger Uebereinstimmung mit dem ganzen Kabinett erklärt hat, d!e Krieg8auêgaben die Ausführung der auf die Entwicklung des nationalen Lebens abzielenden Neformen weder unterbrehen noch verlangsamen, und der Budgetvoranschlag c! hâlt alle in Erwägung gezogenen Ausgabesteigerungen, so 33 Millionen für den Volks\hulunterriht und mehr a!s E jonen für öffentlihe Arbeiten, ohne daß das Gleihgewiht des Budgets irgendwie gefährdet würde. Zur Bestreitung der Kosten des Krieges genügen die Uebers{chüsse der früheren Rehnungéjahre zusammen mit dem im laufénden Jahre vorgesehenen Uebershuß sowte ein Teil der ordentlichen Mittel der Schaßverwaltung, die zurzeit in Höhe von nicht wentger als 500 Millionen verfügbar sind.

Der Minister kommt sodann auf die befriedigende Lage der Börsen, der Emissionsbanken sowie des Geldumlaufs zu sprechen und bemerkt über die Lage des Schatzes: i

Die in Umlauf geseßten Schaßanweisungen, deren Betrag \ich während der zehn Jahre von 1901/02 bis 1910/11 zwischen

286 Millionen (Juli 1901) und 80 Millionen (Februar 1911) be- wegte, waren am 20. November 1911 auf etwa 45 Millionen gesunken. Die Lage der Staatskasse ist troß der verschiedenen Anforderungen, die der Schaß zu befriedigen hatte, immer gut geblieben, und der Schaß verfügt noch über etwa 225 Millionen Schatzanweisungen und 125 Millionen statutenmäßige Vorschüsse der Emissions- banken, abgesehen von den namhaften Summen, die bei der Banca d’Italia für den Dienst des Schaßes und in [aufender Rechnung bei ausländischen Kreditinstituten (in Oesterreich, Belgien, Frankrei, Deutschland, England, den Niederlanden und der Schweiz) deponiert find. Diese Summen belaufen \ich auf mehr als 100 Millionen und sind seit dem 30. September, d. h. seit der Kriegs- erflärung, tn bemerkenêwerter Weise noch um einige Millionen erhöht worden. Der Minister erörtert dann noch die sehr befriedigende Lage der Depositenkasse und \{ließt: Die Italiener konnten das Gedächtnis ihrer nationalen Wiedergeburt niht würdiger felern als dadur, daß sie in rasher Zusammenfassung - dle Offenbarungen des er- habenen und vielgestaltigen Erneuerungswerkes sammelten und in die Erscheinung treten ließen, das sie unter Kämpfen und Opfern, in Zeiten der Begeisterung und der Entmutigung während eines halben Jahrhunderts vollendet hatten, einer sehr kurzen Spanne Zeit in der Geschichte der Völker. Aus den heiligen Mah- nungen fetner nationalen Wiedergeburt, aus der Erinnerung an das:

in den lehten fünfzig Jahren vollbrachte Werk, aus den mannhaften Beispielen der Gegenwart {öpft das italienische Volk in diesem von Grinnerungen wie von Zukunfisahnungen erfüllten Jahr ein um fo sichereres Bewußtsein feiner Leistungsfähigkeit, ein Gefühl um fo größeren Selbstvertrauens und, wie im Besitz einer neuen Kraft, weiß es in unbesiegbarem Geiste und in vermehrter Stärke auf den

schwierigen Pfaden der Zivilisation roeiterzuschreiten. Türkei.

Wie die Konstantinopler Blätter melden, hat die Pforte ihre Botschafter beauftragt, die Klagen der bulgarischen Re- gierung gegen die türkishen Behörden anläßlich der Unruhen in Jstip zurückzuweisen, gleichzeitig die Aufmerksamkeit der Mächte auf das Treiben des mazedonisch-bulgarischen Komitees zu richten und die Absicht der Pforte mitzuteilen, baldigst die Ruhe in Mazedonien herzustellen. Ein neuerlihes Com- muniqué über die Ereignisse in Jstip stellt fest, daß dank dem Eingreifen des Kaimakams und der Offiziere die Nuhe wiederhergestellt ist. j E

- Die Deputiertenkammer seßte vorgestern die Dis- kussion über den Artikel 35 fort. Zwei oppositionelle Abgeordnete wandten sih laut Bericht des „W. T. B.“ in langen Ausführungen gegen die Abänderung, die unangebracht sei und nur den Zweck habe, die Auflösung der Kammer herbeizuführen, um den Jungtürken die Aufrechterhaltung. ihrer Machtstellung zu sichern. Der Unterrichtsminister entgegnete im Namen der Negierung.

Die Mufti, Ulema, Bürgermeister, Notabeln und Grundbesißer von Prizrend, Prischtina, Jpek und Djakowa haben an den Großwesir ein Telegramm gesandt, in dem sie der Aufhebung des Artikels 35 zustimmen, gegen die Ge- rüchte, daß eine neue aufständishe Bewegung sich vorbereite, Einspruch erheben und im Namen aller mohammedanischer Arnauten dem Sultan Treue bis zum leßten Blutstropfen zusichern.

Asien.

Das persishe Kabinett hat, wie das „Reutersche Bureau“ meldet, dem Generalschaßmeister Shuster amtlich mitgeteilt, daß eine Kommission ernannt ist, die aus dem belgischen Zolldirektor Mornard und vier Persern besteht und Shusters Obliegenheiten übernehmen wird. Mornard soll vor- läufig als Schaßmeister tätig sein. j

Laut Meldung der „Stk. Petersburger Telegraphen- agentur“ ist das Todesurteil des Feldgerihts in Tähbris gegen den Führer der Fidais Hadschi Ali Dawafurusch sowie gegen den Neffen Sattar Chans, den Führer der Fidais des Stadtviertels Emirhis, Emir Mohammed Chan, und gegen die Redakteure des Revolutionsblatts Schurak und Kerim Chan gestern vollzogen worden. Das Haus des Dawafurusch ist in die Luft gesprengt worden. Das russische General- fonsulat hat Maßregeln zum Schuße des Vorsißenden des Endschumen, Adlie Beledie und einer Reihe anderer Personen ergriffen, die an den Feindseligkeiten gegen die Russen nicht teilgenommen haben, gegen die die Bevölkerung jedoch äußerst erregt ist wegen ihres früheren Zusammengehens mit den Fidais.

Wie das „Reutershc Bureau“ aus Peking meldet, haben die Mächte vorgestern in Uebereinstimmung mit dem jüngst gefaßten Plan die Bahnlinie von Peking nach der See besetzen lassen.

Afrika.

Wie die „Agenzia Stefani“ aus Tripolis meldet, hat vorgestern eine Erkundungsabteilung der Kavallerie festgestellt, daß das Land in einem Umkreis von acht Kilometern von Ainzara vom Feinde geräumt ist. Jn Bengasi war die Lage am 5. d. M. unverändert. Bei Derna wurden vorgestern auf die im Bau befindlichen Festungswerke einiae Schüsse ahb- gegeben, die jedoch wirkungslos waren. Jn Homs wurden vorgestern zwei Bataillone, die zum Schuße von Verschanzungen an einer entfernteren Stelle verwendet wurden, von zahlreichen Arabern angegriffen. Jn einem heftigen Kampfe, der drei Stunden dauerte, erlitten die Araber {were Verluste. Die “Ftaliener hatten 21 Verwundete.

Die Unruhen in der Umgebung von Sefru dauern an. Wie „W. T. B.“ aus Fez meldet, ist der Major Brémond mit Truppen abgegangen, um die aufrührerischen Stämme zu züchtigen. Auch der General Dalbiez hat Mekines mit zwei Bataillonen Jnfanterie, einer Batterie und einer

Schwadron in der Richtung auf Sefru verlassen, wo er zu- sammen mit Major Brémond vorgehen wird, um die Berber abzuschneiden. Eine Erkundungsstreifwache ist im Motorboot von Mehedia den Sebufluß stromaufwärts bis nah Sidimo- hammed-ei-Euh vorgedrungen, wo die Stromfälle die weitere Fahrt sperrten.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Sterblichkeit in den deutshen Großstädten im November 1911. „Nach den Mitteilungen des Statistischen Amts der Stadt Cöln über die Sterblichkeit in den deutshen Großstädten während des Monats November starben in 40 Städten, von denen zurzeit die ent- |prechenden Angaben vorliegen, auf 9,958 Millionen Einwohner 10 924 Perfonen oder auf 1000 Einwohnec und 1 Jahr 13,35 (gegen 13,79 und 17,32 im Oktober und September d. J. und 14,40 im November v. I.), und zwar Kinder des ersten Lebensjahres 2321 oder 2,84 (3,61, 6,96, 3,48), Personen höheren Alters 8603 oder 10,51 (10,18, 10,36, 10,91). Die Säuglingssterblichkeit ist hiernah weiter zurüctgegangen und auf dem tiefsten Stand des Jahres 1911 angelangt Die Sterbeziffer für die Personen höheren Alters bat sich dagegen etwas erhöht, jedoch nur in dem Maße, daß auch die Gesamtziffer sich noh niedriger stellte als in den Vormonaten. Im einzelnen starben, auf 1000 Einwohner und 1 Jahr berechnet, in Königsberg 18,02 Personen, in Danzig, Aachen und Halle sowie Posen 17,85, 17,69 und 17,26, tn Breslau 16,92, in Görliy, Altona und Stettin 15/94, Ne und 15,53, in Gelsenkirchen, Elberfeld, Lübeck, Stuttgart und Ghemniß 14,87, 14,57, 14,40, 14,20 und 14,10, in München, Duis- burg, Dresden, Wiesbaden, Straßburg und Cöln 13,90, 13,83 13,74, 13,66, 13,30 und 13,10, in Freiburg i. Br., Saarbrücken, Leipzig, Kiel, Plauen, Bremen, Karlsruhe, Charlottenburg und Hannover 12,94, 1285, 12,77, 12,74, 12,59, 12,51, 12,47, 1223 und 12,08, in Crefeld, Mannheim, Nürnbera, Cassel und Barmen 11,98, 11,96, 11,36, 11,27 und 11,05, in Schöneberg, Essen a. d. Ruhr, Frankfurt und Düsseldorf sowie Nixdorf 10,71, 10,69, 1031 und 10,10 und endlih in Deutsh Wilmersdorf 5 60. Nach der Sterbeziffer des Säuglingsalters nahmen dabei Gelsenkirchen, Chemniy, Duisburg, Königsberg und Rixdorf mit 5,26, 9,11, 468, 405 und 4,01 die ersten und Hannover, Cassel, Wieöbaden, Deuts Wilmerödorf und Schöneberg mit 1,79, 1,73, 1,35, 1,06 und 1,03 die leßten Stellen ein. Für das Verhältnis zwischen der Gesamtzahl der Lebendgeborenen des Berichtsmonats und der vorhergehenden 11 Monate und der auf 1 Jahr

berechneten Zahl der gestorbenen Kinder des ersten Lebensjahres wiesen Chemniß, Stettin, Nixdorf, Köniasberg und Kiel mit 19,22, 16,21, 15,85, 15.13 und 15,12% die hêchsten und Straßburg, Wiesbaden, Cassel, Düsseldorf und Schöneberg mit 7,95, 7,43, 7,37, 7,10 und 6,78 9/6 die niedrigsten Werte der Säuglingesterblihkeit auf, während der Durchschnitt sich auf 11,95 (im Oktober und September d. F, auf 15,24 und 37,26, im November v. F. auf 13,24) 9/9 belief.

Von den Todesursachen nahm im Bericht#mcnat die Tuberkulose wieder die erste Stelle ein, und zwar mit 1,56 (im Oktober 2,00) Sterbefällen auf 1 Jahr und 1000 Einwohner, darunter die Lungen- tuberfulose mit 1,27 (1,28); weiter folgten: Lunge! entzündung mit 1,07 (1,08), Krebs mit 0,99 (0,95), Magen- und Darmkatarrh, Bre@- durhfall und Kinderatrophie mit 0,89 (1,70), argeborene Lebens- {chwäche eins{ließlich von Bildungsfehlern mit 0,83 (1,01), organise Herzleiten mit 0,68 (0,66). dte Kinderinfektionskrankheiten Scharlach, Masern, Diphtherie und Keuhhusten mit 0,67 (0 62) usw. Dabet be- wegte sih die Sterbeziffer für Tuberkulose zroischen 2,57, 2.40, 2,30, 21 und 2,07 in Breslau, Danzig, Freiburg i. Br., Dresden und Cöln und 0.96, 0.77,0,69 und 0,16 in Kiel sowieSchöneberg, Duisburg. Aachen undDeutsch Wilinersdorf, insbesondere für Lungentuberkulose zwischen 2 36, 1,91 und 1,82 in Breslau, Cöln vnd Danzig und 0,67, 0,54 und 0,16 in Duisburg, Aachen und Deutsh Wilmersdorf, für Lungen- entzündung zwischen 279, 2,59 und 2,02 in Aachen, Posen und Duis- bura und 0,55, 0,54, 0.40 und 0,16 in Schöneberg, Charlottenburg sowie Karlsruhe, Straßburg und Deutsh Wilmersdorf, für Krebs ¿zwischen 2,03 und 1,74 in Halle und Danzig sowte Freiburg |. Br. und 0,48, 0,37 und 0,23 in Rixdorf, Mannheim und Saarbrüdcken, für Magen- und Darmkatarrh, Brechdurfall und Kinderatrovhte zwischen 1,92, 1,79 und 1,63 in Chemnitz, Gelsenkirhen und Nürn- berg und 0,23, 0,13 und 0,08 in Wiesbaden, Schöneberg und Deutsch Wilmersdorf, für angeborene Lebenés{chwädhe einschließlich von Bildungsfehlern zwischen 1,61, 1,55 und 1,44 in Saarbrücken, Plauen und Elberfeld und 0,29, 0,24 und 0,21 in Freiburg î. Br., Lübeck und Schöneberg, für organische Herzleiden zwischen 1,60, 1,15, 1,10 und 1,09 in München, Freiburg i. Br., Altona und Breslau und 0,15, 0,14, 0,11 und 0,10 in Posen, Gelsenkirchen, Wiesbaden und Plauen. Von den Kinderinfektionskrankheiten traten als Todes- ursahe am bäufigsten auf: Scharlah in Barmen (Sterbeziffer 0,54), Masern in Aachen (2,64), Diphtherie in Altona (1,10) und Keuch- husten in Königsberg (0,39). v

Zur Arbeiterbewegung.

Zum Ausstand der belgischen Bergarbeiter (vgl. Nr. 5 d. Bl.) wird dem „W. T. B.“ aus Brüssel gemeldet, daß ein Ner- treter der Grubenbesißer des Borinage am Sonnabend dem Gouverneur der Provinz Hennegau erklärte, die Grubenbesitzer würden nur auf eine Lohnzahlung an jedem zweiten Sonnabend eîin- gehen können, daß sie es aber ablehnen, Lohnvorshüsse zu geben. Die Vertreter der Bergarbeiter des Borinage erklärten am Sonn- abendabend, daß fie auf der Forderung acttägiger Lohnzahlung beharren.

In Rotterdam sind, wie die „Nh.-Westf. Ztg." erfährt, die Fuhrleute, welhe die Güter der Schiffe befördern, ausständig. Der ganze Wogenverkehr im Hafen steht fast till, er fann nur durch einige Automobile aufrecht erhalten werden.

(Weitere „Statistishe Nachrichten“ \. i. d. 2weiten Beilage.)

Wohlfahrtspflege.

Gewinnbeteiligung der Arbeiter bei den Zeißwerken in Jena.

Die weltbekannte Firma Karl Zeiß in Jena, für die der Arbeiter freund Professor Ernst Abee eine einzig dastehende Stiftung errichtete, bat in ähnlicher Weise wie in den leßten Jahren auch im Dezember 1911 wieder Gewinnanteile unter der Bezeichnung „Lohn- und Ge- haltsnahzablungen“ in der Höhe von 8 °/ an Beamte und Arbeiter gewährt, Es ist also auch das Geschäftsjahr 1910/11 aut ge- wesen, an dessen Erträgnis die Arbeiter und Beamten durch diese Nachzahlung teilnehmen. Auch die Firma Schott u. Gen. hat die übliche Lohnnachzahlung (für Lohnleute einen Betrag in Höhe des in 4 Wochen verdienten festen Lohns, für Gehaltleute ‘/;, des Gehalts) gewährt und außerdem dem Personal, soweit es ein Einkommen von niht über 3000 4 bezieht, folgende Teuerungszulage bewilligt : Ver- heirateten mit einem Einkommen vnter 1200 4 Lohn für 8 Tage, von 1200 bis 1600 Æ Lohn für 5 Tage und von 1600 bis 3000 6 Arbeitslohn für 3 Tage :. den ledigen Arbeitern wurde eine einmalige Teuerungszulage im Betrage des Lohnes für 3 Tage bewilligt.

(Sozialkorrespondenz.)

Die Altersrenten der Arbeiter in Großbritannien.

Das vom Internationalen Landwirtschaftsinstitut in Nom berau€- gegebene „Bulletin du Bureau des institutions économiques et s0clales“ enthâlt im 10. Heft des zweiten Jahrgangs als Fortsetzung einer Reihe von Beiträgen über die soziale Bersicherung in den ver- schiedenen Staaten einen interessanten Aufsaß über die Altersrenten der Arbeiter in Großbritannien, dem wir die folgenden Ausführungen entnehmen.

Fast 30 Jahre hat die Erörterung über die Arbeiterversicherung im Vereinigten Königreich angedauert. Es bandelte ih hauptsächlich um die Frage, ob von den Versicherten Beiträge zu erheben sein würden oder niht. Der englishe Arbeiter zeigt wohl eine gewisse Vorsorge für die Zukunft, doch richtet fie si auf nähere Ziele als das Alter. Er tritt zum Beispiel einem Verein zu gegenseitiger Unterstüßung oder zum Erwerb eines Häuschen bei usw. Die Für- spreher einer auf ein geringes Maß beshränkten Altersrente, u der die Versicherten felbst nichts beizutragen hätten, verfohten den Stand punkt, daß ihr System die Volksmassen zum Sparen für die alten Tage anhalten würde, wenn sie hon die Aussicht auf eine kleine feste Nente hâtten. Der Reeder Charles Booth, der Vorkämvfer für diese Auffassung, sah seine Argumente später von den Leitern der Negterung wieder aufgenommen und bestätigt. Bei der Beratung der Versicherungsvorlage im Unterhause hob der Schatzkanzler be- fonders hervor, daß der Arbeiter, der durch die indirekten Steuern \hwer belastet sei, der mit seiner Kraft, Gesundheit und Gesci&lich- kit zur Schaffung und Mehrung des Nationalreihtums beitrage, hierdurch \chon der Staatskasse seinen Beitrag geleistet babe, die ihm dafür später eine Rente auszahle. So berube im Grunde das System der von den Staatskassen getragenen Altersrenten ebenso guf den Beiträgen der Versicherten wie das deutscke System der direkten Beiträge der Arbeiter. Das englische Gese vom 1. August 1908, das fast einstimmig vom Parlament angenommen wurde, beweist, wie die darin vertretene Auffassung in England vorberrsck{t.

Der genannte Aufsaß beschäftigt sh sehr eingehend mit dem Geseß, das für das Alter großes Entgegenkommen zeigt. Es ftert allen mindestens 70 Jahre alten Perfonen, deren Einkommen 31 Pfund 10 Schilling (630 46) nicht übersteigt, eine wöchentlich vorauszuzablende Rente von meist 5 Schilling (5 X), d. #. 260 Schilling (260 S) jährli. Die Anwärter auf die Rente haben nur zu erweisen, daß sie brilishe Staatsangebörige sind, seit mindestens 20 Jahren im Vereinigten Königreih wohnen, daß ihr Einkommen den festgeseßten Betraa nicht übersteigt, und daß sie wenigstens 70 Jahre alt find. Die Methode dieser Fesistellungen ist sebr einfa. Das Alter kann dur Tauf- oder Trauschein fowie dur Militärpapiere 2c. erwiesen werden. Eine ganz eigenartige Verfügung, die ih nirgends fonst findet, trifft das engliswe Geseß, indem es nur den Personen Altérsrenten zuerkennt, die beweisen können, daß sie während ihrer Arbeitsjahre sich bemüht haben, für spätere Jahre vorzusorgen. Die übrigen können ihr Leben im Ae atabani beschließen, wo sie zwar nit frei sind, aber wenigstens nit verhungern können.

Der Mechanismus des Gesetzes is sehr einfa, sodaß es mit großer Leichtigkeit wirksam ist. Bei den Ortskommissionen befindet

sh ein vom Sc{haßsekretariat telegierter Beamter, der die Nenten- forderungen, die ihm die Postämter übermitteln, zu prüfen hat, worauf die Kommission ihr Urteil fällt, gegen das bei der Ortsregierungs- behörde Berufung eingelegt werden fann.

Die Ergebnisse, die sich aus verschiedenen in tem genannten Aufsaß enthaltenen Tabellen ergeben, find: 1) eine erheblihe Anzahl Zurüdck- weisungen von Nentenforderungen, was ein Beweis für die vorzügliche Kontrolle ist ; 2) das Feblen von Altersersparnissen bei den englischen Arbeitern, deren Vorsorge \sih auf andere Gegenstände richtet.

Die Ausgaben betragen gegenwärtig 249 800 000 Æ, tie 869 377 Rentenemp‘ängern zugute fommen, d. \. fast zwei Drittel aller Greise des Vereinigten Königreichs. Diese Kosten find fast um die Hälfte höher als die anfangs veranschlagten, „aber“, fährt der Verfasser des Aufsages fort, „indem England neuerdings die Wobltat des Gefeßes auf 200 000 neu hinzugefommene Personen ausgedehnt hat, beweist es, welhen S{luß es aus dieser Tatsache zieht und welches Vertrauen es zu der Wirksamkeit des von ihm geschaffenen Mechanismus hat“.

Kunst und Wissenschaft.

Im-.Ausstellungsraum der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums, Prinz Albrechtstraße 8, ist soeben eine Ausstellung von Landschaftsstudien des jungen Malers Ich v. Wicht eröffnet worden. Die nahezu 50 Blätter, in Koble und Bleistift aus- geführt, zeigen in reicher Abwechslung Motive der eigenartigen Land- schaft Schottlands. Die Auéstellung, die fünsterisch und geg-nständlicz dem Interesse au weiterer Kreise begegnen dürfte, ist wochentäglih von 11-2 Uhr bei freiem Eintritt zu besichtigen.

Im Institut für Meereskunde, Georgenstraße 34—36 wird am 13. d. M. der Professor Or. Georg Sobernheim Abteilungsvorsteher am Hygienischen Untersuhungsamt der Stadt Berlin, über Fischvergiftung spre{en. Eintrittéfarten zu 0,25 4 zu dem Vortrag find in der Geschäfttstelle des Instituts zwischen 9 und 9 Uhr und am Vortragsabend selbst von 6 Uhr an zu haben.

Ueber die interessanten Erscheinungen und Organe, die mit der Gleihgewichtslage der Organismen in Zusammenhang stehen, führt Dr. H. Dekker in seinem kürzlih ershtenenen Büch!ein : „FSühlen und Hören“ (Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, Stutt- gart, geh. 1 #, geb. 180 M), aus: „Sehen wir uns in einem Aquarium die zarten Medusen an. Glashell, wie lieblihe, aus feinstem Duft gewebte Sonnenshirmhen mit föftlih blauen und violetten Schattierungen. Wie rubig und s{chön, wie graziôs sie durch das Wasser s{hwimmen, indem sie ihren Sonnenschirm auf- spannen und \{ließzn, immer mit der Oeffnung nah unten. Ihr Stwerpunkt liegt niht so, daß sie ohne weiteres in dieser Lage s{chwimmen können. Und alle die zarten Seetiercen, Medusen, Nippenquallen, Krebse, Molluéken, Seewürmer, sie alle haben ein genaues Gefühl dafür, ‘was oben und was unten ist, und wenn man sie umdreht oder wcnn sie durch irgendeinen Zu- fall in eine falsche Lage kommen, fo richten sie ih sofort auf. Wie wirkt nun die Schwerkraft, durch welche Mittel und Einri tungen, daß sih die Tierhen so genau danach 1ihten fönnen? Es ist fast unglaublid, was von der Wissenschaft darüber festgestellt wurde. Die Tierchen haben besondere Organe, die Nichtung der Schwerkraft zu bestimmen. Wie wir mit Lot und Wage die Richtung der Schwere bestimmen, so haben diese Tiere ihr Lot in sich. Ein Bläétchen und in dem Bläschen einen Stein. Bet jeder Bewegung rollt der Stein. Aber an der Innenwand des Bläs{ens fitßen feine Nervenendigungen mit ganz feinen Borstenhärhen, die genau jene Bewegung des Steinchens angeben. Werden die Bläshen an der Ünterseite von dem Steinen gedrückt, dann ists rihtig. Dann befindet sich das Tier im Gleichgewiht. Drückt das Steincken auf die Härchen rechts oder links, ist eben fein Gleichgewicht da, dann muß das Tier schleunig! so eingestellt werden, daß wieder tie richtige Stelle den Druck verspürt. Und diese Regelung geschieht rasch und ficher, automatish. Das klingt wie eine Fabel und hat doch seine Nichtigkeit. Kreidl hats an Krebsen bewiesen. Auch diese haben ein folhes Nichtbläs{en mit Steinen. Aber sie benußen als Steinen Sandkörner, die sie sich selbst mit den Steren in die Bläschen bringen. An freischwimmenden Larven von Hummern, die man nah der Hâutung in staubfretes Waßer seßte, konnte man sehen, daß sie fih planlos bewegten, von einer Seite auf die andere rollten und, wenn es sih so traf, auch mit der Bauchseite nah oben schwammen. Und da man obendrein bei andern Seetieren nah Entfernung dieser Nichtbläschen daëfelbe Bild des Verlustes des Gleichecwichts beob- achtete, fo blieb kein Zweifel: die Nichtbläëchen mit ihren Steinchen find das Lot, nah dem si die Tiere ridten, um im Gleichgewicht fi zu erbalten. Genau fo ists beim Menschen. Auch wir tragen

Senkblei stets bei uns, in unferm Kopfe. Tief im Knochen ‘bettet liegt ein verzwicktes Organ, das Labyrinth. Ein Teil on, die Schnee, dient zum Hören. Bis in die neueste Zeit hinein man sih, daß dieser ganze innere Teil des Obres nur zum

en da sei. Bor 20 Jahren wurde aber nahgewiesen, daß ein

her Teil des Labyrinths, der Vorbof und die Bogengänge, mit dem nichts zu tun habe, sondern der Gleichgewichtserhaltung diene. Der Vorhbof ist unser Richtbläshen, in ihm baben wir kleine Kalffristalle als Nichtsteinhen. Jede Neigung des Kopfes ändert die Lage der Steinen. Danach wissen wir auch immer, in welher Lage zur Erde wir uns befinden. Nun is aber eiwas anderes, das Gleihgewiht zu erbalten, wenn der Körper in Nuhbe, als wenn er in Bewegung ist. In der Ruhe ists eine leihte Sah... Die Steinen drüden ungestört nach unten. Daraus erkennt der Körper leiht die Richtung. Aber bei Be- wegungen ists anders. Es kommt die lebendiae Kraft der Bewegung störend binzu, und die Abshäßung mit den Nichtsteinhen wird un- sicher. Es müssen eben auch die Bewegungen nah ihrer Richtung und Geschwindigkeit abgeshätt werden. Dazu dient ein anderer Apparat, die Bogengänge, ein aanz außerordentli \innreich gehautes Instrument. Auch îm innern Ohr. An jeder Seite drei hohle Ringe, mit Blutwasser gefüllt, in eigentümlicher Anordnung: sie stehen \enk- recht aufeina ;der, einer wagerecht, einer quer senfredt, einer lärgs senkrecht. Ein Wunderwerk mathemati\{ch-mechaniscer Feinarbeit. Die Röbren sind so miteinander verbunden, daß jede von beiden Seiten in eine erweiterte Buhtung mündet. In diesen Erweiterungen ftecken Aufnahmeapparate, Nervenendorgane, die mit steifen, borstigen Härchen in das Innere ragen. Das ist die Konstruktion. Und die Wirkung ? Drehen wir den Kopf nach rechts, so kann die Flüssigkeit im wagrechten Bogengang nicht so rasch folgen, se bleibt zurü, reibt sih an den haarigen Nervenenden, und von da wird ins Innere telegraphiert: Kopfdrebhung von mittelmäßiger Geschwindigkeit nach rechts. Und da das Kleinhirn gleichzeitig au von den tiefen Teilen und vom Muskelsinn Meldungen erhält, so weiß es, ob der Kopf allein oder mit dem übrigen Körper nah rechts gedreht wurde, ob durch eigene Muskelkraft oder etwa auf einem Drehstuhl, und richtet danach. damit man nicht falle, die Muskeln zur Erhaltung des Gleich- gewihts. Automatish, auf reflektorishem Wege werden Augen, E ganze Körper in die vom Augenblick geforderte Gewichtslage gebracht.

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Bauwesen.

E in Preisausshreiben um Entwürfe für einen Urnenhain nebst dazugehörigen Kolumbarien erläßt der Verein für Feuerbestattung in Mainz. Eingeladen sind Künstler, die im Großherzogtum Hessen, in Hessen-Nassau und in der Rheinprovinz ihren Wobnsiß baben. Ausgesetzt sind drei Preise von 500, 300 und 150 J. Der Ankauf weiterer Entwürfe zum Preise von 100 bletbt vorbehalten. Die Pläne sind bis zum 15. März 1912 ein- zureichen. Die Unterlagen versendet der Verein für Feuerbestattung in Mainz kostenlos.

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