1912 / 14 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Jan 1912 18:00:01 GMT) scan diff

E e T E

E

den in dieser Wirtshaft8weise liegenden Gefahren durch Schaffung eines Ausgleihsfonds vorzubeugen. Es wurde im Jahre 1903 cin Geseß erlassen, welhes vorschrieb, daß die Uebershüsse des gesamten Staatehaushalis in einen Ausgleihsfonds bis zu einem Gisamt- betrage von 200 Millionen Mark anzusammeln seien, mit der Zweck- bestimmung, aus dem Ausgleichsfonds die etwaigen Mindererträgnisse in der Rehnung der Staatseisenbahnverwaltung auszugleichen, den jährlichen Dispositionsfonds des Eisenbahnministers von 30 Millionen hieraus zu bestreiten und, soweit es erforderlich sein sollte, au das Extraordinarium der Eisenbahnverwaltung damit entsprechend aus- zustatten.

Lider hatte dieser Versuch aber nit den beabsihtigten Erfolg. Das Geseg hatte zur Vorausseßung, daß niht nur die Eisenbahn- verwaltung, sondern der gesamte Staatshaushalt Rechnungsüberschüsse haben würde; da dieses aber nur unregelmäßig und dann au nur in gerinzer Löhe eintrat, weil bereits im Etat die voraussichtlichen Mehreinnahmen des Staatshaushalts sofort dur eine entsprechende Steigerung der Verwaltungsauëgaben wieder verzehrt waren, konnte aus dèm Ausgleihsfonds nur einmal im Jahre 1907 ein Mindet- erträgnis der Rechnung der Eisenbahnverwaltung ergänzt werden. Im übri „en reichte er nur dazu aus, einigemale den Dispositionsfonds des Eisenbahnministers von 30 Millionen jähclih daraus zu entnehmen; und s{lteßlich versiegte der Fonds ganz.

Infolgedessen mußte ein W-:g gefunden werden, dem an sich richtigen Gedanken eines Ausgleidl/sfonds wirklihes Leben zu verleihen. Wie bereits erwähnt, wurde die Erzielung von Uebershüssen beim ge- samten Staatshaushalt meistens dadurch tin Frage gestellt, daß die voraussihtlihen Mehrerträgnisse der Eisenbahnverwaltung bereits bei der Etatsaufstellung durch Mehrausgaben auf anderen Gebieten fest- gelegt wurden. Hier mußte der Hebel angeseßt, der Niegel ver- geschoben werden.

Diese Regelung ist dann im Jahre 1910 erfolgt. Die Staats- regierung kaf mit dem Landtage überein, daß nur noch ein ver- hältnismäßiger Betrag niht mehr der volle Betrag der Ncin- übershüfse der Eisenbahnen zu den Staatsverwaltungsausgaben heran- gezogen werden sollte, und daß der Betrag, der darüber hinausginge, in Zukunft dem Ausgleichsfonds zugewiesen werden sollte. Der Aus- gleihsfonds wird daher seit dem Jahre 1910 aus zwei Quellen ge- \peist: einmal aus den Uebershüssen des gesamten Staatshaushalts, und zweitens aus den Zuwendungen der Eisenbahnverwaltung. Der Betrag, bis zu welchem die Reineinnahmen der leßteren zu Staats- auêgaben Verwendung finden sollten, wurde nach eingehenden, forg- fältigen Berehnungen auf 2,10 9% des zuleyt abgerehneten statistischen Anlagekapitals ermittelt. Zu gleicher Zeit wurde bestimmt, daß aus den Reinerträgnissen der Eisenbahnverwaltung, welche nötigenfalls aus dem Ausgleichsfonds zu ergänzen seien, für das Extraordinarium der Staatseisenbahnverwaltung alljährlichß 1,15 9/9, mindestens aber 120 Millionen verwendet werden sollten. Da das statistische Anlagekapital alljährlich um mehrere hundert Millionen steigt, so steigen ‘ebenso au die durch die Prozentsäße 2,10 und 1,15 dargestellten Beträge alljährlih. Demnah wird all- jährli ein höherer Betrag für das Extraordinarium auf- gewendet, und ebenso erhält die Staatsfkajje für thre Zwecke alljährlich einen steigenden Betrag ; troßdem ist in wirtschaftlich günstigen Jahren gleichzeitig noch hinreichend Geld vorhanden, das in den Ausgleichs- fonds fließt, weil die Verwendung der Eisenbahnübershüsse nach oben hin begrenzt ift.

Bei der Aufstellung des Etats für das Jahr 1910 war man von der Annahme ausgegangen, daß die - wirtschaftliche Lage nicht dazu angetan sei, um damit renen zu können, daß die Eisenbahnüberschüsse sich so vermehren würden, daß überhaupt etwas in den Augsgleichs- fonds fließen könnte; ja, man rehnete sogar nicht einmal darauf, daß die Staatskasse ihre vollen 2,109/9 erhalten könnte. Erfreulicherweise hat man sich in dieser Annahme geirrt; die Einnahmen der Eisen- bahnverwaltung gingen fo in die Höhe, daß nicht nur der Staat seine vollen 2,10% bekommen hat, sondern daß auch die stattliche Summe von 71,2 Millionen in den Ausgleichsfonds A ift. (Bravo!)

Die Jahresre@nung für das Jahr 1910 {ließt daher nur mit einem Fehlbetrage von 33 Millionen Mark gegenüber dem Vor- anlage von 92,8 Millionen Mark ab (hört! bört! und Bravo!), und außerdem find noch 71,2 Millionen Mark in den Ausgleichsfonds hineingeflossen. Ohne die Abgrenzung bei der Eisenbahnverwaltung würde deshalb der gesamte Staatehaushalt einen Ueberschuß von 38,2 Millionen Mark aufgewiesen haben.

Meine Herren, es war nicht leicht bei der Neuregelung der Ver- wendung der Eisenbahnübershüsse die richtige Grenze zu finden, es waren sorgfältige, \chwierige Berechnungen dazu nötig, und erst die Praxis mußte die Probe auf das Exempel geben, ob die Annahme der Staatsregierung richtig war oder niht. Es hat damals nicht an Stimmen gefehlt ich erinnere nur an die Verhandlungen im Herrenhause —, welche es für unmöglich erklärten, daß auf der von der Staatsregierung angenommenen Grundlage im Jahre 1910 irgend etwas tin den Ausgleihsfonds hineinflteßen könnte, und welche so- gar prophezeiten, daß niemals ein Pfennig in den Ausgleichsfonds bineinfliéßen würde. Erfreulicherweise hat die Praxis anders ent- schieden und bewiesen, daß der von der Staatsregierung eingeshlagene Weg nicht nur gangbar war, sondern auch zum Ziele führt. Der Fehlbetrag ist im wesentlihen durch die Reinerträgnisse der Staats- eisenbahnverwaltung herabgemindert worden. Die Abweichungen von dem Voranschlage bei allen übrigen Verwaltungszweigen gleichen sich mehr oder minder aus.

Daß troßdem noch das Jahr 1910 mit einem Fehlbetrage abschließt, ließ fch niht vermeiden. Die Erhöhungen der Besoldungen, der Pensionen und der Reliktenbezüge tn den voraufgegangenen Jahren hatten den Staatshaushalt alljährlich mit rund 200 Millionen Mehr- ausgaben belastet, während zu gleiher Zeit nur 67 Millionen in Gestalt von Zuschlägen zu den direkten Steuern und in Gestalt von neuen indireften Steuern bewilligt worden waren und au die Cisen- uns nur einen Teil der Mehrbelastung übernehmen fonnte. Der ganze Nest blieb ungedeckt. Es war also eine starke Ueberlaftung des Staatshaushalts eingetreten, welche, da besondere Mittel für ihre Deckung fehlten, nah dem von der Staatsregierung damals aufgestellten und vom Landtage genehmigten Programm nur durch pfleglihe Behandlung der Ginnahmen und durch äußerste Zurückhaltung in den Auégaben allmählih beseitigt werden follte. Das NRechnungsergebnis des Jahres 1910 ift eine Étappe auf diesem Wege.

Auch die Auésihten für den Ab\@luß des Jahres 1911 ‘scheinen durhaus zufriedenstelend zu sein. Während der Etat mit einem Fehlbetrage von 29,9 Millionen und einer Ueber- weisung an den Auszgleihsfonds von 32,5 Millionen abschließt, läßt das Crgebnis der bisherigen 9 Monate, soweit es überhaupt durch unsere Schäßung festgestellt werden kann, erwarten, daß der Fehlbetrag ctwa auf 6 Millionen Mark heruntergeht und außerdem dem Ausgleihsfonds aus den Ueberschüssen der Ei senbahnverwaltung die hohe Summe von 110 Millionen Mark wird überwiesen werden fönnen. (Bravo! rechts. =— Hört, hört! links.)

Diese große Mehreinnahme der Staatseisenbahnverwaltung ift zum Teil auf die außerordentlihen Verhältnisse des vergangenen Jahres zurückzuführen. Infolge der monatelangen Dürre waren. die meisten Wasserstraßen unfabtbar, und -es mußten infolgedessen große Gütermengen, die bis dahin auf den Wasserwegen verfrahtet worden waren, mittels der Eisenbahnen auf weiten Strecken über Land be- fördert werden. Die Einnahmen würden sogar noch erheblich höher gewesen sein, wenn niht infolge der Tarifherabseßzungen große Mengen von Gütern zu einem wesentli billigeren Preise befördert worden wären.

Mit der Herabminderung des Feblbetrages von! 29,9 Millionen Mark auf etwa 6 Millionen Mark haben die Eisenbahneinnahmen nihts zu tun; sie waren für das Jahr 1911 bereits mit ihren vollen 2,10 9% in den Etat eingestellt worden, und infolgedessen konnte ein Mehr in der Einnahme der Eisenbahnverwaltung das Ergebnis des gesamten Staatshaushalts nicht beinflussen. Die Herabminderung des Fehlbetrags ist ledigli darauf zurüzuführen, daß vorausfihtlich die Steuern, die Bergverwaltung, vor allen Dingen ‘aber die Forst- verwaltung erheblihe Mehrerträgnisse haben werden und die Justkz- verwaltung mit einem geringeren Zuschusse auskommen wird.

Wie nun die Verhältnisse im Jahre 1912 sich gestalten werden, fann ich natürlich im voraus in keiner Weise übersehen. Im Jahre 1911 ift die Landwirtschaft in einem bisher nie oder selten dagewesenen Maße von der Maul- und Klauenseuße heimgesvcht worden, und zugleich hat ihr auch die monatelange Dürre {were Wunden geschlagen. Zwar "war die Getreideernte durhaus zufriedenstellend; aber dafür sind doch das Gemüse und die Futterkräuter fast im ganzen Lande und die Zuckerrüben in weiten Landstiiben mehr oder minder mißraten.

Die ursprüngltche Befürchtung, daß auch die Kartoffelernte eine Mißernte sein würde, hat sich Gott sei Dank nicht bewahrheitet; denn nah den neueren Feststellungen beträgt die Kartoffelernte immer noch 82 9/0 einer Durhschnittsernte. Die Staatsregierung hat angesihts der Einwirkung der s{limtmen Wikterungsverhbältnisse, um einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Landesteilen herbeizuführen und die Er- haltung des Vichbestandes zu- ermöglichen, weitgehende Tarifherab- sezungen für Streu, Futter- und Düngemittel, für Gemüse und Kartoffeln eintreten lassen. Diese Tarifheräbsezungen haben auch einen tatsählihen Erfolg gehabt Die Kartoffelpreise sind namentlich im Westen der Monarchie infolge der Tarif fherabsezu igen von der unnatürlichen Höhe, auf welche sie infolge der Alarmnacrichten in den Zeitungen geraten waren, wieder auf eine normale Höhe zurü- geführt worden.

Die Weinernte war im vergangenen Jahre so gut wie seit Jahr- zehnten niht. (Sehr rihtig!)) Es war das um so erfreulicher, als die Winzer durh Fehl- und \{lechte Ernten in den vergangenen Jahren große Schäden erlitten hatten.

Der Handel und die Industrie, allerdings mit Ausnahme der Tertil- und der Baumwollindustrie, haben im wesentlichen die auf fie geseßten Erwartungen erfüllt. Troß der fritishen Zeiten haben sie einen steten Aufschwung genommen. Die Industrie ist zurzeit fast durchweg gut béschäftigt, und bei der bedeutenditen, der fogenannten {weren Judustrie, hat zur Befistigung der wirtschaftlihen Lage der am 1. August vorigen Jahres abgeschlossene Roheisenverband, dem sämtlihe Hochöfenwerke an- gehören, sehr wesentli beigetragen. Die weitere Entwicklung hängt N davon ab, ob es gelingen wird, die der ‘Neubt] ldung des

ahlwerksverbandes und des Kohlensyndikats entgegenstehenden a ¿en Schwierigkeiten zu bescitigen. Es ist, wie ih mir bereits im vorigen Jahre zu bemerken erlaubte, dringend zu wünschen, daß irgend eine Regelung zustande kommt (sehr richtig! bei den Nationalliberalen), welche den Krieg aller gegen alle verhindert (sehr richtig! bei den Nationalliberalen) ; die \chrankenlose Konkurrenz und die Ausbeutung der Konjunktur wird sonst ohne Frage viele wertvolle Existenzen vernichten (hôrt, hört! bei den Nationalliberalen) und dem ganzen gewerblichen Leben \hwere Wunden \{lagen. (Sehr wahr! bei den Nationalliberalen.) Wie bedeutsam das für die Staats- und Gemeindefinanzen und für unser ganzes wirtschaftlihes Leben sein würde, tas brauche ih wohl niht näher auseinanderzusezen. Ih möchte aber nit unterlassen, noch e'nmal der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß cs der Einsicht der Beteiligten gelingen möge, diese bedeutsame Frage troy der entgegen- stehenden Schwierigkeiten in einer den Interessen des Gemeinwohls dienlichen und diese berücksichtigenden Weise zu lösen. (Bravo! bei den Nationalliberalen.)

Der Etat für 1912 ist daher unter dem Gesichtspunkt aufgestellt worden, daß die wirtschaftliche Lage au weiterhin befriedigend und gut sein wird. Zu gleicher Zeit ist aber auch das Programm, durch pflegliche Behandlung der Einnahmen und äußerste Zurückhaltung ia den Ausgaben das vorhandene Defizit allmählih immer mehr herab- zudrücken, sorgfältig beobahtet worden. Die Ansprüche der Ressorts sind daher, soweit sle im Staatstinteresse notwendig waren, überall berücksihtigt, soweit sie aber nux wünschénêwert waren, zurückgestellt worden, weil sonst das Defizit niht hätte herabgeseßt werden können. Die St@&luß;summen dcs Etats stellen sich in Einnahme und Ausgabe auf 4301 Millionen, also auf 215 Millionen mehr als im laufenden Jahre; der Etat {ließt mit einem Fehlbetrage von 19 Millionen ab. Das etatsmäßige Defizit ist daher seit dem Vorjahre um rund 11 Millionen beruntergegangen. Demgegenüber sollen dem Ausgleichs- fonds 57,4 Millionen Mark überwiesen werden. Defizit und Nücklage gegeneinander aufgerechnet, ergeben daher einen Ueberschuß von 38 Millionen

Es fönnte nun angesihts des guten Abschlusses für das Jahr 1910 und der günstigen Aussichten für den Abschluß des Jahres 1911 befremdlih erxscheinen, daß doch noch ein Defizit von 19 Millionen Mark und nur eine Ueberweisung von 57,4 Millionen Mark in dem Etat vorgesehen sind. Die Staatsregierung hatte hierfür aber schr triftige Gründe.

Zunächst ist dabei im Auge zu behalten, daß das etats- mäßige Defizit um rund 11 Millionen Mark geringer geworden

ift, außerdem aber, daß die Mehreinnahmen im Jahre 1911, die den Nechnungeabs{hluß \o besonders günstig vershoben haben, auf außergewöhnlichen Umständen beruhen, Die Forstverwaltung hatte erhebliche, für 1912 nicht wiederfehrende MeHreinnahmen,- weil in- folge des. Nonnenfraßes in Ostpreußen große Holzmengen zum Ein- {chlag gekommen waren, deren Bezahlung im wesentlichen im Jahre 1911 erfolgt ift, und die Eisenbahnverwaltung hat ihre Meéhr=- einnahmen zum großen Teil auf die außergewöhnlihen Wititerungs8- verhältnisse im vorigen Jahre zurückzuführen. Hierzu kommt noch, daß die beteiligten Ressorts erklärt haben, die Verantwortung für höhere Einstellungen bei der Forstverwaltung, der Eisenbahnverwal- tung und der Beérgverwaltung niht übernehmen zu können. Die Finanzverwaltung war daher hieran gebunden.

Ich komme nun zu den einzelnen Etats.

Bet der Domänenverwaltung ist befonderer Wert auf die weitere Aufschließung der ostfriesishen Moore gelegt worden. Es sind hierfür 247000 A mebr, im ganzen 664000 4, eingestellt worden- (Bravo.) Außerdem sind auch bei ter landwirt\chaftlihen Verwaltung für das Moorwesen, die Kultivterung- und Besiedlung von Oed- HARTeGEn 300000 6 neu vorgesehen. Rechnet man hierzu noch die grof E Summen, welche. alljährlich zur Entwäßerung-und Kultivierung der Niederung8moore. aufgebracht werden, so ergibt si, daß der Staat die wichtige ‘Frage der Kultivierung und Besiedlung der Moore und Oedländéretèn ‘energisch aufgegriffen hat.

Auf den Minderertxag iu den, Einnahmen der Forstverwaltung habe ich foeben hingewiesen. Für den Wegebau in den Forsten soll in Zukunft erheblich mehr geschehen, weil eine gute Aufschließung der Forsten ihre Zinsen frägt. (Sehr richtig!) Deshalb sind die Wege- baufonds bei den Forsten um Millionen. Mark erhöht worden.

Bei der Lotterieverwaltung ist‘ in Aussicht genommen, das in der Oeffentlichkeit sehr angefo{htène" Mitsbtelen* dêr fogenannten Freilose in Fortfall kommen zu lassen. D adurch ist cine entsprehende Minder- einnahme in dem Etat eingetreten. ‘Im übrigen wird auf dem Gébiet des Lotteriewesens voraussihtlich “im Li fe des Jahres sich eine wihtige Beränderung vollziehen. Bekanntlih hat Preußen mit den meisten Bundesstaaten besondere Verträge wegen Eintritts der Bundesstaaten in die preußische Lotteriegemeinf{haft ‘abges{chlofsen. Neuerdings find auch mit den drei großen Bundesstaaten Bayern, Württemberg 1nd Baden derartige Verträge abgeschlossen worden, welche diesem hohen Hause demnächst zur Genehmigung werden vorgelegt werden. Die Parlamente in Württemberg und Baden haben diese Lotterieverträge {hon „Heneimigts in Bayern sieht die Genehmigung noch aus.

Die Erträgnisse der direkten Steuern und der indirekten Steuern und Zölle 1 weisen eine erfreulihe Steigerung auf, und zwar bei den direkten Steuern von netto 17,9 Millionen und bet den indirekten Steuern und Zöllen von netto 5,7 Millionen. Diese Steigerung ist nach den bisherigen Erfahrungen zu erwarten. - Die Veranlagung zur Einkommen- und Ergänzunyssteuer wird noch nach den zurzeit geltenden Säßen geschehen, da die dem hohen Hause heute zugegangene Steuer- novelle erst am 1. April 1913 in Kraft treten soll, und bis zum Grlaß eines neuen Geseßes die’ bisherigen Säße in Geltung bleiben. Das Kinderprivileg hat auc bei der Veranlagung für 1911 wieder seine ausgleichende Wirkung ausgeübt. Auf Grund des Kinderprivilegs betrug der Steuerausfall die stattlihe Summe von 21} Millionen Mark; dabei ift es 2 600 000 Perfonen zugute gekommen.

Entsprechend den Wünschen dieses hohen Hauses ist der Bergetat vollständig umgestaltet worden. Wenn dieser Etat E die Nentabi» lität der Einzelbetriebe ein klares Bild geben soUte, war es S daß die Ausgaben für den Betrieb von denen für die Verwaltung un die Lehranstalten gesondert und auch die Kosten für Neubauten von den Betriebskosten . geschieden wurden. Dem Betrieb mußten dabei die Kosten für den Schuldendienst und für Pensions- und Hinter- bliebenenbezüge, weil fie ihm zufallen, auch zur Last gelegt werden, und deshalb von ten entsprehenden anderen Etais hierher übertragen werden. Von diesem Gesichtepunkt aus ist der Bergetat aufgestellt worden. Er gibt infolgedessen die Möglichkeit, daß man sich jederzei davon überzeugen kann, wieviel der Gesamtbetrieb und wieviel jeder einzelne Betrieb aufbringt und welche Kapitalsaufwendungen wiederum in die Bergwerke neu hineingestt ck werden scllen. Dies ist zu gleicher Zeit auch mit tem v, verbunden, daß wir in Zukunft die Möglichkeit haben, einen zutreffenden Betriebe koeffiz ienten zu ermitteln und etne Biláni nach fkaufmännishen Grundsäßen aufzustellen. Der Etat wird auch eine geeignetere Grundlage dafür bieten, einen Vergleich mit dem Piipatbergbau nah der - Nichtung hin aufzustellen, ob die Ert râgnisse des Staats8=- bergbaus gegenüber dem Privatbergbau noch. als ausreichend angesehen werden können. (Hört, hört !)

Die formellen Veränderungen der Etatsausfstellungen müssen natürlih unberücfsihtigt gelassen werden, wenn man cinen zutreffenden Vergleich des 'Neinerträgnisses des Vorjahrs mit dem des neuen (tats gewinnen will. Tut man dies, so ergibt sih, daß in diesem Jahr der Ueberschuß des laufenden Betriebs um 23 Millionen höher ver- anshlagt ist, daß aber auf der anderen Seite 24 Millionen Mark an Neuaufwendungen mehr in die Bergwerke hineingesteckt werden sollen. Jnfolgedessen bringt in Wirklichkeit auch nach dem neuen Etat die Bergverwaltung ungefähr denselben Ertrag wie nah dem Etat des laufenden Jahres.

Um die Verhältnisse bei der Bergverwaltung denen der Privatwerke nah Möglichkeit anzupassen, find Gewinnanteile für die höheren tehnischen Beamten und Prämien für tie oberen und mittleren Werks- beamten vorgesehen.

Seit Jahren erfordern unsere Bergwerke für Ausbauten und für Erweiterungen namhafte Beträge, und es ist ncch nicht abzusehen, wann dies aufhören wind. Hierdurch kommt es, daß die Mehr- einnahmen immer wicder durch Mehrausgaben vers{chlungen werden und man auf wecsentlih- höhere Betriebsübershüsse niht rechnen kann- Es ift dies für die Gegenwart allertings betrübend; wir müssen uns aber damit trösten, daß boffentlih in der Zukunft noch Mehrerträge erzielt werden.

Müssen wir uns bei der Bergverwaltung damit trösten, daß wir für die Zukunft bessere Betriebsergebunisse erhoffen, fo können wtr uns bet der Eiseibabnbecwaltütia umsomehr der Gegenwart freuen. Die Eisenbahneinnahmen find seit 1909 in einem ständigen Wa@ihêtum begriffen, und es ist auch zu hoffen, taß sie nit stille stehen, sondern weiter fortreiten werden. Für das Jahr 1912 i}t mit einer Varkehrê- steigerung gegenüber der Wirklichkeit des Jahres 1910 von 7 % get- rednet worden. Varüber noch hinauszugehen, erschien, roe son ét- wähnt, untunlich.

Die Arbeiter haben bereits im Laufe des Jahres 1911 bei der Eisenbahnverwaltung eine namhafte Lohnaufbesserurg erfahren. Der Lohntitel ist für das Jahr 1912 gegenüber der Wirklichkeit des Jahres 1910 um 20 Mi ionen Viark und gegenüber dem Etat des Jahres 1911 um 18,4 Millionen Mark erhöht worden. Sie sehen, die Staatsregierung 1immt es durd. aus ernst, für das Wohl ter Eisen- b ¿hnarbeiter zu sorgen.

Auch die Fürsorge für die Beamten läßt in k iner Weise ncch. m Etat für 1912 find 6105 neue Beamtenstellen vorzesehen, während im vorjährigen Etat nur 3623 neue Stellen vorgesehen waren. Diefe starke Vermehrung ist zum Teil darauf zurückzuführen, daß der Ver- fehr etnen größeren Umfang angenommen hat; zum anderen Teil ist sie aber wesentlih um deswillen erfolgt, um den Anwärtern auf eta!s- mäßige Stellen die Möglichkeit zu geben, s{neller in diese einzurücken, als es ohne die Stellenvermehrung möglich wäre.

Der steigende Verkehr und der infolge seiner ungewöhnlichen An- spannung im vorigen Herbst hervorgetretene Wagenmangel mat es erforderlih, daß die Staatéregierung mit großen Forderungen für Betriebsmittel an das Haus herantritt. Es ist in Aussicht genommen, den Fuhrpark in ganz erheblichen Maße zu verstärken, und zwar sollen 1130 neue Lokomotiven und Triebwagen, 2696 neue Personenwagen und 26 608 neue Gepäck- und Güterwagen angeshafft werden. (Hört- hört! bei den Nationalliberalen) Hoffentlih werden diese Neu- anschaffungen, die wirkli sehr beträchtlich sind, genügen, um allen billigen Anforderungen gerecht zu werden. Noch mehr vorzusehen, empfiehlt {h um deswillen nicht, weil das durhaus unwirtschaftlich wirken würde; denn entweder würde es dazu verführen, nicht rentie- rende Züge in erhöhtem Umfang einzustellen, oder es würde dazu nötigen, daß die Bahnhöfe mehr oder minder verstopft würden.

Das statislis@e Anlagekapital ist zuleut für den 31. März 1910 ermittelt worden. Mit diesem Zeitpunkt beträgt es 10 799 000 000 A. Es ift also wiederum um 335 Millionen Mark gestiegen. Infolge- dessen ist auch derjenige Betrag, den die Staatekasse erhält, nämlich 210 9%, um 7 Millionen und die Ausstattung des Ertraordinariums mit 1,15% um 4 Millionen in die Höhe gegangen. Für das Ertra- ordinarium find nunmehr 124 Millionen aufzuwenden, und an die Staatskasse find 226 Millionen Mark abzuführen.

Der Betriebskoeffizient stellt fh troß der vermehrten Personal- und sächlihen Kosten mit auf 68,47 9/9 anstatt auf 68,63 9/9 im Vor- jahre. Es ist das sehr wichtig; denn jedes Prozent des Betriebs-

focffizienten macht bekanntlih noch mehr als 20 Millionen Mark aus.

Der reine Betriebsübershuß übersteigt nah dem Etat die 2,10 9/0 noch wesentlih. Es ist vorgesehen, daß dem Ausgleich8fonds 57,4 Millionen Mark zugefühet werden. Nachdem das Jahr 1910 dem Autglei{sfonds 71,2 Millionen zugeführt hat und das Jahr 1911 vorausfichtlich- 110 Millionen und das Jahr 1912 voraus} ichtlih 57,4 Millionen zuführen werden, wird der Ausgleihsfonds am (Ende des F ihres 1912 238 Millionen enthalten. Davon müssen allerdings 30 Millionen in Abrechnung gebracht werden, weil für 1911 ünd 1912 je 15 Mill. Mark gegenüber je 30 Millionen nach der früheren Regelung für den Dispositionsfonds des Eisenbahnministers dem Ausgleihsfonds entnommen werden müssen. Am Ende des Jahres 1912 beträgt also der Ausgleichsfonds rund 208 Mill, Mark.

Meine Herren, ih möchte nun dringend davor warnen, daß Sie angesichts der hohen Zuwendungen an den Ausgleichsfonts vielleicht den Gedanken fassen könnten, der Ausgleihsfonds erhielte zuviel, es könnte ein Terl davon zu anderen Zwecken verwendet werden. Einen solhen Beschluß würde ich für durchaus verderblich halien. Er- fahrungsgemäß wechseln gute und \chlechte Wirtschaftsjahre mit einander ab, die alle si in den Erträgnissen der Eisenbahnverwaltung wiederspiegeln. Wir haben es erlebt, daß die Eisenbahneinnahmen in \{lechten Jahren ebenso tief sinken, wie sie in guten Jahren in die Höhe steigen. Augenblicklih s{heint eine Reihe guter Jahre ein- geseßt zu haben. Aber niemand kann wissen, wie lange diese guten Jahre noch dauern. Ueber Nacht kann ein Umschwung eintreten, der alles umgestaltet, und da ist es überaus wichtig, daß. wir einen Aus- gleihsfonds besißen, der sehr stattlih ist, der über große Summen verfügt, damit er nicht nur einem, sondern einigen \{chledchten Jahren stand zu halten in der Lage ist.

Meine Herren, die bei der Einbringung des Etats für 1911 von mir ausgesprochene Hoffnung, daß es si ermöglichen lassen werde, für 1911 ohne größere Anleihe auszukommen, hat sich erfüllt. Der Geldbedarf konnte gedeckt werden teils aus den steigenden Mein- einnahmen der Steuern und Betriebsverwaltungen, insbesondere auch aus den Ueberweisungen in den Ausglei(sfonds, teils aus dem Erlöse kurzfristiger unverzinsliher Schaßanweisungen. Ob der mit der Zurüdckhaltung in der Auflegung neuer Anleihen erstrebte Zweck sich wirklih erfüllen wird, steht dahin. IG bege aber doch die Hoffnung, daß die Zurückhaltung den Markt wieder aufnahmefähiger gemacht hat für weitere Staateanleihen. Auf längere Zeit kann natürlich die Zurückhaltung nit beobachtet werden. Dafür sorgen schon die großen Bauten und die Materialbeschaffungen für die Chienbahn, für die wir die erforderlichen Mittel bereitzustellen baben. Wir müssen infolge- dessen in dem laufenden Jahre wieder mit einer Anleihe in größerem Betrage an den Markt herantreten. Dies kann ja au nicht befremdlich ers{heinen. Der Anleihebetrag wird dadurch noch etwas größer, weil in Aussfiht genommen ist, den Ausgleihsfonds niht mehr, wie bisher, für Anleihezwecke vorübergehend heranzuziehen, fondern ihn nach Möglichkeit liquide anzulegen, damit wir, wenn es einmal notwendig werden sollte, auf den Ausgleichsfonds zurüdck- zugreifen, mit der Flüssigmächung keine wien haben.

Troßdem läßt es sich ermöglichen, daß die Höhe der aufzu- legenden Anleihe fic in. mäßigen Grenzen hält, weil ter Kassenbestand augenblicklich immerhin noch ein guter ist. Erfreulich ist bet der Auflegung der neuen Anleihe jedenfalls der eine Umstand, daß jeßt nur ganz geringe Beträge dieser Anleihe zur Deckung von Etats- defizits noch notwendig sind. Die günstigen Wirtschaftsjahre, die hinter uns liegen, haben es mit sich gebraMt, daß die hohen Fehl- beträge, für die man im Etat ursprünglih eine Anleihe vorsehen mußte, auf einen geringen Betrag. zusammengeshmolzen sind.

Die Staatésshuld wird im Anfavg des Jahres 1912 9,4 Milliarden Mark betragen. Die Verzinsung stellt sich auf durch\schnittlih 3,5 2% ist also troß der in den leßten Jahren eingetretenen Erhöhung des allgemeinen Zinsfußes immerhin noch als recht mäßig zu bezeihnen. Hierbei möchte ih auf etns noch besonders aufmerksam machen. Für die Beurteilung (GVlodcke des Präsidenten)

Für die Beurteilung, ob eine Staatsschuld ein Gemeinwesen in ungesunder Weise belastet odex nicht, kommt wesentli das Verhältnis

in BetraŸt, in welchGem die SWuld werbenden, also werterzeugenden, oder nichtwerbenden Zwetten dient. In dieser Hinsicht stehen wir in Preußen- außerordentlich günstig da. Die Staatsschuld beträgt, wie ich vorhin {on erwähnte, 9,4 Milliarden. Hiervon entfallen 7,9 Milliarden auf Eisenbahnshulden und 165 Millionen auf Berg- \{ulden, mithin auf Autgaben rein werbender Natur. Für fonstige Schulden bleiben rund 2 Milliarden; hiervon sind 1,6 Milliarden für Ansiedlungszwecke, Wasserbauten, Kleinbahnen, Kleinwohnungen für Beamte und Arbeiter in den staatlichen Betrieben und zu Güter- ankäufen in Posea und Westpreußen für die Domänen- und Forst- verwaltung, also in der Hauplsache gleihfalls für werbende Zwede aufgenommen, sodaß rund 95 9/6 der gesamten Staatsschuld als ganz oder vorwiegend werbende Anlage erscheinen (Hört, hört! links), während noch nit 450 Millionen, also b %% der gesamten Schuld an ungelilgten Anleihen übiig bleiben, die zur Deckung von Fehl- beträgen im Staatshaushaltsetat gedient haben. Demgegenüber ift darauf hinzuweisen, daß beispielsweise von . der französischen Staats- huld mit rund 24 Milliarden Mack fkaum 2509/9 und von der englischen Staatsschuld mit rund 15 Milliarden Mark nur etwa 7 Milliarden auf werbende Zwecke zu rechnen sein dürften (hört ! hört ! links), während die übrigen Staatsshulden in Frankrei zur Deckung von Kriegskosten und Defizits, in England fast nur für Kriegskosten aufgenommen sind. Dieses günstige Verhältnis prägt sich auch in dem Gta

Schuldendienst aus: denn von den 410 Millionen,

für aufgewendet werden müssen, befinten fich 320 auf den Etats der Eis u

2 isenbahnverwaltung und der waltung, werden also aus den Erträgnissen dieser Verwa vorweg bestritten, und nur der Rest von 90 Millionen belastet den Ge- samtetat; dieser Betrag wird aber schon fast allein durch die Ueberschüsse der Domänen und Forsten gedeckt, sodaß die gesamten Steuer- einnahmen, die Erträgnisse der noG übrigen Betriebéverwaltungen und die Einnahmen der Staattverwaltungen zur Deckung der eigent- lihen Staatsausgaben frei verfügbar sind. Die Staatswirtschaft beruht also auf Grundlagen, wie sie günstiger gar niht gédaht werden fönnen. (Bravo! links.) Stellt man auc hierbei vergleihêweise die franzöfischen und englischen Verhältnisse gegenüber, so findet man, daß in England nur etwa der vierte, in*Frankreih nur etwa der achte Teil der Staatsschuld durch Reineinnahmen aus Staattvermögen und taatlichen Betrieben einschließli des Postbetriebes gedeckt werden.

Der Etat der allgemeinen Finanzverwaltung enthält eine Stéige- rung der ungedeckten Matrikularbeiträge um 2,2 Millionen, und zwar anläßlich der leßten Volkszählung. Da in der Presse neuerdings die ungedeckten Matrikularbeiträge mehrfaG erörtert worderi sind, möchte ih mit wenigen. Worten darauf eingehen.

Zur Zeit der Neichsfinanzreform war das finanz!elle Verhältnis der E zum Reih höchst mißlih, ja geradezu unhaltbar

geworden. Die Matrikularbeiträge, sowett fie den Betrag: von 40 H

fibertteten harrten noch für die Jahre 1906, 1907 und 1908 der Bezahlung; sie waren nur gestundet und nicht erlassen, und außerdem drohte den Bunibeesfactöi noch ei ne weitere Anfpannung dec Matris fularbeiträge, indem die Rechnungéjahre 1907 und 1908 mit erhcb- lihen Fehlbeträgen abges{lossen A und außerdä&n für das Jahr 1909 gleichfalls ein namhafter Fehlbetrag in Aussicht stand. Dieser mißlihe Zustand ist bekanntliß dadur besettigt worden, daß das Neich die gestundeten Matrikularbeiträge und die gesamten Fehlbeträge als Reichéshuld übernahm und die Schwankungen bezüglich der Höbe der Matrikularbeiträge zwishen Etat und Rechnung dadurch auf- hob, daß es zwar nicht ein für allemal im Geseßeswege, aber doh durch Uebereinkommen der gesetzgebenden Faktoren auf die Dauer von 5 Jahren die ungedeckten Matrikularbeiträge auf 80 F für den Kopf der Bevölkerung des Reiches firierte und die Uebershüsse in der eigenen Wirtschaft des Neichs sowie die Mehrexrträgnisse der Branntweinsteuer, die sonst den Bundeéstaaten zu überweisen waren, zurückbehielt. Dieses Uebereinkommen ist in den Etatgeseßen des Neiches in den Jahren 1909, 1910 und 1911 jedesmal besonders ge- nehmigt worden. Das Neich hat die von ihm übernommenen Summen nur teilweise dur Anlcihen gedeckt. Es hat nämlich nur die gestundelen Matrikularbeiträge aus den Jahren 1906 bis 1908 und die Fehlbeträge der Rechnungen 1907 und 1908 endgültig auf Anleihe übernommen, dagegen hinsichtlih des Fehlbetrages für das Fahr 1909 bestimmt, daß dieser nur vorübergehend im Wege des Kredits gedeckt, demnächst aber aus den bereitesten Mitteln des Reiches, vor allem aus den Ucbershüssen der Jahresrechnungen, spätestens aber durch den Reichshaushalt in den Jahren 1911, 1912 und 1913 abgebürdet werden solle. Da die Nerichsfinanzen Rh in erfreulicher Weise so günstig entwickelt hatien, daß fie wieder Ueberschüsse brachten, ist dieser vorläufig dur kurzfristige Anleihe gededäte Beirag {on in den Jahren 1910 und 1911 vollständig abgebürdet woiden. In dem Etatgeset für 1911 ist daher außer dieser Abbürdung noh ein weiterer Verwendungszweck für die Uebershüsse und Mehrab- weisungen vorgesehen. Er besteht darin, daß diese Beträge zur Ab bürdung derjenigen Anltihenausgaben dienen follen, welhe in dem außerordentlichen Etat des Reiches eingestellt, aber nach den geltenden Eta 'sgrundsäßen wegen ihrer nicht werbenden Natur eigentli in den ordentlichen Etat hätten aufgenommen werden müssen. Für das Rechnungsjahr 1912 ist dieser leztere Verwendungszweck für die Uebershüsse und Mehrüberweisungen bestehen geblieben; zugleich sind abec noch zwei weitere VerwendungszwedLe hinzugefügt worden: einmal der, daß Vorschüsse für das Heer abgebürdet werden follen und für die Bekleidungsämter der Marine ein Betriebsfonds geschaffen werden oll; und ferner, daß die darüber hinaus noch zur Verfügung stehenden Beträge zur Tilgung derjenigen Anleihen dienen sollen, auf welde die gestundeten Matrikularbeiträge aus den Fahren 1906 bis 1908 und die Nechnungsfehlbeträge aus den Fahren 1907 und 1908 übernommen worden sind. Vom Stand- punkte der Bundetsstaaten aus kann man einer solhen Zweck bestimmung nur zustimmen. Wie hoch die Matzrikularbeiträge nah Ablauf der fünfjährigen Periode zu bemessen fein werden, kann ih natürliß noch nicht sagen; aber ih möchte nur dem einen Wunsche Ausdruck geben, daß cs gelingen möge, wiederum für eine weitere Periode die ungedeckten Matrikularbeiträge festzulegen ; denn nichts ist für den Hauhaltsplan der Bundesstaaten sowohl wie des Meichs mißlicher, als daß die Matrikularbeiträge von Jahr zu Jahr \{wanken und daß am Ende des Jahres nah Abschluß der Nechnung zwischen dieser und dem Etat große Verschiebungen eintreten. Die einzelnen Finanzwirt\{aften werden dadur ganz erbeblih in Mit- leidenschaft gezogen.

A “u

In dem Verbältnis der Einzahlungen zu ten Auëzahlungen der

hinterlegten Gelder ergibt fh für 1912 cine Vershlechterung von 2 Millionen Mark, bie ledigli auf Durschnittsberehnungen beruht.

Als neu ersheint in diesem Faktre zum ersten Make der Anteil am Ertrage der Wertzumwacß#steuer mit 800 000 4, die jedoch keinen Gewinn für die I bedeuten, da Autgaben an anderen Stellen diesen 800 C00 Æ gegenübersiehen.

Wenn G: A nun den allgemeinen Staatsverwaltungs- ausgaben zuwende, so bemerke i, daß die turch Einnahmen nicht ge- deckten Mehrausgaben im Ordinarium rund 16 Millionen Mark be- tragen. Da aber das Extraordinarium cinen Minderbedarf von 52 Millionen hat, so beläuft fich der Nettomehrzushuß bei Mit berücksihtigung des Beitiags der Bergverwaltung zu den Pensionen usw. nur auf 10,8 Millionen Mark. Im vorigen Jahre betrug die ungedeckte Steigerung im Ordinarium 14 Milltonen und im Erxtra- ordinarium 9 Millionen Mark. Die Herabminderung der Steigerung in diesem Jahre betrifft also nur das Extraordinarium, während der N im Ortinatium um“ 2 Millionen Mark gestiegen ist.

:dem ist hierbei sparsam gewirtschaftet worden; denn etn großer Teil der Steigérung beruht auf geseglicer Vorschrift. Dies gilt nammentlich von den Pensions- und Reliktenbezügen, dem Portoaversum und von den Kosten der Fürsorgeerziehung. Die Penfions- und Neliktenbezüge find, eins{ließlich 8 Millionen Mark bei der Eifen- babhnberwaltung, um 139 Millionen Mark gestiegen, nachdem bereits im Vorjahre 13 Millionen Mark für denselben Zweck mehr aufgewendct worden sind. Es ist das eine Folge der neuen Besold E und Neliktengeseze. Der Beharrungezustand ist segar noch nit einmal etngetreten, obschon scit dem Jahre 1907 för diese git inégesamt 33 Millionen Mark mehr aufgewendet worden sind.

Auch die Portoablösung steigt mit der Ausdehnung der Ver- wallung von Jaht s zu Jahr. Außerdèm hat die Justiznovelle durch

e Einführung der Zustellung von Amts wegen cine Sonderstetgerung von 2,1 Millionen * Mark verursaht. Die Kosten für die Fürforge erziehung steigen im neven Etat wiederum um cine Million Mark.

Ganz wesentlich sind an der Erhöhung der Staatsve rwaltungs- ausgaben die Unterstüßungsfonds beteiligt. JInsge\c n find an Uñter- stüßungen für die Beamten einshließlih der Betriebs- und Steuer verwaltungen 3 Millionen Mark Mehrbetrag im Etat für 1912 vorgesehen. Bekanntlih hat die Mehrzahl der Unterstüßungsfonds mit Rücksicht auf die ungünstige Finanz lage troy der Beamtenvermehrung und troy der Steigerung der Lebensbedürfnisse seit verschiedenen Jah1en nicht erhöht werden fönnen. Snfolgedessen haben sich die verfügbaren Fonds gegenüber den erhobenen Ansprüchen mehr u mehr als unzulänglich erwiesen, und namentli in neuester Zeit hat fi das Bedürfnis nach verstärkten Unterstüßungen als fo dringend herausgestellt, daß nicht nur Beträge zu diesem Zweck in den Etatsentwurf für 1912 neu aufzunehmen waren, fondern daß es auch notwendig erscheint, bereits im laufenden Etatsjahre in gewissen Grenzen Mehrbetkträge Über die bereits vor- handenen Mittel hinaus auszahlen zu lassen. (Sehr richtig!) Da die Unterstüßungsfonds nah allgemeinen Grundsäßen unüberschreitbar find, Tann diese Auszc ahlu ng allezdings nicht erfolgen, bevor die Staats regiérung niht die Zustimmung des Lanttags zu dieser Maßnahme erhalten hat. Ich mödte deéthalb austrüdlih hier erwähnen, daß, wenn der Landta g nit bis zum Sckch!uß der een Etatélesung eine Witerspruß erhoben hat, sich die Staatsregierung für be» fugt eradtet, die bisher bestehenden Unterftüßüngtfonts um rund 1 Million zu überschreiten. In dieser einen Million find allerdings auch die Unterstützungen gegen die Arbeiter mit einbegriffen. Hierbei muß ih noch nachholen, daß selbstverständlih die Unter- stüßungsfonds für Arbeiter neben den 3 Millionen noch besonders aufgefüllt sind. Unter den 3 Millionen Mehrunterstüßungen zUs gunften der Beamten bef indet Mrs noch ein Teil, der einer besonderen Erwähnung bedarf. Es handelt sich um Fondsverstärkungen, die aus- \{lteßlich im Interesse v L eamtea der Assistentenklasse erfolat find. Ich darf daran E 1 das bohe Haus im Vorjahre bet Gelegenheit der Beratung des Eisenbahnetats eine Resolution gefaßt hat, es möWten die Assistenten der Eisenbahnverwaltung mit Rücksicht darauf, daß die entsprehenden Beamten im Reiche . in den unteren Gehaltéflassen höhere Gehaltssäße dice obne Abänderung der Besoldungsordnung aus Billigkeitsgründen einen Ausgleich er- halten. Dieser Resolution des Abgeordnetenhauses kann aber naß dem bestehenden Etatsrc{t und nach dem ganzen Stande der Geseßge ‘bung nur in der Weise Folge geleistet werden, daß die Unterstügungsfonds im Interesse der n den unteren Gehaltê- stufen befindl!{en Beamten erhöht werden, indem man annehmen muß, daß infolge der niedrigen Bemessung der Gehbaltssäge bei diefen Beamten ein gesteigertes Unterstütungsbedürfnis besteht. Es sind zu diesem Zwecke allein bei der Eisenbahnverwaltung 613 000 H vor- gesehen. (Bravo!)

Daß auch im übrigen die Fürsorge für die Beamten im Etats- entwurf für 1912 nit zu kurz gekommen ist, ergibt sih daraus, daß an neuen Beamtenstellen 7521, davon allein die bereits erwähnten 6105 e der Eisenbahnverwaltung, gesckchaffen sind und daß ein großer

dieser Stellen ledigli den Zweck verfolgt, ein angemessenes tnis zwischen der B der etatsmäßigen Beamten und der wiederberzustellen, w E ch die Wartezeit der Diätare bisherigen Ausf ficbter n binaus cine erwünschte Abkürzung

erfahren wird.

Durch die neuen Verficßerungsämter und Oberversic herungsämter wird auch eine Reihe von neuen Stellen erforderli. Hierfür find die bei den Negierungen beschäftigten Zivil. und Militäranwärker soweit niht die Beamten ter P rsiherungsanfstalten übernommen werden, in erster Linie vorgesehen. Auch diese neuen Stellen werden die Beförderungsautsichten für die Zivil, und Militäranwärter wesentlich verbessern.

Die Untexrstütßungéfonds für die Altpensionäre sind gleihfälls wiederum erhöht worden. (Bravo!) Bereits im vorigen Jahre babe ih besonders darauf hingewiesen, daß es der Staatsregierung ernstlih darum zu tun ist, dem Unterstützungsbedürfnis der pensionierien Beamten und ihrer Siuteibtiebines, sofern der Tag der Pensionierung vor dem Inkrafttreten der neúen Gesetze liegt, naß Kräften gereckcht zu werden, und (G babe zu gleicker Zeit einen Appell an die Interessenten gerichtet, fie möchten doch unter Zurüdk- stellung falscher Ebrbegriffe H vertrauentvoll mit thren Wünschen an die zuständigea Dienststellen wenden. Dieser met Appell {eint tatsählich von Erfolg gewesen zu sein; erxfreuli(herwelsg

nis _ F gs

Dv G t E R E T I A S0 E R