1892 / 257 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 29 Oct 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Dem Kaiserlihen Gesundheitsamt vom 28. bis 29. Oktober, Mittags, gemeldete Cholera-Erkrankung s- und Todesfälle:

D 2 z= zt

e D A O S

gestorben

Staat und B eztrl

D a augen Mam

gestorben S

E

crkranfkt gestorben m és

gestorben S erkrankt erkrankt erkrankt

f

1) 4

Hamburg

*) Durch nachträgliche Meldung berichtigt. In Lübe ck: 1 Erkrankung (Landstreiher aus Hamburg).

Hamburg.

n

1 4 2

S |

Medcklenburg-Schwerin.

Schwerin, 28. Oktober. Die „Mecklenburger Nachrichten“ berichtigen ihre der „N. Preuß. Ztg.“ entnommene (in Nr. 254 d. Bl. mitgetheilte) Meldung von dcr Ankunft Seiner König- lichen Hoheit des Großherzogs und Jhrer Kaiserlichen Hoheit der Großherzogin in London. Die Großherzoglichen Herr- schaften weilen noch in Paris und gedenken daselbst bis zur nächsten Woche zu bleiben. Dann werde der Großherzog fh nah Cannes begeben, die Großherzogin aber non na E gehen, um sich von dem Maler Herkomer malen zu lassen.

Waldeck und Pyrmont.

Arolsen, 27. Oktober. Dem He FONURYA Ten Land- tag der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont, der in den nächsten Tagen hier zusammentritt, wird, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, eine Vorlage, betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen des Klassensteuergeseßes vom 7. Januar 1865, und eine Vorlage über cin neues Gemwerbesteuer- geseß zugehen. Wie die Begründung zu dem Ent- wurf über die Abänderung des Krlassensteuergesezes er- giebt, ist dessen Hauptzweck zunächst die Bescitigung der- jenigen Bestimmuung des Klassensteuergeseßzes, wona die Gewerbetreibenden bezüglih des der Gewerbesteuer unter- liegenden, d. h. des aus dem Gewerbe sich ergebenden Einkommens von der Klassensteuer befreit sind, und ferner die Einführung einer erweiterten Verpflichtung für die Steuerpflichtigen zur Angabe ihrer Verhältnisse. Durch das Gewerbesteuergejeß, dessen Jnkrafttreten auf den 1. Januar 1894 festgeseßt ist, wird die hohe Gewerbesteuer durch eine ganz geringe erseßt, welche gleichsam als ein Zuschlag zur Klafssen)teuer nah Maß- gabe des gewerblihen Einkommens festgeseßt und erhoben werden soll.

Neuß j. L.

Gera, 28. Oktober. Jn der heutigen Sißung des Landtags wurde der Geseßentwurf über die Stellver- tretung in der Regierung des Landes in zweiter Berathung einstimmig angenommen. Die wesentlichen Be- stimmungen des Entwurfs lauten :

Der Landesherr wird, wenn er zeitweilig verhindert ift, die Ne- gierung des Landes zu führen, den volljährigen Regierungsnacfolger und, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, einen voläbtigen Agnaten mit seiner Stellvertretung beauftragen 1). Der Stell- vertreter führt die Regierung im Namen des Landesherrn S 2). Bei der erstmaligen Uebernahme der Stellvertretung hat der Regierungsnachfolger eine Versicherungsurkunde bei Fürstlibem Wort und Ehren dahin auszustellen, daß er die Verfaffung des Staats aufrecht erhalten und in Uebereinstimmung mit der Verfassung und den Geseßen regieren will. Die Urschrift diefer Versicherung wird im Archiv des Landtags niedergelegt 3). :

__ Zum Präsidenten des Landtags wurde vorgestern der Abg. Fürbringer, zum Vice-Präsidenten Dr. Jäger wiedergewählt.

Oesterreich-Ungarn.

Jn der gestrigen Sißung des Wiener Gemeinde- rathes kam es, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, wie- derum zu stürmischen Auftritten, welhe durch die antisemiti- schen Gemeinderäthe hervorgerufen wurden. Jnfolge dessen sah sih der Bürgermeister veranlaßt, die Gemeinderäthe Dr. Lueger und Steiner für die nächsten vier Sißungen auszuschließen. Die genannten Gemeinderäthe mußten den Saal unverzüglich verlassen. Die übrigen antisemitishen Gemeinderäthe ent- fernten sih gleichfalls.

Großbritannien und JFrland.

Die NOUE des „Standard“ und anderer Londoncr Blätter, wonach die Villa Oppenheim in Florenz für die Königin gemiethet worden sein sollte, wird jeßt aus London officiell für unbegründet erklärt.

__ Der gestrigen abermaligen Verhandlung gegen den fran- zösischen Anarchisten François wohnten laut Meldung des „H. T. B.“ aus London ca. 80 Personen bei. Troßdem die Anarchisten ausgeschlossen waren, wurde das Erscheinen Mathieu's bemerkt. Die Verhandlung mußte s{hließlich wieder auf aht Tage verschoben werden wegen unzulängliher Vor- bereitung des Anklagematerials. ,

Frankreich.

Die französische Regierung hat nach ciner Pariser Depesche der „Mgdb. Ztg.“ eine Note an das belgische Cabinet gerichtet, in der sie unter abermaligem Bedauern über die antibelgishen Unruhen in Nordfrankreih die Ver- sicherung ertheilt, daß die belgishen Arbeiter fortan kräftig geshüßt werden würden. Die französische Regierung erklärte i leichzeitig bereit, die Entshädigungsansprüche der

na

gien E citer zu prüfen. Der Zwischenfall ersheine dem- eigelegt. Ö

Eine von dem Pariser Journal „Jour“ weitig jedoch bisher nicht bestätigte Mittheilung besagt, die

ebrachte, ander-

Regierung habe behufs Beilegung des Bergarbeiter- Conflicts in Carmaux folgende Beschlüsse gefaßt : Präsident Carnot werde auf Antrag des Justiz-Ministers und des Ministers der öffentlichen Arbeiten den Verurtheilten Begnadigung gewähren; die Gesellschaft werde sämmt- liche Arbeiter ohne Ausnahme wieder anstellen und der Director der Werke Humblot werde von seinem Posten zurü- treten. Es würde hiermit der Schieds\spruch des Minister- Präsidenten Loubet nahezu beseitigt sein. Uebrigens hat der

Generalrath der Seine in eral gestrigen S Ie Be von 10 000 Francs für die strikenden Bergarbeiter bewilligt un beschlossen, der Regierung den Wunsch auszusprechen, daß die verurtheilten Ausständigen begnadigt werden möchten. E

Jn den Wandelgängen der Kammer verlautete gestern

dem „W. T. B.“ zufolge gerüchtweise, daß das französische Cabinet, falls die Zollcommission den Entwurf des fran- G Ame geren Zollabkommens en bloc ab- ehnen sollte, die Vertrauensfrage stellen werde. Das Cabinet sei der Ansicht, daß der Bruch mit der Schweiz in kurzer Frist einen Bruh mit Spanien und damit für Frankreih \{chwer- wiegende politishe Folgen nach. sich ziehen würde.

Ein Telegramm des Obersten Dodds aus Dahomey vom 24. d. M. meldet: In dem Feldlazareth befänden sich keine Kranken mehr; die Verproviantirung der Expedition sei beendet und die Effectivbestände seien durch Heranziehung von Truppen aus den Garnisonen an der Küste vervollständigt worden. Die Truppen seien in vortreffliher Verfassung und träfen Vorkehrungen, wieder die Offensive zu ergreifen.

Der Generalstabs-Chef des Marine-Ministeriums, Vice- Admiral Gervais, hat ein Project für die Vertheidi- gung von Cherbourg ausgearbeitet, in welchem vor- geshlagen wird, ein großes Fort im Meere zu erbauen, das mit Kanonen stärksten Kalibers und L CIIOnEn armirt sowie mit Vorrathsmagazinen und einem Hafen für Küsten- panzer und Torpedoboote ausgestattet werden soll.

General Reste, der Befehlshaber der Besaßungstruppen in Tongking, hat, wie man der „Köln. Ztg.“ aus Paris meldet, gebeten, sofort seines Postens enthoben und nah

rance zurüberufen zu werden, weil die bürgerlihen Be- örden in der Colonie alle seine Pläne durhkreuzten.- An- gesihts der immer gefährliher werdenden Lage an der Grenze, wo / den Franzosen neuerdings wieder reguläre chinesishe Truppen gegenübertreten, verlangt General Neste eine Verstärkung der Besaßungstruppen, während der General-Gouverneur de Lanessan eine Truppenver- mehrung für unnöthig hält und den Beweis liefern möchte, daß seine Verwaltung auch ohne eine solche fertig werden könne. Einem Telegramm des „D. B. Hd.“ zufolge hat die Re- ierung bereits die Ausrüstung eines Geshwaders für Andotina angeordnet, welches bedeutende Verstärkungen hinüberführen soll. Der Kriegs-Minister und der Marine- Minister haben ferner umfassende Vorkehrungen zur Formirung von Ersat-Corps aller Waffengattungen getroffen. Vice-Admiral Ja ille soll das Ober-Commando aller Streitkräfte zur See in den cinesishen Gewässern übernehmen.

Der internationale Ausschuß zur Prüfung der Pläne über die Erweiterung des Suez-Kanals hat, der „Köln. Ztg.“ zufolge, am Mittwoh in Paris seine erste Mayen abgehalten. Deutschland is dabei durch den Regierungs-Rath Pescheck aus Frankfurt a. d. Oder vertreten, der früher tehnisher Attaché bei der Pariser Botschaft war.

Die Panama-Frage soll, wie schon mitgetheilt, am 8. nächsten Monats in der Kammer wieder zur Sprache gebracht werden. Der chemalige Finanz-Minister Peytral hat dem Justiz-Minister Nicard eine Jnterpellation über. die gerichtliche Untersuchung, die gegen die Verwaltung der Panama-Gesell- schaft eingeleitet worden ist, angekündigt. Peytral will dar- thun, daß, wenn man vor dem 1. März 1893, der leßten Frist, einen ernstlihen Versuh zur Wiederaufnahme des Unter- nehmens machen wolle, eine vorherige juridishe Lösung der Frage unerläßlich sei.

Rußland und Polen.

Der „Russishe Jnvalide“ veröffentliht die Liste der „Chefs für Kriegscommunicationen und Leitung der S Lern für Eisenbahnen und Wasserwege“. Die Oberleitung hat der General-Major des Generalstabs Golowin, dem als Gehilfe General-Major Niedermüller beigegeben ist. Stationirt sind diese den deutschen Eisenbahncommissaren ent- sprechenden Chefs der vierzehn Bezirke in Helsingfors, St. Peters- burg (2), Wilna, Warschau, Moskau (2), Homel, Kiew, Charkow, Nowo-Tscherkask, Odessa, Kasan und Tiflis. Von den Chefs gehören ein General-Major, zwölf Obersten, ein Oberst- Lieutenant dem Generalstab, ein Oberst anscheinend der Linie an. Ferner sind je drei Bezirks-General-Quartier- meister der Stäbe und Bezirks-Dujour-Generale der Militär- e ed Warschau, Kiew und Wilna ernannt worden. Der neu- gebildten finishen Schüßenbrigade ist ein Oberst als Stabsoffizier der Verwaltung uge Zugleich ist auch der Mannschaftsstand der zwei Sweaborger Festungsartilleric-Bataillone um je aht Unteroffiziere und 200 Mann, der des Jnfanterie-Bataillons um zehn Unteroffiziere und 160 Mann erhöht worden. Die Neubildung dreier Festungs-Jnfanterie-Bataillone in Grodno, Libau und Riga-Dünamünde wurde bereits gemeldet.

Der Justiz-Minister hat dem Reichsraih cinen Gesezentwurf vorgelegt, durh welchen die bisher für den Zweikampf bestehenden Strafbestimmungen verschärft wer- den sollen. Nach dem neuen Geseß würde, wie die „P. C.“ erfährt, bei Duellen mit tödtlihem Ausgange über den überlebenden Theil eine Gefängnißstrafe bis zu sechs Jahren verhängt werden. Bei Duellen, die bloß zu Verwundungen führen, lautet der Strafsaß für den . unverleßt gebliebenen Theil auf Gefängniß bis zu drei Jahren. Bei vollig unblutig verlaufenden Duellen können beide Duellanten zu Arreststrafen bis zu sechs Monaten verurtheilt werden. Das neue Gescß spriht ferner Strafen über dice

“Zeugen und Anstifter von Zweikämpfen aus.

Jtalien.

Nach Berichten, die der „Pol. Corr.“ aus Rom zugehen, wird in dortigen diplomatischen Kreisen sehr bemerkt, ab fast in allen bisherigen Kundgebungen der Kammer- candidaten, mögen ihre Parteirihtungen sonst noch soweit auseinandergehen, die Bündnißpolitik Jtaliens voll- ständig gebilligt, der Friedenscharafter des Dreibundes an- erkannt und einer weiteren E italienischen Heeres- ausgaben entgegengetreten wird. Eine Ausnahme bezüglich des einen oder des anderen dieser beiden Punkte bilden nur die kleine Gruppe der intransigenten NRadicalen und der frühere Finanz-Minister Colombo. Die ersterwähnte Thatsache habe die Ueberzeugung von der Stabilität der auswärtigen Politik Italiens und der Bang derselben durch die weitaus über- wiegende Mehrheit des italienishen Volkes neuerlich befestigt.

Spanien. In dem Befinden des Königs schreitet, laut telegraphischer Mus aus Sevilla, die Vesseru ng fort. fraph er dürfte daher im Laufe der nächsten Woche -nach Granada

übersiedeln.

Portugal.

Der Werth der vom Januar bis Mai d. E e Portugal Ege R E Waaren betrug, wie dem „W. T. B.“ aus Lissabon gemeldet, 2018 Contos Reïs, der Werth der cin- Gel TYTIEN Waaren 2881 Contos Reïs. Während somit ie Differenz zwishen Einfuhr und Ausfuhr 863 Contos Reïs betrug, belief sih dieselbe in der gleihen Periode des Vor- jahres auf 2768 Contos Reïs. Die Zolleinnahmen vom Januar bis Mai waren um 1868 Contos Reïs geringer als in derselben Periode des Jahres 1891.

Schweiz.

Zu der voraussichtlich am 7. November in Wien be- ginnenden Conferenz behufs Abschlusses eines \chweize- rish-österreihishen Staatsvertrages über die Rheinregulirung wird der Bundesrath dem „W. T. B.“ zufolge als Vertreter der Schweiz den Gesandten in Wien

epli abordnen; als weitere Delegirte sind Regierungs-Rath

Zollikofer-:St. Gallen, Ober-Bauinspector Morlot-Bern und Rhein-Jngenieur Wey-Rorschah designirt.

Bezüglih der Organisation des Centralamts für

den internationalen Eisenbahntransport in Bern hat der Bundesrath nah der „N. Zürch. Zig.“ folgende Beschlüsse gefaßt: _ Das Centralamt soll außer dem Director, der bereits ernannt ist, bestehen aus: einem Stellvertreter des Directors (Vice-Director); zwei Secretären, von denen der eine die juridishen Fragen, der andere die technishen Geschäfte zu behandeln hat, einem Ueberseßer oder Secretärgehilfen, endlich dem für Kanzleiarbeiten und den Bureaudtienst erforderliten weiteren Personal. Zum Stell- vertreter des Directors (Vice-Directors) wird Herr Gott- fried Farner aus Stammheim (Zürich), gegenwärtig admi- nistrativer Inspector im s{weizerisGen CEisenbahndepartement, als technischer Secretär Alexander von Toussaint aus Michelstadt (Hefsen-Darmstadt), gegenwärtig Chef des Reclamations-Bureaus der pfälzischen Eisenbahnen in Mannheim, gewählt. Der Secretär für die juridishen Fragen, welcher der französischen Sprache angehören soll, wird später bezeihnet werden, die Stelle des Ueberfeßers und Secretärgehilfen wird bis auf weiteres nicht beseßt. Der Director des Centralamts is ermächtigt, das für die Ge- shäâfte der Kanzlei nöthige Hilfspersonal, den Bedürfnissen des Dienstes entsprechend, einstweilen provisorisch anzustellen. Herr Her- mann Galle aus Krossen a. d. O. (Preußen), bisheriger erster Secretär, wird zum Stellvertreter des Directors des Weltpostvereins (Vice- Directors) und Herr Emil Eschbacher aus Paris, bisheriger Secretär des internationalen Bureaus der Telegraphenverwaltungen zum Stell- vertreter des Directors, zugleih Secretär, ernannt.

Das eidgenössische Departement des Jnnern hat an die Regierungen der Cantone deutsher Sprache ein Schreiben erlassen, in welhem es denselben das Protofoll der intercantonalen Orthographie-Conferenz' übermittelt und fie einladet, sich in ihren amtlichen Schriftstücken an die Ortho- graphie von Duden zu halten, die zufkünftig diejenige der deutschen Schweiz fein soll.

Belgien.

Der Kriegs - Minister hat dem „D. B. Hd.“ zufolge angeordnet, daß die Ausrüstung einer zweiten „Jnfanteric- Division mit dem Mausergewehr bis Ende dieses Jahres, die der übrigen drei Divisionen bis zum Frühsommer durh- zuführen sei.

Türkei.

Ueber die Berufung des belgishen Generals Br ialmont nah Konstantinopel weiß der Londoner Berichterstatter der „Pol. Corr.“ mitzutheilen, daß es sich dabei keineswegs um die Befestigung der Meerenge gehandelt habe ; vielmehr sei es der Wunsch des Sultans, Konstantinopel durch Anlage eiserner Forts gegen einen Angriff von der Landseite geshüßt zu schen, der zur Reise des Generals Brialmont Anla gegeben habe. Der General ist besonders auf diesem Gebiete der Befestigungs- kunst Autorität und hat beispielsweise Lüttih durch eiserne Forts befestigt. Er ist deshalb vom Sultan für die Anlegung derartiger Befestigungen in Konstantinopel ausersehen worden.

Griechenland.

Nach den der Regierung zugegangenen Berichten sind nunmehr sämmtlihen Mächten die von Griechenland in der Zappa- Angelegenheit unternommenen Schritte bekannt gegeben worden. Jn Regierungskreisen sieht man, wie „W. T. B.“ aus Athen meldet, nunmehr den Sritten der rumänischen Regierung in dieser Angelegenheit entgegen.

Rumänien.

Der Ministerrath hat dem N T. B.“ zufolge be- lossen, der Kammer bei ihrem Zujammentritt ein Grün- buch über die Affaire Zappa vorzulegen.

Serbien.

Die Regierung hat, wie die „Pol. Corr.“ aus Belgrad vernimmt, bisher keine officiellen Schritte behufs Verlängerung des gegenwärtigen Handelsvertrages mit ODesterreich- Ungarn unternommen: es fei jedoh siher, daß dies nah der Vertagung der Skupschtina geschehen werde.

_Der Uen Marinkovics und die Vice-Bürger- meister Vel ikovic und Jlic in Belgrad sind von dem Untersuhungsrihter wegen Mißbrauhs der Amtsgewalt verhaftet worden. Die Genannten hatten einen Bürger geseßwidrig zu 73 Tagen Arrest und zu Zwangsarbeit in den Gemeindesteinbrüchen verurtheilt.

Schweden und Norwegen.

Die alte Landmannsfraction der Zweiten s{chwedi- shen Kammer wird, wie man dêm „D. B. Hd.“ aus Stockholm berichtet, auch jegt wieder gegen sämmtliche Militärvorlagen der Regierung stimmen, dagegen einen vollständigen Armee-Organisationsplan einbringen, der, wie die „Nya Dagl. Allehanda“ berichten, ganz dem in der vorigen Tagung von dem Abg. Olof Jonsson eingebrachten e der damals zur Ablehnung der Militärvorlagen

ührte.

Aus Christiania wird gemeldet, daß der Kricgs- Minister das dortige Armec- und Marine-Commando ersucht hat, die nicht mehr felddienstfähigen Offiziere nam- haft zu machen. Diese sollen verabschiedet werden, da Norwegen bis jet noch kein Pensionsgesey mit ciner Alters- grenze hat. Wie verlautet, wird jeßt ein solches Geseß vor- bereitct.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs-

Maßregeln.

Cholera.

. Von Donnerstag Abend sechs Uhr bis gestern Abend sechs Uhr E m Pest neunzehn Personen an der Cholera erkrankt und fünf geftorben.

Wie aus Sinope gemeldet wird, sind am Donnerstag zwei aus Labes zugereiste Cholerafranke in das dortige Lazareth gebracht worden. :

Ucber Choleragefahr und Absperrungsmaßregeln wird weiter berichtet :

Belgrad, 29. Oktober. Wegen der Cholera - Epidemie in Semendria is der Eisenbahn- und Schiffsverkehr dorthin voll- ständig eingestellt und die Stadt ifolirt worden.

Schweiz.

Durch Bundesraths-Beschluß vom 18. Oktober 1892 ift die bisher an den Bahnhöfen in Basel, Schaffhausen, Romanshorn, Rorschah, Pruntrut, Locle, Verrières, Vallorbes und Genf geübte ärztliche Üeberwahung der aus dem Auslande kommenden Reisenden auf- gehoben. :

Theater und Musik.

Wallner-Theater.

Die gestrige erste Aufführung des vaterländishen Schauspiels „Joachim von Brandenburg“ von Max Meßner nahm in jeder Beziehung einen äußerst glücklihen Verlauf. Dichter und Darsteller regten die Zuschauer durch thre Kunst. lebendig an und fonnten in dem lebhaften Beifall die herzlihe Theilnahme und An- erkennung der Zuschauer und Hörer lesen. :

Das Schauspiel behandelt einen volksthümlichen Abschnitt aus der kurbrandenburgishen Geschichte; der märkishe Naubadel, der unter dem jungen Kurfürsten Joachim 1. fein Haupt wieder wild zu erheben wagt, muß die starke Hand des Herrschers fühlen, der Jedem das Seine behüten und gleiches Recht für Ritter und Bürger will. Eine anmuthige Liebesgeshichte, die wachsende Neigung der Prinzessin Elisabeth von Dänemark zum jungen Kurfürsten, dic zum Ehebunde führt, hebt sich von den dunklen Thaten der Raubritter, dem rauben Schwerterkampf und dem wüsten Troß der Raubritter freundlich ab. Der Dichter steht stark unter dem Ein- flusse E. von Wildenbruch's, wie die Wahl des Stoffes, die nah Wohl- laut ringende Sprache und die dramatische Durchführung des Werks beweisen. Man wird in vielen Scenen unmittelbar an Vorgänge in Wildenbruh’schen Dramen erinnert; wie dort drängt fih das jammernde Volk flehend zu seinem Fürsten, der durch seinen ernsten Sinn und seinen Muth der Gerechtigkeit, den Unterdrücten Hilfe bringt; wie in dem Wildenbruh’shen. Stück muß der junge Herrscher seinen liebsten Freund, einen troßigen, wild widerstreitenden Edelmann, todt zu seinen Füßen niedersinken sehen. Es ift viel Nahempfundenes in dem Stück, aus gllen Fugen quillt es heraus, und doch lebt daneben ein eigener Geist, der frisch und fräftig sich erhebt; der Dichter bewegt sich noch etwas unbeholfen, aber er vermag zu erwärmen und zu fesseln. Seltsam erscheint der dur keine Fesseln der Etiquette ein- eengte Verkehr der Prinzessin Elisabeth mit Foachim, der aber dafür der Liebeswerbung und den Liebesfcenen sehr günstig ist; das Bännen der Pest durch die Gegenwart des S Herrn ist ein etwas naiver äußerliher Auédruck für den Gedankenkern des Dichters, der zeigen will, daß vor dem fur{tlosen Sinn, der kühnen That auch die \{limmsten-Schrecken weichen müssen. Für- diese kleinen Ungeschick- lihfeiten entshädigt aber reichlich das Streben, den Chorafteren eine treffliche, gemüthvolle Seite abzugewinnen. Die Prinzessin mcidet den galanten, weihlihen Fürsten und ergiebt si erst dem starken, in Thatkraft erprobten Mann; das Bürgermädchen, das beim Ueberfall in der Köpenicker Heide den für den Kurfürsten bestimmten Schwerthieb auf- fängt, verkörpert in ihrer reinen Gestalt die Treue des Volks zu feinem Alle shirmenden Herrscher. Die Handlung entwickelt sich \hnell, ein Geschehniß löst das andere ohne Unterbrehung ab; der Verfasser arbeitet dabei manhmal mit äußerlihen und zu kräftigen Mitteln, aber die Theilnahme des Publikums bleibt stets rege, und das ist ein entschiedener und großer Erfolg. ;

In der Rolle des Kurfürsten Joachim leistete Herr I. Klein Treffliches; sein frishes Organ klang kräftig, ohne an Wohllaut ein- zubüßen; in den Augenblicken entscheidender Entschlüsse lag in der That eine majestätishe Würde über der jugendlichen Erscheinung.

Schmidt spielte den Freund Joachim’s, der sich mit feinen delsgenossen so fest verwahsen fühlt, daß er 1hnen felbst das Fürstlihe Herz opfern will. Die mächtige Gestalt, das markige Organ passen sehr gut zu dem LrOBEN Nitters- mann, der mit donnerndem Pathos die Rechte und Privilegien seines Standes verfiht. Als Kaufmann Balter spra Herr Haid mit Wärme und Einfachheit. Fräulein Bach, die die Elisabeth gab, hat einen s{hmelzenden Ton der Stimme, der in den Liebesscenen gut zur Geltung fommt; im übrigen maht sich noch einige Unfreiheit in der Nede bemerkbar. Î

Der Verfasser mußte mit den Darstellern wiederholt auf. der

Bübne erscheinen, um die Anerkennung der Zuschauer entgegenzunehmen.

Kroll's Shegler. A

Die französische Singer S O welche eine Rundreise durch

das Ausland zur ausschließlichen Aufführung der zweiactigen komischen Oper „Philémon et Baucis* von Charles Gounod unter- nommen hat, begann gestern im Kroll'shen Theater ihr auf nur drei Abende berechnetes Gastspiel. Das richt allzu zablreich erschienene Publikum bereitete ihr eine sehr freund- lihe Aufnahme; die Gelegenheit, französishen Kunstgesang zu hören, is bei uns eine so seltene, daß man si gern dankbar erweist, wenn das Dea nen dana, wie in diesem Fall, auch nur vereinzelt erfüllt wird. Noch interessanter aber war es, die Bekannt- schaft eines hier biéher noch nicht gehörten musikalischen Werks zu machen, das mit seiner überaus sorgfältigen Factur und reihen melodischen Erfindung entschieden den besten d:8 be- rühmten französishen Componisten beizuzählen ist. Die Gounod’sche Oper ist bekanntlih keineswegs neu, sie wurde schon im Jahre 1860 in Paris aufgeführt, ohne fi, wie andere Werke von ihm, auf der Bühne halten zu können; auch eine später versuchte Wiederaufnahme fand bei dem Pariser Publikum keinen Anklang. Darüber kann man id niht wundern ; es war eben die Zeit, da die Le Große Oper mit ihrem Massenaufgebot von Darstellern und Chören sich zur Blüthe entfaltet hatte, und ein mit so ein- fachen, {lichten Mitteln vier Darsteller ohne jeden Chor aus- estattetes Werk erklärliher Weise niht zur rehten Geltung kommen onnte. Jeßt, wo eine gewisse Uebersättigung an den geräuschvollen Effecten der großen Musikdramen sih fühlbar macht, ist man weit eher_ge- neigt, au einem solchen kleinen unaufdringlichen Kunstwerk sein Ohr zu leihen, zumal wenn es so minutiös fein gearbeitet ist und so viele und große Schönheiten aufweist. Das Textbuch ist kein Dichtwerk von Bedeutung ; es rührt von den Pariser Libretto-Fabrikanten Carré und Barbier her, welche dazu die bekannte lieblihe Fabel aus Ovid's „Metamorphosen“ benußt haben, und zwar derart, daß fie an Stelle des Merkur die ungeshlaht komishe Figur des Vulcan wählten, und den Schluß dahin umgestalteten, daß sie die beiden durch eheliche Treue und Gastfreundschaft ausgezeihneten Alten durch Jupiter's Machtspruch si wieder verjüngen lassen, worauf dann die jugendliche Baucis dur ihre Anmuth beinahe dem leiht verwundbaren Göttervater efährlich wird. Den eigentlihen Reiz des Werks bildet, wie \Wön bemerkt, die mit größter Feinheit erfundene, melodiöse Musik, bei deren Ausführung dem Orchester * ein niht geringer Antheil zufällt. Von den vier üt der Oper O Künstlern me Mlle. arcolini (von der komischen Oper in Paris) in der Rolle der Baucis weit hervor. Sie bekundete 'sih darin als bedeutende Ge- jangéfünstlerin, speciel in der leiten, graciösen französischen

Richtung. Ihr zartes, geschmeidiges Organ i} in dieser Richtung, die auf mimisch fein pointirten Hutes abzielt und selbst die Coloraturen mit einem gefälligey, beweg- li Spiel in Maas zu seßen weiß, sel sorgfältig geshult und erreiht, namentlih in Mezza voce, außerordentlih schône Effecte. Die Dame wurde denn auch bei offener Scene mit ver- dientem Beifall ausgezeihnet. Mr. Engel (von der Großen Pariser Oper), der den Philémon gab, ift ein Tenor von angenehmen, nicht gerade glänzenden, jedoch gut ges{ulten Stimmmitteln; erbewältigte seine nicht leichte, E EE Rolle ebenfalls beifallêwürdig. Den Jupiter repräsentirte Mr. Magnan (von der komishen Oper) ftattlih urd vornehm, bot auch in cinzelnen Scenen wit seinem etwas trockenen Bariton gelang Tüchtiges, beeinträchtigte aber an anderen Stellen die Wirkung durch ein unaufhörlihes Tremolo. Der Vulcan wurde von Mr. Miranda (vom Coventgarden-Theater in London) gegeben, der sich darin als tüchtiger Baßbuffo bewährte. Die außer- ordentlich großen Schwierigkeiten, die die Oper einer befriedigenden vocalen und instrumentalen Ausführung bietet und die Wahl dieses Werks zu einer Reihe von Special-Aufführungea erklärlich machen, dürfen bei der Beurtheilung nicht außer Acht gelassen werden, und diese gebührendermaßen in Betracht gezogen, konnte man mit der so sorgfältig vorbereiteten Darstellung wohl zufrieden und für den jeltenen musikalischen Genuß dankbar sein. Besonderes Lob verdient \{lizzlich noch das Orchester, das unter Leitung des Kapellmeisters Z\choppe si seiner s{chwierigen Aufgabe ganz vorzüglich entledigte E die Ausführung des Intermezzos durch Applaus ausgezeichnet wurde. Thomas-Theater.

Die Freunde des Herrn Junkermann hatten sih gestern Abend in großer Zahl zusammengefunden, um dem unübertrefflichen Darsteller Neuter’scher Figuren ei der fünfzigsten Vorstellung seiner Meisterrolle „Onkel Bräsig* besondere Huldigungen darzubringen. Da bei dem geshickt von Herrn Junkermann felbst nah Fritz Reuter's Erzählung „Ut mine Stromtid“ - zusammengestellten Lebens- bild es so eingerichtet ist, daß Onkel Bräsig fast immer sich auf der Bühne befindet, so erlahmt das Interesse keinen Augenblick, der köstlihe Humor des Herrn Junkermann, defsen eigen- artige Begabung ihn fast wie das Urbild des von Reuter gezeichneten medcklenburgischen Inspectors erscheinen läßt, erhält die Zuschauer in foriwährender Heiterkeit. Die größte Wirkung übte er wiedèr aus in den Scenen, wo er seinem Freunde Habermann die Heilmethode in einer Kaltwasserheilanstalt und den Unterschied zwischen rihtigem und unrichtigem Podagra auseinanderseßt, wo er vom Hofe des Guts- besißer von Rambow fortgewiesen wird, wo er dem Gutsbesißer Pomuchelskopp seine ganze Verachtung zt erkennen giebt und endlich als er gerade zur reten Zeit fommt, um dem mit Selbst- mordgedanken beschäftigten Rambow den Revolver zu ent- reißen. Von einzelnen der übrigen Darsteller wurde Herr Junkermann treflich unterstüßt. s gerade bei diefen Auf- führungen {hon wiederholt lobend erwähnte Fräulein Shaß muß auch hierbei in erster Linie genannt werden, weil fie es vorzugsweise verstanden hat, sih in den behaglichen Ton der gemüthlihen Mecklen- burgerin hineinzuarbeiten, und dies als Brigitte, die Schwester Haber- mann’s von neuem zeigte. Der Handelsmann Moses wurde von Herrn Peters ganz ausgezeichnet harafterisirt. Herr Hansen war von ungeheurer Beweglichkeit als Triddelfiy und auch die Damen Lindner und Hocke als Frau von Rambow und Luise Habermann sowie Herr Schirmer als Inspector Hakêrmann thaten in vollstem Maße ihre Schuldigkeit. Zum Schluß wurde noch das Nachspiel „Nach zehn Jahren“ oder „Onkel Bräsig?'s leßte Stunden“ hinzugefügt. Herr Junkermann fand dabei Gelegenheit in natürlichster Weise zur Darstellung zu bringen, wie der Onkel Bräsig sih seinen Humor bis zu den lezten Augenblicken des Lebens zu - bewahren weiß. Bei feinem ersten Erscheinen auf der Bühne und im Laufe des zweiten Actes wurde Herr Junkermann mit

fostbaren Blumenspenden und während der ganzen Vorstellung reichlich"

mit wohlverdientem Beifall bedacht.

Sing- Akademie. : Die stets gern gehörte Concertsängerin Fräulein Lydia Müller ab am Donnerstag unter Mitwirkung des Violinvirtuofen Herrn aldemar Meyer ein Concert, das sih durch höchst erfreuliche Kunstleistungen vor manchen anderen auszeichnete. Mit wohlgeschulter Stimme, musterhaft reiner Intonation und deutlicher Aussprache verbindet die Sängerin stets eine warm empfindende Vortrags- weise, Vorzüge, die zweien Arien von Händel und meh- reren Liedern von Lassen, O. Eichberg (ihrem Lehrer), Alabie} und Liszt vortrefflich zu statten kamen. Das Lied von Eichberg „Traumbild* und „Die Nachtigall“ von Alabieff wurden auf Wunsch wiederholt. Die Vorträge des Violinvirtuosen W. Meyer standen auf gleicher Höhe der Vollendung, die sich in dem Adagio von Spohr und dem Solostück von Kiel ganz befonders bewährte.

Reicher Beifall folgte am Schluß eines jeden Musikstücks.

Frau Margarethe Stern, Gattin des zu Dresden lebenden Professors an der Folien Hochschule, die sich hier shon mehr- mals mit Erfolg hören ließ, gehört zu den besten Klaviervirtuosinnen unserer Zeit. Mit s{önem modulationéreichen Anschlag und stets sicherer Technik vereinigt ihr Spiel zugleih ein tiefes Verständniß der Werke, sehr lebendige und interessante Vortragsweife. Außer dem G-dur-Concert von Beethoven war es befonders das geistreihe und durhweg so \tilvoll gehaltene Concert von Brahms (op. 83), das unter den Händen dieser Künstlerin cine wahrhaft zündende Wirkung ausübte. Das genannte Concert, das dem Genius Beethoven's nahe kommt, fann mit Recht für das beste der neueren Zeit angesehen werden. Am Schluß des Abends spielte Frau Stern noch die Polonaise von Weber-Liszt, in der sie noch besonders ihr virtuoses Spiel glänzen ließ. Reicher Beifall folgte allen ihren Vorträgen. Das unter Leitung Herfurth’'s thätige philharmonische Orchester, das die Begleitung der erwähnten Piècen mit eingehen- der Sorgfalt ausführte, spielte außerdem noch Schumann's Abend- lied für Streichorchester und ein recht anmuthiges Menuett von Bizet.

Saal Bechstein. :

Der Pianist Herr Moriß Mayer-Mahr, zur Zeit Lehrer am Scharwenka’shen Conservatorium, ershien vorgestern zum ersten Mal mit einem eigenen Concert vor dem hiesigen Publikum. Seine eminente tenishe Fertigkeit und sein virtuoses Spiel traten in den zweiunddreißig Variationen von Beethoven wie in drei Humoresken von Grieg und der Polonaise von Liszt ganz besonders wirksam hervor, während feine virtuose Behand- lung des Trios von Beethoven (D-dur) der Gedanken- tiefe des Werks nicht entsprah. Seine Anschlagsweise ist nicht frei von einer gewissen Härte. In einem kleinen anmuthigen Stück „Gavotte“ trat Herr Mahr auch als Componist hervor. Die viel- gerühmte Sängerin Fräulein Louise Nifkita unterstüßte das Concert durch den Vortrag eines Recitativs und zweier Arien aus Verdi's „Ernani“ sowie durch das bekannte für Gefang arrangirte Nocturne von Chopin, dem noch Schubert's „Lob der Thränen“ und Brahm’'s „Wiegenlied“ neb\t einigen Zugaben a tert Die außerordentlihe Kraft und der große Umfang ihrer woblgeshulten Sopranstimme sowie die lebhafte, oft leidenschaftliche Ausdrucksweise sind mit Recht allgemein anerkannte Vorzüge ihres Gesanges, nur war das Uebermaß ihres Fortes.im Gebrauch der höheren Töne, zumal in dem kleinen Raum eines Saales, der Wirkung oft hinderlih. Zu bewundern war die große Sicherheit und Gewandtheit in Coloraturen, mit denen sie fogar bis ins dreigestrichene D mit Leichtigkeit hinaufstie. In der bekaunten feierlichen Fntermezzo - Arie von Mascagni, die sie auf Wunsch hinzu- fügte, war das unausgeseßte Tremoliren nicht angebracht. Beifall und Blumenspenden fehlten beiden Vortragenden nicht. Die Herren Concertmeister Max Grünberg (Violine) und O. Lüdemann C trugen durch Betheiligung beim Trio und dur ein Cello- olo wesentlih zum Gelingen des Concerts bei. :

Am Freitag gab die Concertsängerin Fräulein Marie Berg, die dem hiesigen Publikum schon woblbekannt ist, einen Lieder-Abend, für welchen fie Gesänge von Mozart, Paradies, Schubert, Schumann,

*.

a‘.

von Keudel, Liszt, Cornelius, Leßmann und Gries «zum Vortr gewählt hatte. Vermuthlich l L S disposition, daß ihre Stimme in der Höbe angestrengt erschien und nicht immer die Reinheit der Intonation bewahren konnte. Am besten gelangen der Sängerin Leßimann’s „Wegewart“ und die Lieder von Grieg. Unterstüßt wurde der Abend d Klaviervorträge einer jungen, sehr talentoollen

ianistin Fräulein Voretfch aus Halle, die unter Ln Reineke’s Leitung hon sehr erfolgreihe Studien gena t hat. Beiden Künstlerinnen wurde lebhafter Beifall zu theil.

In der-+ Garnison-Kirche veranstaltet morgen (Sonntag), Abends 6 Uhr, Herr Dr. Oscar Schneider zum Besten der Kaiser Wilhelm-Gedächtniß-Kirche ein Concert, in welchem der Königlihe Musikdirector Otto Dienel die neue große, von Sauer erbaute Orgel (val. Mannigfaltiges) durch Vortrag von Seb. Bach’'s G-moll Phantasie und «Fuge in ihrer Gesammtwi&ung, sowie durch Spiel eines Pastorale von Merkel, eines Svönäten- Satzes eigener Composition und dur freie Improvijation in ihren zahlreihen \chönen Charafterstimmen und wirfungs- vollen Stimmen - Combinationen vorführen wird. Mehrere Gesangsvorträge des wohlbekannten Concertgebers, der Frau Müller- Ronneburger, . des Fräulein Adelina Herms und --des unter Leitung von Herrn Leo Zellner stchenden Koßolt'schen Ge- fangvereins, sowie einige Harfen- und Violinvorträge der Frau Elis- Märcker und des Herrn Walter Cavalleryv versprechen, das Concert zu einem wohlgelungenen, für den Besu empsfehlens- werthen zu gestalten. Billets zu 3, 2 und 1 Æ sind beim Küster Herrn Streif, Neue Friedrichstraße 46, und von 5 Uhr ab an den Kirchenthüren zu haben.

Der Spielplan der Königlichen Oper für die Zeit vom 30. Oftober bis 6. November lautet: Sonntag: „Tannhäuser“. Montag: „Der Trompeter von Säfkkingen“. Dienstag: „Don Juan“. Mittwoh: „Carmen“. Donnerstag: eh zum 100. Mal: „Cavalleria rusticana“, „Slavisde Brautwerbung“. Freitag : „Freund Fritz“, „Die Puppenfee“. Sonnabend: „Boabdil“. i

Für daé Schhau]piel: Sonntag: „Columbus“. „Der ein- gebildete Kranke“. Montag: „Der neue Herr“. Beta: „Narziß“. Mittwoch. Zum ersten Male: „Meister Balzer“. Donnerstag : „Meister Balzer“. A: „Der Widerspenstigen Zähmung“. Sonnabend: „Meister Balzer“. i

Im Deutschen Thea ter findet morgen die erste Wiederholung des vieractigen Volks\tücks „Lolo’'s Vater“ von Adolyh L'Arronge stati. Das Stück kommt außerdem am Dienstag, Donnerstag ynd Sonnabend zur Aufführung. Am Montag wird „Prinz Friedrich“ von Homburg“, Mittwoh „Der Misanthrop“ und „In Civil“ gegeben. Für Fran ist „Don Carlos“ angeseßt. ;

as Schauspiel „Dora“ von Victorien Sardou geht im Berliner Theater morgen Abend, am Montag, Donnerstag und Freitag (10. Abonnements-Vorstellung) in Scene. Kleist's „Käthchen von Heilbronn“ wird mit Agnes Sorma und Ludwig Barnay in den beiden Hauptrollen am Mittwoch gegeben, Meser und Schönthan's Lustspiel „Krieg im Frieden" kommt am Dienstag zur Aufführung. Am Sonnabend geht Shakespeare’'s , Julius Cäsar“ mit Ludwig Barnay als Marc Anton neu einstudirt zum ersten Mal in Scene. Für morgen, Sonu-, tag Nachmittag, is eine Wiederholung des „Hüttenbesißer® angeseßt. Zur Feier von Schiller's Geburtstag wird eine Aufführung von „Wallenstein's Tod" vorbereitet. Ludwig Barnay, der seit Jahren (wie den Marc Anton im „Cäfar“) auch den Wallenstein niht ge- spielt hat, wird in dieser Rolle 2m Schillertage auftreten. i

Von dem Personal des Lessing-Theaters wird die erste Auf- führung von Hermann Sudermann's Drama „Sodoms Ende" mit Emanuel Reicher als Willy Janikow und Elise Sauer als Clärchen am Donnerstag im Wallner- Theater stattfinden, während „Die Orientreise“ in unveränderter Beseßung der Hauptrollen im Lessing- Theater au in der laufenden Bahhe den Sptelplan beberrscht.

Im Wallner- Theater geht morgen als leßte volksthümliche Sonntags-Nachmittagêvorstellung um 3 Uhr zu bedeutend ermäßigten Preisen (Parquet 1 A u. \. w.) Lesfing's „Minna von Barnhelm* in Scene, Abends 714 Uhr „Joachim von Brandenburg“. i i

Im Friedrih-Wilbhelmstädtishen Theater wird bis einshließlich Donnerstag „Die \chöne Helena“, am Freitag als V. Abend im Offenbah-Cyclus „Pariser Leben“ zum ersten Male aufgeführt. | E

Im Residenz-Theater geht am Dienstag der Schwank „Im Pavillon* (Le parfum) von Ernest Blum und Raoul Toché zum %5. Mal in Scene; statt des ungarischen Einacters „Nach zwei Jahren“ wird an diesem Abend ein französischer Scherz „Der neue Ganymed“ von Charles Louveau die Vorstellung eröffne,

Der Spielplan des Kroll’shen Theaters {tellt ih für die laufende Woche wie folgt: Sonntag: „Abu Hassan“ und „De: Trompeter von Sälkkingen“, Montag: „Philemon et Baucis*, vorher: „Abu Hassan“, Dienêtag: „Vie weiße Dame“, Mittwoch: zum leßten Mal : „Philemon et Baucis*, vorber: „Abu Hassan“, Donnerstag: „Fidelio“ (Leonore: Frau Moran-Olden), Freitag: „Das Glöckchen des Eremiten*, Sonnabend: „La Traviata“ (erstes Gastspiel von Gemma Bellinciani und Roberto Stagno in den Partien der Violetta und des Alfredo). : /

íIm Belle-Alliance-Theater findet morgen die leßte Auf- führung von „Pandora* statt, da von Montag ab das Theater für einige Zeit geschlossen bleibt, um demnächst als Victoria-Theater wieder eröffnet zu werden. L :

Im Theater Unter den Linden hat, wie {hon gemeldet, in dem am Dienêtag zur ersten B dean geren Gelegenheits- Schwank „Die kleine Primadonna® von R. Genée Fräulein Sofie David die Titelrolle inne. Die ergänzenden Nebenrollen haben der Ober-Regisseur des Theaters Carl Friese, dessen Tochter Käthe, Herr Bollmann und der neugewonnene Herr Schmidtler übernommen. Dem Herrn Friese wird dieses fein erstes Auftreten gleichzeitig Gelegenheit bieten, sih durch die Einlage eincs Tanz-Couplets als Grotes änzer zu zeigen. Um mehrfahen Wünschen zu entsprehen, hat fich die Direction entschlossen, für die zur Vorstellung an demjelben Lage bei e aare gelösten Billets fortan keine Vormerkungsgebühr zu erbeben.

Director Junkermann arrangirt im Thomas-Theater für morgen eine außerordentlihe Vorstellung. Zum „Vereins-Präsident“® werden zwei jener Einacter gegeben, in denen Director Junkermann den größten Heiterkeitserfolg zu verzeichnen hat. Eröffnet wird der Abend (7 Uhr) mit „Du drögst de Pann weg“, dann folgt der „Ver- eins-Prâsident*, und den Schluß des Abends bildet „Jochen Päfel, wat bift Du vörn Esel“.

Morgen Mittag 12 Uhr findet in der Philharmonie die öffentliche Hauptprobe zum 11. Philharmonischen für Montag Abend 74 Uhr festgeseßten Concert unter Raffaël Masz- kowsfi?’s Leitung und jolistisher Mitwirkung des Professors Jof. Joachim statt, wobei von reinorchestralen Werken Mendelsfohn's Hebriden-Ouverture, St. Saëns? „Jeunesse d’Hercule“ und Brahms? (-moll-Symphonie zur Ausführung gelangen, während Professor Joachim auf vielseitigen Wunsch das Beethoven' fe Violin-Concert zu Gehör bringt. Karten zum Preise von 2 # sind bei Bote und Bock zu haben. Das Programm des Liederabends, den die bekannte Concert- fängerin Fräulein Clara Hoppe am Montag im Saal der Sing- Academie unter Mitwirkung des Violinvirtuosen Herrn Heury Berény veranstaltet, bringt von Vocalwerken Arien aus Bach's „JIauchzet dem Herrn“ und Mozart's „Ergo interest“, den „Brautlieder-Cyclus" von Cornelius, die „Heimweh-Lieder“ von Brahms und Liszt's „Loreley“. Die Concertsängerin Fräulein Villa Whitney White, Schülerin der Frau Amalie Joachim, wird in ihrem, am Montag im „Saal Bechstein“ stattfindenden Liederabend Arien von Händel, Pergolese und Durante sowie Lieder von Schubert, Schumann, Franz, Brahms, Spohr und Berg zu Gehör bringen. Die junge Cello - Virtuosin Julie von Bologowskoh vom St. Petersburger Conservatorium hat ihre Mitwirkung zugefagk.