1892 / 172 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Jul 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Brig. beauftragt. Horadam, Majornnd Commandeur des 1. Schweren Reiter-Regts. Prinz Karl von Bayern, in gleicher Eigenschaft zum 1. Ulan. Regt. Kaiser Wilhelm I1. König von Preußen, Shmidt, Rittm. vom 4. Chev. Regt König, in den Generalstab (Centralstelle), verseßt. Prinz Alfons von Bayern Königlihe Hoheit, Major und etatsmäß. Stabsoffizier im 1. Schweren Reiter-Regt. Prinz Karl von Bayern, zum Commandeur dieses Regts., Frhr. v. Shacky auf Schönfeld, Major und Escadr. Chef vom 4. Chev. Regt. König, ¿zum etatsmäß. Stabsoffizier im 1. Schweren Reiter-Regt. Prinz Karl von Bayern, ernannt. Graf v. Ysenburg-Philippseich, Rittm., bisher à la suite des 3. Chev. Regts. vacant Herzog Maximilian und Adjutant des Kriegs-Ministers, zum Escadr. Chef im 4. Chev. Regt. König, Frhr. v. Hirschberg, Pr. Lt. des 1. Chev. Regts. Kaiser Alexander von Rußland, bisher commandirt zum Generalstabe, unter Stellung à la suite des vorgenannten Regts., zum Adjutanten des Kriegs-Ministers, Heimberger, Nittm. und Zweiter Traindeopt- Offizier, zum Ersten Traindepot-Öffizier, Pfreimter, Sec. Lt. a. D., Secretariats-Assist. von der Intend. 1. Armee-Corps, zum Pr. Lt. mit einem Patent vom 30. Oktober 1389 und zum Zweiten Train- depot-Offizier, beide beim Train-Depot 11. Armee-Corps, ernannt.

16. Juli. Frhr. v. Reitzenstein, Oberst und Commandeur des 12. Inf. Regts. Prinz Arnulf, commandirt zur Führung der Ge- schäfte des Commandeurs des Landw. Bezirks 1. München, unter Stellung zur Disp. mit Pension, zum Commandeur des Landw. Bezirks 1. München, Winneberger, Oberst, bisher à la suite des 12; Inf. Negts. Prinz Arnulf und commandirt zur Stellvertretung des abcommandirten Negts. Commandeurs, zum Commandeur des 12. Inf. Negts. Prinz Arnulf, ernannt. Dillmann, Oberst-Lt. à la suite des 3. A e Regts. Königin-Mutter, Director der Pulverfabrik, in gleicher Eigenschaft zum Haupt-Laboratorium verseßt. Ruland, Hauptm. à la suite des 2. . Fuß-Art. Regts., Unter-Director bei der Gewehrfabrik, zum Director der Pulverfabrik, Bäumer, Hauptm. à la suite des 4. Feld-Art. Regts. König, Directions-Assist. bei den Art. Werkstätten, zum Unter-Director beim Haupt-Laboratorium, Gollw er, Hauptmann à la suite des 2. Fuß-Art. Regts., Directions-Afsist. bei den Art. Werkstätten, zum Unter-Director bei der Gewehrfabrik, Ries, Finck, Pr. Lts. des 1. Fuß-Art. Negts. vacant Bothmer, unter Stellung à la suite des genannten Truppentheils, zu Directions-Assistenten be! den Art. Werk- stätten, ernannt. : :

DUrch . Verfügung der Inspection Der F uß- Artillerie. Kaufmann, Zeug-Hauptm. von den Art. Werkstätten, Martin, Zeug-Hauptm. von der Geschüßgießerei und Geschoßfabrik, gegenseitig verseßt. : / ;

Im Beurlaubtenstande. 16. Juli. Hollidt, Pr. Lt. a. D., vormals in Königlich preußishen Militärdiensten, als Pr. Lt. in der Landw. Inf. 1. Aufgebots (Speyer) mit cinem Patent vom 17. Juni 1889 wiederangestellt. Flach, Weinmann, Pr. Lts. in der Nes. des 3. Inf. Negts. Prinz Karl von Bayern, Lev î, Pr. Lt. von der Landw. Fuß-Art. 1. Aufgebots (Landau), zu Haupt- leuten, Fuhr, LoMner v, Oütlenba), Sec: Ll: inder Ves. des 3. Inf. Regts. Prinz Karl von Bayern, Schwink, Strunz (Bamberg), Fleiß, Zapf, Gegenbaur (Aschaffenburg), Sec. Lts. von der Landw. Inf. 1. Aufgebots, Gesing, Neuser (Aschaffen- burg), Sec. Lts. von der Landw. Inf. 2, Aufgebots, Mann (Lud- wigshafen), Sec. Lt. von der Landw. Cav. 2. Aufgebots, zu Pr. Lts., Sckcchmuter (Negensburg), Vice-Feldwo. der Res. im 16. Inf. Regt. vacant König Alfons von Spanien, Brach (Erlangen), Vice-Feldw. der Res. im 19. Inf. Regt., zu Sec. Lts. der Res, befördert.

Abschiedsbewilligungen. Im activen Heere. 15. Juli. Ritter v. Passavant, Gen. Major und Commandeur der 4. Cav. Brig., in Genehmigung seines Abschiedsgesuhes mit Pension zur Disp. gestellt. Neumatier, Nittm. und Erster Traindepot-Offizier beim Train-Depot 11. Armee-Corps, mit Pension und mit der Er- laubniß zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt. |

Im Beurlaubtenstande. 16. Juli. Schultheiß (Er- langen), Sec. Lt. von der Landw. Inf. 1. Aufgebots, Pröbst (1. München), Pr. Lt. von der Landw. Inf. 2. Aufgebots, Gleiß (Kissingen), Lang (Landau), Sec. Lts. von der Landw. Inf. 2. Auf- gebots, Arnold (Nürnberg), Sec. Lt. von der Landw. Fuß-Art. 2. Aufgebots, der Abschied bewilligt. E

Im Sanitäts-Corps. 16, Juli. Liebich (Bamberg), Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots, der Abschied bewilligt.

Beamte der Militär-Verwaltung.

16. Juli. Kempter (Augsburg), Ober-Apotheker der Landw.

2. Aufgebots, der Ab\chicd bewilligt. Kaiserliche Marine.

Kaisferlihe Shußtruppe für Deutsh-Ostafrika.

An Dord S. M. BVacht „Kaiseradler*, Skors, 15. Juli. Leue, Johannes, Comp. Führer in der Schußtruppe, Herr- mann, Lt. in derselben, sämmtlich Sec. Lis. a. D., zu Pr. Lts. a. D. befördert.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 23. Juli.

Seine Majestät der Kaiser und König sind in bestem Wohlsein gestern in Orden im Nordfjord eingetroffen und beabsichtigen heute die Reise in den Sognefjord fort- zuseßen.

Langen-Schwalbach, 21. Juli. Seine Königliche Hoheit der Großherzog und Jhre Großherzogliche Hoheit die Prinzessin Alix von Hessen werden Mittwoch, den 27. d. M., Langen-Schwalbach verlassen, um sih zu mehr- wöchigem Aufenthalt nah Wolfsgarten zu begeben. Heute begab sich der Großherzog nah Homburg, um Jhrer Majestät der Kaiserin Friedrih einen Besuch abzustatten. Die Rückehr hierher erfolgt morgen.

Reuß j. L. Gera, 21. Juli. Seine Durchlaucht der Für st hat sich von Schloß Schleiz nah Wildbad Gastein begeben.

Oesterreich-Ungarn.

Der ungarishe Minister-Präsident Graf Szapary und der neuernannte ungarische Handels-Minister Bela Lufkac, welche vorgestern früh aus Budapest in Zl eingetroffen sind, wurden Vormittags von dem Kaiser in Audienz empfangen. Der Minister Lukac legte den Eid in die Hände des Monarchen ab. ;

Von den vierzig Mitgliedern der Delegation, welche das A bgeordnetenhaus vorgestern gewählt, gehören 12 der Vereinigten deutshen Linken, 10 dem Club der Conser- vativen, 4 dem Jungczechen-Club, 1 dem Club der czehischen Abgeordneten aus Mähren, 6 dem Polen-Club, 1 dem Ruthenen-Club an; 2 sind Deutschnationale, 1 außer- halb des Clubverbandes stehender Südslave (Spintëic), 1 außer-

halb des Clubverbandes stehender Deutshnationaler, 1 Anhänger

der Lienbacherfraction und 1 Mitglied des Coronini-Clubs. Die heutige „Wiener E veröffentliht das sanctio-

nirte Geseß, betreffend die Wiener Verkehrsanlagen.

Frankreich. L

Der Minister des Auswärtigen Ribot und die schweizer Delegirten werden laut Meldung des „W. T. B.“ in einer heute stattfindenden Conferenz die zwishen beiden Ländern ge- troffenen handelspolitishen Vereinbarungen unterzeihnen. Die Verhandlungen über einen Handelsvertrag mit Spanien haben durch die Abreise des spanischen Delegirten Reverter eine Unterbrechung erfahren und dürften, wie verlautet, erst Ende September oder Anfang Oktober d. J. wieder aufge- nommen werden.

Der französishe Gesandte in Tanger Graf D’Aubign wird fich, wie es heißt, erst im Oktober oder November na Fez begeben, um dem Sultan einen einfachen De besuch abzustatten. Von dem Abschluß irgend welchen Vertrags mit dem Sultan sei, wie versichert wird, keine Rede.

Der Pariser Gemeinderath hat die Gehaltserhöhung für die städtishe Polizei nunmehr für 1892 bewilligt, die Vermehrung des Effectivbestandes derselben jedo abgelehnt.

Die verhafteten Anarchisten, die mit eie O Namen Parmeggiani und Dufournel heißen sollen sind Complicen des in Guyana internirten Pini. Von wei anderen Anarchisten, die polizeilih verfolgt werden, ist

er eine der seiner Zeit aus Guyana entflohene Genosse Pini’s

Namens Schouppe. Gestern Vormittag wurde Habers, der verantwortlihe Herausgeber des Anarchistenblattes „La Ré- volte“, verhaftet.

Nußland und Polen.

Aus St. Petersburg meldet „W. T. B.“: Der Finanz-Minister Wyschnegradski hat gestern den Kaiser um Enthebung von seinem Posten ersucht und den Verkehrs-Minister Witte als seinen Nachfolger vorgeschlagen. Minister Witte zögert jedoch, das Finanz-Portefeuille zu über- nehmen, da er in seinem zezigen Ressort noch deitchledéne Reformen vorzunehmen wünscht.

Ein gestern veröffentlichtes Gese ermächtigt die Polizei, die Juden aus den Dörfern, in denen sie sih nicht auf- halten dürfen, nah den für “ihren ständigen Aufenthalt be- stimmten Ortschaften auszuweisen. 2

Durch einen ebenfalls gestern publizirten Kaiserlichen Ukas wird die mittels Gescßes vom 27. Mai 1891 ein- geführte Rückerstattung der Accise für Spiritus bei dessen Ausfuhr ins Ausland wiederhergestellt. Die Rück- erstattung beginnt am 27. Juli cr.

Niederlande.

Die Zweite Kammer hat gestern, nah ciner Meldung des „W. T. B.“ aus dem Haag, mit 62 gegen 33 Stimmen den Geseßentwurf, betreffend die Einführung einer Kapital- rentensteuer, betreffend die HerabseßungdesEingangs- zolles auf Seife entsprehend der Aufhebung der Accise auf Seife, sowie betreffend die Herabseßung der Salz- steuer, angenommen.

Luxemburg.

Der Großherzog hatte, wie die „Luxb. Ztg.“ mittheilt, am Miitwoch die Mitglieder der Deputirtenkammer nah Schloß Walferdingen zur Tafel geladen. Die Abge- ordneten waren alle bis auf neun erschienen. Ferner waren anwesend die Mitglieder der Großherzoglihen Re- ierung und der Greffier der Kammer. Die Großherzogin bei der Tafel zwischen dem Erbgroßherzog und dem Präsidenten de Wacquant : der Großherzog hatte zu seinen beiden Seiten den Staats-Minister Ey|/hen und den Vice- Präsidenten K. Simons. Reden wurden bei der Tafel nicht gehalten.

Türkei.

Die türkishe Regierung ist, wie die „Ag. d. Const.“ meldet, gegenwärtig mit der Prüfung eines Entwurfes des Präsidenten der Schuldverwaltung Caillard beschäftigt, welchen derselbe auf Ersuchen behufs sofortiger - Sicher- stellung des zur Assanirung Constantinopels erfor- derlichen Betrages vorbereitet hat. Die in diesem Entwurf vorgeschlagene neue Einnahmequelle, welche etwa 60 000 türkische Pfund jährlich ergeben würde, dürfte wahrscheinli als Garantie für ein Anlehen dienen, welches, wie verlautet, die Regierung v B prophylafktisher Maßnahmen aufzunehmen beabsichtigt.

Bei der Pforte ist, der „Köln. Ztg.“ zufolge, neulich cine Reihe von Depeschen aus Yemen eingetroffen, aus denen hervorgeht, daß die Herstellung friedlicher Zustände sih daselbst langsam, aber sicher vollzieht, ungeachtet der unerhörten Hiße, welche den osmanishen Truppen die Auf- gabe in hohem Maße ershwert. Die Stadt Hafs ist danah am 21. Juni beseßt worden. Sie war der Mittel- punkt der in Yemen ausgebrochenen Unruhen; ihre Einwohner hatten sich in die Wüste geflüchtet. Die Regierungstruppen haben alle Maßregeln getroffen, um die Verbindungen zu sichern. Die Nomadenstämme von Hufseinye, unter dem Befehl eines gewissen Mehmed Raschib, sind dur den Obersten Raschid Bey an der Spiße zweier Bataillone zerstreut worden. An anderer Stelle sind die Haschids zur Uebergabe an die türkishen Behörden ge- nöthigt gewesen; die 20 Gefangenen, welche die ersteren gelegentlich gemacht hatten, wurden ausgeliefert. Die Be- mühungen des türkishen Oberbefchlshabers „sind jeßt dahin gerichtet, den berüchtigten Hemideddin, den Haupt- anführer der Ausfständishen und Urheber der Unruhen in Yemen, ausfindig zu machen. Er ist jeßt noch die Seele aller gegen dic osmanische Regierung gerichteten Bestrebungen. Nach den leßten Nachrichten soll er d in Khartum befinden (nit zu verwechseln mit dem im Sudan), im Osten von Kaasflet- Me, Eine türkishe Expedition ist dorthin entsandt worden.

Schweden und Norwegen.

Zwischen dem König und dem mit der Bildung cines neuen norwegischen Ministeriums beauftragten chemaligen Minister- Präsidenten Emil Stang is, wie dem „W. T. B.“ aus Christiania berichtet wird, troß aller Bemühungen eine Uebereinstimmung in Betreff der norwegischen Kons ulats- frage nicht erreiht worden, da Stang als Grundlage für die Bildung des neuen Ministeriums vom Könige den Beschluß des Storthings, betreffend ein eigenes norwegishes Konsulats- wesen, sanctionirt haben wollte, was der König jedoch nicht acceptirte. Jnfolge dessen ist jede Verhandlung zwischen dem Könige und Stang wegen Bildung eines neuen conservativen

Ministeriums vorläufig abgebrochen worden. (Vgl. die leßten Depeschen.) Amerika. Die brasilianische Deputirtenkammer genehmigte, laut Telegramm aus Rio de Janeiro, gestern in dritter Lesung die Amnestirung aller aus politishen Ursachen

Verbannten. Afrika.

Aus Tanger vom gestrigen Tage erhält das „Reuter'she Bureau“ die Nachricht: Wie es dort heiße, würden der Großvezier und andere Minister des Sultans dem- nächst daielbst eintreffen, um die Handelsvertrags-Ver- handiungen mit dem britishen Gesandten wieder aufzunehmen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Landschafts - Director von Holy, Mitglied des. Hauses der Abgeordneten für den 4. Kösliner Wahl- bezirk (Köslin, Kolberg-Körlin, Bubliß), ist am 21. d. M. in Bad Nauheim gestorben.

Bei der am 21. d. M. in Hameln vorgenommenen Landtagswahl wurde der Bürgermeister Hausmann - Lauenstein (nl.) mit 124 Stimmen gegen 24, die auf Herrn von Münchhausen fielen, zum Mitglied des Hauses der Ab-— geordneten für den 7. Hannovershen Wahlbezirk gewählt

Ober-Consistorial-Nath a. D. D. theoIl. Kundler F.

Am 4. Juli Morgens verstarb in seiner Wohnung zu Berlin nah mehrwöhigem shweren Leiden an den Folgen. einer Lungenentzündung der Ober -Consistorial- Rath a. D. D. theol. Kundler im Alter von 81 Jahren.

D. Ernst Kundler war laut amtlichen Taufscheins am 2. Januar (nicht am 1., wie vielfa angegeben) 1811 in der Oberförsterei Grünhaus bei Gollnow in Pommern ge- boren. Sein Vater, Gehilfe und Schwiegerjohn des dortigen städtishen Oberförsters Thoms, stammte aus einer Salzburger Emigrantenfamilie, seine Mutter aus einem polnischen Ge- \{hleht, dessen Mitglieder wiederholt höhere Stellungen der Forst- verwaltung in Pommern bekleidet hatten. Auch der Sohn war anfangs für diese Laufbahn bestimmt. Er pflegte später selbst gern zu erzählen, wie er {hon in jungen Jahren, die Flinte auf dem Nücken, aber allerlei Bücher in der Tasche, als Forstlehrling seine ersten Waldgänge gemacht habe.

Die Oberförsterei Grünhaus is nach seinem eigenen. Berichte die Heimstätte seiner Jugend gewesen. Hier, im Hause der Großeltern, blieb er auch, als der Vater 1823: in die selbständige Verwaltung der Stadtförsterei zu Greifen- hagen berufen wurde. ier auh, im innigen Verkehr mit der Natur, mag sich allmählich die Wandlung vorbereitet haben, welche ihn zur Wahl eines geistlihen Berufs führte. Nachdem er am 25. März 1831 von dem Gymnasium zu Stettin mit dem Zeugniß der Reife entlassen worden, bezog er zunächst die Universität Greifswald, um Theologie zu studiren. Jm Mai 1832 siedelte er von da zur Fortsezung seiner Studien nach Halle - Wittenberg über, wo er bis zum September 1834 verblieb. Auf beiden Universitäten hat er neben seinen fahwissenschaftlihen dauernd naturwissenschaftlihe und philosophishe Studien getrieben, auch geschichtlihe und philo- legische Collegien eifrig gehört. von der Universität in eine Untersuhung wegen Theilnahme an burschenshaftlihen Verbindungen verwickelt, wurde es ihm längere Zeit unmöglih gemacht, das erste Examen zu absolviren. Erst am 2. Januar 1839 tonnte er dasselbe mit dem Prädicate „gut be stehen. Nachdem er sodann unterm 13. November 1840 auch die Prüfung pro ministerio mit „sehr gut“ bestanden und für wahlfähig erklärt worden, wurde er von der Königlihen Regierung auf die fiscalische Patronats- Pfarrstelle zu Robe, Diözese Treptow a. R., vocirt und dafür am 30. Juni 1841 in der Shloßkirhe zu Stettin ordinirt. Jn Robe hat er über vier Jahre als Pfarrer in reihem Segen und innigem Verkehr mit seiner Gemeinde gewirkt. Auch scine Gattin Pauline, die Tochter eines Rendanten Görke aus Stettin, hat er hier am 22. September 1841 heim- geführt, dic ihm dann fast 50 Jahre hindurch (fie starb im August 1891) eine treue und liebevolle Gefährtin gewesen. An diese Zeit seiner ersten amtlihen Thätigkeit hat er sein Leben lang nicht aufgehört mit wärmsten Gefühlen und inniger Dankbarkeit zurückzudenken. Von der Königlichen Regierung als Patronatsbehörde unterm 13. Oftober 1845 zum. Archidiakonus an der Domkirhe zu Kammin in Pommern ernannt und bald darauf ena zum zweiten Prediger an der St. Marien-Kirche daselbst berufen, verblieb er in dieser Stellung abermals vier Jahre. Auch leitete er in der- selben Zeit als Director das dortige evangelische Schullehrer- Seminar. Am 1. April 1849 rüdckte er an beiden genannte! Kirchen in die erste geistlihe Stelle ein und erhielt die pro- visorishe Verwaltung der Superintendentur der Diözese.

Seine hervorragende Tüchtigkeit und trefflichen per- sönlichen Eigenschaften lenkten hier bald die Augen der BVe- hörde auf ihn, und bereits unterm 2. März 1852 wurde cr um Consistorial-Rath und Mitglied des öniglichen Con- ffióriuina der Provinz Pommern ernannt. Einige Jahre mittels Bestallung vom 30. Mai 1856, wurde dke Superintendentur der Diözese Stettin- verdient vielleiht erwähnt zu werden, daß er der Geistlihe während dicser Zeit durch Diplom vom 7. Januar 1854 auc zum Ehren-Mitglied des patriotischen Kriegervereins zu Alt- Stettin gewählt wurde. Endlich miztels Allerhöchster Ordre vom 2. Mai 1868 zum Ober-Consistorial-Rath und Mitglicd des Evangelischen Ober-Kirchenraths ernannt, hat er dieje Stelle über 23 Jahre bekleidet. Jn demselben Jahre wurde ihm von der Universität Greisswald die Würde cines Ehren-Doctors der Theologie verliehen. Mittels Patents vom 26. März 1879 erhielt er den Rangder Räthe zweiter Klasse. Nachdem eram 30. Juni 1891 eine fünfzigjährige Dienstzeit beendet, trat er vom 1. Juli des}. Zs. in den wohloerdienten Ruhestand. Von Seiner Majestät dem Kaiser und König wurde ihm aus diesem Anlaß der Stern zum Rothen Adler-Orden zweiter Klasse mit Eichenlaub ver- lichen. / y Seit dem 6. Oktober 1869 in die Direction der Preußischen Bibelgesellshaft berufen, ist er bis an sein Lebensende it

später, thm daneben Land übertragen. Es

Bald nach seinem Abgange

diesem Amte vérblieben. Auch sonst hat er vielfach christlichen es wohlthätigen Vereinen und Anstalten als Mitglied oder Helfer angehört.

Klaren Geistes und Herzens und zum Tode rae und vorbereitet, wie je ein gläubiger Christ, im festen Glauben an seinen Heiland, ist er nun heimgegangen in die Ewigkeit.

Seine sterbliche Hülle wurde am Donnerstag, den 7. Juli, auf dem alten Dreifaltigkeits-Kirchhofe beerdigt.

R Andenken wird Allen, die ihn kannten, in Segen bléiben.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung

Eine Verbesserung der Lohn- und Arbeitsverhält- nisse im Shuhmachergewerbe wird von den Schuh- machergehilfen seit langer Zeit angestrebt. Wie die Berliner „Volksztg.“ mittheilt, hat sich jeßt wieder der dem Gewerk- verein der deutshen Schuhmacher angehörende Ortsverein Berlin T mit dieser Frage infolge eines Antrages auf Ausarbeitung einer Muster-Werkstatts-Ordnung und Regelung der Sonntagsruhe im Schuhmachergewerbe beschäftigt. Von der Annahme des Antrages wurde aber zur Zeit ab- gesehen, weil die nichtorganifirten Schuhmacher wegen der augenblicklich ungünstigen Lage des Geschäfts nit auf die Vorschläge des Vereins hören würden. Der Vereinsvorstand wurde indeß beauftragt, bei passender Gelegenheit der Frage näher zu treten, in welher Weise auf die öffentlihe Meinung am zweckmäßigsten einzuwirken sei.

Ueber einen drohenden Conflict zwischen den Scheeren- fabrikanten im Kreise Solingen und ihren Arbeitern be- rihtet die Elberfelder „Fr. Pr.“ :

Die Arbeiter der Solinger Stahlindustrie haben zum theil feste Abkommen mit den Fabrikantenvereinen getroffen, wona die Preise nur nach gegenseitiger dreimonatiger Kündigung geändert werden dürfen. Die Scheerenfabrikanten verlangen nun eine Lohnherabseßung von 20/0, die von den Scheerenschleifern aber verweigert wurde. In- folge hiervon ist das Preisverzeichniß gekündigt worden.

Aus Rudolstadt wird der Berliner „Volksztg.* unter dem 21. d. M. berichtet: In der Fabrik von H. Voigt in Shaala (Schwarzburg-Nudolstadt) sind am 16. d. M. 36 Porzellan- arbeiter, On des Verbandes, ausgesperrt worden, weil sie vor einigen Monaten über die Firma ungünstige Gerüchte ver- a e sollen. Die Ausgesperrten werden vom Verbande unterstüßt.

Veber die Entstehung des Ausstandes in der Brauerei Ni-

kolay in Hanau (vergl. die gestrige Nr. 171 d. Bl.), erläßt der Be- sier in der „Frkf. Volkest.“ eine Erklärung, wonach der bermälzer wegen Vernachlässigung seines Dienstes entlassen fei. Die Arbeiter verlangten die Entlassung eines Brauereibeamten, die der Besitzer, wie au die Wiederannahme des Obermälzers, verweigerte ; dagegen hatte er in der Frage der Lohnerhöhung erklärt, den Wünschen der Arbeiter entgegenkommen zu wollen. _ Aus London wird der „Köln. Ztg.“ unter dem 19. d. M. ge- schrieben: Infolge einer Lohnstreitigkeit haben über 300 Berg- leute, die in der Gorseinon-Grube bei Swansea in Wales beschäftigt waren, die Arbeit eingestellt. Die Be- mühungen der Bergleute-Vertreter, den Ausstand beizulegen, sind bis “jeßt fruchtlos geblieben. Durch den Ausstand werden mehrere Hunderte der Walifer Zinnplattenarbeiter in Mit- leidenschaft gezogen. Die Bergleute von Derbyshire hielten gestern ihre jährliche Versammlung zu Chefterfield. Etwa 35 000 Bergleute waren anwesend. Sir Charles Dilke sprach ih in der Versammlung zu Gunsten einer Arbeiterpartei im Parlament aus, deren Mitglieder von den Wählern bezahlt werden müßten. Beschlüsse über den achtstündigen Arbeitstag und über die Zwecke der inter- nationalen Bergleute - Föderation wurden angenommen. Wie die Londoner Allg. Corr. * berihtet, haben die Schiffsbaumeister von Sunderland ihren Arbeitern angekündigt, daß sie sich zu ciner 5 bis 10procentigen Lohn- reduction bequemen müßten. Diejenigen Arbeiter, welche dem Gewerkverein der Eisenbauarbeiter angehören, wollen sich den Abzug niht nur niht gefallen lassen, sondern fordern überdies von ihren Arbeitgebern die Einführung des achtstündigen Arbeitstags, wie er in der Scotia-Maschinenbauanstalt mit gutem Nutzen für Fabrikanten und Arbeiter bereits besteht.

Nach Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 10. Juli bis incl. 16. Juli cr. zur Anmeldung gekommen : 247 Ehe- shließungen, 992 Lebendgeborene, 30 Todtgeborene, 624 Sterbefälle.

Kunft und Wissenschaft.

Dreiunddreißigste Plenarversammlung der historischen Commission beider Königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften. (Bericht des Secretariats.)

_ _Münqhen, im Juli 1892. Die Plenarversammlung hat gemäß Allerhöchstem Befehl in der Pfingstwohe vom 9. bis 11. Juni statt- gefunden. Da der Vorstand der Commission, der Wirkliche Geheime Vber-Negierungs-Rath von Sybel, wiederum durch eine plößliche Er- trankung gezwungen worden war, die Reise nah München aufzugeben, jo hatte in Vertretung desfelben, den Statuten gemäß, auch diesmal der Secretär der Commission, Professor Cornelius, die Leîtung der Verhandlungen zu übernehmen, an welhen außer ihm folgende ordentlihe Mitglieder theilnahmen: der Wirkliche Geheime Rath Excellenz von Arneth aus Wien, der Hofrath und Professor von Sickel aus Rom, die Geheimen Regierungs-Räthe Dümmler und Wattenbach aus Berlin, der Geheime Rath Wegele aus Würz- burg, die Professoren Baumgarten aus rata, von Hegel aus Erlangen, von Kluckhohn aus Göttingen, von Wyß aus Zürich, der Geheime Hofrath und Neichs-Archiv-Director von Nockinger, der Ober- Bibliothekar Riezler, die Professoren Stieve und Heigel von hier; dann die außerordentlichen Mitglieder Professor von Bezold aus Er- langen, der Secretär der Akademie Dr. Lossen von bier und Professor Zuldde aus Nom.

Seit der leßten Plenarversammlung, Mai 1891, sind folgende Publikationen dur die Commission erfolgt : r 1) Allgemeine deutsche Biographie. Bd. XXX1I1 und die erfte “leferung des Bandes XXX1IV.

2) Die deutschen Städte-Chroniken Bd. XXII: enthält den 3. Bd. der Augsburger Chroniken.

y Der 23. Band der deu then Städte-Chroniken soll zwei Chroniken ur aus der Reformationszeit bringen : die eine von Clemens Sender, enedictiner von S. Ulrich, einem Gegner der Reformation ; die andere von einem Bürger der Stadt, Wilhelm i Reth etnem Anhänger derselben, geschrieben ; beide von Dr. Prie Koth unter Leitung des Herausgebers der Sammlung, Professor con Hegel, bearbeitet. In der Reihe der westfälish-niederrheinischen Staädte-Chroniken wird auf die bisher erschienenen zwei Bände von ecemund und Soest ein dritter folgen, der chronikalische Nach- ¿Oten der Rathsbücher von Soest über Ereignisse des 15. und 16. Jahr-

underts sowie eine Chronik von Duisburg und anderes von Aachen wogen soll. Die Herstellung dieses Bandes ist dadur verzögert B daß der mit ihm beschäftigte Dr. Hansen einem Ruf an das

reußische historishe Institut in Nom ¿cfolat ist, dort zwei Jahre

earbeitet und dann ein Amt als Stadt-Archivar in Köln angenommen

at, welches ihn verhindert, die früber begonnenen Arbeiten wieder

aufzunehmen. Jeßt is Dr. Ilgen, Archivar am Staats-Archiv zu ünster, an seine Stelle getreten.

Die allgemeine deutshe Biographie is wie bisher in ununterbrochen rüstigem Fortschreiten begriffen. Nur hat der Druck eine empfindlihe Verzögerung von längerer Dauer dur, den Buch- druckerausftand erlitten, weshalb diesmal niht, wie sonst, zwei volle Bände publicirt werden konnten.

Die Hanse-Recesse sind der Vollendung nahe gerüdt. Dr. Koppmann, Stadt-Archivar zu Rostock, hat den 7. Band, der die Jahre 1419 bis 1424 umfaßt, im Manuscript fertig gestellt, und ift dessen Erscheinen im Laufe des begonnenen Etatéjahres zu erwarten. Der 8. Band soll die Jahre 1425 bis 1430 und mit ihnen den Schluß des S ee Lnges brbüd

ie Fortführung der Jahrbücher des Deutschen Reichs wird theils durch Erkrankung der Mitarbeiter, theils d Anr mehrfach erschwert. Nur die Jahrbücher der Regierung Heinrichs TV. und V. werden durch Professor Meyer von Knonau emsig gefördert. Der Druck des zweiten Bandes soll noch vor Ablauf des gegenwärtigen Etats- jahres beginnen. Die Fülle des Stoffes nöthigt den Verfasser, gegen [E uTsprlngtliHe Absicht diesen Band mit dem März 1077 zu

ließen. :

Von der Geschichte der Wissenschaften in Deutschland ist unv das Erscheinen der Geschichte der Medizin zu O wenn Geheimer Rath Hirs in Berlin es möglih machen kann, die von ihm vor Jahresfrist für jegt in Auésicht gestellte Vollendung des Werks zu verwirklichen. 2

Für die ältere Serie der deutschen Reichstagsacten steht der Abschluß des zehnten Bandes in dem beginnenden Etatsjahr bevor. Er wurde dadur verzögert, daß Dr. Schellhaß im G I ausshied und in das Preußische historishe Institut in

om eintrat, und daß der Ne Professor Quidde, durch dasselbe Institut in Rom zurückgehalten, noch nicht, wie er gehofft hatte, im stande war, die Arbeiten in München wieder aufzunehmen. Dies wird aber auf jeden Fall noch im Laufe des Jahres eshehen. In München wurden durch Dr. Beckmann und Dr. Herre ünchner und Nördlinger Archivalien, fowie Handschriften aus den Bibliotheken von München, Basel und Wien benußt, welcher Arbeit insbesondere die seit Ernennung des neuen Bibliothekvorstandes zu Wien eingetretene Grleichterung der Benüßung von Wiener Handschriften vortheilhaft zu statten kam. Dr. Herre besuhte im Januar Berlin, Leipzig und Dresden. Dr. Beckmann unternahm nach Ostern eine archivalishe Reise, die ihn bisher über Innsbruck, Salzburg, Kremsmünster und Mölk nach Wien geführt hat und die von dort durch Böhmen nah Süddeutsch- land fortgeseßt werden soll. In Rom hielt Dr. Kaufmann nah Verarbeitung der vorjährigen Ausbeute noch eine Nachlese und er- ledigte besonders in der Vatikanischen Bibliothek die Durchsicht der früher noch unberücsihtigt gebliebenen Handschriften.

__ Der Dru des s wel andes der Reichstags acten in der Re- formationszeit hat nah Ostern dieses Jahres begonnen. Das Material für denselben hat im Laufe des Jahres noch manche Er- (ung aus deutschen und österreihischen Archiven erfahren, von eBteren namentli aus dem Statthalterci-Archiv zu Innsbruck und dem Furstlih \{chwarzenbergischen Arhiv zu Wittingau. In München eßte Dr. Merr E einige Wochen seine Forschungen fort. Dr. Wrede besuchte ‘Marburg, Dresden, Wolfenbüttel, Meagde- burg und das geheime Haus-Archiv zu Berlin. Der Bibliothek und dem Archiv zu Gotha widmete Professor von Kluck- hohn einige Arbeitstage. Weimar mit seinen für das Re- sormationszeitalter fast unershöpflihen Schäßen wurde noch- mals von Dr. Merx mit Erfolg besucht. Auch Koblenz, Düsseldorf, Bamberg, Karlsruhe boten noch kleinere Beiträge zu den Verhandlungen der Jahre 1517 bis 1521, während das Augsburger Stadt-Archiv noch Acten der späteren zwanziger Jahre zur Verfügung stellte. Aber alles, was sich aus den genannten Archiven noch an neuem Material für den ersten und zweiten Band gewinnen ließ, blieb an Bedeutung hinter dem zurück, was Dr. Bernays in Brüffel und namentlich in Paris und Lille zu Tage förderte. Dank seinen den größten Theil des Winters ausfüllenden An- strengungen liegen jeßt Hunderte von Briefen, Instructionen, und Berichten vor, die Mignet, Mone, Le Glay, Gaqhard entweder nicht oder mangelhaft benußt haben. Die Fülle des Stoffs nöthigte zu \trengster Zusammenfassung. Die zehn Bogen, die der Plenarversammlung gedruckt vorlagen, sind größtentheils von einer Einleitung ausgefüllt, in welcher der Herausgeber, Professor von Kluckhohn, über die Wahl- verhandlungen von 1516 bis zum Tode Marimilian's 1. be- richtet. Dennoch wird der erste Band nicht über den Schluß des Frankfurter Wahltags hinaus reihen. Der zweite Band, dessen Druck voraussichtlich Ostern 1893 beginnen kann, wird zunächst die Ver- handlungen, die zwischen die Wahl und die Krönung Karl’s V. fallen, und die Vorbereitungen zu dem Wormser Reichstag umfassen.

Nach dem ursprünglichen und seit einigen Jahren festgehaltenen Plan sollten die Päpstlihen Nuntiaturberihte aus

eutschland während der Reformationszeit als Supple- ment zu den Reichstagsacten derselben Zeit erscheinen. Nachdem \ich jeßt die beiden bistoritdien Institute in Nom, das preußische und das österreichische, zur Herausgabe einer Sammlung vonNuntiaturberichten aus Deutschland während des größten Theils des 16. Jahrhunderts ver- einigt haben, is die Commission im Einverständniß mit der König- lih preußischen Behörde von der Theilnahme an der Seide zurügetreten, und haben die Nuntiaturberichte aus der Reformations- zeit als erste Abtheilung der genannten größeren Sammlung zu er- \heinen begonnen. i j

Was die ältere pfälzishe Abtheilung der Wittels- bacher Correspondenzen betrifft, so hat Professor von Bezold die im Frühjahr 1891 wieder aufgenomniene Arbeit für den dritten and der Briefe des Pfalzgrafen Johann Casimir im Sommer fortgeseßt, zunähst in Brüssel die Correspondenz des Alexander Farnese mit großem Erfolg durhforscht, dann in Köln, Düsseldorf, Hannover, Wolfenbüttel, Berlin, Zerbst Archive und Bibliotheken besuht. Das reiche Material, das si zu Düsseldorf und Hannover vorfand, kann ihm an seinem Wohnort Erlangen zur Berfügung gestellt werden. Anderes hat er an Ort und Stelle ausgebeutet. Namentlich erwies g die Correspondenz Christian’s I. von Anhalt-Bernburg, die er in Zerbst studiren fonate, als eine Quelle ersten Ranges für die leßten Jahre Johann Casimir's.

Die Arbeiten für die ältere bayerishe Abtheilung der Wittelsbaher Correspondenzen haben eine neue Organisation erhalten. Die Krankheit, durch welche die Thatigkeit des bisherigen Leiters diefer Unternehmung, des Professors von Druffel, seit mehreren Jahren gelähmt worden war, hat, gerade als er im stande zu sein glaubte, von neuem Hand anzulegen, feinen Tod herbeigeführt, am 23. Oktober 1891. An feine Stelle is Dr. Lossen getreten. Unter seiner Leitung hat Dr. Brandi den Nachlaß des Verstorbenen geordnet und dann zu Wien die durch von Druffel begonnene Sammlung der Relationen des Dr. Zasius an König Ferdinand fortgeseßt. Er wird si weiter bemühen, den vierten Band der Beiträge zur Reichsgeshichte zum Abschluß zu bringen. Außerdem wird unter Leitung Dr. Lossem's die spätere Correspondenz Herzog Albrecht's V. und namentli die Acten des Land:berger Bundes von Dr. Göß bearbeitet werden. In dieser Weise und mit vereinten Kräften hofft man den ursprüng- lien Plan der Herausgabe der Wittelsbaher Correspondenzen in e zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Ausführung bringen zu önnen.

Für die jüngere baverisch-pfälzische Abtheilung der Wittels bacher Correspondenzen, die Briefeand Acten zur Geschichte des dreißigjährigen Kriegs, sind die Arbeiten mit verstärkten Kräften fortgeführt worden. Der neue Mitarbeiter Dr. Chroust unterstüßte zunächst den Leiter der Unter- nehmung Professor Stieve in der Sorge für den 6. und 7. Band, welche den Jahren 1608 bis 1610 gewidmet sein werden. Insbesondere

ae ra er den Auftrag aus, die von Professor Stieve in den Wiener rchiven verzeichneten Actenstücke für die genannten Jahre theils aus- zuziehen, theils abzuschreiben. Der Druck des 6. Bandes soll in diesem Jahre beginnen; der 7. Band wird unmittelbar folgen. Ünterdeß wurde durch Dr. Mayr-Deisinger die Forshung für die Jahre 1618 bis 1620 in München fortgeseßt. Das Staats-Archiv gewährte durhch seine fur- pfälzischen und seine bayerishen Papiere reie Ausbeute für die pie Politik vor und nah der böhmischen Wahl; das Reichs- Archiv für die inneren Angelegenheiten Bayerns und der Liga. Auch die Camerarische Sammlung der Staatsbibliothek bot eine Fülle von Nachrichten über die pfälzishe Politik. Daneben ver- shaffte eine eingehende Beschäftigung mit der politishen Tages- literatur derselben Jahre volle Auskunft über Ursprung, Zweck, Datum und Wirkung der einzelnen Publikationen. Dr. ayr- Deisinger wird fernerhin die Durforshung der Münchener Schätze welche. n&ch vok kurzem durch Auffindung einer großen Menge no ungeordneter und nie benüßter Acten im Staats-Archiv, die dem na der Schlaht am Weißen Berg und in Heidelberg erbeuteten Archiv der Kurpfälzer angehören, anfehnlich vermehrt worden sind, zunächst s angelegen sein laffen; dann aber die Arbeit in auswärtigen [rchiven und Bibliotheken beginnkn. Vor allem muß Simanc@*für die Jahre 1608 bis 1620 besucht werden. Währenddeß und während des Drucks des 6. und 7. Bandes will Professor Stieve mit Dr. Chroust's Hilfe sih der Vorbereitung des 8. Bandes, für die Jahre 1611 bis 1617, zuwenden.

Die im vorigen Jahre beshlossenen neuen Unternehmungen: die Actensammlung zur Geshihte Bayerns im Refor- mationszeitalter und die Herausgabe von Correspondenzehn der deutschen, insbesondere bayerischen Humanisten des 15. und 16. Jahrhunderts, sind theils infolge des Todes des Professors von Druffel, theils im Hinblick auf die wachsenden Kosten der âlteren Unternehmungen vorläufig zurückgestellt worden.

Land- und Forstwirthschaft. Ernte in Jndien. Dem von dem indischen Agricultural Department ver- öffentlihten Schlußbericht über die diesjährige Weizen- ernte in Berar entnehmen wir Folgendes:

Die Anbaufläche betrug 887 004 Aer gegen 817 215 oder 8,5 Proc. mehr als im Vorjahre, aber 3 Proc. unter dem Durchschnitt der leßten fünf Jahre.

__ Der Ertrag wird geschäßt auf 2170 830 Maunds gegen 2585 571 oder 16 Proc. weniger als im Vorjahre und 34 Proc. unter dem Durchschnitt der leßten fünf Jahre. Doch glaubt man, daß diese Angaben zu niedrig gegriffen sind.

Stand der Saaten. M ___ Im Regierungsbezirk Bromberg is der Saatenstand ein be- sriedigender. Selbst der- englische Weizen und die Oelfrüchte gestatten die Hoffnung auf eine gute Ernte. Nur auf leihtem Boden scheint die trockene Kälte im Monat März einigen Schaden an den Noggen- faaten verursacht zu haben. ;

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten uud Absperrungs- Maßregeln.

/ Oesterreih:-Ungarn.

Die von der Scebehörde zu Tricst wegen des Auftretens der Cholera in Rußland gegen Provenienzen aus den russischen Hâfen des Schwarzen und YAsowschen Meeres verfügte siebentä ige Quarantäne is auf Provenienzen aus allen ruffif den Dongauhäfen ausgedehnt worden.

Gleichzeitig ist die Ein- usd Durchfuhr von Hadern, alten Kleidern und gebrauhter Wäsche aus Rußland verboten worden. (Vergl. „R.-A.* Nr. 159 und 167 vom 8. und 18. Juli 1892.)

L Türkei.

An Stelle der für die Provenienzen aus rumänishen Häfen angeordnet gewesenen fünftägigen Quarantäne tritt fortan eine ärzt- lihe Besichtigung. (Vergl. „R.-A.* Nr. 163 vom 13. Juli 1892.)

St. Petersburg, 22. Juli. Am 20. Juli kamen in Astrachan 167 Erkrankungen an Cholera und 20 Todesfälle vor, in Woronesch an demselben Tage 5 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Kafan 5 Er- krankungen und 8 Todesfälle, 10 Cholerakranfe blieben in Behandlung, in Samara 86 Erkrankungen und 44 Todesfälle, in Saratow 109 Er- krankungen und 74 Todesfälle. In Zarizin wurden am 19. d. M. 93 Erkrankungen und 38 Todesfälle an Cholera festgestellt, 90 Kranke blieben in Behandlung, in Rostow 53 Erkrankungen und 24 Todesfälle, in Asow 52 Erkrankungen und 16 Todesfälle, in Taganrog 10 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Baku 29 Erkrankungen und 22 Todesfälle und am 20. d. M. 32 Erkrankungen und 23 Todes- fälle. In Simbirsk sind bis zum 20. Juli 69 Erkrankungen und 16 Todesfälle festgestellt worden.

St. Petersburg, 22. Juli. Der Secretär des Medizinal- raths, Professor von Anrep, begiebt sih, wie „W. T. B.“ mittheilt, am nächsten Montag nah Nischny - Nowgorod, um die sanitäre Ueberwachung der Messe, sowie des gesammten Gouvernements zu übernehmen.— DieSchiffsarbeiter und die Bemannung der W olga- schiffe weigern sih wegen der Erregung unter der Bevölkerung und wegen des Mangels an ärztlicher Hilfe auf den Schiffen zu arbeiten. Gs ist deshalb zur Aufrechthaltung des Schiffsverkehrs eine Ministerialverordnung erlassen worden, daß jeder die Arbeit ver- weigernde Schiffsarbeiter und Schiffer bei der Landung der Schiffe der Polizei übergeben und ins Gefängniß abgeführt werden solle. Die Regierung hat den Gouverneur von Uralsk angewiesen, gegen die Arbeiter an der Uralsker Eisenbahn, falls sie revoltiren sollten, Kosaken vorgehen zu lassen. In Griasi und Koslow if die 29 TeEs infolge Einschleppung durch zugereiste Personen aufs getreten.

Verkehrs-Anstalten.

Hamburg, 23, Juli. (W. T. B.) Hamburg-Amerika- nische - Packetfahrt - Actien - Gesellschaft. Der Swhnell- dampfer „Fürst Bismarck“ ist, von Hamburg kommend, gestern Abend in New-York eingetroffen.

Theater und Musik.

Der Spielplan des Friedrih-Wilhelmstädtishen Theaters wurde dahin abgeändert, daß bis Dienstag die Strauß’she Opezette „Die Fledermaus“ in Scene geht, während am Mittwoh wieder Millöccker’s „Sonntagskind“ zur Aufführung gelangt. Als Spylvia debutirt eine junge Sängerin, Fräulein Navarra.

Der Spielplan des Kroll’shen Theaters bis 30. d. M. lautet, wie folgt: Sonntag: „Die Stumme von Portici“ (Herr Vöôtel : Masaniello); Montag: Zum ersten Male: „Der Trompeter von Säkkingen“ (Werner: Herr Fricke, Margarethe: Fräulein Pleschner, Freiherr : Herr Riehmann, Kuno: Herr Wilhelm Meyer) ;

ienstag: „Martha“ (Herr Bötel: Lyonel); Mittwoch: „Lucia von Lammermoor“; Donnerstag: „Die Stumme von Porticj*: Freitag : „Der Trompeter von Säfkingen“ ; Sonnabend: „Das goldene Kreuz“ und „Der Brautmarkt zu Hira“.

_ Das Ensemble des Adolph Ernst-Theaters, mit dem am Montag, 1. August, unter der Leitung des Directors Ernft die Herbst- Spielzeit eröffnet wird, erhält durch einige Neu-Engagements eine wesentliche Verstärkung. Es treten in den Verband Fräulein Angéla Virag von Hamburg, sowie Fräulein Lina Ziegler, die bisher am Lobe-Theater in Breslau thätig war, ferner die Damen Sieger vom Stadttheater in Leipzig und Sieg vom Stadttheater in Magdeburg. Auch das frühere Mitglied Paul Hambrock wurde von Director C-cnît wieder verpflichtet.