1892 / 235 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 05 Oct 1892 18:00:01 GMT) scan diff

London und endlih die Umwandlung der Honorar-Konsulate in wirklihe Konsulate angeregt, welhe Fragen vom Minister eingehend beantwortet wurden. Das Budget des Ministeriums des Auswärtigen wurde sodann unverändert genehmigt und die nächste Sißung auf den 12. Oktober anberaumt.

Die für die Berathung des neuen Strafgeseßent- wurfs in Oesterreih eingeseßte Commission trat vorgestern in Wien zu seiner ersten Sißung zusammen und schritt sofort zur Berathung des §8 1 über die Todesstrafe. Die De- batte darüber wurde in der gestrigen R fortgeseßt und \hließlih die Beibehaltung der Todesstrafe mit 9 gegen 7 Stimmen beschlossen.

Großbritannien und Jrland.

Der neue Vice-König von Jrland Lord Houghton hat vorgestern seinen feierliden Einzug in Dublin gehalten. Eine Begrüßung durh die Vertreter der Stadt fand nicht statt. Lord Houghton ritt an der Spize eines großen Ge- folges von Offizieren; auf dem Wege nah der Burg bildete das Militär Spalier. Jm Schloß elbst wurden dem Vice- König die höheren Beamten vorgestellt, Adressen nahm er gestern niht entgegen. Die öffentlihen Gebäude waren be- flaggt, fast alle privaten aber hatten das alltägliche Aussehen.

Die Parnelliten fahren fort, auf die Freilassung der irischen politishen Gefangenen zu dringen. Jn einer am Sonntag in Glasgow In Versammlung machte der irishe. Agitator Michael Davitt einen energischen Appell für die Freilassung. Unter anderem bemerkte er, daß es von keinem Vortheil sei, jene Leute länger im Kerker zu lassen. Es sei offenbar, daß sie die Opfer der Geheim- agenten gewesen seien. Ja, selbst wenn sie s{huldig wären, sollten zehn Jahre Kerkerhaft mit all’ dem damit verbundenen moralischen und physischen Leiden deren Schuld sühnen. Er sei weit entfernt davon, Dynamit für die Förderung einer guten Sache anzuempfehlen. Solche Mittel seien wider die Gesinnungen und Gefühle des irischen Volkes. Es sei be- kannt, daß wenn immer eine unterdrückte Nation, in welhem Theile der civilisirten Welt es auch sein möge, nach Freiheit egen eine gewaltige Obermacht strebe, in Momenten er Leidenschaft und Aufregung Männer zu Mitteln griffen, welche überall verurtheilt würden. Er sei der Mei- nung, daß die moralishe Kraft. des Gesetzes niemals stärker oder mweitreichender sei, als wenn nach einer Beweisgabe seiner Macht es duldsam zu sein wisse. Eine Regierung sei dann am vollkommensten, wenn sie Gerechtigkeit mit Milde verbinde. Bezüglich der Grundbesizer in Jrland habe er zu be- merken, daß diese während der Verwaltung Balfour's freiwillig die Pacht vermindert hätten, daß sie aber jeßt beabsichtigten, zu dem alten Mittel der Austreibung zurückzukehren. Er könne so viel sagen, daß, wenn sie so thöricht sein sollten, der- artige Ausweisungen in großem Maße zu betreiben, diese Handlung geeignet sei, den leßten Nagel in den Sarg der irischen Gutsbesißer zu shlagen. Die Jrländer würden sich nicht wie geduldige Lämmer unterwerfen. Wenn die Gutsbesißer den sogenannten Feldzugsplan wiederum in An- wendung brächten, würden die Jrländer ihn mit einem Gegenplan u treffen wissen und würden ihren Angriff nicht auf die irishen Gutsbesißer beshränken. Die Zeitepoche sei reif für eine Bewegung auf dieser (der englischen) Seite des irischen Kanals, um den Bauern von England, Wales und Schott- land den Schuz gerichtliher Pachtung und die Vortheile der Gerichtshöfe für Landwirthschaft zum Le der Nevision und Verminderung des Pachtzinses zu verschaffen.

Frankreich.

Der Ministerrath trat gestern Abend zusammen und berieth, wie „W. D BL meldet, Ubex die Vovgänge in Carmaux. Der Minister für öffentlihe Arbeiten Viette soll in dex Sigung: erklärt haben er werde in der Kammer im Falle einer Jnterpellation über diese Angelegenheit einen Geseßentwurf über die Umgestaltung der Geseßgebung, betreffend die Bergwerke, ankündigen. Jn einer auf morgen anberaumten Sizung des Ministerraths wird über die Frage entschieden werden, ob die Beisezung Renan’'s im Pantheon statifinden sol. Der Finanz- Minister wohnte der heutigen Sißung des Ministerraths nicht bei. :

Die Budgetcommission der Kammer trat gestern wieder zusammen und genehmigte den Bericht des Deputirten Chautemps über den Colonial-Etat, worin eine Herab- minderung des Etats um 1 200 000 Fr. beantragt wird, die hauptsächlih das Perfonal und die Strafcolonien betrifft. Die Commission nahm sodann den Bericht des General-Bericht- erstatiers Poincaré entgegen, der auseinanderseßte, daß die Commission 10Millionen Francs Ersparnisse ermöglicht habe, daß jedoh die Regierung später neue Credite in Höhe von 11 Millionen gefordert habe. Die Commission werde daher weitere Ersparnisse herbeizuführen suhen müssen. Dem Ver- nehmen nah wird die Regierung in der kommenden Kammer- session einen Ergänzungscredit für die Expedition in Dahomey einbringen. Die Höhe der Forderung ist noch niht festgeseßt, man nimmt aber an, daß ste 5 oder 6 Millionen betragen wird. /

Die vom Marine-Minister Burdea u für Neubauten ver- langte Crediterhöhung beträgt neun Millionen. An- geblich soll die Erhöhung aus Ersparnissen bei anderen Posten des Marine- sowie des Kriegsbudgets gedeckt werden.

Der bereits angekündigte Antrag des Deputirten Lo ckroy wegen Ver staatlihung der Bergwerke (siehe Nr. 233 des „R.- u. St.-A.“) bezweckt, wie „W. T. B.“ meldet, diese in ein Verhältniß zum Staat zu bringen, das der Regierung die Möglichkeit einer Jntervention und das Recht der Controle gewährt. S

Der oberste Kriegsrath ist, wie die „Köln. Ztg.“ er- fährt, vorgestern unter Vorsiß des Kriegs-Ministers de Frey cinet zusammengetreten, um sih über das den Kammern vorzulegende Cadregeseß schlüssig zu machen.

Schweiz.

Der Bundesrath hat, wie „W. D. B: qus Béexn meldet, an sämmtliche Staaten cin Rundschreiben gerichtet, in welchem er diese zu einer etwa Anfang nächsten Jahres in Bern abzuhaltenden Conferenz einladet behufs Besprehung des Beshlusses der „Société de droit international“ in Brüssel, wonach ein internationales Bureau in Bern ge- schaffen werden soll, welches sämmtliche Verträge (Handels-, Ausliefcrungs-, Schiffahrtsverträge 2c.) veröffentlicht.

Wie Graubünden, so hat auch der Canton Tessin am Sonntag durch Volksabstimmung die neue Verfassung angenommen, die in ihren Bestimmungen die Volkswahl sämmtlicher Richter, der fünf Regierungs-Räthe, der zwei

Miene des Ständerathes, ferner das Recht, die Regierung abzuberufen, die Jnitiative für partielle Verfassungsrevisionen und die Einführung des proportionalen Wahlsystems enthält.

Türkei.

Die mehrfach erwähnte, {hon vom 18. E August datirende Note, welhe Rußland wegen des Besuchs des bulgarischen Minister-Präsidenten Stambulow sowie wegen der Beziehungen zu Bulgarien an den russishen Geschäftsträger in Konstantinopel, bezw. an die Pforte gerichtet hat, lautet nach der „Frkf. Ztg.“ wie folgt:

St. Petersburg, 18. August.

_Herr Geschäftsträger! Die Commentare, zu welchen der jüngste Besuch Stambulow’s auf allen Seiten Anlaß gegeben und das Auf- sehen, welches er im Publikum im allgemeinen und in der e ver- ursacht hat, veranlassen uns, die Aufmerksamkeit der hohen Pforte auf den Eindruck zu lenken, welchen dieser Zwischenfall auf die Kaiser- lihe Negierung gemaht hat. Ohne ihm irgend eine übertriebene Be- deutung beizulegen, können wir niht umhin, unserem Bedauern dar- über Ausdruck zu geben. Ihre Mittheilungen haben uns auf dem Laufenden gehalten über die Ankunft Stambulow?s am Bosporus, den ihm gewährten Empfang und die vertraulihen Mittheilungen, welhe Ihnen über die Frage seitens des ottomanischen Ministers und des Sultans selbst gemacht worden ‘sind. Der türkishe Botschafter in St. Petersburg Hasni Pascha hat uns ebenfalls auf Grund von Instructionen seines Souveráâns erklärt, daß Stambulow keinerlei Ermäch igung erhalten hatte, nah Konstantinopel zu kommen, daß seine Reise eine Ueber- rashung gewesen sei und daß sie in keiner Weise die correcte Hal- tung der Türkei gegenüber dem Stande der Dinge, welche in Bulgarien im Gegensaße zu den Verträgen bestehen, ändern werde. Während wir von diesen Versicherungen Kenntniß nehmen, können wir Ihnen nicht verhehlen, daß sie uns nicht voll- ständig über den fraglihen Zwischenfall aufgeklärt haben. Da die persönliche Bezeugung von Achtung und Ehren für Stambulow in der Hauptstadt des ottomanishen Reichs so schnell folgte auf die Hinrichtungen in Sofia und die Veröffentlihung angeblicher Documente, eines von einem Fälscher gegen die russishe Regierung gerihteten Werkes, durch eine bulgarische Zeitung, die „Swoboda“, so mußte jene berehtigte Empfindlichkeiten erregen. Die Reisen des bulgarishen Dictators waren offenbar darauf berehnet, die Aufmerksamkeit von dem peinlihen Eindruck, den seine leßten Handlungen hervorgerufen haben, abzulenken und durch den Anschein eines politischen Erfolgs das Prestige und die Autorität seiner Macht zu erhöhen. Indem die ottomantishe Regierung sich zu diesem Manöver hergab, unwillkürlich, wie wir gern glauben möchten, hat sie dem Regime der Usurpation in dem Fürstenthume eine Er- muthigung gewährt, einem Regime, dessen officielles Bestehen von Europa nicht anerkannt worden i. Auch glauben wir niht, daß der Empfang der Herren Grekow und Natsche- witsch als Präcedenz in diesem Falle dienen konnte; im Gegentheil scheint uns dieser den dur den letzten Zwischenfall hervor- gerufenen Eindruck eher zu verstärken, als zu vermindern. Indem die ottomanishe Regierung auf diese Weise ihre Handlungen der Höflichkeit gegenüber den bulgarischen Politikern bis zu Stambulow selbst steigerte, hat sie den Schein erweckt, als ob sie indirect das jeßt unglückliher Weise in Sofia herrshende System zu sanctioniren und so die politishe Unsicherheit einer Ordnung der Dinge fort- zuseßzen wünsche, welhe allgemein als eine beständige Gefahr für die Sicherheit und den Frieden Europas angesehen wird. Auch scheint die ottomanische Regierung durch den Empfang Stambulow's in Kon- stantinopel weder in Bezug auf die Achtung, die sie einer Macht {uldig ist, welche die Türkei stets mit Versicherungen der Freundschaft über- s{hwemmt hat, noch in Bezug auf die allgemeine Politik ein befrie- digendes Ergebniß erzielt zu haben. Wir fühlen uns verpflichtet, die ernsteste Aufmerksamkeit der hohen Pforte auf obige Erwägungen zu lenken. Sie zeigen vielleicht die Quelle einer Gelähe für die Zukunft an, da die Interessen und die vitalsten Rechte des ottomanischen Reichs auf der gewissenhaften Beobachtung gerade jener Verträge beruhen, mit denen die gegenwärtige Lage in Bulgarien in directem Widerspruche steht. Theilen Sie gefälligst diese Note Said Pascha mit und überlafsen Sie ihm eine Abschrift. Schischkin.

Statistik und Volkswirthschaft.

Uebersichten der Weltwirthschaft.

Von der neuen (Lieserungs-) Ausgabe von Neumann- Spallart’s Uebersichten der Weltwirthschaft (Jahrgang 1885 bis R welhe nah dem Tode des Verfassers von dem Regierungs-Rath, Professor Dr. Franz von Ju raschek herausgegeben werden, find jeßt die Lieferungen 5 bis 7 erschienen (Verlag für Sprach- und Handelswissenschaft, Dr. P. Langenscheidt in Berlin) ; jede Lieferung 1 A Wir haben die Lieferungen 2 bis 4 in Nr. 112 des „R. u. St.-A.“ vom 14. Mai 1891 besprohen. Es ist also feitdem eine ziemlich große Zeit bis zum Erscheinen der Fortseßung ver- gangen. Die sorgfältige Sichtung des Stoffes und die Benußung der neuesten statistischen Ermittelungen erklärt wohl das verhältniß- mäßig langsame Fortschreiten des auf 12 bis 15 Lieferungen berech- neten Werks, das in Anlage und Eintheilung, wie in der Reibenfolge der einzelnen Zweige des Wirthschaftslebens von der früheren Aus- gabe nit abweicht, wohl aber den neueren wirthschaftlichen Erschei- nungen eine auéführliche Begründung und Würdigung zu theil werden läßt; fo sollen insbesondere die Vertheilung des Besites von Grund und Boden, die colonialen Erwerbungen, das neuerlihe Vor- schreiten Nußlands in der Getreideproduction, das mächtige Aufsteigen gewisser Industriezweige auf dem Continent, die socialen Reformen u. a. m. berücksihtigt werden. In Lieferung 5 is der außer- europäishe Viehstand und Viehhandel, ferner die internationale Fleishversorgung behandelt; Lieferung 6 und 7 behandeln die Pro- duction, den Handel und Verbrauch von Zucker, Kaffee, Thee, Tabak und Wein. :

Neber die Zuckerproduction Deutschlands entnehmen wir dem Buch folgende Angaben :

Im Jahre 1836/37 wurden producirt 1,4 Millionen Kilogramm ; 1840/41: 14,2; 1850/51: 53,3; 1860/61: 126,5; 1870/71: 186,4; 1880/81: 573 und 1890/91: 1320 Millionen Kilogramm.

Aus 1 ha Rüben wurden producirt im Jahresdur{schnitt 1871/74 19,9 Meter-Centner NRohzucker, 1875/79: 23,8; 1880/84: 31/12 1880/897807;

Auf der ganzen Erde wurden producirt im Jahre 1875/76: 1529751 t Rübenzuccker, im Jahre 1889/90: 3536 059 t. Seit 1859/60 hat fich die Production auf das 18 fache, seit 1869/70 auf

das vierfache erhöht. wurden 1879/80 2334000 t, 1889/90

An NRohrzucker 2 678 000 t producirt. ;

Der Zuckerverbrauch wird berehnet im Jahresdurhschnitt 1885/89 in Deutschland auf den mittleren Kopf der Bevölkerung auf 7,8 kg, in Großbritannien und Irland dagegen auf 32,6 kg, in den Vereinigten Staaten auf 24,5, in der Schweiz und Dänemark auf 16,2, in Frankrei auf 10,7, in Holland auf 9,8, in Schweden auf 9,4, in Norwegen auf 6,2, in Belgien auf 4,2, in Italien auf 3,1. Uebrigens hat sich der Zuckecverbrauch in Deutschland, wo er 1875/79 6,4 kg betrug, gehoben; aber seit 1880 wird ein stetiger Verbrauch von jährlih 7,8 berechnet.

Zur Arbeiterbewegung. :

In einer Versammlung der in den Pferdebahn-, Omnibus-, wie sonstigen Fuhrbetrieben, sowie der im Handelsgewerbe be- \chäftigten Arbeiter Berlins wurde am 3. d. M. eine Resolution angenommen, in der die Versammlung das Verhalten der Direction der Großen Berliner Pferde-Eisenbahn-Actien-Gefellshaft gegenüber ihren Angestellten fritisirt und namentlih dagegen Einspruch erhebt, daß die Direction ihren Arbeitern das geseßlich gewährleistete

Coalitionsrecht shmälere, indem sie ihnen bei Strafe der Entlassungs verbiete, Versammlungen zu Nen

Aus Brüssel wird der „Voss. Ztg.“ unter dem 3. d. M. ge- shrieben: Die Bergarbeiter des hennegauschen Becken Charleroi sind in hohem Maße unzufrieden, weil die Zechen dieses Beckens die Arbeitslö hne von 3,70 Fr. auf 3,30 Fr. heruntergeseßt haben. Die Bergarbeiterführer mahnen zur Besonnenheit und wollen jeßt Ausstände zu vermeiden suchen, zumal die Lage des Kohlen- marktes cine ungünstige ist.

Ein Pariser Telegramm des Wolff’shen Bureaus vom gestrigen Tage berichtete über s D gegen die Bergleute in Car- maur, die den Bergwerkleiter Humblot bedroht hatten : Das Zucht- polizeigeriht vernahm am ontag Abend den Maire von Carmaux, Bergarbeiter Calvignac, der eine Darlegung der Entstehung des Ausstandes gab und erklärte, er habe sh nach Möglichkeit bemüht, die Ordnung am 15. August aufrehtzuerhalten. Kein Bergarbeiter habe daran gedacht, dem Director Humblot nah dem Leben zu trahten. Wie weiter aus Albi gemeldet wird, verurtheilte der Gerichtshof gestern 10 Bergwerksarbeiter wegen Bedrohung des Minendirectors Humblot mit Gewaltthätigkeiten zu Strafen von 8 Tagen bis 4 Monaten Gefängniß.

Aus London meldet ein Saum des ¿DB. D vom heutigen Tage: Das Comité des Syndikats der Eisenbahn- beamten und -Arbeiter lehnte mit 42 gegen 15 Stimmen den Acht- stundentag ab und votirte den e en tas, weil dann die Whne proportional dem Reingewinn der Arbeitgeber sein würden ; eine Verkürzung der Arbeitszeit sei nur {ädlich.

Aus Durham meldet ferner „D. B. H.“: Die Abstimmung der Bergarbeiter über den Achtstundentag ergab eine er- drückende Majorität für seine geseßlihe Einführung. Im vorigen Jahre stimmten die Durhamer gegen den Achtstundentag.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

h Cholera.

Aus dem Krankenhause Moabit wurden, wie der „Nat.-Z.*“ be- richtet wird, gestern drei N entlassen. Der Bestand der im Krankenhaufe befindlihen Personen betrug gestern Vormittag 49. Von heute ab wird auf sämmtlihen Berliner Sanitätswachen der wegen der Choleragefahr eingerihtete Tagesdienst einge- stellt. Die daselbst thätigen Aerzte haben in leßter Zeit das Fehlen choleraverdähtiger Krankheiten, wie Cholera nostras, Brech- durhfall u. \. w., feststellen können und übereinstimmend die Ansicht ausgesprochen, daß eine Choleragefahr für Berlin nicht mehr vor- handen sei. Um die Strömung des jeßt durch den niedrigen Wasser- stand nur langsam A Spreelaufs zu erhöhen, wodur die Cholerakeime fortgetrieben resp. vernihtet werden, werden jeßt all- nähtlih die Schleusen der Spree am Mühlendamm aufgezogen.

In Hamburg hat die Cholera bis zum 1. Oktober, d. h. in sechs Wochen, 17 673 Erkrankungen und 7522 Todesfälle bewirkt. Für die Nothleidenden Hamburgs, besonders für die armen Waisen, hat Quaglio’s Bouillon- Capsel- und Conserven-Fabrik, Actien- gesellschaft, 10 000 Portionen Familien-Kaffee zur unentgeltlihen Ver- theilung nah Hamburg gesandt. Die Stadtverordneten-Versammlung in Danzig bewilligte gestern einstimmig aus dem städtishen Fonds für Unglücksfälle 3000 Æ für die Nothleidenden Hamburgs und 1000 Æ für die von Altona. 4

Nach amtlicher Meldung sind seit gestern in Stettin zwet Personen an der Cholera gestorben.

In Amsterdam ist gestern ein Cholera-Todesfall vorgekommen, cbenfo in Akkrum und in Dordrecht. Ferner werden gemeldet aus Utrecht zwei Erkrankungen, aus C harlois und Festung Crè- vecoeur je zwei Erkrankungen und ein Todesfall, aus Rotterdam und Breufelen je eine Erkrankung und ein Todesfall und aus Nieuwbrug bei Woerden eine Erkrankung.

In Antwerpen sind drei neue Erkrankungen an Cholera vor- gekommen, fechs Kranke befinden fich in den Hospitälern. In Pa - turages hat die Cholera aufgehört. In Charleroi ist sie in ver- einzelten Fällen aufgetreten. Wie aus Nupelmonde gemeldet wird, wüthet die Cholera furchtbar in Steendorp; von 2801 Einwohnern sind bereits 38 gestorben. Das Cholera-Lazareth is überfüllt. Aus- wärtige Aerzte müssen Hilfe leisten.

Am Montag sind in Paris siebzehn Cholera-Erkrankungen und aht Todesfälle, innerhalb der Bannmeile sieben Erkrankungen und vier Todesfälle vorgekommen. In Havre find am Montag drei Personen erkrankt und ebenfoviel gestorben. E

In dem Barackenspital zu Pest befinden sich gegenwärtig 55 Kranke. Dem „Neuen Pester Journal* zufolge sind seit dem Auf- treten der Cholera siebzig Personen erkrankt und 22 gestorben. Von Mitternacht bis gestern Abend 6 Uhr sind 26 Personen an Cholera erkrankt und elf gestorben, Wie der „Pester Lloyd“ meldet, sind seit gcstern Abend 6 Uhr bis Mitternacht neuerdings 24 an Cholera erkrankte Personen in das Barackenhospital gebracht worden, sechs Personen sind gestorben, drei als gesund entlassen worden. Jn Soroksar ist cine Erkrankung, in C zegled ein Todesfall vor- gekommen. Der Minister des Innern hat angeordnet, daß die Be- völferung längs der Donau Wasser nur noch in gekochtem Zustande trinken soll. Seit Montag sind in Krakau zwei Cholera-Erkrankungen und drei Todesfälle zur Meldung gekommen.

Ueber Choleragefahr und Absperrungsmaßregeln wird weiter berichtet :

Antwerpen, 4. Oktober. Von heute ab werden für ‘die Schiffe, die den hiesigen Hafen verlassen, Gesundheits\cheine auêgestellt. Die Sanitäts-Commission für die Schelde hat beschlossen, eine Beobachtungszeit von nur 24 Stunden für Herkünfte aus Amsterdam und Rotterdam festzuseßen. Die siebentägige Quarantäne für Herkünfte aus den Häfen Frankreichs (die Transport- zeit mit einbegriffen) wurde für die Herkünfte von der atlantischen Küste von der Gironde ab aufrechterhalten. i: i

Belgrad, 4. Oktober. Die Regierung hat für die aus Oesterreih-Ungarn kommenden Reisenden eine dreitägige Quaran- täne angeordnet. Ferner follen auf sämmtlihen Donau- und Save- Stationen alle Reisenden aus Ungarn einer ärztlihen Untersuhüng unterzogen werden. Die Einfuhr ungarischer Artikel is verboten worden.

New-York, 3. Oktober. Es ist jeßt der „Bohemia*®" ge- stattet worden, die Ladung mittels Leichter zu landen.

London, 4. Oktober. Wie das „Reuter’she Bureau“ aus Adelaide von gestern meldet, ist der aus Hamburg dort angekommene Dampfer „Sommerfeld“ zur Quarantäne beordert worden, obwohl keine Krankheitsfälle an Bord vorgekommen sind.

Spanien. Durh Verordnung des Königlich s\panishen Ministers des Innern vom 25. September 1892 sind die Provenienzen von Liverpool für rein erklärt und alle Quarantänemaßregeln gegen dieselben auf-

gehoben worden. Portugal.

Dur eine in Nr. 215 des „Diario de Governo* vom 23. Sepy- tember 1892 veröffentlihte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern wird die über Neapel bereits aus- gesprochene Verdächtigkeitserklärung auf A zwishenNeapel und Salerno ausgedehnt. - (Vergl. „N.-A.* Nr. 224 vom 22. Sep- tember 1892.) 7 i

Schw eiz.

Der s{weizerische Bundesrath hat in Zusammenfafsung und theil- weiser Abänderung seiner früheren Beschlüsse angeordnet: Die Ein- und Durchfuhr von aus Nußland, Deutschland, Frankrei, Belgien und -den Niederlanden stammenden Sendungen von Hadern - und Lumpen. aller Art, alten Kleidern, gebrauhtem Bettzeug und .ge- brauchter Leib- und Bettwäsche ist bis auf weiterés untersagt.

Von diesem Verbot find ausgenommen: a. Die von den

Reisenden als Handgepäck oder Passagiergut mitgeführten persönlichen

Effecten. b. Persönlihe Effecten, welhe von den Reisenden voraus-

geschickt oder welche denselben nahgesandt werden, und Umzugsgegen-

stände, wenn durch eine beigelegte amtliche Bescheinigung nachgewiesen

ist, daß diefe Sendungen aus einem cholerafreien Orte emen, Belgien.

Durch Königliche Verordnung vom 23. September 1892 ist in Abänderung der Königlichen Ordre vom 19. Juli d. F. („N.-A.“ Nr. 184 vom6. August 1892) bestimmt worden, daß Abgänge (déchets), welche direct und in ungebrauhtem Zustande aus den Betriebswerk- stätten (Spinnereien, Webereien, Bleichereien, Confectionswerkstätten) fommen, vom 28. September ab zur Ein- und Dur(hfuhr in Belgien zugelassen werden. wofern diese Herkunft durch eine von dem be- treffenden Betriebsleiter geschriebene und unterzeichnete Bescheinigung nachgewiesen und die leßtere durch die Localbehörde oder den belgishen Konsulatsbeamten des Versendungsorts attestirt und legali-

sirt wird. j Griechenland.

Aus choleraverdähtigen Ländern kommende Schiffe, welche Ladung von Fellen, Lumpen und altem Tauwerk führen, werden in griehishen Häfen fortan zurückgewiesen werden.

Rumänien. i

Die Einfuhr von Heringen und anderen gesalzenen oder geräucherten Fischen, welhe aus den Niederlanden, Belgien und Deutschland oder über Deutschland kommen, nah Rumänien is verboten worden.

Serbien.

Angesichts des Auftretens der Cholera in Oesterreiß-Ungarn hat der Ober-Gesundheitsrath angeordnet, daß alle auf der Eisenbahn oder zu Wasser aus Oesterreih-Ungarn ankommenden Reisenden beim Betreten secbishen Gebiets einer ärztlihen Untersuchung zu unterwerfen sind. Reisende, welhe {ih einige Zeit in Serbien aufhalten wollen, verbleiben fünf Tage hindur, vom Tage ihrer An- kunft an gerechnet, unter ärztliher Ueberwahung. Gepäck und Kleidungsstücke der Neisenden sind sorgfältig zu desinficiren. Außerdem wird die Einfuhr von Gegenständen österreihisch-ungarischer Herkunft, welche zur Kategorie der Artikel gehören, deren Einfuhr aus Nußland verboten is (,R.-A.* Nr. 219 vom 16. September 1892), wie alte Kleidungs\ftücke, Lumpen, Abfälle 2c. verboten. Die Einfuhr von Gegenständen jeder Art aus Galiz ien ist untersagt.

Bulgarien.

Die von der oberen Donau und die auf dem Eisenbahn- wege über Zaribrod ankommenden ReisendÎn unterliegen vom 23. September 1892 ab einer fünftägigen Quarantäne (an Stelle der bisherigen dreitägigen): die bisherige vierundzwanzigstündige ärztlihe Beobachtung für die aus Rumänien ankommenden Reisenden wird dur eine dreitägige Quarantäne erseßt. Postpacketen, welche Arzneimittel enthalten, foll fortan der Eintritt gestattet werden, unter Vorbehalt der Desinfection ihrer Verpackung.

Norwegen.

Zufolge Verfügung der Königlih norwegishen Regierung vom 22. September 1892 werden die dänischen Häfen nicht mehr als coleraverdähtig angesehen. Demgemäß find durch Verordnung vom 23. September die gegen Dänemark erlassenen Einfuhrverbote wieder aufgehoben worden. (Vergl. „R.-A.* Nr. 216 vom 183. Sep-

tember 1892.) Süd-Amerika.

Durch Verordnungen des Präsidenten der Republik Uruguay vom 90. August und 1. September 1892 sind die Häfen von Havre, Ham- burg und Antwerpen für rat sowie die übrigen Häfen Sranfkreihs, Deutschlands und Belgiens für verdächtig er- Éläârt worden. In Ausführung der ersteren dieser beiden Verfügungen hat die Gesundheitscommission zu Montevideo unter dem 31. August angeordnet, daß vom 1. September an alle aus deutschen und trantfisdén Häfen kommenden Schiffe einer Quarantäne nach Maßgabe der Bestimmungen der internationalen Sanitäts- convention zu unterwerfen sind.

l Mittel-Amerika. Die Hâfen von Nicaragua sind Choleragefahr halber ges{lo}sen.

Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom 18. bis 24. September ein günstiger und au die Sterblichkeit eine kleinere als in der Vorwoche (von je 1000 Personen starben 18,7 (aufs Jahr be- rechnet) gegen 20,2 der Vorwoche). Einen weiteren Rückgang zeigten acute Darmfkrankheiten, und zwar in allen Stadttheilen. Im ganzen erlagen diesen Krankheitsformen 107 Personen (gegen 152 der vorhergegangenen Woche) und betrafen fast nur Kinder im Alter von unter 2 Jahren. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war eine geringere als in der Vorwoche, von je 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 73 Säuglinge. Unter den SInfectionskrankheiten find 17 Erkrankungen an Cholera zu erwähnen, von denen 13 von außerhalb nah dem Barackenlazareth überführt wurden, von welchen 7 tödtlich endeten. Ein großer Theil der Erkrankungen ereignete {ih bei Schiffern: von 7 am 20. September eingebrahten Kranken waren 6 Schiffer und Angehörige derselben, die auf Kähnen wohnten. Acute Entzündungen der Athmungsorgane kamen mit dem Beginn der kühleren Witterung häufiger zum Vorschein, doch blieb der Verlauf in den meisten Fällen ein milder: Erkrankungen an Keuchhusten wurden weniger beobahtet; au sie zeigten im allgemeinen einen milden Verlauf. Von den anderen In- fectionskrankheiten wurden Erkrankungen an Unterleibêtyphus wieder etwas mehr (am häufigsten aus dem Spandauer Viertel) zur Anzeige gebraht. Auch Erkrankungen an Masern und Scharlach, leßtere aus dem Stralauer Viertel am zahlreichsten, wurden etwas mehr, dagegen an Diphtherie etwas seltener gemeldet ; auch eine Erkrankung an Potcken kam zur Kenntniß. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden etwas mehr beobachtet, auch rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut gelangten etwas häufiger zur ärztlichen Bebandlung, während rheumatishe Beschwerden aller Art keine wesentlihe Veränderung aufwiesen. ¿

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 4. d. M. gestellt 10 141, nicht rechtzeitig gestellt feine Wagen. In Oberschlesien sind am 3. d. M. gestellt 3833, nit rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Vome Bexlinèr Pfandbrief-Amt sind bis zum 24. Geptember 1892 17 327 250..,A 3} 9%, 21299700 A 4 9h00, 45 543 900 M 43 9/6 und 9 679 800 M. 5 9/6, zusammen 93 850650 M Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 15784350 Ms 3k 09/0, 13 807 950 M 49/0, 15 408 000 Æ 4} 0/6 und 2 852 700 MÆ. 5 °/0, zu» sammen 47 853 000 M Pfandbriefe von den Grundbesitzern zu verzinsen sind. Zugesichert, aber noch nicht abgehoben, sind

920 200 M _ Köntigoberg 1 Pr. 4 Ollober, (W. D B.) Dié Betriebseinnahmen der Ostpreußishen Südbahn im September 1892 betrugen nah vorläufiger Feststellung im Personen- verkehr 81 156 A, im Güterverkehr 246 344 e, an Erxtraordinarien 15 000 Æ, zusammen 342 500 Æ, darunter auf der Strecke Fishhausen— Palmnicken 6774 , im September 1891 provisorisch 579783 , mithin gegen den entsprehenden Monat des Vorjahres weniger 237 288 M, im ganzen vom 1. Januar bis 30. September 1892 2 451 491 4 (pro- viforische Einnahme aus russishem Verkehr nah russishem Stil), gegen S 3520304 im Vorjahre, mithin gegen den entfprehenden Zeitraum des Vorjahres weniger 1 068 815 # gegen definitiv 3 663 430 A im Vorjahre, mithin- weniger 1211 939 Leipzig, 4. Oktober. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. L Plata. Grundmuster B. per Oktober 3,60 4, per November 3,624 4, per Dezember 3,627 #, per Januar 3,65 ,

er Februar 3,673 M, per März 3,70 Æ, per April 3,723 M, per ai 3,727 ,. per Juni 3,72} M, August 3,75 # Umsaß 35 000 kg.

Wien, 4. Oktober. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Durx-Bodenbacher Eisenbahn beschloß die Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung nach Tepliß zur Genehmigung des Uebereinkommens mit der Regierung, Berathung? der neuen Statuten, sowie des Antrages auf Reduction des Actienkapitals auf 2 (52 900 FI., und der Aufnahme einer 3 procentigen Anleihe in Höhe von 25 600 000 Fl. Der Verwaltungsrath der Prag-Durer Eisen bahn hat beschlossen, die neuen Statuten der Regierung zur Genehmigung vorzulegen und bis auf weiteres jede Vertheilung des Reservefonds zu sifstiren.

Wien, 4. Oktober. (W. T. B.) Ausweis der österrei is ch- ungarishen Staatsbahn (österreihisches Ney) vom 21. bis 30. September 2 134 704 Fl., Mindereinnahme gegen Van entsprehenden Zeitraum des vorigen Jahres 221 697 F1.

Verkehrs-Anstalten.

Ob

weiteres auch die nachbezeihneten Gegenstände nit einge- führt werden dürfen: alle Stoffproben und Stoffabfälle: rohe Häute, frische und getrocknete Blasen und Därme : gesalzene Därme: Ninder-, Pferde- und Kameelhaare; Schweinsborsten : Federn, Flaumfedern, Baumwolle; Caviar, marinirte Fische jeder Art; Olivenöl in Schläuchen.

Die Oktober-November-Ausgabe des Reichhs-Curs- buchs (bearbeitet im Cursbureau des Reichs-Postamts, Verlag von Julius Springer, Preis 2 4) is soeben ershienen. Die darin cnthaltenén Fahrpläne 2, 3, 6, 7, 15, 50, 1183, 124, 128, 394, 396b und 690 haben einstweilen nur beschränkte Gültigkeit, indem verschiedene Züge bis auf weiteres niht verkehren. In einem Nach- trag wird hierüber das Nähere mitgetheilt werden.

Bremen, 4. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Werra“ ist am 1. Oktober Mittags von New-York via Gibraltar nach Genua abgegangen. Der Schnell- dampfer „Aller“ hat am 2. Oktober Abends die Reise von Southampton nah New-York fortgeseßt. Der Postdampfer „Berlin“, am 24. August von Bremen abgegangen, is am 27.September in Mo ntevideo angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Oldenburg“, von Ostasien kommend, hat am 3. Oktober Nachm. Dover passirt. Der Schnelldampfer „Saale“ ist am 1. Oktober Nachmittags von New-York via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Hanrover“, nah dem La Plata bestimmt, ist am 3. Oktober Morgens in Corunna angekommen. Der Schnelldampfer „Ems“, von New-York kommend, ist am 3. Oktober Nachmittags auf der Weser angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Salier“, von Australien kommend, ist am 3. Oktober Vormittags auf der Weser angekommen

_— 5. Oftober. (W. T. B.) Der Postdampfer „Hannover“, hat am 3. Oktober Nachmittags die Reise von Corunna nah dem La Plata fortgeseßt. Der S N nt 17. August von Bremen abgegangen, ist am 3. Oktober Nachmittags in Shanghai angekommen. Der Reichs-Postdampfer „Sachsen“, hat am 3. Oktober Abends die Reise von Port Said nach Suez fortgeseßt. Der Reichs-Postdampfer „Oldenburg“, von Ostasien kommend, ist am 4. Oftober Mittags in Antwerpen angekömmen. Der Schnelldampfer „Havel“, von New-York komment, hat am 4. Oktober Morgens Scilly passirt.

Hamburg, 4. Oktober. (W. T. B.) Hamburg-Ameri- fanische r - Actiengesells\chaft. Der Scnell- dampfer „Augusta Victoria * hat, von New-York kommend, heute Morgen Scilly passirt.

London, 4. Oktober. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer „Warwick Castle“ hat auf der Heimreise gestern die Canari- hen Inseln passirt.

Theater und Musik,

Saal Bechstein.

Der neu erbaute Saal Bechstein wurde gestern eröffnet. Die Eröffnung hätte keinem würdigeren Künstler, als Herrn Dr. Hans von Bülow übertragen werden können. Beim Anhören der mit feinem Kunstsinn auserwählten Musikstüke weiß man in der That nicht, ob man mehr die Zartheit in der Wiedergabe der Phantasie von Mozart (C-dur), die Gedankentiefe seines meisterhaften Vor- trags der Beethoven'’shen Sonate (op. 81) und der Kiel’schen Variationen (op. 17) oder die geistreihe Behandlung des Schumann’schen Faschingsshwanks und der vier Piècen von Chovin: Nocturne (op. 17), Impromptu (op. 36), Scherzo (op. 39) und Berceuse (op. 57) bewundern soll. Stürmischer Beifall folgte auf den Vortrag eines jeden Klavierst¿cks. Der eingeladene Zuhörer- kreis bestand aus hervorragenden Künstlern, Kritifern und Kunst- freunden. Der alte Vater Bech stein erhielt von allen Seiten die berzlihsten Glückwünsche; sein Flügel flang bei der {önen Akustik des Saales ganz vortrefflich. ;

Am Freitag (aut im Königlichen Opernhause „Djamileh*

mit den Damen Rothauser und Urbanéka, den Herren Philipp Lieban und Schmidt zur Aufführung. In der darauf folgenden Oper „Cavalleria rusticana“ find die Damen Pierfon, Dietrih und Lammert, die Herren Rothmühl und Fränkel beschäftigt. Den Be- {luß des Abends bildet das Tanzbild „Slavische ag: Der Sonntag bringt eine Wiederholung dieser Vorstellung. Am Sonnabend geht „Lohengrin“ mit den Damen Sucher und Hiedler, den Herren Gudehus, Bulß und Mödlinger in Scene.

m Deutschen Theater wird als Zugabe zu der Vorstellung des „Misanthrop“ vom Freitag ab der im vorigen Jahre mit so vielem Beifall aufgenommene ae Schwank „In Civil“ von Gustav Kadelburg wieder in Scene gehen. : : :

Für Sonnabend ist im Berliner Theater dic erste Wieder- aufführung des Fulda’schen Lustspiels „Die wilde Jagd“ mit Nuscha Buye in der Rolle der Melanie angeseßt. S

Das Lessing-Theater unternimmt am Schluß dieser Woche seinen ersten Gastspielausflug, zu welhem der Erfolg der „Orientreise*“ den Anstoß gegeben hat. Der reiche Perfouenbestand dieser Bühne gestattet es, die Novität doppelt zu beseßen und so wird denn der in Berlin unbeshäftigte Theil der Mitglieder nah Hannover gehen, um am dortigen Residenz-Theater den Schwank ein- zuführen, während gleichzeitig am Lessing-Theater „Die Orientreise" in unveränderter Rollenbesezung weiter gegeben wird. :

Der große Erfolg der Jacobson’shen Posse: „Der Mann im Monde“ hat die Direction des Wallner - Theaters bestimmt, diese Berliner Posse vorläufig auf dem Spielplan zu belassen. In- zwischen wird das neue vieractige Lustspiel: „Schwiegerpapa“ von William Schumann, dem Mitverfasser der „Kinder der Ercellenz“, vorbereitet. S 2

Im Friedrih- Wilhelmstädtishen Theater geht am Frêitag Offenbach's dreiactige Operette „Die Banditen“ in neuer Esultidirung und Bearbeitung erstmalig in Scene. Alle ersten Kräfte dieser Bühne sind in dem Werke beschäftigt. Im Offenbach-Cyclus müssen sich die einzelnen Werke schneller folgen, als zur Ausnußung wünschenswerth wäre, weil die Direction die Verpflihtung Üüber- nommen hat, noch in dieser Spielzeit mehrere Neuheiten aufzuführen.

Im Kroll’\ch en Theater wird wegen Unwohlseins des Herrn Wilh. Meyer morgen statt der Oper „Trompeter von Säkkingen“ Lorting's „Zar und Zimmermann“ in Scene gehen und am Freitag statt „Euryanthe“ die Oper „Fidelio“ mit Frau Moran-Olden als Leonore.

Für Fräulein Angéla Virag, die {nell beliebt gewordene Soubrette des AdolpL-Srnst-Shéaters, ist eine neue Gesangs-

per Juli. 3,75 #, per -

Im Anshluß an frühere Mittheilungen wird bekannt gegeben, daß wegen der Cholera nah Rumänien bis auf .

-General-Inspecteur

einlage geschrieben worden, welche die Darstellerin der „Wilden Madonna“ morgen zum erften Male zum Vortrag bringen. wird.

Die bekannte Concertsängerin Fräulein Rosa Paghelli ver- anstaltet am 13. Oftober in der Sing-Akademie“ gemeinschaftlih mit der Pianistin Sen Matte Liebig ein Concert, wozu der Kartenverkauf bei Bote u. Bock eröffnet ist. Herr Ernst Eduard Taubert hat soeben ein viersätziges Kammermusikstück für Piano, &Flôte, Klarinette, Horn und Fagott vollendet, das von der Firma Bote u. Bock für ihren Verlag erworben worden ist. Im Laufe des Winters wird der Componist fein neues Werk în einem eigenen Concert in dèr Sing-Akademie zur Aufführung bringen.

Der erste der dieswinterlihen „Volksunterhaltungs- abende“ findet am Sonntag im Saal des Handwerkervereins statt; dazu haben bereits folgende Künstler ihre Mitwirkung zugesagt: die Altistin Fräulein Marie Albrecht, die Pianistin Fräulein Eugenie Cohnmn und der Tenorist Herr G. Stolpe.

Mannigfaltiges.

Dem Ausschuß des Deutschen Vereins zur Fördezung der Luftschiffahrt z. H. des Vorsißenden Professors Dr: Aß- mann ist nach der „Nat.-Z.“ folgendes Shreiben zugegangen: Seine Majestät der Kaiser und König haben Allergnädigst geruht, dem Deutschen Verein zur Förderung der Luft'chi fahrt be- hufs Ecmöglihung der von ihm geplanten wissenshaftlihen Ballon- fahrten für dieses und das folgende Jahr je einen Zushuß von 25 000 e (fünfundzwanzigtausend Mark) zur Verfügung zu stellen. Indem wir den Ausfhuß auf das Immediatgesuch vom 21. Februar d. J. hiervon in Kenntniß seßen, geben wir anheim, wegen Flüssig- machung der Bedarfsbeträge entsprechende Anträge au- den mitunter- zeihneten Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten zu rihten. Der Minister der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten. Bosse. Der Finanz-Minister. Im Auftrage: Grandke.

_Die Volkskaffee- und Speisehalle Nr. 3 in der Chaussee- ftraße 98a ist gestern Nachmittag durch einen feierlihen Act von dem U T der Volkskaffee- und Speisehallen-Gefellshaft Grafen Dönhoff-Friedrichstein eröffnet worden. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin hatte, da Allerhöchstdieselbe am Aus- gehen noch verhindert ist, Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrih Leopold, um ihr lebhaftes Interesse für den Zweck des insbesondere der arbeitenden Klasse zu gute kommenden Unternehmens zu beweisen, mit Alleroöchstihrer Vertretung beauftragt. Die hohe Frau, welhe um 2 Uhr eintraf, wurde von dem Vorstande ehrfurchtsvoll begrüßt und unterzog alsbald die Halle einer cingehenden Besichtigung. Die zweckmäßigen Einrichtungen fanden die volle Anerkennung der Prinzessin, die auh eine ihr dar- gebotene Tasse Chocolade von derselben Sorte, wie sie später zum allgemeinen Verkauf ausgeshenkt wurde, annahm und sich über deren Schmachasftigkeit beifällig äußerte. Die Führung de Ie S Un die Erflarung hatten im be- sonderen Graf Dönhoff, Herr Minlos und der Erbauer des Hauses, Regierungs-Baumeister Messel übernommen. Bald nah der Abfahrt der Prinzessin füllten sh die einfa, aber ge- \chmadckvoll ausgestatteten Nâume zunächst mit geladenen Gästen, die dem Unternehmen ein besonderes Interesse entgegenbringen. Mit einer auf Zweck und Bedeutung der volksthümlichen Bestrebungen der Gesellschaft Hhinweisenden Ansprache übergab alsdann Graf Dönhoff

die neue Halle dem Verkehr.

Als Erster der deutschen Distanzreiter ist gestern Abend um 7 Uhr 45 Minuten, unter jubelnder Begrüßung der vieltausend- köpfigen Menge, Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold von Preußen in Wien (Florisdorf) angelangt; der Prinz stieg ohne Zeichen großer Ermüdung aus dem Sattel. Drei Secunden später Le als Zweiter Lieuteñänt Heyl, Reiter und Pferd in vor- züglicher Condition. Der Prinz und Lieutenant Heyl wurden von dem der Cavallerie Freiherrn von Gagern, dem j en deutshen Delegirten, Obersten Freiherrn von Schaky und Major z. D. rafen Bismarck, den Mitgliedern des Comités empfangen und von zahl- reichen Offizieren enthusiastisch begrüßt. Seine Königliche Hoheit nahm in dem Offiziers-Casino nur eine kleine Erfrishung und begab sich alsbald in der - bereit stehenden Hofequipage nah der Hofburg. Auf der Fahrt über die Ringstraße fowie bei der Einfahrt in die Hofburg wurde der Prinz von dem Publikum lebhaft begrüßt. Der Fuhswallah „Taurus“, auf welchem der Prinz die Reise zurücklegte, befindet sih in guter Condition und ist ohne Beinschwellung; er nahm sofort Futter. Seine Hoheit der Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein mußte infolge eines seinem Pferde zugestoßenen Unfalls, das infolge dessen lahm geworden war, den Ritt aufgeben und die Eisenbahn benußen; er wird heute Mittag erwartet. Prinz Friedrich Leopold is als Gast des Kaisers Franz Joseph in der Hofburg abgestiegen; Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein wird auf Einladung des Kaisers ebenfalls daselbs Wohnung nehmen. Um 8 Uhr 20 Minuten traf als Dritter der deutshen Offiziere Rittmeister von Tepper- Lasfki vom Husaren-Regiment von Zieten (Brandenburgisches) Nr. 3 im Schritt reitend ein. Abends um 9 Uhr 7 Minuten langte Lieutenant Freiherr von M eyern, um 9 Uhr 8 Minuten Lieutenant Dieße und um 10 Uhr 5 Minuten Lieutenant von Jena an. Während der Nacht trafen ferner in Wien ein: Premier-Lieutenant Neisch (Dragoner - Regiment 1), Rittmeister Freiherr von Schuckmann (Cürassier-Regiment 1), Premier-Lieutenant Freiherr von Reißenstein (7. Feld-Artillerie-Regiment) und Second- Lieutenant Graf von Hohnstein (1. Bayerisches Ulanen-Regiment).

._ Ferner wird gemeldet: In Jglau sind gestern Nachmittag um 4 Uhr 45 Minuten Hauptmann Bloch von Blottnit, um 6 Uhr 40 Minuten Hauptmann von Witzleben und Premier-Lieutenant Scholz eingetroffen. Deut schbrod passirten um 74 Uhr Second- Lieutenant Hopfen, 9# Uhr Premier-Lieutenant Philivpsen, um D R Cp von Nothfkirch und Premier-Lieutenant Graf von

er OolB. Sn Sa im sind heute früh um 3 Uhr die Rittmeister von Heyden-Linden, von Goßler und von Kramsta abgeritten und werden um etwa 10 Uhr Vormittags in Wien erwartet. Um 8¿ Uhr Vormittags passirte Znaim Hauptmann von Lindenau und um 9 Uhr Premier-Lieutenant Freiherr von Senfft-Pilsach, beide in brillantester Condition.

Ueber die weitere Ankunft österreihisch-ungarischer Distanzreiter in Berlin wird der „Nat.-Z.” berichtet: 2 Uhr 49 Minuten erreihte in sharfem Galopp als Fünfter der Lieute- nant Scherber II. vom 7. Dragoner-Regiment, der Bruder des als Dritter angekommenen Offiziers, das Ziel. Der Reiter, d-r sehr frish aussah, hatte eine - braune Stute, die „Alma“ des Ober-Lieutenants Ritter Sypniewski von Odrowaz, unter si; das Thier hatte die Tour ausgezeichnet überstanden. Lieutenant Scherber war Sonnabend um 6 Uhr 25 Minuten aus Wien abgeritten, er hatte somit 80 Stunden 24 Minuten gebrauchßt. Um 3 Ühr 39 Mis- nuten 50 Secunden begrüßten brausende Hochrufe den Sechsten der österreichischen Reiter, den Rittmeister Stögl vom 8. Ulanene- Negiment. Die Anstrengungen des Parforcerittes A nicht O an ihm vorübergegangen zu sein, man sah es ihm an, daf thm das Gehen sauer wurde, immerhin machte auch er od einen guten Eindruck. Sein Pferd, der Schimmelwallah „Schagya*, ist ein verhältnißmäßig kleines, {chmächtiges Thier, dem man es faum ansieht, daß es größere Anstrengungen hat aushalten können. Der Wallach war stark abgetrieben und sehr beshmugßt, erholte si aber verhältnißmäßig bald. Der Abritt von Wien war am Sonn- abend 6 Uhr 35 Minuten erfolgt. Zeit: 81 Stunden 4 Minuten 50 Secunden. Auf dem Tempelhofer Felde hatten sich wieder zahl- reiche Zuschauer eingefunden. Unter den Anwesenden befanden ih: der Landwirthschafts-Minister von Heyden, General von Rauch u.-a. Um 7 Uhr 34 Minuten 36 Secunden erschien der Graf Lubiens ky vom °, Ulanen-Regiment auf dem Wallach „Glawars“. Er war am

Obersten Kauchenberg, den