1912 / 49 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Feb 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Santa an der Viktoria Luisenschule (jeßt Lyzeum) in utsch Wilmersdorf, Max Roeßler an der öffentlihen en Mädchenschule (jeßt um) in Gr. Lichterfelde, mil Lorbeer an der städtishen Höheren Mäd enschule Het Lyzeum) in Kolberg, Karl Rinneberg an der Königin uiseshule (jeßt Lyzeum) in Stargard, Paul Gu mann an der skädtischen Höheren Mädchenschule (jest Lyzeum) in Brom- berg, Karl Adamek -an der städtischen Höheren Mädchen- schule (jeßt Lyzeum) in Bromberg, Friedrih Schröte r an der Kaiserin nare Victoriaschule (jeßt Lyzeum) in Schneidemühl, Oito Niem cke an der städtishen Höheren Mädchenschule ges Lyzeum) in Kattowiß, Rudolf Scholz an der Viktoriaschule (jeßt Lyzeum) in Breslau, Friedrich John an der Augusta- schule (jeßt Lyzeum) in Breslau, Paul Witte an der städtischen Höheren T (ep Lyzeum) in Stendal, Friedrich Bernhardt an der städti chen Höheren Mädchenschule (jeßt Lyzeum) in Neumünster, Hermann Hoffmann an der städtischen Höheren Mädchenschule T (jeyt Lyzeum) in Hannover, Ros Ey an der Sophienschule (jeßt u in Hannover, enjamin Kusserow an der Kaiserin Auguste Victoriaschule (jeßt Lyzeum) in Celle, Dr. Adolf Se [lmann an der städtischen döheren Mädchenschule (jeßt Lyzeum) in Hagen, Karl Land- grebe an der städtishen Höheren Mädchenschule (jeßt Lyzeum) in Dorimund, Dr. Georg Schläger an der städtischen Höheren Mädchenschule (jeßt Lyzeum) “in Eschwege, Wilhelm Een, dörfer an der Humboldtshule (jeßt Lyzeum) in Frankfurt a. M., Dr. Karl August Hiestorff an der Herderschule (jeßt Lyzeum) in Frankfurt a. M., Paul Siebert an dem städtischen Höheren Lehrerinnenseminar (jeßt Oberlyzeum) in Frankfurt a. M., Arnold Steinhauf f un D städtishen Höheren Mädchenschule (jeßt Lyzeum) in Marburg, August Ra tel an der Humboldtschule (jeßt Lyzeum) in Frank- furt a. M., Friedrih Florin an der Elisabethenschule (jeßt Lyzeum) in Frankfurt a. M., Dr. Karl Schmidt an der städtishen Höheren Mädchenschule (jeßt Lyzeum) in Crefeld, Dr. th. Karl Wurth an dem städti)chen Höheren Lehrerinnen- seminar (jeßt Oberlyzeum) in Düsseldorf, Dr. th. Friedrich Pollach an der Königin Luiseschule (jeßt Lyzeum) in Cöln, Ernst Droese an der städtischen Höheren Mädchenschule (jeßt Lyzeum) in Crefeld, Richard S ch uster an der städtischen Oöheren Müädchenschule (jeßt Lyzeum) in Oberhausen, Dr. ito Jordan an der städtishen Höheren Mädchenschule (jeßt Lyzeum): in Hamborn. Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den vorgenannten Professoren den Rang der Räte vierter Klasse zu verleihen.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Die Oberförsterstelle Pflastermühl im Regierungs- bezirk Marienwerder ist zum 1. April 1912 zu-besezen. Be- werbungen müssen bis zum 5. März eingehen.

Ministerium des Jnnern.

Der Polizeihauptmann, charakterisierte Polizeimajor Haccius in Berlin ist zum Polizeimajor ernannt worden.

‘Nichtamilicßes. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 23. Februar.

Jn der am 22. d. M. unter dem Vorsiß des Staats- i Staatssekretärs dee Jnnern Dr. Delbrück ab- gehaltenen Plenarsißung des Bundesrats wurde der Vorlage, betreffend Zollerlaß für Kartoffeln, die Zustimmung erteilt. Die gleiche Beschlußfassung erfolgte bezüglich der Vor- lage, betreffend Ergänzung und Aenderung des Taratarifs. Zur Annahme gelangten ferner die Vorlagen, betreffend die Prägung von Dreimarkstücken im Betrage von 21 Millionen Marf, von Zwei- und Einmarkstücken im Betrage von je 4,5 Millionen Mark, von Zehnpfennigstücken im Betrage von 5 Millionen Mark, von Zweipfennigstücken im Betrage von 2 Millionen Mark und von Einpfennigsiücken im Betrage von 3 Millionen Mark. Kenntnis „genommen wurde von der Uebersiht der Geschäfte des Reichsgerihts im Jahre 1911 und von den Uebersichten über die auf den deutschen Münz- stätten im Jahre 1911 erfolgten Prägungen von Reichs- Gold- und Silbermünzen. Demnächst wurde die Wahl ‘der Mitglieder der Reichsshuldenkommission für das Rechnungs- jahr 1912 vollzogen und über die Festseßung des Ruhegehalts von Reichsbeamten sowie über eine Reihe von Eingaben Be- {luß gefaßt.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 21. d. M:-S. M. S „Tiger“ in Hongkong und S. M. Tpdbt. „S 90“ in Kiukiang

(Yangtse) eingetroffen.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser Franz Joseph hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, den Prinzen Johann Georg und die Prinzessin Maria Immakulata von Sachsen in Privataudienz empfangen.

Großbritannien und Frland.

m Unterhause wurden gestern im Laufe der fort- le Adreßdebatte verschiedene Anfragen an die Re- gierung gerihtet und ein Amendement der Opposition zugunsten einer Steuerreform mit 258 gegen 193 Stimmen abgelehnt.

Nach dem Bericht des ,W. T. B.“ fragte der Abg. Goldney (Unionist) an, ob das Auswärtige Amt Kenntnis habe von irgendwelen Borverhandlungen zwischen europäischen Mächten über die zukünftige Kontrolle der Fernao Veloso Bay und des portugiesischen Kafkongogebiets nördli ‘des Kongo. Der Staatssekretär des Aus- wärtigen Amts Grey verneinte die Anfrage. Weiter fragte Goldney, ob tas Auswärtige Amt Kenntnis habe von einem Vertrage oder einem Abkommen, tas zwischen Deutschland und Spanien séit dem Fiöhjabr 1911 bestehe und die Interessen Portugals berühre. Grey erwiderte, er habe fetnerlei Mitteilung über diese Angelegenheit er- hóölten. Darauf stellte der Radikale King eine Frage, die sch auf einen angebli zwischen England und Deutschland bestehenden Geheimvertrag vom Jabre 1898 bezog. Grey erwiderte, King müße wissen, daß turch eine Beantwortung solher Fragen derartigen

Geheimvertzägen ter geheime Charakter genommen würde.

*Goldney (Utäonist) richtete ferner an Sir Edward Grey die

Auswärtige Amt an irgendwelhen “Be- sprehungen über die möglide Abtretung der Walfischbai oder auch Sansibars ‘an andere europäische Mächte teilgenommen habe. Grey erwiderte, vor vielen Jahren sei der Austausch von britishem Gebiet nihtformell in Erwägung gezogen worden. Einzelne dieser Austauschpläne selen für möglih er- achtet, andere aber seien erörtert und beiseite gelegt worten. Der britishen Regierung müsse es immer freistehen, derartige Mög- lichkeiten ohne dfentliße Erklärung _zu besprehen. Aber in einem Falle von Landabtretungen, die mehr als eine Grenz- regulierung bedeuteten, würde die Gr nung des Hauses unter den von der Regierung im Juli 1890 w hrend der De- batte über die Abtretung Helgolands festgeseßten Bedingungen ein- geholt werden. Auh würde keine Abtretung von Gebietsteilen, die zu einer englischen Kolonie mit Selbstverwaltung gehörten, ohne Einwilligung der Regierung dieser Kolonie erfolgen. Er kônne keine weitere Eeblinna auf derartige Fragen geben, als diese. Wenn Goldney einen Irrtum zu vermeiden wünsche, so dürfe er niht an- nehmen, daß cine Abtretung der Walfishbai und der Insel Sansibar in Erwägung gezogen werde.

Frankreich,

Der vom früheren Minister des Aeußern Pichon im Namen der Senatskommission über das zwischen Frankreich und Belgien abgeschlossene Congoabkommen erstattete Bericht gelangte gestern zur Verteilung. Wie „W. T. B.“ meldet, erklärt Pichon darin:

Der Artikel 16 des deutsch-franzöfischen Abkommens vom 4. No- bember 1911, wonach Frankreih sich mit den übrigen beteiligten Mächten wegen der Frage \eines Vorkaufsrechts auf den Congostaat verständigen müsse, bedeute zweifellos ein Zugeständnis an Deutschland. Die Kommission bleibe zwar troß der vom Ministerpräsidenten abgegebenen beruhigenden Versicherungen der Ansicht, daß es besser been wäre, zu den früheren Bestimmungen über das Vorkaufsrecht Frankreids die neue Bestimmung nicht hinzuzufügen, die in Zukunft Schwierigkeiten verursachen könnte, und die \chon gleih nah threr Veröffentlihung Beunruhigung hervorgerufen habe. Gleihwohl be- antrage die Kommission einslimmig die Ratifizierung des von der Kammer bereits vor längerer Zeit angenommenen Abkommens.

Rußland.

Nach einem Bericht des Ministeriums des Junern sind zur Linderung der Not in den durch M ißern te betroffenen Gouvernements bis zum 14. Januar 84,4 Millionen veraus- gabt worden, davon für Verpflegung und Saatzwecke 66,8 Millionen.

Anfrage, ob das

Italien.

Zu Beginn der gestrigen Sißung der De utierten- kammer, der der Ministerpräsident Giolitti un sämtliche Minister beiwohnten, hielt der Präsident Marcora eine Rede, in der er die Abgeordneten bat, durch eine feierliche Beifalls- kundgebung ihrer Bewunderung für das Heer und die Flotte Ausdruck zu verleihen. (Lebhaftester Beifall. Nufe: Es lebe die Armee! Es lebe die Marine!) Marcora führte

sodann laut Bericht des „W. T. B.“ aus: N

Der Beifall der Kainmer möge den in Libyen kämpfenden Brüdern ein Ausdruck det höchsten Sympathie, Verehrung und Dankbarkeit sein, die ihne die ganze Nation für die ungeheure moralische Wohltat \{chulde, ‘die fie thr erwiesen hätten. (Æbhafter andauernder Beifall.) Seiî dem Beginn des Unternehmens, das die Negierung eröffnet habi, um die Würde und die Interessen Italiens zu wahren, habe diè einmütige Uebereinstimmung in An- \chauungen und Absichten, die sich in allen Regionen und Klassen der Bevölkerung enthüllt “habe, „der ganzen«4 zivilifierten Welt offenbart, daß das neue Italien nicht nur einén wunderbaren Auf- s{wung seiner materiellen Kräfte erlebe. Dur seine moralische Ein- beit und Disziplin bäbe Italien bewiesen, daß es ein unerbittliches nationales Gewissen und einen sta1ken Willen zur Eintracht besiße. Vergessen seien deshalb die unabsihtlichen Beleidigungen und die mit Absicht verbreiteten Lügen, gegen die sich die Opfer der feindlihen Barbarei anklagend erhöben. (Lebhafter, anhaltender Bei- fall; Bewegung). Marcora erinnerte weiter an die Vorbereitungen der Armee und der Marine, die von jedermann bewundert worden seien, an die Klugheit und Tapferkeit der Führer und daran, daß jede Provinz dem Vaterlande kühne Taten des Mutes gezeigt habe. „Sehr viele Offiziere, Soldaten und Matrosen“, sagte der Redner, „hätten den Heldentod erlitten, der alle Klassen des Volkes geistig fester mit- einander verbunden habe. Wir wollen an den Gräbern der Gefallenen weinen, aber uns dabei daran erinnecn, daß die Märtyrer von Parthe- nope vor einem Jahrhundert sangen, daß der, der für das Vaterland sterbe, {on genug gelebt habe. (Begeisterter Beifall des ganzen auses.) Wie heute werden wir immer einig sein, der Ehre und der Gröke Italiens jedes Opfer zu bringen. Das ist unsere Pflicht, et sit nobis in animo constantia.“ (Begeisterte Kungebungen ; Rufe: Es lebe Jtalien! Es lebe die Armee! Es lebe die Marine!) Das älteste Mitglied der Kammer Lacava {loß fich dem im Namen aller Abgeordneten an und hob in feiner Rede hervor, daß die Kammer nur den einen Wunsch haben könne, daß die italienishen Waffen siegreich seien. Der Kriegeminister Spin gardi erklärte, die Armee {ließe \ich mit brüderliher Liebe und berehtigtem Stolz den hohen EChrungen an, die von so maßgebender Stelle und unter fo begeisterter Zu- stimmung ihren Brüdern von den Land- und Seestreitk7äften gezollt würden, ‘die fo mutig in Ubyen für die italienishe Tüchtigkeit Zeugnis ablegten, durch ihr Leben die neuen Geschicke des Vaterlands heiligten und si opferten, damit das Vaterland größer, glücklicher und mächtiger werde. Das hohe und warmempfundene Lob, das ‘dem Vorgehen der Armee in diesem Saale gespendet werde, sei der hoŒe wünschte Preis für die- edle Pflihterfüllung aller. Im Namen der Armee danke er den Vertretern der Nation, deren Beifall ein weiterer Grund und eine Aufmunterung sein werde, jeßt mehr als je auszuhalten. Die Armee habe gewußt und wisse, da das Vaterland mit seiner ganzen Seele bei ihr fei. (Fortgeseßter, begeisterter Beifall.) Der Marine- minister Cattollica dankte im Namen der Marine für die Kundgebung der Achtung und Liebe und sagte: Die Marine sei stolz darauf, ihre Pflicht erfüllt und turch die Tat die von ihr erzielten Fortschritte bewiesen zu baben. In dem Beifall der Vertretung der Nation werde die Marine die erwünshteste Belohnung erblicken und dazu angetrieben werden, immer mehr -das Vertrauen und die Achtung des Landes zu verdienen. (Lebhafter allgemeiner Beifall.)

Der Präsident Marc ora verlas hierauf eine Tagesord- nung Lacava, Bettolo und Baccelli, durch die dem Heer und der Flotte Gruß und Beifall gespendet wird. Alle Abgeord- neten und alle Tribünenbesucher erhoben sich und S ihre begeisterte Zustimmung. Der Präsident erklärte, die Tages- ordnung sei durch Zuruf angenommen. _ S

Sodann erhob fich der Ministerpräsident Giolitti und brachte den Geseßentwurf ein, betreffend die Gültigkeits- erklärung des Dekrets vom 5. November 1911, in dem die volle Souveränität Jtaliens über Tripolis und die Cyrenaika verkündet wird. Die Kammer erhob sih von neuem und begrüßte mit lauten Beifallskundgebungen den Geseßentwurf. Giolitti beantragte, die Kammer möge dem Präsidenten Vollmacht erteilen, eine Kommission von 21 Mit- gliedern zu ernennen, die den Geseßentwurf prüfen solle. Der Antrag wurde unter Beifall angenommen und die Sißung unterbrochen, um den Regierungsvertretern die Möglich-

keit zu geben, dem Beginn der Arbeiten im Senat beizuwohnen

Nach ‘Wiederaufnahme der Sigung teilte der Präsident mit daß zur Prüfung der Gültigkeitserklärung des Dekrets vg 5. November eine Kommission ernannt sei, der U. a. Baccelli Guicciardini, Luzzatti und der Sozialist Enrico Ferri angehören.

Im Senat begrüßte der Doyen des Senats Finali während sich alle Mitglieder erhoben, Heer, Flotte und König und gab der immung des Senats dem Werk des Königs und der Regierung Ausdruck Langanhaltender Beifall.) Der Präsident Mansfredi rachte sodann in lebhaften Worten den Gruß des Senates qn die Kämpfer dar. Die Minister Spingardi und Cattollica dankten im Namen von Heer und Flotte. Der Minister: präsident Giolitti dankte dem Senat für die patriotische Kundgebung, die der Regierung neue Kraft \chenke, ihr Unter- nehmen fortzuseßen, und sagte:

„Finali und Manfredi haben des Heldenmutes von Heer und Flotte gedacht; gestatten Sie, daß ih des Heldenmutes deg Landes gedenke. Alle Bevölkerungsschichten und sozialen Stände haben \sich einmütig um die Armee und die Marine geschaut und freudig ihre Söhne Een, die bereit find, für das Vaterland zu sterben. tese Hoaltung deg Landes ist die größte Stärke, die eine Nation dem Auslande gegen- über zeigen kann, und diese Kraft ist um so mächtiger, als sie sid unter der von der ungeheuren Mehrheit der Ftaliener anerkannten Königlichen Standarte kundgab.“ (Wiederholte Rufe: Es lebe der König! Es lebe Italien!)

erau, wurde die Sizung geschlossen. 0 Dem Geseßentwurf, durch den das Königliche Dekret über die volle und uneingeschränkte Souveränität Gtaliens in Tripolis und Cyrenaika in ein Geseg umgewandelt wird, ist eine Be- gründung beigegeben, in der es laut Meldung des 1 D. B“ Heißt! E

„Ztalien hat stets das Gleichgewicht der politischen Ginflüsse im Mittelmeer als sein Lebensinteresse betrachtet und als wesentliche Be, dingung dieses Gleichgewichts die freie und volle Entfaltung seiner wirtschaftlihen Tätigkeit und seines Einflusses in Tripolis und Cyrenaika festgehalten. Dabei hat es si stets bemüht, freund\caft, lihe Beziehungen mit der Türkei zu erhalten, und es würde niht zu dem äußersten Mittel eines Krieges gegriffen haben, wenn nit jede andere Lösung unmöglih gemacht worden wäre, wenn niht jede Form italienischer Tätigkeit in Libyen bei der ottomanisen Regierung auf eine hartnäckige und systematische, bald versteckte, bald offene Opposition gestoßen wäre, die nah der Ein- richtung der konstitutionellen Regierung ter Türkei, die zuerst soviel Hoffnung und soviel Sympathie erweckt hatte, noch stärker und oft herausfordernder wurde. Jeder Versuch, die ottomanische Regierung zu einer Aenderung ihrer Haltung zu bewegen, erwies ih als ber: eblich. Jeder MUERTe Schritt wurde von der Türkei als ein Beweis der Schwäche etrahtet und führte _lTediglih zu einer Verschärfung der Feindseligkeit und während man zu ofen bedrohlichen Rüstungen \chritt, wurde die Bevölkerung andauernd im Zustand der völligsten Barbarei erhalten. Wir hâtten gegenüber Jtalien und ganz Europa eine {were Verantwortlichkeit auf uns genommen, wir hätten die Zukunft Italiens und den europäishen Frieden ernsten Gefahren ausgeseßt, wenn wir eine Lage, die unser Ansehen und unsere Lebensinteressen \chädigte, auf die Dauer hâtten bestehen lassen. Außerdem war es klar, daß die Herrschaft der Türkei in Gegenden, die mit den zivilisiertesten Nationen in Berührung standen und in welchen sie selbst nichts zur- Besserung der Lebensverhältnisse tat, ja in denen sie sogar den Sklavenhandel aufreht erhielt, „nit von langer Dauer sein konnte. Die Haltung der ottomanishen Negierung diesen Ge- bieten gegenüber mußte unvermeidlih zu deren Trennung von dem übrigen Reiche führen, und sicherlich bätte ein oes Ges, andere europäishe Völker veranlaßt, diese zibilisatorishe Mission au ch- zu nehmen, wenn Italien es versäumt bätte. Italien bätte den \{chwerstcn Fehler begangen, wenn es auf eine Mission, die ihm durch seine Geschichte, feine geographise Lage und seine sozialen Verhältnisse auferlegt wurde, ver zihtet hätte. Der unvermeidlih gewordene italieni - türkische Krieg brach in einem Augenblick aus, wo die Wahrscheinlichkeit ge- fährlicher internationaler Grschütterungen ‘möglichs\t gering war, und er ist bis jeßt in einer Weise geführt worden, die folche Möglich: keiten tunlich\s aus\{chloß. Die der Kammer vorgeschlagene Lösung ist die einzige, die solche Erschütterungen -auh für die Zukunft zu verhindern vermag. Jede Lösung, die nicht ‘jede politische Herrschaft der Türkei aus\{chließen würde, hätte einen äußerst gefährlichen internationalen Zustand geschaffen, indem sie unfichere rechtliche und diplomatische Verhältnisse zwischen Italien und den übrigen Mächten geschaffen, Jtalien gegenüber der einheimischen Bevölkerung alles Ar- lehen geraubt, neue Konflikte mit der Türkei herbeigeführt und die wirkliche Friedensarbeit, die für Italten eine SATE Lie bildet, beinahe unmöglih gemacht hätte. Das italienische Vol hat das mit feinem Verständnis begriffen. Die Beispiele, die in einem Teil der ausländishen Presse angeführt wurden, um zu. beweisen, daß eine minder radikale Lösung zu guten Ergebnissen hätte führen können, find nit am Plaße. Was besonders Cypern an belangt, so stand dort nit zu für ten, daß die Türkei ihre Soube- ränität benußen würde, um der britishen Regierung Schwier!gkeiten zu bereiten. Die Mehrheit der Bevölkerung Cyperns ist christlid und die Besetzung dieser Insel wurde England von der Türket zu- gestanden in einem Augenblick, wo die türkishen Sympathien sür Großbritannien sehr lebhaft waren. Außerdem war et unter dem alten Regime in der Türkei sehr viel leichter, derartige s{chwierige und unbestimmte Beziehungen aufret zu erhalten als heute, wo besonders die Frage der Entsendung von Abgeordneten in das türkishe Parlament S wierigkeiten mat. Das ift so zwelfellos, daß Desterreid)-Ungarn unmittelbar na der Verkündung der türkischen N seinerseits zur Einverleibung Bosniens und der Herzegowina \{reiten mußte, obwohl die Sde ränität des Sultans in diesen Ländern mit ihrer nur zu einem Dritt mohammedantschen Bevölkerung geringere Gefahren bedeutete als in Libyen, wo fie ganz mohammedanisch ist.“

Am Schlusse wird die Frage der künftigen Verwaltung der einverleibten Länder berührt und dem Jslam sowie den Rechten und B der Eingeborenen die peinlihste Achtung ugesichert. Dann heißt es L tiv NBa Aufgabe, die Italien übernommen hat, gehört zu den rößten und Taliversten, die ein Volk übernehmen kann. Du Feine ruhige, feste und patriotis@e Haltung hat das italieni! Volk gezeigt, daß es das begriffen hat. Dieser gemeinsamen Haltung aller Gesellschaftsklassen entsprah das heldenhafte Bert unserer Armee und unserer Flotte. Wir haben jeßt die Gewiß en daß das Ziel erreicht werden wird, das Jtalien sich ges ces hat. Aber damit es ein großes Zivilisationswerk darstelle, darf di Tätigkeit des Geseßgebers und der Regierung nicht dur eine fret izt politishe Herr'chaft behindert werden, daher muß die Soerarn Italiens über Libyen voll und unetngeshränkt sein. Das italienilWe Bolk kat das begriffen. Wir hegen das volle Vertrauen, daß sei Vertretung es bestätigen wird.“

Spanien. cini m gestrigen Ministerrat hielt der Ministerpräh can éin König ausführlihen Vortrag über A Gang der französisch-spanischen Verhandlungen. B einer Meldung des „W. T. B.“ erklärte Canalejas den E einigen Vlättern zum Ausdruck gelangten Pessimismus L unbegründet und versicherte, daß die Besprechungen in

friedigender Weise ihren Fortgang nähmen.

N des Mädchenhandels vom 4. Mai 1910 zur

E geschlossenen Verwaltungtabkommen zum wirksamen Schuß gegen den N Maädtenhandel, das von Ï auch von Deutsc(land,

des Mädchenhandels eingeführt worden,

| troffen, daß sie nit

S liegende Geseßentwurf

s Staat, um den es sih im speziellen Falle bandelt, dem Abkommen F beigetreten ist, S entsprechen. N daß wir in der Lage sind, das Uebereinkommen sofort zu ratifizieren, F und zu diesem Zweck bitten wir Ste,

: freunde meine Befriedigung ausdrüen, S diese Konvention überhaupt zustande zu F lange gedauert, aber Verhandlungen mit fremden Staaten gehen ja N immer etwas langsamer von statten. S anerkannt werden, S {ih große Verdienste um die Aufklärung auf diefem dunklen und [chmerzlihen Gebiete erworben haben. E Midchenhandel ist, M nternational ist. ils großen

F zeigt, und ih bitte die üden möglichst bald auszufüllen.

¡Sodann geht in der

Amerika.

Der Präsident T aft hat gestern dem Kongreß den Jahres - bericht des Generalpostmeisters Hitchcock nitt Jn seinen Bemerkungen zu diesem Bericht nimmt der Präsident, wie „W. T. B.“ meldet, Gelegenheit, den Vorschlag des General- postmeisters, die Telegraphenlinien zu verstaatlichen, zu miß- billigen, und erklärt, er glaube, das richtige Prinzip sei, daß rivaten Unternehmungen gestattet sein sollte, derautige der Oeffentlichkeit nüßliche Einrichtungen unter angemessenen Be- stimmungen auszuführen. Regen timmt der Präsident dem Plane Hitchcocks zu, die Paketpost zu verstaatlichen. Auch die Anregung der Kommission, die Porti für periodische Zeit- schriften und Zeitungen zu verdoppeln, findet die Genehmigung des Präsidenten. ' Afien.

Da Yuanschikai bisher die vier Punkte des Abkommens, nämlih Entfernung des Hofes aus Peking, Auflösung der Garde, Abberufung der gegen Hankau operierenden Armee und Uebergabe des nördlichen Teils der Bahn Peking—Hankau an die republikanische Regierung, nicht erfüllt hat, soll er, wie ,W. T. B.“ meldet, durh den Kriegsminister Sunchu zur Wutschang geladen

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Leistung des Eides für die Republik nach werden.

Einem Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ aus Weihaiwei zufolge fahren die Eingeborenen in ihrem Widerstand gegen die republikanische Verwaltung fort, da fie niht glauben wollen, daß die Mandschus abgedankt haben. Wiederholt ist es zu blutigen Zusammenstößen ge- fommen. Die Eingeborenen sind jedoch nur {wah bewaffnet und voraussihtlih außerstande, ihren Widerstand lange fort- zusezen. Die Grenze der englischen Zone wird von englischen Truppen bewacht.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sißungen des Reich 8- tags und des Hauses der Abgeordneten befinden si in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (13.) Sißung des Reichstags, welher der Staatssekretär des Jnnern Dr. Delbrücck und der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Lisco beiwohnten, stand zunächst der Entwurf eines Ausführungsgesetzes zu dem internationalen Uebereinkommen zur Bekämpfung | | er Beratung.

Direktor im Auswärtigen Amt Dr. Kriege: Der vorliegende Geseyentwurf bildet etn Glied in der Kette derjenigen Maßnahmen, die getroffen worden sind, um die von allen Kulturvölkern geforderte wirksame Bekämpfung des Mädchenhandels durchzuführen. Die inter- nationalen Maßnahmen zur Bekämpfung dieses verbrecherischen Handels haben eingeseßt mit einem am 18. Mai 1904 in Paris ab-

n einer großen Reihe von Staaten, darunter | in Kraft -geseßt worden |st. Gemäß diesem Abkomtnen sind in allen Vertragsstaaten Zentralstellen zur Ueberwachung E und diese Zentralstellen, die sich gegenseitig Beistand leisten, haben beréits eine fegen8reide Lätigkeit entfaltet. Dem Verwaltungsabkommen ist dann am 4. Mat 1910 ein Nechtsabkommen gefolgt, das feststellt, daß der Mädchenhandel im ganzen Aatragögebiete als eine strafbare Handlung anzusehen ist. In dem Nechtsabkommen wird ferner die wechselseitige Auslieferung für diese strafbare Paning begründet. Die deutsche Gesetzgebung hat, was den ersten unkt anbetrifft, bereits solche Vorschriften ge- i ergänzt zu werden “brauchen, dagegen Libüiiee noch der Ergänzung die Vorschriften über die wechselseitige Aus- lieferung, und der Durchführung dieser Ergänzung soll der vor- i dienen. Der Gesebßentwurf verlangt im Artikel 1 cine besondere Bekanntmachung des Reichskanzlers, daß der

und daß seine Gesetze den getroffenen Vereinbarungen Pflicht des Deutschen Reiches ist es, dafür zu forgen,

n den Geseßentwurf anzunehmen. Göhre (Soz.): Ich mögte im Namen meiner Partei- daß es endlih gelungen ift, bringen. Es hat zwar etwas

Abg.

4 ( Es waren auch besondere auf diesem Gebiet zu überwinden. Es muß t daß die Privatorganisationen, insbesondere das Deutsche Nationalkomitee zur Bekätnpfung des Mädchenhändels,

F

dwierigkleiten

Sebiet l In Verbindung mit diesen estrebungen ist mit der Konvention die Grundlage für eine wirksame ekfämpfung des Mädchenhändels endlich erreiht worden. Der | wie wir alle wissen, international, und deshalb ist es eine unbedinate Notwendigkeit, das auch die Schußverbindung reude über diese Konvention

t verhehlen, daß sie noch eine Anzahl Mängel alles daran zu seßen, um diese l Ó Eine sehr ‘bedenkliche Lüke weist der Artikel 2 insofern auf, als derjenige Handel nicht be- llraft werden soll, der unter Zustimmung des verhandelten und vershleppten Mädchens vor sih geht. Jn diesem Punkte {s man jl weit gegangen, es handelt \ih hier ja um Menschen, die in \oralischer Beziehung ziemli minderwertig sind und deshalb ae Verfügungsfreiheit mehr haben können. Der Mädchenhandel in jeder Form muß als eines der s{chwersten Verbrechen bestraft werden. N j Begründung aus der Cos der Staaten, j al er Konvention bom 4. Mai 1910 beigetreten sind, hervor, daß er die Schweiz noh die Türkei und die kleinen Balkanstaaten, nicht Ftgal Nordamerika und auch kein südamerikanisher Staat bei- falen ist, Au i sehr charakteristisch, daß nur die deutschen, agenishen und französishen Kolonten einbezogen worden sind, vihrend dies bei den englischen Kolonten nah meiner Kenntnis ntcht p Sau ist. Aber gerade nach dèm Orient, nah der Türkei, islralien, nah der Kapkolonie, na Nordamerika und vor allen Südamerika vollzieht ch eine ununterbrochene Aus-

Mädchen. Darum muß es eine Ehrenpfliht der

Regierung feln, alles daranzuseßen, um die noch nit

Der e Staaten zu N thren Beitritt zu erklären. euti ürkei gegenüber als einer befreundeten Macht müßte es der F hen Regierung doch besonders leiht werden, sie zum Beitritt arb anlassen. Ebenso müßten Argentinien und Uru uay möglichst kun E werden, und gegenüber Nordamerika müßte doch eine gemein- e ktion von Deutschland, Frankreih und England erfolg- L guein. Nur wenn diese Staaten beigetreten sind, wird in pzampf gegen den Mädchenhandel auf die Dauer erfolgreich er ennen. Als dritter Punkt muß unter allen Umständen im Laufe sanddsten Zeit erreicht werden, daß die bereits in dem Vertrage ibrer geiGloff enen Staaten sich darüber eintg werden, daß dieBordelle. bier Q. Bereich abgeschafft werden. Es genügt zu einer dauernd wirk- rfolgt ekämpfung des Mädchenhandels nicht, das nur die Mädchenhändler Ï f werden, sondern man muß ihnen auch die Absatzgebiete nehmen, an Bio ôre Ware verhandeln, und das find in erster Linie die Bordelle e der Widerstand der vershleppten armen Geshöpfe gebändigt

dürfen wir uns aber n Regierung,

Wer dem Mädchenhandel den Todesstoß geben will, muß das Bordell- wesen in jeder Gestalt beseitigen. Selbst bei der schärfsten Ueber- wachung entgeht ein Teil der Mädchenhändler der Bestrafung. Von 138 Mädchenhändlern konnten na einer Feststellung der Zentralstelle nur 48 der Bestrafung zugeführt werden. Nur mit der bschaffung der Bordelle würde der Mädchen andel bis ins Innerste getroffen werden. Es ist die Si und Schuldigkeit aller Regierungen zivilisierter Staaten, dur erhandlungen unker den dem Abkommen beigetretenen Staaten in diesem Sinne eine Einigung herbeizuführen, daß die Bordelle in jeder Form’ abgeshafft werden. Bet uns besteht von leiten der Bordelle ein Taushhandel, der doch {ließli au ein Mädchenhandel ist. Die deutsche Regierung sollte darin die Initiative ergreifen, um wenigstens die Vorarbeiten in die Wege zu leiten. Die Ursachen des Mädchenhandels kann allerdings keine Konvention beseitigen. Es sind dies Leichtsinn, Unerfahrenheit, vor allem Gali Not und Mangel an geistiger Durchbildung. Es ist {on früher darauf hingewiesen worden, daß Geistliche und Lehrer durch Plakate an öffentlihen Orten aufklärend wirfen Tönnen. _Die Kreise der Heim- arbeiterinnen, Landarbeiterinnen und der Dienstmädchen liefern das Haupt- kontingent für die Prostitution. Gegen diese Zustände der wirtschaft- lien und geistigen Not kann nur eine ganz tonfequente rüdsihtslose Sozial- und Schulpolitik helfen. Gerade meine Partei behält dieses Ziel im Auge und trägt zur Bekämpfung des Mädchenhandels bei. Abg. Pfeiffer (Zentr.): Meine artei wird diesem Gesetzentwurf zustimmen. Er bildet den Schlußstein eines Werks, das von dem deutsh-nationalen Komitee begründet worden ist, Dies hat in erster Linie Propaganda zur Bekämpfung des internationalen Mädchen- handels in allen Staaten gemacht und sein Verdienst ist es, daß diese Vorlage ja auch gemacht worden ist, es hat die Vorarbeiten dazu geliefert. Alle Gesellschaftskreise, alle Parteien und Kon- fessionen sind fig darüber einig, daß auf diesem Gebiete vorgegangen werden muß. ie groß das Ücbel geworden ist, geht daraus hervor, daß in dem leßten Fahrfünfst über 90 Mäd enhändler bestraft worden sind. Allerdings verstanden es die weißen Sklaven- händler, sich eine Tarnkappe überzuwerfen, einen anderen Namen anzunehmen, um in das Dunkel zu verschwinden und dann wieder aufzutauchen. Deshalb ift eine internationale Abmachung nötig ge- wesen. möchte nur wünschen, daß die Strafen inöglidhst kräftig und hoh sein mögen. Argentinien und Nordamerika befinden sich leider auch unter den Staaten, die der Konvention nicht bei- getreten find. Hoffentlich gelingt es, diese Staaten auch zu gewinnen, namentlich Nordamerika, ebenso auch die Balkanstaaten, wenn es nôtig ist mit einer milden Gewalt. In der Frage der Bordelle find wir nicht kompetent, hoffentlich elingt es der einzelstaatlihen Geseßz- gebung, das Nötige zu tun. Ih möchte nit {lteßen, ohne den ver- bündeten Regierungen und dem deutsh-nationalen Komitee meine An-

erkennung auszusprechen. / ba. Graf von Kanit (dkons\.): Alle Maßnahmen zur tun- listen Unterdrückung des ädchenhandels, dieses \{limmsten aller Gewerbe, müssen getroffen werden. _Ich hatte seinerzeit einen Antrag eingebracht, daß diejenigen, die eine Frau oder ein Mädchen zu unsittlichen Zwecken zur Auswanderung verleiten, mit Zuchthaus be- straft werden; dteser Antrag ist, noch dur einen Zusfaßantrag Bebel vershärft, damals einmütig angenommen tworden. Ich erinnere an dieses Vorkommnis, um zu zeigen, wie entschieden der Neichstag hon früher in dieser Materie Stellung genommen hat. Mit der Konvention kann ich mi nit in allen Punkten einverstanden erklären. Was die Bestrafung der Agenten nah S 2 betrifft, so ist die „Täuschung“ als E lepono der Strafbarkeit durhaus richtig, und ih fann der daran geübten Kritik des Abg. Göhre niht beistimmen. Etn großes Verdienst der Regierung wäre es, wenn sie pur yleyen könnte, daß die südamerikanisdhen Staaten und die nordamerikanishe Union nachträglih der Konvention beitreten möchten, desgleihen auch die englischen Kolonien, namentli die af:ikanishen. Sind mit England in dieser Hinsicht Verhandlungen eingeleitet worden, und haben sie Erfolg gehabt? Mit vollem Necht hat der Abg. Göhre bemängelt, daß das Schlußprotokoll eine Lücke offenbart, insofern, als es nicht gelungen ist, in die Kon- vention den Fall aufzunehmen, daß ein Mädchen oder eine Frau wider thren Willen in einem öfen lichen Hause zurückgehalten wird. Der Abg. Göhre hat sih au über die Notlage der Frauenzimmer iert die den Mädchenhändlern in die De fallen. Mit allem echt wies er darauf hin, daß Eltern, Lehrer, Geistliche hier eine

segensreiche Einwirkung ausüben können; aber es kommen nit bloß die Mädchen in den Großstädten in Betracht, vielmehr müssen au die Mädchen auf dem Lande darüber aufgeklärt werden, daß sie in den Großstädten niht so leiht ihr Fortkommen finden werden, sondern leiht in eine Notlage geraten können. Wir baben auf dem Lande großen Mangel an weiblichen Arbeiterinnen. Jch schließe mit einem Appell an den Ricterstand, den Mädchenhändlern das Hand- werk zu legen.

Abg. Meyer-Herford (nl.): Es ‘is mir eine große Freude, namens der nationalliberalen Partei die Zustimmung zu dieser Vor- lage aus\fprehen zu können, dabei habe ih vor allem den Wuns an- zubringen, daß es der unermüdlichen Tätigkeit unserer Neichsregierung gelingen möge, au andere Staaten zu bestimmen, diesem inter- nattonalen Abkommen sich anzuschließen. Gewiß is es von großer Bedeutung, daß \{chon 13 Staaten dem Uebereinkommen beigetreten sind. Der Export von Mäd@en nach den Balkanländern und vor allem nach Südamerika ist noch iner außerordentlih stark. Jch denke in erster Linie an Argentinien. Allerdings wird es nit mögli sein, auf diesem Wege den Mädchenhandel ganz aus8zurotten, wohl aber ihn einzudämmen. Die Gesandschaften und Konsulate \oUten alles tun, was möglich ist, um die unbescholtenen Mädchen den öffentlichen äusern zu entreißen und die Mädchenhändler der Strafe entgégen- zuführen. Nur dur ausgedehnteste Aufklärung des Volks kann aber

ein wirklih wirksamer S geboten werden. Auch die Presse könnte sih_ in den Dienst der Sache stellen, ebenso die Pfarrer und Lehrer, die Frauen- und Jungfrauenvereine. _Beklagenswert ist das Schiksal der armen Ges{öpfe, die in die Fallstricke der Mädchenhändler fallen. Abg. Dr. Müller - Meiningen (fortschr. Volksp.): Auch ih finde es bedauerlih, daß der Fall, as ein Mädchen oder eine Frau gegen ihren Willen in einem öffentlihen Hause zurückgehalten wird, niht in die Konvention hineingenommen worden ist. Ih würde die Regierung dringend bitten, dahin zu streben, daß dieser all bei der Ausbauung der Konvention mit berücksichtigt wird. s muß alles aufgeboten werden, um die Balkanstaaten und die nord- amerikanishe Union sowie die südamerikanishen Staaten zum Beitritt zu bewegen. Strafbestimmungen allein helfen nit, sondern nur eine rihtige Sozial- und Schulpolitik, um diese S mach aus der Welt zu hafen. Eine f\egensreiche Wirkung kann auch die Presse ausüben

bg. Dombek (Pole): Wir sind mit der Borlage einverstanden. Die Regterung würde sih ein großes Verdienst erwerben, wenn es ihr gelänge, au die anderen Staaten zum Beitritt zu der Konvention zu bewegen. Auch wir halten die Ero avaNe für die Hauptsache. Der Osten wird leider von den Mädchenhändlern als das Bassin be- zeichnet, aus dem die Mädchen von den Händlern ges{chspft werden. Kattowitz, Myslowiß, Oswiecim und auch Oderberg sind gewisser- maßen die Stäpelpläßte für die Mädchenhändler. Man muß mit ver- einten Kräften dem Uebel entgegentreten und auch daß Publikum muß dazu die Hand bieten, daß die Vershleppung über die Grenzen verhindert wird. Voraussezung der Heilung _des Uebels ist allerdings die Hebung der sozialen Lage und eine ute religiöse Sulerziehung. Das Erziehungssystem in den poln schen Landes- teilen kann aber nit dazu beitragen, dem Unwesen zu steuern. Die religiöse Erziehung müßte in ein anderes System gebracht, der Ne- E in der Muttersprache ‘erteilt werden. Im übrigen {ließe ih mi der Hoffnung der Vorredner an, daß auch die anderen Staaten, die si noch nicht angeschlossen haben, möglichst bald der Konvention beitrèten mögen. i :

Abg. - Dr. e M edS E: Die legislatorischen Bestrebungen zur L and des Mädchenhandels rèêicben bis in die 80er Jahre zurück. Jch darf au auf Petitionen und Anträge aus dem Dae ver- weisen, wie den Antrag Graf Kani. Der Anerkennung der Vorredner

lrd, ist bekannt. Hunger und Schläge brechen ihren Widerstand.

aber auch die s{ristlihe Liebestätigkeit auf diesem "Gebiete muß anerkannt’ werden. Leider enthält das Gesetz keinen Schutz der Frauen selbst, hoffentlih wird dies später nachgeholt werden. Auf die Urf des Mädchenhandels will ih hier weiter eingehen, aber doch darauf hinweisen, daß au die Animier- kneipen „_Und die Kabaretts die Prostitution und damit den Mädchenhandel fötdern. Es ist bekannt, daß eine weit- berzweigte mit großen Mitteln arbeitende Küpplerbande besteht, die sich hauptsählich aus galizischen und russisGen Fuden zusammen- sezt. Auf einem Kongreß zur Bekämpfung des Mädchenhandels in Ltwlkats ‘a. M. wurde von einer Seite vorges{lagen, man möge die ädhenhändler ablösen, dann würde der Mädchenhandel beseiti werden. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß solche Leute, die mit Mädchen handeln, einfa an dem nächsten Baum aufgeknüpft werden sollten. Es handelt sih hier um einen Kampf der Mens{hlichkeit, und wie stimmen deshalb dem Gesetzentwurf mit Freuden zu.

(Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten seßte in der heutigen (21.) Sißung, welcher der Justizminister Dr. Beseler bei- wohnte, die zweite Beratung des Etats der Justiz- verwaltung bei den Ausgaben für die Justizprüfungs- kommission fort.

g. Dr. Hinzymann (nl.): Es ist in der Tire oda [fn von dem Mini ter gesagt worden, daß die Abiturientén der Ober- realschulen „sich niht fo sehr als Juristen bewähren, während über die Abiturienten der Realgymnasien keine Klagen laut geworden seien. Es ift nicht ersidtlih, wie ein solhes Urteil zustande getommen ist; vielleiht beruht das\elbe nur auf der Meinun einzelner Vorgese gten. Es A jedenfalls klargestellt werden, ob si die Oberrealschu abiturienten ür das juristishe Studium eignen. Eine andere Frage, für deren Lösung Mittel und Wege gefunden werden müssen, ist die Véeberfüllung des juristischen Berufs. Die Eltern der Ubiturienten müssen rechtzeitig darüber aufgeklärt werden, welche Méöglichkeiten für das Fortkommen in dem juristischen Berufe bestehen ; dann läßt sih vielleicht mancher von diesem Berufe zurück- halten, in dem nur sehr spät auf Anstellung zu renen ist.

__ Hierauf nahm der Justizminister Dr. Beseler das Wort, dessen Nede morgen im Wortlaut wiedergegeben werden wird.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft,

Zur Arbetterbewegung.

Aus Budapest wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß die auf heute festgeseßte Aus \perr Ung von 20 000 Arbeitern dex Ma \cchinen- fabriken nit dur{hg eführt werden wird, da die Een den Arbeitgebern und den Arbeitern bestehenden Streitigkeiten fr edlich gefchlichtet find (vgl. Nr. 43 d. Bl.).

Die Vertreter der englishen Bergleute (vgl. Nr. 47 d. Bl.) begaben si, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern gemeinsam mit Sir George Askwith und den Ministern Lloyd George, Asquith und Buxton kurz nah 11 Uhr ins Auswärtige Amt. Die Be- \sprechungen dauerten bis gegen 15 Uhr. Auf Fragen über den Inhalt der Unterhandlungen gaben sie keine Antwort, ließen aber durchblicken, daß die Befoteänlanen nur vorläufiger Art gewesen seien. Kurz vor 3 Uhr begannen die Arbeitgeber im Auswärtigen Amt zu erscheinen. Amtlich wird gemeldet, daß auf Vorschlag des Premierminifters Aequith die Kohlenbergwerksbesißzer ein Komitee für weitere Verhandlungen mit der Regierung ernannt haben. Die Vertreter der Bergarbeiter werden am Dienstag wieder mit dem Premierminister zusammenkommen. Diese offizielle Ankündi ung, daß weitere Verhandlungen zwischen den Ministern und den ertretern der Arbeitgeber und Arbeiter der Kohlenindustrie stattfinden werden, hat eine gewisse Beruhigung bewirkt, wenn au eine Bet- legung des Konfltkts noch keineswegs sicher ersheint. Es wird be- merkt, daß die amtliche Ankündigung nichts über eine etwai e Verlängerung der Kündigungstermine enthält, die am 1. März ab laufen. Die Lage wird noch dadurch verwickelter, das die Kündigungs- fristen in einem Falle nit erst am Donnerstag, fondern fchon am Dienstag ablaufen. Nichtsdestoweniger herrst die Ueberzeugung vor, daß über die entscheidende Frage der Termine eine Vereinbarung zustande kommen wird. Die vier Vertreter der Bergarbeiter, die an den Beratungen mit den Ministern teilgenommen haben, besißen keine Vollmacht zu diesen Abmachungen, und erst am kommenden Dienstag, also zwei Tage vor dem eventuellen Beginne des Streiks, findet elne Konferenz des Bergarbeiterverbandes in London statt, der seinen Vertretern Vollmaht erteilen kann. Man nimmt an, daß ‘die Vertreter der Bergarbeiter von dem Verbande die Vollmaht erhaltèn werden, den Kündigungs- termin hinauszuschieben. Der Aus führénde Aus\ {uß des Berg- arbeiterverbandes in Südwales tritt am Montag in Cardiff zusammen, um Beschlüsse über den Streik zu fassen. Die Be- hörden von Rhondda haben ersucht, 1500 Soldaten in den Bezirk zu senden. Die Schußzmannschaft wird durch Einstellung von Privatleuten zum Schuß des Eigentums in den Kohlengruben und Fabriken verstärkt. Wie ferner bekanntgegeben wird, ist das internationale Bergarbeiterkomitee, das seit Mittwoch in London tagt, zu etnem Einverständnis darüber gekommen, daß im Falle eines Ausstandes in England eine internationale Aktion unternommen werden soll. Die S d uen des Abkommens werden

niht veröffentlicht. (Vgl. Nr. 48 d.

Zum Ausstand der Fahrer der Pariser Kraftdroschken (vgl. Nr. 37 d. Bl.) wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß in der Naht zum Donnerstag vier Bomben in verschiedenen Garagen von Kraftdro\chken explodierten, deren Führer sich zum Teil im Ausstand befinden. Aehnliche Vorgän e ereigneten fich gestern abend, wodur mehrere Wagen beschädigt und auch Personen verleßt wurden. Die Sprengbomben bestehen aus mehreren mit Schwefelsäure, Terpentin und Pulver gefüllten Probier läschen, die mit Watte umhüllt und fo eingerichtet sind, daß fie aas einiger Zeit die Droschken in Brand \tecken können. Die Polizei scheint der Ansicht zu sein, daß die Schuldigen {ih unter den von den Gesellschaften zum Er der auss\tändigen eingestellten neuen Fahrer befinden, die sih eigens hätten anwerben lasen, um die Anschläge auszuführen. Vie Direktoren der Gesell- haften halten jedo diese Annahme für unrihtig und vermuten nach den Ergebnissen der von ihnen angestellten Untersuchungen, daß die Misjetäter Abends die Droschken für kurze Zeit mieten und während der Fade! die Bomben unter die Kissen \{chmuggeln. Da alle omben nach demselben hergéstellt find, hegen die Direktoren feinen Zweifel, daß um ein von mehreren arnarhistischen Verbrechern An p E Komplott handelt. Die Au s\chüsse des hauf feur|yndikats und des Ausstan dskomitees veröffent- lihen in den Blättern eine Erklärung, in der fie gegen diese Bombenanschläge, dur die die streikenden Chauffeure beim Publikum verdächtigt werden follen, L erheben. Sie bemerken übrigens, daß sie die Geschichte von den Bomben, die angeblih in den Garagen explodftert f\eten, niht ern nehmen könnten.

System es

Kunst und Wisseuschaft.

Die physikalisch-mathematische Klasse der Könlglichen Akademie der Wissenschaften hielt unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Auwers am 15. Februar eine Sizung, in der

über die bisherige Tätigkeit der Regierung {ließen wir uns an,

Herr Penck über die Schliffkehle las. Oberhalb des Trograndes