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fahren. Um 101/24 Uhr Abends trat Seine Majestät von Swinemünde aus die Rückreise nah Berlin an. Bei der Abfahrt wurden Seiner Majestät von Seiten des nah Tau- senden zählenden Publikums begeisterte Kundgebungen dar- gebracht, für die Allerhöchstderselbe unausgeseßt von dem Fenster des Salonwagens aus dankte; die Gebäude in der Nähe des Bahnhofs waren prächtig erleuhe.
Das Manóver-Geschwader, welches von Sciner Majestät besichtigt wurde, war, wie die „N. A. Z.“ mittheilt, wie folgt, zusammengeseßt: N E E
Flaggschiff : Artillerie-Schulschiff „Mars“ (Capitän z. S. Valette).. Erstes Geshwader. Erste Division: Chef Vice- Admiral Schröder. Panzerschiff „Baden“, Flaggschiff (Capitän z. S. Frige); Panzerschiff „Bayern“ (Corvetten- Capitän von Ahlefeldt); Panzershiff „Württemberg“ (Capitän z. S. Herz); Panzerfahrzeug „Beowulf“ (Capitän z. S. Prinz Heinrih von Preußen); Aviso „Ziethen“ (Corvetten - Capitän Freiherr von Lyncer). Zweite Division: Chef Contre - Admiral Karcher. Panzerschiff : „Friedrich Carl“, Flaggschiff (Capitän z. S. Aschenborn); Panzerschiff „Kronprinz“ (Cpt. z. S. von Schuckmann); Panzerschiff „Deutschland“ (Cpt. z. S. Bendemann): - Panzerschiff „Friedrih der Große“ (Cpt. z. S. von Schuckmann 11). — Zweites Geshwader. Vierte Division: Chef Contre - Admiral Oldekop. Transport- dampfer „Pelikan“ (Cpt.-Lt. Bachem); Aviso „Falke“ (Corv.- Cpt. Stiefe); Panzer-Fahrzeug „Siegfried“ (Corv.-Cpt. Gruner). Fünfte Division: Chef Contre-Admiral Thom- son. Cadetten-Schulschiff „Stosch“, Flaggschiff (Cpt. z. S. Ritt- meyer): Schiffsjungenschulschiff „Gneisenau“ (Corv.-Cpt. Stuben- rauch); Schiffszungenschulschiff „Moltke“ (Cpt. z. S. Freiherr von Ehrhardt); Panzerfahrzeug „Bremse“ (Cpt.-Lt. Meyer I.); Aviso „Wacht“ (Corv.-Cpt. A Erste Torpedo- boot-Flottille: Chef Corv.-Cpt. Shmidt. Flottillenfahrzeug Aviso „Bliß“ (Cpt.-Lt. Schröder T.). A-Division: Divi- sionsboot „D 1“ (Cpt.-Lt. Rottmann); Torpedoboot „S 7“ (Lt. 3. S. Zimmermann); Torpedoboot „S 12“ (Lt. z. S. Schaumann Il); Torpedoboot „5 9 (Ll. z. S. Berger): Torpedoboot „S 14“ (Lt. z. S. Starke); Torpedoboot „S 10“ (Lt. z. S. Senner). — B-Division: Divisionsboot „D S“ (Cpt.-Lt. Grely); Torpedoboot „S 15“ (Lt. z. S. von Möller): Torpedoboot „S 19“ (Lt. z. S. Paschen); Torpedoboot „S 17“ (Lt. z: S. Wilken); Torpedoboot „S 20“ (Lt. z. S. Schulte): Dorpedoboot „5 18“ (Ll 5. S. Mauern). — - Zwette Torpecdoboot-Flottille: Chef Corv.-Capt. Zeye. Flotten- Fährzeug Aviso: „Grille“ (Capt. - Lt. "Derzewski). C- Division: . Divisionsboot „D 4“ (Capt. - Lt. Lilie); Torpedobdoot „5 22 (L 3. S. Kolle): Torpedoboot „9. 4“. (Lt. z...S- -Wuthmann):; - Torpedoboot „S Z“ * (Lt. 2 S. Philipp): Torpeooboor 5 1 (Lt ;. S. WViE brandt). D-Division: Divisionsboot „D 5“ (Capt.-Lt. Colomb): Torpedoboot „H 1“ (Lt. z. S. Recke): Torpedoboot „D H“ (Li. ¿. S. Kirchhoff); -Dorpedoboot „5 16 (Lt. z. S. Frhr. von Rössing). Division der Beischiffe: Minenschulschiff „Rhein“ (Capt.-Lt. Wallmann); Dampfer „Mictzing““ (Capt.- Lt. Poowe); Dampfer „Emily Rickert“ (Lt. z. S. v. Kühl- wetter). 7 5
Die gesammte Flotte seßte sih sonach aus sieben Panzer- schiffen, drei Panzerfahrzeugen, fünf Schulschiffen, fünf Avisos, drei Beischiffen, einer Torpedo-Division und siebzehn Torpedo- booten, im ganzen 44 an der Zahl, zusammen.
Der General-Jnspecteur der Fuß-Artillerie, General der Artillerie Sallbach hat Berlin verlassen.
S. M. S. „Alexandrine“, Commandant Capitän zur Sce von Franßtzius, ist am 2. September in Chemulpo (Halbinsel Korea) eingetroffen und beabsichtigt, am 10. die Reise fortzusetzen.
Cassel, 5. September. Seine Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz, sowie die Prinzen Eitel Friedrich und Adalbert sind vorgestern Nachmittag aus Norderney wieder auf Wilhelmshöhe eingetroffen. Die Prinzen August Wilhelm, Oscar und Joachim sind heute Vormittag von dort nah Potsdam abgereist.
Heffen.
Darmstadt, 5. September. Seine Königliche Hoheit der Großherzog wird sich, der „Darmst. Ztg.“ zufolge, heute Nachmittag nah Mainz begeben, um von dort aus den Diviftons-Manövern in Rheinhefsen beizuwohnen. Der Ausent- halt Seiner Königlichen Hoheit in Mainz dauert voraussichtlich bis zum 17. d. M.
Reuß: ä. L.
Greiz, 2. September. Seine Durchlaucht der Fürst hat sich gestern von hier zu mehrtägigem Aufenthalt nah Anhalócz in Ungarn begebcn.
Oesterreich-Ungarn.
Der Kaiser, der am Sonnabend dem Schlußmanöver der Wiencr Garnison beiwohnte, begiebt sh, wie die Wiener Blätter mclden, heute Abend nah Böhmen, um morgen einer Uebung bei Theresienstadt und übermorgen einex solchen zwischen Josephstadt und Königgräßz beizuwohnen.
Frankreich.
Der Präsident Carnot ist am Sonnabend Nachmittag 5 Uhr in Chambéry cingetroffen und von der Bevölkerung herzlih begrüßt worden. Gestern Vormittag nahm der Präsident eine Revue über die Truppen der Garnison ab und empfing darauf in der Präfectur mehrere Vertreter der Departe- mentsbehörden sowie Abordnungen von Arbeitern, die in ihren Ansprachen die Versicherung der treuen Anhäng- lichkeit der Bewohner Savoyens an Frankreih und an die Republik Ausdruck gaben. Bei dem von der Municipalität veranstalteten Festmahl erwiderte der Präsident Carnot auf eine Ansprache des Bürgermeisters, der die Einmüthigkeit in den Gesinnungen der Bewohner von Savoyen betont hatte, die Republik habe keine treueren Bürger als die Savoyarden, - welche die Juteressen des Landes über die Parteikämpfe stellten. Die Parteien müßten jeht
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vor dcm Willen der Nation die Waffen streckcn und si vereint um dic Fahne der Republik schaaren. Darin liege der wahre Patriotismus, welcher bedeute, rig glücklih im Jnnern, geachtet im Auslande, ruhig und friedli zu machen und der Welt Vertrauen zu der Republik einzu- flößen. Der Präsident shloß mit cinem Hoh auf das cinige Frankreih und Frankreihs Söhne. Die Nede “wurde mit großem Beifall aufgenommen.
Die Minister Ribot und de Freycinet werden heute, wie „W. T. B.“ meldet, in Aix-les-Bains, während der Präsident Carnot auf der Durchreise daselbst verweilt, dem König von Griechenland cinen Besuch abstatten, um ihn namens der französischen Regierung zu begrüßen. Der König wird darauf dem Präsidenten der Republik einen Be- such machen, den dieser alsbald crwidern wird. i
Die Einstellung von Einjährig-Freiwilligen mit denjenigen Rechten und Pflichten, wie fie dieser Klasse von Militärpflihtigen vor dem Erlaß des Wöehrgeseßes vom 15. Juli 1889 zugestanden war, wird dem „Avenir Mili- taire“ zufolge auch im Laufe des gegenwärtigen Jahres noch stattfinden. Sie betrifft diejenigen jungen Leute, die die Be- rechtigung, nur cin Jahr activ zu dienen, {on vor dem Jn- krafttreten jenes Gescßes erworben hatten, damals wegen körperlicher Üatbrauchbarkäit von der Einstellung Lg waren, jeht aber für tüchtig erklärt sind. Sic hatten sich bis zum 15. Juli d. J. zu melden und müssen am 15. September die durch das Geseß vom Jahre 1872 vorgeschriebene Prüfung ablegen. Jhre Zahl ist natürlicherweise nur gering und nimmt immer mchr ab. Beispielsweise hatten sih im Departement der Seine im vergangenen Jahr nur 24 gestellt. Mit dem Jahre 1895 wird diese Klasse von Wehrpflichtigen ganz aus den Recrutirungslisten vershwinden, weil sie alsdann sämmtlich das 24. Lebensjahr vollendet haben müssen.
Der Berichterstatter für das Unterrichts-Ministerium in der Budgetcommission Charles Dupuy hat jeßt sein Referat übcr die Unterrichtsanstalten fertig gestellt, dem die „Fr. C.“ nachstehende Angaben entnimmt :
Die französischen Mittelschulen zählen im ganzen 174 857 Zög- linge, wovon §85 000 in den Gymnasien und Realschulen unter- gebracht find, 15 508 freie Laicnanstalten, 50 699 geistliche Anstalten esuhen und 23359 den kleinen Seminarien angehören. Die Mädchen-Lyceen und Collèges sehen von Jahr zu Jahr ihre Schüler- schaft wachsen. * Diese wies während des Suljahres 1891/92 11647 Zöglinge auf, 700 mehr als im Vorjahre. Die Staatsfacultäten wurden im leßten Schuljahre von 22 328 Studirenden, 12365 mehr, als im ‘Jahre 1875, besucht Den größten Zuwachs liefern die Studirenden der Medizin, den ge- ringsten dic der Theologie. Fremde Studirende waren im Schul- jahr 1890/91 1170, leßtes Jahr 1397. Sie vertheilten sich wie folgt: 4 auf (protestantische) Theologie, 330 auf die Nechtsfacultäten, 839 auf die Medizin, 80 auf die Naturwissenschaften, 116 auf die Philologie, 28 auf die Pharmaceutik. Unter den 839 Medizinern befanden 10 232 Jule (Und Une). «Und 112 Lurfen, Die Gesammtziffer der Ausgaben für das Unterrichtswesen, 176 002 370 - Fr., vertheilt sih auf folgende Posten: Central- verwaltung 3 764070 Fr, höherer Unterricht 15 198 615 Fx., Secretariat 3 156 210 Fr., Mittelunterricht 19 788 348 Fr., Primar- unterricht 125 110446 Fr., verschiedene Dienstzweige §8 948 681 Fr. Der Credit für den Primarunterriht is um 2295 196 Fr. höher, als füx, das laufende Jahr. Die Zahl der Schüler der Volksschulen
ist unt 5150 zurückgegangen, von 6308632 auf 6 303 482. Diese -
Abnahme steht nah der Versicherung des Professors Levasseur mit der Entvölkerung in engem Zusammenhang.
Die Voruntersuchung gegen den Anarchisten Bricou und dessen Geliebte, die der Theilnahme an der Explosion im Restaurant Véry verdächtig sind, ist der „Köln. Ztg.“ zu- folge beendet. Die Verhandlungen werden im November statt- finden; der Untersuchungsrichter Athalin hat darauf verzichtet, sie aufzuschieben, bis die noch unentdeckten Anarchisten Francis und Meunier aufgefunden sein würden.
Jtalien.
Ucber die Einweihung des Denkmals für den König Victor Emanuel in Livorno wird dem „Hamb. Corresp.“ unter dem 28. August von dort geschrieben: „Heute früh um 8 Uhr* bewegte sih von der Piazza Cisternone aus ein imposanter Festzug, dem mehrere Musikkapellen voran- schritten und ctwa 130 Fahnen verschiedener Gewerke voran- getragen wurden, nach dem Plat, auf dem das neuc Victor Emanuel - Denkmal errichtet ist, und nahm hinter dem Monument Aufstellung. Ein Kanonenshuß, der vom Fort Nuova aus abgegeben wurde, und dem die Schüsse vom Panzer- chiffe „Morosine“ und von den andern im Hafen vor Anker liegenden Schiffen antworteten, meldete alsbald die Ankunft Seiner Majestät des Königs. Der König wurde von dem Grafen von Turin und den Ministern Giolitti, Pelloux und Saint-Bon am Bahnhof erwartet und auf dem Wege zum Festplaß von dem Volke, das dichtgedrängt Spalier bildete, sehr lebhaft begrüßt. Fast alle Häuser der Stadt waren mit Teppichen, Fahnen und Blumengehängen prachtvoll geshmückt. Kurz vor 11 Uhr langte der König unter dem brausenden Beifallsjubel des versammelten Volkes auf der Piazza Vittorio Emanuele an, wo dic Musik die Königshymne intonirte. Die Piazza gewährte einen herrlichen Anblick: an den Söllern, Erkern und Balkons waren die Wappen der italienischen Städte angebraht, und fast überall sah man Täfelchen, auf denen historishe Worte aus den Neden und Proclamationen Victor Emanuel’s standen. Punkt 11 Uhr fiel auf ein gegebenes Zeichen die Leinwand, die das Denkmal umhüllte. Der Sindaco von Livorno, Herr Costella, hielt die Festrede. Dann intonirten sämmtliche Musikkapellen den Königsmarsch, während der König mit dem Grafen von Turin und den Ministern das Denkmal besichtigie und sich längere Zeit mit dem Schöpfer der herrlihen Statue, dem Bildhauer Rivalta, unterhielt. Zuleßt wurde von den Kapellen des 37. und 38. Infanterie-Regiments der von Mascagni componirte LeNO gespielt, der mit großem Beifall aufgenommen wurde.“
König Humbert trifft am 8. September zum“ C o- lumbusfest und der Flottenshau in Genua ein. An der leßteren werden im ganzen 19 italienishe und etwa 25 fremde Kriegsschiffe theilnehmen. Die Ankerordnung für dic Geschwader der verschiedenen Mächte weist dem deutschen Schisse, wie der „Magd. Ztg.“ geschrieben * wird, den äußersten rehten Flügel an. Neben der „Prinzeß Wilhelm“ ankert das Geschwader der Vereinigten Staaten von Nord - Amcrika, dann folgen die drei österreichischen Schiffe, die spanischen, dic französishen und endlih cine Ab- theilung des italienishen Geschwaders. Jm Centrum des Hafens ankert dic englische Flotte mit cinem zweiten italie- nischen (Geschwader, auf dem linken Flügel endlich die Schiffe der kleineren Staaten mit der dritten Abtheilung der italic- nischen Flotte. Der Königliche Besuh in Genua und die An-
wesenheit der fremden Kriegsschiffe werden bis zum 13. Sep-
tember dauern.
Spanien.
Madrid, 3. September. Die \chwebende Schuld blieb, wie „W. T. B.“ berichtet, im Monat August auf der unveränderten Höhe von 168341 000 Pesetas. Während des Finanzjahres 1891/92 hat sich die shwebende Schuld um 3 731 000 Pesetas erhöht.
Serbien.
Wie der „Kölnischen Zeitung“ aus Belgrad gemeldet wird, hat die zur Untersuhung des Standes der Finanzen eingescßte Commission festgestellt, daß Pasitsh 30 Millionen Francs schwebende Schuld zurückgelassen hat.
Amerika.
Die chilenishe Regierung hat, nach einer Mittheilun der chilenischen Gesandtschaft in Paris, den Fang von Sec- hunden, Robben und Ottern in den Gewässern des Chiloe-Archipels, des Magellan-Territoriums und der Jnseln Juan Fernandez untersagt.
Asien.
Die ursprünglih Lord Roberts zugedahte Mission anx den Emir von Afghanistan soll nunmehr Mortimer Durand und Georges Greaves anvertraut werden. Sie werden, wie der „Pol. Corr.“ mitgetheilt wird, die Aufgabe haben, den Emir über die von England an der Nordwestgrenze Jndiens cinzushlagende Politik aufzuklären.
Wie der „Times“ aus Simla vom 1. d. M. gemeldet wird, macht der fruchtlos gebliebene Versuh des Obersten Lockhart, die Stämme der s{chwarzen Berge zu bewegen, den früheren Chef der Hassanzais Hashim Ali entweder auszuliefern oder aus dem Lande zu verweisen, die Be- strafung derselben zur Nothwendigkeit. Eine Expedition, be- stehend aus 4000 Mann, wird nächsten Monat abrücken, um Hashim Ali zu vertreiben.
Außer den Truppen, die mobilisirt worden sind, um etwaige Nuhestörungen im Gomul-Thale zu unterdrücken, haben sich das 22. Punjaub - Jnfanterie - Regiment von Multan und zwei Schwadronen des 2, Punjaub-Cavalleric- Regiments von Rajanpur für den Dienst im Gomul- Thal bereit zu halten. Es ist indessen nicht die Absicht, diese Truppen schon jeßt dahin abmarschiren zu lassen. Die Be- sazung Kajuri Kach's wird rechtzeitig verstärkt werden, sodaß, falls die Afghanen fortfahren, die Grenzstämme zu belästigen, der Einmarsch am 1. Oktober beginnen kann. Die im Umlauf befindlichen Gerüchte über die Mobilisirung des L. Armec- Corps entbehren der Begründung.
Afrika.
Der Sultan von Marocco hatte mit den Aufständischen wegen Auslieferung der Gefangenen verhandelt. Der Führex der leßteren Hamam hat nun alle Gefangenen an den Sultan zurückgesandt; sie kamen mit Geschenken an und erklärten die Bereitwilligkeit Hamam's zur Unterwerfung unter folgenden Bedingungen: Entfernung des Gouverneurs von Tanger und Zusicherung weitgehender Freiheiten. Bis zum Eintreffen der Antwort des Sultans sind die Feindseligkeiten eingestellt.
Parlamentarische Nachrichten.
Im 2. Mindener Neichstagswahlkreise— Herford- Halle i. W. — ist an Stelle des verstorbenen Abgeordneten von Kleist-Reßow Freiherr von Hammerstein mit 7630 Stimmen zum Mitgliede des Reichstags gewählt worden. Delius, national- liberal, erhielt 3160, Buskühl, fortschrittlih, 1884, Zwiener, socialdemokratish, 1785 Stimmen. -— 28 Stimmen waren zcr- splittert.
— Nach dem nunmehr aus sämmtlichen Ortschaften des Reichstagswahlkreises Sagan-Sprottau über die gestrige Stichwahl vorliegenden Ergebniß sind für von Klißing (conservativ) 7304 Stimmen und für Dr: Müller (freisinnig) 8379 Stimmen gezählt worden. 47 Stimmen sind ungültig.
Kunft und Wissenschaft.
— Aus Wien wird berihtet: Zum 2 jährigen Professor- Jubiläum des Hofraths, Professors Dr. Theodor Billr oth werden große Vorbereitungen getroffen. Unter anderem wird dem Gefeiertcn eine fkünfstlerisch ausgestattete Festshrift überreiht werden, in welcher die Leistungen BVillroth's auf chirurgishem und humani- täârem Gebiete durch ehemalige und gegenwärtige Schüler des Professors verzeichnet werden sollen. An dem Werke arbeiten bereits zahlreihe Chirurgen in allen Lindern, und das Nedactionscomité hat ein gewaltiges Material zu bewäl- tigen. Auch die akademischen Behörden, fpeciell das medizinische Professorencollegium mit dem Decan Professor Ludwig an der Spitze, planen Ovationen. Die Studentenshaft gedenkt einen Festcommers und cinen Fackelzug zu veranstalten. Die Festlichkeiten werden bei Beginn der Wintervorlesungen stattfinden. :
— Heute (5. September) tritt in London der neunte inter- nationale Congreß der Orientalisten zusammen. Die Sißungen werden bis zum 12. September dauern. Professor Max Müller von Oxford wird das Präsidium führen und die Versamul- lung mit ciner Rede über „orientalishe Forschungen“ eröffnen. Das bei weitem größte Interesse für Nicht-Specialisten dürfte, wie der „Frkf. Ztg.“ geschrieben wird, ein Vortrag über „das archaische Griechenland und den Orient“ erregen, den Gladstone zu halten ver- sprochen hat. — Wie das Stockholmer „Aftenbl." mittheilt, hat der König von Schweden den Grafen Carlo Lndberg beauftragt, dem Vorfißenden ein goldenes Trinkhorn zu überreihen. Das Horn soll si von dem einen Präsidenten auf die nächsten Präsidenten bei diesen Congressen vererben. L ;
— Der „New-York Herald" veröffentlicht unter dem 1. d. M. cinen Bericht des Hawarder Astronomen, Professor Pickering, der von dem in Arequipa in Peru erbauten Observatorium Mars- beobachtungen angestellt hat. Pickering theilt mit, daß cer zwei Höhenzüge auf dem Planeten nördlich von dem grünen Fleck unweit des Südpols entdeckdt hat. Zwischen den beiden
ebirgszügen hat sich der Schnee angestaut, ehe er nach Nor- den abfließzt. In den Gebirgen am Aequator ist Schnee ge- fallen. Am 5. August bedeckte er zwei Gipfel. Am 7. August war der Schnee geshmolzen. „Ich habe elf Seen von verschiedener Größe beobachtet“, schreibt der Professor. „Diese Seen verzweigten sih in dunkle Linien, doch diese standen hier in Verbindung mit zwet großen dunklen Flächen, die wie Seen aussahen, aber nicht blau waren. Seit dem Schmelzen des Schnees hat es viel Störungen ge- geben, was aus den dichten, sih aufthürmenden Wolken zu erkennen war, Die Wolken waren nicht weiß, fondern gelblich und theilweise durhsichtig. Sie scheinen sich jeßt zu zerstreuen, aber hängen noch
diht um die südlihen Berge. Der nördliche grüne Fleck ift photo- graphirt worden. Professor Pickering berichtet endlich, daß viele von den von Schiaparelli erwähnten Kanälen auch von ihm beobachtet worden sind. Doch waren sie cinzeln und niht doppelt, wie Schia- parelli angiebt.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- - Maßregeln.
: Cholera.
Im Krankenhausc Moabit i} der an der asiatischen Cholera crkrankte Zugführer Osthecrn verstorben. Weitere Erkrankungsfälle sind nicht zur Anmeldung gekommen.
Die städtishe Medizinal-Commission in Bremen macht bekannt, daß der Tod cines am 31. August gestorbenen Schiffers durch asiatische Cholera herbeigeführt ist. Nach amtlicher Mittheilung sind dort am 3. d. M. zwei Personen an der Cholera gestorben und eine erkrankt.
Nach Mittheilung des Medizinalamts sind in Lübeck vom 3. d. M. Mittags bis gestern Mittag 2 Erkrankungen an Cholera vorgekommen, von denen eine tödtlich verlief. :
Am s. d. M. ist in Hannover ein Cholera-Erkrankungsfall vorgekommen, wobei asiati\che Cholera nachgewiesen wurde. Der Krankheitsverlauf ift ein leihter. Zwei weitere Kranke sind als holeraverdächtig in das Krankenhaus eingeliefert. Alle drei Erkrankten waren von Hamburg zugereist.
In Nr. 207 des „M. u. St.-A.“ war unter Stralsund unter anderem gemeldet: „Ein neuer Cholerafall ist nicht vorgekommen“. Wie uns die dortige Königliche Polizei-Direction mittheilt, is in Stralsund ein Cholerafall überhaupt niht vorgekommen, weder ein Erkrankungs-, noch etn Sterbefall.
__ Wie aus Nathen ow berichtet wird, is dort am 3. d. M. das Kind eines Arbeiters Keßler an der Cholera gestorben.
Der Königliche Polizei-Director zu Koblenz Graf Brühl hat!
gestern folgende Bekanntmachung durch Etrxtrablatt veröffentlichen lassen: „Ein Kaufmann, der am 24. Auguît Hamburg verließ, am 29. August hier eintraf und an Brechdurchfall erkrankte, ist am 31. August in der FIsolirbaracke gestorben. Die Krankheits- ersheinungen und die Obduction ergaben keinen Beweis für das Vorhandensein von Cholera. Am 2. d. Mts. er- frankten aber die beiden Pflegekräfte des Verstorbenen unter den Anzeichen der echten Cholera und starben beide am 3. d. M. Die noch nit vollständig abgeschlossene bacteriologishe Untersuchung hat mit großer Wahrscheinlichkeit das Vorhandensein des Cholerapilzes ergeben. Ein wandernder Schneidergeselle, der über Hannover von Hamburg gekommen sein wollte, erkrankte heute Nacht in der Her- erge „Zur l ri unter den Erscheinungen eines coleraver- dâchtigen Brechdurchfalls. Der Kranke ist in die Isolirbaracke gebracht. Die Desinfection der Herberge ift sofort unter Leitung des betreffenden Arztes ausgeführt worden. Cholera-Erkrankungen von Einheimischen sind, abgesehen von den beiden Pflegekräften in der IFsolirbaracke, bis jeßt niht gemeldet. Die bisher in der Stadt vorgekommenen Er- trankungen haben sih als gewöhnlihe Brechdurchfälle erwiesen.“
Nach der amtlichen Statistik sind in die Krankenhäuser zu Paris am 2. d. M. 59 unter choleraartigen Erscheinungen erkrankte Personen eingeliefert worden; von früher Erkrankten sind 42 Personen gestorben. Vom 4. d. M. wertæn 41 Cholcra-Erkrankungen und 4 Todes- fälle gemeldet. Es werden alle irgend geeigneten Vorsichts- maßregeln getroffen, insbesondere werden die Straßen mit Zink- chlorür besprengt. In St. Ouen bei Paris sind am 3. d. M. fünf Cholera-Erkrankunzen und ein Todesfall, in Rouen ist feit dem 2. d. M. fein Todesfall vorgekommen. Sieben Cholerakranke liegen im Hospital: einer ist dort gestorben. Der Gesundheitszustand in Dünkirchen is ausgezeichnet. In St. Vaast (Departement Manche) kamen zwei Cholera-Erkrankungen und ein Todesfall vor.
Am 3. d. M. sind in Havre 43 choleraähnliche Fälle vorge- kommen, 12 Perfonen sind gestorben. Vom 4. d. M. werden 36 Choleratodesfälle gemeldet.
__ Der „Tribuna“ wird aus Capri telegraphirt, von einem aus Hamburg mit zwei Kindern daselbst eingetroffenen Ehepaar sei die Frau am 2. d. M. infolge von Kolik gestorben. Die Behörde habe das Haus abgesperrt und desinficirt. Der Ehemann und die Kinder befänden sih wohl; nah der Versicherung des ersteren habe der Todesfall mit Cholera nichts zu thun. __ Wie dem „W. T. B.“ aus St. Peterêburg gemeldet wird ist die Cholera neu aufgetreten in Kiew, wo bis zum 2. September 47 Erkrankungen und 8 Todecéfälle vorkamen. Im Gouvernement Kiew erkrankten am 1. September 16 und starben 8 Personen, im Gouvernement Wologda find am 1. September 3 O an Cholera erfranft. Ferner famen vor im Gouvernement Saratow am 1. September 543 Erkrankungen und 237 Todesfälle, am 2. September 362 Erkrankungen und 187 Todesfälle, in Kasan am 1. September 176 Erkrankungen und 74 Todesfälle, in Orenburg 296 Erkrankungen und 132 Todesfälle, im Dongebict am 31. August 732 Erkrankungen und 290 Todesfälle, in Woronesh durhschnuittlih täglich 600 Erkrankungen und etwa 200 Todesfälle. Nach den Berichten der nah Ardebil in Persien geschickten Aerzte ist, wie aus St. Petersburg gemeldet wird, daselbst die Pest nicht aufgetreten ; die Cholera ist in Ardebil gänzlich erloschen.
Die Nachricht von dem Auftreten der Cholera in Athen ent- behrt der Begründung. Das Blatt, welches diese Nachricht verbreitet hatte, foll gerihtlich verfolgt werden. :
__ Das am 2. d. M. an der Börse in Züri verbreitete Gerücht, in einem dortigen Gasthof sei ein Cholerafall vorgekommen, wird von amtliher Seite für unbegründet erklärt.
Nach einer Meldung des „D. B. H.“ aus Malmö, 4. Sey- tember, scheint sih troß der energischen Absperrungsmaßnahmen die Cholera doch auch nach Schweden verbreiten zu wollen. Wie Dr. Bergquist in Tomelille mittheilt, ist in der Station Esp eröôd der Ystad-Eelöf-Eisenbahn ein sehr shwerer Fall von Cholerine vorge- kommen. Der Communalvorsteher meldete dagegen der Provinzial- Verwaltung, @aß dort mehrere verdächtige Erkrankungsfälle vorge- kommen seicn.
Ein auf einem Schooner aus Hamburg krank in Christiansand angekfommener Matrose ist am 4. d. M. an der asiatischen Cholera gestorben. i
Wie aus New-York vom 4. d. M. gemeldet wird, famen an Bord der dort eingetroffenen ,Rugia“ 5 Todesfälle und 5 Erkran- kungen vor. Die „Normannia“* hatte während der Neise 7 Todes- fálle und 4 Erkrankungen. Die ebenfalls in New-York eingetroffenen Dampfer „Cimbria“, „City of Nome“ und „Scythia“ hatten keine Krankheitsfälle an Bord. „City of Berlin“, „Europe“ und „Lahn“ werden heute von der Quarantäne befreit. Der gestern dort an- gekommene Dampfer „La Bourgogne“ berichtet, an Bord fei alles wohl. Wie dem „W. T. B.“ heute berichtet wird, sind an Bord der „Normannia*“ im Verlaufe des gestrigen Tages drei, auf der «Moravia“ zwei weitere Todesfälle, auf der „Rugia“ noch ein Todesfall vorgekommen. Während sechs an Bord der „Normannia“ Neuerkranfte nah der Swinburne-Insel gebraht wurden, wurden die Zwischendecképassagiere des Damyfers, unter denen eine große Panik entstanden war, auf der Hoffmann-Insel an Land gesetzt.
__ UVeber Choleragefahr und Absperrungsmaßregekln wird weiter berichtet :
In der Sanitätscommission, die heute Mittag unter Borsitz des Bürgermeisters Zelle im Magistrats-Sitßungssaale tagte, wurde beschlossen, die Vorsteher von Privat-Krankenhäusern aufzufordern, für den Fall der Verbreitung der Cholera in Berlin Vorbereitung zur Aufnahme von Kranken zu treffen. In den Krankenhäufern am Urban und im Friedrihshain sollen Pavillons zu diesem Zwecke ein- gerichtet werden. Für die übrigen Pavillons erstehe hieraus keine Gefahr, da wissenschaftlich festgestellt worden ist, daß nur durch Berührung die Ansteckungsgefahr vorliege. Sollte der Fall eintreten, daß si die
holera in Berlin verbreite, fo soll das Obdach zur Aufnahme von
Cholerakranken eingerihtet werden, während. für dic Obdachlofen anderweitig gesorgt werden soll. :
“Die Vereinigung der Berliner Sanitätswachen tagte, wic wir der „N. A. Z.* entnehmen, am Freitag im Rathhause, um ge- meinsame Maßna men zur Abwehr der Cholera zu treffen, Der Vorsigende theilte mit, daß Ihre Majestät die Kaiserin der Vereinigung mit Rücksicht auf die in der Cholerazeit zu vermehrende De E 1000 hat zugeben lassen. Stadtrath Straßmann tellte den Wachen die nöthigen Mittel. zur Eröffnung des vollen Tagesdienstes in ere Aussicht. Es wurde beschlossen, diesen Tages- dienst auf allen Sanitätswachen zu eröffnen, sobald diejenigen drei en die fih bisher auf Aerztenahweis beschränkten, geeignete Locale gefunden haben, was bis Donnerstag von ihnen versprochen worden is. Demnach sollen auf allen Sanitätswachen von Mitt- woh früh ab zu jeder Zeit mindestens ein Arzt und ein Heilgehilfe anwesend sein. Erkrankte erhalten dann ärztlichen Beistand und Medikamente; Desinfectionêmittel werden ebenfalls ver- abreiht. Unbemittelte genießen diefe Wohlthaten unentgeltlich. Ein Antrag, den Tagesdienst nur auf choleraverdähtige Erscheinungen zu beschränken, wurde abgelehnt und bestimmt, in dringenden Fällen feinen Hilfesuchenden abzuweisen. Diese Einrichtung des . Tagesdienstes soll nur während des Bestehens der Choleragefahr beibehalten werden, nah Beseitigung dieser Gefahr soll sie au ihre Endschaft erreichen. Mit den anwesenden Aerzten sprahen sih Negierungs-Rath Wernich vom Polizei-Präsidium und Stadtrath Straßmann dahin aus, daß eine Gefahr zur Zeit nicht vorhanden is, und wenn auch Vorsicht dringend geboten ist, fo liege doch fein Grund zur Beunruhigung vor. 5 hund wohnten Delegirte aus Charlottenburg und Friedris- erg bei.
Die städtischen Fluß-Badeanstalten sind heute im Hinblick auf die drohende Choleragefahr ge\chlos sen worden.
Das Central-Comité des Rothen Kreuzes trat am Sonn- abend hierselbst unter Vorsiß des stellvertretenden Präsidenten Kammerherrn von dem Knesebeck zu einer Sißung zusammen, in der eine namhafte Summe bewilligt wurde zum sofortigen En gagement von Aerzten und Krankenwärtern, die im Falle dringender Noth nah den von der Cholera besonders heimgesuten Gegenden entsandt werden follen. General-Arzt Mehlhausen, der dirigirende Chefarzt der Charité, ist mit der Aufgabe betraut worden, dem Comité geeignete Aerzte namhaft zu machen.
Halle a. S., 5. September. Auf Ersuchen der Cholera- commisfsion des Hamburger Scnats an die medizinischen Facul- täten verschiedener Universitäten hat fi cine Anzahl hiesiger jüngerer Aerzte nah Hamburg begeben.
Wernigerode, 3. September. Die hiesige Polizei- verwaltung erläßt heute eine Bekanntmachung, der zufolge aus Anlaß der zunehmenden und näherrückenden Choleragefahr den aus Hamburg und anderen Orten, in denen die Cholera zum Ausbruch gekommen ist, zureisenden Personen der Aufenthalt im Polizei- bezirk der Stadt Wernigerode untersagt und der hiesigen Ein- wohnerschäft verboten wird, folhe Personen bei sih aufzunehmen und ihnen Obdach zu gewähren. Zuwiderhandlungen gegen dieses Gebot werden den Strafbestimmungen des § 327 des Strafgeseßbuchs für das Deutsche Neich unterliegen. N
Bad Na uheim, 4. September. Laut kreisamtlicher Verfügung dürfen in Bad Nauheim Fremde aus choleraverdächtigen Orten bei Strafe niht aufgenommen werden.
Augsburg, 3. September. Aus Aerzten und Vertretern der Stadt hat sih eine Gesundheitscommission gebildet. Auf dem Bahn- hofe ist ein Neberwachungsdienst eingerihtet worden. Mehrere aus Hamburg zugereiste Personen sind fünf Tage hindur im Krankenhause beobachtet worden und gegenwärtig wieder als gesund entlassen. Der Magistrat bewilligte zur Vorbereitung von Maßnahmen gegen die Cholera 10 000 M i __ Bremen, 4. September. Der Geheime Medizinal-Rath Dr. Koch, der gestern aus Berlin hier cingetroffen ist, hat si heute Mittag nah Bremerbaven zur Prüfung der dortigen Gesundheits- verhältntsse begeben. Die hiesige Handelskammer hat cine Erklärung erlassen, worin unter Hinweis auf die vollständige Beschränkung der Cholera auf von auswärts zugereiste Personen und die äußerst ge- ringe Verbreitung der Krankheit (überhaupt im ganzen drei ver- dächtige Todesfälle, von denen bei einem die asiatishe Cholera niht nachgewiesen ist) die Stadt Bremen sowie die Häfen der unteren Weser als an fich völlig seuchenfrei, auch die Aussichten auf ein dauerndes Befreitbleiben von der Seuche bei den vorzüglichen sani- târen Verhältnissen Bremens als sehr günstig bezeihnet werden. Die Erklärung {ließt mit der Bitte an alle Betheiligten, sich niht dur übertriebene Berichte fremder Zeitungen beunruhigen und zu einem Abbruch der geschäftlihen Beziehungen mit Bremen bewegen zu lassen.
Wien, 4. September. Durch eine heute veröffentlichte Ministerial- verordnung wird die Ein- und Durchfuhr von Hadern, alten Kleidern, altem Tauwerk, benugtter Leibwäsqhe, be- nußtem Bettzeuge, frishem Obst und Gemüse, fowie von nicht in Blechbüchjen verschlossenen c onservirten Fischen und rohen thierishenProducten aus Deutschland verboten. Der Katser berief gestern Nachmittag den Bürgermeister Dr. Prix zur Berichterstattung über die gegen die Cholcragefahr getroffenen Maßnahmen. Der Bürgermeister theilte dem Kaiser in ausführ- licher Weise mit, was bisher von der Gemeindevertretung und den städtischen Aemtern in dieser Richtung theils durh- geführt, theils verfügt worden ist, sowohl in - Bezug auf die Reinlichkeitspolizei, als auch rücksihtlich jencr Anordnungen, die für den Fall des Ausbruchs der Cholera für den ärztlichen Dienst, die Krankenpflege und den Krankentransport getroffen werden müssen. Leider war der Bürgermeister bei dieser Berichterstattung ge- nöthigt, mitzutheilen, daß cine durchgreifende Spülung der Kanäle niht möglich sei, da wegen des Mangels einer Nußwasserleitung das erforderlihe Wasser hierzu fehle: man müsse ih daber auf cinc möglichst gründlihe Räumung der Kanäle beschränken. Dr. Prix berihtete Sciner Majestät ferner, daß der Gemeinderath von Wien sich bereit erklärt habe, alle Auslagen, die zur Beseitigung der drohen- den Gefahr nöthig sein werden, obne weiteres zu bewilligen, und daß der Gemeinderath in Anerkennung der Nothwendigkeit, jede Ver- zögerung zu vermeiden, den Bürgermeister mit den umfassendsten Vollmachten ausgestattet habe. Schließlich versicherte Dr. Prix, daß von der Gemeinde alles geshehen werde, was überhaupt verlangt und geleistet werden könne. Der Kaiser nahm den Bericht des Bürger- meisters mit Befricdigung entgegen und ersuchte ihn, dieser das Wohl der Bevölkerung so tief berührenden Angelegenheit seine ganze Obsforge und Thatkraft zu widmen.
Pest, 4. September. Die aus den deutschen und belgischen Nordsechäfen kommenden Schiffe werden in den ungarischen Häfen einer sicbentägigen Beobachtung unterworfen.
Madrid, 4. September. Nach einer Königlichen Verordnung werden alle Herkünfte aus Niga sowie den übrigen Häfen Livlands und des finnishen M-erbufens ciner Quarantäne unter- zogen.
Athen, 3. September. Für Provenienzen aus Havre ist eine elftägige Quarantäne angeordnet. ;
Die Generalversammlung des Vereins für Social- politik, welhe am 29. und 30. September in Posen stattfinden sollte, ijt, wie uns der Vorsißende des Aus]chusses _Professor Dr. G. Schmoller mittheilt, wegen der Cholera auf nächstes Früh- jahr vershoben worden. i __ Wegen Gefahr der Cholera-CEinschleppung ist die S der ür Breslau Ende September geplanten Obst- und Gartenbau- Ausftellung und des Pomologen-Congresses von der Regierung untersagt. /
_Aus dem gleichen Grunde wurde der Beginn der Michaelis- messe in Leipzig auf den 3. Oktober mit ciner Daucr von nur 14 Tagen festgeseßt. O L
Die in Köln für den 12. bis 14. d. M. beabsichtigte Haupt - verfammlung der deutschen Gewerbevereine ift abgefagt worden.
Oefterreih-Ungarn.
Die Königlich ungarische Negierung hat infolge Auftretens -der Cholera in Hamburg angeordnet, daß nicht nur die aks Nußland, fondern auch die aus Deutschland, ferner aus Galizien und der Bukowina sowie die an den Grenzen des Landes, und zwar von den vier Einfallstationen Csacza, Orlo, Lupkov, Volocz kommenden Reisenden ärztlih untersucht und an ihrem Niederlassungsorte einer fünftägigen Beobachtung unterzogen werden. Gleichzeitig ist die Einfuhr ge- brauhter Wäsche, Kleider, Lebenêmittel und anderer zur Einschleppung der Cholera geeigneten Waaren aus Hamburg und Altona verboten worden. / S0 S
Die Kaiferlih Königliche Seebehörde zu Triest hat für Pro- venienzen aus Häfen der französishen Nordküste von der belgischen Grenze bis eins{chließlich Cherbourg eine sicbentägige Quarantäne an- geordnet.
Ftalien.
Durch Verordúung der Königlich italienischen Regierung vom 26. August 1892 sind gegen Provenienzen aus den französischen Häfen des Atlantischen Meeres, aus den belgischen, holländischen und dez fen Häfen der Nordsee (einschließlich Hamburg) sanitätspolizeilithe Maßregeln angeordnet worden. Die aus den deutshen Nordseehäfen kommenden Schiffe unterliegen in Italien ciner fanitätspolizeilichen Unterfuchung und, falls während der Ucberfahrt Cholerafälle vorge- kommen sind, einer Beobahhtungs-Ouarantäne auf den Inseln Asinara oder Poveglia, deren Dauer von Fall zu Fall bestimmt wird.
Spanien.
Zufolge einer in der „Gaceta de Madrid“ vom 27. August 1892 veröffentlichten Verordnung des Königlich spanishen Ministers des Innern sind gegen Provenienzen von Altona und, 20on Havre Quarantänemaßregeln angeordnet worden.
Zufolge einer in der „Gaccta de Madrid“ vom 30. August 1892 veröffentlichten Verordnung der Königlich spanischen Regierung sind gegen Provenienzen aus Bremen Quarantänemaßregeln angeordnet worden. ;
Portugal.
Durch cine im „Diario do Governo" vom 26. August 1892 ver- öffentlihte Verfügung des Königlich portugiesishen Ministeriums des Innern ift der Hafen von Altona für von Cholera verseucht erklärt worden. Gleichzeitig ist die Einfuhr von Postvacketen und Waaren- proben, deren Beförderung über Hamburg und Antwerpen stattgefunden hat, verboten worden.
Durch eine im „Diario do Governo“ vom 22. August 1892 ver- öffentlihte Verfügung des Königlich portugiesishen Ministeriums des Innern ift der Hafen von Pará seit dem 1. Juli d. F. für rein vom Gelbfieber erklärt worden.
Niederlande.
Zufolge einer im „Nederlandsche Staats-Courant“ veröffent- lihten Verfügung des Königlich niederländischen Ministers des Innern vom 27. August 1892 sind alle deutshen Häfen, welche an der Nord- see oder an în letztere mündenden Wasserläufen gelegen sind, für von der asiatishen Cholera verseucht erklärt worden.
Griechenland.
Das Königlich griehishe Departement des Innern hat statt der bisherigen elftägigen Quarantäne für alle Dampf- und Segelschiffe, welche aus den zwischen Beirut und Jaffa gelegenen Häfen kommen, cine folhe von fünf Tagen, und zwar vom 6. Augast 1892 ab, ange- ordnet. Diese Quarantäne kann in jedem griechishen Hafen, in dem fich ein Gesundheitëamt befindet, abgehalten werden.
Schweden.
Die Königlich \chwedishe Regierung hat sämmtliche deutschen Hâfen für choleraverdächtig erklärt. Schiffe, die von dort kommen, werden einer Beobachtungsquarantäne von 48 Stunden unterworfen.
Dänemark.
Durch Bekanntmachung des KönigliÞh dänischen FJustiz- Ministeriums vom 25. August 189? i angeordnet worden, daß die Ueberschreitung der dänischen Landesgrenze, soweit diese mittels Eisenbahn geschieht, bis auf weiteres nur über Vamdrup zu er- folgen hat.
Gleichzeitig sind die geseßlihen Bestimmungen über die gesund- heitépolizeilihe Untersuhung gegenüber denjenigen Schiffen in Kraft gesetzt worden, welche aus belgischen Häfen kommen oder mit von dort tommenden Schiffen auf der Reise verkehrt haben.
Brafilien.
Die brasilianische Regierung hat den Hafen von Hamburg als von der Cholera verseuht und alle übrigen deutshen Häfen, welche an den Küsten der Nord: und Ostsce, fowie an in leßtere mündenden Wasserläufen gelegen sind, als derselben Krankheit verdächtig: erklärt. Gleichzeitig ist angeordnet worden, daß die aus den erwähnten Häfen ankommenden Schiffe sih bei ihrer Ankunft in Brasilien nah dem Quarantäne-Lazareth auf Ilha Grande begeben müssen.
Theater und Musik.
Königliches Schauspielhaus.
Dic zweite Rolle des Herrn Adolf Klein am Sonnabend war die des Nathan. Der Künstler gab sie {licht und einfah, ohne jede gesuchte Künstelei; wirksam war namentlih die Erzählung von den drei Ningen, wobei die ruhige, vornehme Haltung dem Sultan gegenüber angenehm berührte. Auch in seinem Verhältniß zur Recha und zum Tempelherrn traf dieser Nathan durchweg den rihtigen Ton. Die Aufführung war auch im ganzen eine in jeder Beziehung hervorragende. Herr Matkowsky (Tempelherr) kehrte in des Dichters Sinn den stolz-besheidenen, troßigen Jüngling mit dem ihm eigenen lebendigen Temperament hervor, leidenschaftlih und voll Leben war der Saladin des Herrn Ludwig; nicht minder hatten an dem . künstlerishen Erfolge die Damen Frau von Hochenburger (Necha) und Frau Schramm (Dajah) ihren vollgemessenen Antheil.
Berliner Theater. ;
Die Aufführung des alten Lustspiels „Krieg im Frieden" vonG.vonMoser undFranz vonSchönthan wurde am Sonn- abend mit großem Beifall begrüßt. Ein frischer, fröhlicher Humor spricht aus Wort und Handlung; während des ganzen Abends herrschte die gute Laune auf der Bühne und im Hause, und die tolle Lustigkeit der Vorgänge reißt die Zuschauer zu heiterem Lachen unwibertteli hin. Freilich, der stärkste Trieb der neuesten Jünger der dramatishen Literatur, alles mögli natürlich zu begründen und darzustellen, sei es noch so langweilig oder wider- wärtig, bleibt in diesem alten schwankartigen Lustspiel noch vêllig unbeahtet. Man muß manche Motive ungefragt als selbstverständlih hinnehmen ; aber die Wirkungen der niht immer felsenfest begründeten Ursachen find zumeist unwiderstehlich komisch, und das herzliche Lachen siegt über alle Bedenken des Verstandes. Die Darsteller hielten }ih alle vortrefflich. Frau Sorma als Ilka Etvös sprühte von jugendlihem Mädchenübermuth und troßte der Lehre von der pcdantishen Schüchternheit in der berückendsten Weise. Die Verschmelzung von eigenwilliger Launenhaftigkeit und mädchen- haftem - Zartgefühl giebt sie stets in fkünstlerisher Vollendung. Fräulein D oenig spielte dic Agnes zufriedenstellcndund FräuleinBraga gab cine kleine Naive, Elsa Henkel, recht frisch. Der ritterlihe Ülanen-Licutenant Kurt von Folgen fand in Herry_ Stahl einen eleganten und geschmackvollen Vertreter, und Herr Schindler er- freute durch die Wiedergabe des s{hüchternen verliebten Apothekers. Als Reif-Reiflingen trat Herr Formes auf; er versuchte der Nolle starke humoristishe Lichter aufzuseßen, die aber wegen der hervor- tretenden Absichtlichkeit niht immer die gewünschte heitere Wirkung hervorbrachten.
i N Lessing-Theater.
Am Sonnabend gelangte Dscar Blumenthal’s Schauspiel „Ein Tropfen Gift“ an der vom Verfasser geleiteten Kunststätte zur ersten Aufführung und bewährte auch hier die dramatische Kraft, die es bei seinem ersten Erscheinen im Deutschen Theater gezeigt hatte. Die Hauptrollen befanden sich in den Händen des Fräulein Neisenhofer und des Herrn Pansa. Fräulein NReisenhofer gab die Nolle der Hertha mit außerordentlicher Feinfühligkeit, wenn fie au ibrer größeren Vorgängerin, Frau Miemann-Raabe, idt in