1892 / 225 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Sep 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Am Sonntag gelangt im Königlihen Opernhause „Tann- äuser“ mit den Damen Sucher und Hiedler, den Herren Gudehus, ulß, Stamnier, Krolop, Krafa und Ritter zur Darstellung.

„Die Orientreise“, der neue Schwank in drei Acten von Oscar Blumenthal und Gustav Kadelburg, wird als nächste Neubeit des Lessing-Theaters vorbereitet. Die erste Auf- führung ift für Donnerstag, 29. September, in Aussicht genommen.

Im Wallner-Theater geht morgen die „Braut von Messina“

von Schiller nochmals in der ursprünglichen Beseßung in Scene

(Don Cefar Herr Eisfeldt, Beatrice Fräulein Boch).

Für die Wohlthätigkeits - Matinee, die am 2. Oktober im NResidenz-Theater zum Besten der Hamburger Nothleidenden stattfinden soll, haben vorläufig die Herren Director Ludwig Barnay und Friedrich Haase, Frau Agnes Sorma und Frau Rofa Sucher ihre Mitwirkung zugesagt. Weitere Unterhandlungen {weben noch. Morgen geht mit dem „Seligen Toupinel*“ zusammen das einactige Lustspiel „Schlittenreht“ von Burghard von Cramm in Scene.

In der morgigen Vorstellung zum Besten der Hamburger Nothleidenden im Belle-Alliance-Theater (Neue Deutsche Oper) wird Herr August Junkermann seine fo beliebten Recitationen aus Frit Reuter’'s Werken mit lebenden Bildern zum Vortrag bringen. Herr Utvardy singt an diesem Abend den Florestan in „Fidelio“. Ünter Leitung des Kapellmeisters Nobert Erben vom Königlichen Landes-Theater in Prag gelangen die „Egmont-Ouverture“ und die „Leonoren-Ouverture“ zur Aufführung, sodann folgt die Aufführung des Ballets „Pas de Shawls“.

Director Thomas wird sih morgen mit seiner aus 25 Perfonen bestehenden Gesellschaft auf dem Vamvyfer „Elbe“ nach New-York einshiffen und fein dortiges Gastspiel mit der Poffe „Unfere Don Juans“ eröffnen. i:

Für das zum Besten der „Deutschen Frauenabtheilung bei der Weltausstellung in Chicago“ am 10. Oktober in der Sing-Akademie stattfindende große Concert, dessen Protectorat Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Carl übernommen hat, haben bis jeßt folgende Künstlerinnen ihre Mitwirkung zugesagt: Frau Flora Scherres-Friedenthal (Klaviervirtuosin), die Königlihe Hofovern- sängerin Fräulein Hiedler, die Altistin Fräulein Nückward, di Violinvirtuosin Fräulein Schindler und der Kulenkampff’sche Frauenchor. A

Den bisherigen Abonnenten der großen Philharmonischen Concerte werden ihre vorjährigen Pläße bis zum Donnerstag, 29. September, Abends 6 Uhr, vorbehalten. Abonnements-Erneue- rungen und Anmeldungen werden in der Concert-Direction Hermann Wolff, W. „Am Carlsbad“ 19, sowie in der Hof-Musikhandlung von Bote u. Bot, Leipzigerstraße 37, entgegengenommen.

Der Herzoglich sahsen-coburg-gothaishe Hof- Kapellmeister Faltis feierte am 20. d. M. in Coburg sein 25 jähriges Kapellmeister- Subiläum, das sih zu einer ununterbrochenen Reihe von Ovationen für den verdienten Künstler gestaltete. Seine Hoheit der Herzog übers mittelte telegraphish dem Jubilar seine Glückwünsche.

Mannigfaltiges.

Der Königliche Polizei-Präsident von Berlin hat unterm 17. d. folgende Verordnung über die Untersuchung von ausländishem Speck und Schinken erlassen: § 1. Speck und Schinken von außerhalb Deutschlands geschlahteten Schweinen dürfen im hiesigen Polizeibezirk erst dann in den Verkehr gebraht oder verarbeitet werden, wenn diefe Waaren innerhalb des Deutshen Reiches von einem amtlihen Fleishbeshauer auf Trichinen und Finnen untersuht, trichinen- und finnenfrei befunden und zum Nachweise hierfür deutlich fkennbar abge- \tempelt oder plombirt worden find. § 2. Wer Waaren vor- bezeichneter Art empfängt, welche nit bereits gemäß § 1 untersucht worden find, hat dieselben binnen 12 Stunden nah der Verzollung, falls solche in Berlin stattfindet, in anderem Falle binnen 24 Stunden nah Empfang bei dem städtischen Fleishschauamt zur Untersuchung

anzumelden. Erft nah vorschriftsmäßiger Abstempelung is die freie Verfügung über die are gemäß § 1 und die Weitersendung der- selben gestattet. § 3. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Be- stimmungen werden mit Geldbuße bis 30 #, im Unvermögensfalle mit entsprechender Haft bestraft. § 4. Diese Polizeiverordnung tritt am 1. Oktober 1892 in Kraft.

Das Ausstattungsstück „Das Antliß der Erde“ wird in der Urania heute zum leßten Male über die Bühne des Wissenschaft- lichen Theaters gehen. Am Sonntag tritt an seine Stelle die kürz- lih neu inscenirte „Geschichte der Urwelt“, doch nur für furze Zeit, da am 12. Oktober zur Columbusfeier das sich nunmehr seiner Voll- endung nähernde neueste Ausstattungsstück „Eine Amerikafahrt 1492 und 1892* zum ersten Male gegeben werden foll. Am 1. Oktoker wird die dazufals Einführung dienende nautishe Ausstellung eröffnet.

Kreuznach, 19. September. Von prachtvollem Wetter be- günstig, erfolgte, der „Köln. Ztg.“ zufolge, gestern auf der Alten - »urg, derjenigen Höhe des „Soonwald“ genannten Hunsrüder Waldgebirges, welhe der Nabe zunächst liegt, die Grundstein- legung zu einem 20 m hohen Aussihtsthurm. Der Vor- sißende des Soonwaldclubs, einer Ortsgruppe des Vereins für Mofel, Hochwald und Hunsrück, Herr Voigtländer (Kreuznach), brate nah Perlesung der in den 624 m über dem Meer gebetteten Grund- stein cinzuschließenden Urkunde ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser Wilhelm aus, in welches die sehr zahlreichen Festtheil- nehmer aus Kreuznah, Sobernheim und Kirn freudig einstimmten. Ein großer Theil von ihnen vereinigte fih hernah zu einem Mittags- mahl in dem dreiviertel Stunden entfernten Luftcurhause ,Waldfriede“ bei Seesbah. Bis zum Sommer nächsten Jahres foll der Ausfichts- thurm vollendet sein.

Leonberg, 19. September. Jn Ditingen fand, wie die M. „Allg. Ztg.“ meldet, gestern die Enthüllung einer am NRath- hause angebrahten Gedenfktafel statt zur Erinnerung an die An- wesenheit Kaiser Wilhelms I. in Ditingen bei den Kaiser- Manövern vom 21. bis 23. September 1885. Die Gedenktafel zeigt das Reliefbild des Kaisers. Der Ortsgeistlihe, Pfarrer Naumann, bielt die Festrede.

Meran. Das K. K. Handels-Ministerium hat, wie die „Wiener Ztg.* berichtet, die K. K. Statthalterei in Innsbruck beauftragt, be- züglih des von der Firma E. Schwarz Söhne in Bozen vorgelegten Projects für eine normalspurige Adhäsionsbahn von Meran nach Landeck mit Abzweigungen nach Münster und Martinsbruck sowie bezüglich der von dem Bauunternehmer E in Kreuznah vorgelegten Projectsbehelfe für eine Eisenu-

ahn gemischten Systems von Meran nach Landeck die

Tracenrevision einzuleiten. Die Baukosten sind nach dem Project der Firma E. Schwarz Söhne für die 131 km lange Bahnlinie Landeck—Meran mit 11 024 000 Fl., d. i. 84 150 Fl. ver Kilometer, dagegen nach dem Project Pressel für die ungefähr 128 km lange Bahnbverbindung mit 10 588 000 Fl., d. i. 82714 Fl. ver Kilometer, veranschlagt.

Lausanne, 21. September. Auch Zermatt fokl, wie die „Gazette de Lausanne“ vernimmt, eine Winterstation werden. Der Gasthof „Monte Rosa" in Zermatt soll für den Winterbetrieb ein- gerichtet und bis zum 15. Februar offen gehalten werden.

Samarfkfand. In der Nacht zum 18. September um 1 Uhr 46 Minuten wurde, der „St. Pet. Ztg.“ zufolge, in Samarkand ein ziemli starkes Erdbeben, verbunden mit einem Getöse, welches 40 Secunden anhielt, beobachtet.

_ Chriftiania, 22. September. Gestern Abend sollte eine Krupp’\che Kanone von 43 t Gewicht auf ein Marine2- E t E E L :

Transportschiff verladen werden. Infolge Zerreißens der Ver-

tauungen an Bord des Schiffes versank das Geschüß in das an jener Stelle etwa dreißig Fuß tiefe Wasser. Heute sollen Hebungs- versuhe gemacht werden. 2A

New-York, 20. September. In dem bei New-York gelegenen Bade- und Ausflugsort Rockaway B ea äscherte, wie das „B. R.* meldet, eine Feuersbrunst mebrere Hotels und im ganzen zwanzig Gebäude ein. Zwei Personen sollen in den Flammen umgetommen sein und drei Frauen {were Brandwunden erlitten haben. Der Verlust beziffert sh auf über 500 000 Dollars.

Nah Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

Lemberg, 23. September. (W. T. B.) Dem amt- lihen Bericht zufolge sind in Galizien seit dem Auf- treten der Cholera bis zum 2. d. M. Abends in Podgorze 4 Personen erkrankt und ebensoviel ge- storben, in Krakau 11 Personen erkrankt, zwei gestorben und eine genesen, und in Molowice 4 Perfonen erkrankt und 2 gestorben.

Cremona, 23. September. (W. T. B.) Bei einem von den Wählern veranstalteten Bankett, an welhem etwa 150 Personen theilnahmen, hielt der Minister der öffentlichen Arbeiten Genala eine Ansprache etwa folgenden Jnhalts: Die Krisis, welche Jtalien heimsuche, sei eine Wirkung der allgemeinen Krisis, welche in Bezug auf Jtalien noch durch die Baukrisis, durch die Zustände in Süd-Amerika und durch Ausgaben ver- \härft werde, die als eine Folge früherer Geseße das Budget belasteten. Zu derselben Zeit, wo Jtalien ein Bautenprogramm, das sich auf 4 Milliarden belaufe, aufgestellt habe, fei cs genöthigt gewesen, seine Militär- ausgaben zu erhöhen. Dieser Umstand sei gewiß eine s{hmerzlihe Nothwendigkeit gewesen; es wäre aber ein Fehler, zu glauben, daß dies eine Folge der Tripelallianz war. Die allgemeinen Verhältnisse in Europa drängten alle Staaten, selbst

die Schweiz, zu Rüstungen. Die Schweiz, welche Niemand bedrohe,

welche durch ihre natürlihe Lage, ihre vertragsmäßig ge- sicherte Neutralität und die allgemeine Zustimmung Europas ge\hüßt sei, rüste ebenfalls und zwar in größerem Maßstabe als Italien. Jedoch müßten die Rüstungen Jtaliens ebenso wie die offentlihen Bauten auf das unbedingt Nothwendige in der Weise eingeshränkt werden, daß sie das Vaterland nit ohne Ver- theidigung oder in einer s{chlechten Vertheidigungslage ließen. Zur völligen Regelung der Finanzlage sei die Durch- führung organischer Reformen und einer Decentralisation er- forderlich. Der Minister entwickelte sodann seine darauf bezüglichen Anschauungen vom Standpunkte seines Ressorts aus. Die Durchführung der Reformen erfordere Zeit und Muth. Leßterer fehle dem Cabinet nicht, dessen Zusammensezung eine homogene sei, Und welches aus verhältnißmäßig jungen Männern bestehe, die zu arbeiten wünschten. Das Cabinet fürchte den Kampf niht. Zum Schluß gab der Minister im Namen des Königs den Wünschen der Regierung in Betreff einer Kräfti- gung des wirthschaftlichen Lebens Jtaliens sowie in Betreff der Förderung der socialen Eintraht Ausdruck. Die Rede wurde von der Versammlung mit einmüthigem Beifall sowie mit Hochrufen auf den König und Genala aufgenommen.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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Preise der Pläße: Logen à 8, 6, 5 4, Orchester

vom 23. Septembe r Morgens.

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1) Dunst im Horizont. 2?) Thau. 9) starker Thau, #) Nachts Regen. 5) Abends, Gewitter.

Uebersicht der Witterung.

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Nachts Nachts

Ueber Europa ift der Luftdruck andauernd hoh und leihmäßig vertheilt, daber die Luftbewegung allent- Halben \hwah. Eine Depression is im Nordwesten von Schottland erschienen, wo das Barometer stark gefallen ift. In Deutschland is das Wetter ruhig, ziemlich mild, theils heiter, theils neblig; im deutschen

Binnenlande haben vielfah Regenfälle \tattg

efunden,

auf dem Gebiete zwishen Bamberg, Berlin und Chemnitz mit Gewitterers{heinungen. In Skagen,

Skudesnäs und Helsingfors wurde beobachtet. ; Deutsche Seew

Nordlicht

arte.

Theater- Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern-

haus. 190. Vorstellung.

Carmen. Oper in

4 Acten von Georges Bizet. Tert von H. Meilhac

und L. Halévy, nah einer Novelle des Mérimée. Tanz von Emil Graeb. In

Presper Scene

geseßt vom Ober - Regisseur Teßlaff. irigent : Kavellmeister Weingartner. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 199. Vorstellung. Uriel Acosfta. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Carl Gußkow. In Scene gesezt vom Ober-Regisseur Max Grube. (Ben Akiba: Herr Vischer, als Gast.) Anfang C Ube

Sonntag: Opernhaus. 191. Vorstellung. Tann- häuser und der Sängerkrieg auf der Wart- burg. Romantische Oper in 3 Acten von N. Wagner. Ballet von Emil Graeb. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Teßlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 200. Vorstellung. Die Räuber. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Schiller. (Maximilian von Moor: Herr Vischer, als Gast.) Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: 4. Goethe- Cyclus. 5. Abend. Egmont.

Sonntag: Die beiden Leonoren.

Montag: Don Carlos.

Berliner Theater. Sonnabend: Krieg im Frieden. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Nachmittags 24 Uhr: Wilhelm Tell. Abends 75 Uhr: Der Hütteubefißzer. (Nuscha Bute, Agnes Sorma, Ludw. Barnay, Ludw. Stahl).

Montag: Dorf und Stadt.

Lessing-Theater. Sonnabend: Die Groß- stadtluft. Anfang Uhr. Sonntag: Der Lebemann.

Die Tageskaffe ist von 9 bis 2 Uhr geöffnet.

Wallner-Theater. Sonnabend: Die Braut von Messina. Trauerspiel mit Chören in 5 Auf- zügen von Friedrich von Schiller. Anfang 7+ Uhr.

Sonntag: Zum 1. PWétale: Papa Finder. Poffe in 3 Acten von Conrad Jahn.

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Sonnabend: Zweiter Abend im Offenbach- Cyclus. 3. Aufführung: Mit neuer Ausstattung: Schönröschen. Komishe Operette in 3 Acten von Hector Cremieux und Ernest Blum. Deutsch von Carl Treumann. Musik von Jacques Offenbach. Für die hiesige Bühne eingerihtet von L. Herrmann. ÎÍn Scene geseßt von Julius Frißshe. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Residenz-Theater. Direction : Sigmund Lauten- burg. Sonnabend: Neu einstudirt: Der selige Tou- pinel. Schwank in 3 Acten von Alexändre Bisson. Deutsch von Gustav von Moser. Vorher: Zum 1. Male: Schlittenreht. Lustspiel in 1 Act von Burghard von Cramm. Anfang 74 Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Kroll's Theater. Sonnabend: Der Waffen- shmied. Anfang 7 Uhr. _ 4

Sonntag : Gastspiel des Sgr. d’Andrade und der

Frau Moran-Olden. Die Hochzeit des Figaro.

Täglich, bei gon aen Wetter: Großes Concert im Sommergarten. Anfang an Sonn- und Festtagen 4 Uhr, an den Wochentagen 5# Uhr.

BLelle- Alliance- Theater. Ueue Deutsche

Oper. e ger Mitwirkung des Herrn August Junkermann, Königlich württem- bergisher Hofschauspieler, und des Herrn Utrardy vom Königlichen Theater in Wiesbaden, sowie des Fräulein Alice Farkás. Egmont-Ouverture, Leonore- Duverture. Dirigent: Kapellmeister Robert Erben vom Deutschen Landes-Theater in Prag. Fidelio. 2. Act, Florestan: Herr Utrardy. Leonore: Fräulein Galfy. Ballet-Divertissement: Pas de Shawls. Gesang-Vorträge. Fräulein Elise Kutscherra, Marie Tomschik, Camilla Wuschke, Alice Farkás. Zum Schluß: Recitationen von August Junkermann mit lebenden Bildern. Anfang 7+ Uhr. I. Parquet 2,590 4, II. Parquet 2 M

Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum 19. Male: Die wilde Madonna. Gesangs- vosse in 3 Acten von Leon Treptow. Coupl-ts von G. Göß. Musik von G. Steffens. Mit neuen Costumen und neuen Decorationen aus dem Atelier des Herrn Lütkemeyer in Coburg. In Scene geseßt von Adolvh Ernst. Anfang 74 Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30, Sonnabend: Gastspiel des Aug. Junkermanu- Ensemble. 1) Die verlassene Vierländerin in New-York. 2) Hanne Nüte's Abschied. 3) De forsche Peter. 4) De Wedd. Anfang 7+ Uhr.

Sonntag: Kein Hüsung.

er Sommergarten ist geöffnet.

Theater Unter den Linden.

Alois und Rudolph Ronahher.

Sonnabend: Eröffnungs-Vorstellung. Jubel- Ouverture von C. M. von Weber. Fest-Prolog, verfaßt von Jul. Stettenheim, gesprohen vom Ober- NRegi}seur Herrn C. A. Friese.

Daphne. Operette in 1 Act von Hans Müller. Musik von A. Ferron. Inscenirt vom Ober-Regisseur Herrn C. A. Friese.

Die Welt in Bild und Tanz. Phantastisches Auëstattungs-Ballet in 1 Vorspiel und 5 Bildern von F. Gaul und J. Haßreiter. Musik von J. Bayer. Ballet-Autoren der K. u. K. Hofoper in Wien. Inscenirung dur den Balletmeister Hrn. L. Gundlach. Während der Pause: Promenade-Concert det Theater- Orchesters.

Direction :

Fauteuille 5 Æ, Parquet 4, 3 Æ, Promenaden 3, 2 Æ Vorverkauf an der- Tageskasse.

Anfang 77 Uhr, Kassen-Eröffnung 65 Uhr.

Die für heute reservirten Billets sind bis Mittag abzuholen. Café Ronacher, Grand Restaurant Ronacher, Unter den Linden. Behrenstraße.

Während des ganzen Tages und auh nach der Vorstellung geöffnet.

81541] Sohenzollern-Galerie 9 Vorm. 10 Ab. Lehrter Bahnhof. Gr. hbistor. Rundgemälde 1640—1890. L Sonntag 50 4. Kinder die Hälfte,

Uranig, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Am Landes - Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr.

Concerte.

Concert-Haus. Sonnabend: Karl Meyder- Concert. Ouv.: „Der Freischüß“, Weber. „Mari- milian Robespierre“, Litolff. „Raymond“, Thomas. „Der erste Blumen|strauß“, Walzer von Waldteufel. „Le Désir“ für Cello von Servais (Herr Smit), „Polonaise“ von Stör. „Musikalische Täuschungen“, Potpourri von Schreiner. Anfang 7 Uhr.

C ARSRZ E R E S R A Et R E A SIE R E SA E R A E A Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Margarete von Schlieben mit Hrn. Prem.-Lieut. Friß von Versen (Rackith—Witten- berg). Frl. Gisela von Versen mit Hrn. Lieut. Curt von Keber (Berlin—Spandau).

Verehel iht: Hr. Rittergutsbesißer Richard Kern mit Frl. Ella Uebershär (Asl1u per Katfers- waldau).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Professor Dr. Det- mold (Göttingen). Hrn. Stabsarzt a. D. Dr. Lindenau (Gardelegen). Hrn. Prem.-Lieuk. von Hanstein (Quellendorf). Â

Gestorben: Hr. Pastor prim. Oskar Knoenagel (Goldberg i. Schles.—Breslau). Verw. Fr. Oberst-Lieut. Antonie von Altrock, geb. Becher (Charlottenburg). Fr. Gräfin Charlotte Beissel von Gymni®, geb. Freiin Groß von Trockau (Bonn). Hr. Kammergerichts: Referendar Alfred von Dincklage (Bad Rehburg).

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berit:

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutshen Buchdruterei und Verlags- Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Fünf Beilagen (einschließli Börsen-Beilage).

M 2295.

Nr. 38 der „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 21. September hat folgenden Inhalt : Perional-Kaheibi Gesundheitsstand. Mittheilungen über Volks-

anfheiten, insbesondere Cholera. Sterbefälle in deutshen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Sterblichkeit in nordamerikanishen Großstädten 1890. Witterung. Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. Thierfeuhen in Italien, 3. Januar bis 2. April. Rinderpest und Schafpocken in der Türkei. Veterinärpolizeilihe Maßregeln. (Preuß. Reg.-Bez. Posen, Malta.) Gesetzgebung u. \. w. (Deutsches Reich). Bacteriologishe Cholera- untersuhungen. Absperrungsmaßregeln gegen Cholera. Cholera- bekämpfung in Preußen, Württemberg, Baden, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Streliß, Oldenburg, Neuß ä. L., Lübeck, Bremen. (Reg.- Bez. Oppen.) Schlammkrankheit. (Jtalien.) Schweinefleish-Einfuhr. (Großbritannien.) Choleramaßnahmen. (BVelgien.) Ent- \hädigung für ges{lachtete Thiere. (Niederlande.) Choleramaß- nahmen. (Norwegen.) Desgl. Rechtsprehung. (Preuß. Ober- Verwaltungsgeriht.) Anwendbarkeit des § 132 Ges. vom 30. Juli 1883 in Impffachen. Vermischtes (Preußen.) S(hlesishe Bäder 1891. (Schweiz.) Moslkereiweisen. (Norwegen.) Irren- bâuser 1890.

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Entscheidungen des Reichsgerichts.

Instructionen und Dienstanweisungen einer behörd- lihen Instanz an die andere, welche lediglid den inneren Geschäfts- verkehr, die formale Geschäftsbehandlung, Fassung, Ordnung, Perio- dicität gewisser Corresvondenzen, Berichterstattungen oder dergleichen zum Gegenstande haben, fallen, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 11. Strafsenats, vom 2. Juni 1892, nicht unter die Strafbeftim- mung des § 131 des Strafgeseßbuchs, betreffend das Verächtlihmachen von obrigkeitlihen Anordnungen durch erdichtete oder entstellte That- sachen. Die Verunglimpfung derartiger behördliher Erlasse kann nur als Beleidigung der Beamten und Behörden, von denen fie ausgehen, verfolgt werden.

Ein Agenturvertrag, wodurch dem - kaufmännischen Agenten das Recht übertragen wird und er die Pflicht übernimmt, dauernd für den Umsaß der Waare seines Committenten in einem mehr oder weniger begrenzten Gebiete zu sorgen, kann, nach einem Urtheil des Reichs erichts, I. Civilsenats, vom 2. Juli 1892, vom Committenten adt willkfürlih gekündigt werden, .und dem Agenten gebührt wegen ungerechtfertigter Kündigung Schadens - ersaß. Anderersaits kann der Agent, selbs wenn der Vertrag auf bestimmte Zeit abgeshlofsen und für den Fall der vorzeitigen Auf- löfung eine Vertragsstrafe festgeseßt ist, weder Scha densersaß noch Strafe fordern, wenn infolge ungünstiger geschäft- liher Conjuncturen der Committent das betreffende Geschäft in lohnender Weise nicht weiterbetreiben oder nur unter Erhöhung der Preise weiter produciren bezw. anschaffen kann.

Statistik und Volkswirthschaft.

Praktisch-socialer Cursus. In M. -Gladbach is am 20.?September unter Bétheiligung von ca. 400 Theilnehmern ein fatholischer „praftisch-socialer Cursus“, eine sogenannte „Volksuniversität“, eröffnet worden.

Ergebnisse der Volkszählung von 1890 in Bayern.

In BaßHern giebt es gegenwärtig 244 Gemeinden, welche die städtische Eigenschaft besißen. Diese haben nach der Volkszählung von 1890 zufammen 1 712 650 Einwohner, während ihre Bevölkerung nach der Zählung von 1861 nur 1 086 592 betrug. Das ganze Königreich Bayern hatte nach der Volkszählung von 1890: 5 594 982, im Jahre 1861 : 4656 966 Einwohner. Die Städte umfassen gegenwärtig also nahezu den dritten Theil der Gesammtbevölkerung, im ahre 1861 umfaßten fie nicht ganz den vierten Theil. Die Bevölkerung des Königreichs hat in den 50 Fahren um 20,7 9/6 oder jährlich um 0,7 9/6, die Bevölkerung der Städte um 57,6 9/9 oder rund jährlih um 29/6, die nichtstädtische Bevölkerung um 8,7 9% oder jährlih um 0,3 9% zugenommen. (In Preußen hat sich die städtishe Bevölkerung seit 1875 nabezu in dem- telben Verhältniß 56,64 9/0 vermehrt.) Die stärkste Zunahme der städtishen Bevölkerung hatten die Städte über 100 000 Einwohner, nämli 130 9/6, sodann die Städte zwischen 20 bis 100 000 Einwohner, nämlich 90,8 9/6. Betrachtet man die vier größten Städte Bayerns mit mehr als 50000 Einwohnern (München jeßt 350594, Nürnberg 142 590, Augsburg 75 629, Würzburg 61 039), fowie die 25 mittleren Städte, welche eine Bevölkerungsziffer von 10 000 bis 50 000 Einwohnern auf- weisen, für fi, so findet man bei der ersteren Kategorie eine Be- völferungszunahme (seit 1861) von 112,8 9/9, bei der leßteren eine folhe von 66,3 9/0. Je größer also die Städte, desto stärker die Bevölkerungszunahme. Eine außerordentlih hohe Zunahme weisen (seit 1861) auf Ludwigshafen a. Nh. mit 547,5 9/0, Kaiserslautern mit 206 9%, Pirmasens mit 196,5 9/6, Rosenheim mit 143,7 9/6, München mit 131,296, Nürnberg mit 127,1 9/6, Fürth mit 125,9 9/6. Schwandorf mit 104,3 9/6 und Hof mit 103,5 9%. Abgenommen hat die Einwohnerzahl von Ingolstadt, Landau i. Pf., Neuburg a. D. und Germeréheim, was indeß nur auf der gegenwärtig gegen früher geringerenAnzahl von orts- anwesenden Militärpersonen Feri t. Eine wirkliche Bevölkerungs- abnahme weisen lediglih die von den Landgemeinden sich wenig unter- scheidenden kleinen und kleinsten Städte auf wie Königshofen mit 23,8 9/0, Erbendorf mit 20,2 9/0, Baiersdorf mit 18,8 9/6, Pressath mit 17,7 9/0, Kreufsen mit 16,2%, Rothenfels mit 14,6 2/9, Marktsteft mit 12,3 9%, Neustadt a. Kulm mit 12,1 9/9, Dinkesbühl mit 11,1 9/0, Bergzabern und Wachenheim mit je 10 9/6.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Beuthen Ob.-Schl. ‘wird der „Köln. Ztg.“ tele- graphish gemeldet, daß 125 R der Neuen Victoriagrube gestern unter den alten Bedingungen an- gea sind. i :

4 n Stettin dauert, wie die „Ostsee-Ztg.“ berichtet, der Aus- stand unter den dortigen Tischlerge]ellen noch immer fort. In den Werkstätten arbeiten nur einzelne, meist ältere Gesellen, die sich der Bewegung nicht anges{lossen und mit dem von den Meistern auf- gestellten Tarif einverstanden erklärt haben. Die Meister sind ver- eblich bemüht gewesen, dur Anzeigen in auswärtigen Blättern Gesellen ‘eranzuziehen, da diese Bemühungen dur die Strikenden hintertrieben werden. Es gelingt ihnen in den meisten Fällen, die zureisenden Gesellen hon auf dem Bahnhof abzufassen und sofort wieder zur Abreise zu veranlassen, oder wenn wirklih einzelne neue Gesellen ein- gestellt werden, verlassen auch diese unter der Einwirkung der Strikenden bald wieder die Werkstätten. Vorgestern Abend hielten die Meister eine Versammlung ab, in der dies T der Ge- sellen besprochen und über dagegen zu treffende Maßnahmen berathen wurde. Cs wurde beschlossen, diezur Uebèrwachung des Ausstandes gebildete Commission zu verstärken und regelmäßig bei den eintreffenden Zügen einige Mitglieder der Commission nah dem Bahnhof zu entsenden, um die ctwa ankommenden Gesellen sofort in Empfang nehmen zu

Erste Beilage x zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

1892,

Berlin, Freitag, den 23. September

Eönnen und bierzu erforderlichen Falls den Schuß der Polizei nah- ¿usuhen. Auch an auêwärtige Innungen will man sich wenden und um Zuweilyug von Gesellen ersuhen. Die endgültige Gründung eines Arbeitgeberbundes wird in einer zu Anfang nächster Woche ab- zuhaltenden Versammlung stattfinden.

Eine socialdemokratishe Parteiconferenz für den erften württembergishen Reichstags-Waßhlfreis, die am 18. d. M. inStutt- gart stattfand, verhängte, wie wir dem Bericht des „Vorwärts* ent- nebmen, über das Neuner’sche Etablissement in Stöckach den Boycott wegen Saalverweigerung. :

Hier in Berlin fand vorgestern eine Lon Anarchisten be- rufene Versammlung ftatt, die nah der „Köln. Ztg.“ auch von einer großen Zahl „unabhängiger“ Socialdemokraten besucht war und in der der Buchdrucker Wilbelm Werner auch das Wort nahm und erklärte, was fih jegt bei den Stadtverordnetenwahlen ereignete (vergl. die gestrige Nr. 224 d. Bl.) werde nur der Vor- läufer für die fommende Neichstagswahblbewegung sein.

Aus Brüssel meldet ein Wolffshes Telegramm: Mehrere hundert ergesellen zogen heute, von einer großen Menschen- mengé begleitet, zu einer neuerrichteten Gen ossenschaftsbädckerei, um fie zu plündern. Die zum Schuße der Bäckerei herbeigerufene Polizei mußte von der blanken Waffe Gebrau machen. Bei dem Hand- gemenge zwischen der Polizei und den Gesellen erlitten zwei Polizeiagenten \hwerere Verleßungen. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. Der „Voff. Ztg.“ wird aus Brüssel unter dem 21. d. M. ge- \schrieben: Im hennegauschen Orte Roeulrx ist gestern unter großem Gepränge ein fatholisches Arbeiterhaus eröffnet worden. Einen großen Erfolg verspricht sich die katholishe Partei von dena Congrefsse, den am 25. und 26. d. M. die „demokratisde belgische Liga“, eine Vereinigung katholischer Arbeiter und Arbeiterfreunde, in Brüssel abhält.

Aus Lens meldet ein Telegramm des „D. B. H.“ vom heutigen Tage: Troß des Arbeitermanifestes sind gestern Abend neue Un- uen ausgebrohen. Französishe Arbeiter griffen die Wohnungen der Belgier in Courcelles an. Die Gendarmerie erwies sich als unzureihend und mußte verstärkt werden.

Kunft und Wissenschaft.

Verein für Geschichte der Mark Brandenburg.

7 Sitzung vom 14. September 1892.

Herr Dr. Girgen}fo hn berichtete über einen Artikel der Revue d’histoire diplomatique (1891), in dem Herr Frédéric Mafsou in Páâris die Briefe des französishen Gesandtschafts - Attahés am Berliner Hofe, Ritters de Gaussen im Auszuge veröffentlicht. Herr de Gaussen war ein Gas8cogner. 1772 wurde er dem französischen

zesandten in Berlin Marquis de Pons attachirt. Ueber zehn Jahre hat er in der preußischen Hauptstadt gelebt. Wiederholt ift er in Vertretung des abwesenden Gesandten Geschäftsträger gewesen. Ein wichtigere Rolle scheint er nur bei den Verhandlungen, die zu dem Frieden von Teschen führten, gespielt zu haben. Friedrih der Große fannte ihn versönlih und sagte ihm gelegentlich eine fleine Schmeichelei, wie in einem Briefe vom 3. April 1783, wo es heißt: „Ihr (eigenes) BVerdienst wird nie verloren gehen. Wie ih es während Jhrer Anwesen- heit an meinem Hofe kennen gelernt habe, werde ih es stets in gleicher Weise zu s{häßen wissen und werde mih jedesmal freuen, zu hören, daß man Ihnen Gerechtigkeit widerfahren läßt und Ihr Verdienst belohnt.“ 1786 ging de Gaussen wiederum als Attaché des Marquis de Pons nach Stockholm. Er hat es in der Folge verstanden, bei den wechselnden Regierungen in Paris seinen Stock- holmer Posten bis 1793 zu behaupten, wo er auf die Emigrantenliste geseßt wurde. Zehn Jaßre hielt er sich verborgen und ließ sich todt melden. Er starb erst im Jahre 1843 im Alter von 96 Jahren. In feinen Briefen aus Berlin beschreibt de Gaufsen die Schlitten- fahrten, Promenaden, Soupers, das Sviel in der Gesellschaft, die Art des Servirens, die Höfe, die Soiréen und andere Vergnügungen, das Leben der auswärtigen Gesandten und ihrer Secretäre, die Nevuen und Manöver, die Schauspiele und Redouten in Berlin. Die mit- getheilten Thatsachen, die in einfaher und Vertrauen erweckender Sprache aufgeführt werden, ergeben ein Bild von der Berliner Ge- sellshaft vor hundert Jahren, das nicht besonders anziehend ift. Vieles erscheint dem Franzosen steif und altfränkisch, allgemein die Geld- mittel zu fnapp, um ein elegantes Gesellshaftsleben auffommen zu lassen. Dem König zollt der Franzose uneinge|hränkte Bewunderung. Fast übernatürlich scheint ihm seine Thatkraft, seine Energie bei Üeberwindung von Schmerzen und Krankheit, wo der Dienst für den Staat es verlangt. Den Fleiß der Militär- und Civilbeamten er wähnt er zwar auch, aber nit gerade lobend, eher tadelnd als ba- nausishe Eigenschaft. Jedenfalls kann die Publikation Massou?’s als willkommene Ergänzung der bereits bekannten Nachrichten über das Berliner Leben vor hundert Jahren betrahtet werden. h

Herr Archiv-Assistent Dr. Meinecke machte Mittheilungen über ein geplantes Seitenstück zu dem Schill'shen Unternehmen von 1809. Graf Gößen, der Führer der oberschlesischen Brigade, hat den da- mals an thn herantretenden Plan, die von den Franzosen beseßte Festung Glogau mit preußischen Truppen je nach den Um- ständen ohne Königliche Genehmigung zu überrumpeln, niht von der Hand gewiesen. Die Ausführung unterblieb wahrscheinlich, weil das Geheimniß niht gewahrt wurde. L E

Herr Amtsrichter Dr. Holze besprah die Entstehung der Kurmärkishen Lehnsfanzlei und die während der nächsten Fahrzehnte darin thätig gewesenen Beamten. Als selbständige Be- hörde erscheint sie erst seit 1558 unter dem soeben ernannten Kanzler Lampert Distelmeier als Vorsißendem und dessen Freunde Erasmus Seidel als Lehnssecretär. Die Nachfolger Seidel's, der hon 1562 starb, sind Joahim Schaum bis 1564, Joachim Steinbrecher bis 1598, Nickel von Kötteritsch bis 1612 und Sebastian Striege bis 1649. Ihre Stellung wurde im Laufe der Zeit eine immer einfluß- reichere und selbständigere. Zum theil hing dies damit zusammen, daß es bis in das 17. Jahrhundert hinein dem Lehnssecretär über- lassen blieb, die Räumlichkeiten für die Kanzlei in seiner Wohnung zu beschaffen, sodaß der unmittelbare Verkehr mit seinem Vorgeseßten, dem Kanzler, sehr erschwert war. Unter Steinbrecher befand sich die Lehnskanzlei bis 1581 in der Klosterstraße neben dem Gymnasium, dann aber in seinem Burglehn, Heiligegeiststraße 10, unter feinem Nachfolger in dem in E Straße belegenen Hause der Frau von Bellin, geb. von Lüderiß. S S

Herr De Landwehr D e einige Mittheilungen zur Geschichte des Lüßow’ schen Freicorps. Zunächst führte er den Nachweis, daß die kürzlih erschienene Geshichte des Lüßow'schen Frei- corps von von Jagwitz werthlos sei, da sie in den wichtigsten Partien aus Schlüsser's bekanntem Werke und K. v. £.'s Adolf von Lützow's Freicorps in den Jahren 1813 und 1814 seitenweise ohne Quellenangabe abdruckt. So wird über den Ueberfall bei Kißen, die Operationen im Mecklenburgishen und Holsteinschen, die Belagerung von Jülich gar nichts Neues geboten. Anknüpfend an das völlig un- zulängliche Verzeichniß der Lüßower bei Jagwiß wurden einige Mit- theilungen über Lüßower gegeben und hierbei noch ausgeführt, daß der Verfasser der 1863 erschienenen Broschüre über ‘den Ueberfall bei Kißen der Domänen-Rath Gesner war. In gleicher Weise erwies ih die Darstellung der Vorgänge in Rogau, wie sie Jagwiß gegeben hat, als unhistorisch. Den wahren Sachverhalt hat ein früherer Liüßzower, Pastor Hoffbauer, erzählt.

Der Verein für deutsches Kunstgewerbe wird am Mittwoch, den 28. September, im Architektenhaufe seine erste Sizung nah dsn Ferien abhalten. Die Commission, welche \. Z. zur Be- rathung der Ausstellungsfrage eingeseßt worden ift, wird durch ihren Vorsitzenden Herrn L. P. Mitterdorfer über ihre Thätigkeit be- richten. Außerdem werden neu erschienene kfunstgewerblihe Werke und Vorlagen aus verschiedenen Gebieten des Kunstgewerbes aus- gestellt sein. -

Ueber Funde aus“ bvorgeschichtlicher Zeit Wd der „Magdb. Ztg.“ aus Haynau in Schlesien unter dem 18. d. ‘M. be- richtet: Ueberaus werthvolle, für die anthropologishe Wissenschaft bôdhst bedeutsame Funde wurden in der Nähe unserer Stadt und in der nächsten Umgebung gemacht. Hier is nämlih ein mächtiges Gräberfeld entdeck worden, das sch bis nah Göll- shau hinzieht. Die angestellten Ausgrabungen, die gegen- wärtig wegen dringliher Kiesgewinnungs-Arbeiten eingestellt werden müßen, haben ganz außerordentlihe Ergebnisse gehabt. Der Begräbnißplat, der viele Gräber enthält, umfaßt eine Fläche von 30 Morgen. Die auf dem einen Theil des Plate dem nördlichen, aufgefundenen Gefäße und Metallftücke weisen darauf hin, daß dieser einer früheren Zeit angehört als der andere Theil des Gräber- feldes: denn während man auf dem erfteren in der Mehr- zahl Geräthe, Shmuck- und Waffenstücke aus Eisen vorgefunden hat, bemalte Gefäße aber gänzlih febltén, grub man auf leßterem fast nur Bronzestücke und Urnen in verschiedenster Gestalt und Ver- zierung aus. Von den gemachten Funden seien erwähnt: 12 feine röbrenförmige Bronzedrahtspiralen, mehrere Ringe und Nadeln, ein Thonring (diefer dürfte ein Theil eines Halsschmudckes sein) und eine einen halben Meter lange Lanzenspitze, die, etwa 120 m von den Grabstätten entfernt, von einem Arbeiter aufgestöbert wurde.

Bei Baggerungen im Altrhein kurz unterhalb der alten Neckarmündung bei Mannheim wurde am 15. August aus einer Tiefe von etwa 1 m aus dem Kies ein Helm aus Bronze zu Tage gefördert. Die „Karlsr. Ztg.“ giebt von dem Funde nach- stehende Beschreibung: Die glatte Helmkappe umzieht am unteren Rand ein eingravirtes Zierband von punktirten Dreiecken und Zizack- streifen; sie wird darunter begrenzt von einem \{chnurartig gewundenen Wulst, der sih nah hinten zu einem furzen Nackenschild verbrettert. Der Helm ist, abgesehen von einem kleinen Riß in der Kavve, nicht nur vollständig erhalten, sondern auch, dank seiner Lagerung im Schlamm, durchaus blank. Form und Verzierung weisen auf vor- römische Zeit, vielleiht das zweite oder dritte Jahrhundert v. Chr., aljo wohl auf gallishen Ursprung. Das seltene Stück befindet ch jeßt in der Großherzoglichen Staats-Alterthümersammlung zu Karlsruhe.

Die von dem Director des Museums. von Alerandrien, Botti, geleiteten Ausgrabungen zwischen Chatbi und Jbrahimieh in Egypten haben, wie man der „Köln. Ztg.“ . schreibt, zur Ent- deckung einer hbeidnishen Nefkrovole aus dem ersten und zweiten Jahrhundert n. Chr. geführt. Diese Todtenfstadt liegt gegenwärtig in einer Tiefe von 14 m; sie ift in weichen Kalkstein ein- gegraben und umfaßt viele zimmerartige Räume und Durchgänge, zu denen man mittels einer gleichfalls in den Felsen eingehauenen Treppe gelangt. In den Räumen liegen die Körper aus8gestreckt und in den Cen stehen große, aut? gebranntem Thon gefertigte Gefäße, welche Knochenreste enthalten. Dieser Umstand {eint darauf hin- zuweisen, daß man, um Raum für die später Verstorbenen zu schaffen, die vorhandenen, aus früberen Zeiten ftammenden Gebeine in den erwähnten Gefäßen sammelte. Leßtere, mit Namen verseben, sind zwar unverleßt, aber sehr einfah und ohne interessante Ver- zierungen.

Land- und Forstwirthschaft,

Ernte-Ausfall.

Im Regierungsbezirk Königsberg haben die Wintersaaten fowie die Blattfrüchhte im allgemeinen eine recht gute Mitt-lernte er- geben. Das Gesammtresultat der Klee- und Heuernte muß ebenfalls als ein recht befriedigendes bezeichnet werden. Nur in dem Kreise Labiau ist infolge der übermäßigen Niederschläge im Monat Juli und des hierdurch entstandenen Sommerhohwassers das Heu der meisten einschnittigen Wiesen, welches noch draußen lag, in den niedrig ge- legenen Landstrihen auf ein Minimum reducirt. Der Ernteertrag der Kartoffeln wird vorauësichtlich ein zufriedenfstellender werden.

Nonnenrauve.

In den Forsten des Regierungsbezirks Königsberg hat die Nonnenraupe an Verbreitung gewonnen. In mehreren Revieren im südlichen Theile des Bezirks if gegen sie mit der Anlegung von Leimringen vorgegangen worden. In der zweiten Hälfte des Juli furz vor der Verpuppung find in verschiedenen Oertlichkeiten Krank- beitsersheinungen an der Nonnenrauven beobahtet worden, fodaß zu hoffen steht, das Insect werde infolge klimatisher Einwirkungen oder der Verbreitung des Nonnenbacillus und der nonnenfeindlichen Insecten allmählich zu Grunde gehen.

Handel und Gewerbe,

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 22. d. M. gestellt 10 370, niht rehtzeitig gestellt feine Wagen. E In Oberschlesien sind am 21. d. M. gestellt 3648, nit rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Die nächste Börsenversammlung zu. Essen findet am 26. September im „Berliner Hof“ statt.

Frankfurt a. M., 21. September. (Getreidemarktbericht von Joseph Strauß.) Weizen verkehrte weiter in_ angenehmer Haltung. Kauflust für hiesige Landwaare und russishe Sorten reger; Preise stramm, New-Yorker Curse dominiren; ab Umgegend 16è— 17 M, frei Bahn hier 17—} M; erotishe Sorten 17—18} A In Roggen fand die wiederholt betonte gesunde Lage in der Preis- bewegung prägnanten Ausdruck: à 15,60 Æ detailirt. Gerste nicht mehr in dem Umfange lustlos, wie bisber, die Notiz bleibt 16—18 A je nach Qualität und Her- kunft. Hafer höher gehalten und fester, 14{—154 # Ravs unwesentlihes Geschäft, 24—} # Mais Umsägze klein; Mired zu shäßen 13 , La Plata 123—} # Roggenkleie 10¿—11 A und Weizenkleie ca. 9 Æ im Werthe kaum ver- ändert. Spelzenspreu steigend; per Centner 1,50 4 gehandelt. Torfstreu as für Roggenstroh): Umsäße kebhaft, besonders rege wurde effective Waare für prompte und spätere Lieferung gefragt ; Locopreis notirt 1,10—14 Æ per Centner. Malzkeime: fort- dauernd knapp offerirt, 103—} 4A; Münchener Börse dominirt. Heu: zahlreihe Ankünfte und verstärktes Angebot, Preise rückgängig per Centner 4—+ Æ Aepfel (Kelterobst) bei an- dauernd den Bedarf überschreitenden Zufuhren ftark s{chwankend; etwa 9 Æ, ergquisite Sorten viel darüber. Mehblmarkt: Weder in Tendenz noch in den Preisen verändert. In Roggenmehl bestand etwas Frage für Export, was der Preishaltung infofern zu gute kam, als die äußerst geringe Kauflust der Bäckereien keine Abschwähung zur Folge hatte. Hiesiges Weizenmehl Nr. 0 29—30 ,

Nr. 1 26:—275 #, Nr. 2 25:—265 M, Nr.3 23} —24l M 2 L 1 2 1

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