1892 / 212 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 08 Sep 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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C T B D M B E Ka Laas v riet Ó

Im Deutschen Theater findet am Montag die erste Abonnements-Vorstellung des Goethe-Cyclus: „Stella“ und „Die Mitschuldigen“ statt und zwar in derselben Beseßung wie_im vorigen Abonnement, nur mit der einen Aenderung, daß in „Stella“ statt Herrn Barthels nunmehr Herr Kainz den Fernando spielt.

„Les Jobards“ (Die Dummen): Sittenbild in 3 Acten von Guinon und Denier, die erste diesjährige Neuheit des Resi denz- Theaters, wird am Sonnabend in Scene gehen. Vorher gelangt an diesem Abend der einactige Schwank „Hochparterre“ (Rez-de- chaussée) von Sulien Berr de Turique zur Aufführung. Am Soun- tag findet eine Matinée zum Besten der Nothleidenden in Hamburg statt, wobei „Madame Mongodin“ (mit Richard Alexander) gegeben wird.

Der am 14. d. M. beginnende Offenbach-Cyklus im Friedrich- Wilhelmstädtishen Theater seut sih aus folgenden Werken zusammen: 1. Abend: „Das Mädchen von Elisonco“, „Dorothea“, „Der Ebemann vor der Thüre“. 2. Abend: „Schönröschen“. 3. Abend: „Die Banditen*. 4. Abend: „Die s{chöne Helena“. 5. Abend: „Die Großherzogin von Gerolstein“. 6. Abend: „Die Seufzerbrücke“. 7. Abend: „Madame Favart“. 8. Abend: „Blau- bart“. 9. Abend: „Madame Herzog“. 10. Abend: Schluß: „Hoff- mann’s Erzählungen“.

Im Kroll’shen Theater gelangt morgen abermals Lorßing's beliebte Oper „Der Wildshüß“ zur Aufführung, während am Sonnabend die Oper „Martha“ in Scene geht und einigen neu ver- pflihteten Mitgliedern Gelegenheit giebt, sich vorzustellen. Die Partie des Lyonel wird von Herrn Albert Schott (einen Neffen des berühmten Tenoristen .Anton Schott), und die Partie des Plumket von Herrn Bertram gesungen. Als Martha wird Frau Lydia Holm zum ersten Mal in dieser Partie auftreten und damit ihr Gastspiel fortseßen. Die Partie der Nancy ist durch Fräulein van Zandt vertreten. Am Sonntag wiederholt Herr d’Andrade auf vielseitiges Verlangen den Don Juan und wird dann in der nächsten Woche abermals als Heiling, den er deuts singt, auftreten.

Unter dem Ehrenvorsiß Seiner Hoheit des Herzogs von Sachfen- Coburg-Gotha hat sich in Coburg ein Comité gebildet, das im Sommer 1893 eine Reihe von Opernaufführungen mit Be- seßung durch hervorragende Künstler veranstalten will. Das Comité wird, wie „D. B. H.“ meldet, ein Preisausschreiben für ein ein- actiges Opernwerk erlassen, für das ein Preis von 5000 M ausgeseßt wird. Zur Betheiligung sind nur deutsche und deutsch-öster- reihishe Bewerber zugelassen. Die näheren Bedingungen follen dem- nächst veröffentliht werden: Dem Comité gehéren an: Präsident Dr. Tempeltey, Coburg, Graf Nikolaus Esterhazy, Wien, Dr. jur. Victor Freiherr von Hartogensis, Berlin, Kammerherr P. von Ebart, Hoftheater-Intendant, Gotha, Hofcapellmeister Em. Fallis, Coburg, Carl Goldmark, Wien, Director der Hofoper Wilbelm Jahn, Wien, General-Musikdirector Hermann Levi, München, Director Lüpschütz, Dresden, Dr. Carl Reinecke, Leipzig, General-Musikdirector Ernst Schuch, Dresden, Hofcapellmeister Sucher, Berlin.

Mannigfaltiges.

Die genauen Höhen des Neichstagsgebäudes und der Sieges saule in Berlin über Normal-Null (Nullpunkt des Amiter- damer Pegels) sind kürzlih durch den derzeitigen Prorector der Tech- nischen Hochschule in Berlin, Geheimen Regierungs-Rath Professor Dr. Doergens durch trigonometrische Messung von den Endpunkten einer zwischen beiden Gebäuden abgesteckten, 163,80 m langen Grund- Linie, unter Zugrundelegung der Ordinate des am Generalstab8gebäude, Ee ea befindlichen Bolzens Nr. 85 = 35,057 m N. N., festgestellt worden. Die Ergebnisse sind, wie das „Centr. Bl. d. Bauv.“ mittheilt, folgende: Die Kreuzspiße des nordwestlihen Auf- fates auf dem nordwestlihen Thurme des Reichstagsgebäudes 83,33 m, der Knopf des zweiten Aufsaßzes auf dem Hauptgesimse der Westseite 66,45 m, Kreuzspiße der Kuppel 110,05 m. Der höchste Punkt der Sieges\äule (Spite des Feldzeihens) beträgt 95,95 m. Der höchste Punkt des Reichstagsgebäudes überragt hiernach den höchsten Punkt der Siegessäule um 14,10 m.

Der nächste Sonntag ist der leßte Sonntag dieses Jahres, an dem der Botanische Garten dem Publikum von 2 Uhr ab ge- öffnet sein wird.

Kiel, 8. September. Diese Naht erplodirte, wie „D. B. H.“ meldet, im hiesigen Hafen ein \{chwedisches mit Naphta befrachtete Schiff und verbrannte vollständig. Ein Matrose ist todt, der Capitän wurde ins Waffer geschleudert, aber gerettet. :

Wien, 7. September. Aus Toblach in Tirol wird der „Voss. Ztg.“ gemeldet: Heute Vormittag is ein Stuttgarter, Namens Stuecklen, mit dem bekannten rain Iosef Innerkofler aus Landro beim Besteigen der Fünfkirhener Spiße abge- stürzt. Die Leichen wurden durch den Touristen Artmann u1.d dessen Bruder aufgefunden.

Warschau, 7. September. Der russishen „Petersburger Zei- tung“ wird gemeldet, in einer hiesigen russisch-orthodoren Kirche sei am vorigen Sonntag während des Gottesdienstes eine einem Pistolenshusse gleihende Detonation erfolgt, als ein dem Gottesdienste beiwohnender Mann einen in feiner Tasche befind- lihen Gegenstand aus derselben hervorzuziehen gesucht habe. Ein in der Näbe stehender Offizier habe den Mann ergriffen und der Polizei übergeben. Der. Verhaftete sei alébald nah seiner Einlieferung in das Polizeibureau an den bei der Ervlo sion erlittenen Wunden gestorben, Der Mann fei als ein gewisser Michael Zelinski, katholisher Confession, der sih ohne be- stimmte Beschäftigung in Warschau aufhalte, recognoscirt worder. Es werde vermuthet, daß Zelinski beabsichtigt habe, die griechish- orthodore Kirche, welche früher den Griechis-UÜnirten gehörte, in die Luft zu sprengen. Eine chemische Untersuhung des Erplosiv-Ge- hosses sei angeordnet.

Genua, 7. September. Der „Voss. Ztg.“ wird telegraphirt : Nach mehreren Tagen bösen Wetters, welche Genua mit Ober-Italien und den Nachbarländern getheilt, verspriht heute die Himmel- und Meerbläue, vereint mit der Begeisterung der Bevölkerung und zahl- loser Festgäste, einen prächtigen Beginn der Königstage. In den ge- schmüdckdten Straßen, wo die Vorbereitungen zur morgigen Illumi- nation fortdauern, \taut sich fast der Wagen- und Menschenitrom, welchem die Eisenbahnzüge immerfort neue Mengen, nammentlich von Provinzlkern, hinzufügen, die rathlos Unterkunft suchen, denn alle Gasthöfe sind über- füllt; auch für unzulänglihe Privatgelasse werden fabelhafte Preise verlangt. Man veranschlagt die gestern und heute eingetroffenen Fremden auf zwanzigtausend. Die Aust ellung wurde gestern von 14 620, vorher von 2000 Perfonen täglich besucht. Die Quais und die Wasserfläche des Hafens wimmeln von Schaulustigen, welche" die Schaar der fremden Panzerkolosse bewundernd ums{hwärinen. Heute Vormittag wurde der geographische Congreß eröffnet, wobei Marchese Doria, Bürgermeister Baron Desta und der Fürst von Monaco svrachen. Der Erzbischof hat durch einen Hirtenbrief Kirchen- feierlihkeiten zu Ehren des Columbus angeordnet. :

Kopenhagen, 7. September. Nach einer Mittheilung des „D.-B. H.* aus Carlshamn is der Dampfer „Dimphna*“, mit dem seiner Zeit Marine-Lieutenant Hovgaard seine Polarfahrt unternahm und der sväter nah Schweden verkauft wurde, ca. 7 See- meilen von Utfklippan vollständig verbrannt. Die Besaßung wurde von einem englishen Dampfer gerettet und in Carlshamn gelandet.

Söderhamn, 8. September. Die deutsche Brigg „Paul Gerhard“ rettete nach einer. Meldung des „D. B. H.“ zwei Mann in offener See, die drei Tage mit einem kleinen Boot umher- getrieben waren. Beide Leute hatten die Besazung eines Prahmes gebildet, dessen Bugsirtau gesprungen war; des oben Seeganges wegen konnte nichts zur Rettung der Leute gesehen, der Buglir- dampfer hatte sie ihrem Schicksal überlassen müssen.

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

Heilbronn, 8 Seplenber. (W T B) Eli aus Kirhheim am Neckar am Montag zugereistes, anscheinend an der Cholera erkranftes Mädchen, welches in das hiesige Cholerahospital geschafft wurde, ist gestern gestorden. Durch die heute vorgenommene Obduction ist noch nicht festgestellt,

ob die Patientin an der einheimischen oder asiatishen Cholera gestorben ist. Die Bahnbehörde desinficirte den Eisenbahn- wagen, in welchem das Mädchen erkrankt war.

St. Petersburg, 8. September. (W. T. B.) - Die Kaiserlihe Familie ist gestern nah Jwangorod in Polen abgereist; in dem Gefolge befindet sih der Kriegs- Minister. Auf Befehl des Kaisers ist von der Apanagen- Verwaltung 1 Million Nubel für die Bevölkerung derjenigen Gouvernements angewiesen worden, welche im Jahre 1891 durch Mißernte heimgesucht wurden.

Der „Rufskij Jnvalid“ publicirt die Ernennung von Chefs der M illiar Sea Communicationen der Militär- bezirke von Kiew, Warschau und Wilna. Die Jnhaber dieser neuen Aemter haben Obristenrang.

Die Ernennung des Verwesers des Verkehrs-Ministeriums Witte zum Finanz-Minister ist gutem Vernehmen nah nunmehr erfolgt. Es bestätigt sih, daß das Verkehrs- Ministerium von Kriwosheïn übernommen wird. ZU Gehilfen des Finanz - Ministers sind der bisherige Gehilfe des Verkehrs-Ministers Geheime Rath Jwatschen- fow jowie der ‘bisherige Director des Departements der indirecten Steuern Geheime Rath Jermolow er- nannt. Dem ‘ersteren unterstchen: die Creditkanzlei, die allgemeine . Kanzlei des Ministeriums, das Schaß- amt und die Finanzsection des Eisenbahndepartements, dem Geheimen Rath Jermolow: das Zolldepartement, die beiden Sieuerdepartements, das Handels- und Manufactur- departement fowie die Tarifsection des Eisenbahndepartements. Zum Gehilfen des Verkchrs-Ministers Kriwoscheïn ist General- Lieutenant Petrow ernannt worden.

Amsterdam, 8. September. (W. T. B.) Der Arbeiter, welcher als an der asiatischen Cholera erkrankt in das Barackenlazareth von Notterdam.- eingeliefert worden war, ist gestern Abend der Krankheit erlegen. Nach. einer Meldung aus Winschoten ist daselbst eine Frau an (‘holera nostras gestorben. ;

Konstantinopel, 8. Septeniber. Ge T: B) Von heute ab findet für Eisenbahnreisende auf der Station Mustapha-Pascha eine dreitägige Quarantäne statt. Der Erlaß der gleihen Maßregel steht für Herkünfte aus den inficirten europäishen Häfen bevor. _

Athen, 8. September. (W. T. B.) -Die Provenienzen aus der Nordsee und Ostsee von Flensburg bis zur holländishen Grenze werden einer elstägiget Quarantäne und diejenigen aus Triest und Brindisi einer ärztlichen Untersuchung unterworfen.

Sofia. 8. September. (W. T. B.) Diê Regierung hat umfassende Maßnahmen gegen die Einschleppung der Cholera angeordnet. Der Gesundheitszustand in Bulgarien ist gegen- wärtig ein durchaus befriedigender.

New-York, 8. September. (W. T B.) Wie der „New- York Herald“ berichtet, hat das Marine-Departement die Be- reithaltung des Kreuzers „Philadelphia“ anbefohlen, der sih den Kriegsschiffen „Kearsarge“ und „Concord“ bei der Expedition nah La Guayra anschließen soll.

New-York, 8. September. (W. T. B.) Gestern sind hier zehn neue Cholerafälle vorgekommen, davon acht unter der Mannschaft des Hamburger Schnelldampfers,Normannia“ und zwei unter den Passagieren dritter Klasse des Schnell- dampfers „Nugia“.

Quebec, 7. September. (W. T. B.) Das Verbot der Landung von Auswanderern in der Provinz Quebec ift dadurch veranlaßt worden, daß an Bord des von Hamburg eingetroffenen und unter Quarantäne gestellten Dampfers „Wandrahm“ sich mehrere Cholerafälle gezeigt hatten.

(Fortsezunz des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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. September,

Stationen.

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp. red. in Millim.

Wind. Wetter.

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1) Nachts Gewitter.

5 beiter 1|heiter 2|bededt

Uebersicht der Witterung.

Das Hochdruckgebiet, welches gestern über der mittleren Ostsee lag, hat sih nordostwärts nach dem nordwestlichen Nußland verlegt, eine flache Depression

lagert über der schwacher Luftbewegung herr

4 Grad unter dem Mittelwerthe.

deutschen Ostseeküste kamen G

ordbälfte Central-Eurovas.

Bei

) j {t in Deutschland trübe, regnerishe und kühle Witterung, nur in den östlihen Gebietstheilen sind bei theilweise heiterem Wetter die Wärmeverhältnisse nahezu normal; im westdeutschen Binnenlande liegt die Temperatur zu

ewitter vor.

An der mittleren

Deutsche Seewarte.

Theater- Anzeigen. Königliche Schauspiele. Freitag: Opern-

haus. 175. Vorstellung. Der Trompeter von Säfkkingen. Oper in 4 Acten nebst einem Vcer- spiel von Victor E. Neßler. Text mit autorisirter theilweiser Benußung der Idee und einiger Original- lieder aus J. V. von Scheffel's Dichtung von R. Bunge. Ballet von Charles Guillemin. Diri- gent: Musikdirector Wegener. Anfang 7 Ubr.

Schauspielhaus. 184. Vorstellung. Der neue Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wildenbruch. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Marx Grube. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Opernhaus. 176. Vorstellung. Die Meistersinger von Nürnberg. Große Oper in 3 Acten von Richard Wagner. In Scene gesetzt vom Ober - Regisseur Teßlaff. Dirigent: Kaypell- meister Weingartner. Anfang 6x Uhr.

Schauspielhaus. 185. Vorstellung. Neu ein- studirt: Lydia. Plauderei in 1 Aufzug von O. F. Gensichen. In Scene geseßt vom Ober-Negisseur Max Grube. Der eingebildete Kranke. Lust- spiel in 3 Aufzügen von Molière, mit Benußung der Baudissin’schen Uebersezung. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Mar Grube. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Freitag: Prinz Fried- rich von Homburg.

Sonnabend: Die beiden Leonorenu.

Sonntag: Die beiden Leonoren.

Berliner Theater. Freitag: 2. Abonnements- Vorstellung. Krieg im Frieden. Anfang 7 Uhr. Sonnabend : Neu einstudirt: Maria Stuart.

Sonntag: Nachmittags 24 Uhr: Minua von Baruhelm. Abends 77 Uhr: Krieg im Frieden.

Lessing- Theater. Gift. Anfang 73 Uhr.

Sonnabend: Der Fall Clémenceau.

Sonntag: Die arme Löwin.

Montag: Der Lebemaun.

Die Tageskafse ist von 9 bis 2 Uhr geöffnet.

Friedrich - Wilhelmfstädtishes Theater. Freitag : Der Bettelstudent. Operette in 3 Acten von F. Zell und R. Genée. Musik von Carl Millöcker. Regie: Herr Binder. Dirigent : Herr Kapellmeister Stolz. Anfang 7F Uhr.

Sonnabend: Die Fledermaus.

In Vorbereitung: Offeubach-Cyclus.

Freitag: Ein Tropfen

Residenz-Theater. Direction : Sigmund Lauten- burg. Freitag: Zum letzten Male: Denise. Schau- \sviel in 4 Acten von Alerander Dumas, Sohn, Deutsh von Emerich Bukowics. In Scene geseßzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 74 Uhr.

Sonnabend: Zum 1. Male: Die Dummen. (Les Jobards.) Sitienbild in 3 Acten von Guinon und Denier. Vorher: Hochparierre. Lust- spiel in 1 Act von Julien Berr de Turique.

Kroll's Theater. Freitag: Der Wildschüg. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Martha.

Sonntag: Gastspiel des Sar. Francesco d’Andrade. Don Juan. (Don Juan: Sgr. d’Andrade.)

Täglich, bei günstigem Wetter: Großes Voncert im Sommergarten. Änfang an Sonn- und Festtagen 4 Uhr, an den Woghhentagen 54 Uhr.

Adolph Ernsi-Theater. Freitag: Zum 4. Male: Die wilde Madonna. Gefangs- posse in 3 Acten von Leon Treptow. Couplchts von G. Görß. Musik von G. Steffens. Mit neuen Costumen und neuen Decorationen aus dem Atelier des Herrn Lütkemeyer in Coburg. In Scene geseßt von Adolph Ernst. Anfang 7F Uhr.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Der Sommer-Garten ist geöffnet.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Freitag: Gesammt-Gastspiel des Fris Reuter- Ensemble unter Direction von Aug. Junkermann. Zum 6. Yale: Haune Nüte un de lütte Pudel. VPolksstück mit Gesang in 4 Aufzügen (7 Bildern) frei nah Frit Reuter bearbeitet. Musik von Mar Seifriz. L Uhr.

Sonnabend : Dieselbe Vorstellung.

Der Sommergarten ift geöffnet.

Theater Unter den Linden. Direction: Alois und Rud. Ronacher. Eröffnung Mitte September. Nähere Anzeigen folgen.

8164] Sohenzollern-Galerie 9 Vorm. 109 Ab. Lehrter Bahnhof. Gr. hbistor. Nundgemälde 1640—1890.

L A Sountag 50 4. Kinder die Hälfte.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunte.

Am Windes - Ausftellungs - Park (Lehrter B / Gebfat e O

Concerte, Concert-Haus. Eröffnung der 26\ten und Jubiläums - Saison

am Donnerstag, den 15. September. L. Karl Meyder - Concert. Abonnement 30 Billets 10 X, 10 Billets 5 , 5 Villets 3 im Bureau des Hauses.

Familien-Nachrichten. [33527]

Am 5. d. Mts. starb hierselbst der Kammer- gerichts-Rath , Geheime Justiz - Nath Frey- schmidt. Wir betrauern tief den Verlust dieses durch Kenntnisse, Fleiß und edlen Charafter aus- gezeidneten Amtsgenofsen. Sein Andenken werden wir treu in Ehren halten.

Verlin, den 7. Septémber 1892.

Die Präsidenten und Räthe, sowie der Ober- Staatsanwalt und die Staatsanivälie des Königlichen Kammergerichts.

Verlobt: Frl. Hanna von NRakowski mit Hrn. Prem. -Lieutenant Hans Peter von Laue I. (Weißen- fels a. S.) Frl. Ida Conrad mit Hrn. Re- gierungs-Baumeister B. Voß (Berlin—NRatibor). Frl. Helene Böhmker mit Hrn. Ober-Control- Assistenten und Lieutenant d. Res. Otto Schirmer (Landsberg O.-S—Pitschen).

Verehelicht: Hr. Hauptmann z. D. Karl Joh. Köbler mit Frl. Luise Kummer (Dresden-Leipzig).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. C. ‘von Oerten (Matdorf). Hrn. Kreisphysikus Dr. Rheinen (Herford). Eine Tochter: Hrn. Egon Frei- herrn von Korff (Aiswicken in Kurland). Hrn. Pastor H. Süßmann (Grund i. H.). Hrn. Pastor Nobert Herdieckerhoff (Oestrich b. Letmathe).

Gestorben: Hr. Pastor emer. Louis Emile Robert Villaret (Charlottenburg). Hr. Carl August von Hart (Diepholz). Verw. Fr. Hof- rath Luise von Dessauer, geb. von Linder, (München). Verw. Fr. Hauptmann Ludwine von Kronenfeldt, geb. Bock von Wülfingen (Hannover). Fr. Pastor Marie Grobe, geb. Brandes (Minéleben a. Harz). Fr. Postmeister a. D. Maria Haertel (Breslau). pr Kreis- \{hulinspector Dr. Heinr. Jof. Natte (Aachen).

Redacteur: Dr. H. Klee, Director.

Berlin: Verlag der Expedition (I. V.: Heidrich).

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verla; 9- Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Fünf Beilagen (ein‘hließlich Börfen-Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 212.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Sachsengängerei.

Aus dem Regierungsbezirk Oppeln wird geschrieben: Die Klagen über die sogenannte Sachsengängerei sind in diesem Jahre fast ganz verstummt, da infolge des Darniederliegens der Industrie ein reihlihes Angebot an Arbeitskräften vorhanden war. Nur aus den Kreisen Rosenberg und Nybnik ist über Mangel an landwirthschaft- lichen Arbeitern geklagt worden, dem dort dur Heranziehung rufsischer und galizisher Elemente abgeholfen worden ist.

Zur Lage der Eisenindustrie. :

Im Regierungsbezirk Düsseldorf haben si die Verhältnisse der Großeisenindustrie im Laufe des vergangenen Vierteljahrs günstig gestaltet. Die Erne für Roheisen find etwas gestiegen. Im Walzeisengeschäft ist eine Wendung zum Besseren eingetreten Bei den Grobblehwalzwerken mehren sih die Aussichten für einen besseren Geschäftêgang, und auch in Feinblehen und Walzdraht lagen viele Bestellungen vor. Auch die Maschinenfabriken sowie die Anlagen für Locomotivbau und Eisen- bahnbedarf waren gut beschäftigt. Günstige Erfolge wurden bei Her- stellung von Röhren aus Kupfer und Deltametall nah dem Mannes- mann’schen Verfahren in Duisburg erzielt. Nach wie vor ungünstig ist die Lage der Kleineisenindustrie, namentli klagen die Solinger Scheerenfabrikanten über Mangel an Aufträgen.

Zur Bewegung der Gewerbe in Bayern. i

Im Jahre 1891 wurden in Bayern im stehenden Gewerbe 51 852 Gewerbe neu angemeldet, während sich die Zahl der Nieder- Iegungen auf 48 197 belief. Im Vorjahr erfolgten 45 797 Gewerbe- anmeldungen und 38 223 Niederlegungen. Für 1891 ergiebt si also eine Zunahme der Anmeldungen um 6055 und der Nicder- Tegungen 9974. Von den Gewerbeanmeldungen treffen 20 125 oder 3889/0, von den Gewerbeniederlegungen 17077 oder 35,4% auf die unmittelbaren Städte, 31727 oder 61,2 %/o bezw. 31120 oder 64,66% auf das übrige Land. Eineñ Ueberschuß der Anmeldungen über die Niederlegungen weisen Ober- bayern, Niederbayern, Pfalz, Oberpfalz, Mittelfranken, Unterfranken, Schwaben auf, während in Oberfranken 193 Niederlegungen mehr als Anmeldungen angezeigt wurden. Die größte Bewegung hat in Bayern im Handelsgewerbe stattgefunden (20 220 Anmeldungen und 17 397 ‘Niederlegungen).

AnGast-undSchankwirthschaftsbetriebe waren am 31. De- zeinber 1891 34761 (gegen 34548 am 31. Dezember 1890) vor- ‘handen; davon entfielen auf die unmittelbaren Städte 5747 (gegen 5630). Die verhältnißmäßig meisten Gast- und Schankwirthschaften bestehen in Mittelfranken und in der Pfalz (auf 1000 Einwohner 7,8 bezw. 6,5).

Der Kleinhandel mit Branntwein und Spiritus wies am 31. Dezember 1891 3660 Betriebe auf (gegen 3637 am 31. Dezember 1890); davon entfielen auf die unmittelbaren Städte 1298 (gegen 1260). Die verhältnißmäßig meisten Kleinbetriebe mit Branntwein und Spiritus bestében in der Pfalz (auf 1000 Einwohner 1,3).

Im Gewerbebetrieb im Umherziehen 955 Ziffer 1—3 der N.-G.-O.) wurden im Jahre 1891 19014 Wandergewerbescheine (gegen 19 003 im Jahre 1890, 19 131 im Jahre 1889 und 19 120 im Fahre 1888) ertheilt. Von diesen wurden 18 430 oder 96,9 9/0 an Inländer abgegeben. 2029 Wandergewerbescheine wurden ausgedehnt (davon waren 1208 in den Händen von Inländern). Um die räumlihe Ausdehnung des Hausirhandels verfolgen zu Tontien, Mm die Bl Der ertheilen D E aus» gedehnten Wandergewerbescheine zusammengefaßt werden. Von diesen 21 043 Wandergewerbescheinen berechtigten zum Hausirhandel in einem Orte 308 oder 1,5 9/6, in einem Verwaltungébezirk 6651 oder 31 6 9/0, in einem Regierungsbezirk 6611 oder 31,4 9/6, in mehreren Regierungs- bezirken 1183 oder 5,6 9/9, im ganzen Königreich 6290 oder 29,9 9/0.

_ Weiter wurden an Wandergewerbescheinen für Schaustellungen 2c. 55 Ziff. 5 der R.-G.-O.) 1553 ertheilt, gegen 1570 im Jahre 1890) und 14 401 ausgedehnt (gegen 14545 im Jahre 1890). Legiti- mations\cheine an solhe Personen. welhe Druckschristen, Bild- werke 2x. auf den Straßen verkaufen, anheften, anshlagen 43 der N.-G.-O.), wurden 205 ertheilt (220 im Vorjahr), Legitimation s- Tarten an Handelsreisende 11 482 (gegen 10 047).

Zur Arbeiterbewegung.

Vom Niederrhein wird der Berliner „Volks- Ztg.“ unter dem 4. d. M. geschrieben: Unter den Seidenbandwebern ift seit kurzem cine ziemli lebhafte Bewegung im Gange. Es scheint eine Frage der nächsten Zeit zu fein, daß sie mit der Forderung günstigerer Arbeitsbedingungen und besserer Lohnverhältnisse hervortreten.

Hier in Berlin fand am Dienstag eine Versammlung der Maler und Anstreicher statt, die der „Voss. Ztg.“ zufolge folgende Resolutionen annahm: 1) Die Versammlung verpflichtet sich, für den Achtstundentag einzutreten und kräftig dafür zu agitiren, denn der Achtstundentag is nur zu erreichen, wenn sämmtliche Maler und Anstreicher ihre Arbeitskraft verweigern. 2) Die Versammlung ver- pflichtet sih, alle der Organisation der Maler, Lackirer und An- \treiher und verwandter Berufsgenofsenschaften Deutschlands beizu- treten, um dadurch den Beweis zu liefern, daß sie gewillt sind, die angenommene Resolution betreffs des Achtstundentages zur Geltung zu bringen. In der Filiale der Allgemeinen Elektricitäts- Gesellschaft in der Schlegelstraße haben, wie der „Vorwärts“ mittheil etwa 25 Arbeiterinnen die Arbeit niedergelegt; als Grund E s und unangemessene Behandlung dur den Meister angegeben.

Aus Christiania meldet ein Telegramm des „D. B. H.“ vom gestrigen Tage: Zu der hier tagenden sechsten norwegischen social- demokratischen Landesversammlung sind 27 Vertreter er- schienen. Nach dem Jahresbericht haben \sich bisher von den Arbeiter- vereinen im ganzen Lande nur ungefähr 30 den Socialdemokraten an- geschlossen. Von vielen Rednern wurde der Anschluß an die liberale Partei wegen Gewinnung des allgemeinen Stimmrechts befürwortet.

Der gegenwärtig in Glasgow tagende Congreß der eng- lischen Gewerkvereine nahm, wie ein Wolff’sches Telegramm berichtet, gestern Resolutionen zu Gunsten des Achtstundentages für die Bergarbeiter und der Bestreitung der Kosten der Parla- mentêwahlen aus der Staatskasse an. In Leeds veranstalteten, wie der „Köln. Ztg.“ geschrieben wird, 30000 Arbeiter am Sonnabend eine Kundgebung. Die Hauptredner waren die be- fannten Arbeiterführer Wilson und Tom Mann. Sie verlangten, daß die Arbeiterklasse mehr direct im Parlament vertreten sein sollte. In Manchester tagte am Montag der Verein der eng- lishen Schneidermeister und beshloß, den Liverpooler Ver- \söhnungsrath um seine Einmischung zu ersuchen. Die Meister sind bereit, den Streit schiedsgerihtlih entscheiden zu lassen, wollen aber weiter den Leuten niht entgegenkommen. Eine niht geringe Anzahl von Meistern hat übrigens die Forderungen der Gesellen schon be: willigt, was die Ursahe der versöhnlichen Stimmung der übrigen sein mag. : ;

_ Aus Paris berihtet ein Telegramm des „H. T. B.“: Eine gestern Abend abgehaltene, von 2000 Arbeiterinnen besuchte Ver-

Berlin, Donnerstag, den 8. September

fammlung hat folgende Tagesordnung angenommen: Forderung des Achtstundentages; das Parlament foll wöchentlih einen Ruhetag ein- richten; Abschaffung der Nachtarbeit; Arbeitsuntersagung sechs Wochen por und nah erfolgten Geburten: Abschaffung längeren Stehens im Laden, wo Sitzbänke anzubringen sind; Abschaffung der Geldstrafen. Der socialistische Congreß in Tours ist am Montag ge- {lossen worden. In seiner leßten Sißung faßte er der „Voss. Ztg.“ zufolge folgenden Beshluß: Die Frau foll eine Löhnung gleich der des Mannes erhalten; die verheirathete Frau is von der Werkstatt auszuschließen, aber ihre Nechte follen die des Mannes sein; fie ist politisch zu emancipiren. Die Ar- beit in den Gefängnissen is zeitweilig abzuschaffen. Der Congreß erklärt, daß die Ünterdrückung der Production durch eins allgemeine Arbeitseinstellung das einzige Mittel sei, den schädlichen Wirkungen der bisherigen Ueberproduction abzuhelfen und allen Arbeit zu verschaffen. Er entschied sih ferner für die Einführung des achtstündigen Arbeitstages, die Abschaffung des Gesetzes gegen die Internationale 2c. L É

Aus Brüssel wird der „Voss. Ztg.“ unter dem 6. d. M. ge- schrieben : Die Zechen Patience und Beaujone in Ghlin bei Lüttich haben alle Arbeitslöhne um 10/6 gekürzt. Infolge dessen find 800 Bergarbeiter dieser Zehen ausftändig. Ein Theil der Aus- ständigen durchzog gestern die Straßen der Lüttiher Vorstadt“ Saint-

Gilles. Literatur.

Geschichte.

ffÆ. Historishe Zeitschrift. Herausgegeben von Heinrich von Sybel und Max Lehmann. 69. Bd. 2. Heft. München und Leipzig, M. Oldenbourg, 1892. Der um die Geschichte der Neformationszeit so verdiente Max Lenz veröffentliht in diesem Heft eine Studie über die Schlacht von Frankenhausen, in welcher Landgraf Philipp von Hessen und Herzog Georg von Sachsen ein feuriger Anhänger und ein ebenso energisher Gegner der neuen Lehre die sociale Revolution des 16. Jahrhunderts, gewöhnlich Bauernkrieg genannt, niedershlugen. Fast das ganze aufständische, unter dem Commando Thomas Münzer's stehende Bauern- heer kam in diesem Treffen um,- und es fragt sch nun, ob dieses Blutbad infolge troßigen Widerstands der Insur- genten oder eines plößlihen Angriffs der Fürsten entstanden ist. Gustav Droysen hatte vor Jahren erklärt, es sei bei den wider- \pruchsvollen Angaben der gleichzeitigen Quellen unmöglich, die Wahr- heit zu ermitteln, Lenz kommt dagegen nach forgfältiger Prüfung der Tendenz der Quellen zu dem Resultat, daß die Masse der Bauern, terrorisirt durch Münzer und seine fanatischen Anhänger, sih gegen die weit überlegene Macht der Fürsten zur Wehr seßen wollte, aber bei Beginn des Kampfes den Muth sinken ließ und um Gnade bat, die aber auf Betreiben Herzog Georgs niht mehr gewährt wurde. In dem zweiten Aufsaß des - Hefts unterzieht Wendck in einer vortrefflich geschriebenen Biographie der Landgräfin Elisabeth von Thüringen die Legende, welche sih- um die Person und Schicksale dieser Fürstin gebildet hat, einer etndringenden Kritik. Die populäre Vorstellung ist, daß diese von Natur milde und fromme Fürstin nah dem früh:n Tode ihres Gemahls in brutaler Weise von der Wartburg verjagt wurde, infolgs dieses rauhen Schisals in religiöse Schwärmerei verfiel und endlih gänzlih unter den Ein- fluß des Keterverfolgers und Asketen Konrad von Marburg gerieth, der dur seine grausamen asketishen Uebungen die zarte Fürstin in wenigen Jahren zu Tode marterte. Die historische Forschung giebt ein wesentlich anderes Bild. Schon als Kind zur Weltentsagung geneigt eine häufige Erscheinung im 13. Jahrhundert —, war sie fügsamen und lenfbaren Gemüthes; Wohlthätigkeitsfinn und ein starker Trieb zur Askese, der si namentli in leidenshaftlicher Sehn- suht nach Armuth äußerte, waren die hervorstehenden Eigenschaften ihres Charakters. Nah dem Tode ihres Gemahls nahmen diese

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Neigungen noch zu, freiwillig verließ sie die Wartburg, um zuerst in Eisenach und dann in Marburg der Krankenpflege und der strengsten Asfese zu leben. Bereits zu Lebzeiten ihres Gatten war sie mit Konrad von Marburg, dem späteren gefürcteten und gehaßten Keßer- meister, damals noch einem einfachen Weltgeistlihen, in Verkehr ge- treten; jeßt {loß sie sih eng an ihn an und machte es sich zur Pflicht, sih in allen Stücken seinem Willen blindlings unterzuordnen. Konrad bemühte si, ihren schrankenlosen Wohlthätigkeitsfinn in ver- nünftige Bahnen zu leiten; ihrer entseglihen Selbstpeinigung trat er zwar nicht entgegen, aber suchte ihr Loos auch nicht durch besondere Martern zu ershweren. Nur wenige Jahre konnte die Fürstin ihr selbstbereitetes Schifsal tragen; 1231 starb sie, und nach ihrem frühen Tode bemächtigte sih die Sage ihrer Gestalt und suhte den wunder- baren Entschluß der Fürstin, ihr Leben der Kirhe und den Armen zu weihen, durch schwere Schicksale zu erklären und durch allerlei Zu- thaten auszus{mücken. In den Mitcellen publicirt Heinrich von Sybel einen Briefwechsel zwishen Gneisenau und feinem Schwiegersohne, dem Grafen Brühl. Diese Briefe, aus den leßten Lebensjahren Gneisenau's (1829—31) stammend, konnte Delbrü für seine Gneisenau-Biographie noch niht benußen; fie enthalten namentlih Nachrihten über den drohenden Krieg zwischen Franfreih und Preußen im Jabre 1830 und den pol- nishen Aufstand, währenddessen Gneisenau den Dberbefehl über das gegen Polen gebildete Observationécorps führte. Aus dem Literaturberiht heben wir hervor: Curtius, Stadtgeschichte von Athen (besprochen von Judeich), Döllinger, das Papstthum (Mirbt), und Meinecke, die deutshen Gesellschaften und der Hoffmann'sche Bund (Walther Schulte). Gesetze, Verordnungen 2. / :

Die Stempel- und Erbschaftssteuer mit Einschluß der Neihs-Stempelabgabe in Preußen. Erläutert mit besonderer Berücksichtigung der Provinz Hannover von Eugen Kühnemann, Geheimem Regierungs-Rath und Provinzial-Stempel- Fisfal. Dritte mit Nachträgen vermehrte Auflage. Hannover, Verlag von Carl Mever (Gustav Prior) 1892. Diese neue Ausgabe des Werks berücksichtigt Mae “nr Die neuere preußisde Geseßgebung, wie die Gesche vom 19. Mai 1889 über Aenderungen der Stempelsteuer, und vom 19. Mai 1891 über die Erhebung der Erbschafts\teuer, sondern vor allem au das Reichs-Stempelgeseß vom 29. Mai /3. Sa 1885, welches tief in die preußishe Stempelgeseßgebung eingegriffen hat. Den Erläuterungen sind die Auslegungen der Judicatur und die im Verwaltungs8wege ergangenen Ausführungsbestimmungen beigefügt. Ein sorgfältiges alphabetisches Sachregister erleichtert die Benugzung.

Kr. Das Kranken -Versicherungsgeseß. Herausgegeben von Max Hallbauer, Königlich sächsischer Landgerichts-Ditector in Leipzig. Leipzig 1892. Albert Bayer (Sercy’she Buchhandlung). Preis 2 50 . Durch Einfügung der in Bezug genommenen Gesetze ist die vorliegende Ausgabe eine vollständig selbständige. _ In dieser sorgfältigen Ergänzung und Beifügung eines guten Sahregisters giebt sih die Umsicht des Herausgebers zu erkennen.

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Die Besitzergreifung der Stadt Thorn durch die Krone Preußen, von I, Tiezen, Cunos des Stadt-Archivs. Thorn, Verlag von Ernst Lambeck. Der 24. Januar 1793 ift der Tag, an dem vor hundert Jahren König Friedrih Wilhelm I1. dur

1892.

den General-Lieutenant Grafen Schwerin und defsen nah ihm be- nanntes Infanterie-Regiment Besiß von der Stadt ergreifen ließ. In dem vorliegenden, zur Feier dieses denkwürdigen Ereignisses her- ausgegebenen Buche entwirft der Verfasser jung in kurzen Zügen ein Bild der früheren Verhältnisse der Stadt Thorn, _ von ihrer Be- gründung durch den deutschen Orden bis zum Jahre 1772, in welchem durh die Theilung Polens das umliegende Land in den Besiy Preußens kam, die Stadt selbst aber, wie Danzig, unabhängig blieb. Es {ließt sich hieran eine ausführlihere Dar- stellung- der sih hieraus entwickelnden unhaltbaren Zustände für die Stadt Thorn, die \{ließlich duxch die im Jahre 1793 erfole#& un- blutige elpergreisung ein Ende nahmen. Wie sich diese, vof-èinem großen Theile der Thorner Bürgerschaft sehnlihst herbeigewünschte Umwandlung vollzog, ergiebt sih aus den vom Verfasser mitgetheilten Communiecationibus ordinum, d. h. aus den Aufzeihnungen der dem Magistrat an die Seite gestellten berathenden Körperschaften, die ähnlich den heutigen Stadtverordneten fungirten. Geziert ist das Buch durch ein Bildniß König Friedrich Wilhelm?s Il. und cin Bild der Deutschordensburg Thorn vor deren Zerstörung im Jahre 1454.

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Von den Ausstellungsheften, welhé die bekannte Münchener Kunstzeitschrift „Die Kunst für Alle“ (Herausgeber Friedrich Pecht) der Münchener Internationalen Kunstausstellung 1892 widmet (Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft wvocmals ha Bruckmann in München, 10 Hefte Preis 6 K), liegen ereits aht vor. Außer den bekannten Berihten, welche der Altmeister der deutshen Kunstkritik, Friedrih Pecht, der Ausftellung widmet, zeichnet diese Hefte besonders die überaus reihe JIllustration aus. So bringen sie an ganzseitigen Bilder- beilagen 39 Hauptwerke der Ausstellung von Meistern wie Matejko, Eberlein, Zügel, Antokolsky, Hugo - Vogel, Claus Meyer, Van Hove, R. Haug, E. von Gebhardt, W. Räuber, G. Jacobides, L. von Löffß, H. Lossow, W. Hasemann u. a. m., dazu noch über 80 Tert-Illustrationen. Für die beiden nächsten Hefte, mit welchen die Berichte ihren Abschluß finden, find noch die hervorragendften Werke von Meistern wie F. A. von Kaulbach, Franz von Lenbach (sein neuestes Bismarck-Porträt), J. Boldini, F. Beraud, A. Hacker, F. Smith u. a. zu erwarten. Der gediegene Tert, die reiche Illustration geben in ihrem Verein den Ausstellungsberihten der „Kunst für Alle” eine hervorragende Bedeutung für den Besucher der Ausstellung wie für jeden Kunstfreund überhaupt.

Unterhaltung.

Nr. 49 des XVIII. Jahrgangs der vaterländishen Wochen- chrift „Der Bär“, herausgegeben von Fr. Zillessen und R. George, hat folgenden Inhalt: Ein Urlaubstag in der Residenz. Eine Theater-Erinnerung aus guter, alter Zeit. Von Richard Shmidt- Cabanis. (Schluß.) Um die Wiege einer .Kaiserstadt. Erzählung aus Berlins erster Kindheit von A. Chodowiecki. (Fortseßung.) Pädagogische Erinnerungen. Von F. Brunold. Die Einführung offentliher Sänften in Berlin vor 200 Jahren. Von Hans Bösch. Ein Liebling der märkishen Klio. Lebensbild aus dem 16. Jahr- bundert, von Dr. Carl Bolle. Evpheuranken zu Schill’s Ge- dächtniß. Von Franz Tismar. (Mit drei Abbildungen.)

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Sterblichkeits- und Gesundheitsverhältnisse im Monat Juli 1892.

Gemäß den Veröffentlibungen des Kaiserlihen Gesundheitsamts sind im Monat Juli von je 1000 Einwohnern , auf das Jahr berednet, als gestorben gemeldet: in Berlin 19,8, in Breslau 26,4 in Königsberg 24,6, in Köln 25,6, in Cassel 15,5, in Magdeburg 31,8, in Stettin 37,8, in Altona 23,0, in Hannover 25,2, in Frankfurt a. M. 17,2, in Wiesbaden 17,4, in München 24,5, in Nürnberg 21,7, in Augéburg 29,4, in Dresden 20,7, in Leipzig 29,5, in Stuttgart 20,7, in Karlsruhe 18,4, in Braunschweig 25,9, in Hamburg 26,9, in Straß- burg 19,9, in Met 15,1, in Amsterdam 16,3, in Brüssel 19,0, in Budapest 25,9, in Christiania 20,6, in Dublin 23,5, in Edinburg 16,3, in Glasgow 18,7, in Kopenhagen 16,2, in Krakau 29,5, in Liverpool 21,4, in London 18,1, in Won 20,5, in Odessa 31,0, in Paris 20,3, in St. Petersburg ?, in Prag 26,1, in Rom (Juni) 19.0: in Stiodholn 186 M Test 20,9, iu Qurin (ZU) 23,1: in Venedig 20,6, in Warschau 28,0, in Wien 21,9, in New-York 36,9. (Für die außerdeutshen Städte is der Zeitraum von 4 Wochen (3. bis 30. Juli) zusammengefaßt worden.)

Der Gesundheitszustand im Monat Juli war in der über- wiegenden Mehrzahl der größeren deutshen wie außerdeutshen Städte ein günstiger und die Sterblichkeit eine mäßig hohe, wenn auch vielfach, besonders in den deutschen Städten, eine höhere als im Vor- monat. Einer sehr geringen Sterblichkeit (von noch nicht 15,0 vro Mille) erfreuten sih 18 deutshe Orte (gegen 28 im Juli), und zwar waren dies: Barmen, Bielefeld, Flensburg, Geestemünde, Köslin, Neunkirchen, Ohligs, Nheydt, Solingen, Viersen, Wesel, Wilhelms- haven, Ludwigsburg. Schwerin i. M., Eisenach, Wismar, Bremerhaven, Mülhausen i. E. Dagegen stieg die Zahl der deutshen Orte mit hoher Sterblichkeit (Sterblichkeitsziffer über 35,0 pro Mille) von 7 im Juni auf 20 im Berichtêmonat, und zwar waren dies die Orte: Lichtenberg, Weißensee, NRirdorf, Beuthen O.-S., Brandenburg, Gelsenkirchen, Grabow, Jnowrazlaw, Königshütte, Kövenick, Langen- bielau, Linden, Malstatt-Burbach, Neuß, Neustadt O.-S., Schweid- niß, Spandau, Stettin, Zaborze, Crimmitschau ; von nicht deutschen Orten erreihte nur New-York eine Sterblichkeit über 35,0 pro Mille. Das Maximum der Sterblichkeit, das im Juni 52,7 pro Mille betrug, erreichte im Juli Weißensee (mit 53,0 pro Mille). Etwas größer wie im Vormonat (67 gegen 66) war die Zahl der deutschen Orte mit günstiger Sterblichkeit (Sterblichkeitsziffer bis 20,0 (pro Mille), von denen wir hier nur Berlin, Celle, Danzig, Elberfeld, Frankfurt a. M., Gnesen, Insterburg, Cassel, Kiel, Minden, Münster, Nord- haufen, Osnabrück, Paderborn, NRatibor, Stolp, Thorn, Trier, Wiesbaden, Amberg, Bamberg, Bayreuth, Fürth, Hof, Bauten, Dresden, Freiberg i. S., Zittau, Eßlingen, Gmünd, Reutlingen, Ulm, Karlsruhe, Konstanz, Offenbah, Weimar, Gotha, Coburg, Nostock, Lübeck, Bremen, Meß und von außerdeutshen Städten : Amsterdam, Brüssel, Edinburg, Glasgow, Kopenhagen, Löndon und Stockholm nennen wollen. Dagegen hat die Zahl der Orte mit mäßig hoher Sterblichkeit (Sterblichkeitsziffer etwas über 20,0 pro Mille) abgenommen und ging von 59 des Vormonats auf 39 her- unter, von denen wir hier nur Altona, Bohum, Dortmund, M.- Gladba, Köslin, Krefeld, Kreuznah, _ Memel, Neiffe, Stral- sund, Landshut i. B., Nürnberg, Plauen, Stuttgart, Heilbronn, Frei- burg i. B., Pforzheim, Gießen, Mainz, Worms, Apolda, Oldenburg, Cöthen, Dessau, Gera, Colmar, Straßburg und von nichtdeutschen Städten Christiania, Liverpool, Lyon, Paris, Venedig und Wien an- führen. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit war eine erheblich gesteigerte; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, in Stuttgart 89, in Berlin 93, in Dresden 95, in München 115, in Hamburg 124 Säug- linge. Diese gesteigerte Säuglingss\terblichkeit, die auch die im ganzen höhere Sterblichkeit bedingte, wurde durh das allgemein gesteigerte

Auftreten von acuten Darmfkrankhbeiten veranlaßt, welche