1912 / 79 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 29 Mar 1912 18:00:01 GMT) scan diff

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daß, seitdem die Ostmarkenzulage gegeben wird, die Zahl der von Ihnen so genannten Schikanen sehr gering geworden ist. Ih nehme keinen Anstand, wenn Ihre Fraktionsgenossen hier Klagen vorgebraht haben, Ihnen zu erklären: diese und jene -Sache wird nit gebilligt ; ‘das. ist eine Aus\chreitúng, die muß zurückgenommen werden. Ih möhte Sie taran erinnern: als im vorigen Jahr am 9. März Jhr Kollege von Trzcinski dieselbe Klage vorgebraht hat, die gestern Herr von Czarlinskft vorbrachte, daß ein, Landbriefträger sich geweigert hätte- ein Abonnement auf eine polnische Zeitung anzunehmen, und daß er dem Beteiligten gesagt hätte, ér möchte doch auf einez andere Zeitung abonnieren, habe ich hier erklärt: Der Herr Abgeordnete hat ferner \sih beschwert, daß Landbrief-

träger keine Bestellungen auf polnische Zeitungen annehmen. Wenn

ein solcher Fall vorgekommen ist, wäre es eine Disziplinlofigkeit. Der Landbriefträger is verpflichtet, die Bestellung anzunehmen. Wenn er dabeitrgend eine Bemerkung gemacht haben sollte, daß

der Besteller doch lieber eine deutshe Zeitung lesen sollte, so würde

ih das für-ungehörig halten. Ich habe den Herrn Abgeordneten des weiteren gebeten, solche Fälle zur Sprache zu bringen, damit gegen den Beamten eingeschritten werden kann. Sie können sich also nicht darüber beschweren, daß seitens der Póôst- und Telegraphenverwaltung über Ihre Beschwerden zur Tagesordnung übergegangen wird. Wenn einzelne Fälle vor- kommen, so habe ih hier immer ofen erklärt, daß bei der Riesenzahl von Sendungen Unstimmigkeiten vorkommen können. Die kommen nicht blos in Posen und Bromberg vor, die kommen auch in Berlin vor. Sie werden häufiger in den Zeitungen Beschwerden diefer Art finden. Das sind menschliche kleine Versehen, die wir nicht beseitigen Tönnen. Nun aber noch eins. Wir haben Ihnen keine Gelegenheit ge- geben zu der Behauptung, daß diese Zulage {ädlich gewirkt habe, und da möchte ich nun an Jhr Herz appellieren: es handelt sich hier um 6000 mittlere und niedere Beamte, es handelt sich nicht nur um deutshe Beamte, sondern auch um polnische Beamte, und nun stehen wir zwei Tage vor dem 1. April. Jeder verständige Mensch hat doch seine Rechnung aufgestellt und seine Einrichtung darnach getroffen, seine Wohnung gemietet, setne Kinder vielleiht nach auswärts in Pension gebraht wollen Sie denn nun verantworten, daß zwei Tage vor diesem Termin den Beamten die Zulage genommen wird, auf die sie sih eingerihtet haben? Nein, ih halte Sie nicht für so hart und glaube das au nicht. Wenn Sie durchaus gegen diese Zu- lage find (lebhafte Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten) Sie werden mich nit über|chreien. Wenn es gilt, für die Beamten ein- zutreten, dann ist meine Stimme stark genug, um Sie zu übertönen. (Bravo! rets.) Wenn Sie dur{haus gegen diese Zulage sind, dann werden Sie Shren Zweck auch erreihen, wenn Sie den Antrag stellen, daß die Zulage künftig wegfallend ist. Dann tritt das für 1913 ein. Ueber- legen Sie sih das doch! Es handelt sich um 6000 Menschen! Stellen Sie ruhig den Antrag „künftig wegfallend“, dann erreichen Sie das- selbe für 1913, -aber seien Sie nicht so hart, verdienten Beamten, die Shnen keinen Anlaß zu Klagen gegeben haben, zwei Tage vor der Zahlung das Geld zu entziehen. (Lebhafter Beifall!)

Damit schließt die Diskussion.

In namentlicher Abstimmung wird die Ostmarken- zulage abgelehnt; dafür stimmen 122, dagegen 183 Mit- glieder; 1 enthält fih der Abstimmung.

Als neuer Titel ist im Ordinarium ein Betrag von 210 000 M eingestellt als „Zuschuß zu den Krankenkassen für die nichtkrankenversicherungspflichtigen Post- und Telegraphen- unterbeamten“. Die Verwaltung beabsichtigt, im Laufe des Rechnungsjahres 1912 in allen Oberpostdirektionsbezirken für diese Beamten Krankenkassen zu errichten, die gegen mäßige Beiträge unter Gewährung eines Reichszuschusses für ihre eigene Person und für ihre Angehörigen in Krankheitsfällen ärztliche Hilfe gewähren sollen. Die eingestellte Summe stellt den Reichszuschuß dar.

Neferent Abg. B e ck - Heidelberg (Zentr.) empfiehlt die Be- willigung und zugleich die Annahme des Antrages der Budget- fommission, die Etatsposition von 50000 4 „Beihilfen zur Her- stellung und Unterhaltung von Genesungsheimen“, die von Beamten- und Unterbeamtenvereinen dieser Verwaltung errichtet werden, auch für folhe Genesungsheime nußbar zu machen, die von den oben erwäbnten neuzugründenden Betriebskrankenkassen errichtet werden.

Abg. Dr. Struve (fortshr. Volksp.) begrüßt die neugeplante

Einrichtung und bittet, diesen Kassen tunlihst Selbstverwaltung zu gewähren.

Das Haus beschließt nah den Kommissionsanträgen.

Zu den ordentlihen Ausgaben - von 18 136 000 46 für „Arbeiten zum Bau und zur Unterhaltung der Telegraphen- linien sowie Unterstüßungen an Arbeiter“ usw. liegen 9 Nesolutionen vor.

1) Resolution Behrens (wirtsh. Vgg.) -Schiffer (Zentr.):

„1) Erwägungen darüber zu veranlassen, wie für die Arbeiter und Handwerker der Post- und Telegraphenverwaltung das Arbeits- verhältnis günstiger zu gestalten ist (\tändiges und gesichertes Arbeits- (Diplom-) Verhältnis; Umwandlung der Tagelöhne in Wodchenlöhne);

2) Maßnahmen einzuleiten, um einen angemessenen Teil der Arbeiter- und Handwerkerdienstjahre auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen ;

3) alsbald dem Reichstage eine Denkschrift über das Resultat der Ermittlungen über die Errichtung einer Pensionskasse für diese Arbeiter und Handwerker vorzulegen.“

9) Resolution der Wirtschaftlihen Vereinigung (R u p p- Mumm),

„den Reichskanzler zu ersuhen, anzuordnen, daß in dem Be- . richt über die Ergebnisse der Reichspost- und Telegraphen- Ut i

1) úber die Tätigkeit der Arbeiteraus\hüsse berihtet wird,

9) statistishe Nachweise über die Arbeitsverhältntsse, ins- besondere über die wirklich verdienten Löhne und über die Durchschnittslöhne der Telegraphenarbeiter und Hand- werker sowie der Zeugamtsarbeiter und der Schmiede des Postfuhramts Berlin, nah Oberpostdirektionen geordnet, aufgenommen werden.

Abg. Behrens (wirtsch. Vgg.): In Frankfurt a. M. ift ein Tolegraphenarbeiter, der Vorsitzender eines Ortêvereins des Verbandes der Telegraphenarbeiter war, strafverseßt worden, weil er in dem Nerdacht stand, mit einem Artikel im Zusammenhang zu ftehen, der ium Organ des Verbandes erschienen war und verschiedene Vor- würfe gegen die Telegrappenvena ung erhob. Trogdem sich dez Verdacht gegen den Telegraphenarbeiter nicht bestätigte, und das Verfahren gegen den Redakteur des Verbandsorgans eingestellt

rechnen können. Das hängt ganz davon ab, wie sie sih bewähren

uns nach den Verhältnissen zu richten haben, dem Arbeitsmarkte für die qualifizierten Arbeiter liegen. zahlen nicht weniger Arbeiter haben aber immer den Vorteil, daß sie {ließlich einmal versorgt werden können. Nun sagt der Herr Abgeordnete, man soll sle gleih beim Eintritt ärztlich untersuchen lassen. Das kann unter Umständen eine recht harte Maßregel sein. Es gibt doch Leute, die etwas leidend sind, aber troßdem beschäftigt sein wollen und etwas verdienen wollen und müssen. Nun soll der Betreffende auf die un- gewisse Aussicht hin, daß er nah 10 Jahren nicht angestellt wird, jeßt niht angenommen werden? Es ist ein sehr viel milderes Vorgehen, wie es jeßt gehandhabt wird, als wenn die Leute gleich untersucht werden und man jeden, der sich nicht für elne Anstellung gesundheitlich eignet, von vornherein ausscheidet.

streben ziehung des einen schäftigt, doch auch diese haben wir, soweit es möglich war, im Post- dienst verwendet, sodaß sie auch in der Zeit, wo fie in dem eigent- lihen Baudienst keine Arbeit hatten, in unserm Ressort Arbeit und Lohn fanden. Teil keine dauernde Beschäftigung. Ein Teil von diesen Arbeitern will auch einige Zeit in der Heimat zubringen und will dann gar- nicht in der Verwaltung beschäftigt werden. Ste haben ein kleines An- wesen, für welches sie sorgen, und dessen Erträgnisse sie bessern wollen. Wir streben dahin, alle Arbeiter möglichst ständig zu beschäftigen ; demgemäß sind auch Verfügungen ergangen, daß bei der Einteilung der Telegraphenarbeiten so vorgegangen wird, daß diese Arbeiten gleihmäßig auf das ganze Jahr verteilt werden.

mögen die vielfah noch etwas zweifelhafter Art sein. befriedigend wird sich diese Sache aber nicht lösen lassen, weil dit Arbeiter doch mögli{\s in der Nähe der Arbeits\stelle untergebracht werden müssen, die Baubeamten sind aber angewiesen, möglichst dafür zu sorgen, fie treffen in geeigneten Fällen auch wohl entsprehende Vereinbarungen mit den Gastwirten. auch ihren eigenen Willen, und es kommt dann manchmal so, daß jeder etrvas anderes will.

die {on längere Zeit beschäftigt gewesen sind und nicht zur Anstellung kommen, in ein etwas festeres Verhältnis gelangen, fo daß sie nicht ohne weiteres von den Baubeamten entlassen werden können. Wunsch halte ich für fehr berechtigt, und wir beabsichtigen, eine Be- stimmung zu treffen, wonach diesen Arbeitern eine gewisse Ausnahme- stellung insofern zugesichert wird, als sie nur von der Oberpostdirektion | 1 entlassen werden können.

darüber Auskunft zu geben, ob er den Vorsißenden eines Verbandes gans “atis teilweise für den Inhalt des Verbandsorgans verantwortlich macht.

Oberpostdirektion, daß der Vorsißende des Ortsvereins dafür verant- wortlich sei, nit teile.

Ersableistung der Post betreffend, und Deckung von Verlusten, durch Veruntreuung, Beraubung usw., verlangt der

Spezial

worden, ch möchte den Staatssekretär um Auskunft bitten, ob nach seiner Au alang vie vorgeseßte Behörde zu diesem Vor- gehen berechtigt war. ir würden uns einer solchen Aulaluna auf das allerschärfste widerseßen müssen. Die eingebrachten Resolutionen gründen fi auf die an das Haus gelangten Petitionen der Verbände der Telegraphenarbeiter, deren Wünsche wir als durchaus berechtigt ansehen müfsen. Weiter möchte ih den Staats- ekretär um eine E L bitten, ob er den Arbeitern bei ihrer nstellung ein e auf spätere etatsmäßige Anstellung a renen will oder niht. Jett gibt man den Arbeitern bei der Anstellung zu verstehen, daß fie später in das Beamtenverhältnis eintreten können, und infolgedefsen betrahten J ih häufig als Zivilanwärter. Wenn den Arbeitern ein folhes Recht nicht T Glauben werden fann, j sollte man bei ibnen auch feine trügerischen unge erwedcken, ondern lieber thr Arbeitsverhältnis günstiger gestalten. Die Unter- kunftsverbältnisse der Telegraphenarbeiter find durchaus unzureichende. Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke : Meine Herren! Ich möchte zunächst die Anfrage des Herrn Vor- redners dahin beantworten, daß der Vorgang in Frankfurt a. M. jeßt zu meiner Kenntnis gekommen ist, nachdem das gerihtliche Verfahren zu Ende geführt ist, und daß ich die Auffassung der Oberpostdtrektion nit teilen kann und vor einigen Tagen angeordnet habe, daß die Verfügung, wonach die Rückverseßung des Betroffenen erfolgen soll, ergeht. Auf die Anfrage, betreffend Tit. 52, erwidere ih, daß die Tage- gelder der Telegraphenbaubeamten darin mit enthalten sind und mit enthalten sein müssen. Wir werden versuchen, dem Wunsche zu ent- sprehen und anzugeben, welde Summen auf die Arbeiter entfallen. Bei der Annahme der Arbeiter wird ihnen eine Arbeitsordnung gegeben, aus der klar herorgeht, daß sie mit Sicherheit auf eine Anstellung nicht rechnen können. Sollten ihnen von einer Stelle Versprechungen gemacht sein, so würde das unrichtig sein. 8 19 der Arbeitsordnung lautet : Inwieweit Arbeiter, welche sich in längerer Dienstzeit bewährt haben, bei der Auswahl der Unterbeamten zu berücksihtigen sind, richtet sich nach den hierfür vom NReichspostamt getroffenen all- gemeinen Bestimmungen.

; Ich habe auch Veranlassung gehabt, den Arbeitern, als sie bet mir waren, mehrfach klar zu machen, daß bei der Annahme der Ar- beiter niht davon die Rede sein kann, daß sie sicher auf Anstellung

und wie die Anstellungsverhältnisse liegen.

Was die LWhne anlangt, so ist es ganz klar, daß wir wie sie auf Wir

als andere Unternehmer. Die tüchtigen

Was die dauernde Beschäftigung der Arbeiter anlangt, so wir auch danach, und wir sind in dieser Be- auß so weit gekommen, daß gegen 90 % während ganzen Jahres beschäftigt find; nur 10% find für Teil des Winters im Telegraphenbaudienst nicht bes

Es sind das 9,7 9/0; also ‘hatte nur ein ganz kletner

Was die Unterkunftsräume der Streckenarbeiter betrifft, so Vollständig Aber die Arbeiter haben eben Dann ist der Wunsch ausgesprochen worden, daß die Arbeiter,

Den

(Bravo! rechts.)

Abg. Behrens (wirts{ch. Vagg.): Ich bitte den Staatssekretär, d

Ich habe bereits vorhin ausgeführt, daß ih die Auffassung der

Sämtliche Resolutionen werden angenommen. L Zu den Ausgaben von 240 000 #6 für Entschädigung, die Ñ

Ea Dr. Bur ckhardt (wirts{ch. Vgg.) im Anschluß an einen all, daß der § 6 der Postordnung im Sinne einer erweiterten

werden mußte, ist die Strafversegung nicht zurückgenommen

Haftpflicht der Post geändert wird.

druckterverband bestreitet in einer auch meine früheren Auéführungen über den Terrorismus, den die Sozial- demokratie den Arbeitern der Reichsdruckerei gegenüber ausgeübt hat. Aus einem Briefe eines Buchdruckers aus dem Jahre 1907 geht hervor, daß cr einem guten Freunde in Braunschweig den Nat gibt, aus dem Gutenbergbunde au8zutreten und dem Buchdruckerverbande beizutreten,

und ganz auf dem Standpunkt des Vorredners. j Arbeitgeber ihre Verträge halten müssen, ebenso find die Arbeiter untereinander dazu verpflichtet. wenn Organisationen angehören, sih gegenseitig wegen ihrer Ansichten und

hältnisie

Direktor im Neichspostamt K : n di bestehen sehr Crwidhtiae Bebenket. Sine Sifliung ean genden sehbaren finanziellen Konscquenzen für die Postverwaltung führen.

Der Rest des Ordinariums - der Ausgaben ergibt keine Debatte mehr. Auch das Extraordinarium wird ohne Debatte nah den Anträgen der Budgetkommission erledigt, ebenso dey Außerordentliche Etat (11. Rate 22 Millionen für Fernsprec zwecke). Zu den Einnahmen aus Porto und Telegraphen: gebühren, 717 Millionen, also 39 Millionen Mark mehr als im Vorjahre, liegt eine Resolution Beck-Hubrih vor, den

Reichskanzler zu ersuchen, dahin einzuwirken, bag Postpakete bis zu 5 kg an Soldaten im Verkehr mit ihren Angehöriee portofrei befördert werden.

Abs. Ulrihch (Soz.): geseßt. Angesichts dieser erfreulihen Steigerung von engherzigem Fiskalismus, wenn Wünsche im Vorortverkehr so wenig Berücksichtigung finden. Leider \ind die Wünsche der Stadtvertretung und der Handelskammern auf Ein. führung der Ortstaxe für Frankfurt a. M. und Offenbach bisher unberüsichtigt geblieben. Frankfurt hat zurzeit 400 000 Einwohner Offenbach 80 000 Einwohner. Wenn also irgendwo die Einführung der Ortstaxe begründet erscheint, so ist es hier. Zwischen Offenba und Frankfurt verkehren drei Bahnen. Es besteht ein außerordentli großer geschäftliher und au gesellshaftliher Verkehr zwischen bciden Städten. 10 000 Personen verkehren tägli auf diesen Bahnen. Cz liegt also volkswirtschaftlich ein großes Interesse vor, die Ortstare einzuführen. Da müssen die fiskalishen Interessen in den Hinter. grund treten. Am Südende Offenbachs sollte eine Postfiliale er. richtet werden. :

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke :

Was den leßten Wunsch des Herrn Vorredners betrifft, so werde ih ihn gern erfüllen. Uns ist nicht bekannt, daß derartige Kalamitäten vorliegen, daß die Briefe von den Zügen nicht richtig abgegeben worden seien.

Bezüglich der Ein rihtung von Postämtern hat er selbst angeführt, taß vom 1. Mai ab ein neues Postamt für Offenba be. willigt worden ist. Es ist von der Oberpostdirektion als Bedürfnis anerkannt worden, und wir haben es gern zugestanden.

Was die Hauptfrage betrifft, so stimme ich mit dem Herrn Vorredner au darin überein, daß das volkswirtschaftlihe Element nicht aus dem Auge gelassen werden darf, wenn es fsich um die Be- urteilung handelt, ob Nachbarortsverkehr einzurihten ist oder nit Ich gebe dem Herrn Vorredner ohne weiteres zu, daß bet der ersten Einrichtung des Nachbarortsverkehrs etwas sehr weit gegangen worden ist. Er führte einzelne Orte an. Man hatte sich noch nicht voll in die Sache hineingedacht, und da ist manches mit durchgegangen, was eigentli nicht hätte durchgehen sollen. Man hat sich nun aber späterhin darüber {lüssig gemaht, daß ‘für den Nachbarortsverkehr nur die Orte der engen unmittelbaren Nachbarschaft, die wegen ihrer Lage und ihres wirtschaftlißen Zusammenhangs als ein einheitliches Verkehrsgebiet angesehen werden können, tin Betracht kommen sollen, Das ift ein fester Begriff, und das muß durhgeführt werden, damit niht Ungerechtigkeiten vorkommen, hier das, dort jenes geschieht; denn jeder, der interessiert ist, wird als Nachbarort immer den be- zeichnen, für den er diesen engeren Verkehr haben will.

Nun liegt ja der Verkehr zwishen Offenbach und Franks

furt a. M. so, daß es ein sehr großer und auch ein enger Verkehr

ist. Aber das Zusammenwachsen der beiden Orte i} bisher nicht so eng gewesen, daß wir die Nachbarortstaxe haben bewilligen können. Wir sind

Eingaben, die an uns gekommen sind, in etner erneuten Prüfung be-

griffen, und ich kann Ihnen noch nicht beslimmt sagen, wie der

Entschluß in der Sache ausfallen wird. Ich hoffe aber, daß es nit

mehr zu lange Zeit währèn wird, bis zwischen diesen beiden Orten

ein Nachbarortsverkehr eingerihtet werden kann.

Wir müssen immer daran festhalten, daß man feste Normen

haben muß, und daß entscheidend sein muß, daß ein wirklich direkter

Zusammenschluß vorhanden ist, und daß auch ein lebhafter Verkehr

obwaltet.

Ich kann also dem Herrn Vorredner heute noch keine Auskunft

geben, wie die Entschließung ausfallen wird. Aber wir wollen hoffen,

daß in nicht zu ferner Zeit der Nachbarortsverkehr zwischen diesen beiden Orten eingeführt werden kann.

Endlich kann ih ihm erklären, daß die Landesgrenzen für die

Entscheidung solher Fragen nicht maßgebend sind, sondern ledigli

die Gründe, die ih vorher anzuführen die Ehre hatte.

Die Einnahmen werden bewilligt und die Resolution, be‘

treffend die Portofreiheit der Postpakete an Soldaten, an- genommen.

Die Petitionen werden nah den Anträgen der Budget:

kommission erledigt. der Abgg. Pauli-

Die Einnahmen steigen unaus,

zeugt es aber von Städten

Nach persönlihen Bemerkungen

Hagenow (dfons.) und Dr. Struve (fortshr. Volksp.) ist der Etat der Reichspost- und Telegraphenverwaltung beendet.

Es folgt die Beratung des Etats der Reichsdruerei.

Abg. Be ck er - Arnsberg (Zentr.): Der sozialdemokratishe Buh- mix zugesandten Resolution

1m fortan in Nuhe arbeiten zu können. Der Redner führte eine Rethe

weiterer Fälle an,. in denen Mitglieder des Gutenbergbundes aus Abg. H ubri ch (fortshr. Volksp.) empfiehlt nochmals die von Bee haben auêtreten und dem Ee en Verbande bei- ihm ene uit dem U O abri r Resolution, | x wonach der Reichékanzler ersucht werden soll, darauf hinzuwirken, daß | Fx ; :

das Befoldungsgeseß dahin abgeändert wird, daß eine Anrechnung der Ne und Parias behandelt werden. Dienstzeit, die Arbeiter und Handwerker in ten aus Neichsmitteln er-

ape E Plan zurüfgelegt haben, auf das Besoldungösdienstalter möglich ist.

reten müssen, um nur ruhig in der Reichsdrukerei weiterarbeiten zu Die Mitglieder des Gutenbergbundes dürften nicht wie Wo bleibe da das Gefühl ür Necht und Gerechtigkeit bei der Sozialdemokratie? Der Redner [ras

önnen.

zum Schluß, ob der Direktor der RNeichs8druckerci die Fälle untersu habe, und was er zu tun gedenke. (Fortgeseßter Lärm bei den Sozial-

em»fraten.)

Direktor im Reichspostamt Aschenborn: An die Neichs-

regierung ist die Frage gerichtet, was sie zu tun gedenkt, um den Arbeitern die Ausübung ihrer staatsbürgerlihen Rechte zu gewähren. : In den gemachten Ausführungen liegt ein sehr s{chwerer Vorwurf Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke : gegen die Direktion der Reichödruckeret.

Wir stehen grundsäßlih voll Ebenso wie die

Es wâre verwerflich und unzulässig,

etwa einem Betriebe, die verschiedenen

Arbeiter in ugehörigkeiten shikanieren und Terrorismus ausüben wollten. Der

rbeitgeber eines Neichs- oder Staatsbetriebes, der solche Ver- duldet, würde seine Pflicht ganz erheblich verlegen,

(Schluß in der Zweiten Beilage.) Maia. M

augenblickliG infolge da |

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

M 79.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

der Reichsdruckerei sind die Schriftseßer und Buchdruer T größten Feil Mitglieder des Verbandes. Ein Teil gehört dem Gutenbergbunde an. Es is der Direktion bisher nicht bekannt, daß sih die Mitglieder dieser beiden Organisationen unter- einander terrorisieren. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Das ist do ausgeschlossen!) Wenn wir Abhilfe schaffen follen, dann hätten uns diese Vorfälle mitgeteilt werden müssea. Der Direktion der Reichsdruckerei ist nichts bekannt geworden. Sie hat sich felbst an den Gutenbergbund gewandt. Dort sind zwei Fälle bekannt ge- worden, indem Mitglieder des Bundes erklärt hatten, sie wären durch das Verhalten von Mitgliedern des Verbandes zum Aus- tritt bewogen worden. Daraus geht nicht hervor, in welcher Weise Terrorismus geübt worden ist. Uebrigens liegen diese Fâlle schon 7 bis 8 Jahre zurück. Der Direktion ist nicht der mindeste Vor- wurf zu machen. Ich kann noh einmal erklären, daß diese auch nicht im mindesten eine Schikane seitens der Mitglieder der Organisationen untereinander in ihren Räumen dulden würde. Es werden alle Leute darauf hingewiesen, wie sie sich gegenseitig zu verhalten haben. Wenn von irgendeiner Seite gegen sie etwas veranlaßt wird, was als Schikane gedeutet wird, so brauchen sie ih nur an die Direktion zu wenden, wo sie vollste Unterstüßung e Hildenbrand (Soz.): Die Erklärung hat bestätigt, daß die Behauptung, die der Abg. Becker im vorigen Jahre erhoben hat, ebenso wie die diesmalige Wiederholung vollständig unrichtig ist. Aber anstatt dies hier zuzugeben, wie es notwendig gewesen wäre, hat er seine Behauptung noch einmal wiederholt. Er hat ih niht gescheut, eine ganze Arbetterorganisation vor der Oeffentlich- feit herabzuseßen. Was er vorgebraht ‘hat, sind lediglich unfontrollierbare Schwäßereien von Wuten, die, als man ihnen nachging, das Gegenteil von dem riftli niederlegten, was sie vorher gesagt hatten. Auch nicht der Schein eines Terrorismus durch den Verband ist nachgewie]en worden. Die Verdächtigungen des Abg. Beck müssen deshalb aufs schärfste zurückgewiesen werden. Fn Ostpreußen haben si sozialdemokratische Buchdruer und Seßter mit den Prtnzipalen verbunden, um die christlihen Buchdrucker aus- zumerzen. Das Zentrum hat danach wirklih feinen Grund, dem Nerbande Terrorismus vorzuwerfen. Der Deutsche Buchdrucker- verband bejteht zu der großen Mehrzahl aus Leuten, die an demokratisch denken, aber als Organisation verfolgt er feine ozial- demokratishe Tendenz und verfolgt nicht diejenigen, die politis anders denken. Gerade die Neutralität des Verbandes hat Jn- stitutionen geschaffen, die segensreih gewirkt haben. rDie elende Denunziationswut der A ist wohl begreiflich. (Vizepräsident Dove rüot diesen Ausdru. / N ‘Abs. BESer - Arnsberg (Zentr.): In den Tarifinstanzen gibt es feinen einzigen Vertreter des Gutenbergbundes, der beste Beweis, daß die Herren keine Gerechtigkeit üben. Gegenüber den von mir mitgetcilten Briefen hat der Vorredner den Mut, zu sagen, ih hâtte nichts bewiesen. Er hat auch den angeblichen Fall von Texroriêmus in Ostpreußen nit bewiesen. Er hat feinen Namen genannt. Das bätte ih nur machen sollen! Wie foll man mit den Herren über- haupt diskutieren. Sie sprechen ja eine ganz andere Sprache. Daß die Direktion der Reichsdruckerei etwas an Uebelständen entdeckt hat, glaube ich wohl. Daß die Fälle 7 Jahre zurückliegen, macht doch nichts. Tatsache is daß D Me E Gutenbergbundes zum taldemokrati\chen Verbande übergetreten nd. sona H A n - Rudolstadt (Soz.): Der Aerger des Abg. Becker rührt nur daher, daß es ibm und seinen Freunden nit ge- lungen ist, ebenso als ever bam t im Buchdruckereibetriebe zu wirken ie bei der Bergarbeiterbewegun(s : a N bo Behrens (wirtids. Bag): Der Terrorismus der Sozial- demokratie in der Reichsdruckerei ist ja nicht amtlich HaMgewtele weil solche Fälle sih ja nicht fassen lassen. Ich will abwarten, H die Sozialdemokraten in künstigen gâllen die amtlichen Gr- flärungen als rihtig hinnehmen, wenn diese Erklärungen sich gegen

sie richten. _ : Abg. Graf We star p (dkonf.): gen L dar das Personal in der Reichsdrukerei vollauf beschäftigt wird.4 Abg. Erzberger (Zentr.): Ich habe denselben Wunsch eben- falls ausgesprochen, die Zentralbehörden in Berlin sollten der Reichs- dcuckerei ihre Aufträge zuwenden. Staatssekretär des Reichspostamts Nraette: E Meine Herren! Ih kann nur bestätigen, daß es sich bei der Zuweisung von Arbeit an die Neichsdruckerei nur darum gehandéèlt hat, von den Zentralbehörden hier in Berlin fo viel Arbeit zuzufügen, damit die Neichsdrukerei die Pausen auéfüllen Tann. (s ist ganz richtig, wie es geschildert is, daß wir mit den Zentralbehörden in Verbindung getreten sind, um hier in Berlin der Reichsdruckerei solche Arbeiten zuzuwenden.

Der Etat der Reichsdruckerei wird genehmigt und, die Resolution der Kommission angenommen, wonach der Reichs- kanzler ersucht wird, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Betrieb der Reichsdruckerei mehr als bisher in rentabler Weise auszunußten. f O

Es folgen Berichte der Wahlprüfungskommission.

Die Wahlen der Abgg. Fürst zu Salm-Reifferscheidt (Zentr.) 4 Aachen, Colshorn (nl.) 5 Hannover, Dietrich (kons.) 3 Potsdam und Sperlich (Zentr.) 12 Breslau werden ohne Debatte dem Antrage der Kommission, entsprehend für

ültig erklärt. Ebenso beantragt die Kommission, die Wahl des Aba, Dr. Blunck (fortshr. Volksp.) 4 Schleswig-Holstein für gültig zu erklären.

Aba. Dr. Struve (fortshr. Volksp.): In der, „Deutschen Tai hat geslern n Artikel gestanden, der N das Shlimmste ist, was bis jeßt auf dem Gebiete der Brn E B gebracht (A Jn dem Artikel, der die Ueberschrift trägt: „Dr. Struve als Wahlmacer“, wird festgestellt, daß das Flugblait, das hier gui dem Tisch des Hauses liegt, sich den Anschein gebe, es Gehe RNt Bunde der Landwirte aus. Weiter heißt es, daß es festgete i sei, daß dieses Flugblatt von dem Abg. Dr. Blunck in N 3 ee ausgegangen sei. Da dieser Feststellung nicht wider Proen M Hane man wohl von einer, zilgestandenen Tatsache sprechen. L mutung liege nahe, daß as erwähnte Manöver au Dent e G sollte, nationalliberale Stimmen einzufangen. as Vla ließt: „Ein Novum sei es doh wohl, daß ein solches T äu GUungang ee E einem Reichstagsabgeordneten in Person inszeniert e f 4.9 au h nit, daß es möglich ist, in leichtfertigerer und frivolerer L el e Guan Angriff auf die Ehre eines Kollegen im Reichstage zu ricjien. 58 ist so viel Perfidie zwischen den Zeilen zu lesen, daß iy A e nen, daß wir hier im Hause darüber sprechen müssen. Der A E f. ar el macht eine abwehrende Bewegung. Will er etwa g eg eine nadgeordneten Redakteure eintreten? Er hat doch gestern zier fo Is r seinen Mut gepriesen. Ich muß es außerordentlich bedauern, daß der Abg. Dr. Sertel auch heute am ganzen Tage, weder persönlich

Wir legen Wert darauf, daß

Sei “Dr. Oertel das stets. So energisch aber auch e E R E i, Boses zu tun und den Gegner dort zu treffen, wo dex S am jer en tut die

onli L s hat abjo C y ; 1 l 14 A ‘bis zu Gnde ist E Artikel nichts als A und

Lesern vorzuseßen pflegt.

Berlin, Freitag, den 29. Mârz

¡ieder herzustellen ist, nämlich an seiner es O Crt bei diesem Artikel gefehlt,

j ie Kost, die der Abg. Dr. Oertel seinen Unsinn, nichts als grd Das Flugblatt ist n pon Uer l S n, was schon daraus hervorgeht, day es von dem Direktor tes fortscrittli A Wahlbureaus selber unterschrieben ist. Wie kann ich gegen irgendeine Sache, von der O e onaniifion wußte, aber nit ich, protestieren® Ist es deutsche n, irgen jemand gegen eine niht gewußte Sache nicht Per, dana Eu Zustimmung zu erblicken? m übrigen war der : t veside {hon am Sonnabend in DIEHA durchgefallen E l ieses Flug- blatt erschien erst am Sonntag. as in dem Arti Ee als „Täuschung und Lüge“ bezeichnet wird, nennt der Bericht der Wahlprüfungskom- mission „angeblih“. Der Abg. Dr. Oertel wird ja nachher selber sprechen ih kann aber der fonservativen Partei nur mein herzlichstes Beileid Fournalistif? aus)prechen. / : A D el dtenf): Jch glaube, Sie kennen mich do wohl so gut, daß Sie mir glauben, wenn ih sage, ih vertrete alles, was ih in diesem Hause und auswärts gesagt abe, vollständig mit meiner Person. Ich vertrete auch mit meiner Person das, was ih in der „Deutschen Lageszeitung“ oder irgendwo anders geschrieben habe, was aber in der „Deutshen Tageszeitung steht, ohne daß es von mir eschrieben worden ist, und ohne bas es nach e der Dinge zu meiner Kenntnis kommen konnte, das zu vertreten, müssen Sie gütigst meinem Grmessen überlassen. Ich babe diesen Artikel wahrscheinli erst zu derselben Zeit gelesen, wie thn der bg. Dr. Struve gelesen hat; ich bin von früh bis Abends im Reichstage beschäftigt, und Sie werden mir zugeben, daß ih da nicht alles lesen kann, was veröffentlicht wird. Der Betichterstatter hat sh aber getäuscht die „Deutsche Tages- S D fungen ellt worden, daß der Abg. Dr. Struve der Verfasser des Ar- Miles fei. Die E Tageszeitung“ hat Peitz gemäß nur von einer Feststellung in dem Proteste gesprochen. Jn dem Proteste heißt es wörtlich: „Es ist festgestellt.“ (Abg. Dr, Struve: Es set fest- gestellt.) Das ist die indirekte Rede des Berichtes der Kommission, es ist mir aber gesagt worden, daß es in dem Protest heißt: Es ist festgestellt. Die „Deutsche Tageszeitung hat sih also in ihrem Artikel nur an die Feststellung 1a dem Proteste gehalten. Was das Weitere anlangt, fo ersehen Sie aus dem, was ich hier gesagt habe, daß ih der Verfasser des Artikels niht bin. Wie ih persönlich zu dem Artikel stehe, ob ih ihn billige oder nicht, darüber bin ih dem hohen Hause keine Rechenschaft \chuldig. Die „Deutsche Tageszeitung" wird dem Abg. Dr. Struve in einer befriedigenden Weise Antwort geben. Was mich persönlich betrifft, daß ih an den Abg. Dr. Struve mit keinem Worte heran- getreten sei, so habe ih zu entgegnen, daß mir gestern abend allerdings durch den Fernspreher mitgeteilt worden UL Dr. Struve werde heute einen Artikel der „Deutschen Tages- zeitung“ sehr scharf angreifen. Darauf habe ih ruhig , geant- wortet, ih sehe diesen Angriffen entgegen. Wenn der Abg. Dr.

pa E hat niht behauptet, es sei in Der

wischen Abgeordneten und Presse in dieses Haus. fi aber um eine ganz unerhörte Beleidigung eines Abgeordneten, und es war unsere Pflicht, im prüfungskommission die Sache vor dem Hause klarzustellen.

und sih mit der Frage niht weiter beschäftigt hat.

Struve das Bedürfnis hatte, vorher meine Meinung darüber einzu- “h so hâtte arien können, daß er sih deswegen an mi wenden würde. Ich batte dazu keine Veranlassung. Den Kampf mit der „Deutschen Tageszeitung“ hier im Hause foctzuführen, würde die Zeit des hohen Hauses zu sehr in Anspruch nehmen. Jch könnte in ähnlichen Fällen die Herren vom _„Vorwärts" und der übrigen fozialdemokratishen Blätter hier tagtäglih angreifen. Ich wteder- hole, daß die „Deutsche E dem Abg. Dr. Struve eine Erklärung geben wird, von der ih ofe, daß fie ihn vollauf be- riedigen wird. | Abg. Hoff (fortshr. Volksp.): Ich stelle fest, daß der Abg. Dr. Oertel gegenüber solchem frivolen Angriff auf ein Mitglied dieses Hauses seitens der „Deutschen Tageszeitung", der er doch nahe- steht, hier kein Wort des Bedauerns gefunden hat. Ja, er hat es dem Abg. Dr, Struve sogar zugemutet, er hâtte zu ihm kommen sollen. Jch überlasse dem Hause die Cinschäßung einer derartigen Zumutung. Jch kann denjenigen, die den Artikel geschrieben und in die „Deutsche Tageszeitung“ gebracht haben, den guten Glauben nit zusprechen, zumal ja der Bericht der Wahlprüfungskommission on vorlag. i S de: Abg. Sta dthagen (Soz.): Der Bericht der Kommission isi vollständig klar. Es f aber moralwidrig, es so darzustellen, als ob es sich um eine Feststellung und keine bloße unwahre Behauptung handelt. Solche ora r gun scheint zum Prinzip der konservativen Aeitungen geworden zu sein. / E 4 Abg. Hr. Oertel (dkons.): Ich werde die „Deutsche Tages- zeitung“ veranlassen, daß sie auch den Reden der beiden Herren aus dem Hause vollste Aufmerksamkeit widmet und ihnen antwortet, wie es sih gebührt. Mit dieser Antwort werden sie sicher zufrieden fein. Die Zeitung hat niemals von einer Fesistellung in der Kommission gesprochen. Sie hat nur ausgeführt, nah dem Protest sei es fest- estellt, und im Bericht der Kommission heißt es auch tatsächlich so. Der Bericht der Kommission ist uns erst am Abend des 22. oder am Morgen des 23. März zugegangen. Wenn die Feststellung im Protest unrichtig ist, wie ih sofort loyalerweise annehme, und wenn r. Struve mir die Mitteilung gemacht hätte, hier in dem Bericht ist eine Feststellung gemacht worden, die den Tatsachen nicht ent- spricht, dann wäre der Artikel nicht geschrieben worden, und wir hätten uns diese ganze Debatte erspart. | Abg. Dr. Struve (fortshr. Volksp.): Die „Deutsche Tages- zeitung“ hat von Anfang bis zum Ende immer wieder vergebens ver- sucht, das aus dem Berichte herauszulesen, was ihr paßte. Das ist dieselbe Presse, die damals, wo es nh hier um die lex Wagner handelte, immer wieder darauf hinwies, es müsse der Presse unmöglich gemacht werden, die persönliche Ehre anzugreifen. habe von der „Deutschen Tageszeitung“ eine moralische Dhrfeige erhalten. Sollte ih nun zu dem Herrn hingehen, der die Verantwortung für das Blatt trägt, und sollte ih 8 ihm physisch auétführen, was ih von ihm 1oralisch bekommen habe? i l i 2 Ae Schwarz e - Lippstadt (Zentr.): Das Haus ist do nicht dazu da, um Streitigkeiten eines Abgeordneten mit der Presse zum Ausdrucck zu bringen. Die Sache hâtte zwischen dem Abg. Struve und der „Deutschen Tageszeitung“ direkt ausgemacht werden müssen. Wir müssen dagegen protestieren, daß die kostbare Zeit des Reichs- tags bird solche Streitigkeiten in Anspruch genommen wird. : Aba. Graf West ar p (dkons.): Der Abg. Struve hat der konser- vativen Partei einen besonderen Vorwurf daraus gemacht, daß sie wegen dieses Artikels der „Deutschen er Ta nicht Stellung genommen habe. Der Artikel der „Deutschen Tageszeitung“ geht die fonservative Partei als solche gar nichts an. Wir haben vorhin bei den Aus*ührungen des Abg. Stadthagen gelacht, weil wir dur seine Ausführungen an das Sprichwort erinnert wurden: Wer im Glas- hause sigt, soll nicht mit Steinen werfen. Die fozialdemokratische Presse kann ja schließlich gar niht anders kämpfen als mit perfön- lien Beschimpfungen und Verleumdungen, und wenn wir jeder Verleumdung, denen der Abg. Kreth und ih seitens der sozial- demokratishen Presse ausgeseßt sind, gegenübertreten wollten, fo würden wir vor 4 Wochen damit nicht fertig. Abg. Dr. Arendt (Rp.): Ih habe keine Veranlassung, den Abg. Dr. Oertel zu verteidigen oder mih an dem Streit als solchen

S Bre : 4 us t, um meine no in seiner Zeitung, nicht das geringste unternommen hat, so leichtfertig angegriffene Ehre wieder herzustellen. Von anderer

zu beteiligen. Ih möchte Ihnen aber mitteilen, was ih beim Lefen

1912.

des Berichis der Wahlprüfungskommission persönli empfunden habe. festgestellt, Wahlmanöver kommission l ibt ist er Beri i : i j bg das hat zur Folge gehabt, daß die Fassung eine niäj völlig flare ge- wesen ist. zufassen. 1 e er Volkspartei nahempfinden, daß fie etne besondere Schadenfreude dar- über haben, daß ein ihnen unsympathisches Blatt - in diesem Falle bereingefallen. ift. T ift, fat jeder anderen Zeitung auch mal passieren, ohne daß man daraus gleih eine Haupt- und Staatsaktion macht.

den Eindruck: daß der Abg. gemaht hat.

Herr Dott, hier is ja Struve ein recht bedenkliches Der Bericht der Wahlprüfungs- ist so abgefaßt, daß ein unbefangener Leser zu Urteil gelangen Tonnte. Ih sagte mir schließlich, in der Sprache der Juristen abgefaßt, und

F hatte

Das muß dazu führen, die Sache doch etwas milder auf- Man fann es ja den Herren von der Fortschrittlichen

Aber was der „Deutschen Tageszeitung“ pasfiert

S chr. lfsy.): Gewiß gehört nicht jeder Streit Ava Dol C, g Hier handelt cs

Anschluß an den Bericht der Wahl-

Abg. von Brockhausen (dkonf.): Als Vorsitzender der Kom- ission f ich fe ß diese d rotest für unbeachtlih erflärt mission stelle ih fest, daß dieje den P f e dicllcidt G assung des Berichts etroas anders hätte genommen werden önnen, Fas E éeudincl@he Mißverständnisse zu vermeiden, laße ih dahingestellt. üFedenfalls ist gegen die Fassung von keiner Seite Widerspruch erhoben worden.|l 4 Die Wahl des Abg. Dr. Blunck wird für gültig erklärt. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. i räfident Dr. Kaempf: Bevor ih die Sißung ]chließe, jeftatie W mir, Ihnen allen ein frohes Osterfest und eine glüdliche *nüdkehr zu wünschen, um mit frishen Kräften unjere Arbeiten fort- zuseßens Schluß gegen 71/4 Uhr. den 16. April, Nachmittags 2 Uhr. bahnen und des Reichseisenbahnamts.)

Nächste Sißzung Dienstag, (Etats der Reichseisen-

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 6. Sizung vom727. März 1912. N-@ M:1.7.0 0.

die bei der Beratung des Geseßentwurfs, Anlegung von Sparkassenbeständen in zwar bei der Generaldiskussion, der gehalten hat, hatte folgenden

. Die Rede, betreffend die Jnhaberpapieren, und Finanzminister Dr. Lene Wortlaut: E

Meine Herren! Neben dem Exrfordernis der Liguidität für die Sparkassen liegt auh ein dringendes Erfordernis für den Staat selbst vor, daß er einen festen Kreis von Abnehmern für seine Anleihen erbält. Der Staat ist genötigt, zur Erfüllung seiner Aufgaben all- jährliß mit großen Anleihefummen an den Markt heranzutreten. Wenn nun keine Käufer für diese Anleihen da find, dann kommt der Staat in Verlegenheit und erleidet sogar Schaden. Er muß seine Kulturaufgaben erfüllen und muß sich das Geld dazu verschaffen. Es {ist ja selbstverständlich, daß, wenn der Staat die Anleihen mit höheren Bonifikationen oder mit einem höheren Zinsfuß versähe, fie glatt ab- genommen werden würden. Von den Käufern von Papieren sieht fast feiner so viel auf die Sicherheit wie auf die Höhe des Zinsfußes. Man kann es heute erleben, daß überall hodhverzinslihe Papiere ge- fauft werden, die irgend einen exotischen Namen haben und dem Publikum verlockend geschildert werden, ohne daß man irgendwie weiß, ob eine Sicherheit vorliegt, Papiere, die vielleiht gar feine Sicherheit bieten. Unsere Staatspapiere dagegen, die eine absolute Sicherheit haben, für die der Staat aufkommt, und bei denen der Käufer niemals Gefahr läuft, besitzen einen unzureichenden Käufer- kreis. Infolgedessen muß es ermöglicht werden, daß der Staat, zu einem normalen Zinsfuß seine Anleihen unterbringt. :

Meine Herren, die Kurshebung ift nit der Hauptzweck diescs neuen Gesezes, soweit der fiskalische Teil in Betracht kommt, sondern die Schaffung eines festen Abnehmerkreises für die Staatsanleihen und die Stabilisierung der Kurse. Wenn die Konsortien, die bis dahin die Anleihen übernommen haben, wiederholt Klage darüber führen, daß sie die übernommenen Staatsanleihen nicht los werden, fo ist das do außerordentlih bedenklih. Wenn ein Schuldner, der so ficher ist wie der preußishe Staat, noch Sorge haben muß, Geld gegen guten Zinssaß zu leihen, dann muß Abhilfe geschaffen werden.

Das Reich is hiermit {on vorgegangen. Es hat verschiedene Gesetze erlassen, die bestimmen, daß ein Viertel des Vermögens der Berufsgenossenschaften, der Versicherungsanfstalten gegen Invalit ität und für die Hinterbliebenenversiherung, und der Versicherungs8anstalten für Privatangestelite in Neichs- und Staatspapieren angelegt werden. Preußen hat seinerseits bestimmt, daß cin Viertel der Vermögens- bestände der öffentliden Feuerver sicherungen gleihfalls in Staats- papieren anzulegen sind. Ebenso ist im Verwaltungswege angeordnet worden, daß von den Vermögen der Klein- und Nebenbahnen, der Kommunalpfandbriefämter und der jegt neuerdings ins Leben gerufenen ¿fentlichen Lebensversiherungen gleihfalls ein Teil in Staats- und Reichsanleihen anzulegen ist. Wenn man alle diese Beträge zusammenaddiert, ergibt fch ein jährlißer Bedarf von mindestens 200 Millionen Mark. Wir können dann damit renen, daß für 200 Millionen Mark jährlih Käufer für Reichs- und Staatsanleihen auf dem Markt erscheinen werden. Selbstverständlich ist es notwendig, daß auch das Publikum die Staats- und Reichs8anleihen erwirbt, denn diese 200 Millionen Mark deken leider nit ganz den Bedarf, der an Anleihen auf den7Markt ge- brat wird. Preußen is genötigt, fast alljährlich mit ungefähr 900 bis 400 Millionen Mark Anleihen auf den Markt zu kommen. Au das Reih hat seinen Anleihebedarf, und. hierzu treten dann noch die zahlreichen Anleihen der Kommunen und sonstigen Körper- {aften hinzu.

Deshalb liegt es im wohlberstandenen Staatstinteresse, daß der Staat die Möglichkeit erhält, setne Anleihen au unterzubringen, daß

er für fie Käufer bekommt, und deshalb ist es in keiner Weise unge-