1912 / 41 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 14 Feb 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Von der Gestellung zur Vormusterung sind nur die im

4 der vorbezeichneten Vorschrift aufgeführten Pferde (Fohlen,

énglie, hochtragende Stuten, Stuten, die noch nicht länger als

14 y n abgefohlt haben, Pferde, welhe auf beiden Augen blind sind, und solhe Pferde, welche bei einer früheren in hiesiger Stadt abgehaltenen Musterung als dauernd kriegs- unbrauchbar bezeihnet worden sind) ausgenommen. °

Die beteiligten Besißer, respektive deren Vertreter, werden vom Magistrat rechtzeitig vor dem Termine aufgefordert werden, ihre Pferde zur Vormusterung zu gestellen, und wird ihnen Ort und Zeit der Gestellung bekannt gegeben werden.

Nichtbefolgung dieser Aufforderung sowie der für die Ge- Dos getroffenen Anordnungen wird in Gemäßheit des §8 27

es Geseßzes über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 mit einer Geldstrafe bis zu 150 M geahndet.

Auch kann nach § 4, L der Pferdeaushebungs- vorschrift eine zwangsweise Herbeischaffung der nicht gestellten Pferde auf Kosten des Besißers vorgenommen werden.

Berlin, den 12. Februar 1912. | Königliche Ministerial- Militär- und Baukommission. Siber,

Präsident.

Unterricht in den akademischen Lehranstalten für die bildenden Künste im Sommerhalbjahr 1912.

Beginn des Unterrichts am Montag, den 15. April 1912.

1. Akademische Meisterateliers für die bildenden Künste, Charlottenburg, Hardenbergstraße 33. :

Für Geschichtsmalerei, Vorsteher: Wirkliher Geheimer Nat, Professor Anton von Werner, Professor Arthur Kampf; für Landschaflsmalerei, Vorsteher: Professor Albert Hertel; für Bild- hauerei, Vorsteher : Professor Ludwig Manzel, Professor Dr. Louis Tuaillon (Atelier: Wilmersdorf, Wi stfälishe Straße 3); für Archi- tektur, Vorsteher: Geheimer Baurat, Professor Franz Shwechten; für Kupfer: \tih, Vorsteher: Professor Karl Koepping. s

Die Meisterateliers haben die Bestimmung, den in fie auf-

enommenen Schülern Gelegenheit zur Ausbildung in selbständiger ünstleriser Tätigkeit unter unmittelbarer Aufsicht und Leitung eines Meisters zu geben. Die Aspiranten haben sih behufs ihrer Auf- nabme innerhalb der ersten 14 Tage eines jeden Quartals bei dem- jen‘gen Meister zu melten, dem sie sih anzuschließen wünschen. Auf- nabmebedingungen können von den betreffenden Meistern oder vem Bureau der Akademie der Künste, Berlin W. 8, Pariser Play 4, be- zogen werden. '

11. Akademische Hochshule für die bildenden Künste,

Charlottenburg, Hardenbergstraße 33.

Direktor: Wirklicher Geheimer Nat, Professor Anton von Werner.

A. Klassenunterriht. Zeichnen. Zeichnen nah Gips und nach der Natur, Köpfe, Halbakte, Antike, Tagesaktsaal : Professoren C. Böse und J. Ehrentraut, Maler G. Friederich, Professoren E. Hancke, G. Koch und A. Schlabiß; Anatomie dcs mensck- lihen Körpers und Proportionslehre: Professoren M. Schaefer und M. Körte; Perspektive, Projektion und Schattenkonstruktion: Pro- fessoren W. Herwarth und O. Seeck; Ornamentlehre und deko- rative Architektur: Professoren O. Kuhn und W. Herwarth; Landscbaftszeihnen nah Vorlagen ‘und nach der Natur: Professor P. Vorgang; Unterricht in Kupferstih und Nadteren: De ofeltor Hans Meyer. Malen. Uebungen in der Leimfarben- malerei: Maler H. Harder; Kopieren, Stillebez, Interieurs und Gewandstudien: Professor M. Schaefer; Porträtmal- klasse: Professor L Meyn, Ada E 2DaLer: Professor J. Scheurenberg; Uebungen in den lithographischen und verwandten ODrucktchniken: Maler C. Kappstein. Modellieren. Nah der Antike und nah der Natur: Professor G. Janens ch; Aktsaal für Bildhauer, Modellteren nah dem lebenden Modelle: Professoren E. Herter und P. Breuer; Gewandstudien und Uebungen in figürlihen Kompositionen: Professor N. Schuster- W oldan; Zeichnen, Malen und Modellieren von Tieren nah Gips und nach der Natur, Anatomie der Tiere: Professor P. Meyer- beim: Unterriht und praktische Uebungen in den verschiedenen Techniken der Malerei, Zubereitung der Farben, Malmittel und Malgründe : Professor A. Wirth. ; |

B. Atelierunterri cht. Atelier für Landschaftêmalerei : Pro- fessoren F. Kallmorgen und P. Vorgang; Atelier für Marine- malerei: Professor C. Sal§mann; Atelier für Kupferstehen und Naktieren: Professor Hans Meyer. Schülerateliers für Maler und Bildhauer: Professoren C. Böse, I. Scheurenberg, G. L. Meyn, M. Schaefer, E. Herter, P. Breuer, G. Janensch.

C. Vorträge in den Hilfswissenschasten. Vorträge über Kunstgeschichte : Professor Dr. G. Galland. Vorträge über Literatur- geschihte: Professor Dr. G. Galland. : /

Der Unterriht des Sommerhalbjahrs beginnt am Montag, den

15. April 1912. Neu Eintretende baben sid) am Sonnabend, den 3. April 1912, zwischen 11 und 2 Uhr im Sekretariat, Charlotten- burg, Hardenbergstraße 33, zu melden und einen selbstgeshriebenen Lebenslauf, ein polizeilihes Führungsattest, die nötigen Schul- zeugnisse sowie eventuell die \chriftlihe Erlaubnis des Vaters oder Bormundes zum Besuche der Hochschule gleichzeitig ebendaselbst ein- zureichen. S

Prospekte sind beim Anstaltssekretariat erhältlich.

Berlin, den 7. Februar 1912.

Der Senat, Sektion für die bildenden Künste. A. Kampf.

Nichkamtlichee.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 14. Februar.

Seine Majestät der Kaiser und König machten, wie „W. T. B.“ meldet, heute vormittag dem Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg einen Besuch.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Eisen- bahnen, Post und Telegraphen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sißung.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind vorgestern S. ‘M. S. „Hansa“ in Funchal (auf Madeira), S. M. S. „Luchs“ in Nanking und S. M. Tpdbt, „8. 90“ in Wuhu (Yangtse) eingetroffen.

Sachsen. : : Die Zweite Kammer verhandelte gestern über folgende Prisetlitliche Juterpellation: „Kennt und billigt die Regierung ie Gründe, die bestimmend gewesen sind, die Reichstags-

dtr füx den 23. Wahlkreis Plauen auf einen späteren Tag als die Stichwahlen für die übrigen sächsishen Wahlkreise anzuberaumen ?“ \

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ wies der Abg. Brodauf darauf hin, daß in Plauen von den Konservativen ein Druck auf die Fortschrittler auëgeübt worden sei, um diese zu veranlassen, in den übrigen Is Wahlkreisen für die konservativen Kandidaten ein- zutreten. er Staatêminister Graf Vißthum von Eckstädt erklärte, das Ministerium des Innern habe die Wahlkommissare an- gewen, die Stichwahlen auf Sonnabend, den 20. Januar, anzu- eraumen, außer, wenn besondere Umstände die Wahl eines anderen Tages angezeigt erscheinen ließen. Der Wahlkommissar für Plauen habe in feinem Bericht an das Ministerium auf die große Ausdehnung des Wahl- kreises hingewiesen, die thn binderte, die Wahlunterlagen rechtzeitig in die Hände der Wahlvorfteher gelangen zu lassen. Einen anderen wesentlihen Grund habe der Wahlkommissar in tem Umstande erblickt, daß am Sonnabend in Plauen Wochenmarkt und Börse stattfindet. Das Ministerium finde keine Veranlassung, die Maß- nahmen des Wahlkommissars zu mißbilligen. Mit der Anregung des íInterpellanten, den Bundeêrat zu veranlassen, die Stihwahltermine einheitlih festzulecen, würde die sächsishe Regierung wohl kaum einen Erfolg erzielen.

Großbritannien und Jrland.

Der König hat gestern nahmittag den Kriegsminister Haldane im Buckinghampalast empfangen. Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, hatte Haldane auch vor seiner Abreise nah Deutschland eine Audienz beim König.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ ist der Lord- geheimsiegelbewahrer Earl Carrington zurückgetreten; zu seinem Nachfolger ist der Marquis of Crewe ernannt worden, der jedoch seinen Posten als Staats)ekretär für Jndien behält. Lord Pentland of Lyth hat sein Amt als Sekretär für Schotiland niedergelegt und wird durch Mc Kinnon Wood erseßt.

7Fraukreich.

Im Senat erklärte gestern bei der Beratung des Kriegs- budgets der Berichterstatter Milliés-Lacroix, daß die bis jeßt eröffneten Kredite für das Flugwesen zwölf Millionen betrügen und noch durh Nachtragsforderungen ergänzt werden würden. Die Ausgaben würden sih in diesem Jahre auf 22 Millionen und in den folgenden Jahren auf 25 Millionen belaufen.

Wie „W. T. B." meldet, führte der Kriegsminister Millerand aus, man gehe der Schoffung einer fün'ten Waffe entgegen; argen- blicklich sei man allerdinos erst bei der Schaffung einer technischen Abteilung für Luftschiffahrt. Man werde den Offizieren alle Erleich- terungen gewähren, damit fie sich mit den Flugzeugen vertraut machen könnten. Auch die Lenkluftschiffe werde man nicht vernach- lässigen. Fünfzehn Lustkreuzer verbesserten Systems würden gebaut werden, - doch werde man seine Aufmerksamkeit hauptsählich auf die Flugzcuge trickten. Lie Flugzeugeinheit, dos Luftgeshwader, wende aht Flugzeuge, mit cinem, ¿wei und mehr Sitcn, umfassen, ferner zwölf Automobile und einen Werkzeugwagen. Heute {hon könnten 13 Luftgeshwater gebildct werten. Man besiße 208 Flugzeuge. Für jedes Luftgeshwader bestehe ein Mobilt- fationeplan. Gegen Ca vieles Jahres werde Frankreich 97 Feld- und fünf Feslungölus4e\{chwader, bestehend aus 344 Flug-

eugen, mobilisiexen können. Ma Jahre 1912 würden 30 ZBentren für tas Flucwéscn eingerichtet sein, wozju noch die selb- ständigen Flugpläße kämen. Iectes Fluggeshwader werde 7 Piloten und Mechaniker aufweisen; im ganzen werde Frankreich 234 OÖffizter- piloten, 210 Beobachter, 42 Mechaniker, 110 Offiziere, 1600 Korporale oder Sappeure und 550 Soldaten aufzuweisen haben. Ferner werde ein Luftschifferregiment mit sieben Kompagnien gebildet werden. Die Piloten und Beobachter würden Vergütungen erhalten ; etwaige Verleßungen, tie fe sich zuziehen, sollten als Verwundungen im Kricge angesehen werden. Millcrand betonte sotann, daß zur Verwirklichuvg dieses Programms 12 Millionen nicht ausreichen würden. Er werte sofort nah Annahme des Budgets einen bescnderen Geseßentwu1f einbringen, dur den 11 Millionen für Material und eine Million für Personalovégaben ausgeseßt werden. Andererseits sollen zu den für das Luftschiffwesen vorgesehenen fünf Millionen Frarcs noch dret Millionen für die Her- stellung von Luftschiffen und Luflschiffhäfen hinzukommen. MNey- mond sprach die Befürchtung aus, daß die Lage weniger gut sei, als Millerand annehme. Unter den 208 Flugzeugen Frankreihs seten kaum hundert, die ernstlih dienstkereit teien; es sei nötig, den Er- fundungs- und Zerstörungédicnst von Aeroplancn zu organisieren und Werkzeuge zu erfinden, um die deutschen Lenkballcns zu vernichten. Frankreih habe 139 Piloten und 82 Piloten‘hüler, aber nur 73 hätten ein Militärpatent und nur 50 seien tatsächlich dienstbereit. Neymond verlangte, daß man die Opferwilligkcit der Privatindustrie ermutige, und bemerkte andererseits, taß unter den fünfzehn französi- schen Lenkballons nur zehn Dienst tun kênnten. Der Nedner wies darauf hin, daß Deutschland 20 Lenkballons besiße und zehn zu bauen geplant habe. Die Zeppelinschiffe könnten sih_mit Leichtigkeit bis zu 2000 m erheben und hätten teilweise eine Schnelligkeit von 70 km in der Stunde, die französishen Lenkballons aber nur eine solche von 45 km. Die Deutschen hätten 25 Luftschiffhallen erster Klasse und Frankreih nur 10. Deutsche Offiziere seien imstande, Lenkballons zu führen. Die Unterlegenheit Frankreichs dauere an, weil es die Erfindungen Deutschlands sch nicht zunuße mache und weil Deutschland das Fabrikationsmatertal monopolisiere, ohne Zweifel, tamit Frankreich am Tage ter Mobilisierung es entbehren müsse. Reynaud bedauerte den Widerstand, auf den er bereits bet Messimy gestoßen sei, und hob hervor, daß die am Senegal gemachten Versuche mit Aeroplanen gute Erfolge gezeitigt hätten. Er beglükwünschte sih dazu, daß jeßt eine Aviatikerabteilung nah Marokko abgehe, die dort große Dienste in militärischer wie in kommerzieller Hinsicht leisten werde. Er hob ferner die Dienste hervor, die die Acroplane in dem Kriege in Tripolis den JItalienern geleistet hätten. Monts gab der Ansicht Ausdruck, daß die militärisck{e Avtatik vollständig selbsländig werden müsse. Der Kriegsminister Millerand erwiderte, die Kriegéverwaltung sei im Sinne der Selbständigkeit des Flugwesens tätig. Nichts werde vernachlässigt werden, damit die Mittel, die von dem Parlament in so fretgebiger Weise bewilligt worden seien, eine bôchstmöglihe Wirkung erzielten.

Hierauf wurde Kapitel 34 angenommen und die Sigung aufgehoben.

Die Deputiertenkammer seßte gestern die Be- ratung des Flottenprogramms fort.

Der Abg. Benazet erklärte laut Bericht tes „W. T. B.“, daß das vorliegende Programm ein Minimum da1stelle. Eine große Nation wie Frankreich dürfe niht von vornherein ihre Rüstungen be- grenzen. Es sei ferner notwendig, das Marineflugwesen zu organisieren und ein besonderes Flugzeug auétfindig zu machen, tas ih auf dem Meere und auf Schiffen niederlassen könne. Der Marine- minister Delcassé erwiderte, daß ihm ein solhes Flugzeug am 90. Februar geltefert werde. Der Präsident der Marinekommissjon Thomson Peutertte ur Frage der Einschränkung der Nüsftungen, man müsse von dieser friebliGen olitik Gebrauh machen. Troßdem sei cs notwendig, daß man gut bewaffnet sei. Frankreih würde sich einem Vorschlag auf Einschränkung der Nüslungen gewiß nicht ver- [Men Bemerkenêswert set jedo, daß Amerika, während es einen

nternationalen Schietsgerichtsvertrag wvorshlage, seine Tätigkeit im Flottenbau verdoppele Niemals habe England soviel Schiffe gebaut dreißig Kricgsshiffe habe es jeßt im Bau. Deutschland,

Oesterreich und Italien entwickelten ihre Marine. Deshalb sei es nicht Mes ufgabe, mit der Abrüstung zu beginnen; es müsse vielmehr eine große Anstrengung machen. Thomson wies dann auf den Fortschritt der deutshen Marine hin und \{loß: wenn og reich seine Bündnisse und Freundschaften erhalten wolle, müsse es seine Stellung zu Lande und zu Us bewahren. Der Abg. Painlevó verteidigte im Namen der Budgetkommission den Gesetz- entwurf. Es fei vor allem nötig, daß die Seestreitkräfte Frankreichs im Mittelmeer ‘zum mindesten den vereinigten Streitkräften Italiens und Oesterreichs glcihwertig seien, damit die freie Verbindung zwischen Ae und Nordafrika sichergestellt werden könne. REO abe im Mittelmeer franzäische und englische nteressen zu sckchüßen. Das gegenwärtige Programm stelle daber nur ein Minimum dar. Der Nedner tadelte darauf die Zersplitterung der Kredite und ihre Verwendung für zahlreihe Häfen zweiter Klasse. Es l nötig, den Ausbau der großen Häfen Toulon, Biserta und Brest Dercuiteflen. Painlevé verlangte ein Maximum von großen Geshüßen und hob die Notwendigkeit bervor, die Untersee- boote zu vermehren und zu vervollkommnen. Der Berichterstatter Nail verlangte die Annahme des Entwurfs, der übrigens nit einmal ausreihe, um Frankreich die Herrschaft im Mittel- meer im Jahre 1920 zu fichern. Dèêx - gegenwärtige Flottenbauplan habe die Entente cordiale zur Bedingung, denn wenn diese sch auflösen sollte, so würde Frank- reih nicht genügend gerüslet sein. Frankreih könne jedo Vertrauen auf die gegenwärtigen Ententen haben, die in dcr Gemeinsamkeit der Interessen begründet seien. Der Redner er- wartet bedeutende Ersparnisse von einer Industrialisierung der Arsenale. Der Marineminister Delcassé wies auf die Notwendigkeit hin, neue Schiffe zu bauen, und erläuterte die Einzelheiten des &Flottenbauprogramms, dessen Ausführung bis Ende 1919 gesichert set. Die Negierung sei verpflihtet, die Rüstungen der fremden Mächte zu beahien, habe es jedoch als nicht unbedingt notwendig erachtet, das Programm zu erweitern, 1e habe vielmehr nur die Ausführung um zwei Jahre beschleunigt. Die Gesamtausgabe werde sich auf 1398 Millionen belaufen. Im Fahre 1920 werde Frankreich zwölf Docks für Panzerschiffe von mehr als 23 000 Tonnen haben. Der Minister wies auf die Anstrengungen Oesterreih-Ungarns, Italiens und Deutschlands hin. Die Thronrede des Kaisers lasse erkennen, daß Deutschland, dessen Flottenprogramm im Jahre 1911 seinen Höhepunkt erreiht habe, im Jahre 1912 nicht nachlassen werde. Frankreih müsse niht eine bestimmte Zahl Panzerschiffe bauen, nur weil andere Mächte eine be- stimmte Anzahl bauen wollten. Die französihe Flotte müsse aber überall furchtbar sein, und dort die Uebermacht bilden, wo die Hauptinteressen dcs Landes lägen. Für Frankreih sei nichts an Wichtigkeit vergleihtar mit dem Mittelländischen Vêcer. In der eigenen Kraft finde jede Macht die Gewähr für ihre Würde. Die Klugheit gebiete, daß Frankreih immer imstande set, die feine zu wahren. Das zur Beratung stehende Programm genüge heute, um Frankreih Sicherheit zu geben. Delcassé kam so- dann auf die Verteilung der Seestreitkiäfte zu \prehen und führte aus, im Kanal und auf dem Ozean könne Frankreich sich mit Tor- pedobootszerstôörern und Unterseebooten begnügen und die Defensive beobachten. Eine solde Haltung würde aber im WMtittel- meer verhängnißvoll sein. Die französislhe Flotte müsse darauf vorbereitet sein, sich gegen jede Flotte zu wenden, die Frankreihs Verbindungen mit Nortafrika bedrohen wolle. Delcassé wies darauf hin, daß er im Viittelländishen Vêeer gegen- wärtig über ein mächhtiges Geschwader verfüge, das für jede Möglichkeit gewappnet sei; das andere Geschwader sei in Brest ge- bildet. Das NRekrutierungsgeseß für die Marine müsse sofort nach Bewilligung des Flottenprogramms angenommen werten. Es werte Frankreih mit der größtmöglihen Beschleunigung und einem Minimum von Kostenaufwand die wirkungsvollslen Ergeb- nisse sichern. England, dessen Lage einzigartig, sei, verlange die Bor- herrshaft zur See und kaïte zwischen seiner Flotte und denen tes Auslandes immer den Abslaad tnne, den es sich feslgesett Habe, Das Jet san. GOB und es bliebe ihm Treu, Deutschland verdanke scinen Nang, dessen Erreihung man ihm nit zugetraut habe, den Anstrengungen, die es seit erst sieben Jahren gemacht habe. Ein höherer Wille habe sich gegenüber der zunächst widerstrebenden öffentlihen Meinung durhzuseßen gewußt. Frankreih könne im Interesse der Nationalverteidigung eine ahnliche Kraftanstrengung machen; es have die Pflicht, sich ihr nicht zu entziehen.

Darauf wurde die allgemeine Diskussion geschlossen, und die Kammer trat in die Besprehung der einzelnen Artikel ein. Der Abg. Goude vertrat einen Antrag, die Diskussion solange aufzuschieben, bis die Negierung die Zahl der Arsenalarbeiter festge)ezt habe. Darauf wurde die Sizung auf 9 Uhr Abends verschoben.

Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen forderte der Abg. Goude, daß diejenigen Metallindustriegesellschaften, die an die Marine lieferten und die Interessen des Staates \chädigende Verabredungen getroffen hätten, verfolgt würden. Ferner verlangte er, daß die Zahl der ständigen Arsenalarbeiter auf 25 000 festgeseßt werde.

Der Marineminister Delcass& legte dar, daß er bedeutende Preisermäßigungen für die Panzerschiffe erzielt habe, und erklärte, er werde die Zahl der Arsenalarbeiter festsezen, sobald das Flotten- programm angenommen set. Der foziali\stische Abg. Brizon warf der Regierung vor, daß fie die Zwischenfälle mit Deutschland, Italien und Spanien dazu ausauße, um ruinöse Nüstungêvermehrungen zu verlangen.

Die Kammer lehnte hierauf den von Goude gestellten An- trag mit 465 gegen 73 Stimmen ab und nahm das Flotten- programm mit 452 gegen 73 Stimmen an.

Nufß;land.

Der Ministerrat hat sich laut Meldung des „W. T. B.“ dahin ausgesprochen, daß der von 30 Mitgliedern der Neichs- duma gestellle Jnitiativantrag auf Anerkennung der Stret1ft- freiheit unannehmbar sei.

Portugal.

Der Senat hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, einen (Seseßzentwurf angenommen, der die Aufhebung der kon stitutionellen Garantien rückgängig macht. Das Geseh wird heute veröffentlicht werden.

Belgien.

Der Arbeitsminister Hubert hat in der Depulierten- fammer einen Gesetzentwurf eingebracht, der das Alte rs- pensionsgeseß dahin abändert, daß die Mitglieds- beiträge für die Alterspension da, wo eine achttägige Lohn- zahlung gebräuchlih ist, nur allmonatlih vom Arbeitslohn zurückbehalten werden dürfen. Die Kammer hat den Geseß- entwurf laut Meldung des „W. T. B.“ einstimmig ange- nommen, Der Senat ist auf morgen. einberufen worden, um dem Amendement Geseßeskraft zu verleihen. Hierdurh wird der Streik im Borinage, der sechs Wochen gedauert hat, durch Gese beendet werden. :

Die Ständige Kommission der Jnternatio- nalen Zuckerkonferenz hat gestern ihre Arbeiten unter- “brochen und wird’ erst am 26. Februar wieder zusammentreten. Wie obiger Quelle zufolge offiziell mitgeteilt wird, hat die Kommission ihre gestrige Sißung „dazu benußt, einen end- gültigen Vertragsentwurf auszuarbeiten und die erzielten

| Quelle zufolge, wieder hergestellt.

h Angriffe auf die italienishe Südsront aus, | erfolgreich zurückgewiesen wurden.

} gegen 11 Uhr dur) eine

Ergebnisse zusammenzustellen. Ein Einverständnis aller Länder ist darüber erzielt worden, daß die Konvention nah ihrem Ablauf auf weitere fünf Jahre unter den leichen Bedingungen wie zuvor zu erneuern ist, und daß Rußland ein außerordentliches Exportkontingent von 250 000 t u bewilligen ist, wovon 150 000 t auf die Kampagne 1911/12 sommen, während 100 000 t auf die verschiedenen Kampagnen späteren Datums zu verteilen sind. Die einzige Frage, die noch zu regeln ist, ist die, wie die Verteilung der 100000 t auf die verschiedenen Kampagnen oder in welchem Verhältnisse sie stattfinden soll. Wenn man die Bedeutung der Punkte, über die eine Einigung erzielt wurde, in Betracht zieht, so ergibt sih, daß sich die Kommission nur noch über eine untergeordnete Frage zu einigen hat. Unter diesen Bedingungen wurde es für nüßlich gehalten, die ausländischen Delegierten niht mehr in Brüssel festzuhalten, um die verschiedenen Möglichkeiten der Verteilung herauszusinden. Man erklärte sich vielmehr damit einverstanden, daß diese Frage zwischen den beiden hauptsächlich beteiligten Ländern, zwischen Deutschland und Rußland, auf direktem Wege geregelt werden soll. Das Ergebnis dieser Verhandlungen soll dann am 9%. Februar in einer Plenarsizung der Kommission mitgeteilt werden. Türkei.

Wie die „Neue Freie Presse“ meldet, sind Mohammedaner aus dem Distrikt Nethymna in die Stadt Kanea geflüchtet und verlangen von den Vertretern der Mächte Schuß gegen die fortwährenden Mordtaten. Die Regierung hat die Repräsentanten einberufen, um über Abwehrmaßregeln zu beraten.

Serbien.

Jn der heutigen Skupschtina verlas der Minister- präsident Mil ovanovic laut Meldung des „W. T. B.“ den Ukas des Königs, durch den die Skupschtina aufgelö} wird. Die Neuwahlen werden für den 14. April ausgeschrieben und die neue Skupschtina für den 1. Mai zu einer außerordent- lichen Session einberufen.

Amerika.

Wie vom „W. T. B.“ aus der Stadt Mexiko gemeldet wird, sind 40 Aufständishe in einem Treffen mit den Bundestruppen bei Cuernavaca gefallen. Die Aufständischen haben bei Cuernavaca sechs Dörfer niedergebrannt und mehrere Einwohner getötet. Einem offiziellen Bericht zufolge sind in einem Gefecht bei Lerdo 20 Nebellen gefallen und 46 ge- fangen genommen worden. Die Verluste der Regierungstruppen werden nicht bekannt gegeben. :

Ueber die Ermordung eines Deutschen Anger- mann auf der Farm El Provenir wird aus Mexiko auf Grund der bisherigen amtlichen Ermittlungen folgendes gemeldet: Angermann war bewaffnet in das Haus des Diener Hernandez gegangen, um es nach angebli gestohlenem Gummi zu durch- suchen. Anscheinend während er das Bett durchsuhte, wurde er von Hernandez durch Messerhiebe getötet. Der Mörder wird verfolgt.

Die öffentlihe Ordnung in Ecuador ist, obiger elle Das ganze Land ift zum fonslitutienellen Regime zurückgekehrt. Der General Leonidas Plaza und der Staatsmann Carlos Tovar sind die republi- fanishen Präsidentschaftskandidaten für die nächsten Wahlen.

Die argentinishe Deputiertenkammer hat,

ÿ obiger Quelle zufolge, den Etat für 1912 angenommen, der

die ordentlichen Einnahmen und Ausgaben auf 434 Millionen

j Piaster festsett.

Asien. Nach einer Meldung des „Neuterschen Bureaus“ nimmt

y Juanschikai in einem Manifest den Titel „Bevollmächtigter Ÿ Vrganisator der Nepublik“ an und befiehlt den Zivilbeamten,

dem Heer und der Polizei, ihre Obliegenheiten weiter zu er-

j füllen und die Ordnung aufrechtzuerhalten.

Der Erlaß über die Errichtung der Republik China ist von den Chinesen in Mukden mit Jubel aufgenommen worden.

Die Bevölkerung ist jedoh noch beunruhigt wegen der Unklar- h heit des Standpunkts des Vizekönigs und des Befehlshabers j der Polizeitruppen, die beide noh am Vorabend des Erlasses N die Nevolutionäre verfolgt hatten. | Garnison dur vier Bataillone Jnfanterie mit Rücksicht auf Ï etwaige Unruhen verstärkt.

Der Vizekönig hat die

Afrika. __ Nach Mel dungen der „Agenzia Stefani“ aus Derna führte der Feind in der Nacht zum 13. d. M. zwei heftige die aber heide

Ler eute dieser Marie, der sehr keftig mar, wurde Abends

ine Bewegung begonnen, die darauf abzielte, die : __neue italienische Verteidigungslinie und die rechte Seite der älteren Linie, die sich weiter zurück bi fintet, ein- zus{ließen. Der Angriff wurde von einer Kompagnie des Gebirg8- bataillons Edolo, die das neuangelegte kleine Fort Lombardia be- M und von anderen Kowpognien desfelben Bataillons, die sofort gerbeteilten, zurückgeschlagen. Zwei aufeinander folgende Ängriffe mit Vajonetten trieben den Feind in die Flucht. Gleichzeitig warfen sich andere Abteilungen gegen den italienishen äußersten reten Flügel ind machten zweimal einen Angriff auf die Redoute, wurden Aber

borgeshobcne

| beide Male nah heißem Kampf bei den Drahthindernissen vor der

M, " f piedoute E Dane Zum Erfolg der Italiener trugen nit wenig fin sehr wirksame und zur rechten Zeit erfolgende Eingreifen der fünf Forts, die sehr zwelmäßige Verwendung der Hunde, die den Senar/h der Feinde ankündigten, und die großartige Wirkung der Scheinwerfer bei, die, troßdem sie ganz besonders das Ziel cines ndigen feindlichen Feuers waren, ruhig und geschickt gehand- s wurden. Um 2 Uhr Morgens war der Feind voll- andig zurückgeschlagen. Vor diesem Teil der italienischen Mont wurden bet Tagesanbruch zahlreihe Zeichen sehr Liter feindlicher Verluste wahrgenommen, außer 60 Toten wurden f Shwerverlepter und in weitem Umkreise zerstreute Teile mensch- sib a Körper gefunden. Die Verluste auf italienischer Seite beliefen M auf 3 Tote und 22 Verlette, darunter ein Offizier. Während dieser y use zu Ende ging, griffen andere Streitkräfte am reten Ufer des Derna- ; ies das kleine Fort Piemonte und die Schanzen F und (4 an und (eigen auch hier bis dicht an die italienishen Drahthindernisse und als 200 L En Verteidigungêwerke vor, von wo sie auf wentger Auch 00 m Abstand cin heftiges, aber wirkungsloses Feuer eröffneten. : e Angriff war unter Mitwirkung der Artillerie geaen 3 Uhr i andig zurückgewiesen. In diesem Kampf hatten die Italiener tine Verluste. tands Tobruk wird gemeldet, daß gestern früh einige ie liche Gruppen ein E gegen eine Abteilung Jtaliener a tmelen, die einen Hügel beseßen wollten, aber dur einige „se aus den Kanonen des Forls vertrieben wurden. Später gannen andere Gruppen aus großer Entfernung auf eine

italienische Kompagnie zu schießen, die zur Erkundung einer

kürzlich eingenommenen Stellung des Feindes“ entsandt war.

un Fainpagnie erwiderte, unterstüßt von einigen Feldgeschüßen, eFeuer.

hat Naisuli dem Obersten Sylvestre und dem spanischen Konsul von Larrasch Clara mitgeteilt, daß er den Ebieen die Ermächtigung zur Beseßung der Stadt nicht erteilen könne; sie müßten die erforderlihe Erlaubnis vom Sultan und dem Machsen zu erlangen suchen. Sylvestre und Clara sind darauf nach Elksar zurückgekehrt.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sizung des Hauses L Me dueien befindet sich in der Ersten und Zweiten

Jn der heutigen (14.) Sißzung des Hauses der Ab- geordneten, welcher der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer beiwohnte, wurde die Beratung des Etats der landwirtschaftlichen Verwaltung bei den fortdauernden Ausgaben für Landesmeliorationen, Moor-, Deich-, Ufer- und Dünenwesen fortgesezt, mit denen zugleich die Denkschrift über die Moorkultur und die Moorbesiedlung in Preußen be- sprochen wurde. Jm Extraordinarium sind zur Förderung der Kultivierung und Besiedlung der Oedländereien in der Provinz Hannover 200 000 6 ausgeworfen. :

Abg. von dem Hagen (Rer trat für den Ausbau von Kanälen im Moorgebict ein. Diese Maßregel habe {ic in Holland für die Besiedlung mit Kolonisten als überaus wohltätig erwiesen. Se Dana nah dem Dortmund-Ems- Kanal sei besonders dringend notwendig.

__ Abg. Gyßling (fortshr. Volksp.): Meine Freunde begrüßen es mit besonderer Freude, taß die Staatsregierung in dieser Sache den Kleinbesiß fördern will. Wenn man aber zusammenrechnet, was der diesjährige Etat für die Kultivierung der Moore und das Melio- rationsgebiet vorsieht, und dies mit dem, was früher für denselben Zweck au®gegeben worden ist, vergleiht, so kommt man zu dem Ergebnis, daß die in diesem Jahre eingestelte Summe von 1639000 # als zu gering zu erahten ist. Selbst- verständlich müssen auch die Verbände, die mit der Kultivierung der Moore zu tun haben, finanzielle Mittel dafür aufbringen. Aber es wäre doch unrichtig, den Verbänden zu hohe Lasten auf- zulegen, ta die Belastung der Kommunen und Provinzen fortdauernd sleigt. Der Minlster hat mit Necht gesagt, daß zur Landwirtschaft auch Lust und Liebe gehöre. Allerdings sind Lust und Liebe die Fittiche zu großen Taten. Aber tie Kolonisten müssen auch fo gestellt werden, daß fie Freude an der Arbeit behalten und die Früchte ihrer Arbeit ernten. Gerade der Finanzminister hat zugegeben, daß die kommunalen Lasten, auch dle Provinzialabgaben, tmmer weiter steigen: deshalb müssen für die Kultivierung ter Moore ftaatliße Mittel bereit- gestellt werden, und der Staat wird, da es sich ja um nubbringende Anlagen handelt, auch vor Anleihen für diesen Zweck niht zurück- shrecken dürfen. Die Vorschläge der Denkschrift will id nit kritisicrcn, denn Probieren geht über Studieren. Im Often ist die Kultivierung der Moore von der größten Bedeutung für dle Gewinnung von Arbeitskräften. Die Zahl der bodenständigen Ar- beiter im Durchschnitt des ganzen preußischen Staates beträgt 27 9/0, in ODslpyreußen dagegen nur 17%, “in Pommern 19 9%, in der Rheinprovinz 44 0%, tin Hessen - Nassau 70 9/6, in Westfalen 73%. Wir müssen also im Osten mehr boden- ständige ‘Arbeiterschaft schaffen. Die Bevölkerungszunahme in ganz Preußen hat in den leßten fünf Jahren 7,7 9% betragen, in Vslpreußen dagegen nur 1,67 9/9, und diese Vermehrung von ganzen 32 000 Köpfen entfällt auf die größeren Städte, während die sämt- lichen Landkreise nur eine Vermehrur g von kaum 400 Köpfen haben. In den Kreisen, wo der Großgrundbesitz vorherrscht, is sogar ein Jüdgang der Bevölkerurg eingetreten. Ostpreußen leidet dur Ubwanderung unter einer abnehmenden Bevölkerungszahl. Mit Hilfe der Kultivierung der Moore können wir die Arbeiter boden- ständig machen. Die Güterpreise im Osten sind in einem Jahre um mehr als 209% gestiegen; wir müssen deshalb das Angebot von Gütern durh Schaffung neuer Güter auf den Mooren vermehren. Die Land- wirtschaftskammer von Osipreußen hat ih dahin ausgesprochen, daß (cs fih hauptsählich nicht um die Gründung neuer Ansicdlungs- stellen handeln könne, fondern um die Melioration der eine sichere Rente abwerfenden Niederungsmoore, und daß auch auf den Hoch- mooren Versuche angestellt werden könnten. Die Kolonisten im Osten haben s{hwer zu ringen und zu arbeitcn, es sollten deshalb die Preife für die Parzellen niedriger bemessen werden. Der Minister hat mit Necht hervorgehoben, daß die industrielle Verwertung der Moore gerade für Oslpreußien von der erheblihsten Bedeutung ist. Das Parlament soll die Regierung niht zu mehr Ausgaben drängen. Wir haben eben auf die Einnahmen leider gar keine Etnwirkung; wenn wir einen beweglichen Faktor für die Einnahmebewilligung hätten (Präsident Dr. Freiherr von Erffa machte den Redner darauf auf- merksam, daß diese Ausführungen nicht zur Einzelbesprehung des Gtats gehören), so würden wtr der Regierung mehr Ausgaben für dieses Gebiet zuweisen können. Die Kultivierung der Moore ist ein nußbringendes Werk, und deshalb darf der Staat mehr Mittel dazu verwenden.

2 Abg. Dr. Glaßel (nl.): Jh darf wohl annehmen, daß der Minister uns alljährlih eine Ergänzung zu der Denkschrift vor- legen wird, damit wir über die Fortschritte in der Moorkultur auf dem Laufenden gehalten werden. Vou Versuchen kann jett nicht mehr die Vede sein, diese müssen doch als abgeschlossen betrachtet werden. Wenn natürlich au immer noch neue Erfahrungen zu machen fein werden, so steht doh jedenfalls heute fest, - daß eine Moor- lultur zweifellos nötig und durhführbar ist. Daß im einzelnen Fehlschläge vorgekommen sind, läßt sih nicht bestreiten, aber au die Hochmoorkultur hat toch niht ungünstige Ergebnisse erzielt. Im *Interesse einer Zusammenleguna von Moorflähen wird viel- leiht die Geseßgebung eingreifen müssen. Sehr oft sind die Par- zellen durch die allmählihe Fortführung der Melioration wie lange, {male Handtücher ausgedehnt; auch da ist natürli eine Um- legung sehr erwünsht. Die Einrichtung großer Stellen \tößt wegen der dazu nötigen großen Kapitalien auf mancherlei Schwie: ig- leiten. Auch wirtschaftliche S{wierigkeiten stehen entgegen. Da ist es das Beste, erst kleine Stellen zu shaffen und dann Zuschuß- parzellen zu bilden. Ih möchte den Minister dringend bitten, seine Aufmerksamkeit auch auf Ostpreußen zu lenken; besonders bei der Haff- nehrung wäre viel zu tun. Allerdings wird die Provinz Ostpreußen niht in jedem Jahre den gleichen Zushuß wie der Staat iten können; es wäre deshalb zu erwägen, ob man sich nicht mit einer ge- ringeren Beteiligung der Provinz begnügen könnte.

und Moor-

Die Denkschrift über die Moorkultur M in Preußen wird turch Kenntnisnahme für erledigt ertlärt. :

(Schluß des Blattes.)

Wen N der Abgeordneten ist eine Denkschrift über die staatliche Hilfsaktion aus Anlaß der Hoch- wasserkatastrophe im Ahrgebiet im Juni 1910 zu- gegangen.

Wie „W. T. B“ aus Arzila vom 7. d. M. meldet,

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbeweguna-

Der „Neuen Freien Presse“ wird aus Bu dapest gemeldet der Landesverein ungari/der Eisenwerke U M inen fabriken einstimmig beschlossen hat, sämtliche Arbeiter etwa 26 000 vom 24. Februar ab auszusperren (vgl. Nr. 40 d. ZOL Je

Aus London wird dem „W. T. B.“ gemeldet: In etner Ver- fammlung von Bergleuten wurde heute eine Entschließung gefaßt, in der bedauert wird, daß die Bergwerksbesigzer die Gewährun eines Mindestlohnes, der für die Beilegung der Zwistigkeiten aus- shlaggebend gewesen wäre, abgelehnt haben. Die Entschließung gibt D R E Minenbesißern weiter zu ver-

n, fa lese es wünschen follten. Inzwischen

tausend Bergleute gekündigt (vgl. Nr. 37 S En M

(Weitere „Statistishe Nachrichten" \. i. d. Zweiten Beilage.)

Kunst und Wisseuschaft.

_Die Archäologische Gesellschaft in Berlin bielt Dienstag, den 6., thre Februarsizung unter dem Vorsitz E rat Dr. Trendelenbur ab. Auf der Tageêordnung stand der Bericht über die Ergebnisse der leßtjährigen Ausgrabungen des Kaiserlichen Archäologischen Instituts in Pergamon. Professor Dr. Dörpfeld, der Leiter der Ausgrabungen, berichtete zunächst über die topographishen und architektonischen Ergebnisse. Von besonderem Interesse ist hier die Aufdeckung zweier heiliger Beztrke, die {on in der vorigen Kampagne angeschnitten waren, des Bezirkes der Demeter und des der Hera. Jener liegt auf einer großen Terrasse, deren Gelände erft dur eine mähhtige Quaderstüßmauer gewonnen werden mußte. Der Tempel, ursprünglich ein dorisher Antentempel, erhielt später eine Vorhalle. Ebenso wurde der heilige Bezirk in späterer Zeit mit Säulenballen und Gemächern umgeben und ein Vorbau an seinen Eingang geseßt. Vor dem Tempel liegen nech die Reste des Altars. An der Seite des aufsteigenden Geländes nimmt die Halle nur etwa die Hälfte der Länge des Be- zirks ein. An sie {ließt hier ein Theatron, aufsteigend angeordnete Sizreihen, an, von denen aus die Gemeinde der heiligen Handlung des Kultes der Göttin zushaute. Der Tempel geht bis auf den Gründer der pergamenischen Herrscerdynastie, Philetairos, zurü. Gewisse Anzeichen deuten darauf hin, daß ihm eine noch ältere An- lage vorausgegangen ist. Ueber dem Gymnasium lac auf zwei Terrassen der Bezirk der Hera, der infolge Früh ein- getretener Verschüttung verhältnismäßig fehr gut erbalten zu Tage trat. Namentlich gilt das hon dem mit der Nückseite in den Abhang hineingeshobenen Tempel, zu dem eine hohe Freitreppe hinauf- führte. Rechts war er von einem vorn mit einer Säulen- stellung si öffnenden Saal, links von einer ebenfalls säulenges{chmüdten balbrunden Eredra flankiert. Auf dem Boden des Tempels fanden sich noch Reste eines prächtigen hellenistishen Mosaiks, das in feiner Farbentönung Festons und Binden zeigt. Leidec ist die Mitte des Bodens offenbar \{chon im späteren Altertum absichtlich entfernt und durch einen Plattenbelag erseßt worden. Im Hintergrunde der Halle erhebt sich noch die breite Basis für die Kultbilder. Der Bau stammt aus der Zeit Attalos! 11. Die Verwendung von Marmor bei dem Bau, andererseits die flüchtige Arbeit, die sehr abstiht von der sonstigen glänzenden Technik pergamenischer Königsbauten, gaben dem Vortragenden, der damit allerdings fofort auf Widerspruch stieß, Veranlassung zu Ver- mutungen über die zeitlihe Ansezung der pergamenishen Marmor- bauten, wodurch namentlich auch der große Altarbau mit dém Sees einer jüngeren Periode als bisher angenommen wurde, zuzuschreiben sein würde. Zum Schluß berührte Herr Dörpfeld noh kurz mehrere Forschungen in der Landschaft von Pergamon, unter denen namentlich interessant und wichtig seine Feslstellung ist daß der Hauptfluß der pergamenischen Ebene, der Kaikos, ursprünglich in westliher Nichtung das Meer etwa bei dem heutigen Hafen Dikeli erreichte, während er jeßt nah Süden abbiegt. Ueber die Einzelfunde des Jahres berichtete Dr. Jppel. Unter den Bild- werken ragen ein römischer Porträtkopf und ein überleben8großer helle- nistisher männlicher Torso hervor. Dieser wurde in dem Tempel der Vera gefunden. Wenn anfangs die Figur dic Deutung auf einen Zeus nahelegte, der dann in dem Tempel mit Hera zusammen verehrt wäre, so weisen doch gewisse Anzeichen darauf hin, daß es si e um ein Herrscherporträt aus der letzten pergamenischen Zeit jandelt,

Die neue dänische Grönland-Crpedtition wird, wie „W. T. B." aus Kopenhagen meldet, vorautsihtlich am 1. Zuni d. i unter Führung des Kapitäns Koch, der au an der leßten dänischen Erpedition teilnahm, von Kopenhagen abgehen. Die Expedition beabsichtigt, quer über das Inlandeîis Nordagrönlands vorzudringen. Im Herbst 1913 wird fie zurückerwartet. Unter den Teilnehmern be- findet sich auch Dr. Wegener, Dozent an der Universität Marburg. Gleichzeitig mit Kochs Cxpedition geht eine Inlandserpedition unter Führung des Schweizers Dr. Alfreb de Quervain vom Laksefjord ab.

Literatur.

_ In einer kleinen Schrift: Der Wohnsiß des Odysseus Ithaka oder Lewkas (Verlag von Fr. Brandstetter in Leipzig; 1 M) belämpft Professor Eduard Engel die Behauptung Professor Dörpfelds, Lewkas habe zu Homerischer Zeit Ithaka geheißen, als eine freie, dur nichts unterstüßte Erfindung. Neben dieser philo- logish-kritishen Abweisung bietet die Schrift zahlreihe und sehr shwerwiegende Beweise dafür, daß der Dichter des Odyssee Ithaka genau gekannt und taß sich sämtlihe wihtige Punkte des Schau- plaßes der Odyssee auf Ithaka in der durch die Apvgaben des Dichters umschriebenen Lage und gegenseitigen Entfernung nachweisen lassen; daß ferner die für die Frage Ithaka-Lewkas wichtigsten Schilderungen des Dichters \{lagend auf JIthaka passen und în vollem Gegensaß zu den Bodenverbältnissen von Lewkas slehen; auch die Angaben Homers über die geographische Lage Ithakas zu den anderen Inseln und zum Festlande stimmten voll- kommen für das heutige Ithaka. Wenn der Dichter Lewkas nicht unter den Inseln aufzähle, so stimme er genau mit allen alten Geographen überein; im übrigen habe er Lewkas wohl gekannt und dessen südlihe Spiße, den Lewkadishen Felsen, völlig richtig nördlih von Ithaka gesehen. Endlich sei bei den Ausgrabungen auf Lewkas nichts gefunden, was auf einen alten Königssiß in Nidrk| ließen lasse. Engçel fußt bei seinen Feststellungen auf einer genauen Kenntnis der Insel Ithaka, die er wiederholt besucht und durforsht hat. Ein der Schrift beigegebenes Kärtchen der Insel vermittelt dem Leser die nötige topographishe Anschauung. Das Büchlein sei nicht nur Philologen fondern allen Verehrern der unsterblihen Homerischen Gesänge empfohlen.

/ Urte Anzetgen

neu ershienener Schriften, deren Besprehung vorbehalten bleibt. Einsendungen sind nur an die Redaktion, Wilen frat as zu rihten. Rücksendung findet in keinem Falle statt.

Sozialer Volkskalender für 1912. Preis 7 3. Skt. Ulrih bei Mücheln, Bez. Halle a. S., Evangelish -Sozi Z verband für die Provinz Lis gel Sozialer Hees Kalender für Gemeindebeamte für 1912. 13. Jahrg« 2 Teile. Berlin SW. 68, Kochstraße 5. Reinhold Kühn.