1892 / 164 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 14 Jul 1892 18:00:01 GMT) scan diff

diesmal errungene Mehrheit um 3948 Stimmen gegen damals zurück. Jm Uebrigen lautete das G ela i twAt Erned- niß bis heute früh: 228 Conservative, 40 Unionisten, 214 Gladstoneaner, 7 Parnelliten, 42 Antiparnelliten. Die Conservativen gewannen bisher 15, die Unionisten 7, die Gladstonianer 65 Sitze.

Die . Königlihe Commission zur Berathung der Arbeiterfrage hat das Resultat ihrer bis Weihnachten 1891 reichenden Enguête jeßt in mehreren stattlihen Bänden veröffentlicht. i

Der Papst hat den Dr. Macdonald, bisherigen Bischof von Argyle und den Jsles, zum römisch-katholishen Erz- bishof von Edinburg an Stelle des verstorbenen Dr. Smith ernannt.

Die Delegirten von Natal, Sir John Robinson und Mr. Sutton, welche ungefähr aht Wochen in London weilten, um mit dem britischen Colonial-Secretär, Lord Knutsford, über die Einführung einer selbständigen Regierung in Natal zu berathen, sind am 9. Juli nah Afrika zurückgereist. Während lhres Aufenthalts in England hat, wie die „A. C.“ meldet, das Colonialamt einen neuen Verfassungsentwurf für Natal ausgearbeitet. Nehmen die Wähler diefen an, so wird Natal seinen Wunsch, nicht länger als Kroncolonie behandelt zu werden, erreihen. Die wesentlihste Aenderung an dem früheren Verfassungsentwurf, auf welher Lord Knuts- ford bestanden hat, betrifft die Eingeborenen. Jn der reht- lichen Stellung derselben hat der Colonial-Secretär die Prä- rogative der Krone wahren wollen.

Frankreich.

Der neuernannte Marine-Minister Burdeau hat, um den von der Kammer ausgesprohenen Wünschen unverzüglich zu entsprehen, dem Obersten Dodds den Befehl zugehen lassen, das Commando über die Land- und Seetruppen des Benin-Golfs zu übernehmen.

Der Senat nahm gestern die Vorlage über die vier directen Steuern unverändert an: ebenso den Geseßentwurf, wonach die gegenwärtige Besteuerung und Verzollung des Petroleums bis zum 31. Dezember d. J. in Kraft bleiben foll, und die Vorlage über den Ergänzungscredit für die Beschikung der Weltausstellung in Chicago. Der Senator Sal stellte an den Minister des Auswärtigen Rib ot die Anfrage, ob die französische Regierung zum Schutze der französischen Gläubiger Portugals interveniren werde, und ob die curopäischen Mächte gemeinsam vorgehen würden. Der Minister erwiderte, es kämen schwerwiegende Jnteressen Frankreihs bei dieser Angelegenheit in Betraht und die französishe NRegie- rung fönne niht gleihgültig bleiben. Man müsse anerkennen, daß die Lage Portugals s{chwierig sei, aber, wenn es seinen guten Willen beweise, würden die Gläubiger Portugal Zeit lassen. Weitere Unterhandlungen seien im Zuge; die französishe Regierung werde wachsam jein und von den Mitteln, welche sie besiße, gegenüber Portugal Gebrauch machen. Der Senat genehmigte ferner den Gescß- entwurf, durch welchen die Stadt Paris zur Aufnahme einer Anleihe von 200 Millionen Francs behufs Aus- führung öffentliher Arbeiten ermächtigt wird.

Die Deputirtenkammer nahm den Geseßentwurf über den Wiederaufbau des Gebäudes für die Komische Oper an. Die Session der Kammern wurde sodann geshlossen.

An Stelle des zum Marinc-Minister ernannten Deputirten Burdeau ist der Deputirte Poincarré zum General-Bericht- erstatter für das Budget gewählt worden.

Das Nationalfefst ist gestern Abend durch einen großen Facelzug eingeleitet worden, nah dessen Beendigung die Fadckeln auf dem Plaß vor dem Stadthause, von wo der Zug ausgegangen war, zusammengeworfen wurden. Die heutige Feier gestaltet fih in allen Stadttheilen äußerst lebhaft. Fast alle Häuser tragen Flaggenshmuck: auch zahlreiche russishe Fahnen ind ausgesteckt. E

Der Handels-Minister Jules Roche cntwicelt in einem Bericht an den Präsidenten Carnot die Bedeutung der für das Jahr 1900 geplanten Pariser Weltausstellung. Ein dur fie ermöglichter Vergleich zwischen den Fortschritten in den Productionsmethoden am Anfang und Ende ciner Periode von hundert Jahren würde die fkostbarsten Aufschlüsse bicten und eine mächtige Anziehungskraft ausüben. Alle Zweige der menshlihen Thätigkeit würden aus dieser Bilanz des Jahrhunderts Vortheil ziehen, aus der die Grundzüge des materiellen und moralishen Charakters des zeitgenössishen Lebens sich sichtbar abhöben. i; /

Infolge der Aussage des verhafieten Anarchisten Drou- bet fand die Polizei gestern früh in den Fortificationen bei Pantin eine Holzkiste mit 24 Dynamitpatronen, Le aus dem Dynamitdiebstahl bei Soisy-sous-Etiolles her- rühren.

Belgien.

Das in der General-Acte der Brüsseler Conferenz zur Unterdrückung des Sklavenhandels vorgesehene Bureau zur Centralisirung des Austaushs von Schrift- stücken zwischen den Vertragsmächten ist gestern im Ministerium des Auswärtigen zu Brüffel eröffnet worden.

Griechenland.

Nachrichten der „Pol. Corr.“ aus Athen zufolge bestand der mehrerwähnte, im Sommer-Theater zu „Phaleron“ zwischen Mitgliedern der türkischen Gesandtschaft und griechi- schen Offizieren vorgekommene Zwischenfall in einem Streit wegen der den türkishen Diplomaten eingeräumten Vorzugsfesiel, welche die griehishen Offiziere, als sih die Jn- haber der Sessel im Zwischenact zufällig entfernt hatten, von der Polizei wegräumen ließen. Wie dem „W. T. B“ zufolge verlautet, sei der türkishe Gesandte in Athen Ghalib- Bey infolge des Vorfalls im Phaleron-Theater von fcinem Posten abberufen worden.

Bulgarien.

__JIn dem Prozeß Beltschew beendete der Staatsanwalt gestern Vormittag seine Ausführungen und stellte Strafanträge gegen alle Angeklagten mit Ausnahme von Peter Milkow, dejsen Unschuld er als durch den Alibibeweis dargethan anerkannte. i

Dänemark.

Ó „Der Kong und die Königin haben gestern Abend 9 Uhr Kopenhagen verlassen und sind über Lübeck nah dem Auslande abgereist. Der König kat sich nach Wiesbaden, die Königin nah Gmunden begeben. / j

Amerika.

Das Repräsentantenhaus hat nah einem Kabel- telegramm aus Washington gestern den Antrag, die von dem Senator Stewart eingebrachte Geseßvorlage, betreffend die freie Silberausprägung, in Berathung zu nehmen, ab- gelehnt: damit ist jedes ge'chgeberische Berachen betreffs der freien Silberausprägung für die Dauer der gegenwärtigen Session beseitigt.

Parlamentarische Nachrichten.

_ Die Reichstags-Ersaßwahl im Wahlkreise Sagan- Sprottau an Stelle des verstorbenen Abg. Dr. von Forcken- beck ist auf den 23. August d. J. festgesezt worden.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Invaliditäts- und Altersversicherung.

Bei der Invaliditäts- und Altersversicherungsanstalt Berlin sind in dem Vierteljahr vom 1. April 1892 bis 20. Juni 1892 229 Anträge auf Altersrente anhängig gewesen; davon find anertannt 110, abgewiesen 39, am Schlusse des Vierteljahrs unerledigt verblieben 80 Anträge. In dem gleichen Zeitraum sind anhängig gewesen 169 Anträge auf Bewilligung “von In- validenrenten. Hiervon find anerkannt 46, abgewiesen 67, zurücgezogen 3, am Schlufse des Vierteljahres unerledigt verblieben 53 Anträge. Seit dem 1. Januar 1891 sind Anträge gestellt worden auf Bewilligung von Altersrente 2157, davon sind anerkannt 1388 auf Bewilligung von Invalidenrente 298, davon sind anerkannt 63..

Von der Landes - Versicherungsanstalt Elsaß- Lothringen find in den Monaten April, Mai und Juni d. I. 358 und im ganzen bis Ende Juni 4862 Al tersrenten angewiesen, 1095 Anträge find abgewiesen und 144 sind anderweit durch Tod der Antragsteller, Zurückziehung der Anträge u. \. w. erledigt worden. Demnach sind bis zu dem LGaBten Zeitpunkt überhaupt 6191 Alterérentenanträge zur Verabschiedung gelangt. Der jährliche Betrag der 4862 Renten beziffert sich auf rund 668400 A Von diesem Betrage zablt das Reich als feinen Antheil 243 100 , die übrigen 425 309 e hat die Landeë-Versicherungtanstalt zu deen. Von den eingelaufenen Anträgen auf Gewährung der Invaliden- rente sind bis Ende Juni 78 durch Zusprehung der Rente erledigt worden, während 195 abzuweisen waren und 13 ih sonst erledigt haben. Der Betrag der Invalidenrente bewegt sich vorläufig noch ¿zwischen 111 bis 117 Æ, steigert sich aber weiterhiu je nach der größeren Anzabl der eingeklebten Marken.

Dex 13. Jahrgang s „Statistischen Jahrbuchs für das Deutsche Reih“ (Verlag von Puttkammer u. Mühlbrecht), der um einen Monat früher als die biéherigen Jahrgänge zur Aus- gabe gelangt ift, hat im wesentlichen dieselbe Einrihtung wie jene. Umpgestaltet ist insbesondere der Abschnitt VIl „Auswärtiger Handel“, der jeßt mebr und Neueres bietet als früher, wo die Ein- und Aus- fubr nach Ländern der Herkunft und Bestimmung noch nit für das leßtvorbergebende Iahr gegeben wurde. Hinzugekommen ist bei dem Abschnitt IX „Geld- und Creditwesen“ eine Uebersicht über die Curse der Reiché-Anleihen, beim Abschnitt XII1 „Justiz- wesen" der Anfang zu einer Statistik der Konkurse, beim Abschnitt XVI1 e Arbeiterversicherung“ ein Anfang zur Statistik der Invaliditäts- und Alteréversiherung, über welhe nah Lage der Sache selbstverständlich noch nicht viel Statistishes beizubringen war. Der Abschnitt „Oeffentlithe Armenpflege" ist fortgefallen, weil das Material aus den Ergebnissen der einmaligen Aufnahme über das Armenwesen im Reih von 1885 er- \{övft war und keine Ausficht besteht, diesen Gegenstand in der behandeln zu fönnen. Der Stoff zu

Neichs-Statistik regelmäßig grapbishen Darstellungen, von denen \ich, wie gewöhnli, drei am Schluß deë Buchs befinden, wurde diesesmal der Statistik der Be- völkerung Geburten, Todesfälle, Ebeshließungen in den 50 Jahren seit 1841 und der Statistik der Preife NRoggen- und Weizen- reise i eßten 21 Jahren entnommen. : as Bestreben des Kaiserlihen Statistishen Amts, in uh aus dem amtlichen statistishen Material, welches sich ganze Reich crstreckt und für dieses gleihmäßig bearbeiten Zichtigste in gedrängtem, übersichtlißem Auszuge nah dem zu geben und dabei das Jahrbuch in feiner jeßigen [cher sih so viele Freunde erworben bat, inhaltlih bne seinen Umfang und seinen Preis zu erhöhen. veise der Quellen, denen die Zahlen entnommen find, und im Anhang ermöglichen es demjenigen, der auêéfübrlide Veröffentlibungen braut, folde leidt aufzufinden. Der Preis des Statistisben Jahrbuchs beträat, wie im vorigen ei Mark. 3 :

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Zur Arbeiterbeweguag In Magdeburg fand am Dienstag eine social- demofkratische Volfsversammlung statt, in der, wie die „Mgdb. Ztg.“ berichtet, der Reichstags-Abgeordnete Singer vor ctwa 5000 Personen sprah. Nach dieser Rede ergriff ein Mitglied der socialdemokratishen Opposition das Wort: es entstand hierdurch crhebliche Unruhe, die auch noch fortdauerte, als Herr Singer si gegen die Angriffe vertheidigte. Schlicß- lih gelangte folgende Resolution zur Annahme:

Die Versammlung hält den Parlamentarismus für ein unentbebr- lies Mittel für die Propaganda der socialdemokratishen Principien ind fpriht der socialdemokratishen Reichstagsfraction ihr volles Vertrauen aus.

Die in der focialdemokratishen Arbeiterbewegung stehenden Angestellten im Handelsgewerbe (Handlungsgehilfen und -Gehilfinnen, Geschäftsdiener, Packer 2c.) planen die Gründung eines Verbandes für ganz Deutschland. Eine Conferenz von Delegirten soll, wie die „Voß. Ztg.“ mittheilt, zu diesem Behuf am 11. September d. J. hier in Berlin stattfinden. Eine öffentlihe Versammlung der Be- theiligten in Berlin hat sih mit einer solchen Centralisation bereits einverjtanden erklärt und Delegirte zu der Conferenz gewählt. Am Dienstag Abend fand eine öffentliche Ver- jammlung von Haus- und Geschäftsdienern, Packern ch2. in Berlin statt, über die wir dem angezogenen Blatt Folgendes entnehmen : :

__ Die Versammlung, die etwa 600 Theilnehmer zählte, erklärte si ebenfalls mit der Gründong eines Verbandes einverstanden und wählte Delegirte für die Conferenz. Die Versammlung beauftiagte ferner ibr Burcau, das NReichéamt des Innern zu ersudc:en, Forschungen der Reichs-Commission für Arbeiterstatistik au auf Arbeitszeit der Hauêdiener, Pader, Comptoirboten auêzudehnen. e Zahl der Haus- und Geschäftsdiener, Pader u. #. w. in rlin wird auf 35 000 angenommen, von denen 1100 im , Verein Haus- und Ge'chäftsdiener, Paer u. #. w.“ und weitere 600 im Verein Berliner Hausdiener* organisirt sind. Das jeßige Fachblatt er Hauë- und Geschäftsdiener „Die Einigkeit“, das nicht rentirt, soll urh ein neues Organ erseßt werden.

___ In Frankfurt a. M. wurde, wie die „Frkf. Ztg.“ berichtet, in einer wegen des Brauerstrikes einberufenen Versammlung, mitgetheilt, daß die Brauerei Essighaus in der Unterhandlung mit der Wirth-Commission den Empfang dèr Ausständigen überhaupt ah

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L nts A ror La E 24 Ja 15 S ; Z lehnte, während die Jung? se Brauerei sich dazu bereit erklärte.

Herr E. Fischer tadelte den Beshluß des Brauerdekegirtentaos : Braunschweig, der alle Hilfsarbeiter von der Organisation aub zt was um fo mehr als Fehler anzusehen sei, als die ganze Arbeiterschaft fich ber Brauer angenommen habe. E In Genf wird, wie der „Berner Bund“ mittheilt, am 4. Sey, tember d. J. der zweite welshe Arbeitercongreß abgehalten der Verhandlung werden genannt:

werden. Als Gegenstände 1! Statutenberathung, obligatorishe Berufsgeno}senschaften , welches.

Arbeiterseïretariat, Ausdehnung der Fabrik- und Haftpflichtges f , W. E E E A geleBe a die Kleinindustrie, Einführung der zehnstündigen Arbeitszeit, Fest. Berufskonsulaten,

seßung eines Minimallobnes, Gründung von Studium der Rolle der Maschine.

__ Die Unruhen der ausständigen Arbeiter der Carnegie. schen Eisenwerke in Homestead sind beendet. Wie der Londoner „Allg. Corr * aus Pittsburg unter dem 12. d. M. tele- graphbirt wurde, hatte ein Contingent pennsylvanischer Miliz- truppen die Carnegie’shen Eisenwerke beseßt. Vom gestrigen Tage meldet ein Telegramm des „D. B. H.“ : Die Staatstruppen hielten heute, von den Ausständigen eingeholt, ihren Einzug in Home- stead. Die Ausständigen übergaben in feierlicher Weise die Carnegie- Werke. Die Stadt it festlich geshmüdt. s

Kunst und Wiffenschaft.

Akademische Kunstausstellung. VIE Landschaftsmalerei. Thierstück.

_L. K. Das moderne Naturgefühl specialisirt sih, fo- weit es in der Landschaftsmalerei zu Tage tritt, mehr und mehr. Die immer tiefer eindringende Naturerkenntniß, die stets weiter sih ausdehnende Anschauung fordern vom Land- schaftsmaler scheinbar eine Concentration des Empfindens auf ein bestimmtes, eng abgegrenztes Gebiet. Die Einbildungskraft des einen wird ausshließlich von den Naturphänomenen der Gebirgswelt angeregt, der andere findet die intimsten Natur- reize nur in den Haiden und Mooren der Teief- ebenen, ein dritter fühlt sich einzig von dem Anprall der Wogen gegen den Meeresstrand zum Schaffen be- geistert. Wir haben ausgezeichnete Alpenmaler, Haidemaler Mondscheinmaler, Orientmaler, Nordlandsmaler, welche die ganze Virtuosität ihres Könnens ausschließlich auf ihrem eng- umgrenzten Gebiet erworben haben und bethätigen. Jn solcher Zeit erwirbt ein Künstler, der im universellen Sinne Land- hafter genannt zu werden verdient, doppeltes Anrecht auf Anerkennung. Die Großherzoglih badishe Kunstschule zu Karlsruhe befißt in Gustav Schönleber einen solchen viel- seitigen Meister, dessen Lehrthätigkeit begreifliherweise cine überaus fruchtbare ist, sodaß Karlsruhe, zumal neben Schön- leber auch H. Baisch dort wirkt, augenblicklich als Vorort der deutshen Landschaftsmalerei angesehen werden darf. Die reiche Auswahl von nicht weniger als siebenundachtzig Oel- bildern und Skizzen Schönleber's, die zu einer Sonderausstel- lung vereinigt sind, erweckt in der That Bewunderung und Staunen über die Vielseitigkeit seines Schaffens. An den Felsgestaden des Mittelmeeres, in den Lagunen Venedigs fühlt er sich gleih heimisch wie an den Dünen der Ostsee und den Marschen der Niederlande. Dabei weiß er seine Malweise einem jeden Vorwurf auf das glücklihste anzupassen und offenbart darin eine shier proteusartige Wandlungsfähigkeit. Man glaubt in der That einen anderen Künstler vor sih zu sehen, wenn man feine in gedeckten Farben gehaltenen hollän- dishen Dorfbilder neben dem tiefleuchtenden Felsstrand bei Nervi betrachtet. Das holländishe Landschaftsidyll ist cin Vorwurf, dem er besonders liebenswürdige Seiten abzuge- winnen weiß. Stille abgelegene Winkel bevorzugt S., wo ih braunrothe Schindeldäher 1m Wasser des Kanals spiegeln, dunkle Mauermassen in den bewölkten Himmel ragen, Rauch aus den Schornsteinen der Fischerhütten emporsteigt, eine Windmühle melancholish langsam ihre Flügel dreht, das Schilf am Ufer von lindem Winde bewegt wird, das Wasser über das Mühlenwehr rausht und graue Weiden ihre Aeste in den bedeckten Himmel emporrecken. Die Wohlhäbigkeit und Schlichtheit holländishen Wesens kommt in diesen Naturausschnitten trefflich zum Ausdruck; wir denken uns dicse Hütten und Häuser, denen der Künstler nur selten Figurenstaffage hinzufügt, bewohnt von zufriedenen anspruchs- losen Menschen, deren Empfinden eng mit der Scholle Landes, auf der fie aufgewahsen, verknüpft ist. Als besonders stimmungsvolle Beispiele, die zugleih das feine coloristische Empfinden des Meisters offenbaren, seien besonders die Ansicht von Nieuwckerke (1783), das Scheldeufer bei Antwerpen (1075), wo der leßte Schein der Abendsonne auf den Fenstersheiben der Schifferhütten spielt, die Studie aus Overschie (1078) und die Abendstimmung bei Delft (1090) genannt. Dann wiederum führt uns der Maler an das Meer, das er bald stürmisch be- wegt schildert (1049), bald glizernd im Licht der Sonne, das dur die Wolkenmassen bricht (1097). Virtuos- weiß er das Jagen der Wolken und den Gischt der Wogen, das gedämpfte Licht des bedeckten Himmels wiederzugeben. Meisterhaft ist auch die Luftstimmung eines Sommerabends mit ihrem warm- leuchtenden Goldton in dem großen Kanalbilde Oudekerk (1042) getroffen; ebenso die überschwemmte Weidentrift mit herbstlich kahlem Geäst, über das die shwermüthig grau getönten Dächer des Dorfes emporragen, während sich der Himmcl bereits aufzuhellen beginnt (1054). Die tiefaufleuhtenden Wecg?n des Mittelländishen Meeres in ihrer Durchsichtigkeit und ihrem Glanz sehen wir an den moosbewachsenen Fels- hängen der Buht von Nervi aufshäumen; ein silberner Dunst umslort die Lagunen Venedigs, an deren Horizont die malerishen Umrisse der Marcusstadt verschwimmen (1048). Die Frühlingspracht der deutshen Heimath verherrlicht Schönleber \ch{chließzlich in ciner shwäbischen Vedute, aus deren Formen und Farben uns sofort der Charakter der heimathlihen Landschaft lebendig entgegentritt. Kurz, dic Schönleber-Ausstellung bietet einen so vielseitigen Genuß, daß man sich nur shwer von den beiden Cabinetten, welche so reiche Schäße bergen, zu trennen vermag. Obwohl ein Schüter desselben Meisters, ist Josef Wenglein eine von Schönleber in jedem Zuge verschiedene Künstlerpersönlichkeit. Sein Lieblingsthema, das er bis zur Eintönigkeit - wiederholt, ist die Landschaft seiner heimathlihen Umgebung, die Jsar-Auen und -Bergufer, das Dachauer Moos und die bayerische Ticf- ebene: vor allem den s{chwermüthigen Reiz wolkiger Tage, den Abendnebel über der Flachlandschaft weiß er mit stimmungs- voller Farbengebung zu schildern. Die braunen Töne, der tiefe Ernst und die Großzügigfkfeit seiner Malweise lassen |! am ehesten Lenbach vergleichen: man möchte angesichts der großen einsamen Jfarlandschaft bei Tölz (Nr. 1373) fast von einem Lenbachish aufgefaßten Landschaftsporträt \sprehen. An den großen Stil dieser Formen reiht Schönleber nicht heran, seine Art, die Natur zu sehen, ist wesentlich hlihter und bescheidencr,-

dafür aber auch freundliher und liebevoller im Erfassen des Einzelnen. In einer ganz anderen Farbenwelt bewegen sich die Landschaften von Hans von Bartels, meist holländische Motive, in keckem Freiliht und mit großer Bravour aus- geführt. Das Dünenbild „Erwartung“ mit zwei Fischerfrauen, die besorgt auf die hohe See hinausblicken, hat einige Ver- wandtshaft mit Liebermann’'s holländishen Sirandbildern; nur verfügt Bartels über eine reichere Farbenscala und einen leichteren Vortrag. Der herbe Ernst Liebermann's in Landschaft und Gestalten ist ihm niht eigen; er bleibt in erster Linie YAquarellist, und {hon diese Technik begründet die größere Flüssigkeit seines Farbenvortrags. Das Motiv des großen Yquarells „Sturmfluth“ (1423) würde einem Künstler der ¿lteren Schule Gelegenheit gegeben haben, in finsteren Tönen den Aufruhr der Elemente zu schildern; Bartels löst das Ganze in ein gleihmäßiges Lichtgrau auf und doch empfindet man mit voller Wahrheit das Unbeimliche, Gefahrdrohende der Situation. Alles flüchtet vor den steigenden Wasserwogen zu der auf einer Anhöhe gelegenen Dorfkirhe; Greise und alte Meiber, beladen mit ihren leßten Habseligkeiten, sehen wir dur den niederströmenden Regen zu jener leßten Shußwehr emporklimmen, deren dunkle Mauermassen sich von dem grauen Gimmel abheben. Auch der „Nebelmorgen an der hollän- discGen Küste“, den unsere Nationalgalerie erworben, hat etwas ungemein Ueberzeugendes in der Stimmung. Nur das Wasser, das in trägen Wellen an den Strand spült, wirkt befremdend und unnatürlich. Wie meisterhaft Bartels gerade diese Seitc seiner Kunst beherrscht, zeigt uns das danebenhängende aroße Bild „Nordishe Mondnacht“: an einer steinigen Küste brandet das lihtblaue Meer, auf dessen Wellenkämmen das Mondlicht glizert. Die Tiefe und Durchsichtigkeit des Wassers ist mit staunenswerthem Geschick wiedergegeben; die Ge- sammthaltung des Bildes erscheint aber, namentlich am Horizont, für ein Nachtstück allzu hel. Auch die zahlreichen fleineren holländishen Landschaftsstudien und Jnterieurs des Künstlers leuhten in hellstem Licht. Ueberall dringt dieses hin, es giebt keine Schlagschatten, alles löst sich in durh- sichtiges Helldunkel und Reflexlicht auf; der anfangs unruhige Eindruck vieler dieser feinbeobachteten Studien verliert sich bei längerer Betrachtung, und das Auge erfrisht fih an dem buntschillernden Reiz der Farben weit intensiver als an den aeshlossenen Licht- und Schattenwirkungen, den eintönigen Upcalfarben der älteren Schule.

In der Landschaft ist der her mit dem größten Erfolge ( j Neihe hochbedeutender Leistungen dieser Richtung be- geqnet uns auch auf der diesjährigen Ausstellung. Wir unterscheiden zwei Gruppen, von denen die eine besonders dur kräftige, niht selten derbe Malweise ihre Wirkung er- zielt, während die andere die zarten duftigen Licht- und Lusft- wirkungen besonders der Frühlingsstimmung bevorzugt. Breit angelegt und von unübkrtreffliher Klarheit ist die über- schwemmte Flachlandschaft von Emile Claus, über welche ein Windstoß wildzerrissene Wolken jagt (Nr. 185): auch die „Verschleierte Sonne“ von Feddersen verdient in dieser Hin- icht lebhafte Bewunderung. Ein Motiv aus der Umgebung Münchens hat Otto Strüßel in der gleihen markigen Weise behandelt. Daneben seien die zum theil in Del, zum theil in Wasserfarben gemalten Landschaften des Berliners Marx Koch, der Spätsommer von J. Bergmann, ein Mondaufgang von G. Grobe, ein märkisches Motiv von K. Neunzig und eine Anzahl Aquarelle von Uri Lesser und G. Wendling genannt. Das zarte Freiliht mit ver- s{chwimmenden Tönen, duftiger Ferne und zierliher Einzel- behandlung vertreten besonders tüchtig Sebastian Lucius, R. Warthmüller, F. Kallmorgen, H. Heimes, E. Günter, Ludwig Dettmann, H. Liesegäang, W. Leistifkow, P. Müller-Kämpf und Max Uth. Eine Schneelandshaft von auffallender Klarheit und Ein- dringlichkeit hat der in München ansässige Schwede Andersen-Lundby ausgestellt, Jdyllishe Frühlings- bilder mit reiher Blüthenprahi und durchsichtiger lihter Farbenstelung malten C. N. Banzger, h. Hagen, C. Irmer, P: Thomas, D. Férnvberg;, L Günther und Paul Vorgang. Auch die feinempfundenen Flahlandshaften von E. Kubierschky, Georg Oeder und Mar Schmidt und die ernst aufgefaßten landschaftlichen Versuche von W. Trübner und Ernst te Peerdt lassen sich hier anreihen, obwohl diese Künstler niht durhaus zur Freilichtmalerei sich bekennen. Jn der Herbstlandschaft reizt den modernen Maler vor allem das leuhtende Gold des Laubwaldes, das seit Courten’s meisterhaftem „Goldregen“ auf der leßten Ausstellung uns in zahlreihen Wiederholungen be- gegnet, niht immer so flott gemalt, wie in dem Herbstnahmittag im Teutoburger Walde von Hoff- mann von Fallersleben (530) dem Jlsethal von Müller-Kurzwelly, dem all

Impressionismus bis- durchgedrungen, eine

s Waldbilde morgens, aber doch meist gut beobachtet und von ansprechen- der Wirkung. Die polnishen Maler haben für die Schilde- rung des melancholishen Herbstmorgens mit seinen blauen Schatten und Nebeln eine ganz besondere Vorliebe, wie Fa lat’'s schon von früheren Ausstellungen bekannte Jagdbilder erkennen lassen. Auch einige Berliner Künstler, wie O. Ernst und Paul Soeborg, behandeln ihre Herbstlandschaften in dieser weich lasirenden stimmungsvollen Art. E

__ Die Reize des mitteldeutshen Berglandes, seine fanften Hügellinien, das Jnnere seiner Laubwälder mit ihren stillen Weihern und freundlichen Durchblien, bieten troß der gegen- wärtigen Vorliebe für Flachlandschaften noch immer zahl- reihen Künstlern dankbaren Stoff. Jn saftigen Farben leuchtet der Waldteih Paul Flicke l’s, eines der begabtesten unter den jüngeren Berliner Landschaftern; in großem ernsten Stil hat F. von. Wille “ein Motiv vom Gleisberge in Oberhessen aufgefaßt. Auh Julius Jacob, der bisher vorzugsweise als Aquarellist si bervorgethan, hat ein trefflihes Oelbild „Dorfweg“ mit Thier- itaffage ausgestellt und damit ein neues vollgültiges Zeugniß tur leine hohe Begabung abgelegt. Konrad Lessing, Benne- wiß von Locfen, Wilhelm Feldmann, O. Günther- Naumburg vertreten die Berliner Schule nach dieser Rich- tung in hervorragender Weise. Das Alpenbild ist zu Gunsten der Nordlandsberge ziemlih in den Hintergrund des Interesses gedrängt. Zwar haben auch diesmal bewährte Alpenmaler, wie Otto von Kameke, Graf Stanislaus von Kalk- reuth, J. Rummelspacher, Valentin Ruths und Carl Ludwig charakteristishe Proben ihrer Kunst ausgestellt, aber der Löwenantheil der Gebirgslandschaften fällt unbedingt den Nordlandsmalern zu. Die fremdartigen Felsformationen mit ihren r anden Kuppen, die Klarheit und Durchsichtigkeit der Uft, die Schärfe der Umrisse und der eindrucksvolle Ernît

der skandinavishen Bergwelt fesseln niht nur die einheimischen Maler, sondern auch deutshe Landschafter verlegen ihre Stu- dienreisen immer häufiger nach Norwegen und Schweden. gu den vorzüglichsten Leistungen der Art sind die Bilder A. Normann s zu zählen, unter welhen besonders der düster gestimmte Balestrand im Sognefjord hervorgehoben werden muß. Auch Romin's Felsstrand auf Gotland und Hans Gude’s Sommerabend im Christianiafjord sind mit Auszeichnung zu nennen. Von deutshen Künjtlern thun sich Salzmann, Eckenbrecher, F. Grebe, Hellweg und Oesterley jr. hier hervor. Neben den Nordlandsbergen hat die nordishe Seeküste einen bevorzugten Play in dem Reper- toire der deutshen Landschaftsmalerei. Viel originelle Kraft wird an diesen Vorwurf gewandt, und einzelne Strand- bilder zählen zu den tüchtigsten Leistungen der ganzen Ausstellung. Hermann Baisch mit seinen Krabbenfischern von Nieuport ist « hier an exsier Stelle zu rühmen. Baus BVölEer , A. Fricke, R. Eshkeé, W. Hammacher und Petersen- Angeln suchen. ihre Mo- tive an der Nordseeküste und den pittoresken Ufern Nord- frankreihs. Aber auch der Oftseestrand, dessen malerische Reize lange Zeit von unserer Künstlerweli unbeachtet blieben, lenft die Aufmerksamkeit der Landschafter immer häufiger auf sich: J. Wentshèr, Müllex=Kurfwvelly, J. Siemering, A Ker, Kohuert, Burmester, Müllér- Kämpf, H. Basedow und Helene Sietze haben ansprehende Mo- tive vom samländishen und kurishen Strande behandelt. Unter den Marinemalern, deren gerade die Berliner Schule eine Anzahl tüchtiger Kräfte zu den ihren zählt, zeihnen si A. Achenbach, C. Salymann, H. Ejhke, Schnars- Alguisi, Gude, Dahl, Hans Bohrdt, E. Düdcker und K. Böhme auf der diesjährigen Ausstellung in hervor- ragendem Maße aus. Jtalien, einst das gelobte Land aller Kunst- beflissenen, findet heute nur noch wenige Bewundercr unter den deutschen Künstlern. Oswald Achenbach freilich ift dem Lande seiner Jugendsehnsucht treu geblieben : ein Gewitter- sstturm in der Campagna zeigt den gewandten Coloristen im Vollbesite seiner oft bewährten Kraft. Ganz in seinen Bahnen wandeln auch A. Lutteroth, A. Flamm und Hermann Krüger. Albert Hertel malt seine italienishen Küsten- bilder im heroishen Stile Claude Lorrain's mit vornehmer Wirkung und feiner Farbenempfindung. Neben seinen beiden großen Veduten aus der Umgebung Rapallos an der genuesi- schen Riviera verdient besonders cine kleine Aguarellstudie, den Wachtthurm desselben Hafenstädthens darstellend, Be- wunderung. Wie nüchtern wirkt daneben Nerly's Lavaausbruch in Torre del ‘Greco oder Langhammer's grob decoratives Hochbild des Felsenstrandes bei Fiume! Freudemann's Nachtstück von der Riviera di Levante ist nur als coloristishes Experiment zu betrachten, das kühn ge- wagt, aber schwach gelungen ist. Zierlihe Ansichten von Nervi hat der Münchener Alfred Zoff ausgestellt, ohne doch in die allzuspißzige Manier Brancaccio”s zu verfallen, der mit einem Bauernhaus auf Capri und einem Blick auf das alte Neapel charakteristish vertreten ist.

Orientbilder sowie jüdamerikanische Veduten finden wir von E. Körner, Bracht, M. Rabes und K. Denidcke, dessen Leistungen wir schon gelegentlich einer Sonderausstellung im Salon Gurlitt An gewürdigt haben.

Das Thierstück wird namentlich in Karlsruhe und München mit großem Erfolg cultivirt. Neben den Altmeistern Mali und Bra ith begegnen uns aus München C. Zimm er- mann und H. Ziegel, leßterer ein vortreffliher Schafmaler mit breiter sicherer Technik. Hermann Baisch zeigt sich in seinen Thierstücken ebenso hervorragend, wie als Landschafter. Auh sein Schüler Friedrih Behrendt verräth in seiner ostpreußishen „Viehweide“ ein recht beachtens- werthes Talent. Während alle diese Künstler mehr Landschaften mit Thierstaffage malen, wie auch der Berliner O. Frenzel und der Pferdemaler Georg Koch, ist Paul Meyerheim der anerkannte Meister des Thierporträts, der das einzelne Jndividuum mit allen seinen Eigenheiten studirt, sein Jnnenleben und den Charakter in wißiger oder gemüthvoller Weise roiederzugeben versteht. Unter den zahlreihen Bildern der ihm eingeräumten Sonder- ausstellung finden wir viele Beispiele für diese seine Art der Thiercharakteristik.

Die leuchtenden Nachtwolken, welche seit 5 bis 6 Jahren bei uns in den Juni- und Juli-Nächten und ebenso auf der südlichen Erdhalbkugel in den Dezember-Nächten (den dortigen Sommer-Nächten) wahrgenommen wurden, aber all- mählich immer seltener und spärlicher erschienen sind, wurden im laufenden Jahre zuerst in der Naht vom 8. zum 9. Juli von Herrn F. S. Archenhold auf dem astro-photographischen Observatorium zu Halensee bei Berlin beobachtet und E i; O /

s wurde festgestellt, daß die Wolken sich über dem nörd- lihen Jütland und über dem westilihen Norwegen bis gegen Bergen hin erstreckten. Auch in diesem Jahre scheinen erst nah Mitternacht gegen 2 Uhr die günstigsten Sichtbarkeits- bedingungen dieser merkwürdigen Wolken am Nordhorizont einzutreten. i L

Das eigenthümlich scharfe Leuchten derselben, welches hie auf den ersten Blick von allen ähnlichen Gebilden unterscheidet, rührt offenbar von der unmittelbaren Zurückstrahlung des nächtlihen Polar-Sonnenscheins her, welcher diese Wolken in- folge ihrer großen Höhe noch trifft. S

Die Bedeutung dieser Wolken und ihrer jährlichen Wanderungen is für wichtige kosmishe und meteorologisce Probleme eine fo große, daß ihre Erforshung, um welche sich in den legten Jahren fast nur die Herren O. Jesse und F. S. Archenhold in Stegliß und in Halensee, unterstüßt durch die hiesige Akademie der Wissenschaften und durh die hiestge Sternwarte, bemüht haben, ‘ciner viel umfassenderen Förderung bedürfte. Man wird nach dem in den nächsten Fahren bevor- stehenden gänzlihen Dahinschwinden der Erscheinung diese Vernachlässigung aufs shmerzlihste bedauern.

Da nah der neuesten Wahrnehmung von F. S. Archen- hold auch in dem bevorstehenden Sommer der südlihen Halb- fugel noch auf die Wahrnehmbarkeit der Erscheinung gerechnet werden darf, werden hiermit insbesondere die Seefahrer er- sucht, auf dieselbe zu achten und ihre Berichte darüber gn die deutsche Seewarte oder die Berliner Sternwarte einzusenden.

Der Geheime Regierungé-Rath, Professor Dr. Wilhelm Wattenbach, welcher seit 1873 an der Berliner Universität wirkt, begeht, wie die „Post“ mittheilt, am 20. Juli sein fünfzigjähriges

Doctor-Jubiläum. Dex Jubilar ist seit dem Fahre 1882. Mitglied der Akademie der Wissenschaften und gehört seit nahezu zwanzig Fahren der Central-Direction der Monumenta Germaniae an. Vor seiner Berufung an die biesige Universität war er elf Jahre an der Universität Heidelberg thätig.

Kurz unterhalb der Winkler Fähre haben, wie dem „Hann. Courier“ aus Ju t \chede bei Langwedel berichtet wird, Arbeiter, die mit dem Reinigen des Fahrwassers der Weser beschäftigt waren, im Schlick einen sogenannten Einbaum gefunden, der aus einem Eichenbaum gehauen, 26 Fuß: lang und vor: breiter als hinten ift; quer durch das Schiff gehen zwei gleichfalls aus demselben Stamm gehauene NRuder- bâänke. Troß des hohen Alters, das diefes Schiff besißt, ift es noch sehr gut erhalten; es soll demnächst nach Berlin an das Museum ge- \chickt werden. Damit es sich besser bält, ift es wieder unter Waffer gefenkt worden:

Aus Dublin wird von der dreihundertjährigen Jubel - feier der Universität der „Köln. Ztg.“ noch berichtet, daß am 6. d. M. die Ertbeilung der Ehrendoctorwürde an eine Anzaktl hervorragender Gelehrter und Küystler stattgefunden hat, die mit Ausnahme von Francesco Brioëhi aus Mailand sämmtlich an- wesend „waren. Es erhielten u. a. den Ehrengrad als Meister der Ingenieurkunst (Master of Engineering): Lord Armsftrong, Sir Benjamin Baker und Sir Charles Wilfon: als Doctor der Literatur : Friedrich Blaß (Kiel), Theodor Gomperz (Wien), Marx Müller (Or- ford), der Bischof von Peterborough, Arminius Vambéry (Pest), Sir Frederic Leighton (Präsident der Akademie der Künste in Lon- don), der Maler L. Alma-Tadema und der Schauspieler H. Irving ; den Ehrenpreis als Doctor der Musik: Charles H. H. Parry (Lon- don): als Doctor der Wissenschaften: Julius Kollmann (Basel), Nichet (Paris), Sir W. Turner (Edinburg), Wilh. Waldeyer (Berlin), Sir Archibald Geikie (London), Lord NRayleigh (London), Francesco Brioschi (Mailand), Luigi Cremona (Rom), James W. L. Glaisher (Cambridge), Paul A. Jordan (Erlangen); den Ehbren- Grad als Doctor der Medizin: John Shaw Villington (Washington), Thomas Bryant (London), Sir Andrew Clark (Loudon), Adolf Gufserow (Berlin), Jonathan Hutchinfon (London), Thomas Grainger Stewart (Edinburg): den Ehren-Grad als Doctor der Rechte : Thomas Erskine Holland (Orford), Paul Leroy Beaulieu (Paris), Adolf Wagner (Berlin), General F. A. Walker (Massachusetts).

Land- und Forftwirthschaft.

Saatenstand in Rumänien.

Ueber den Saatenstand in Rumänien zu Anfang dieses Monats erfahren wir Folgendes:

In der Walachai haben starke Stellen den Saaten Schaden zugefügt, dort auf eine gute Mittelernte gerechnet.

In der Moldau haben die Saaten mit Ausnahme des Mais unter der großen Dürre zu Anfang v. M. gelitten. In der Dobrudscha ift der Saatenstand gut. Der Rapsschnitt hat begonnen, und ist das Ergebniß stark unter mittel.

Niedershläge an manchen doch wird defsen ungeachtet

Gesundheitêwefen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Griechenland. | Durch Königliches Decret vom 5. Juli 1892 sind folgende Maß- nabmen getroffen worden :

1) Die feit dem 17./29. Juni d. und zwar von Batum bis Suchum-Ka - beide Orte inbegriffen fommenden Schiffe, welhe den Bosporus passirt haben, obne die dort von der türkischen Regierung verordnete zebntägige Quarantäne durh- gemacht zu haben, werden einer elftägigen, in der Quarantänestation der Insel Delos zu absolvirenden Quarantäne unterworfen. Die Zeit der Fahrt wird dabei niht in Anrechnung gebracht.

9) Die seit dem 17./29. Juni d. Ï. aus den nördlichen Häfen des Schwarzen Meeres von Suhum-Kale (dieses nicht inbegriffen) bis Kustendje (dieses inbegriffen) kommenden Schiffe, welhe die von der türkischen Regierung verordnete fünftägige Beobachtungsguarantäne in der Türkei nicht abfolvirt haben, werden einer fünftägigen Beobach- tungêquarantäne unterzogen. Dieselbe kann in jedem griechischen Hasen abgehalten werden , in welhem sich eine Sanitätébehörde befindet.

Die seit dem 20. Juni/2. Juli d I. von der zwischen Beirut (inbegriffen) und Joppe (nit inbegriffen) belegenen Küste kommenden Schiffe haben sich ciner ärztlihen Revifion zu unterziehen.

Bulgarien.

Schiffe, welhe von der Küste des Schwarzen Meeres zwischen Suchum-Kale und Trébisonde (Trapezunt) kommen, unterkiegen einer zehntägigen, solhe, welche von der übrigen fleinasiatishen, russishen oder rumänishen Küste des Schwarzen Meeres einschließlich der Donauhäfen kommen, ciner fünftägigen Quarantäne. Ferner er- leiden Schiffe, welhe von der syrishen Küste zwishen Beirut und Jaffa diese beiden Städte niht mit einbegriffen herkommen, eine zehntägige Quarantäne.

Süd-Amerika.

Die- bisher für vom gelben Fieber verseucht oder des\elben ver- dächtig erklärten Häfen Brasiliens sind durch Verordnung der Regierung von Uruguay vom 4. Juni 1892 für rein erklärt worden.

I. aus dem Schwarzen Meere, r le

Altona, 13. Juli. (W.T.B.) Die Maul- und Klauen- seuche ist als erloshen anzusehen; die von derselben inficirten Kühe sind sämmtlich geshlachtet und die Stallungen, in denen diefe gestanden hatten, find desinficirt worden.

London, 13. Juli. Eine amtliche Verordnung verbietet laut Meldung des „W. T. B.“ vom 15. d. M. ab die Einfuhr von Lumpen, die von Frankreih, aus den Häfen des Schwarzen und Asow!chen Meeres fowie aus den Häfen der asiatischen Türkei fommen:; auégenommen find die zur fofortigen Wiederausfuhr be- stimmten Lumpen.

Handel und Gewerbe. Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks

an der Nuhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 13. Juli gestellt 10 252, niht rechtzeitig gestellt keine Wagen. ] In Oberschlesien sind am 12. d. M. gestellt 3990, nicht

rechtzeitig geftellt keine Wagen.

Verkehrs-Anftalten.

Bréêmén, 14 Zul (W. T.B} Norddeutscher LloyV Der Schnelldampfer „Lahn“ hat am 13. Juli Morgens die Reise von Southampton nah Bremen fortgeseßt; er überbringt 546 Passagiere und volle Ladung. Der Schnelldampfer „Spree ist am 12. Juli Vormittags von New-York via Southamp- ton nach der Weser abgegangen. Der Schnelldampfer „Käiser Wilhelm 11°, am 2. Juli von Bremen und am 3. Juli von Southampton abgegangen, ist am 12. Juli Mittags in New-York angekommen. Der Postdampfer „Hermann“, von New-York kommend, hat am 12. Juli Nachmittags Lizard passirt. Der Postdampfer „Leipzig“, nah Brasilien bestimmt, ist am 13. Juli Morgens in Antwerpen angekommen. Der Schnell- dampfer „Havel“ nach New-York bestimmt, hat am 13. Juli Morgens D over passirt.

Mannigfaltiges.

In jüngster Zcit sind wiederum ungewöhnlich viele gefälsht“ Sparkassenbücher in der städtishen Sparkasse vorgelegt worden“ Das Curatorium der Sparkasse hat daher den Beschluß gefaßt, fortan jeden zu seiner Kenntniß gelangenden Fall der Staatsanwaltschaft

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