1892 / 309 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Dec 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Dem bisher mit der Verwaltung der Wasser-Bauinspector- stelle in Tilsit betrauten Wasser-Bauinspector Muttray ist diese Stelle nunmehr endgültig verliehen worden.

Der Wasser-Bauinspector, Baurath Schlichting in Tilsit ist nah Hildesheim verseßt und mit der Verwaltung einer Regierungs- und Baurathsstelle bei der Königlichen Re- gierung daselbst betraut worden.

Bekanntmachung.

Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gefez-Samml. S. 357) sind bekannt gemacht :

1) der Allerhöchste Erlaß vom 10. Oktober 1892, betreffend die Genebmigung des III. Nachtrags zu dem revidirten Reglement der Feuerfocietät der Ostpreußischen Landschaft vom 1. November 1886, durch die Amtsblätter

der Königlichen Regierung zu Königsberg Nr. 46 S. 403, aus- gegeben am 17. November 1892,

der Königlichen Regierung zu Gumbinnen Nr. 46 S. 301, auê- gegeben am 16. November 1892:

2) der Allerböchste Erlaß vom 26. Oftokter 1892, betreffend die Verleihung des Enteignungsrehts sowie des Rechts zur Chausseegeld- erbebung an den Kreis Briesen für die von ihm zu bauenden Chausseen 1) von Briefen über Sittno und Haus Lopatken nah. Hohenkirh und 2) von hiec nah Zaskocz, durch dos Amtsblatt der Königlichen Re- gierung zu Marienwerder Nr. 49 S. 341, ausgegeben am 8. De- zember 1892:

3) der Allerhöchste Erlaß vom 2. November 1892, betreffend die Verleihung des Enteignungérehts sowie des Rechts zur Chaussec- gelderbhebung an den Kreis Kalau für die von ihm zu bauende Chaussee von dem Bahnhofe Vetschau über Sushow bis zur Grenze - des Kreises Kalau in der Richtung auf Burg im Kreise Kottbus, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Fraukfurt a. O. Nr. 48 S. 327, ausgegeben am 30. November 1892 ;

4) das am 8. November 1892 Allerhöchst vollzogene Statut des Perleberger Wiesenverbandes durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 50 S. 517, aus- gegeben am 9. Dezember 1892;

5) das Allerhöchste Privilegium vom 14. November 1892 wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleibescheine der Stadt Franffurt a. O. im Betrage von 1 200 000 Æ durch das Amtsblatt der Königlichen Negierung zu Frankfurt a. O. Nr. 50 S. 335, aus- gegeben am 14. Dezember 1892;

6) das am 16. November 1892 Allerhöchst vollzogene Statut für die Drainage-Genofsenshaft zu Sablath im Kreise Neumarkt i. Schl. durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 51 S. 449, ausgegeben am 16. Dezember 1892.

BeranntmaGung; die von Mandt-Ackermann’sche Stipendienstiftung betreffend.

Der Geheime Ober-Medizinal-Rath und Kaiserlich russische Leib- arzt Dr. Martin von Mandt und dessen Ehegattin Johanna Char- lotte Ludorika, geb. Ackermann, haben in ihrem am 20. Oktober 1857 errichteten wechselscitigen Testament der Königlihen Rheinischen Fricdrich-Wilbelms-Universität zu Bonn zur Förderung wissenschaft- licher und technisher Studien unter der männlihen Nachkommenschaft ibrer Seitenverwandten unter dem Namen:

„von Mandt-Ackermann’she Stipendienstiftung“

ein Kapital von 48 000 # vermacht mit der Bestimmung, daß die Zinsen deéfelben, nach Abzug der Verwaltungékosten, zur Unterstützung junger Männer christliher Religion, welhe sich der Arznei-, der Rechts- und den in der philosopbishen Facultät vertretenen Wifsen- haften auf Universitäten oder der höheren technishen Ausbildung auf Gewerbeschulen und ähnlichen Anstalten widmen, als Stipendien ver- wendet werden follen.

Diese Stiftung ift mit dem Sommer-Semester 1890 in Wirksam-

getreten.

Die Zahl der Stipendien ist auf drei festgeseßt.

Zum Genusse der Stipendien sind vorzugêwei!e berufen :

I. die ehelihen männlihen Nachkommen der Geschwister der

tifter und zwar:

in erster Neiße des Ebemanns von Mandt vollbürtigen Bruders Karl Theodor Mandt,

in zweiter Neibe des Ehemanns von Mandt vollbürtigen Schwester Therese, vereheliht:n Grano,

in dritter Reihe der Ehefrau von Mandt Bruders Albert Adckermann,

in vierter Neihbe der Ehefrau von Mandt Bruders Gebhard Acermann :

demnächst in Ermangelung von Bewerbern dieser Kategorie

IT. die männlichen Nachkommen :

¿uerst des Ehemanns von Mandt beiden Halbbrüder Friedri Mandt und Franz Mandt,

¿weitens des Freundes der Stifter, des Appellationsgerichts- Naths Wilhelm Graffunder,

drittens des Freundes der Stifter, des Regierungs- und Bau- raths Emil Flaminius ;

und erst, wenn von diesen beiden Klassen von Stipendienberechtigten feine Bewerber vorhanden sind, fönnen die Stipendien auch an Fremde, infofern dieselben die Eigenschaft preußisher Unterthanen haben, verliehen werden.

Der Genuß und die Verabfolgung der Stipendien is nicht von dem Besuche der Bonner Universität, noch überhaupt von der Gegen- wart auf einer der preußishen Universitäten und Lehranstalten ab- hängig: jedo befreit der Genuß im Auslande in keinem Falle von der Beibringung der zur Verlcihung erforderlichen Zeugnisse der wirk- lih besuhten Unterrichtsanstalten.

Bewerbungen, welchen amtlihe Zeugnisse über das Verwandt- \chaftêverbältniß mit den Stiftern, beziebungêweise den mit Vorzugs- recht bedachten Familien, die Schul- und Sittenzeugnifie der bisher besuchten Unterrichtsanftalten, das Universitäts-Jmmatriculationt- und Sittenzeugniß, sowie ein Decanatszeugniß ; von den Gewerbetreiben- den : empfehlende Zeugnisse der Gewerbebehörden und die Unterrichts- zeugnisse der Vorschulanstalten und Lehrmeister beigefügt sein müssen, find bis zum

25. Januar 1893 bierber cinzusenden.

Bonn, den 27. Dezember 1892. as Curatorium der von Mandt-Ackermann*’schen tiftung bei der Rheinishen Friedrih-Wilhelms-

Iniversität.

r ) R 2s a

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 30. Dezember.

Beide Kaiserlichen Majestäten nahmen gestern Vor- mittag um 9 Uhr das heilige Abendmahl. Um 10 Uhr hörten Seine Majestät im Neuen Palais den Vortrag des Kriegs- Ministers, um 11 Uhr denjenigen des Chefs des Militär- cabinets und empfingen um 122?/, Uhr den Reichskanzler.

eutc Vormittag um 10 Uhr begaben Sih Seiae Majeîtät zur Jagd nah Eiche auf der E Potsdam. Um 41/2 Uhr erfolgte die Abreise Seiner Majestät von Station Wildpark zum Winteraufenthalt nah. Berlin.

Der Königlich italienische Botschafter wird, wie aus der im amtlihen Theil dieser Nummer des „R.- u. St.-A.“ veröffentlihten Ansage hervorgeht, nunmehr die zum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren empfangen. Dieser Empfang wird Mittwoch, den 4., und Donnerstag, den 5. Januar k. J., jedesmal Abends von 91/5 bis 11 Uhr, stattfinden. y i

Der Anzug is: für Herren vom Militär in kleiner Uniform, für die Herren vom Civil in Frack mit Ordensband Über der Weste.

In Nr. 53 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“ vom 30. Dezember wird von dem Kaiserlichen Statistischen Amt eine Zusammenstellung: Orts übliche Tagelöhne ge- wöhnlicher Tagearbeiter, festgestellt auf Grund des S 8 des Geseßes, betreffend dic Krankenversicherung der Arbeiter Ra 1892 S. 385), zur öffentlihen Kenntniß gebracht.

Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt in der Zeit n 29. bis 30. Dezember 1892 Mittags mitgetheilte Cholera- fälle:

Eine Erkrankung aus Hamburg.

Schon im April d. J. ift im „Reichs- und Staats-Anzeiger“ von der zuständigen Reichsbehörde und in der Folge von den Eisenbahnverwaltungen öffentlich darauf aufmerksam gemacht, daß mit dem Inkrafttreten der neucn Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands am 1. Januar k. J. ein neues Formular für die Frachtbriefe und Eilfrachtbriefe zur Einführung kommen werde. Allen betheiligten Kreisen ist dabei empfohlen worden, von dem bis- herigen Formular keine größeren Bestände zu halten, als in einem Vierteljahr aufgebraucht werden können. Durch die im „Reichs- und Staats-Anzeiger“ und in anderen Blättern veröffentlichte Bekanntmachung des Reichs-Eisenbahn- amts vom 13. Oktober 1892 ist sodann die Qualität des zu Frachtbriefen fortan zu verwendenden Papiers näher festgeseßt. Wie indessen aus mehreren dem Minister der öffentlichen Arbeiten in den leßten Tagen zugegangenen Eingaben hervor- geht, scheinen an vielcn Stellen noch Bestände an alten Frachtbriefformularen vorhanden zu sein, die bis Ende dieses Jahres nicht aufgebrauht werden können. Um die hieraus für einzelne Kreise sich ergebenden, wenn auhch im einzelnen finanziell nicht erheblihen Schädigungen zu ver- meiden, sind die Directionen der preußischen Staatsbahnen von dem Minister der öffentlihen Arbeiten unter Zustimmung des Reichs-Eisenbahnamts auf Grund des § 52 Abs. 2 der Ver- kehrsordnung ermächtigt worden, die alten Formulare bis zum 31. März k. J. im Localverkehr der preußischen Staatsbahnen bei regelmäßig wiederkehrenden Transporten in Wagenladungen noch anzunehmen. Selbstverständlich können in dieser Weise nur noch die vorhandenen Be- stände aufgebrauht werden. Frachtbriefformulare der alten Art werden von den Eisenbahnbehörden niht me“r aus- gegeben oder abgestempelt werden.

Seine Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, General-Lieutenant und Commandeur der zweiten Gardc- Jnfanterie-Division, ist von Urlaub hicrher zurücgekehrt.

Die neugeprüften Regierungs Assessoren Scherz aus Stettin, von Keudell aus Wiesbaden, Kuntze aus Stade und von Strauß und Torney aus Breslau sind bis auf weiteres den Landräthen der Kreije Ober-Barnim, Regierungs- bezirk Potsdam, bezw. Breslau (Landkreis), Niederung, Re- gierungsbezirk Gumbinnen, und Pinneberg, Regicrungsbezirk Schleswig, zur Hilfeleistung zugetheilt worden.

S. M. Kanonenboot „Wolf“, Commandant Corvetten- Capitän Hellhoff, ist am 28. Dezember in Wuhu angekommen und beabsichtigt, am 4. Januar nach Nanking in See zu gehen.

S. M. Kreuzer „Falke“ , Commandant Corvctten- Capitän Beer, ist am 28. Dezember von Kotonou nah Kamerun in Sce gegangen.

Württemberg.

Seine Majejtät der König hat den Fürsten von Wa ld- burg-Zeil-Trauchburg zum Präsidenten der Kammer der Standesherren auf die Dauer der nächsten ordentlihen Land- tagsperiode crnannt.

Oldenburg.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat, wie dem „Hann. Cour.“ zufolge aus einem Schreiben des Ministers Zansen an den Ober-Bürgermeister von Oldenburg hervorgeht, den Wunsch ausgesprochen, daß von dem 40. Jahrestag seines Regierungsantritts (27. Februar 1893) in keiner Weije Notiz genommen werde.

Sachsen-Altenburg.

Der seit dem ‘15. November d. J. versammelt gewésene Landtag des Herzogthums is am 22. d. M. vertagt worden. Unter den verschiedenen Vor- lagen ist hervorzuheben: der Entwurf des Etats für die Finanzperiode 1893—1895, eincs Geseßes über die ander- weite Regelung der Besoldungsverhältnisse der Volks- shulle hrer und einer Novelle zur Notariats-Ordnung vom 1. März 1889. Nach der Etatsvorlage, welhe mit wenigen Abänderungen von der Landschaft angenommen wor- den ist, wird an Steuern mehr als bisher erhoben werden : 1/, Termin Grundsteuer und 11/5 Termin Einkommensteuer. Die neue Regelung der Volks\schullehrer-Besoldungen ist

nah den Vorschläg:n der Staatsregierung geordnet worden. Demgemäß beträgr die jährliche Besoldung eines für eine länd- ele Schulstelle. definitiv oder provisorish angestellten ständigen Lehrers außer freier Wohnung oder einem eventuell dur die Schulbehörde nah den örtlichen Verhältnissen zu bemessenden Geldäquivalente dafür mindestens 1050 # bei Schulstellen dritter Klasse, 1200 #6 bei Schulstellen zweiter Klafse, 1350 é bei Schulstellen erster Klasse. Die Minimalbesoldung eines Landschullehrers ist durch Alterszulagen folgendermaßen zu erhöhen: 1) bei Schulstellen dritter Klasse nah einer Dienstzeit von 5 Jahren auf 1100 A, von 10 Jahren auf 1150 M, von 15 Jahren auf 1200 4, von 20 Jahren auf 1300 Æ, von 25 Jahren auf 1409 Æ, von 30 Jahren auf 1500 M, 2) bei Schulstellen zweiter Klasse nach einer Dienstzeit von 5 Jahren auf 1250 4, von 10 Jahren auf 1300 M, von 15 Jahren auf 1350 4, von 20 Jahren auf 1450 M, von 25 Jahren auf 1550 M, von 30 Jahren auf 1650 M, 3) bei Schulstellen erster Klasse nah einer Dienst- zeit von 5 Jahren auf 1400 4, von 10 Jahren auf 1450 4, von 15 Jahren auf 1500 46, von 20 Jahren auf 1609 f, von 25 Jahren auf 1700 #Æ, von 30 Jahren auf 1800 6 Vicare bei ländlihen Schu!stellen haben außer freier Wohnung oder einem angemessenen Geld- äquivalente hierfür eine jährliche Remuneration von mindestens 720 A zu beanspruhen. Falls sie zugleih den Kirchendienst besorgen, haben fie außerdem die Äccidentien in firhlihen Kasualfällen zu beziehen. Die Minimal- befoldung, die ein ständiger , städtisher Lehrer bei seincr definitiven oder provisorischen Anstellung zu beanspruchen hat, wird ausscließlich der ihm zu gewährenden freien Wohnung oder eines angemessenen Geldäquivalentes dafür auf 1050 A6 festgeseßt. Vicare bei städtishen Schulstellen haben ausschließlich der Wohnung resp. Wohnungs - Geld- entshädigung eine jährlihe Remuneration von mindestens 00 M zu beanspruhen. Im übrigen bleibt der § 12 des Gescßes vom 22. Dezember 1875 in Kraft, welcher besagt: „Jm übrigen bleibt die Regelung der Besoldungsverhältnisse der Volksschullehrer in den städtishen Schulgemeinden den com- petenten Behörden und Vertretungen derselben unter der Ober- aufficht der oberen Schulbehörde in der bisherigen Weise über- lassen.“ Schließlich sei noch bemerkt, daß die Landschaft zu der beabsihtigten Verlegung des Herbstbußtags auf den Mittwoh vor dem leßten Trinitatis - Sonntag unter der Voraussezung ihre Zustimmung erklärt hat, daß die crstrebte Einigung mit den norddeutschen Landeskirchen über die Feier eines einheitlihen Buß- und Bettages im wesentlichen erreicht wird.

Anhalt.

Der Trauerfeier für den verstorbenen Staats-Minister a. D. von Krosigk, die am 28. d. M. in Dessau abgehalten wurde, wohnten, wie der „A. St.-A.“ meldet, auch Jhre Hoheiten der Herzog und die Herzogin, fowie alle zur Zeit in Dessau anwesenden Mitglieder des Herzoglichen Hauses bei. Der Consistorial-Rath Werner hielt die Gedächtnißrede, nah deren Schluß die Ueberführung der Leiche nah Gröna, dem Gute des Verstorbenen, erfolgte, wo die Beisezung gestern stattfand.

Oesterreich - Ungarn.

Die Kaiferin hat gestern Nachmittag cinem Telegramin des „W. T. B.“ aus Madrid zufolge Talina auf der Jnfel Majorka an Bord des Dampfers „Miramar“ verlassen.

Da si infolge der Verhältnisse in Serbien die reht- zeitige Jnfkraftsezung des neuen österreichish-serbishen Handels- vertrags als unmoglich herausgestellt hat, so ist, wie das „Srdbl.“ mittheilt, gestern im Ministerium des Auswärtigen die Verlängerung des alten Vertrags bis Ende Juni 1893 unterzeihnet worden.

Gestern Abend hat im österreichishen Finanz-Ministerium eine mehrstündige Conferenz zwischen dem österreihishen Finanz-- Minister Dr. Steinbach, dem ungarishen Minister-Präsi-

denten und Finanz-Minister Dr. Wekerle und den Ver-

tretern der Rothschildgruppe, dem Baron Albert von Rothschild, Director Mauthner, Baron Bezecny, von Taussig und Markgraf Pallavicini über die Jnangriff- nahme der durch die Valutaregulirung bedingten Finanz- operationen stattgefunden. Die Verhandlungen beschränkten sich dem „Fremdenblatt“ zufolge auf einen eingehenden Meinungsaustausch, bestimmte Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Der ungarische Finanz-Minifter Dr. Wekerle bleibi auch heute noch in Wien.

Großbritannien und Frland.

Der Premier-Minister Gladstone feierte gestern in Biarriß seinen 83. Geburtstag.

Infolge der Explosion in Dublin entfaltet der „Magd. Zta.“ zufolge die Londoner Polizeibehörde cine unge- wöhnlihe Nührigkeit in der Ueberwachung der irischen und fremden Anarchisten. Gestern lief bei der Polizei eine anonyme Zuschrift ein, worin die Ermordung des Staatssecretärs Morley angedroht wird. Alle Staatsgebäude werden schärfer als sonst bewacht. Es verlautet, die irishe Regierung beab- sichtige, gewisse Abschnitte des aufgehobencn Zwangsgeseßes wieder in Kraft zu seßen.

Frankrei.

Nach cinem Telegramm des „W. T. B.“ aus Lyon hat sih Jules Ferry in einer Unterredung mit einem Zeitungs- berichterstatter über die gegenwärtige politishe Lage aus- gesprohen und dabei Folgendes geäußert: Wir werden, wenn wir unsere Feinde erst genauer unterscheiden fönnen, unsere Reihen reformiren, in denen sich alle anständigen, auf Ruhe bedachten Republikaner sammeln werden, die in gleihem Maße der Dictatur wie einer Restauration und der Anarchie als Gegner gegenüberstehen. Unter dem Vorwande, die öffentliche Moralität zu vertheidigen, will man die Republik zu Grunde rihten. Ferry {loß mit den Worten: „Lassen wir von den Gerichten diejenigen Per- sonen treffen, deren Rechtschaffenheit niht unantastbar ift, und rüsten wir uns dazu, die öffentlichen Freiheiten zu ver- theidigen.“

Die Panama - Untersuchungscommission nahm gestern, wie der „Frkf. Ztg.“ gemeldet wird, Berichte von Villebois, Mareuil und Bertrand über die 17 000 Bons- Talons entgegen, die sih auf die Vertheilung von 20 Millionen Publicitätskosten für die Panama-Emissionen beziehen. Es wurde beschlossen, diese Berichte geheim zu halten und die Bons-

Talons dem Untersuchungsrichter auszuhändigen. Außerdem

vernahm die Commission den Vertreter der russischen „Moskauer Zeitung“ in Paris, der die Erklärung abgab, sein Blatt habe niemals Geld fangen, das von der Panama-Gesellschaft oder aus einer ä Gen Quelle herrührte. Dic Commission vertagte sih sodann bis zum 5. Januar n. J.

In einer Note der „Agence Havas“ wird die Behauptung des „Soleil“, daß Präsident Carnot in einem Schreiben an Christople, den Gouverneur des Crédit foncier, angesichts der allgemeinen Wahlen von 1889 um Ueberlassung einer Geldsumme gebeten habe, für unbegründet erklärt.

Die Meldung, daß das Gutachten des Dr. Brouardel über den Tod des Barons Reina ch dahin laute, daß Reinach eines natürlichen Todes gestorben sei, wird, wie „W. T. B.“ berichtet, in einer den Blättern zugestellten officiósen Mittheilung als unbegründet bezeihnet. Die Unteeiuciueng sei noch nicht abgeschlossen. Die Chemiker seien mit der Vornahme neucr Analysen beauftragt.

Der Sachverständige Girard glaubt, die gestern früh in der Polizei-Präfectur erfolgte Explosion sei durch eine etwa 200 g Pulver und Eisenstüccke enthaltende Sturzbombe verursacht worden, die in eine bei der Haupitreppe be- findlihe Holzkiste bereits gestern Nachmittag niedergelegt worden sei. Die Explosion würde, wenn sie bei Tage erfolgt wäre, voraussihtlih Menschenverluste herbeigeführt haben. Von mehreren anderen Seiten wird das Attentat den Anarchisten zugeschrieben. Auf der Polizei-Präfectur ist man der Ansicht, daß es sich nicht um eine That von Anarchisten handele, sondern um den Racheact einés ehemaligen Vermwaltungsbeamten der Polizei-Präfectur, eines entlassenen Bureaudieners oder eines Polizisten, der sich an seinen Vor- geseßten habe rähen wollen.

Jtalien.

Der preußische Gesandte bei der Curie von Bülow hat laut Meldung des „W. T. B.“ gestern dem Papst die Glückwünsche zum Jahreswechsel dargebracht.

Spanien.

Die Königin-NRegentin hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Ernennung Mendez Vigo's zum Botschafter in Berlin unterzeichnet.

Schweiz.

Die Beschlüsse, welhe der Bundesrath in seiner Sitzung vom 27. d. M. gegen Frankreich gefaßt hat, lauten nah dem „Bund“ wörtlich:

1) „Der Ratificationsaustaush, betreffend das Handelsüberein- kommen vom 23. Juli 1892 und der demfelben beigefügten Ueber- einfünfte, findet nit ftatt.

2) Vom 1. Januar 1893 an werden die aus Frankreih und den französischen Colonien bherstammenden Waaren bei der Einfuhr in die Schweiz dem \{chweizerischen Generalzolltarif vom 10. Avril 1891, sowie den vom Bundesrath in Anwendung von Art. 34 des \chweizerischen Zollgeseßes von 1851 festgeseßten Erhöb'tngen unter- worfen. Sendungen aus Frankreich, welhe am 31. cr in der Schweiz anlangen und vor Mitternaht unter eidgenössische Zollcontrole treten, genießen noch die Ansätße des Conventionaltarifs.

3) Der Buntesrathsbes{hluß vom 20. Januar 1892, welcher sih auf die Vollmaht der Bundesversammlung vom 29. gleichen Monats stüugte und durch welchen verfügt wurde, daß die in der Beilage F zum fchweizerisch - französishen Handelsvertrage vom 23. Februar 1882 zu Gunsten der Einfuhr aus der Landschaft Ger vereinbarten Zollerleihterungen vom 1. Februar 1892 an auf Zu- sehen hin und bis auf weiteres in Kraft bleiben, ist aufgehoben.

Die Bestimmungen von Ziff. 2 des vorliegenden Beschlusses finden vom 1. Januar 1893 an auf alle aus der Landschaft Gex in die Schweiz eingeführten Waaren Anwendung.

4) Vom genannten Tage an kann für diejenigen Waarengattungen, die durch weitere Publikationen der eidgenössishen Zollverwaltung bezeichnet werden, die Vorweisung von Ursprungszeugnissen verlangt werden.

5) Das schweizerische Finanz: und Zolldevartement wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Folgende Artikel, die auch von der deutshen Jndustrie nah der Schweiz cxportirt werden, hat der Bundesrath der „Frkf. Ztg.“ zufolge Frankreich gegenüber mit nachstehenden Zöllen belegt:

Butter, frische, 12 Fr. ; Cacaopulver 100 Fr. : Zucker in Hüten 20, Zucker geschnitten oder gevulvert 25 Fr.: Fette, Oele 3 (überall ¿Franken verstanden); Druck-, Schreib- und Postpapier 14; Pappen- deckel 15; Buchbinder- und Cartonage - Arbeiten 150: WBänder und Posamenteriewaaren, wollene 20, baumwollene und flacsene 120, feidene und halbsecidene 300; Kammgarngewebe 250; Boden- teppiche, feine 140, grobe 80: Kleidungsftücke, baumwollene und leinene 300, seidene und halbseidene 600, wollene 350; Wirkwaaren, baumwollene und leinene 200, wollene 250, seidene und halbseidene 500; Hüte aller Art 200 Fr.: Regen- und Sonnenschirme, baum- wollene 80, wollene und halbwollene 120, seidene und balbseidene 200; Zuchtstiere, Kühe und Rinder 40 Fr. per Stü; Jungvieh 30: Schweine über 60 kg 12: gemeine Quincaillerie- und Kurzwaaren 100, feine 300; Spielzeug aller Art 300; Stand- und Wanduhren 50 Fr. Die Zölle werden gültig vom 1. Januar.

Belgien.

Der Minister-Präsident Beernaert hat, wie die „Jnd. Belge“ meldet, den Kammern einen neuen Entwurf zur Verfassungsrevision vorgelegt. Der „Magd. Ztg.“ wird über die Grundzüge des Entwürfs Folgendes mitgetheilt : 1) Der Wahlcefisus, wie er heute besteht, ist abgeschafft. 2) Das Wahlrecht steht allen Staatsbürgern zu, die in einem mit mindestens zehn Francs Grundsteuer belasteten Hause wohnen. 3) Alle Staatsbürger, die diese Bedingung nicht erfüllen, können troßdem das Wahlrecht erwerben, falls sie sich einer Wahl- prüfung unterziehen. 4) Die Ausübung des Wahlrechts ist obligatorish, die Nichtausübung wird unter Strafe gestellt. 5) Einführung des Proportionalsystems d. h. Vertretung der Minderheiten. 6) Den Kammern steht es frei, ohne Ver- fassungsänderung das allgemeine Stimmrecht einzuführen, sobald sih in beiden Häusern des Parlaments cine Zweidrittel- Mehrheit dafür findet.

Numänien.

Aus Anlaß des gestrigen Geburtsfestes der Königin wurden, wie „W. T. B.“ aus Bukarest berichtet, dem König zahlreihe Glückwünsche dargebraht. Die Stadt war festlih beflaggt. i

Der Senat hat das Handelsabkommen mit Jtalien mit 87 gegen 3 Stimmen genchmigt. Der Minister des Aeußern Lahovary hob die Vortheile des Abkommens für Rumänien hervor sowie die günstige Aufnahme der rumänischen Vorschläge von Seiten der italienishen Regierung, was als ein Zeichen für die vortrefflihen Bezichungen zwischen beiden Staaten betrachtet werden könne.

Serbien.

Jn Belgrad sind am 26. d. M. ‘die Wahlen in den Gemeinderath, und zwar von 36 Mitgliedern und 16 Ersaß- mannern, vorgenommen worden. Es siegten, wie die „Wien. Abdpost.“ erfährt, hierbei wieder die Liberalen. Die Regent- schaft weigert si, den Beschluß des Ministerraths- wegen Aufhebung des Staatsraths (Siehe Nr. 302 des „N. U, St:A vou l M) vor der Einberufung der Skupschtina ausführen zu lassen, da einem solchen Verfahren. verfassungsrehtlihe Bedenken entgegenständen. Jnfolgedessen sieht fih dic Regierung genöthigt, den Staatsrath bis zu dem erwähnten Zeitpunkt weiterfunctioniren zu laßen.

Afrika.

Dem „Reuter schen Bureau“ wird aus Kairo gemeldet : Der Präsident dis Ministerraths Mustapha Fehmi-Pascha ist an doppelseitiger Lungenentzündung {wer erkrankt. Nach dem heute Abend ausgegebenen ärztlihen Bulletin ist die Nahrungsaufnahme nicht vollständig gehindert, der Kranke

jedoh sehr s{chwach.

Nr. 52 der „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts" vom 29. Dezember hat folgenden Inhalt: C gpal Iahr ichten. Gesundbeitsstand. Mittheilungen über Volks-

anfheiten, insbesondere Cholera. Sterbefälle in deutshen Städten

mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutshen Stadt- "und Landbezirken. Witterung. Maßregeln gegen Cholera 2. Gesetzgebung u. \. w. (Preußen). Thermometer. Begräbnißpläße. Tuberkulose. (Italien). Impfwesen. Thierseuhen im Deutschen Reih, November. Lungenseuche im Deutschen Reih 1891. Thierseuchen in den Nieder- landen, November. Desgl. in Dänemark, 2. Vierteljahr. Rinder- pest und sibirishe Pest in Rußland, 2. Vierteljahr. Veterinär- polizeilihe Maßregeln. (Preußen : Regierungsbezirk Osnabrück, Düfsel- dorf, Aachen, Baden, Oldenburg, Bremen). Rechtsprechung. (Land- gericht Landsberg). Behandlung einer Geisteskranken durch Magne- tisiren. Vermischtes. (Preußen). Schlachthäuser. (Australien. Viktoria). Krankenhäuser.

Entscheidungen des NReichsgerichts.

__ Dem Spie lkartenstempel sind, nah einem Urtheil des Neichsgerichts, 11. Strafsenats, vom 30. September 1892, alle zum

Kartenspiel geeigneten Karten unterworfen, auch wenn sie zum Kartenspiel nicht bestimmt sind.

Nach § 288 des Strafgeseßbuchs wird derjenige, welcher bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung in der Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, Bestandtheile seines Vermögens veräußert - oder bei Seite schaft, „auf Antrag des Gläubigers“ verfolgt und mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, IV. Strafsenats, durch Urtheil vom*14. Oktober 1892 ausgesprochen, daß anitragsberchtigt nur derjenige Gläubiger is, von welchem die Zwangsvollstreckung droht.

Kunft und Wissenschaft.

4 Idvard Munch, dessen Bilder bei ihrer ersten Ausstellung im Verein Berliner Künstler so lebhaftem Widerspruch von Seiten eines Theils der biesigen Künstlershaft begegneten, hat jeßt im zweiten Stockwerk des Equitable-Palastes in der Friedrichstraße eine Sonder-Ausfstellung veranstaltet, die außer den an dieser Stelle bereits besprcchenen Werken noch manche beactenswerthe neue Schöpfungen, im ganzen siebenundse{chzig Nummern, umfaßt. Hervorragend sind besonders Munch's Leistungen im Bildniß- fach; er erfaßt die. Persönlichkeit in ihrem innersten Wesen, weiß die ihre Eigenschaften kennzeihnenden Züge mit überzeugender Kraft her- Vor Reben und erzielt troß der Nachlässigkeit der Durchführung eine cinheitlich ges{losfsene Wirkung. Scheinbar interessirt ihn nur das coloristische Problem der Darstellung, wie er denn z. B. ein Frauen- portrât einfach als Studie in „Schwarz und Violett“ bezeihnet; aber für den Beschauer tritt diese Seite der Leistung in den Hintergrund gegen die Wucht ernster, ents{hlossener Charakteristik, die aus diesen érbén Zügen überzeugend uns entgege:.tritt. Man glaubt seinen Menschen auf den Grund der Seele blicken, das Innerste ihres Wesens erkennen zu können; und das alles, ohne daß der Künstler durch irgendwelche Absichtlichkeit verlegt, dur andere Befonderheiten als die dargestellten zu wirken versuht. Plastisch treten aus den in der Nähe gesehen verworrenen Farbenmassen die Formen hervor, Wunderlichkeiten des unruhigen Colorits erklären sich als wohlerwogene Mittel zum Zweck, und die anfangs überraschenden und zum Widerspru reizenden Härten erscheinen bei rihtigem Abstand als kräftige, nothwendige Accente. Solche Kunst kann unmöglich das durch gefällige Linien und sanfte Vermittelung der Farben verwöhnte Auge beim ersten Anblick gewinnen, aber bei längerem Betrachten überzeugt fie umsomehr von ihrer Wahrhaftigkeit. An Munch?s Werken kann man der Reibe nah alle modernen Pariser Malarten sludiren und prüfen. Dies raftlose Ningen nah neuen Ausdrucks- formen hat freilich etwas Nervöses und Gewaltsames an sich, aber niemand, der historish denken gelernt, wird die Keime frischer, verbeißungévoller Entwickelung in solßem Schaffen überschen können. Die Versuche Besnard’s und Zorn's, das Augc der Kunstfreunde für die Neize des Lichtspiels in der Natur, für seine wunderlichen Launen und Widersprüche zu interessiren, haben auch Munch zu neuen Erperi- menten angeeifert. Die neuerdings in Paris heimisch gewordene Malart, welche die Lichtmassen in eine Unzahl fleiner Lichtpunkte und -Flecken zerlegt, erkennen wir in dem „Frühling in Christiania“ wieder, die Zusammensetzung einheitlicher Farbentöne aus zahllosen verschieden- artigen Schattirungen und Refleren demonstrirt das Porträt des Dichters Strindberg, vielleicht in etwas gar zu absichtlicher Weise. Aber all diese mannigfachen Versuche geben nit nur einen Beweis für das unermüdliche Streben des jungen Norwegers, sondern sie können auch als werthvolles Studienmaterial für unsere ein- heimische Künstlerwelt gelten. Schon aus diesem Grunde hätte man Munch's Ausstellung im Architeftenhause begünstigen und dankbar anerkennen follen. Aber auch der Nichtkünstler wird aus dem hier gebotenen Einblick in eine moderne Malerwerkstatt vielseitige und lebhafte Anregung schöpfen, wenn er die überkommenen Anschauungen von fünstlerisher Auffassung der Neubelehrung hintanzuseßen vermag.

Handel und Gewerbe,

Tägliche Wagengestellung fük Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 29. d. M. gestellt 9858, niht rechtzeitig gestellt keine Wagen. Í / In Oberschlesien sind am 28. d. M. geftellt 4269, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

„Bradford, 29. Dezember. (W.. T. B.) Wolle “feft; ruhig; Merinowolle eher s{wächer: Garne stramm; Stoffe unver- ändert.

“S

Verkehrs-Anstalten.

__ In Jtalien sind die aus Anlaß der Cholera für Post- sendungen aus Deutschland erlassenen Einfuhrbeschrän- kungen jeßt aufgehoben worden.

Sendungen nach Jtalien erhalten demgemäß auf dem Wege durch , die Schweiz unbeschränkt, auf dem Wege durch Oesterreich insoweit Beförderung, als ihr Jnhalt nicht unter die in Oesterreich noch bestehenden Durchfuhrbeschränkungen fällt.

: E find in Schweden neuerdings Milderungen der Einfuhrbeshränkungen für Sendungen aus Deutsch- land eingetreten. Danach ist in Schweden jeßt nur noch die Einfuhr von Lumpen allgemein verboten. Die Ein- fuhr von gebrauhtemBettzeug und getrzgenen Klei- dungsstücken “ist in dem Fall gest&ïtet, wenn diese Gegenstände ausschließlich zum persönlichen Gebrauch des Eigenthümers, seiner Familie oder seiner Dienerschaft bestimmt sind; Kunstwolle und sogenannter Shoddy (Wollabfall) darf unter gewissen, von den schwedischen Be- hörden nach Ankunft der Sendungen jeweils festzuseßenden Bedingungen in Schweden eingeführt werden.

æ*

Für die Schiffbarmahung der Felda von Cassel bis Münden ist das Verfahren behufs Enteignung des zum Baue der Scleusenanlagen und Webre erforderlihen Grund und Bodens, \o- weit der Regierungsbezirk Cassel in Frage kommt, fast ganz zum Ab- {luß gelangt, fodaß der Beginn der eigentlichen Bauausführung er- folgen kann, fobald es die Witterung gestattet. Einzelne Hochbauten sind bereits in Angriff genommen und theilweise unter Dach gebracht; mit den Ausschachtungen und der Anschüttung eines Dammes für die Hafenanlage bei Cassel ist begonnen worden.

Bremen, 30. Dezember. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer , Ems“, am 15. Dezember von Neavel abge- gangen, ist am 28. Dezember Nachmittags in New-York an- gekommen. Der Postdampfer „H. H. -Meier“, nah New - York bestimmt, hat am 29. Dezember Vormittags Do ver passirt. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm I1.“, am 17. Dezember von New-Vork abgegangen, ist am 29. Dezember Morgens in Genua angekommen. Der Schnelldampfer „Elbe“ hat am 29. Dezember Nachmittags die Reise von Southamvton nah Bremen fort- gefeßt; er überbringt 243 Pasfagiere und volle Ladung.

Hamburg, 29. Dezember. (W. T. B.) Hamburg - Ame- rikanishe Padcketfahrt-Actien-Gesellshaft. Der Post- dampfer „Morawia“ ist, von Hamburg kommend, gestern Abend in New-York eingetroffen. Der Postdampfer „Borussia“ hat, von New-York kommend, heute Morgen Lizard passirt. Der Postdamper „NRussia*“ is, von New-York kommend, heute Mittag auf der Elbe eingetroffen.

London, 29. Dezember. (W. T. B.) Der Uniondamvfer „Tartar“ is auf der Ausreise heute von Madeira abgegangen. Der Castle-Dampfer „Venice“ is auf der Ausreise gestern in Durban (Natal) angekommen. z

New-York, 29. Dezember. (W. T. B.) Der hier eingetroffene Dampfer „Galileo“ berichtet, er habe am 25. Dezember unter dem 42. Breitengrade und dem 58. Längengrade den überfälligen Damvfer „Umbria“ passirt, der drei rothe Signale, jedoch keine Nothbsignale gezeigt habe.

Theater und Musik.

Bexlinér Dhéatet

In Schillers „Kabale und Liebe“ trat gestern Abend Fräu- lein Ernestine Brand vom Stadttheater zu Darmstadt zum ersten Mal in einem auf Engagement abzielenden Gastspiel als Luise auf. Die junge Dame bringt eine vortheilhafte Erscheinung, ein klang- volles Organ und große Bühnengewandtheit mit. Es “ist zu erkennen, daß sie in fleißigem Studium den von ihr darzustellenden Charakter eifrigst durhdacht hat und auch bemüht gewesen ist, sih in thn hinein- zuleben. Ihre Worte fließen deshalb deutlich und ungezwungen jowie mit richtiger und verständnifivoller Betonung heraus, doch fehlt es an manchen Stellen der Darstellung noch an der erforderlichen Wärme der Empfindung, die gerade in dieser Nolle fo ergreifend wirken kann. Die findliche Liebe zu ihrem Vater und die würdevolle Haltung der Lady Milford gegenüber wußte Fräulein Brand mit Innigkeit und treffend zum Ausdruck zu bringen; bei der leidenschaft- lihen Schwärmerei für den Major von Walter dagegen hâtte tieferes Empfinden hervortreten müssen. Sicherlih ift Fräulein Brand eine Schauspielerin von großer Begabung, die nh nah diefer ersten Probe voraussichtlich in das - bewährte Ensemble des Berliner Theaters leiht hineinfinden wird, worüber be- stimmter jedoch erst nach ihrem Auftreten in anderen Rolleñ geur- theilt werden kann. Im übrigen nahm die Aufführung den bei diesem Kunstinfstitut bekannten glänzenden Verlauf. Fräulein Haverland als Lady Milford und Herr Stockhau fen zeihneten ih durh mustergültige Leistungen aus, die auch durch lebhaften Beifall gc- bührende Anerkennung fanden. An dem Erfolge des pakenden Trauerspiels waren ferner rühmlihst betheiligt Frau Baumeister und die Herren Nollet, Schindler, Suske, Kraußneck und Weiß.

Saal des Architektenhauses,

Die „Freie musikalishe Vereinigung“, die seit den drei Jahren ihres Bestehens unter Leitung des Herrn Philipp Noth den Zweck verfolgt, den Componisten der Gegenwart zur wei- teren Verbreitung ihrer Werke zu verhelfen, veranstaltete gestern ihren sechsten Vortrags- Abend. Ein Quintett (op. 41) für Klavier, Bioline, Viola, Violoncell und Gontrabas von Moritz Scharf, ein sehr klares und sftilvoll gehaltenes Werk, das, den besten Vorbildern folgend, besonders in den beiden leßten Säßen originelle Erfindung erkennen läßt, eröffnete die Reihe der Borträge. Die Herren Hirschberg (Klavier), Hol t- heuer (Violine), Ober holzer (Viola), Noth (Cello) und Clam (Contrabaß) führten dies Quintett mit lobens8werther Hingebung für die Sache aus. Es folgten hierauf vier Lieder von N. Buck, unter denen „Venezia®“ und „Diebstahl“ besonders gefielen, und die von Fräulein Trippenbach (Sopran) vortrefflich vorgetragen wurden. Von zwei Klavierstücken, die der Componist Herr Ser Oer eb Ia, M Ddr eres „Scherzo“ besonders lobend zu erwähnen. Eine Opern-Arie aus „JIrmela“ von F. Neumann zeugte zwar von mclodisher Erfindung, machte jedo mehr den Eindruck eines Liedes. Dies Gesangstück, so- wie cin sehr anmuthiges Lied „Ih glaabe in allen Tagen“ von Handwerg brachte die hier bereits vortheilhaft bekannte Concert- fängerin Fräulein Paghelli treflich zur Geltung. Ganz be- sonders hervorzuheben sind ferner die drei Lieder von B. Wandelt: „OD* stillé dies, Verläángén", „Dex Nawhtvogelsäng* id „Willst du mein sein“, die, von dem Baritonisten Herrn Severin mit klangvoller Stimme und Wärme der Empfindung vorgetragen, lebhaften Beifall erweckten. Den Shluß des Abends naten die sehr originellen s{hwedishen Tänze für Violine und Klavier (op. 63) von M. Bruch, die von Herrn und Frau Holtheuer ausgeführt wurden. Das Programm enthielt noch fünf Lieder für Sopran, die leider wegen der plößlich eingetretenen Heiser- feit des Frl. von Cölln ausfallen mußten.

Am Sonntag geht im Königlichen Opernhause „Der fliegende Holländer" mit den Damen Pierfon und Lammert, den Herren Rothmühl, Stammer, Betz und Lieban in Scene. Im König- ichen Opernhause wird die zehnjährige Wiederkehr tes Todestages Richard Wagners (13. Februar 1893) mit einer besonderen Feier begangen werden. Des Meisters „Rienzi®" geht nah der neu revidirten Partitur

R Ste Et f t Se: z

E E E

T T Mor «ith: Pitt B B A Bera t n tr

v mite f ia