1892 / 222 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Sep 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Seine a a Hoheit nah der „Alg. Ztg.“ seine vollste

Prinzessin Therese, Königlihe Hoheit, folgt nah einem kurzen Aufenthalt in Jtalien einer Einladung der griechischen Königsfamilie nah Athen. Der Aufenthalt daselbst dürfte sich bis hnacten erstrecken. : / :

Der Staats-Minister Freiherr von Crailsheim begiebt fich Mittwoch, den 21. d. M., nah Günzburg, um die dortige neue Localbahn zu befahren. An der später stattfindenden feierlihen Eröffnung wird der Minister nicht persönlich theil- nehmen. Dienstag, den 27. d. M,, tritt er eine Urlaubsreise nah Jtalien an, von der er Anfang November zurückehren

wird. Sachsen.

Dresden, 19. September. Scine Majestät der König begab sich gestern, Sonntag, Nachmittags mittels Sonderzugs von Strehlen nah Zwickau, um den zwishen Zwickau und Reichenbach i. Vogtl. stattfindenden Manövern der 2. und Z. Division Nr.24 und 32 beizuwohnen. Die Ankunft in dem festlich geschmückten Zwickau erfolgte unter dem Jubel der Bevölkerung. Bald nach dem Eintreffen fand im Hotel zum „Deutschen Kaiser“ große Tafel von 137 Gedecken statt, an welcher Seine Ma- jestät der König, sowie Jhre Königlichen Hoheiten die Prinzen Georg, Friedrich August, Johann Georg und Marx, der com- mandirende General des VŸ. Armee-Corps, General der Infanterie von Seeckt, der Kriegs - Minister, General- Lieutenant Edler von der Planiß, die beiden Divisions- Commandeure, General-Lieutenants von Kirhbah und von Tschirshniß und zahlreihe andere Offiziere theilnahmen. Nach der Tafel begab sich der König in das Rathhaus, um vom Balcon dem Zapfenstreih der vereinigten Musikcorps und der Spielleute der 2. und 3. Division E

Jhre Majestät die Königin hat sih gestern Abend zu Wagen nach dem Königlichen Jagdschlosse Morißburg be-

eben, um daselbst zum Gebrauch einer Trinkkur längeren Aufenthalt zu nehmen.

Mecklenburg-Schwerin.

Schwerin, 19. September. Seine Königliche Hoheit der Großherzog is gestern Abend von Drönnewiß in Schwerin wieder eingetroffen. Morgen Mittag beabsichtigt der Großherzog sich zur Jagd nah Friedrihsmoor zu begeben und gedenkt am Donnerstag Abend von dort nah Schwerin Zurcnfehren.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Weimar, 19. September. Gestern Abend is Jhre König- liche Hoheit die Erbgroßherzogin von Berchtesgaden hicrher zurüdckgekehrt.

Schwarzburg-Rudolstadt.

Schwarzburg, 19. September. Ueber den Verlauf der Krankheit Jhrer Durchlaucht der Fürstin wird heute be- richtet: Die Temperaturen waren gestern anhaltend niedrig, der Kräftezustand nach Umständen beseiedigend; der Schlaf mit Unterbrechung gut.

Schaumburg-Lippe.

Bückeburg, 19. September. Der Gesammtzustand Seiner Durchlaucht des Prinzen Hermann zu Schaumburg- Lippe ist nach dem heute aus Kirchberg vorliegenden Telegramm, noch immer sehr besorgnißerregend. Der Prinz hat die leßten vierundzwanzig Stunden sehr unxüßhig verbracht und ununterbrochen phantajirt. Die Nacht verbrächie er fast schlaflos. Die Nahrungsaufnahme ift gering, Púls und Tem- peratur find normal.

Elsaß-Lothringen.

Die Bezirkstage sind durch Kaiserlihe Verordnung zum 14. November einberufen und sollen spätestens am 26. November geschlossen werden. Die erste Sißungsperiode der Kreistage beginnt am 10. Oftober, die zweite am 12. Dezember. Die Dauer einer jeden dieser Sißungsperioden ist auf höchstens fünf Tage festgeseßt worden.

Oefterreich-Ungarn.

Jhre Majestät die Kaiserin traf, wie der „Mgdb. Ztg.“ gemeldet wird, am Sonntag von Jnterlaken in Zürich ein und sezte am Montag ihre Rüdcckreise auf der Arlberg- bahn fort. Í

Der „Budapester Corr.“ zufolge wird, anders lautenden Meldungen entgegen, für die im Dezember beginnende große Neise des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreich-Este keinerlei Forderung in den nächstjährigen Voranschlag eingestellt worden. Der Erzherzog werde die Reisekosten vielmehr aus eigenen Mitteln bestreiten. -

Der ungarische Finanz-Minister Dr. Wekerle sowie der Landesvertheidigungs-Minister FZM. Freiherr von Fejer- vary sind in Wien eingetroffen, um an der Schlußredaction des gemeinsamen Budgets für 1893 theilzunehmen.

Im Laufe dieser Woche werden im Handels-Ministerium die Verhandlungen mit den Vertretern der Wiener Privat - Telegraphen - Gesellschaft in Angelegenheit der Erwerbung des Wiener Telephonneßes für den Staat beginnen. Führen dieselben zu einer Einigung, dann wird hiermit die Verstaatlichung des Telephon- wesens, soweit dieses einen öffentlihen Charakter hat, im großen und ganzen vollzogen sein. :

Der Triestiner Landtag hat einstimmig beschlossen, eine Petition an die Regierung um Wiedereinführung des Freihafens in Triest zu richten.

Das Wahlcomité des verfassungstreuen Groß-

rundbesißes in Böhmen hat beschlossen, den Wählern bei den bevorstehenden Landtagsnachwahlen des Großgrund- besißes Wahlenthaltung anzuempfehlen.

Großbritannien und JFrland.

Auch der neu ernannte Ackerbau-Minister Herbert Gardener ist bei der Neuwahl, der er sih zu unterziehen hatte, dem „W. T. B.“ zufolge ohne Opposition in das Unter- haus wiedergewählt worden. j

Mit Ausnahme des Ministers des Jnnern Asquith, der am legten Sonnabend nah der Hauptstadt zurückkehrte, sind noch alle Minister von London abwesend. Herr Asquith wird sih nächster Tage als dienstthuender Minister nah Bal- moral zu der Königin begeben, um den Earl of Nosebery ab- zulösen. Der Premier-Minister Gladstone weilt noch in

Barmouth in Wales, wo er dem Vernehmen nach vierzehn Tage zu bleiben gedenkt. h

Der neue irche Ober-Secretär John Morley will das Beispiel seines Vorgängers Balfour befolgen und zu Wagen die übervölkerten Grafschaften Connemara und Donegal in Jrland bereisen. Wahrscheinlih wird, wie die „Alg. Corr.“ schreibt, die Noth im kommenden Winter in diesen Grafschaften wieder groß werden. Sollten Nothbauten er- forderlih sein, so sollen solche in umfassendem Maßstabe unternommen werden. Der Premier-Minister Gladstone hat schon seine Zustimmung dazu gegeben.

Rußland und Polen.

Ueber die beiden neuernannten Minister Witte und Kriwoscheïn bringt die „St. Pet. Ztg.“ nachstehende biographische Notizen : l

Der neuéë Finanz-Minister, Wirkliche Staatsrath S. I. Witte, heute ca. 46 Jahre alt, entstammt einer Familie, die mit russischer Literatur stets Fühlung hatte. Er ist ein Neffe des bekannten Scthriftstellers, Generals R. Fadejew. Aus Odessa gebürtig, studirte er auch dort Mathematik, beendete den Cursus glänzend und trat dann in seiner Heimathstadt in den Staatsdienst, in dem er bis 1877 verblieb. Dann trat er in den Dienst der Gesellshaft der Südwestbahnen, in dem er innerhalb zwölf Jahre die lange Stufenleiter vom Buchhalter- und Stationschefs- Gehilfen bis zum Director der Bahnen zurücklegte. Dann berief ibn der Finanz-Minister an die Spiße des neubegründeten Eisenbabn- Departements, das Witte selbs erst eigentlich organisiren mußte. Gleichzeitig wurde er Fe des Tarifcomités und Mit- glied des Conseils des Communications-Ministeriuums (als Ver- treter des Finanzressorts). Der Titular-Rath a. D. wurde sofort zum irflihen Staatsrath ernannt und 1890 wurde ihm der Stanislaus - Orden erster Klasse verliehen. Er ist außerdem im Besiß vieler ausländisher Orden. Auf dem Gebiet der Eisenbahn-Verwaltungspolitik batte sfih S. I. Witte bereits in den achtziger Jahren in hervorragender Weise nüßlich gemaht: er war thâtiger Mitarbeiter in der bekannten Baranow*’|hen Commission und arbeitete später das Tarifgeseßs vom 8. März 1889 aus. Von seinen Schriften seien citirt: „Die Principien der Eisenbabntarife“, die shon die zweite Auflage erlebt haben, und eine russische Bear- beitung der Nationalökonomie von List. : |

Der Verkehrs-Minister, Wirkliche Staatsrath Ap. Konst. Kri- woscheïn trat, der „Now. Wr.“ zufolge, Anfang der funfziger Jahre in den Staatsdiers und zwar als Artillerie-Offizier. Er abfolvirte die Artillerie-Akademie und qauittirte dann 1856 den Militärdienst. Im Jahre 1861 trat er als Ge[chäftsführer in das Departement der Volksaufklärung und verließ fünf Jahre später den Staatédienst zum zweiten Male. Er reiste nah dem Süden, wo er 1871 zum Adelsmarschall des Rostow’shen Adels erwählt wurde, welde Stellung er bis Anfang 1886 heibebielt. Gleichzeitig war er thätiges Mit- lied der Landschaft und von 1874—1877 auch noch Stadthaupt von lostow a. D. Seinen verdienstvollen Communaldienst {loß er Ende 1885 ab, wo er als Kammerherr und Wirklicher Staatsrath dem Ministerium des Innern attachirt wurde. In dieser Eigenschaft hatte er Gelegenbeit, fich umfassend mit dem Eisenbahnwesen ver- traut zu machen, da das Ministerium ihn als seinen Vertreter in die zeitweilige Verwaltung der Kronsbahnen, in das Tarifcomité und verschiedene Eisenbahncommissicnen abcommandirte. Mitten in der für die russischen Wirthschaftsverhältnisse so fkritishen Zeit des Nothstandsjahres erfolgte dann seine Ernennung zum Director des Oekonomie-Departements des Ministeriums des Innern, wo er seit dem 21. November 1891 eine äußerst segensreihe Thätigkeit auf dem Gebiete des Verpflegungswesens, der Leitung der Selbstverwaltungs- Institutionen und der Statistik entwickelte. Von ihm ging auch die fruhtbare Idee aus, die Bauern ihre Darlehen aus dem Notbstands- jahre in natura zurüdckzahlen zu lassen.

Ftalien.

Der bisherige General-Secretär im Ministerium des Königlichen Hauses Urbano Ratazzi ist zum Minister und Leiter dieses Ministeriums, ohne Siß und Stimme im Ministerrath, ernannt worden. Er ist ein Neffe des bekannten verstorbenen Staatsmannes und Minister-Präsidenten gleichen

Namens. E : /

Nach langen und sorgfältigen Vorbereitungen haben die Behörden Siciliens nunmehr ihren Unterdrückungs- feldzug gegen die Briganten auf mehreren Punkten zu- gleih eroffnet. Der „Magdb. Ztg.“ wird darüber aus Rom geschrieben : i:

Von dem Festlande Italiens find 1600 Alpenjäger und berittene Carabinieri nach Sicilien gesandt und über das Innere der Insel vertheilt worden. Der breite Landstreifen von Catania über Castro- giovanni nah Trapani, der von den Briganten am ärgsten gefährdet wurde, wird gegenwärtig in feiner ganzen Ausdehnung von den Caxa- binieri abgesucht. Am Donnerstag traf eine Patrouille der leßteren bei Loreto, südlih von Palermo, auf das Lager der berübtigten „banda maurina“. Die Räuber waren acht Mann stark, während die Carabinieri nur vier Mann zählten. Der Anführer der leßteren forderte die Briganten auf, sih zu ergeben. Sie antworteten mit Flintenshüssen. Die Carabinieri machten jeßt auch von ihren Waffen Gebrau, und es entspann sich ein beftiges Feuergefeht, das etwa eine halbe Stunde währte. Von den Flintenshüssen herbeigerufen, famen andere Carabinieri ihren Kameraden zu Hilfe. Als die Räuber dies gewahr wurden, suchten sie ihr Heil in der Fluht. Gut be- ritten, wie sie waren, gelang es ihnen auch, den Wald von San Mauro zu erreichen und si vorläufig in Sicherheit zu bringen. Auf dem Kampfvlatz blieb, tödtlih verwundet, der Räuber Rinaldi Pla- cido zurück, eines der gefährlidsten Mitglieder der Bande, auf dessen Kovf ein Preis von 4000 Lire steht. Er starb nach wenigen Minuten. Außerdem erbcuteten die Carabinieri mehrere Flinten, eine große Menge Munition, aht Pferde, Proviant und 380 Lire in Banknoten. Der größere Theil dieser Sachen gehörte Räubern, die zur Zeit des Kampfes in dem Lager nicht anwesend waren. Die Verfolgung der flüchtigen Räuber wird von den zablreich herbeigeeilten Carabinieri und Alpen- jägern nahdrüdlich fortgeseßt. Ebenfalls am Donnerstag gelang es dem Prâäfecten von Catania unter Aufgebot einer zahlreihen Polizeimadt, in dem Städtchen Aderno am Südabhange des Aetna zehn andere Näuber festzunehmen. Man glaubt, in ihnen gefährliche Helfershelfer der „banda maurina“ unschädlich gemat zu haben. Freilich entfamen auch bier gerade die am eifrigften gesuhten Briganten. Des weiteren wurde am Freitag Nicosia, ein berüchtigtes Räubernest im Innern Siciliens, von 400 Soldaten umzingelt und fast ein Drittel der erwachsenen Manner verhaftet. In den Häusern des Ortes fand man große Mengen gestohlenen Gutes. Die Verhafteten werden außer einer Reibe von Diebstählen auch zweier Mordthaten beschuldigt. Das energishe und erfeclgreihe Auftreten der Behörden erweckt große Be- friedigung.

Aus Como wird demselben Blatt unter dem 17. d. M. berihtet: Die Prinzessin Friedrich Carl von Preußen, Königliche Hoheit, wohnt gegenwärtig in der Villa d’Este bei Cernobbio am Comer See. Aus Anlaß ihres Ge- burtstages, am 14. d. M., wurde ihr von den Bewohnern Cernobbios eine Huldigung bereitet. Früh Morgens brachte das Musikcorps des Städthens der Prinzessin ein Ständchen und spielte unter anderem eine Tarantella, welche die Prinzessin selbst componirt hat. Am Abend wurde auf Gemeindekosten das Seeufer vor der Villa d’Este prächtig illuminirt und auf dem See eine venetianishe Nacht ver- anstaltet.

Griechenland. A

Die griehische Regierung unterhandelt laut VeW nehmen des „W. T. B.“ auf neuen Grundlagen wegen einer Ausland-Änleihe im Betrage von 11/2 Millionen Pfund Sterling tes Rückkaufs der s{hwebenden Schuld und pro- visorisher Anleihen.

Serbien.

Aus Kragujewaß wird weiter gemeldet, daß dem König dort gestern ein glänzender Fackelzug dargebracht wurde. Die Bevölkerung begrüßt den Monarchen überall, wo er erscheint, mit sympathishen Kundgebungen.

Jn Belgrad tritt in der nächsten Woche die Com- mission zur Berathung über die Aufhebung des Taback- und Salz-Monopols zusammen. Wie die „Pol. Corr.“ meldet, hat diese Commission die AAGS, Mittel und Wege zur Aufhebung des Monopols unter vollständiger Sicherstellung der bisherigen Staatseinnahmen zu suchen, ferner den gegenwär- tigen Stand festzustellen und ein Gutachten darüber abzugeben, innerhalb welchen Zeitraumes die successive Liquidation durh- führbar sein würde. Endlich soll die Commission alle Staats- verpflihtungen feststellen sowie ein Gutachten erstatten über die Regelung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Staate und den durch das Monopol sichergestellten Staatsgläubigern unter Wahrung der von den leßteren erworbenen Rechte.

Amerika.

Aus Valparaiso wird dem „New York Herald“ telegraphirt : „Von Bolivia kommt die Nachricht, daß General Camacho nach Argentinien geflohen ist. Es sind Schriftstücke aufgefunden worden, welche beweisen, daß der General eine Revolution anzetteln wollte. Diese ist nur dadur vereitelt worden, daß die Hauptanhänger des Generals des Landes ver- wiesen wurden.“

Jn Costa Rica hat sich der Präsident Rodriguez zum Dictator proclamirt. Eine Depesche, die der „New-York Herald“ aus San Juan del Sur crhalten hat, berichtet fol- gendes Nähere über die dortigen Vorgänge: „Vor kurzem fam es zu einem Consflict zwishen der Executive und der Legislatur. Präsident Rodriguez war für Religionsunterricht in den öffentlihen Schuken, die Mehrheit des Con- gresses dagegen. Der Präsident löste darauf den Congreß auf und schrieb Neuwahlen aus. Er vertheidigte sein Vor: gehen in ciner Proclamation an das Volk Costa Nica’s und hatte dabei die Unterstüßung der Geistlichkeit und der unteren Klassen. Am legten Dienstag (13.) proclamirte sich Präsident Nodriguez zum Dictator und hob die Verfassung auf.“

__ Aus Honduras in New-Orleans eingetroffene Nach- richten des „R. B.“ melden, daß der Jnsurgentenführer Gencral Nucilla am 2. August gefangen genommen und nah dem Urtheil des Kriegsgerichts, welhes ihn des Verraths für schuldig befand, in Truxillo erschossen wurde. Der Präsident der Republik, General Leista, hat das Urtheil be-

stätigt. Afrika.

_ Der von dem Amerikaner William Astor Chandler aus- gerüstete Zug zur Erforschung der Länder in dem nördlichen Theil der Gebiete der britishen oft- afrikanischen Gesellschaft bis nah Abessinien hin ist, dem „R. B.“ zufolge, am 16. d. M. von Sansibar nah dem Somaliland aufgebrochen. Der Zug wird erst den Tana- Fluß hinauf bis zum Berge Kenia und von dort nah dem Rudolph-See gehen.

Ausftralien. Aus Honolulu wird dem „R. B.“ über San Francisco emeldet, daß das Ministerium von Hawaii am 30. August infolge cines Mißtrauensvotums abgedankt und die Königin Liliuokalani die Führer der Opposition ersucht hat, ein neues Cabinet zu bilden.

Nr. 17 des „Archivs für Post und Telegraphie“ (Beibest zum Amtsblatt des Reichs-Postamts, herauégegeben im Auftrage des Reichs-Postamts) hat folgenden Inhalt: I. Actenstücke und Aufsäße: Das Posft- und Telegrapbeitbefen in den Colonien Neu-Südwalet, Neuseeland und Queensland. Die amerikanishe Expedition na Nord-Asien in den Jahren 1865 bis 1867 zur Herstellung einer telegrapbls@hen Ueberlandverbindung zwischen der Alten und Neuen Welt. Posftunterhandlungen zwischen Kursahsen und dem Hause Thurn und Taris ausgangs des 17. Jahrhunderts. IL. Kleine Mit- theilungen: Ein Beweis für die allgemeinste Form der Wheatstone?schen Brücke. Selbstthätiger Warnungsapparat bei Ueberschwemmungs- gefahr. Gasröhren aus Papier. Die Pariser Stadtbahn. Beschleunigung des Perfonenverkehrs in Amerika. IIL. Literatur des M brfebröwesend: Franz von Meinders. Ein brandenburgis{- vreußisher Staatsmann im siebzehnten Jahrhundert. Von Artbur Strecker. Leipzig, Verlag von Duncker und Humblot. 1892.

Nr. 38 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlihen Ar- beiten, vom 17. September, hat forgendes Inhalt: Russische Baukunst und Technik. (Fortseßung aus Nr. 35.) Die Mittel gegen Hochwasser- und Eiêgefahren. (Schluß.) Stoßverbindung der Breitfußschienen. Vermischtes: Galvanoplastisher Kupfer- niederschlag an Denkmälern. Liverpooler elektrishe Hochbahn. Zahl der Personenzüge auf den englihen Bahnen. Postbeförderung in England. Akustishes Verfahren zur Fernmeldung von Wasffer- ständen. Transcaspische Bahn. Bauthätigkeit in Chicago. Einführung der Stufenbahn. Die Eisenbahnen der Erde.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

__ Nach Art. 36 der Wechselordnung wird der Inhaber eines indossirten Wechsels dur eine zusammenhängende, bis auf ihn binuntergehende Reihe von Indossamenten als Eigenthümer des Wechsels legitimirt; das erste Indofsament muß demnach mit dem Namen des Remittenten, jedes folgende Indofsament mit dem Namen deéjenigen unterzeichnet sein, weltbäe das unmittelbar vorher- gehende Indossament als Indossatar benennt. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, I. Civilsenat, durch Urtheil vom 27. April 1892 ausgesprochen, daß gerine, die Identität nicht in Frage stellende Abweichungen in der Benennung der In- dofsatare unwesentlich sind und die Wirksamkeit des Wechsels sowie die Legitimation des Wechselinhabers nicht beeinträchtigen.

__— Das laute Ausrufen von Verwünshungen ‘und Be- eidigungen gegen Privatpersonen in der Kirche in einer Weise, welche eine Mißachtung der Heiligkeit des Ortes kundgiebt und geeignet ist, das religiöse Gefühl der Anwesenden zu verletzen, ift, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 1. Strafsenats vom 9. Mai 1892, als beschimpfender Unfug in der Kirche aus § 166 des Strafgeseßbuhs (Religionsvergehen) zu bestrafen, auch wenn der Thäter in gerechter Entrüstung gegen die von ihm angegriffenen Per- sonen eine Beschimpfung der Kirche niht beabsichtigt hte.

Kunft und Wissenschaft.

Die neue biologische Anstalt auf Pelgolank wird, wie man der „Köln. Ztg.“ s{reibt, nun bald ihre wisseshaftliche Thätigkeit beginnen können. Der Umbau des dafür angekauften Hauses. dürfte im Frgervärtigen Herbst beendigt scin. Es enthält die Arbeitsräume des Directors, dreier Assistenten, des Präparators und Arbeitstishe. für vier Forscher, die sich zeitweilig zum Studium der Fauna und Flora dort aufhalten. Auch eine Bibliothek is bereits angelegt, und man hofft durch die Unter- ftäpung der Haygenossen die Büchersammlung bald auf die er- otderlihe Höhe bringen zu können. Zur Beschaffun des Arbeits- material8 if ein besonderer Kutter zur Verfügung, ebenso sind die nothwendigen Fanggeräthe und Vorrihtungen zum Aufbewahren der Seethiere vorhanden. Zweck der Anstalt ist, Arbeitspläße für

oologen und Botaniker zu verschaffen, sowie lebende und conservirte

hiere an die e ledige 1a wo Institute des Binnenlandes, die solches wünschen, zu versenden. Außerdem hat die Anstalt die Aufgabe, mög- lis umfassende Untersuhungen über Fauna und Flora der Nordsee anzustellen und befonders die Erforshung der Lebensverhältnisse der nußbaren Seethiere als Grundlage für einen rationellen Betrieb der E ins Auge zu fassen. Director der Anstalt is Professor Fr. Heine.

In Düsseldorf befindet \sich im Privatbesiß ein Original- Pastellporträt der L RED Königin Marie Antoinette von Frankreich. Das Bild rührt her von der Hand einés der damals bedeutendsten Künstler, vermuthlich Halm, dem die Königin, damals noch junge Dauphine, perfönlih zu dem Porträt wiederholt gesessen bat. Die Dimensionen sind beinahe dreiviertel Lebensgröße. Die junge Dauphine steht neben ihrer bis in den Tod getreuen Begleiterin, der später während der Revolution so tragish endenden Madame Elisabeth, beides jugendliche Gestalten in der malerischen poN: Ludwig's XV. Im Hintergrund harrt ein Mohr; Marie

ntoinette hält ein kleines King Charles-Hiindeben auf dem Arme. Wie die „Düsseldorfer Zeitung“ mittheilt, ist der gegenwärtige Besißer gesonnen, dasselbe für 20 000 K zu verkaufen.

___— Der internationale Congreß zum Schutze des literarischen und künstlerischen Eigenthums in Mailand ist, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend Nachmittag im H pungs, saale des Municipiums in Anwesenheit der Vertreter der Behörden und zahlreicher ausländischer Theilnehmer eröffnet worden. In der gestrigen Sitzung gelangte ein Schreiben des Ministers des König- lichen Hauses Rattazzi zur Verlesung, in welchem er namens des Königs und der Königin für die von dem Congreß dargebrachte Huldigung dankt und die Wünsche der beiden Majestäten für den Frieden und die Verbrüderung der Völfer ausdrückt. Die Versamm- lung nahm diese Mittheilung mit Beifall auf. Der Congreß ge- nehmigte sodann eine Tagesordnung, wonach die Veräußerung eines Kunstwerks niht die Veräußerung des Rechtes der Reproduction in sih ließt.

Ueber den Fortgang der Neihs-Limes-Forschung liegen folgende Berichte vor: Aus Württemberg meldet der „St.-Y nz. . W.*: „Nachdem in der mit dem 3. September zu Ende gegangenen Woche die beiden Dirigenten der Reichs-Limes-Forshung. General- Lieutenant von Sarwey und Professor Hettner, die Ausgrabungen im Nöthenbachthal besichtigt Hatten, wurde theilweise in Anwesenheit des ersteren Herrn im Schießthal bei Gmünd weiter- egraben. Dort hatte Steimle vom Walddistrict Ortshalde bis zur

erlifofer Kapelle die Limeêsmauer zum e Theil nachgewiesen und, auf die Mauer basirend, im Thal selbs durch einen Probeschlitz zwei cihene Pfosten ca. 1,30 m unter der jeßigen Oberfläche des Thals gefunden. Da dieselben in der genauen Verlängerung der Mauer lagen, so konnte angenommen werden, daß sie zum Limes ge- hören, um so mehr, da fie ein hohes Alter zeigten. Ausgedehnte Grabungen, welche hegen der Tiefe der zu suchenden Objecte und wegen des ungemein schweren Bodens mehrere Tage in Anspruch nahmen, ergaben nun folgendes Resultat : Bei 7m Ausgrabung zeigte sich in der Verlän gerung der Limesmauer schräg durch das Thal gehend eine Reihe von Pfosten, theils aus eihenem, theils aus forhenem Holz bestehend. ie sind etwa mannêdick, die eichenen gut, die forhenen {chlecht erhalten, ja theilweise beinahe ganz abgefault und auf den gewachsenen Boden gestellt. Was noch von diesen Resteg erhalten is, mißt ungefähr 0,60 m Höbe, is unten mit der Hänbsügs abgesägt, oben abgefault. Daß hier von einer eau abgesehen werden muß, ist ein- leuhtend, denn Palissaden sind Ne und müßten eingerammt Jain sein. Daß aber die Anlage zum Limes gehört,

eweisen Richtung, Alter und die tiefe Lage unter dem jeßigen Niveau. Ohne jeßt {on ein entschiedenes Urtheil über den Zweck geben zu wollen, M wir doch nicht irre zu gehen, wenn wir die Behauptung aufstellen, daß wir es hier mit der Unterlage eines römischen Steges über das Schießthal zu thun haben. Noch im Anfang dieses Jahrhunderts war dieses Thal theils Sumpf, theils Weiher. Das Weiterführen der Mauer war also seinerzeit sehr s{wer. Eine Palissadirung war aber hier unnöthig, - weil der Sumpf son an und für sich ein Hinderniß bildete; dagegen mußte ein Uebergang geschaffen werden, um den Patrouillengang am Limes zu ermöglichen, und hierzu diente unserer n nach die ganze Anlage.“

Ueber die Ausgrabungen in Hessen schreibt man der „Köln. Ztg.“ : Dér Limes, d. i. der rômishe Grenzwall, hier zu Lande Pfahl- raten genannt, tritt ctwa 3 km nördlich von der ect e essishes Gebiet und zeigt ih dort als 2m hoher, 8 m breiter Wall mit vorliegendem, 5 m breitem, 60 cm tiefem Graben. Es ist dies ein Profil, wie es auf der ganzen Limesstrecke nur sehr selten und nte ausgeprägter vorkommt. Nachdem der Grenzwall von dem tiefen Einschnitt des Erlenbachthales aus die nördli vorliegende Höhe erreiht hat, strebt er, soviel wie möglih die Horizontale innehaltend, durch die bewaldeten Theile des Taunus vorwärts, bis er sich in der Nähe des Dörfchens Langenhain rasch abwärts ¿zu dem Flüßchen Usa senkt. An allen Punkten, wo der Limes eine alte Straße freuzt oder wo zwei Thäler an der Wasserscheide {ih nähern und Uebergänge über das Gebirge gewähren, an allen Punkten weiter, wo der mes, sich an die Berghänge \hmiegend, einen \o- enannten Knick macht, erheben sih entweder Castelle (Sperrforts) oder

hürme (Beobachtungsposten). Die größeren Castelle des Limes liegen in der Regel 6 bis 8 km auseinander. Auf der Strecke Saalburg-Langen- hain nähern sie sich bis auf 7 km Kapersburg und 6 km Burg zu Langenhain. Auf der kurzen Strecke Kapersburg. Langenhain erscheinen ¿wei kleinere Zwischencastelle, das Ockstädter Castell und die Kaiser- grube, und bezeugen, daß diese Strecke den römischen Eroberern einst besonders gefährdet ersheinen mußte. Hier begannen die Untersucbungen des Herrn Kofler aus Darmstadt, des Streckencommissars für Hessen, bei dem Okstädter Castell, das 1500 m von dem Castell Kapersburg entfernt liegt und einen Raum von etwa 40 m Linge und Breite ein- schließt. Es zei net si vor den andern Castellen dadur aus, daß es von keiner festen Mörtelmauer, sondern von einem Erdwall umgeben ift, der einen viereckigen und einen an der Limeslinie noch ungekannten sehseckigen Thurmbau einschließt. Etwa in der Mitte zwischen der

wischen- lei und

ell bei der Kaisergrube, einem Werk, in dem auf ilber gebaut wird. Bei Errichtung der Zechenhäuser vor etwa 30 Jahren wurden die Mauern des Castells ausgebrohen und als

perfburg und der Burg zu Langenhain liegt das zweite [

Ka cas Si

Baumaterial neu verwandt. Was übrig geblieben, wurde von der Forstbehörde dem Untergang geweiht, ausgebrohen und das Material zu Weg- und Kanalbauten benußt. Mit Schwierig- keit wurde aus den vorhandenen Resten die Länge und Breite auf 27:24 m bestimmt. Das Castell Kaifergrube zeichnet sich vor anderen N dadur aus, daß es nach der Pfahlgraben- scite hin mit einem

tgangen am 2. September und ergaben bereits einen Theil der Um- fassungsmauern eines größern Castells, brahten „au einige wichtige Fundstücke, wie das Fragment eines Inschriftensteins, Cohortenstempél, eine hübsche Gemme und andere Gegenstände, zu Tage. An den an- deren Orten wurden Lanzen, Pfeilspißen, Münzen u. \. w. und /das undstück einer Tuba gefunden. /

albkreisförmigen Shußwall umgeben ist, der dem ; Castellgraben vorliegt. Die Arbeiten e der Burg bei Langenhain-'

j |

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- errung

y Cholera.

Das Krankenhaus Moabit beherbergte, wie der „Nat.-Ztg.* mit-

getheilt wird, gestern fünf an asiatisher Cholera Erkrankte. Außer dem dreijährigen Kinde des Schiffers Woytkowski is auch noch dessen fünfzehnjähriger Sohn Ludwig erkrankt, und die bacterio- logische Untersuchung, die in diesem Falle schr mühsam war, ergab den Befund von Kommabacillen. Weiter befinden si im Krankenhaufe die drei aus Hamburg zugereisten, gestern im „N.- u. St..A.* erwähnten Cholerakranken. Der „Pester Lloyd“ würdigt, wie telegraphisch gemeldet wird, in seinem heutigen Leitartikel die großen Verdienste, die man sich in Berlin durch die energishen Abwehrmaßregeln gegen die Cholera erworben habe. Indem Berlin ohne jede mittel- alterlihe Absperrungsmaßregel \ih selbst gegen die Weiterverbreitung der Cholera \chüße, diene es dem ganzen Continent als wirksame Vertheidigungslinie und beweise damit, was eine mit Intelligenz aus- geführte Jsolirungs-Pflege vermöge.

Die Sammlung des Nothstand-Comités in Hamburg hat den Betrag von 1 055 000 erreiht. Außerdem sind noch beim Haupt-Comité und bei den Local-Comités große Mengen von Lebens-

mitteln und Kleidungsstücken eingeliefert. In. der gemishten Com- *

mission ist erwogen worden, ob es sih niht empfehle, die Wasser- leitung auf drei Tage gänzlich abzusperren, um sie zur Vernichtung aller pflanzlihen und thierischen Cckrankungsstoffe gründlich mit Kalk- mil zu desinfiziren. Indessen soll der Erfolg der Bohrung abessini- {her Brunnen und fkälteres Wetter abgewartet werden, um diese Maßregel zur Ausführung zu bringen.

Dem „Hamb. Corr.“ zufolge hat der Geheime Medizinal-Rath Professor Dr. Koch auf eine an ihn gerichtete Anfrage geantwortet, seiner Meinung na seien Briefe und Drucksachen für die Verschleppung der Cholera ungeeignet, er halte daher deren Beförderung für ungefährlich. ;

Aus Bremen wird der „Nat.-Z.“ geschrieben: Die Verwaltung des Norddeutschen Lloyd hat beschlossen, die Beförderung von Auswanderern nah den Vereinigten Staaten ein- zustellen. In New-York ist das Verbot erlassen, Auswanderer, die nah dem 15. September europäische Häfen verlassen, zu landen. Der Dampfer „München“, der am 17. d. M. mit Auswanderern nach New-York abgehen sollte, fährt daher nah Baltimore, und die nächsten Auswandererdampfer follen überhaupt ausfallen, da eine Ausdehnung des Verbots auf sämmtliche amerikanishen Häfen wahrscheinlich ist. Der Norddeutsche Lloyd folgt hiermit dem Beispiel der meisten übrigen Dampfergesellshaften, die bereits seit einiger Zeit die Be- förderung von Auswanderern eingestellt haben.

Die Bürgerschaft in Lübeck bewilligte gestern 40 000 (A für Maßregeln zur Abwehr der Cholera. Das dortige Hilfs-Comité zur Linderung des Nothstandes in Hamburg sandte gestern als erste Nate 18 000 Æ nah Hamburg ab.

Heute sind in Stettin vier neue Cholera-Erkrankungen amtlih gemeldet worden, darunter eine mit tödtlihem Ausgange.

Der Ober-Präsident von Schleswig-Holstein von Steinmann hat unter dem 18. d. M. folgende Bekannt- machung erlassen: „Durch das infolge der Cholera eingetretene Dantiederliegen des Verkehrs wird neben Faues auch die Arbeiter- Sens der s{chleswig-holsteinishen Nachbarorte, namentlich der Städte Altona und Wandsbeck, auf das härteste betroffen. Auch hier zeigen sih schon jeßt N othstände, welche einen um fo bedenkliherenCharakter annehmen müssen, je länger“ die Seuche in der Hansestadt andauert, auf welche die Bevölkerung der Nachbarorte mit ihrem Erwerbe zum besten Theil angewiesen is Jch mache hierauf mit dem Bemerken aufmerksam, daß es sih empfehlen wird, die in der Provinz fast aller Orten bereits begonnenen oder in Aussicht genommenen Haussamm- lungen der Gemeindebehörden von vorn herein auf die vorgenannten \hleswig-holsteinishen Ortschaften auszudehnen.“ .

In der Zeit vom 17. d. M., Nachmittags 5 Uhr, bis 19., Nach- mittags 5 Uhr, sind in Magdeburg weder Erkrankungen noch Sterbefälle an Cholera gemeldet worden. Bei dem am 16. d. M. unter choleraverdähtigen Erscheinungen verstorbenen Kinde hat die genaue Untersuchung Brechdurchfall als Todesursache ergeben.

Zu der Meldung, daß in der Stadt Weimar ein Cholera- Erkrankungsfall stattgefunden hat, ist zu bemerken, daß ein aus Ham- burg zugereister Bäkergeselle am 13. d. M. unmittelbar nah feiner Ankunft auf dem Bahnhof als choleraverdächhtig in die Isolirbaracke des Krankenhaufes gebracht und dort mit Anwendung aller Vorsichts- maßregeln behandelt worden ist. Er is bereits wiederhergestellt und seine Entlassung wird in den nächsten Tagen erfolgen. Der von Erfurt aemeldete Fall einer Cholera-Erkrankung hat sich als irrig herausgestellt. Nach Meldung der „Frkf. Ztg." aus Frankenthal ist dort in der Naht vom Sonntag zum Montag eine Person unter choleraverdähtigen Erscheinungen deftorben. :

Der Dampfer „Uranus “, der aus Hamburg kommend in Hull eintraf, wurde inspicirt und sodann in das Dock hineingelassen. Später zeigten sih bei einem deutshen Feuermann des Dampfers Cholerasymptome. Infolge dessen wurde der Dampfer unter Quarantäne gestellt. , i

Seit Sonntag Mittag sind in Notterdam drei néue Cholera- Grfkrankungen und ein Todesfall vorgekommen. Es befinden si jeßt sech8 Cholerakranke in Behandlung. In Bleskensgraaf sind 2/ Fälle von. asiatisher Cholera amtlich festgestellt. In Bo degrave vind Veere sind 2 verdächtige Todesfälle vorgekommen.

Wie amtlich festgestellt wurde, ist der in Berlikum gestorbene Milizsoldat der asiatischen Cholera erlegen. In Schiedam und in Wouw ist je eine Person an Cholera nostras gestorben. Je ein Fall bon Cholera nostras ift ferner in Groot-Ammers und in St. Michielsgestel vorgekommen. Aus Gröningen werden zwei choleraverdähti fie gemeldet. In Rosf um ist ein von Antwerpen eer Schi 8mann unter choleraartigen Erscheinungen heftig erfranft.

In St. Ouen sind gestern 7 Erkrankungen und 4 Todesfälle an [Cholera vorgekommen. : 2 / In Paris und im Weichbilde der Stadt kamen am Sonntag 29 Cholera-Erkrankungen und 15 Todesfälle vor. Aus Havre werden von demselben Tage 9 Erkrankungs- und 4 Todesfälle ge- meldet. S t j Gestern wurde in Krakau ein Cholera-Hospital eröffnet. Im ‘Lazarus-Hospital befanden sich am Sonntag 4 Cholerakranke, und ‘zwar sämmtlich im Zustande der Besserung. Gestern sind 3 ver- dâchtige Fälle hinzugekommen. Die Zeitungen melden, daß bis heute in Krakau 14 Personen an der Cholera erkrankt und 5 davon ge- storben seien. i | h S : Von Sonntag Mittag bis gestern Mittag wurden in St. | Petersburg amtlich gemeldet 44 Cholera-Erkrankungen und 11 Todesfälle. In der Stadt Ljublin erkrankten am (17. d. M. 100 Personen und starben 39, in Kiew er- |krankten am gleihen Tage 53 Personen und starben 9. ‘Im übrigen ist die Zahl der Cholerafälle in den Städten keine große. Von den Gouvernements sind besonders stark heimgesucht Sacátow, wo am 17. d. M. 760 Personen erkrankten und /372 starben, und Tambow, wo am 18. d. M. 586 Personen

{ erkrankten und 256 starben.

Ueber Choleragefahr und Absperrungsmaßregeln

wird weiter berichtet :

Dresden, 20. September. Die hiesigen Behörden haben eine Meldestelle eingerichtet, woselbst alle P ost-undPacketsendungen, die Ans choleraverseuchten Orten eintreffen, geöffnet und geprüft werden.

Der oberste Sanitätsrath in Wien spra in seiner Sißung am Sonnabend die Ueberzeugung aus, daß ungeachtet der in vieler Be- iehung günstigen sanitären Verhältnisse Wiens nihts zur wirk- Fame Bekämpfun einer etwaigen Cholera - Epidemie verabsäumt werden dürfe und bat den Minister des Innern

*

dringend, auf die Gemeinde Wien in entsprehender Weise einzuwirken.

Hospital âten mit Bedachtnahme. auf Absonderu era- verdächtigen vorgesorgt werden. Wegen der Einfuhr und Dur@- fuhr von Handelsartikeln aus holeraverdähtigen Ländern sei bei aller Strenge ge en die thatfächlih gesundheitsgefährlihen Artikel jede über- flüssige Schädigung der Handelsinteressen zu vermeiden. Endlich wurden sanitäre ‘oen em gge vie Ae y Wiederaufnahme der Elb- Dampfsciffahrt berathen. Sämmtliche klinishen Mr OfELLoren Oesterreichs, - die als Abtheilungs-Vorstände von ankenhäusern fungiren, find zur Nükkehr auf ihre Posten aufgefordert worden.

_ Czernowiß, 19. September. In der Bukowina sind in 312 Gemeinden Sanitätswehren errichtet worden.

New-York, 19. September. 700 Zwischendecks-Fahrgäste der

„Normannia* und der „Rug ia“ sind bei der Quarantäne-Station Sandy Hock gelandet worden.

Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent von Bayern hat, wie aus München gemeldet wird, die programmmäßige Ab- haltung des Okt oberfestes unter Anwendung sorgsamster sanitäts- polizeiliher Maßregeln genehmägt. e

Oesterreih-Ungarn.

Wegen des Ausbruchs der Cholera in Notterdam hat die Sec- behörde zu Triest für Provenienzen aus den niederländishen Häfen eine siebentägige Quarantäne angeordnet.

R Italien.

, Seit dem 11. September 1892 findet an den italienischen Grenz- stationen Porlezza, Chiasso, Ponte Tresa, Porte, Ceresio nah zuver- lässigen Mittheilungen die Deeinfection der Wäsche der Durchreifenden statt. Für deutsche Reisende dürfte es jetzt besonders angezeigt sein, sih mit Pässen oder Legitimationspapieren zu versehen, welche bei etwaigem Aufenthalt si E I möchten.

A N ortugal.

„Durch eine im „Diario do Governo“ vom 10. September 1892 veröffentlihte Verfügung des Königlih portugiesishen Ministeriums des Innern werden folgende Häfen für „von Cholera verseucht“

erklärt: 2 1) Sämmtliche deutshe Häfen an der Ostsee, 2) Swansea und Plymouth in England, 3) Oran in Algier.

Alle übrigen Häfen Algiers sind als der „Cholera verdächtig“ anzusehen.

i : Belgien.

Die Gesundheitscommission der Schelde hat angeordnet, daß alle Schiffe, welche aus einem Hafen Nordrußlands, Schweden-Norwegens, Dänemarks, Deutschlands, der Niederlande, Englands und Frankreichs kommen, sofern sie diesen Hafen nah dem 7. September ver- lassen haben, mit einem visirten Gesundheitspatent verseben sein müssen. Ferner müssen Schiffe ohne Unterschied ihrer Herkunft, welche vor ihrer Ankunft im Bestimmungshafen einen der vorgedahtck Häfen anlaufen, in jedem Falle ihr Gesundheitspatent in dem angêlä*enen Hafen visiren lassen.

Die Nichtbeöbachtung dieser Bestimmungen seitens eines belgischen oder fremden Schiffes hat zur Folge, daß dasselbe einer um mindestens fünf Tage verlängerten R unterworfen. wird.

N V Die Sanitätsbehörde zu Corfu hat seit dem 9.. September 1892

eine fünftägige Quarantäne gegen Provenienzen aus Frankrei,

Italien und Vesterreih-Ungarn angeordnet.

/ Griechenland.

Vom 12./24. August 1892 ab i} allen aus Havre kommenden Dampf- und Segelschiffen elftägige Quarantäne auferlegt, welche im Lazareth von Delos oder dem von Corfu (Gouvino) abzuhalten ift.

i Rumänien. _ Busolge Beschlusses „der General-Direction des rumänischen Sanitätsdienstes is die Einfuhr nachstehend bezeichneter Gegenstände aus Deutschland, Belgien und Oesterreih-Ungarn in das Königreich t A a E n: G

a. Uls Handelsartikel eingeführte, gebrauhte, nit gewaschene Leib- und I , E 9 n E

b, gebrauchte Kleidungsstücke, Lumpen und Stoffabfälle aller Art, Papierabfälle,

c. rohe Hâute, ungewashene Wolle und Watte,

d. Milch, Butter, Käse und frisches Obst.

/ Bulgarien. An der bulgarischen Grenze is in Zaribrod jeßt eine drei- tägige Quarantäne eingeführt. (Vgl. „Reichs-Anzeiger“ Nr. 216 und 218 vom 13. und 15. September 1892.) Postpackete, welhe aus holeraverdächtigen Ländern in Bulgarien eintreffen, werden zurück-

geschickt. 1 Dänemark.

__ Durch eine sofort in Kraft getretene Bekanntmachung des König- lih dänischen Justiz-Ministeriuums vom 13. September 1892 ist der Eintritt nach Dänemark auf dem Landwege über die Orte Taps, Vamdrup, Foldingbro, Obbekjaer, Egebaek und Vedsted bis auf weiteres solchen Perfonen gestattet worden, welhe durch ein höchstens 12 Stun- den vor ihrer Ankunft an der dâänishen Grenze ausgestelltes Zeugniß des betreffenden Gemeindevorstehers oder der Ortsbehörde nahweisen, daß sie sich während der leßten 5 Tage an ein und demselben Orte von Schleswig-Holstein in einer Gemeinde aufgehalten haben, die niht südlicher, als die Linie Flensburg—Tondern belegen ist, und daß in dem Orte choleraähnlihe Fälle niht vorgekommen sind.

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

Frau Johanna Schwarß, früher Mitglied unserer König- lihen Bühne, trat gestern Abend, nachdem sie lange Zeit wegen Krankheit ihre künstlerishe Thätigkeit hatte aufgeben müssen, in der Rolle der Iphigenie“ als Gast des Deutschen Theaters auf. So wenig Goethe?s Iphigenie mit ihrem zarten Empfindungsleben und ihrem modernen fit ichen Bewußtsein der griechischen Königstochter aus dem fürchterlihen Geschlecht des Tantalus gleiht, so wenig trat in dem Spiel der Künstlerin die hoheitsvolle, in herber Jungfräulichkeit gereifte Priesterin Dianens in der rühren- den Leidensgestalt des heimathlosen, verbannten Weibes hervor. Ein \{merzliher Ausdruck ihres Antlißes kündete {hon bei dem ersten Erscheinen die duldende Seele, die weiche weiblihe Hingebung an; diese Iphigenie war die echte Verkörperung der Worte, die Arkas in mildem Vorwurf zu ihr spriht: „Noch bedeckt der Gram geheimniß- voll dein Innerstes. Vergebens harren wir {hon Jahre lan auf ein vertrauliz Wort aus deiner Brust. So lang ih di an dieser Stätte kenne, ist dies der Blick, vor dem ih schaudere.“ Sie glich einer Dulderin, in deren Seele ein erhabener und unaus- lôöschlicher Shmerz wohnt; wenn diese Auffassung auch niht ganz die Vorstellung von der jungfräulichen, königlichen Priesterin der strengen Diana ausfüllt, so besaß die Priestern doch so viel weihevolle Größe und trauervolles Leid, daß sie die Herzen der Zuschauer in Wehmuth \{chmelzen ließ. Ihrem duldenden, leidenschaftslosen Schmerz, der l bei der Nach- riht von Klytämnestra’'s Ende in höchster Ergriffenheit kund gab, entsprach die milde verhaltene Freude beim Wiederfinden des geliebten Bruders. Der Wohllaut des Organs der Darstellerin tam der Schönheit und Klarheit der Goethe’shen Sprache vorzüglich zu statten. Beim Anruf der Götter, beim Vortrag des Parzenliedes flossen die Worte gleih flingender Harmonie von den Lippen der Künstlerin. Die zweite ershütternde E des Abends bot Iosef Kainz als Orest. Der ersten Wirkung stand seine seltsame, wenig ansprehende Maske im Wege. Die shwarze Melancholie wohnte in seinem Auge, spielte in irrem Lis bos um seinen Mund; die Erinnyen schienen diesem Orest das Lebensmark aufgesogen zu haben, kein Moment gemahnte

on jeßt müsse für geeignet isolirte und zweckmäßig eingerichtete ctt | Ab dia der Cho

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