1892 / 234 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Oct 1892 18:00:01 GMT) scan diff

S. M. Kreuzer Corvette „Prinzeß Wilhelm“, Com- mandant Capitän zur See Boeters, ist am 1. Oktober in Gibraltar, S. M. Kanonenboot „Wolf“, Commandant Corvetten-Capitän Hellhoff, an demselben Tage in Fusau eingetroffen.

Dem Kaiserlihen Gesundheitsamt vom 3. bis 4. Oktober, Mittags, gemeldete Cholera-Erkrankungs- und Todesfälle:

E

gestorben S

ck e E f H

E E E —— —— O

Staat und Betr

o gestorben S

erkrankt erkrankt

Hamburg. Hamburg.

Preußen. Schleswig.

Altona. 6| 4| 10| 8 Wandsbeck. —| —] 1| Vereinzelte Erkrankungen:

Regierungsbezirk Stettin: in der Stadt Stettin 2 Todesfälle. i E A

Regierungsbezirk Stade: in einem Ort des Kreises Kehdingen 1 Erkrankung, von Hamburg eingeschleppt.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Weimar, 3. Oktober. Jhre Majestäten die Königin und die Königin-Regentin der Niederlande sind euie Aba. O E Vier eingeltofen Alf dem Bahnhofe fand großer Empfang statt, zu dem alle Mitglieder des Großherzoglihen Hauses erschienen waren. Nach Begrüßung Jhrer Majestäten durch Jhre Königlichen Hoheiten den Großherzog und die Groß- herzogin begaben sih die Königlichen und Großherzoglichen Herrschaften zu Wagen nah dem Schlosse.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Coburg, 3. September. Seine Hoheit der Erbprinz und Ihre Königlihe Hoheit die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen haben sich mit der Prinzessin Feodora heute Nachmittag von hier nah Schloß Altenstein bei Meiningen begeben.

N Der gemeinschaftlihe Landtagsausschuß für die Herzogthümer Coburg und Gotha is heute hier zusammen- getreten. :

In dem die Stadt Waltershausen, das Schloß Tenne- berg und den Ort Jbenhain umfassenden Wahlkreise des Herzogthums Gotha ist gestern der Socialist Bock-Gotha in den Landtag gewählt worden.

Oesterreich-Ungarn.

Beide Delegationen sind, wie bereits gestern aus Budapest kurz gemeldet wurde, gestern Nachmittag vom Kaiser empfangen worden.

Zie n 2E wütde die SMNCLLELWGE Delegation empfangen. Hierbei gab der Präsident Ritter von Chlumecky in seiner Ansprahe an den Kaiser der unwandelbaren Treue Ausdruck, hob die Schwierigkeit der Vereinigung der Rücksihtnahme auf die s{chwerbelastete Be- völkerung mit den erhöhten Anforderungen für das Heer hervor, dessen Schlagfertigkeit eine verstärkte Bürgschaft für die Segnungen des Friedens sei, und sicherte das ernstliche Bestreben der Reichsraths - Delegation zu, allen Nückfsihten entsprechend Rechnung zu tragen, welche Aufgabe durch die Ueberzeugung erleichtert werde, daß die väterlihe Fürsorge des Kaisers allen Zweigen des Staatslebens gleihmäßig zugewendet und is unablässiges Bemühen auf die Erhaltung und Befestigung

es europäischen Friedens gerichtet sei, wofür die Bevölkerung

den Kaiser segne. Die Ansprache {loß mit der Bitte zu Gott, daß die milde Hand des Kaisers noch ret lange die Geschicke des geliebten Vaterlandes lenken möge.

Um 1 Uhr wurde die ungari se Delegation empfangen. Hierbei richtete der Präsident Graf Tisza eine Ansprache an den Kaiser, worin er die Ueberzeugung aussprach, die unga- rische Delegation werde den richtigen Weg finden, um der Re-

ierung durch Bewilligung der erforderlichen Mittel die Fort- Fauna einer den Jnteressen und dem Ansehen der Monarchie entsprechenden Politik zu ermöglichen: er hoffe auf die Erhal- tung des Friedens, wofür ein festes Unterpfand die Aufrecht- haltung des Dreibundes und die Consolidirung der Verhält- nisse im Orient sei; auf dem Gebiete der internationalen Politik seße die ungarische Delegation, ungeachtet einiger klei- neren unliebsamen Erscheinungen, Vertrauen in die Zukunft.

Die Erwiderung des Kaisers auf diese Ansprachen lautet nah cinem Telegramm des „W. T. B.“ wie folgt:

„Die Gefühle der treuen Ergebenheit, die Sie mir ausgedrüt haben, erfüllen mih mit aufrihtiger Genugthuung, und ih spreche Ihnen dafür meinen warmen Dank aus. Die auswärtige Lage hat sich seit der leßten Session der Delegationen nicht wesentlich verändert. Unsere Beziehungen zu allen Mächten sind durchaus freundliche geblieben und vertrauensvolle. Das Zusammenstehen mit den uns verbündeten Reichen bewährt auch fortan seine Heil bringende, Frieden erbaltende Wir- fung. Das RNuhebedürfniß der Völker und die Sorge um ihr materielles Wohl üben unverkennbar einen mäßigenden Einfluß auf die internationalen Verhältnisse aus; auch sind die Bemühungen meiner Regierungen im vergangenen Jahre vielfach auf die Regelung der ökonomischen Fragen und inébesondere dahin gerichtet gewesen, die Handelsbeziehungen der Monarchie durch den es von Verträgen für eine Reihe von Jahren auf eine gesicherte Basis zu stellen. Nebst den bereits in Kraft getretenen Verträgen mit Deutsch- land, Italien, der Schweiz und Belgien sind nunmehr auch die Verhandlungen mit Serbien zu einem befriedigenden Ao ge- langt, und ih hoffe, daß auch dieser Vertrag zu beiderseitigem Nußen baldmöglichst ins Leben treten wird. Das Gefammterforderniß für das Heer und die Kriegsmarine hat meine Regierung mit gewissen-

haftester Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse der Monarchie nach ADgOeE des unerläßlich Nothwendigen festgestellt. Die gegen das Vorjahr sich darstellende Erhöhung ist keine unerwartete, derin sie betrifft zumeist wiederholt erörterte Anforderungen meines Kriegs- Ministers, die theilweise aus finanziellen Gründen zurückgestellt waren, nun aber für die fortschreitende Erstarkung und die technische Vervollkommnung der Wehrfkraft unbedingt nothwendig werden. Die Cinnahmen Bosniens und der Herzegowina werden auch in diesem Jahre zur Dcckung der Kosten der Verwaltung dieser Länder um \o

gewisser ausreichen, als auf allen Gebieten des wirthshaftlihen Lebens ein \tetiges Fortschreiten conftatirt werden kann. Im Vertrauen auf die Einsicht und den Patriotismus, mit dem Sie an Ihre Aufgabe herantreten, wünsche ich Ihren Arbeiten besten Erfolg und heiße Sie von Herzen willkommen.“ : 5

Wie „W. T. B.“ meldet, machte die Erwiderung des Kaisers wegen ihres friedlichen Charakters sowie-wegen ihrer Klarheit und Offenheit den besten Eindruck. ;

Nah dem Empfang der österreichishen Delegation fand Cercle statt, bei dem der Kaiser, wie die Budapester Blätter melden, fast alle Delegirten durch Ansprachen aus- zeihnete. An Professor Sueß gewandt, rügte der Kaiser die Vorgänge im niederösterreichishen Landtage und gab ferner der Hoffnung Ausdru, daß die Cholera-Epidemie eingeschränkt bleiben werde. Den früheren Finanz-Minister, Delegirten von Dunajewski begrüßte der Kaiser mit Handschlag und sprach dem Delegirten von Jaworski gegenüber sein Bedauern dar- über aus, daß er Galizien nicht habe besuchen können. Der Besuch sei niht wegen seiner Person unterblieben ; übrigens sei auf- geshoben niht aufgehoben. Auch mit dem Delegirten Richter sprach der Kaiser über den niederösterreichishen Landtag und äußerte, so könne es nicht weitergehen, eine gedeih- lihe Arbeit unter solchen Verhältnissen sei unmöglich, das sei eine Schande vor der ganzen Welt. Zum istrianischen Delegirten Spincic, der sih als der erste Slave aus Jstrien vorstellte, soll der Kaiser geäußert haben: „Sie haben uns in leßter Zeit durch Jhre Haltung viel Kummer gemacht“. Bei den Jungczechen berührte der Monarch ein politishes Thema nicht.

Später fand eine Sißung des Budgetausschusses der österreihishen Delegation statt. Hierüber liegt folgender ausführliche Bericht vor: -

Der Jungczehe Ey m führte in längerer Nede aus, das böhmische Volk fei ein Seguec des Dreibundes, obwohl ihm jede Feindseligkeit und Voreingenommenheit gegen Deutschland und Italien fern liege; es begleite die Orientpolitif Desterreihs, die dieses leßtere in einen immer scärferen Gegensaß zu Nußland bringe, mit Angst und Bangen. Errichtean die Regierung die Anfrage, obder veröffentlihteBündnißvertrag mit Deutschland sammtliche zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn getroffenen Vereinbarungen vollinhaltlih aufzähle oder ob er weitere Clauseln enthalte, welche Desterreih auch außerhalb feiner Neichsgrenzen Schuß und Garantie bieten, wenn es sih genöthigt sehen follte, infolge einer Verleßung feiner vermeintlichen Interessen auf der Balkanhalbinsel die militärische E zu ergreifen. Er bitte um Beantwortung der weiteren Frage, ob in dem Falle, daß solche geheimen Clauseln existirten, deren Veröffentlichung erfolgen und unter welchen Bedingungen dies geschehen werde. Ferner erbitte er Auskunft darüber, ob ein österreichisch-italienisher oder ein gemeinsamer deuts-öfterreih!s{-italienischer Vertrag eristire, sowie ob dessen Veröffentlichung in Ausficht genommen fei. Schließlich richte er an die Regierung die Anfrage, wie zur Zeit die Beziehungen Oesterreihs zu Nußland beschaffen seien. L i j

ea erklärte der Delegirte von Jaworski, er habe nicht die Absicht gehabt. das Wort zu ergreifen; gegenüber den principiellen Erklärungen Eym's müsse er jedoch feststellen, daß der Standpunkt der Polen jenem Eym?s diametral entgegengesetzt sei.

Der Delegirte Dr. von Plener betonte, die Deutschen ebenso wie zahlreiche Angehörige anderer Nationalitäten erblickten in dem Vündnisse mit Deutschland und Italien eine wichtige Basis der ganzen europäischen Politik und die Grundlage des S und der Sicherheit der Monarchie. Im ferneren Verlaufe seiner Rede hob Redner die wesentliche Besserung des Verhältnisses zu Italien hervor und gab seinem Danke gegenüber den italieni]chen Politikern Aus- druck, welche dieses friedlihe Verhältniß verträten.

Hierauf ergriff der Minister des Auswärtigen Graf Kálnoky das Wort. Im Eingange seiner Nede wies der Minister darauf hin, wie wenig die ohne die übliche frühere Mittheilung an ihn gestellten Fragen des Abg. Eym über die wichtigsten Angelegen- heiten dem allgemeinen parlamentarishen Brauch sowie den loyalen Gepflogenheiten und Traditionen der Delegationen ent- sprächen. Sodann betonte Graf Kälnoky, wie falsch die Behauptung Eym?'s von der auéschließlihen Behandlung der aus- wärtigen Politik in halbgeheimen Commissionen sei, indem einerseits jedermann die freieste Meinungsäußerung im Plenum gestattet sei, wovon auch jedeémal der Ängebeno te Gebrauch gemacht werde, anderer- seits die vertraulihe Behandlung gewisser Seiten der außs- wärtigen Fragen behufs Vermeidung aufreizender Mißverständnisse ganz unerläßlih sei. Auch die Beurtheilung der auswärtigen Politik aus einem rein nationalen Gesihhtspunfte, wie der Abgeordnete Cym sie ble i m eine Siat mt vielen Bollerstämmeéii wie Oesterreih unmöglih. Ferner müsse er entschieden die Be- rechtigung Eym’s bestreiten, seine Anschauung als die ausfchießliche des czechi]hen Volkéestamms hinzustellen. Er fei in einem großen Lande mit czehisher Vevölkerung zuhause, wo_ die extremen An- sichten Eym's nicht vorherrschten. Auch in den Delegationen seien seit Jahrzehnten die Czechen, sogar die Jungczechen vertreten gewesen, ohne éine fo extreme Stellung wie Eym einzunehmen. Plener's Erwiderung stimme er voll zu; er habe biéher das fkeines- wegs auf Einbildung begründete Gefühl, daß seine Politik die Billigung und Unterstüßung der Delegation finden werde, wodurch für die Stellung Oesterreih-Ungarns zu der all- gemeinen Lage Europas eine feste Bafis gewonnen und in alle Schichten der Bepölterung das Gefühl der Sicherheit hineingetragen werde. Die Wirkungen von Reden, wie die Eym's, könnten nur unheilvoll sein. Eine detaillirte Beantwortung feiner keineswegs anfpruchslosen Wünsche erwarte Cym wohl selbst niht. Was dessen Frage anlange, so sei der Vertrag mit Deutschland ein offenes, ehrliches Defensivbündniß, das anstandslos in seiner Totalität publicirt werden könnte. Es enthalte keinerlei geheime Klaufel, habe nach feinem Charakter eine solche au nit nothig. Dex Vertrag mit Jkalien sel in allen seinen Theilen und seiner Wesenheit gleih defensiven Charakters. Die Thatsache, daß der Vertrag nicht publicirt sei, be- weise, daß die Gcheimhaltung vereinbart und daher die einstige Publikation ausgeschlossen sei, eine solhe sei auch von keiner Seite beaktsichtigt. Betreffs des Verhältnisses zu Rußland wies der Minister die tendenzióse Insinuation zurück, als ob die Handels- vertragsverhandlungen zwis{hen Berlin und St. Petersburg darauf von Einfluß wären. Die wichtigen Beziehungen zwischen beiden Höfen hätten nie aufgehört, poëteeflie zu sein, die Beziehungen der beiderseitigen Regierungen seien freundschaft!lihe und normale und hâtten in neuerer Zeit keine Aenderung erfahren. Betreffend den Ha n- delsvertrag mitSerbien, so werde von ihm nicht vorausgeseßt, daß derselbe infolge des Wechsels der serbischen Regierung nicht acceptirt werden würde, da er in erfter Linie für Serbien selb nothwendig sei; bisher sei die serbishe Regierung mit einem Anfuchen um Ver- längerung des Natifikationstermins nicht hervorgetreten. Ueber die allgemeine Situation sei nicht viel Interessantes zu sage, wel nit, viel Neues b (E Ser Que

emeinen Situation sei seit der legten Delegation keine emerkenswerthe Aenderung eingetreten; noch immer_ seien in dem europäischen Staatensystem dieselben gegensäßlihen Strömungen vorhanden: aber in der öffentlichen Meinung fei eine große Beruhigung eingetreten. Die Kriegsvorbereitungen würden allseitig und confequent fortgeseßt. Wie dies im Osten und Westen der Fall, so dauerten fie au in Central-Europa fort, allein man beginne sich an dieses chronische Vebel zu gewöhnen, um so mehr, als dies die Regierungen bei der Inangriffnahme großer ökonomischer, auf eine lange Friedenédauer berechneter Actionen nit behindere. Unzweifelhaft habe auch der Abschluß der Handelsverträge günstig auf die allgemein- Meinung eingewirkt. Die in mehreren Staaten eine

wichtigen Cabinets- und Personen- wahrscheinlih wesentlihe Aenderungen der Macht nicht bewirken,

getretenen wechsel würden {d Lage oder der äußeren Politik der betreffenden Ma da die Gruppirung der Mächte auf tieferen politischen Motiven und Interessen beruhe. Der leßte Ministerwehsel in Rumänien habe nihts an der Richtung der Politik diefes Landes und an seinen freund- lichen Beziehungen mit Oesterreih-Ungarn geändert. Der leßte Umsturz in Serbien sei unausweihlich gewesen. Im Interesse des Nachbar- staateë, für welchen die Stabilität und Entwickelung der inneren Verhältnisse besonders wünschenswerth sei, könne er nur wünschen, daß es die neue Krise bald überwinde. Dies sei jedoh eine rein interne Frage. Die neuen serbischen Minister müßten sehr unaufrihtig sein, wenn fie troß ihrer entschiedenen Er- flärungen andere als freundschaftliche G n zu Oester- reih - Ungarn anstreben follten. Auch in talien seien neue Männer an die pi der Regierung getreten, ohne eine Aende- rung in den freundshaftlihen und cordialen Beziehungen zu Oesterreih-Ungarn herbeizuführen. Endlich sei in England ein wih- tiger Wechsel der Regierungépartei eingetreten, aber au dort sei die auswärtige Politik auf die Basis der Reichsinteressen gestellt und in ihren großen Linien und Zielen von den Personen der jeweiligen Regierung allein niht abhängig. Die leßten Jahre zeigten troß wiederholter Ministerwechsel eine wohlthuende Continuität der auswärtigen Politik Englands. Angesichts der Billigung der Richtung Salisbury's in der ganzen öffentlihen Meinung Englands sei kaum anzu- nehmen, daß die englishe Politik in der nächsten Zeit eine wesentlihe Aenderung erfahren werde. Die Lage im Orient sei in neuerer Zeit stabil geblieben, indem da- felbst in einzelnen kleinen Staaten ein stetes Fortshreiten der Con- solidirung bemerkbar sei. Oesterreih-Ungarn wünsche im Orient feine Festseßung oder privilegirte Stellung, fondern daß jeder der dortigen Volksstämme im Geiste und unter dem E der Verträge sich selbständig entwickele und volkswirth- schaftlich aufshwinge. Dies sei in Rumänien in höherem Grade der Fall. Die Entwickelung Bulgariens “schreite sehr rasch und auf einer gesunden Basis fort. Serbien wünsche er in dessen Interesse die Erringung gleicher Erfolge wie seinen beiden Nachbarn. Der Minister resümirte zum Schluß die Beurtheilung der allgemeinen Lage in dem Satze: „Die Beziehungen zu allen Mächten sind befriedigend, die Constellation Europas WaPsend rieb er E U Besorantsfen keine besondere Veranlassung, indem die Mächte, ob- [hon sie in den militärt]Pen Boxtberettungen nit einhälten, [ih in der VerstWeruüng begegnen, daß ste den Frieden entschieden wollen und an keine Aggres- sion denken.“ Ï E :

Der Ausschuß beschloß hierauf mit allen gegen die Stimme des Delegirten ECym, daß in dem Berichte das volle Vertrauen des Aus \chusses ausgedrückt werde, womit er die Auseinanderseßungen des Ministers begleitet habe und welches er in die zielbewußte, auf die Erhaltung des Friedens gerichtete Politik des Ministers seße.

Der Erzherzog Rainer begiebt sich am Mittwoch nah Weimar, um den Kaiser bei der goldenen Hochzeit des Großherzogs und der Großherzogin von Sachsen-Weimar zu vertreten.

Großbritannien nund Frland. Amtlicher Mittheilung zufolge hat „Pritish East- Africa Company das Anerbieten der Regierung, bis zum 31. März n. J. in Uganda zu bleiben, angenommen.

Rußland und Polen.

Im ersten Semester d. J. betrugen die ordentlichen Reichyseinnahmen 397 500 000 Rubel gegen 403 900 000 Rubel im Vorjahre, die außerordentlihen 162400 000 Rubel gegen 19 200 000 Rubel, die ordentlichen Reichs- ausgaben 420300 000 Rubel gegen 396 500 000 Rubel im Vorjahre und die außerordentlihen 76500 000 Rubel geben 10 100 000 Rubel im Jahre 1891.

Der „Börsen-Zeitung“ zufolge beabsichtigt der Leiter des Finanz-Mînisteriums Witte für 1893 ein Neichsbudget aufzustellen, welhes ohne Deficit abschließe. Dazu foll keine innere Anleihe aufgenommen werden, sondern es sollen zur Deckung des Ausfalls der Einnahmen sowie zur Hebung der gegenwärtigen, durch die Mißernte und die Cholera ver- ursachten Krisé, Creditbillets für Rehnung des vorhandenen bedeutenden Goldvorraths ausgegeben werden. Ferner sei Witte gesonnen, die Reichseinnahmen durch indirecte Steuern zu vermehren. z

Jtalien.

Der demokratishe Abg. Ferrari hat, wie „H. T. B.“ meldet, vorgestern eine Rede gehalten, worin er bemerkte : Die Demokratie nehme die Einrichtungen des Landes an und werde die Negierung unterstüßen, wenn sie dem demokratishen Pro- gramm Jens die Steuern vermindere.

Spanien. Die dänische Corvette „San Thomas“ ist gestern in Cadix eingetroffen. 0 e | Zum General des Jesuitenordens ist bei der im Loyola-

Kloster in Guipuzcoa vorgenommenen Wahl nah einer Mel-,

dung des „W. T. B.“ der spanische Jesuitenpater Martins gewählt worden. Schweiz.

Die ständeräthlihe Commission für die bundesräthliche Vorlage über das Zündhölzhen-Monopol hat nah dem „Bund“ mit einer Mehrheit von fünf gegen zwei Stimmen nh grundsäßlih für das Monopol ausgesprochen und die Vorlage des Bundesraths mit einigen Aenderungen ange- nommen, sih dagegen vorbehalten, die definitive Nedaction beim Beginn der Wintersession festzustellen. j

Die Bevölkerung des Cantons Graubünden hat mit einer Majorität von etwa 4000 Stimmen, wie „H. T. B.“ berichtet, die Verfassungsänderung angenommen, wonach an die Stelle der bisher vom Großen Nath ernannten Regierungscommission von drei Mitgliedern ein vom Volk gewählter, aus fünf Mitgliedern bestehender Regierungsrath treten soll.

Belgien.

Nach ciner aus Washington eingetroffenen Meldung wird die internationale Münzconferenz am 22. No- vember in Brüssel zusammentreten.“ Achtzehn Länder haben die Theilnahme daran zugesagt.

Der Stadtrath von Brüssel hâl dem. „Q. D. B? zufolge eine Resolution an die Kammer gerichtet, worin er sih für das allgemeine Wahlrecht und dessen Einfügung in die Verfassung ausspricht. 2 :

Vorgestern fand in Brüssel auf dem Jreller Kirchhof eine Erinnerungsfeier für den General Boulanger statt. Rochefort hielt eine Rede, worin er auf die „Verleumdungen“ des Ministers Constans gegen ihn und den verstorbenen Freund undaufseine eigene Verbannung anspielte. Mehrere Rufe: „Es lebe Rochefort! Es lebe die Amnestie!“ wurden laut. Ein weiterer Zwischenfall ereignete sih niht. Der Kirchhof war polizeilich stark beseßt, die Zahl der Manifestanten betrug ungefähr 400.

Türkei. Die russische Dol ans in Konstantinopel soll der „Pol. Corresp.“ zufolge die Absicht haben, nunmehr der Pforte ‘eine Note zu übergeben, worin die Forderun O des Rücckstandes der türkishen Kriegsschuld erhoben wird. Den Beweggrund zu diesem Vorgehen der russischen Regierung suhe man fo bemerkt das genannte Blatt in diplomatischen Kreisen Konstantinopels, abgeschen von der Haltung der Pforte gegenüber Bulgarien, auch in der Absicht * Rußlands, auf die (Pdebenden Handelsvertragsverhandlungen mit der Pforte einen gewissen Druck auszuüben.

Dänemark.

Der Reichstag is gestern eröffnet worden. Beide Kammern haben, wie „W. T. B.“ berichtet, ihre Präsidenten wieder gewählt. Heute wird das Budget vorgelegt werden.

Amerika.

Vor einigen Tagen hat nach der „A. C.“ die meri- kfanishe Regierung der canadischen officiós den Ab- schluß eines auf Gegenseitigkeit beruhenden Handels- vertrags vorgeschlagen. In Meriko sollen die Me auf canadishe Brodstoffe, Maschinen und Jndustrie- producte herabgeseßt werden, freie Einfuhr von mexikanishem Silber und Hanf gestatte. Der canadishe Finanz- Minister Foster hat dem mexikanishen Staatssecretär geantwortet, daß der Vorschlag in Erwägung gezogen werden solle. Er werde sich bemühen, das Parlament zu veranlassen, eine Dampfschiffahrtslinie zwischen Halifax und Tampa in Florida zu fubventioniren. :

Dem „New York Herald“ wird aus Valparaiso ge- meldet, daß Präsident M ontt eine Botschaft an den Congreß gesandt hat, worin er eine außerordentlihe Tagung be- antragt zur Berathung des zwischen Frankreich und Chile dba c tossenen Vertrages und anderer dringliher An- gelegenheiten, wie der Gründung von Colonien und des Bud- gets für 1893. Auch die Währungsfrage wird zur Verhand- lung kommen.

Zucker, Baumwolle,

Kunft und Wissenschaft.

Am 5. d. M. beginnt ein Cursus der Anschauung antiker Kunst in Jtalien für Gymnasiallehrer aus dem Deutschen Reich unter Führung des Kaiserlichen archäologischen Instituts in Rom, wie er bereits im Herbst vorigen Jahres stattgefunden hat.

Die Aufforderung zur Theilnahme ist dieses Mal nicht

vom Jnstitut öffentlih ergangen, R die deutschen Re- enes baben nah Vereinbarung Theilnehmer dazu an- emeldet. 5 Man wird in Florenz si treffen, über Orvieto nah Nom, wo der längste Aufenthalt genommen wird, und bis Neapel mit Pompeji und Paestum gehen, im ganzen auf die Dauer von fünf Wochen.

Bei dem Entwurfe des Programms is man bemüht ewesen, die Erfahrungen, welche bei den gleichartigen Ver- Aden im vergangenen Jahre gemacht sind, zu verwerthen.

Der Dichter Tenn y son ist laut Meldung des „W. T. B.“ aus London schwer erkrankt; sein Befinden erregt Besorgniß.

Die Regierung hat nah einer Meldung des „W. T. B.“ aus Paris beschlossen, das Leichenbegängniß Ernest Nenan?s auf Kosten des Staats zu veranstalten.

Land- und Forstwirthschaft. | Ernte-Ergebniß in Schweden.

Die Ernte-Ergebnisse im südlihen und mittleren Schweden sind ungewöhnlich gut: nur im Norden ist die Ernte zum theil mißrathen. Im allgemeinen gilt dies für sämmtliche Getreidearten sowie für Kartoffeln.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Cholera.

Nach den Meldungen der „Nat.-Z.* ist bis gestern Abend fein

neuer Cholerafall zur Anzeige gelangt; den in dem Krankenhause Moabit in Behandlung befindlihen Cholerakranken geht es gut, es konnten wieder zwei von ihnen, die Söhne des Schiffers Dannen- berg, als gesund entlassen werden. Der Bestand der noch im Kranken- hause befindlichen ist gestern auf 43 zurückgegangen. In Charlotten - burg ist nun auh der Ehemann der Schifferfrau Tasche, die am Freitag an der asfiatishen Cholera verstarb, von derselben Krankf- heit befallen und dem Charlottenburger Baraenlazareth eingeliefert worden. Wegen Vermehrung der Cholerafälle unter den Schiffern auf der Havel und Unterspree wird auf Anordnung der Behörde am Pichelsdorfer Gemünde bei Spandau eine große Cholerabaracke erbaut und eine Ueberwachungsstation errichtet. __ Der geschäftsführende Ausshuß des Berliner Hilfscomités für Hamburg u. f. w. trat gestern im Rathhause unter Vorsiß des Bürgermeisters Zelle wiederum zu einer Sißung zusammen. Ein- gegangen sind bis zum 1. Oftober cr. rund 133 000 A. Es wurde beschlossen, von dieser Summe 106 000 ( an das Central: Hilfscomité in Hamburg und 30 000 ( an die Ortsbehörde in Altona abzusenden. n der Veranstaltung einer Hauscollecte is Abstand genommen worden.

In Stettin ist amtliher Mittheilung zufolge der am 27. Sep- tember an der Cholera erfranfte Arbeiter Deuzin gestern Abend O Neue Erkrankungen oder Todesfälle sind nicht gemeldet worden.

_ In Lebbin auf Wollin sind zwei Personen unter verdächtigen Symptomen erkrankt und nah wenigen Stunden gestorben.

Aus dem Königreih der Niederlande werden aus ver- schiedenen Städten im ganzen fünf Todesfälle und aht Erkrankungen an Sholera gemeldet.

Am Sonntag sind in Paris zwanzig Choleraerkrankungen und ch8 Todesfälle, innerhalb der Bannmeile sieben Erkrankungen und oier Todesfälle vorgekommen. Jn Havre erkrankten am Sonntag vier Personen an der Cholera, eine ist gestorben.

In der gestrigen Sitzung der Sanitätscommission in Pest wurde ein Bericht des Ober-Physikats vorgelegt, der das Auftreten der asiatishen Cholera in Pest feststellt und hervorhebt, daß der Bau neuer Baracken, die Reinigung der Kanäle, nöthigenfalls die Errichtung von Volksküchen und die unentgeltlihe Verabreichung von Speisen und Eis angeordnet worden ist.

Von Sonntag A bis gestern Mittag sind in Pest 22 Per- fonen an Cholera erfrankt und sechs Personen gestorben. Gestern find von Mittags bis 6 Uhr Abends dort vierzehn Personen an der Cholera erkrankt und drei gestorben. In der Ofener Barae befindet sich zur Zeit ein Kranker. In das Garnisonlazareth is am Sonntag und gestern je ein franker Soldat eingeliefert worden. Zwei Real- shüler erkranften unter choleraverdächtigen Anzeichen.

Vom 2. auf den 3. Oktober sind in Krakau zwei Cholera: Erkran-

wenn Canada die zoll: -

Türkei.

Gegenwärtiger Stand der von dem Internationalen Gesundheits- rath zu Konstantinopel beschlossenen Maßregeln gegen Einschleppung der Cholera. L

I. Herkünfte zur See. |

1) Das Schwarze Meer.

Die ganze Küste des Schwarzen Meeres verdächtig.

a. S abénienzin aus den Häfen der Westküste von der Mündung des Bosporus bis Burgas (excl.) haben sich einer ärztlichen R On in Cawak zu unterwerfen. (Beschluß vom 1. Juli

_b. Schiffe mit Passagieren aus den Häfen von Burgas, Varna, Küstendsche, und die aus der Donau und aus dem Hafen von Sulina kommenden Schiffe haben eine fünftägige Quarantäne in Cawak oder Sinope durdzumachen. (Beschluß vom 14. September 1892.) Schiffe aus diefen Häfen ohne Passagiere werden ciner strengen ärztlichen Visitation unterzogen.

c. Eine zehntägige, in Sinove durhzumachende Quarantäne ift angeordnet : z »

a. gegen alle Provenienzen von der rumänis{ch-russischen Grenze bis Kertsch (incl.) (Beschluß vom 16. August),

186 gegen alls Herkünfte aus Kertsch bis Suchumkale, incl. Asowsches Meer (Beschluß vom 19. Juli),

S gegen alle Herkünfte aus Suchumfkale bis zur rufsis{-türkischen Grenze (Beschluß vom 27. Juni),

ò. gegen alle Herkünfte der russish-türkishen Grenze bis Ordu, westlih von Trapezunt (Beschluß vom 27. Juli 1892).

d. Provenienzen von Ordu bis zur Mündung des Bosporus werden einer ärztlichen Visitation unterzogen.

Die durch die Meerengen in Contumaz fahrenden Schiffe, an deren Bord sich ein Cholerafall ereignet, werden gleichfalls na Sinope gewiesen. (Beschluß vom 16. August.)

2) Herkünfte vom Rothen Meer.

_ Infolge Auftretens der Cholera in Yemen und an der Somali- küste ist durch Beschluß vom 7. September gegen die asiatishe Küste des Rothen Meeres zwischen Hodeida incl. und Lith excl. und gegen die afrifanishe Küste zwishen Cap Guardafui und Massowah (excl.) eine zehntägtge Quarantäne angeordnet worden.

3) Herkünfte aus dem persischen Golf.

Mit Rücksicht auf das Auftreten der Cholera in Persien und Karatschi (Beludschistan) ist durch Beschluß vom 7. September über Provenienzen aus Karatschi und von der ganzen persishen Küste des persishen Meerbusens eine zehntägige Quarantäne verhängt worden.

4) Mittelländisches Meer.

a. Schiffe aus den Mittelmeechäfen von Frankreich (beginnend bei Marseille incl.), Italien, Oesterreih-Ungarn unterliegen ciner fünftägigen Quarantäne, wenn sie Passagiere an Bord haben. Die Quarantäne kann in jedem Hafen der Türkei durchgemaht werden, in welchem sich ein Quarantäne-Arzt befindet. (Beschluß vom 7. September.)

b. Eine fünftägige Quarantäne, die in den Lazarcthen Beirut oder Clafomene durchzumachen ist, ist für Provenienzen der syrischen Küste zwischen Jaffa (excl.) und Beirut (excl.) durch Beschluß vom 9. August angeordnet worden.

5) HerTünfte aus

a. der Nord- und Ostsee.

Gegen alle Häfen zwischen Kronstadt im FinnisGen Meerbusen (incl.) und Cherbourg (erxcl.) ist am 7. September eine -zehntägige Ouarantäne beschlossen. Dieselbe is in Clasomene oder Beirut zu absolviren. :

_b. Durch Beschluß vom 7. und 14. September is den Pro- venienzen aus London, Liverpool, Glasgow, Swansea, Grimsby, Shields eine fünftägige Quarantäne auferlegt, welche in jedem türki- schen Hafen mit Quarantäne-Arzt absolvirt werden kann.

c. Durch Beschluß vom 18. September is den Provenienzen aus New-York und seinen unmittelbaren Umgebungen eine in (Ortsangabe fehlt im Original) oder Clasomene zu absolvirende zehntägige Quaran- tâne auferlegt worden.

6) Alle Caboteure (Küstenfahrer) von der russishen Küste haben ihre Quarantäne in Platana durchzumachen.

_7) Während der gegenwärtigen Quarantäneperiode sollen die Gesfundheitsbehörden, denen ein Arzt beigegeben ist, verpflichtet sein, folgende Bestimmungen anzuwenden :

_ 2, Ein Schiff mit Arzt an Bord, kommend aus einem Lande, dessen Provenienzen der fünstägigen Quarantäne unterworfen sind, soll nah strenger ärztliher Untersuchung frei Pratika erhalten, wenn es seit 15 Tagen dieses Land verlassen hat.

__ b. Provenienzen von Ländern, gegen welche zehntägige Quaran- táne angeordnet ift, müssen das verseuchte Land \{chon 25 Tage ver- lassen haben, um nah ärztlicher Visitation freie Pratifa zu erhalten.

Die uuter a und b angeführten Vergünstigungen sollen nur dann gewährt werden, wenn Schiffe ein Gesundheitsattest haben, welches in einem unverdächtigen Hafen nach ihrer Abreise aus dem verseuchten Lande ausgestellt ist und völlige Gesundheit nach ärztlicher Visitation auf dem Schiffe bescheinigt.

c. Jede Quarantäne, welche ein Schiff in einem fremden Hafen durchgemacht hat, wird angerechnet. Die Tage, die an der vom Ge- sundheitsrath vorgeschriebenen Quarantänefrist noch fehlen, müssen in eun türkischen Hafen, der cin Krankenhaus besißt, durchgemacht werden.

d. Die Capitäne haben auf Wunsch der Gesundheitsbehörden alle Informationen zu geben, welhe von ihnen gefordert werden, niht_ nur in B&zug auf ihre leßte Reise, sondern sie haben die Orte, die sie auf ihrer vorhergehenden Reise berührt haben, eben- falls anzugeben. Falls sie für ihre Angaben keine schriftlichen Belege haben, fo müssen sie dieselben Angaben in von ihnen unterzeichneten Schriftstücken einreichen.

Wenn die Capitäne sich weigern, diesen Anforderungen zu ent- sprechen, so werden ihre Schiffe als Verbau angesehen und den A Quarantänemaßregeln unterworfen. (Cirkular vom 4. Sep- tember.)

gilt als cholera-

IL: Gegen Landherkünfte. 1) Einer zehntägigen Quarantäne sind unterworfen : a. Herkünfte aus Transkaukasien. (Beschluß vom 27. Juni.) b. Herfünste aus Persien bis zur südlihen Grenze des Vilajets Van. c. Herkünfte aus dem Vilajet Erzerum. _2) Eine pretbdgige Quarantäne mit Desinfection in Mustafa Pascha, Zibeftsche, Mitroviga ist gegen alle Provenienzen aus dem Westen angeordnet worden.

ITI. Befondere Maßregeln.

Verboten is durch Beschluß vom 21. Juli die Einfuhr von ge- brauchten Kleidungsstücken, Lumpen ünd anderen verdächtigen Gegen- ständen aus Ländern, deren Provenienzen einer Quarantäne unter- worfen sind.

Theater und Musik.

Königliches Opernhaus. Am Sonnabend gingen drei Novitäten, zwei Opern in cinem Act und ein Ballet in Scene, von welchen, was das Ergöten anbetrifft, jede folgende Neuheit die Hörer und Zuschauer mehr zu befriedigen schien. Den Abend eröffnete die Oper „Wem die Krone“ von Alexander Ritter, der sih seinen Text selbs geschrieben hat. Während die Musik gleih in dem ausdrucksvollen Vor- spiel den durchgebildeten, kenntnißreihen und geschmadckvollen Ton- dichter erkennen ließ, zeigt das Libretto {hon äußerlich in der Ausdruck8weise s{chwere Mängel, und wenn auch

kungen vorgekommen, von denen eine tödtlich verlief. Aus Wolo- wice ist keine weitere Erkrankung ¿zur Meldung gelangt. In der an

doch das Haupterforderniß jedes Bühnenwerks eine reich gegliederte

die Gemeinde Podgorze angrenzenden Gemeinde Plaëcow ist ein Cholerafall amtlich festgestellt worden.

L Der Componist hat in dieser Bezichung mit weniger Er- olg als im Kreise seiner musikalishen Gedanken dem uyrößeren Vor- bilde Richard Wagner sih genähert. Der Inhalt des Librettos hat nichtsdestoweniger viel Fesselndes und für die mus tate Nachgestal- tung besonders Interessantes. Königin Ute hat Frei Söhne, die sie hinauss{chickt in die Welt, um Erfahrungen zu sammeln und ih im Kampfe mit ihr zu bewähren. Gerade jeßt ist das Jahr threr Probezeit abgelaufen ; man erwartet sie: der Bericht über das, was sie erlebt und geleistet, soll den Würdigsten erkennen lassen, dem mit der Krone die liebreizende Nichte der Königin, Richildis, als Gemahlin zufallen foll. Der \{chließlich am würdigsten Befundene ift der Jüngste, den Nichildis längst zuvor geliebt; er hat sein Land gar nicht verlassen, sondern sich im Stillen umgeschaut, was dort zu verbessern und zu veredeln sei, und den Goldschatz, den jeder der Brüder erhielt, hat er verwandt, um allerlei Mangel und Elend, dem er begegnet, abzuhelfen. Die Fabel läßt erkennen, daß lange Erzählungen den Hauptinhalt des Librettos bildên und" mit diesem Umstande hatte der Componist sichtlich {wer zu kämpfen; aber überall bleibt die musikalishe Gestaltung bedeutend ; die Behandlung des Orchesters ist geradezu meisterhaft und die Sprache der Melodien verräth ein reihes Gemüth und eine seltene Ausdrucks- fähigkeit für den Stimmungsgehalt der Vorgänge. Die Hörer folgten anfangs mit ungetbeiltem Interesse der bedeutsaï#n Arbeit des Dichter-Componisten, doch schien \{ließlich die Aufmerksamkeit wegen einiger Längen des Lbrettos und der musikalishen Diction etwas zu erlahmen. Die Beseßung der Rollen war eine besonders glückliche; im Vordergrunde standen Frau Herzog, die die hwierige Partie der Nichildis tadellos zu Gehör brachte und dur ihr lebendiges Spiel die Mängel des Tertes auszugleichen mit Erfolg bestrebt war. Ihr stand Herr Nothmühl, der würdigste Prinz, auch in der künstlerischen Leistung vortrefflich zur Seite. Die Königin Ute wurde von Frau Göße mit s{hönster Wirkung der stimmlihen Ausführung und mit edlem Wesen in der äußeren Erscheinling wiedergegeben. Die Herren Fränkel und Stammer vollendeten als die beiden unterliegenden Königssöhne sehr würdig das Ensemböle.

___ Die romantische Oper „Djamileh“ von George B izet, die dann folgte, zeigt in der Dichtung und Composition einen wesentlich anderen Charafter. Es werden hier wärmer Gefühlstöne angeschlagen, und

der Conflict der Éleinen Handlung hat bei allem Ernst doch ein launiges Element, das der Componist der „Carmen“ prächtig herausêarbeitete. Außerdem trug der Dialog, der die musikalischen Scenen dann und wann unterbrach, wesentlich zur Belebung der Stimmung bei. Bizet's Musik verräth aufs neue den feinfühligen, froh-

sinnigen Tondichter, der als Meister über alle künstlerishen Mittel gebietet und die intimen Vorgänge auf der Bühne durch eine reine stimmungsvolle Musik verklärt. Harun, ein blasirter türkisher Nabob, hat die

Gewohnheit, alle vier Wochen seine Lieblings\sklavin zu wechseln.

Djamileh, die gerade jeßt seine Liebe besißt, bringt ihrem Herrn ein

Herz voller Liebe entgegen; als ihre Glückszeit beendet ist, weiß sie

mit List sich in dem Palast zu behaupten, und in der Schlußscene er-

kennt Harun , der niht an echte Frauenliebe und Treue glauben

wollte, den wahren Werth Djamileh's, die nun als sein Wêib bei

ihm bleiben darf. Um die Darstellung mahte sich hier Fräulein

NRothauser besonders verdient ; sie sang die Titelrolle mit inniger

Empfindung und erfreute durch die Anmuth ihres Spiels und ein

s{chônes Maß im Moment der Leidenschaft. Herr Philipp sang den

türkishen Gebieter Harun sehr wirkungsvoll und Herr Lieban,

der eine lustige Person, den früheren Erzieher und gegenwärtigen

Haushofmeister, shauspielerisch mit der an ihm gewohnten Laune gab,

sang seine Partie sauber und sehr gefällig.

Den Beschluß des Abends machte ein, prächtiges Tanzpoëm „Slavishe Brautwerbung“, das, von Emil Graeb mit reichen fünstlerishen Combinationen ausgestattet, die Zuschauek in die beste Laune verseßte. Das musikalishe Arrangement hatte der Musik-Director Hertel, der auf diesem Gebiet bewährteste Com- ponist, geschaffen und durch die Verflehtung bekannter Brahms*scher Rhapsodien vielen Hörern einen besonderen Genuß bereitet. Von den mitwirkenden Kräften fanden wieder neben Fräulein Dell’'Era Fräulein Urbansfka, Herr Quaritsch und Herr Zorn am meisten Beifall.

Der erste Symphonie-Abend der Königlichen Kapelle wurde unter Leitung des Kapellmeisters Herrn Weingartner mit der wundervollen D-dur-Suite von Bach eröffnet, die, aus vier Säßen bestehend, befonders die Klangfülle der Streicher in glanzvollster Weise zur Wirkung bringt. Nur in der Gavotte und in der Gigue werden, um die Forte’s zu unterftüßen, auch Trompeten verwendet, die Bach überhaupt wenigg ebrauhte. Chronologish geordnet, folgten auf Bach Mozart, Beethoven und Wagner. Die Ausführung der Symphonie (Es-dur) von Mozart und der F-dur-Symvhbonie von Beethoven war eine in jeder Beziehung vollendete. Die furzrhythmischen, pikanten Themata der beiden Finales dieser Symphonien, die dur alle Instrumente durhgeführt, außerordentli flar und gleihmäßig schattirt wiedergegeben wurden, machten den Eindruck, als wenn jeder Aus- führende sie dem folgenden spielend zuwirft. Am Schluß eines jeden Sates der Suite und der Symphonie erscholl lebhafter Beifall, der in erhöhtem Maße auch der Ouverture zu Wagners „Tannhäuser“ zu theil wurde und sih bis zum mehrmaligen Hervorruf des Dirigenten steigerte. Der zweite Symphonieabend findet am 18. Oktober statt. Wallner-Theater. - Eine ältere Berliner Posse „Der Mann im Monde" von Ed. Jacobson stimmte das Publikum am Sonntag zu lauter Vetterkeit und weckte den warmen Beifall wieder, der früher so oft das Haus durhbraust hat. Die Posse ist nicht gerade die beste ihrer Art und ihres Verfassers, denn die Vorgänge sind, um mit der lustigsten Person des Stückes, dem Kanzlei-Rath Liebetreu, dem Vater fünf heirathsfähiger Töchter und dem zukünftigen Schwiegervater des „Mannes im Monde“, zu reden, zumeist „Gewaltsacte“; aber es schiebt sich alles fröhlich durcheinander, es werden gute und minder gute Wiße gutlaunig mit vollen Händen ausgestreut, es werden einige zündende Couplets gesungen, einige fomishe Scenen glücklih eingeführt, und das ist in der Thai ausreichend, nicht ver- wöhnte Zuschauer aus Herzensgrunde zur Fröhlichkeit zu immen. Die Darstellung war im allgemeinen recht erfreulich und bot sogar einige fehr gute Einzelleistungen. Herr Guthery spielte den alten Kanzlei - Rath, der lammfrecm sein \{chweres Ehejoh trägt und jeden jungen Mann mit väterlihem Wohlwollen begrüßt, der ihm die Liebe zu einer seiner Töchter gesteht und ihm damit von der größten Sorge seines Lebens einen Theil ab- nimmt. Herr Meißner konnte nur in einer kurzen Scene als Barbier und Kunstjünger der Malerei in einem drastishen Aufpuß seine derbe Komik entfalten. Herr Worliß \ch mußte als „Mann im Monde“ außer seinem Fonds von Humor auch seine Beine in den

Dienst der Muse stellen; er hatte spanish, polnisch und bayerish zu tanzen und fand sih ganz gut auch mit diesem Theil seiner Aufgabe ab. Herr Haid muß in feiner Rolle als verlobter Chambregarnist noch etwas von auch bier ganz gut zu gefallen. den Händen zweier Debltantinnen. die lustige Wera. die durch einen Storh einen Gruß in die unbe- kannte Ferne \chickt, eine Antwort erhält, gewandt und launig. mädchen führte sich Fräulein Gartner cin; sie {eint Humor und Bühnengeschick zu besißen, wenigstens führte sie gestern ihre Nolle mit anerkennenswerther Munterkeit durch.

seiner Wiener Eigenart ablegen, um Die weiblichen Hauptrollen lagen in

Fräulein Leon spielte und sang

und aus Timbuktu vom „Mann im Monde“ Als Berliner Dienst-

Philharmonie. Das Eröffnungs-Concert, welches am Sonntag vor einem sehr

zahlreich erschienenen Publikum stattfand, wurde mit Weber's „Jubel- Ouverture“ eingeleitet. Scheveningen zurückgekommen war, wurde aufs berzlihste empfangen und trug dieses Werk sowie die Tannhäuser-Ouverture von Wagner und Mendelsfohn's größter

Die Kapelle, die an demselben Tage erst von

1sfo Ouverture zum „Sommernachtstraum“ mit Präcision und \{wungvoller Ausdruckêweise vor. Auch

der Grundgedanke der Dichtung ein echt poetischer ist, so mangelt ihr

die fehr schnell beliebt gewordene Balletmusik aus l von Moszkowski wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Ein

„Boabdill“

“.