1892 / 225 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Sep 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Dem Regierungs-Affsessor Bosse is die commissarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Minden übertragen worden.

Zar Hilfeleistung in den landräthlihen Geschäften sind bis auf weiteres zugetheilt worden: der Regierungs-Assessor Hassensteim dem Landrath des Kreises Ragnit, Regierungs- bezirk Gumbinnen; der Regierungs-Affsessor von Hohen- hausen dem Landrath des Kreises Memel, Regierungsbezirk Königsberg; der Regierungs-Assessor Caesar dem Landrath des Kreises Johannisburg, Regierungsbezirk Gumbinnen.

S. M. Kreuzer „Habicht, Commandant _ _Corvetten- Capitän Heßner, ist am 21. September in_ Sierra Leone angekommen und beabsichtigt, am 26. nach St. Vincent Cap Verdishe Jnseln in See zu gehen.

Dem Kaiserlihen Gesundheitsamt vom 22. bis 93. September, Mittags, gemeldete Cholera-Erkrankungs- und Todesfälle:

Datum:

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Staat und M,

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Hamburg. Hamburg.

Preußen. Schleswig. | Altona. Stade. Neuenfelde. Magdeburg. | Magdeburg. S Berlin. Berlin. 7|

Die für Berlin gemeldeten Fälle sind einer am 22. d. M. früh 7 Uhr abgeshlo}senen Liste des städtishen Krankenhauses

Moabit entnommen. Jnsgesammt sind bis dahin 22 Kranke

aufgenommen, davon 10 gestorben, außerdem sind zwei als

Leichen eingeliefert worden.

Vereinzelte Erkrankungen:

Regierungsbezirk Schleswig: in Stadt Wandsbeck 1 Todesfall. : / j

Regierungsbezirk Lüneburg: in 2 Orten des Kreises Dannenberg 2 Todesfälle. s

Regierungsbezirk Stade: in 5 Orten der Kreise Achim, Jork, Neuhaus a. O. und Stade 4 Erkrankungen, 2 Todesfälle. |

Regierungsbezirk Potsdam: in Eberswalde 1 Er- krankung. . i /

Regierungsbezirk Stettin: in Ueckermünde und in 1 Ort des Kreises Randow je 1 Todesfall.

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Kiel, 22. September. S. M. Panzerschiff „Württem- berg“, das, wie gemeldet, mit S. M. Panzerschiff „Friedrich Carl“ cine Collision gehabt hat, ist, wie die „Kiel. Ztg.“ meldet, von S. M. Panzerschiff „Deutschland“ bugfirt, heute Nachmittag hier eingetroffen und sofort in das Werftbassin gegangen. S. M. Panzerschiff „Deutschland“ machte bei dem früher eingetroffenen „Friedrih Carl“ auf dem Strome fest. Leßteres Schiff wird an dem Manöver nicht mehr theilnehmen. Der Contre-Admiral Karcher hat seine Flagge auf den „Kronprinz“ geseßt.

Sachsen.

Dresden, 22. September. Seine Königlihe Hoheit der Prinz Friedrih August wird sich heute Nachmittag nach Lindau zum Besuche der Großherzoglich Toskana"schen Herrschaften begeben. Die Rückkehr Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen und Jhrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Prinzessin Friedrih August erfolgt voraussichtlich am 1. Oktober. Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Mathilde ist heute früh aus der Schweiz zurügekehrt und hat sih in die Prinzliche Villa zu Hosterwiß begeben.

Das „Dr. J.“ veröffentliht eine Bekanntmachung des Ministeriums des Jnnern, wodurch unter Zustimmung des Reichskanzlers die Einfuhr lebender Schweine aus den Mastanstalten Steinbruch, Bieliß-Biala und Wiener - Neustadt nah dem Schlachthofe zu Großenhain gestattet wird.

Baden,

Karlsruhe, 22. September. Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin beabsichtigen der „Karlsr. Ztg.“ zufolge morgen nach Donaueschingen zum Besuch der Fürstlih Fürstenbergishen Herrschaften zu reisen. Von dort begiebt sich Jhre Königliche Hoheit die Groß- herzogin Nachmittags nach Karlsruhe, während Seine Königliche Hoheit der Großherzog nach Straßburg reist, um am 24. in der Gegend von Wasselnheim einem Divisionsmanöver der 30. Division gegen einen markirten Feind anzuwohnen. Am Abend dieses Tages fährt der Groß-

erzog nah Karlsruhe und verweilt dort den 25. und 2%. m 25. erwarten die Großherzoglichen Herrschaften den Besuch Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs von York, der seit einiger Zeit in Heidelberg verweilt. Am 27. begeben sich die Höchsten Herrschaften nah Schloß Mainau zurück. Höchst- dieselben gedenken bis etwa zum 5. Oktober dort zu verweilen und dann zur Feier der goldenen Hochzeit Jhrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin von Sachsen nah Weimar zu reisen. Nach Höchstihrer Rückehr aus Weimar werden die Großherzoglihen Herrschaften Schloß Baden beziehen. Mecklenburg-Schwerin.

Schwerin, 22. September. Jhre E die Prin- zessin Heinrih XVIIl. Reuß, Tochter Jhrer Königlichen Hoheit der verwittweten Herzogin Alexandrine von Mecklen- burg-Schwerin, geborenen Prinzessin von Preußen, ist, wie die „Medckl. Nachr.“ melden, in der vergangenen Nacht von einem Prinzen glücklih entbunden worden.

Mecklenburg-Strelitz. Neustreliß, 22. September. Seine ide Hoheit der Großherzog ift von seinem Kuraufenthalt in Hom-

Brauuschweig.

Braunschweig, 22. September. Seine Königliche

oheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des aa E begiebt sih am 23. ö. M. Abends zu mehrtägigem Aufenthalt von Kamenz nach Schloß

ummelshain in Sachsen-Altenburg, wo Jhre Königliche Buri die Prinzessin Albrecht, wie bereits gemeldet, seit dem 15. d. M. verweilt. ; Sachsen-Coburg-Gotha.

Coburg, 22. September. Seine S Ns Hoheit der Herzog von Edinburg ist nah der „Cob. Ztg.“ heute von hier abgereist, um sich nach England zurüc{zubegeben.

; Schwarzburg-Rudolftadt. i Schwarzburg, 22. September. Jhre Durchlaucht die Be + hatte lie eine gute Nacht, doch bestehen die emperaturshwankungen fort.

Oefterreich-Ungarn.

In Prag hat am 20. d. M. eine Versammlung von Dele- girten der Großgrundbesißer, der Altczehen und der Jungczechen stattgefunden, in der der Antrag der leßteren auf Einbringung einer Adresse behufs Bea der böh- mischen staatsrechtlichen Jdee zur Berathung stand. Von jungczehisher Seite wurde dabei darauf ge- drungen, daß diese Adresse folgende vier Forderungen enthalten müsse: Die Durchführung des Staatsrechts sowie der jsprahlihen Gleichberehtigung, Schuß , der nationalen Minoritäten und Einjtellunog der Ab- renzungsarbeiten. Der Bürgermeister Solc erklärte eine jolhe Adresse für aussichtslos und der nationalen Sache \hädlih. Fürst Windischgräßt hielt eine gemeinsame Adresse für niht möglich. Sein Standpunkt sei der der Wiener Punctationen und der gegenwärtigen Verfassungsgefeße. Seine Néede, meinen die „Narodni LU habe die Unvereinbarkeit mit den jungczechischen Bestrebungen dargethan: ebenso habe Prinz Karl Schwarzen- berg den Standpunkt der Wiener Punctationen eingenommen und bezüglih der E Aci und des Minoritäten- shußes auf die betreffenden Ausgleichspunkte verwiesen. Die Parteien, die sich bisher vom Ausgleih nicht losgesagt hätten, könnten sich nicht gegen denselben erklären. Eine staatsrehtliche Adresse Sv sich nicht, da nicht ein- mal bezüglich der Definition des Staatsrehts Klarheit unter den staatsrechtliheu Parteien herrshe und hierüber erst ine Einigung unter ihnen A e müsse, die Durch- führung des Staatsrehts überdies die Mitwirkung der Deutschen erheishen würde. Mit der Lösung der |taats- rechtlihen Frage zu eilen, sei nicht nöthig. Die Zeit der Losung werde kommen; die wirthschaftlichen Verhält: nisse würden dazu führen. Julius Gregr erklärte darauf eine weitere Debatte für überflüssig, da unvereinbare Gegensäße vorhanden seien. Engel stellte sodann einen Antrag auf Beantwortung des Einberufungspatents durch eine Adresse, zu deren Berathung der Landtag eine eigene Com- mission einsezen solle. Beide Anträge gingen an die Clubs zur Erledigung bis Freitag zurück, damit die Jungczehen noch in diesem Sessionsabschnitt ihren separaten Adreßantrag stellen und vor der Oeffentlichkeit über den Verlauf der Angelegenheit Rechenschaft ablegen könnten. i E

Jn Brünn haben nach der „Nat.-Ztg.“ die mährischen Czechen einen Antrag des Abg. Zaczek auf Einberufung einer Versammlung aller czehischen Reichsraths- und Landtags-Abgeordneten von Böhmen, Mähren und Schlesien angenommen. Die Abgeordneten des czehischen Volkes und namentlih auch des conservativen czehishen Adels werden darin aufgefordert, unverzüglich zu einer gemeinschaft- lichen Berathung darüber zusammenzutreten: „Was joll geschehen, und welche Wege sollen eingeshlagen werden, damit gegenüber den drohenden Gefahren und dem offenen Vorstoße der natio- nalen Gegner ein einheitlihes Auftreten des ganzen czechischen Volks erzielt werde ?“ 2 :

Der \chlesishe Landtag hat sih vorgestern E

Die italienishen Landgemeinden Tirols haben sämmtlihe früheren Landtags - Abgeordneten wiedergewählt, ausgenommen den Abg. Salvadori, an dessen Stelle Parolini gewählt wurde. Unter den Gewählten sind sechs Katholisch- Conservative und zwei Liberale. Alle sind Anhänger der Abstinenzpolitik.

Großbritannien und Frland.

Der Herzog von York, der zur Zeit in Heidelberg unter Leitung des Professors Jhne seinen Studien obliegt, soll, wie die „Köln. Ztg.“ vernimmt, nah seiner Rückehr nah England das Commando der Königlichen Yacht „Osborne“ übernehmen. :

Bei der gestrigen Parlamentswahl in Leeds wurde an Stelle des bisherigen liberalen Deputirten Sir Lyon Plaifair, welher in den Pairsstand erhoben ist, mit einer Majorität von 948 Stimmen der liberale Candidat Walton gewählt. L

Nach der „Cigar and Tobacco World“ steigert sih die Einnahme, welche Großbritannien aus dem Taba zieht, sehr shnel. Jm leßten, mit dem 31. März d. J. abgelaufenen Jahre ergab der Tabacfzoll die Summe von 10135 666 Pfd. St., und in den legten zwei Jahren hat er eine Mehr- einnahme von fast 1 000 000 Pfd. St. ergeben, hauptsächlich E des gesteigerten Verbrauhs von westamerikanishem Taba.

: Frankreich.

Bei der gestrigen Jahrhundert-Feier der Republik im Panthéon sprach außer dem Minister - Präsidenten Loubet und dem Präsidenten der Deputirtenkammer F[lo- quet, deren Reden gestern bereits in telegraphishem Auszuge mitgetheilt worden sind, noch der Erste Vice - Präsident des Senats Challemel-Lacour, der auf die Nothwendigkeit der Einrichtung der Republik im Jahre 1792 hinwies und hinzufügte , die gegenwärtige socialistishe Bewegung lege heute der Regierung verdoppelte Wachsamkeit und ernste Verpflichtungen auf. Bei der Abfahrt aus dem Panthéon wurden der Präsident Carnot, die Minister und der Präsident der Deputirtenkammer Floquet von a es Volksmenge mit lebhaften Zurufen begrüßt.

Nach Beendigung der Feier im Panthéon seßten sich die

burg v. d. Höhe beute hierher zurückgekehrt.

beiden ften de über deren Zusammensezung wir nah dem

aufgestellten Programm in Nr. 223 d. Bl. berichtet haben

und von denen der eine auf dem rechten Seine-Ufer von der lace de la Cóncorde über die inneren Boulevards bis zur astille, der andere vom Jnvalidenplag über die Boulevards des linken Seine-Ufers ebendorthin ging, in Bewegung. Beide nahmen einen ungestörten Verlauf. AufdenBoulevards war eineso dichte Menschenmenge, daß bei dem häufig entstchenden Ge- dräânge nah den heutigen Morgenblättern zwei Personen etödtet und mehrere andere leiht verleßt wurden. Den Schluß der Feier bildeten am Abend glänzende Jlluminationen und zahlreich besuchte Ballfestlichkeiten. Auf den Boulevards bewegte sich bis zum späten Abend eine dichte Volksmenge. Die Stimmung der Bevölkerung war, wie „W. T. B.“ meldet, eine enthusiastishe. Jn den größeren Provinzial- städten fanden gestern gleihfalls Festlichkeiten statt.

Die Kammern werden, wie „H. T. B.“ erfährt, nächstens über eine Geseßvorlage berathen, nah welcher zwishen Fran k- reih und Belgien eine Zone von 2 km Breite ge- schaffen werden soll. Alle auf den in dieser Zone gelegenen Ländereien gezogenen Producte sollen zollfrei nach Frankreich eingeführt werden dürfen.

Rußland und Polen.

In Gegenwart des General - Admirals Großfürsten Alexis hat vor einigen Tagen, wie die „St. Pet. Ztg.“ meldet, auf der Admiralitäts - Werft in Nikolajew die Kiellegung des neuen mähtigen Panzerschiffs „Tri Sswzjatitelja“ stattgefunden. Das Schif ist für die Flotte des Shwarzen Meeres bestimmt und wird seinen Dimensionen nah (12480 t) alle übrigen Panzer- schiffe dieser Flotte übertreffen. Die Dimensionen des neuen Panzerkolosscs find folgende: die Länge mit dem Sporn beträgt 337 Fuß, die größte Breite mit der Panzerung 73 Fuß und der mittlere Tiestana 27 Fuß. Sämmtliche Theile des Rumpfes werden aus Stahl der Brjansker Fabrik hergestellt, während der Steuerrahmen und die Steuerhafen aus England bezogen werden. Das Panzerschiff erhält zwei Kasematten, eine obere und eine untere, von denen die leßtere eine Panzerung von 16 Zoll Dicke und die erstere eine fsolhe von 5 Zoll erhält. Beide Thürme, die je zwei 12zöllige weittragende Geschüße enthalten, werden dur 16zöllige Panzerplatten geshüßt und sind mit drehbaren Panzerkuppeln gedeckt. Der- eine Maft, aus Stahl, mit einem Aufstieg innerhalb, erhält einen Mast- forb zur Aufstellung der Laternen für die elektrishe Beleuch- tung und der Schnellfeuer-Geshüße. Die beiden Maschinen für das neue Panzerschiff werden in England in der Fabrik von Humphreys hergestelt und müssen 10 600 Pferdekräfte entwickeln. Die Zahl der Kessel beträgt 14. Der neue Koloß ist das sechste Panzerschiff auf dem Schwarzen Meere.

Italien.

Einer der „Pol. Corr.“ aus Rom zugehenden Meldung zufolge wird der Ministerrath am 24. oder 2. d. M. zur Feststellung des definitiven Budgets für das Finanzjahr 1892/93 und des provisorischen Budgets für 1893/94 zusammen- treten, um auf Grund der Ergebnisse derselben den finanziellen Theil des Berichts redigiren zu können, welcher den Königlichen Dekreten über die Auflösung der Kammer und die Ausschreibung der Neuwahlen beigefügt werden wird. Nach einer weiteren Meldung beabsichtigen die verschiedenen Pa rteiführer, wie Crispi, Nicotera, Rudini, allem Anschein nah nicht große Wahlreden zu halten, sondern dürften sich darauf beschränken, an ihre Wähler Schreiben zu richten; überhaupt überwiegt die Annahme, daß, mit Ausnahme von einigen heißumstrittenen Wahlbezirken, die Wahlbewegung im allgemeinen keinen sehr lebhaften Charakter annehmen werde. : :

Die Wahl des Jesuiten-Generals wird, wie das „D. B. H.“ erfährt, zu Loyola in Spanien stattfinden. Die meisten Aussichten soll der spanishe Pater Martin haben.

Spanien.

Dex Ministerrath hat sih, wie man der „Köln. Zig.“ schreibt, kürzlih mit der Frage beschäftigt, welher Tag ein- für allemal zum Landesfesttag zur Erinnerung an die Entdeckung Amerikas bestimmt werden soll: der 12. Ok- tober, also das thatsählihe Datum der Entdeckung, oder der 21. desselben Monats, der nach der Einführung des gregorianischen Kalenders an die Stelle jenes Datums geseßt werden könnte. Die Vereinigten Staaten allein haben den 21. Oftober erwählt, die spanishe Regierung scheine si indeß für den 12. entscheiden zu wollen. Wie die „Epoca“ erfährt, hat der Minister-Präsident dem Ministerrath mit- getheilt, daß die Königin-Regentin mit dem König am 20. Oktober in Madrid zur Theilnahme an den dortigen Festlichkeiten einzutreffen gedenken, worauf dann am 21. die Eröffnung der geshihtlihen sowie der Kunst- ausfstellung stattfinden werde. Zu der Feierlichkeit, die am 12. Oftober im Anschluß an den Amerikanisten-Congreß in Huelva stattfinden soll, werde auch der König mit seinen Schwestern, den Jnfantinnen reisen, jedoch werde die Königin- Regentin hierüber noch das Nähere bestimmen, da sih wegen der von Cadiz nah Huelva geplanten Seereise auf dem nicht umfangreichen Kriegsschiff „Conde de Venadito“ Schwierig- keiten bieten.

Niederlande.

Das niederländishe Budget für 1893 is den Kammern zugegangen. Die Einnahmen sind, abgesehen von den bereits von den Kammern in Berathung genommenen neuen Auflagen, auf 128 Millionen, die Ausgaben auf 1318/4 Millionen Gulden veranschlagt. Von leßteren sind 5 Millionen für den Bau von Eisenbahnen und Kanälen be- stimmt, für Marineausrüstung werden 11/2 Millionen ver- langt. Das eventuelle Deficit von 38/14 Millionen soll dur Aufnahme einer s{hwebenden Schuld gedeckt werden.

Türkei,

Gegenüber dem Gerücht von der zwangsweisen Beförde- rung einer größeren Anzahl von Softas nah Yemen wird der „Agence de Constantinople“ von competenter Seite nah- stehendes mitgetheilt : S

Eine vom Sultan angeordnete Untersuhung aus daß viele Studirende der Theologie, welhe zur Ablegung von Prüfungen nah Konstantinopel gekommen und in Gast- und Kaffeehäu)ern wohnten, dem Elend preisgegeben waren. Da sie die gedachten Prüfungen erst in einem Jahre ablegen können, fowie mit Rücksicht auf die gegenwärtige Choleragefahr konnte eine Ueberfüllung der Gast- und Kaffeehäuser durch dort wohnende Studirende niht g(- stattet werden. Um die Studenten vor Elend di bewahren und es thnen zu ermöglichen, ihre Studien an den heimischen Hochschulen ¿1 beenden, wurden sie auf Befehl des Sultans von den diesjährigen Prüfungen befreit ; ferner wurde ihnen Reisegeld verabreicht it ebenso wurden ihnen Schiffe zur Heimreise zur Verfügung gestellt.

Am 15. d. M. verstarb zu Konstantinopel im Alter von

90 Jahren der älteste hall des türfishen Reichs und

General-Adjutant des Sultans, Mehecemed Namyk Pascha.

An dem Leichenbegängniß, das auf Kosten der Privatschatulle

des Sultans stattfand, nahmen auch der Minister des Aus-

a Said Pascha und der Justiz-Minister Riza Pascha eil.

Amerika.

Nach weiteren Meldungen des „Reuter’shen Bureaus“ aus Buenos-Aires vom 22. d. M. beträgt die Zahl der, wie schon geftern gemeldet, wegen Theilnahme an einer Ver- \{chwoörung verhafteten Offiziere etwa 30. Sie gehören den unteren Offiziersgraden von drei verschiedenen Regimentern an. Die Regierung von Argentinien hat umfassènde Vor- sihtsmaßregeln getroffen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten : ie Mann starke Garnison hat außerhalb der Stadt ein Lager bezogen.

Afrika.

Aus Marokko wird den „Daily News“ über Madrid berichtet, daß der Sultan die aufständischen Angheras zur Zahlung von 6000 Pfd. Sterl. Tribut und zur Stellung eines Contingents von 500 Mann vermocht habe. Ferner hâtten sie sich verpflichtet, den vom Sultan ernannten neuen Kaid anzunehmen. El Hamam, der Führer des Aufstandes, sei von der Amnestie ausgeschlossen und nah Algier geflohen.

Am 30. September wird von England eine Expedition der britishen Südwest-Afrika-Gesellshaft nah der Walfisch-Bay abgehen. Die Expedition zählt zu Mitgliedern vier Ingenieure, welche die von der Küste nah Otavi zu er- bauende Eisenbahnlinte vermessen sollen, ferner sechs Bergbau- beamte zur Untersuhung der Bergwerke. Auch entsendet die Gesellschaft einen Sachverständigen, um über den Werth des vorhandenen Ackerbaulandes und über die allgemeinen Aus- sichten für den Handel zu berichten.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Cholera.

Auf der Cholerastation des Krankenhauses Moabit befanden si, nah cinem Bericht der „Nat.-Z.“, gestern 35 Männer und 23 Frauen, davon sind an der asiatishen Cholera erkrankt 8 Männer und 3 Frauen. Von Dienstag früh bis Mittwoch früh wurden 23, von Mittwoch früh bis gestern früh 13 choleraverdähtige Personen ein- geliefert. Die überwiegende Mehrzahl von ihnen stammt aus Schifferkreisen. So is die ganze Familie des mit seinem Kahne an der Schleuse bei Plövzensee ankernden Schiffers Michaelis nah Moabit gebracht worden, bestehend aus dem drei- unddreißigjährigen Manne, seiner dreißigjährigen Frau, einer fünfjährigen Tochter, einem vierjährigen und einem einjährigen Sohn. Die Tochter verstarb bereits auf dem Transport nah dem Kranken- hause, die Mutter am Mittwoch Nachmittag an der asiatischen Cholera, der Mann ist gleichfalls von derselben Krankheit ergriffen, während beide Söhne noch gesund sind. Der 22jährige Bootsmann des Michaelis, Geri cke, der sehr {wer an der afiatishen Cholera erfrankt war, ist ihr gestern Morgen erlegen. Der Schiffer Michaelis war aus Gließen a. O. bei Zehden zugereist und lag mit seinem Kahn seit dem 13. d. M. an der Schleuse des Berlin - Charlottenburger Verbindungskanals bei Plögensee. Er giebt an, niemals Stromwafser getrunken zu haben, fondern nur

asser aus dem Brunnen des S{hleusenmeisters zu Plötensee. Es liegt der dringende Verdacht vor, ‘daß die Michaelis’she Familie sich dur dieses, vermuthlich von anderen Schiffern inficirte Brunnen- wasser angesteckt hat. Ferner befindet sich im Moabiter Kranken- hause die Familie des Schiffers Dannenberg, bestehend aus dem neunundvierzigjährigen Vater, dem zwanzigjährigen Sohn Friedrich und dem sehzehnjährigen Sohn Albert. Der Vater und der sechzehnjährige Sohn sind an der asiatischen Cholera erkrankt, während der andere Sohn noch gesund ist. D. war mit seinem Kahn aus Schmergow bei Großkreuz ge- kommen und ankerte seit dem 16. d. M. im Landwehrkanal an der Thiergartenshleuse bei Charlottenburg. Endlih if auch der Schifféherr des cholerakranken Karsten, der Schiffer Ort- mann, mit seiner Familie von dem an der Monbijou- Insel liegenden Kahn nach Moabit gebraht worden. Bei seiner Frau und seinem dreijährigen Kinde ist die asiatishe Cholera fest- gestellt worden, das Kind ist bereits gestern früh um 4 Uhr ge- torben; er selbst ist gestern ebenfalls erkrankt, die bacteriologische Untersuhung ift eingeleitet. Ortmann fam aus Branden- burg und ist seit dem 16. d. M. in Berlin. Der siebzehnjährige Karsten liegt hoffnungslos darnieder, während es den älteren Cholerafranken, namentlich den Hamburgern, besser geht Die Familie des Schiffers Woytkowski ist, bis auf die zwei holerakranken Söhne, gestern als gesund aus der ärztlihen Beobachtung entlassen worden. Inéês- gesammt haben bis jeßt im Kranfkfenhause Moabit 215 Männer und 210 Frauen ' als choleraverdähtig Aufnahme gefunden, von denen 16 Männer und 7 Frauen an der asiatishen Cholera litten.

_Die Aufgabe der in Hamburg am 21. d. M. eingeseßten 25 Gesundheits-Commissionen besteht nah einer amtlichen Be- Aus des Senats darin. durch ihre Mitglieder die Verhält- nisse ihres Bezirks in gesundheitliher Beziehung zu überwachen und von fanitären Mängeln der Polizeibehörde zum Zweck der Abhilfe Mittheilung zu machen. Die einzelnen Mitglieder haben zu dem Zweck die ihnen zur Beaufsichtigung überwie}enen Wohnungen ihres Bezirks zu besichtigen und ist ihnen der Zutritt zu den Wohnungen nah Vorzeigung einer von der Polizeibehörde ausgestellten Legitimationskarte zu gestatten. Sie haben insbesondere darüber zu wachen, daß in jeder Wohnung, in welcher ein Cholerafall vorge- kommen ift, eine ausreihende Desinfection vorgenommen werde und, wo das etwa noch N Ie sein sollte, die polizeilihen Des- infectionsanstalten zur Vornahme der Desinfection zu reguiriren. Sie haben ferner darüber zu wachen, daß die angeordnete Desinfection und Reinigung der Wasserkasten ordnungs- mäßig ausgeführt und in Zwischenräumen von vicr Wochen wieder- holt werde, erforderlihenfalls auch die Polizeibehörde zur Ver- anlassung der Desinfection und Reinigung zu requiriren. Von folhen Grundftücken, in welhen eine größere Anzahl von Cholera- fällen vorgekommen if, haben die Mitglieder der Gesundheits- Commissionen der Polizeibehörde besondere Mittheilung zu machen, damit eine ârztlihe und polizeilihe Revision der Grundstücke und, soweit erforderlich, eine gründlihe Desinfection der betreffenden Wohnungen vorgenommen werde. Soweit es den Umständen nah geboten erscheint, wird die Fg a wbt behufs Vornahme der Des- infection die Bewohner solher Wohnungen für einige Tage ander- weitig unterbringen lassen. Die Bevölkerung Hamburgs wird aufgefordert, die Mitglieder der Gesundheits-Commissionen bei ihrer Thâtigkeit in jeder Weise zu unterstüßen, da die Unterdrückung der Cholera-Epidemie durch eine erfolgreiche Mitwirkung der Gesundheits - Commissionen- wesentlich gefördert wird. JIns- besondere bei der Abnahme der Epidemie wird es als von der größten Wichtigkeit bezeichnet, daß jeder neue Cholerafall sofort auch zur Kenntniß der betreffenden Gesundheits-Commission gebraht werde, damit alles Erforderliche für Isolirung des Erkrankten und Desinfec- tion der Wohnung fowie zur Nachfor]hung über den Ausgangspunkt der Erkrankung sofort veranlaßt ‘werden fann. j : i

Das Dresdener Comité für die Nothleidenden Hamburgs brachte heute eine weitere Rate von 10000 durch die Filiale der

Dresdner Bank in Hamburg zur Auszablung. Die gegenwärtig in Sanct Gallen tagende Shweizeriige demeinnüßige Ge- fellshaft beschloß, für die Nothleidenden Hamburgs 1000 Fr. E l ift b l

n Kiel ift beute der leßte Cholerakranfe als \ S Krankenhause entlaffen mode 0 MEAROE E DAE

Eine aus Hamburg in Hannover zugereiste Person erkrankte unter choleraverdächtigen Erscheinungen; die bacteriologishe Unter- fuhung hat jedoch ergeben. daß es fih nicht um asiatische Cholera handelt. Die Stadt Hannover ist seuchenfrei. i . Ein an der asiatischen Cholera auf einem Oderkahn bei Hohen - [kes erfrankter Schiffer ist, wie aus Eberswalde gemeldet wird, gestorben.

__ Seit Mittwoch Abend sind in Rotterdam drei neue Flle von asiatisher Cholera vorgekommen, unter denen einer töôdtli verlief.

on gestern wird von dort und von S'Gravendeel ein Cholera- Ea und aus Alblasserdam ein Cholera-Erkrankungsfall ge- meldet.

Aus den Brüsseler Vorstädten Mol enbek und Anderlecht werden mehrere neue Cholerafälle gemeldet. Der Gesundheitszustand im Borinage hat sfi vers{limmert. Zahlreiche neue Cholerafälle, darunter mehrere Todesfälle, werden aus Paturages, Wasmes und St. Ghislain gemeldet. E

Am Mittwoch sind in Paris 39 Cholera-Erkrankungen und at Todesfälle, innerhalb der Bannmeile zwanzig Erkrankungen und zwölf Todesfälle vorgekommen.

In Havre sind am_ Mittwoch vier Personen an der Cholera erfranft und drei gestorben.

Gestern sind in Budapest eine Tagelöhnerin, ein Kellner und ein Zimmermannsgebilfe unter choleraverdähtigen Erscheinungen plößlich gestorben. Die Nachrichten Lemberger Blätter über dort vorgefommene Cholerafälle werden von amtliher Seite als grundlos bezeihnet. Aus den Bezirken Galiziens sind ebenfalls feine beun- rubigenden Meldungen weiter eingelaufen. In Wolowice ist niemand mehr erkrankt, der Zustand der von früber her in Behandlung befindlihen zwei Personen hat ih ge- bessert. Die Ortschaft Wolowice ist isolirt. Im Auftreten der Cholera in Krafau zeigt ih eine entschiedene Wendung zur Besserung. In Podgorze ist gestern weder ein neuer Cholera-Todes- fall noch eine neue Erfranfung vorgekommen. Das „Wiener #Fremdenblatt“ erfährt als authentisd, daß die Cholera unter den Soldaten und der Bevölkerung des befsarabishen Städtchens Leowo, wo groß? Truppenmassen choncentrirt sind, seit zehn Tagen mit großer Heftigkeit auftritt.

Das Amtsblatt in Bukarest veröffentlicht eine Mittheilung, wonach in Rumänien bis gestern kein choleraverdähtiger Kranfkheits- fall vorgekommen ist. Die strengsten Vorsichtsmaßregeln find aber gegen die russishe Grenze und die Grenze der Bukowina hin getroffen worden.

Wie aus St. Petersburg unter dem gestrigen Tage gemeldet wird, ist die Cholera in der Provinz Bessarabien neu aufgetreten und zwar kamen bis zum 17. d. M. in der Hauptstadt Kischinew eine Einkrankung und ein Todesfall, in der Provinz sechzehn Erfran- kungen und zehn Todesfälle vor.

Ueber Choleragefahr und Absperrungsmaßregeln wird weiter berichtet :

Oppeln, 22. September. Der Regierungs-Präsident Dr. von Bitter hat unter dem heutigen Tage folgende Verordnung erlassen : „Im Hinblick auf den Ausbruch der Cholera in Krakau und Podgorze wird zur Verhütung des Einführens oder Verbreitens der- Seuche nachstehendes angeordnet: 1) Der Eintritt aus Oesterreih-Ungara in das Inland darf bis auf weiteres längs der Grenze des Katto- wißer und des Pleßer Kreises nur über die Eisenbahnlinien Szczakowa —Myslowiß und Oswiecim Myslowiß erfolgen. Sämmtliche sonstige Grenzübergänge werden ohne Ausnahme gesperrt. Die die Bahnlinie Oswiecim Myslowiy benußenden Reisenden aus Oester- reih-Ungarn dürfen die Züge auf den ärt: do Oswiecim und Myslowitz gelegenen Stationen nit verlassen. 2) Der Schiffahrtsverkehr auf der M eiinsa nah dem Inlande darf nur in der Weise erfolgen, daß die aus Galizien kommenden Fahrzeuge in Klein-Chelm von preußischen, im Inlande wohnenden Bedienungsmannschaften nah vorangegangener Desinfection der Fahrzeuge übernommen werden. Desgleichen sind die vom Inlande nah Galizien fahrenden Fahrzeuge bis Klein-Chelm von preußishen Schiffern zu führen und dort an öfterreihishe Schiffer abzugeben. Der Eintritt von österreihishen Schiffern und Flößern in’ das Inland is untersagt. 3) Die Ein- und Durchfubr von gebrauchter Leib- und Bettwäsche, gebrauchten Kleidern, Hadern und Lumpen aller Art, Obst, frishem Gemüse, Butter und Weichkäse aus Galizien ift untersagt. Ausges{lossen von dem Verbot sind Wäsche und Kleider von Reisenden. Ebenso erstreckt sich das Verbot nit auf scle Sendungen, welche von der Post oder Eisenbahn nur dur Galizien hin- durch, nicht aber aus [leßterem eingeführt werden. 4) Die Bestimmurgen der Polizei-Verordnung vom 12. September d. I. 88 1 und 3, betreffend die Anmeldung der aus dem hamburgishen Staats- gebiete kommenden Personen und die Untersuhung der aus dem R iiairaisben Staatsgebiet eintreffenden Post- oder anderweitigen Paetsendungen haben auf die aus Galizien fommenden Personen sowie auf die von dort eintreffenden Post- und Packet- fendungen mit der Maßgabe gleichmäßige Anwendung zu finden, daß die im § 1 der Verordnung vom 12. September d. J. vor- geschriebene Meldung binnen zwei Stunden zu erfolgen hat. 5) Zu- widerhandlungen gegen vorstehende, mit dem Tage ihrer Veröffent- lihung in Kraft tretende Verortnung werden gemäß S 327 des Straf- geseßbuhs beziehungsweise § 5 der Polizei-Verordnung vom 12. Sep- tember d. I. bestraft.“

Lüneburg, 22. September. Der Regierungs-Präsident zu Lüneburg erläßt folgende Bekanntmachung: „Mit Nücksicht auf die Cholera-ECpidemie habe ih die Aufhebung folgender Märkte ver- fügt beziehungsweise genehmigt. T. Kreis Fallingbosftel: Kram- und Viehmarkt zu Retbem a. A. am 30. d. M. Il. Kreis Soltau: Vieh- und Schweinemarkt zu Schneverdingen am 1. Oktober d. J. II11. Kreis Bleckede: a. Schweinemarkt zu Bleckede am 6. Oktober cr., b. Kram-, Vieh- und Pferdemarft zu Bleckede am 7. Oktober cr.“

New-York, 23. September. Der Lloyddampfer „Havel“ ist aus der Quarantäne entlaffen worden. Der Steamer „Steale of Nevada“, der gestern bereits nah Glasgow abgehen follte, ift aufs neue einer Quarantäne unterworfen worden, weil der Heizer des Schiffes plötzlich verstorben ist.

Bulgarien. Die aus Hamburg und anderen Häfen Deutschlands kommenden Waaren unterliegen einer elftägigen Quarantäne. Neben. 2 Nach einer Königlichen Bekanntmahung vom 9. September 1892 ist die Einfuhr von Lumpen, gebrauchten Betten und Kleidungéstücken (soweit die beiden leßteren Arten nicht von Reisenden oder Schiffs- besaßungen mitgeführt werden) nunmehr bis auf weiteres auch aus Norwegen und Dänemark verboten worden. Zufolge einer Königlihen Bekanntmahung vom 13. September 1892 „wird das Verbot der Einfuhr seewärts von Eisenbahnwagen aus choleraverdähtigen Orten sowie aus Dänemark mit der Maßgabe wiederholt, daß die Einfuhr leerer {chwedisher Güterwagen mittels der Dampffähre von Helsingör nah Helsingborg unter Beobachtung besonderer vorgeschriebener Vorsichtsmaßregeln gestattet ift, so lange außer Jütland kein anderer Theil Dänemarks von der Cholera befallen wird.

Verkehrs-Anstalten. 4

Infolge von Quarantänemaßregeln ist die Einführung von Waarenprobensendungen und Postpacketen von Madeira auf dem Wege über Hamburg bis auf weiteres verboten.

Hambur g, 22. September. (W. T. B.) Hamburg- Ameri- con we Packctfabrt-Actiengefell Gf Post- dampfer „Colonia“ ist gestern in St. Thomas* eingetroffen. Der Postdampfer „Croatia* hat, von New-York kommend, heute Nah- mittag Lizard passirt.

_ London, 22. September. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer „Vawarden-Castle“ ift gestern auf der Heimreise von Cape- town abgegangen. Der Union-Dampfer „Mexican“ ist heute auf der Ausreife in Capetown angekommen.

Theater und Musik.

Friedrih-Wilbelmstädtishes Theater.

Am zweiten Abend des Offenbah-Cyklus ging die komische Operette „Schönröshen“ mit glänzendem Erfolge in Scene. Jacgues Offenbach, das zeigte sich gestern Abend auf's neue, überragt selbst in seinen Mee laut gerühmten und darum auch weniger ge- fannten Werken, alle, die auf dem Gebiete der Operette nah ihm famen, noch immer um Hauptes Länge. Die geistvolle Laune im Verein mit liebenswürdigem * Spott und vereinzelten AsKängen wirklicher reiner Empfindung athmen in fo vollen freien Zügen aus der stets reich quellenden eigenartigen Melodik und aus der fein durch- geführten Instrumentation, daß \sch faum jemand dieser Fülle von leihten musikfalishen Reizen entziehen fann. Welche Form au seine Weise annimmt, oder welhem. Zweck sie dient, ob sie zu einem Couplet oder zu cinem Jahrmarktslied, zu einem Hochzeitshor oder zu einem Trinkliedhen bestimmt ist, aus allem glüht ein Funke von Genie, ein Strahl graziösen Scherzes hervor. Die beißende Schärfe, die tolle Gafsenjungenkfomik, die in den berühmtesten Werken des Tondichters das Wort führen, verjüngten sih in „Schönröschen“ zu einer leichten Persiflage, an der die Grazie einen großen Antheil hat. So ging denn gestern wieder von dem Werk eine fröhlihe, anregende Stimmung aus, die Musik gewann das Publikum gleichsam im Sturm für sih, und dieses entfahte wiètder rücckwirkend die Dar- steller zu frischer übermüthiger Lebensäußerung. Die {nelle Sicher- heit des Sieges ließ die besten Kräfte der Mitwirkenden kecker und freier hervortreten. Als bestes Beispiel dafür kann Fräulein Collin gelten, die in der Titelrolle eine an ihr fast ungefannte prickelnde Anmuth und wohlige Wärme des Vortrags entwickelte; ihre gewohn- heitêmäßige an andern Stellen manchmal ernüchternd wirkende Zurück- haltung des Spiels fam den heiflen Situationen, worin fich Schön- rôschen öfter befindet, zu gute; so erschien selbst das Anstößige in anstandiger oder wenigstens erträgliher Gerandung. Mit dem deutsch- italienischen Liede im zweiten Act elektrisirte sie förmlich die Hörer, die denn au prompt eine Wiederholung verlangten. Fräulein Navarra trug ihre fleine Partie mit gutem Gelingen, aber nit eindrucksvoll genug vor. Einen endlosen Schaß an ershütterndem, ursprünglichem Oumor zetgte Herr Klein als ebemaliger Tänzer und gehzen- wärtiger Theaterdiener Persiflage in stets wechselnder äußerer Er- scheinung ; er war fast beständig auf der Bühne, sang stets frish und fröblih, mit rühmenswerther Deutlichkeit und Ausdrucksfähigkeit und weckte Lachfalven sowohl als blinder, trommelnder Musikant, wie als gefälliger Diener eines galanten Herrn, als gratulirender, den Ehestand preisender Zimmerge’ell und als lustig blinzelnder Corporal ; seine coupletartigen Vorträge ergößten das Publikum ia dem Maße, daß die donnernden Beifallswogen zu immer neuen Strophenzugaben oder Wiederholungen zwangen. Herr We llhof gab einen geckenbaften, galanten Graufovf mit fomischer Beweglichkeit und gedämpfter Lüsternheit. Den treuberzigen Bräutigam Schön röshens, Bavolet, fang ein junger Künstler, Herr Bruch mit an- genehm flingender Stimme, auch gefälliges Spiel zeichnete seine Leistung aus. Als Jean Poirot bewies Herr Ewald, daß sein Vor- Irag des Humors und der Gewandtheit nicht entbehrt: das Organ hingegen erscheint etwas flach.ck Die Aufführung verdiente auch im Ensemble Lob und gereicht der Direction zur Ebre.

Belle-Alliance-Theater.

In der „Neuen Deutschen Oper“ hörten wir gestern Abend Mébul’s „Joseph in Egypten“ und können auch diesmal der Leitung des jungen Kunstinstituts Anerkennung nicht versagen. Was zunächst die äußere Erscheinung der Scenen anbetrifft, so waren alle Decorationen stimmungêvoll und im ersten und leßten Act geradezu glänzend; aber auch was in diesem Rabmen \ich ab- spielte, war im ganzen recht erfreulih und genußreih. Die zarte und milde Melodifk, die das ganze Werk dur&zieht, kam fast überall zu guter Wirkung und die Sangeskräfte waren sihtbar bestrebt, ibr Bestes zu geben, um ihre Aufgabe würdig zu lösen. Am wenigsten gelungen waren die dialogisirten Stellen; bier trat die {nelle Ein- studirung deutlih in der Unsicherheit der Darsteller, namentli im dritten Acte, hervor; aber ganz vortreflich, wenn man die besondere Lage dieser jungen Bühne berücsihtigt, gelangen der erste und zweite Act in rein musikalisher Hiniicht. Die Gestalt des Joseph, die ja überhaupt während der ganzen Oper im Mittelpunkt der Handlung steht, wurde von Herrn Curt Friesen, der schon in der „Melusine* vortheilhaft hervorgetreten war, nicht nur schauspielerish, sondern auch gesanglih wirkungsvoll gegeben. Seine schöône und volle Stimme ist für lyrishe Partien

dur ihre Klangfarbe besonders geeignet, und in der That konnte

der Sänger gestern durch die Macht und den Empfindungsausdruck seines Organs wiederholt tief ergreifen und die Hörer zu lautem Beifall elbst bei offener Scene hinreißen. Recht tüchtig war auch Herr Detlew Tramsen, der den Simeon sang und die Leidenshaft der Verzweiflung des Sünders beweglih zum Auédruck brachte. Der polvvhone Chor der Brüder fam fast immer befriedigend zu Gehör. Nicht völlig genügen konnte Herr Herm. Mitterlein als Jacob; seine Stimme zeigte Un- sicherheit niht nur im Einsaß, sondern auch im Fortgang der Weise. Zum Schluß haben wir aber noch als erfreulihe Leistung den, Ben- jamin zu erwähnen, den Fräulein Jenny Brandes mit sehr sym- pathisher, wenn auch niht großer Stimme und mit warmer Empfindung fang, auch Fräulein Camilla Wuschke, eine der Harfensängerinnen, verdient anerkennende Erwähnung.

Thomas-Theater.

Die Reuter’schen plattdeutshen Schriften mit ihrem köstlichen Humor und ihrer naiven Erzählungsart haben den ältesten Scherzen und Anekdoten zu neuem Leben verholfen, sind aber zu einer weit über die Grenzen ihres Entstehungsgebiets hinausgehenden Volksthüm- lichkeit hauptsächlih erst dadur gelangt, daß ihre Bekanntschaft dur eine Reihe vorzügliher Recitatoren eine wesentlihe Förderung er- fuhr, da gerade durch den mündlihen Vortrag diese Dich- tungen zu ihrer vollen Wirkungskraft gelangen. Herr Junker - mann, bekanntlich zur Zeit der bedeutendste Darsteller der Gestalten Friy MNReuter's, dessen Werke fast sämmtlih theils von ibm selbst, theils von anderen für ihn dramatisirt worden sind, brachte gestern Abend zum ersten Mal das nah Friß Neuter's Dorfgeschichte geshickt bearbeitete Volkëstück „Kein Hüsung“ mit außérordentlibem Erfolge zur Aufführung. Das im Jahre 1858 in Greifswald geschriebene Werk gehört zu den bekannteren Dichtungen und is wegen der scharf gezeihneten Charaktere und seines reichen dramatischen Lebens ‘ganz besonders zur Darstellung auf der Bühne geeignet. Herr FJunkermann, der den Pferdekneht Daniel spielte, wurde dieses Mal vortrefflich unterstüßt von Herrn Peters als Pferdeknecht Johann Schütt und von den Damen Lesky, Lindner und Schaß. Wenn seine unvergleihlihe Leistung auch im Vordergrunde des Interesses stand, so hatten doch die genannten Mit- spieler, namentlih Herr Peters, der seine Aufgabe über die Erwar- tung gut löste, einen nicht geringen Antheil an dem Erfolge. Jn fleineren Rollen gefielen noch sehr Fräulein Busse und Fräulein Hodcke, während die Vertreter der hochdeutsch sprechenden Beiidara niht vollkommen befriedigen fonnten, am wenigsten der von Hansen gegebene Offizier, der mehr einem Zerrbild als einem deut- schen Offizier glich und ohne Nachtheil für die Vorstellung ganz ent- behrt werden Tönnte.

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