1912 / 100 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Apr 1912 18:00:01 GMT) scan diff

der mir

Präsident gegen den Vorwurf der Lüge nicht {üßt, fo kann i Se

s Beweis für die Wahrheit meiner Behauptung an; wenn id nicht helfen. (Große Unruhe; Ruf rechts: D

er Rufer so

melden! Abg. Peirotes meldet sih; Präsident Ka e mpf ruft den

Abg. Peirotes zur Ord

rdnun g.) bin noch mehr verwundert, daß cs gerade der Abg. Peirotes ist, denn einer seiner engeren Landsleute ist es, auf den ih mi berufe. Auf dem sozialdemokra- tischen Parteitage 1910 hat der Abg. Emmel diese Mitteilung ge- macht. (8 ist auch darüber debattiert und beschlossen worden, die Steuerfrage auf die Tagesordnung des nächsten Partei- tages zu lehn: als es aber soweit war, erschien eine Mit- teilung des Parteivorstandes, daß Vorkehrung getroffen sei, die Frage auf die Tagesordnung eines späteren Parteitages zu se en. Ueber die Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf Kinder und Che- gatien hat allerdings 1906 unser Bre ongenosse Am Zehnhoff einen ntwurf ausgearbeitet, aber dieser Entrourf ist angenommen, sondern abgelehnt worden. Nichts hätte uns gehindert, darauf einzugehen, au kein taktisher Grund dagegen lag vor. Es wax also eine prinzipielle Entscheidung, die die Fraktion fällte. Auch unter den führenden Personen der anderen Fraktionen befanden und befinden e doch zahlreiche Gegner dieser Ausdehnung der Erb- schafts11euer ; erinnere nur an die Erklärungen und Artikel der Abgg. Dr. Wiemer und Dr. Müller-Meiningen. Das alles läßt sh doch niht dur die geradezu verblüffende Mitteilung des leßteren aus der Welt schaffen, daß er gescheiter geworden ser. Seinerseits \priht er jeßt von der Drehkrankheit des Zentrums! Das „Berliner Tageblatt“ hat im Februar 1912 mit großer Offenheit geschrieben, daß der {hwarz-blaue Block unter das ftaudinishe Joh der Erbschaftssteuer gezwungen werden müsse, das sei erst die Krönung der Wahlschlaht vom 12. Januar. Die Erbschaftssteuer wird eben niht aus inneren Gründen, fondern aus politishen Momenten angestrebt. Angesichts der NRiesenübershüsse von 1911, angesichts der Schäßung der Einnahmen und Ausgaben liegt ein Zwang zur Einführung einer neuen Steuer an Stelle der Beseitigung der Liebesgabe niht vor. Jh komme zum Schluß. aps links : So, doch hon ? Der Redner spricht bereits annähernd # Stunden.) Ja, alles muß einmal ein Ende nehmen. Von den neu auferlegten “Lasten muß die Landwirtschaft wieder den größten Teil tragen; sie ist wieder am meisten vor- belastet, sie muß also auch eine Berücksichtigung ihrer be- rechtigten Wünsche erfahren. Die Einberufung der Reservisten und Landwehrleute zu Uebungen darf niht zur Erntezeit er- folgen, diese Uebungen müssea auf eine andere Zeit verlegt werden. Für den Kleinbauern bedeutet es {on sehr viel, wenn er eine Arbeitskraft behält. Ferner bitten wir den Kriegsminister um eine Statistik über die Lieferungen der Landwirtschaft, “wieviel von einzelnen und wieviel von Genossenschaften gekauft worden ist. Auch cine stärkere Berücksichtigung des Handwerks und feine Berufs- genossenshaften ist eine berechtigte Forderung. Ein zufriedener Mittelstand liegt au im Interesse der Militärverwaltung. Die Behandlung der Duellfrage behalte ich mir für die Kommissions- verhandlung vor. Jedenfalls ist die bekannte Kabinettso1 der, wonach derjenige, der sich in Uebereinstimmung mit dem göttlichen Gebot und den Geseßen des Staates nicht duellieren will, nit würdig sein soll, dem Öffizierkorps anzugehören, ein direkter Sblag in das Gesicht des katholishen Volkes. Hier muß unter allen Um- ständen eine Remedur eintreten. Aufgefallen ist mir, daß in der Oeffentlichkeit Prozesse bekannt geworden sind, aus denen man auf eine Zunahme der Soldatenmißhandlung \chließen könnte. Auch darüber bitte ih um Aujklärung in der Kommission. Wir sind ja auf diesem Gebiete vorwärts gekommen, aber die Verwaltung muß darauf hinwirken, daß auch der leßte Rest systematischer Soldaten- mißhandlung aus dem deutschen Heere ausgerottet wird. Die Zukunft des deutshen Volkes ist begründet auf dem Fundament eines christ- lihen Staates und eines christlichen Lebens.

Preußisher Kriegsminister, General von Heerin gen: Meine Herren! Nur zwei Worte! Der Herr Abg. Erzberger hat

der Jnfanterie

selbst gesagt, er behalte sich das Weitere für die Kommission vor, er

hat aber hier betont, daß die Allerh3{ch\ste Order, die gegen Dr Sambeth ergangen ist, als ein Schlag gegen die Gesinnung des fkatholishen Volkes empfunden werde. (Zuruf: Gegen das christlihe Volk!) Dagegen möchte ich Verwahrung einlegen. Die Kabinettsorder sagt ausdrücklich, daß eine ehrengerihtlide Untersuhung, sobald jemand aus religiösen Gründen das Duell ablehnt, niht am Plage wäre, d. h. mit anderen Worten, hier handelt es sih nicht um würdig oder um niht würdig, sondern hier handelt es si ledigli darum: Jemand, der Auffassungen bekundete, wie es der betreffende Herr getan hat, paßt unter den vorliegenden Umständen nicht mehr in die Verhältnisse, in denen er bisher war. (Stürmischer Widerspruh im Zentrum. Abg. Gröber : Unerhört! Große Unruhe.) Ich werde mir erlauben, in der Kom- mission später alles im einzelnen anzugeben. (Zurufe und andauernde Unruhe.)

Abg. Dr. Paasche (nl.): Der Kriegsminister wind aus der Aufnahme, die seine Worte gefunden haben, ersehen, wie wenig er das Empfinden des deutshen Volkes getroffen hat. ch will mich dann mit einigen Worten mit der Art der Deckung beschäftigen, wie sie vorgeschlagen ist. Der Abg. Erzberger hat auf die Uebershüsse in Höhe von 230 Millionen Mark hingewiesen. Wenn man aber bedenkt, daß in diesen 230 Millionen noch 217 Millionen Mark Anleihe stecken, so erhält man höchstens einen ÜUebershuß von 13 bis 14 Millionen. Der Staatssekretär hat da sehr recht, wenn er die Finanzlage als nicht erade sehr rosig ansieht. Wenn wir so verfahren, wie der Abg. Erz- erger vorschl|ägt, werden wir dann wirklih im nächsten Jahre ohne Anleihe auskommen ? Wenn man das alles betrachtet, so muß man sagen, daß das keine Grundsäße sind. Das ist keine solide Finanzpolitik. Der neue Staatssekretär Kühn hat seinem Amtsvorgänger hohe Anerkennung gezollt und erklärt, daß er dessen Grundsäße nicht verlassen wolle. Er hat es aber dech getan. Auch darin stimmen wir ihm zu, daß die Budgetkommission sich immer das Recht enommen habe, Einnahmetitel herauf- oder herabzus. en. Es fragt d nur, ob man bei der Festseßung der Einnahmen zu optimistish oder zu pessimistish vorgegangen ist. Nicht {chôn war es von dem Abg. Erzberger, nahträglih an dem Amtksvorgänger des jeßigen Schahsekretärs eine so scharfe Kritik zu üben, indem er sagte, Wermuth «i durchaus nicht die Zahlenautorität, als die ihn jegt eine gewisse Presse hinstellen möhte. Das haben wir nie behauptet, und das hat auch Wermuth nicht beansprucht. Jedenfalls hat sich der Staatssekretär Wermuth als ein tceuer und zuverlässi er Hüter der Reichsfinanzen erwiesen, er hat eine Gesundung und Sanierung der Finanzen herbei- geführt, was leider seinen Amtsvorgängern niht möglih war. Sollten die Schäzungen des jeßigen Schaßsekretärs sih als richtig erweisen, so werden wir uns nicht genieren, die Konsequenzen daraus zu ziehen. Jedenfalls sind solhe Schäßungen immer sehr unsicher, mit Wenns und Abers verbunden. Wenn der Abg. Erzberger gemeint hat, def von 45 Millionen Steuern 25 Millionen Besißsteuern wären, so ist doch zu Nen, daß es sih bet diesen viel mehr um den Verkehr belastende als um eigentliche, a, M Ai handelt. Sn der Budgetkommission können wir die Militärvorlagen nur unter dem Eesichtépunkte beraten, taß auh in bezug auf die Deckckungsfrage über den leßten Groschen Klarheit geschaffen wird. Die Frage, ob die Aufhebung der Liebesgabe berechtigt ist, bedarf einer eingehenden sahlihen und fahmännishen Prüfung. Schon deshalb gehört diese Sache in eine besondere Kommission, nicht in die Budgetkommission. Daß wir in bezug auf die Liebesgabe unsere ltung geändert haben, ist unihtig. Für Wahlflugblätter ind wir nicht verantwortlih. Wir stehen genau auf dem- selben Standpunkte wie früher, wir wollen die Beseitigung der

vom Zentrum nit .

esagt: wenn

Liebesgabe. uf der anderen Seite haben wir uns O onjums ein-

die Liebcs,abe fällt, dann wird eine Belafiung des treten, wie a der Abg. Kreth die Meinung ausgesprochen hat, daß _die ganze ferenz auf den Preis geschlagen werden würde, Die Frage ist nun allerdings, ob nah dem Port der Spannung von 20 # die Preibsteigerung eine starke Beschränkung des Konsums zur Folge haben wird; unter Umständen kann die Verteuerung des Trinkbranntweins geradezu zu einer drückendea Belastung des Konsums werden. Diese ernste Frage bedarf raue Prüfung. Auch die Betriebsauflage is ein Bd zu den Konsumtionskosten. Eine ruhige und gründlihe Prüfung fann nnr in einer besonderen Kommission stattfinden ; au der Abg. Erzberger sollte feine Bedenken dagegen fallen lassen. Diese Spezialkommission kann sehr wohl neben der Budgetkommission ihre Arbeit erledigen. Wir sind also bereit, mitzuarbeiten; uns liegt vor. allen Dingen daran, die Opfer, die ebraht werden müsscn, auf die Schultern zu kegen, die sie am esten O Fönnen. Wir denken auch nicht daran, dem Volke mit Gewalt eine neue Steuer aufzubürden, aber die. 14 bis 16 Millionen, die höchstwahrscheinlich aus der Liebesgabe nur aufkommen, deen längst niht den wirklihen Bedarf. Hätten wir eine reine Besiß- steuer, wie es die Erbschaftssteuer ist, dann würden die allgemeinen Interessen des Reichs besser gewahrt sein. Die Erbschaftssteuer hat ihre Schwächen so gut wie jede andere Steuer, das ist zuzugeben; aber das Streben, eine sozial ausgleihende Steuer zu schaffen, is nur auf diesem Wege zu erreihen. Darum wäre es uns auch lieber gewesen, die Regierung hätte eine Erbschaftssteuer vorgeschlagen, die 60 bis 70 illionen gebracht hätte; der Etat wäre dann nicht so blutleer gemacht worden. Wir unser- seits haben feine Veranlassung, se in Vorschlag zu bringen. Wir hoffen, daß es auch mit den Deckungsvorschlägen der Regierung geen wird, geht es damit nicht, so wird die Eventualität neuer teuern von selbst in den Vordergrund treten. Ueber das Bedürfnis einer weiteren Stärkung unserer Wehr und Waffen besteht für uns fein Zweifel. Die genaue Prüfung im einzelnen müssen wir uns vor- behalten und lassen uns auch nicht „vom Abg. Erzberger auf die be- schränkte Lehre vom beschränkten Untertanenverstande verweisen, wonach das von der Regierung Geforderte für uns unbedingt das Maximum zu sein hat. Der Flottenverein hat do auch seine großen Verdienste. Er hat Verständnis und Mean über die Flotte weit hinein in das deutshe Volk getragen. nd auch der nèu- gegründete Wekhrverein, dessen stellvertretender Vorfißender ih bin, hat scine Berechtigung und geht den rechten Weg der Aufklärung des Volkes über die Gefahren, die ihm durch die Nüstungen der fremden Staaten drohen. Alle diese Bestreburgen solcher Verbände liegen, wenn sie sich in berehtigten Grenzen halten, im vaterländischen Interesse. Das Ausland wird aus den Wehr- vorlagen und ihrer Annahme erkennen, daß das deutsche Volk \tark ist und stark sein will, daß es sich von den großen Zielen seiner Politik nicht abwendig machen läßt, die notwendig heute eine Welt- politik sein m Wir müssen sie treiben können und müssen dazu auch die Mittel haben. Um 63/4 Uhr wird die Fortseßung der Beratung auf Donnerstag 1 Uhr vertagt. Außerdem Jnterpellation Bassermann, betreffend die Ausführung des Jesuitengeseßes.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

55. Sißung vom 24. April 1912, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Das Haus Ls unächst die erste Beratung des Geseg entwurfs, Tretend die Anlegung von Spar kassenbeständen in Jnhaberpapieren, fort.

Minister des" nnern Dr. von Dallwißgt:

Metne Herren! Post erste Mitglied dieses hohen Hauses, welches gestern gegen bie y riagé das Wort ergriffen hat, Herr Abg. Nein- hard, hat sich im “desentlihen den Standpunkt zu eigen gemacht, den auch die Mehrzahl der Gegner des“ Entwurfs im Herrenhause ver- treten hat, nämlih daß für die Einbringung des Gesetzentwurfs bei der Staatsregierung maßgebend gewesen set der finanzpolitishe Cffekt, der Zweck, den Kursstand der Staats- und Reichspapiere zu erhöhen. Er ist zu meiner Freude nicht so weit gegangen, wie das von einer Seite im Herrenhause geschehen ist, wo behauptet worden war, daß der Gesihtépuukt der Äquidität der Sparkassen rein nebensächlicher Art sei und nur aus dekorativen Gründen in dieses Gesey aufge- nommen worden sei. Im übrigen hat er sih aber im wesentlichen, soweit ih seinen Ausführungen habe folgen können, diejenigen Ein- wendungen zu eigen gemacht, die auch, im Herrenhause aus finanz- politischen Gründen gegen den Entwurf geltend gemacht worden sind.

Sie gipfelten in der Hauptsache darin einerseits, daß es mißlich, nicht angemessen, nicht gerechtfertigt sei, wenn der Staat durch Gesetz auf die Sparkassen einen Zwang ausübe, bei der Anlage ihrer Be- stände Staatspapiere anzukaufen, solange diese Papiere in gleicher Weise wie andere Effekten Kurs\{chwankungen ausgeseßt seten. Anderer- seits liefen sie darauf hinaus, daß der finanzpolitishe Zweck der Vorlage nicht erreiht werden könne, weil erstens der Betrag von s{häßungs- weise 60 Millionen Mark, der alljährlih an Konsols uud Reichs- effekten aus dem Markte genommen werden würde, niht ausreichend sei, um eine Aenderung des Kursstandes herbeizuführen, und weil zweitens besonders in kcitishen Zeiten die Sparkassen infolge des an sie herantretenden Geldbedarfs gezwungen sein würden, thren Effekten- besiß zu veräußern, und gerade dadurch einen besonderen Druck auf die Staatépapiere ausüben würden, zu einer Zeit, wo dem Staate daran am wenigslen gelegen sein könne.

Meine Herren, soweit diese Einwendungen finanzpolitischer Art sind, möchte ih mi zunächst enthalten, darauf einzugehen, weil dies demnächst von besser berufener Seite geshehen dürfte, sodann aber auch deshalb, weil die Annahme, daß für die Staatsregierung bei der Einbringung dieses Gesetzentwurfs der finanzpolitische, der fiskalische Effekt in erster Reihe maßgebend gewesen sei, tatsählich un- zutreffend ist.

Ich glaube, zur. Begründung dieser Behauptung anführen zu dürfen, daß der Entwurf niht wie vor 6 Jahren im Finanzministerium ausgeacbeitet, auch nicht vom Finanzministerium angeregt worden ift, fondern daß die Anregung zu dem Entwurf und seine Ausarbeitung auf die Jnitiative des Ressorts des Innern erfolgt ist, ‘und zwar aus folgenden zwei Gründen: weil das Ressort des Innern sich überzeugt hatte, daß die unausgeseßten Bemühungen der Aufsichtshehörden in den leßten 6. Jahren, bei denjenigen Sparkassen, die in Bezug auf thre Liguidität - rückständig waren, eine Besserung der Verhältnisse herbeizuführen, erfolglos geblieben waren, daß sogar das Gegenteil eingetreten war, wie sh aus der Begründung -ergibt, worin Sie aus- geführt finden werden, daß der Durchschnittsbesiß an mündelsicheren Papieren in den leßten 6 Jahren, d. h. in den Jahren 1904 bis 1910, herabgegangen war von etwas über 279% der Bestände der

Sparkassen auf 24 und einen Bru@teil Prozent, mithin um rund 39/9.

Es war mithin niht nur der gewünschte E:folg nit eingetreten, sondern tas Gegenteil.

Sotann aber zweitens, weil mit der Steigerung der Einlagen der Sparkasse die Verantwortung der Aufsihtsbehörden und der Staatsregierung dafür, daß die Sparkassen nah wie vor den Sparern volle Sicherheit gewähren, in der Zunahme begriffen ist, weil für die Staatsregierung meines Dafürhaltens angesichts der Tatsache, daß dag

Sparkassenwesen in den leßten Jahrzehnten einen ungeahnten Aufshwung .

genommen hat, daß die Einlagen in den Sparkassen von 400 und einigen 70 Millionen Sie finden die Zahlen Scite 11 und 12 der Be. gründung sich jegt auf 11. Milliarden, also um das 22fache erhöht haben, die Verantwortung für die Sicherheit und Liquidität dieser Bestände gewiß außerordentlich gestiegen ist und die Staatsregierung garnicht in der Lage ist, dem noch länger zuzusehen, daß Miß stände, wie sie sich tatsählich bei einer niht ganz unbeträchtl!chen Anzahl von Sparkassen gezeigt haben, fortdauern und sich noch weiter entwickeln können. Jch will nur darauf hinweisen, daß 70 Sparkassen ja überhaupt noch keine Inhaberpapiere besißen (hört, hört! im Zentr.), sondern ihre Anlagen fast aus\{ließltkch auf den Realk-edit basiert haben, daß bei 300 Sparkassen der Besißstand an Inhaberpapteren jedenfalls ganz unzureichend ist, da er vielfa nicht über 5 9/0, in einzelnen Fällen niht über 10 9/6 des ganzen Besig- standes hinau8geht.

Nun hat Herr Abg. Schrocder gestern gefragt, welcher Art denn die Bemühungen der Aufsichtsbehörden gewesen seien, die rüständigeu Sparkassen in friedfertiger Weise zu einer Aenderung ihrer verfehlten Anlagepolitik zu bewegen. Meine Herren! Jh brauhe wohl auf die zahlreichen Einzelerlasse, die nah dieser Richtung ergangen sind, hier nit weiter einzugehen. Jh möchte aber ausdrücklih darauf hinweisen, daß zwei allgemeine Runderlasse einer im Jahre 1908 und einer im Jahre 1911 ergangen sind, in denen den Sparkassen gewisse Vergünstigungen für die Verwendung ihrér Uebershüsse zu gemeinnützigen Zwecken geboten worden sind, falls sie den Wünschen der Aussichtsbehörden in bezug auf die Liquidität ihrer Anlagen in etwas weitergehendem Maße nachzukömmen si bereitfinden ließen. Tatsache ist, -daß dieses Entgegenkommen zwar von etwas über 200 Sparkassen, jedenfalls niht von einer allzu großen Zahl, benußt worden ist niht aber etwa von dvenjenigen, bei denen es besonders notwendig war, von den westlihen und den s{leswig-holsteinischen Sparkassen, sondern von Sparkassen im Osten, die ja mit ihrer Uquidität auch im Nükstande waren, deren Verhältnisse aber doh niht derart waren, daß von Aufsichts wegen dagegen hätte ein- geshritten werden müssen.

Ich möchte noch erwähnen, daß natürtkih auch die provinziellen Aufsichtsbehörden aus eigener Jnitiative nah diefer Nichtung das Jhrige getan haben, und \chließlich noch mitteilen, daß auch der Referent für Sparkafsenangelegenheiten im Ministerium des Junnern im Jahre 1910 eine eingehend? Besprehung speziell mit Vertretern des \chleswig-holsteinishen Sparkassenverbandes gehabt hat, um ihnen die Ueberzeugung beizubringen, daß eine Erhöhung der Liquidität in SwWhlesw!g-Holstein unbedingt notwendig sei, wenn anders die dortigen Sparkassen in s{hwierigen Zeiten den an sie eventuell herantretenden Anforderungen gerecht zu werden in der Lage sein wollen. Der Erfolg einer langstündigen Unterhaltung mit etwa 25 Herren war der, daß sie alle. erklärten, an ihren Verhältnissen könne nichts geändert werden, daß aber, um eine- bessere Liquidität herbeizuführen, eitens der Staatsregierung doch angestrebt werden möge, daß auf geseßlihem Wege die Lombardierungspfliht der Reichsbank auch auf Hypo- thekenbriefe ausgedehnt werde. (Hört! hört! und Heiterkeit ) íSImmerhin liegt ja darin ein Eingeständnis, daß eine Besserung der Verhältnisse in Schleswig-Holstein notwendig is. (Sehr richtig! rechts.) Der vorgeschlagene Weg wird aber, wte mir, glaube ich, alle anwesenden Herren bestätigen werden, die fich mit Sparkafsen- und Finanzwesen näher befaßt haben, als ungangbar bezeichnet werden müssen.

Nun, meine Herren, ist ja gestern auch ausgeführt worden, daß Sparkassen, denen hundert Jahre lang nichts passiert sei, für ewige Zeiten immun seien, daß also bei ihnen eine Aenderung nicht not- wendig sei. Ja, meine Herren, speziel für Schleswig-Holstein, worauf {ih das wohl bezieht, weil dort die Sparkassen zum Teil älteren Datums sind, allerdings nicht als eigentlihe Sparkassen, sondern als kleine Privatsparkassen, oft in sehr beshränkter- örtliher Tätigkeit, läßt fich daraus doch insofern kein Schluß ziehen, als beispielsweise im Jahre 1866 in Schleswig-Holstein überhaupt nur 55 öffentliche Spar- kassen existierten, heutzutage 137, also mehr a!s das Doppelte. Dann möchte ih darauf hinweisen, daß damals die Höhe der Einlagen au erheblih niedriger war als heute. Denn es ist Tatsache, daß im Sahre 1866 die Einlagen in ganz Preußen nicht über 471 Millionen hinausgingen, und daß heute im Jahre 1910 die Einlagen allein in Schleswig-Holstein weit höher sind als damals in der ganzen preußischen Monarchie. Sie werden mir zugeben, daß man unt r diesen Umständen heute mit den Verhältnissen von vor 50 oder 100 Fahren nicht wird rechnen können und sich vielmehr zur Ec kenntnis wird durhcingen müssen, daß manche Aenderung notwend:g sein roird und daß Auffassungen und Maßnahmen, die vor 100 od-r 50 Jahren vielleiht noch am Plate gewesen sein mözen, heute nicht mehr am Plage sind.

Nun hat Herr Abg. Reinhardt vor allen Dingen an di? Spitze seiner Ausfuhrungen über das Sparkassenwesen selbst den Saß gestellt, daß deren Liquidität ja überhaupt nicht dingend notwendig sei. Er hat ausgeführt, daß es bei Runs \{ließlich nicht darauf an- komme, die Leute zu befriedigen, man müsse sie, soweit ihre Forde- rungen an gewisse Kündigungsfristen gebunden seien, auf die Einhaltung dieser Fristen verweisen, und im übrigen würden sih ja immer no) Mittel finden lassen, die Sparer, wenn au nicht gleich, jedenfalls in absehbarer Zeit zu befriedigen; jedenfalls würde cin Verlust ihrer Beträge ausgeschlossen sein. Er [hat ferner ausgeführt, in gewisse! Gegenden würde ja vielleiht eine höhere Liquidität am Plate seln, weil dort die Sparer leiht erregbar seien, der Nationalcharakter dahin gehe, alle Sachen tragisch zu nehmen und sofort alle Einlagen zurü: zuziehen, . wenn irgendwelhe Wolken am Horlzont sih zeigen, daß das aber gerade in den Provinzen, wo die Liquidität sehr gerind sei, in Schleswig-Holstein und Hannover, uicht zu befürchten stehe, weil dort die Bevölkerung ruhigen Charakters sei (Heiterkeit) und vielleicht folhe Anstürme gegen die Sparkassen überhaupt nich! unternehmen werde. Diese Spekulation auf persönlihe Momente, auf den Charakter der Bevölkerung in einzelnen Gegenden scheint mik do etwas vage zu sein, und ih glaube au, daß Herr Abg. Rein

udérs wichtig sei, doch sehr. vereinzelt dastehen dürfte. (Sehr rihtig!

oyarfassenverbandes in diesem Punkte mit ter Regierung Hand in

| vird verzichten können, und daß, wenn das Abgeordnetenhaus eventuell,

i erhalten. Nun hat aber der Abg. Reinhardt gleichfalls, und zwar

„ot mit seiner Auffassung, taß die Liguidität an fich nicht be- Fcch kann darauf hinweisen, daß ja auch der Vorstand des

and geht, ledigli gegen den Zwang sich aufgelehnt, andererseits | er anerkannt hat, daß die Verhältnisse, die teilweise in Hannover, teilweise auch in Westfalen, der Nheinprovinz und Schleswig-Holstein gestehen, tatsächlich niht gut haltbar seien; er gibt \sich nur

immer der Hoffnung hin, daß eventuell im Weg? der seberredungékünste und der Güte diese Verhältnisse geändert n könnten. Nun, meine Herren, wenn bei einem Run eine Sparkasse die Anforderungen der Sparer, die ihr Guthaben teils aus Ingst, teils zu wirklihem Bedarf abheben wollen, nit befriedigt, dann erleidet der Nimbus der Sparkasse eine derartige Cinbuße, (sehr richtig!) wird eine derartige Diskreditierung nicht bloß dieser einzelnen Sparkasse, sondern auch des ganzen Sparkassenwesens ein- treten, daß wir dann eine Nevolution in unserm ganzen Sparkassen- wesen erleben können (sehr richtig!), die do füglich besser zu ver- meiden sein würde.

Meine Herren! was den Nationalcharakter anbetrifft, so möchte ih doch darauf hinweisen, daß au gar nicht die Frage der Nuns allein die Liquidität zu einer conditio sine qua non s\tempelt, soadern daß bei ernsten Situationen, ih seße den Fall ¡h will hier nicht darauf eingehen einer Mobilmachung, der doch s{li-ßlich nicht gänzlich außerhalb des Bereihs der Mög- lihfeit liegt, ein wirkliher Notbedarf zu decken ist, der zur massen- haften Zurückziehung von Sparginlagen führen muß. Da werden ungefähr 2 Millionen Menschen ihren Familien, ihren bisherigen Verhältnissen, ihrer Beschäftigung entzogen. Es handelt ih darum, daß diese Leute dann die Auslagen, die ihnen im Moment der Mobil- mung entstehen, bezahlen wollen. Sie brauchen Geld, es ist nicht Angst vor wirtschaftlichen Verlusten, sondern es ist das Bedürfnis zah dem augenblicklichen Besize genügender Geldmittel, um den an sie herantretenden Anforderungen gerecht zu werden. Ferner, meine Herren! müssen für die cingezogenen Wehrmänner Knechhte angenommen werden zur Fortführung der Wirtschaft ; auch hierdurch entstehen Kosten, ¡u deren Deckung die Einlagen bei den Sparkassen in Anspruch ge- roinmen werden müssen. Es sind also nicht bloß vorübergehende, 418 Angst hervorgerufene Momente, die zu einer Abhebung von Spar- {assengeldern in solchen Momenten führen, sondern es ift ein dauernder Notbedarf, der nicht so ohne weiteres befriedigt werden fann.

Nun, meine Herren, ih glaube, daß es demgegenüber die Pflicht der Staatsregierung ist, Ihnen Vorschläge zu machen, die sie für ge- eignet hält, eine Besserung bei rückständigen Sparkassen herbeizuführen, und ih fann nur das wiederholen, was auch von Seiner Exzellenz dem Herrn Präsidenten von Dombois im Herrenhause ausgeführt worden i, daß die Negierung auf Maßnahmen nah dieser Nichtung hin nicht

werde

was ih nit hoffe, zu einer Ablehnung der Vorlage kommen follte, die Regierung dann jedenfalls im Aufsichtswege, soweit ih irgend- weldhe Mittel bieten, zwangsweise gegen die Sparkassen zur Ver- mehrung ihrer Liquidität wird vorgehen müssen. (Hört! hört! im Zentrum.) Ich glaube, daß das für die Sparkassen viel empfindlicher sein wird als eine geseßlihe Regelung in der Fassung der Vorlage.

Meine Herren, bedeutsamer als die Einwendung, daß die Liqui- dität der Sparkassen an sich niht unbedingt notwendig sei, sheint mir der weitere und au von Herrn Dr. Schroeder, wenn ih ihn richtig verstanden habe, geteilte oder jedenfalls zur Sprahhe gebrahte Ein- wand zu sein, daß unter Umständen die Sparkassen genötigt sein würden, bei schweren Krisen ihre Bestände zu veräußern, weil die Reichsbank nicht in der Lage sein würde, die lombardfähigen Papiere in vollem Umfange zu lombardieren. Was zunächst vorübergehende Runs und derartige Dinge anbetrifft, so, glaube ih, wird nach der Richtung kein Zweifel obwalten können. Es wird sich in der Hauptsaße darum handeln, ob im Laufe eines etwa länger an- dauernden Kriegszustandes die Reichsbank nah dieser Richtung würde versagen können. Der Herr Abg. Dr. Schroeder hat {hon erklärt, daß er nähere Au!klärungen über diesen Punkt von der Kommissions- ve:handlung erwartet. Auch ih möchte betonen, daß es mißlih sein würde, hier in diese Details einzugehen, daß ich mich daher nur darauf beschränken will, darauf hinzuweisen, daß der Präsident der Reichtbank, eine meines Erachtens nah dieser Richtung hin autoritative Persönlichkeit, wiederholt die Erklärung abgegeben hat, daß die von den Sparkassen in Mobilmachungsfällen zur Lombardie- rung eingesandten staatlihen und Neichseffekten von der Reichsbank unter allen Umständen honoriert werden würden. (Hört! hört ! bei den Nationalliberalen.) Die Maßnahmen, die dazu führen können, werden, wie gesagt, demnächst bei den Kommissionsverhandlungen wber erörtert werden können.

Meine Herren, ih möchte bei diesem Anlaß au auf ein Bei- \viel hinweisen, das ziemlich aktuell ist und nicht ganz der Lehr- haftigkeit für unsere Entschließungen entbehrt, nämlich auf die Ver- hältnisse, wie sie jeßt momentan gerade in Italien vorliegen. Bekanntlich die meisten der Herren werden darüber auch orientiert sein haben die Sparkassen in Italien die überwiegende Mehrzahl ihrer Bestände“ in italienishen Rentenpapieren, in staatlichen Mpieren angelegt; in Hypotheken dürfen die dortigen Sparkassen überhaupt nur ein Sechstel ihrer Bestände anlegen. Nun hat Jtalien jeßt seit sieben Monaten einen Krieg zu führen, der zwar iht gerade an den Lebensnerv des Staates heranreicht, ihm aber doh außerordentliche wirtschaftliche und finanzielle Aufwendungen auferlegt und wirtschaftliße Störungen herbeiführt, die wohl in der age sein könnten, den Kursstand der Staatspapiere ungünstig zu

becinflussen. Die Wirkung des reichlichen Staatspaplerbesißes der

italienishen Sparkassen ist indessen die, daß jeßt nach sieben Monaten die italienishen Konsols immer noch annäherd 7 9/6 höher stehen als die meines Dafürhaltens weit besser fundierten deutschen Reichspapiere und Konsols.

Nun ist Herr Abg. Reinhardt gestern in seinen Ausführungen ganz besonders auf die vermeintlichen positiven Schädigungen ein- gegangen, welche das Geseg für die Sparkassen im Gefolge haben würde. Er hat da in erster Reihe, soweit ih ihn habe verstehen fönnen, ausgeführt, daß Zinsverluste für die Sparer eintreten würden, weil die Sparkassen, wenn sie weniger lukrative Effekten, mündel- sichere Papiere, kaufen müssen an Stelle von Hypothekenanlagen, auch niht in dec Lage sein würden, den Zinsfuß in der bisherigen Höhe

daß die Zinstreiberei der Sparkassen untereinander ein Mißstand sei,

(fehr rictig!), dem die Staatéregierung unbedingt entgegentreten

müsse; wie die Staatsregierung das tun solle, hat er niht ausgeführt.

Ich glaube, daß da mangels geseßliher Bestimmungen do große

Schwierigkeiten hervortreten würden. Wenn dieses Geseh aber über-

haupt eine Herabsezung von Einlagezinsen herbeiführen sollte, was

doch nur in ganz beschränktem Umfange der Fall sein wird, wird es

naturgemäß gerade diejenigen Sparkassen treffen, welhe jeßt durch

gewaltsame Zinserhöhungen versuchen, anderen folide bestehenden

Sparkassen illegitime Konkurrenz zu machen, und die, um das zu er-

reichen, nicht den Lokalrealkredit befriedigen, sondern in weit abgelegene

Gegenden gehen und dort zu möglichst hohem Zinsfuß Hypotheken

erwerben, um ihrerseits ihren Zinsfuß, den fie den Sparern gewähren

wollen, zu erhöhen und die anderen lokalen Sparkassen in der Gegend

zu übertrumpfen. Ein solches Verfahren hat zweifellos schwere Be-

denken. Einerseits wird dadur der Realkredit geschädigt, denn die Hypothekennehmer werden durch das Bestreben der Plusmacherei von

Sparkassen, die \ih gegenseitig den Rang abzulaufen suchen, mit zu hohen Zinsen belastet, da die Sparkassen, die besonders hohe Zinsen zahlen wollen, ihrerseits auch hohe Zinsen von ihren Schuldnern \ich ausbedingen müssen. Es wird mithin gerade der minderbemittelte ländlidie und städtishe Besitzerstand, es werden die produ- zierenden Schichten, die an die Sparkassen aus kleineren Kreisen herantreten, durch die Zinstreibereien bei dem Ein- lagezinsfuß geschädigt. Die Erhöhung überträgt \sich auf weitere Verhältnisse, sie drückt auf den Kursstand, sowohl der städtischen wie auch der staatlichen Papiere und stellt sich dadurch im Endeffekt als ein Geschenk an die wohlhabenden Schichten dar, zu ungunsten derer, die den Kredit in Anspru nehmen, und sich Geld borgen müssen, um ihr Durchkommen zu finden.

Nun ist aber tatsählich garniht daran zu denken, daß eine sehr wesentlihe Beeinflussung des Zinsfußes der Sparkassen dur die hier vorgeschlagene Maßnahme erfolgen könnte. Jh möchte zunächst darauf hinweisen, daß die sämtlihen bestehenden Auskleihungen weiter bestehen bleiben, daß niht eine Hypothek gekündigt zu werden, daß nicht bei einer Hypothek der Zinsfuß ermäßigt zu werden braucht, sondern daß die ganze Maßnahme nur pro futuro wirken soll, nur insoweit, als ein verhältnismäßig ge- ringer Bruchteil des jährlihen Ueberschusses, des Vermögens- zuwachses, statt wie bisher bei einzelnen Sparkassen zu neuen Anlagen aus\chließlich in Hypotheken verwendet zu werden in mündelsiheren Effekten angelegt werden soll, und zwar handelt es sich nur um 25 bis höchstens 3590/6 dieses jährlihen Zuwachses. Also nur für die Zukunft wird eine geringe Verschiebung ganz all- mählich nah der Richtung hin herbeigeführt, daß der Zustand, der doch wohl von allen Sachverständigen als der wünschenswerte an- erkannt wird, erreicht wird, daß ein gewisser Prozentsaß des Spar- kassenvermögens, der zur Liquidität der Kasse notwendig ist, in mündel- sicheren Papteren statt in Hypotheken angelegt sein wird.

Sie finden auf Seite 17 der Begründung ein praktishes Beispiel. Es ist da zu Grunde gelegt, daß eine Sparkasse mit einem Einlage- bestande von 6 Millionen in Zukunft einen entsprehenden Bruchteil ihres Vermögenszuwachses in Effekten wird anlegen müssen, und da stellt sich heraus, daß die Mindereinnahme an künftigen Zinsen, nicht etwa an jeßigen Zinsen, sih pro Jahr auf 270 4 höchstens beläuft, gegenüber einem Jahresübershuß von 36 000 4. Diese Zinsenabnahme fällt in der Tat nicht in das Gewicht.

Die zweite Schädigung, die für die Sparkassen aus diesem Geseß von dem Herrn Abg. Reinhard erwartet wird, bezog sich darauf, daß der Realkreditbedarf innerhalb des Sparbezirkes künftighin niht mehr in wünshenswertem Maße würde erfüllt werden können. Jch glaube, auch das ist nicht zutreffend, denn, wenn Sie Seite 36/7 der Begründung nachsehen, werden Sie finden, daß von ungefähr 62 Milliarden in Hypotheken angelegter Sparkassenkapitalien nur 4 Milliarden innerhalb des Garantiebezirkes angelegt find, daß mithin 24 Milliarden Sparkassenkapitalien außerhalb des Garantie- bezirkes in anderen Kreisen und Provinzen, zum Teil in anderen Bundesstaaten, angelegt sind, 7. daß daher der etwaige Geldbedarf für Vermehrung des Inhaberpapierbesißes in Zukunft {on dadurch ge- wonnen werden könnte, daß man die auswärtigen Hypotheken- beleihungen einshränkt. Ich glaube mithin, daß die Befürchtung, daß nach dieser Richtung die Kunden der Sparkassen innerhalb des Garantiebezirkes geshädigt werden könnten, nicht zutrifft.

Bei der Frage der Herabseßung des Zinsfußes habe ih vergessen, darauf hinzuweisen, daß Herr Reinhard noch meinte, es wäre not- wendig, daß die Sparkassen einen reht hohen Zinsfuß gewährten, weil sonst die kleinen Sparer zu leiht der Versuchung anheim fallen würden, auf Anregung von Agenten der Banken ihre Papiere in exotishen Werten anzulegen. Die Spielwut, die Spekulationsfucht des Publikums wird man, glaube ih, niemals vollkommen unterbinden fönnen. Wenn aber bis jeßt die Sparkassen im großen und ganzen glücklicherweise derartigen exotischen Anlagen seitens der kleinen Sparer vorgezogen worden sind, so beruht das einerseits darauf, daß das Geld in unmittelbarer Nähe angelegt wird? daß der kleine Sparer das Vertrauen hat zu den? ihm bekannten Persönlichkeiten des Vor- standes der Sparkasse, daß sie seine Ersparnisse gut anlegen werden, und daß er das Gefühl hat, daß er jederzeit ohne Schwierigkeiten und Verluste in den Besiß der von ihm der Sparkasse anvertrauten Er- sparnisse gelangen kann, während bei den exotisen hochverzinslichen Papieren dies Vertrauen in der Regel fehlen wird. Es ift dagegen nit gut möglich, daß die Sparkassen eine Konkurrenz in bezug auf die Höhe des Zinsfußes exotischer Wertpapiere machen; denn so hohe Zinsen, wie derartige Papiere sie gewähren, werden die Sparkassen den Sparern nicht - gewähren können. Das Interesse des Sparers erfordert, daß seine Einlagen durhaus sicher angelegt sind, und daß er das Vertrauen hat, daß er feine Einbuße an seinen Einlagen erleiden werde, und daß er jederzeit, wenn er das Geld braucht in den Besitz desselben in vollem Umfange gelangen werde, und das ist nur mögli, wenn eine entsprechende Liquidität der Sparkassenbestände herbeigeführt wird.

Nun ist der letzte Gesichtspunkt, der als eine besondere Schädigung der Sparkassen von dem Abg. Reinhard bezeihnet worden ist, die Möglithkeit, daß Kursverluste entstehen könnten, die allerdings nicht ganz ausgeschlossen ist. Jh möchte darauf hinweisen, daß diese etwaigen Kursverluste, die bei mündelsicheren Papieren und bei anderen Effekten genau so wie bei Staatspapieren eintreten können, in der Praxis nur buchmäßiger Art find, daß sie die Sparer nicht

Verwendung von Uebershüssen zu gemeinnüßigen Zwecken würden beschränken können. Derartigen Kursverlusten gegenüber pflegen aber mindestens alle größeren Sparkassen sich dur besondere Kursreservefonds zu {ützen, sodaß nah dieser Richtung hin natur- gemäß Kursverluste, die sih ja in einem Jahre wieder auszugleichen pflegen, auf die Verwendbarkeit der Uebershüsse zu gemeinnützigen Zwecken nicht einzuwirken vermögen. Es ist aber au bei anderen Sparkassen in dieser Beziehung bereits insofern Vorsorge getroffen, als seitens der Aufsichtsinstanz nachgelassen i}, daß Kursverluste auf den Reservefonds insoweit angerechnet werden können, als dieser Neservefonds 5 %/% der Einalagebestände erreicht. Jn diesem Fall wird also eo ipso eine Verminderung der verwendbaren Ueberschüsse auch bei Kursverlusten nicht eintreten.

Meine Herren, ih. mêchte dann noch darauf hinweisen, daß Sparkassen, wenn sie sehr vorsichtig sein wollen, gerade kei Staats- papteren die Möglichkeit haben, fich vor Kursverlusten dadurb zu {üyen, daß sie die in Höhe von etwa einer Milliarde um- laufenden fkurzfrisligen Schaßanweisungen kaufen, wobei sie vor Kurésverlusten nah mens{chlichem Ermessen geschüßt find, es müßte denn sein, daß der Staat in kurzer Frist Bankrott macht. Es würde somit ja auch hier keine unbedingte Garantie geboten fein; aber im allgemeinen werden die Sparkassen doch wohl in der Lage sein, sich vor Kursverlusten zu {ütßen, wenn sie kurzfristige Schaßanweisungen anschaffen. j

Im übrigen möchte ih noch darauf aufmerksam machen, daß der Kursstand der Staatépapiere gegenwärtig so niedrig ist, daß aller Wahrscheinlichkeit nah kaum anzunehmen sein wird, daß ein erheb- lies weiteres Sinken stattfindet. Wenn man es also für nötig hält, eine solde Negelung geseulich zu treffen und ih halte sie aus den . dargelegten Gründen für unbedingt notwendig, da im Wege der Güte nickts zu erreichen sein wird —, dann könnte meines Erachtens kein Zeitpunkt günstiger und geeigneter sein als der gegenwärtige, um eine derartige Maßnahme durchzuführen. Denn alle An- lagen, die in Staatspapieren, mündelsiheren Effekten usw. erfolgen, haben aller menschlichen Voraussiht nach die Chance, Kursgewinste zu bringen, aber niht Kursverlusle zu verursachen. Meine Herren, es hat der Regierung fern gelegen, mit diesem Gesetzentwurf irgendwie \{hikanöse Maßnahmen zu befürworten, welche Eleine, neu entstehende Sparkassen hemmen oder bestehende in ihrem Betrieb belästigen sollen, sondern die Regierung ist lediglich bestrebt gewesen, Maßnahmen vorzuschlagen, welhe bestimmt und geelgnet sind, die in dieser Beziehung gleihlaufenden Interessen des Staates und der Spa:kassen gleihermaßen zu fördern. Ich hoffe, daß Sie in der Kommission die Ueberzeugung gewinnen werden, daß die Spar- fassen tatsählich nicht werden geschädigt werden, sondern daß das Sparkassenwesen dur diesen Entwurf dadurch auf einen besser ge- sicherten Boden gestellt werden wird, daß derjenige Teil der Spar- fassen, der aller Bemühungen ungeachtet in bezug auf eins der Haupt - erfordernisse der Sparkassen, nämli in bezug auf die Liquidität rük- ständig geblieben ist, angehalten werd:n dürfte, diefen Mangel zu beseitigen. Ih möchte Sie bitten, an die Prüfung des Entwurfs ohne Voreingenommenheit und auch mit Wohlwollen heranzutreten. (Bravo!)

Abg. von Kardorff (freikons.): Gegen den Gesehentwurf ind ernste Beshwerden geltend gemaht worden. Jch möchte keinen weifel darüber lassen, daß der Entwurf in der vorliegenden Form ür die Gesamtheit meiner Freunde unannehmbar ist. Ünannehmbar ist der Entwurf, weil die Grenze von 25 % zu hoh is. Diese Grenze bedeutet eine shwere Fessel für die Sparkassen. Wenn be- hauptet wurde, daß die meisten Sparkassen von diesem Gesehentwurf nicht betroffen würden, weil sie schon JInhaberpapiere haben, |o p das vollständig falsch. Wenn eine Sparkasse 25 %/) ihrer Bestände in Inhaberpapieren angelegt hat, so muß sie darüber hinaus noch 5 0/6 zur Verfügung haben für die laufenden“ Geschäfte, wenn keine Einlagen kommen oder Einlagen zurückgezogen werden. Das würde einer Bindung von 30 9/0 gleihkommen, diese Bindung ist aber unmöglich. Es wird immer die Notwendigkeit der Liquidität der Sparkassen im Kriegsfall betont, aber in Kriegszeiten tritt das ein, was Freiherr von Rheinbaben im Herrenhaus sagte: „Wenn eine Panik eintritt, greift sie wie eine Krankheit um sich und macht niht an den Mauern großer Städte Halt, sondern geht darüber hinaus und führt zu Konsequenzen, die nur einer ihrer Besinnung kaum noch mächtigen Bevölkerung zugetraut werden können.“ Jch glaube, es liegt gar niht im Interesse der Beteiligten, wenn die Sparkassen so liquid find. Was wird denn mit den zurückgezahlten Geldern gemacht werden ? Sie werden verschwinden, in den Strumpf gesteckt, vergraben werden aus Angst davor, E verloren gehen könnten. Auf solche Umstände kann man keine Rücksiht nehmen, auf diese Weise wird man das Ziel nicht erreihen. Im Kriegsfall werden wir mit Sicher- beit damit rechnen müssen, daß der Kurs stark fällt. Wollen die Sparkassen lombardieren, dann is der Kurs bereits gefallen. Will man überhaupt eine finanzielle Kriegsbereitshaft der Sparkassen als notwendig ansehen, dann muß man einen ganz anderen Weg wählen, dann muß man die Sparkassen veranlassen, erstklafsige kurzfristige ausländishe Fonds zu nehmen. Zu einer wirklihen Not der Spar- fassen wird es doch niht kommen; an der Spiße stehen doch die Bürgermeister, und wo eine wirklihe Not ist, wird auch in Kriegs- zeiten geholfen werden können und werden die Sparkassen stark genug sein, das Erforderliche zu leisten. Aber ih kann mih do auf den Standpunkt stellen, daß für normale s eine beschränkte Liquidität im Interesse der Sparkassen liegt. er deutsche Sparkassenverband hat immer darauf hingewiesen, daß dies der Fall ist. Die Sparkcssen werden diesem Gesichtspunkt Rechnung tragen müssen. Die Statistik zeigt doch, daß in einigen Gegenden Zustände bestehen, die man prima vista als erfreulich nicht bezeihnen fann ; tch sage: prima vista, denn es kommt bei den Sparkassen immer auf die lokalen Verhältnisse an. Was bei einer Em ungesund ist, braucht es do nicht bei der anderen zu sein. Die Geschäfte in Hypotheken halte ih für außer- ordentli) bedenklih und bedauerlih; damit entfernen sich die Spar- kassen aus den gesunden Grenzen. Eine Sparkasse darf nicht riskante Geschäfte machen, sondern muß solide Anlagen haben. Ich glaube, daß meine Freunde bereit sein werden, für derartige Svarkassen cie Zwangsbestimmung zu treffen, wie sie in den §8 1 und 2 im allgemeinen getroffen wird. Dann werden wir immer noch die Möglichkeit offen halten, Ausnahmen zu machen. Die Hebung des Kurses der Staatspapiere ist zweifellos ein höchst wünschenöswertes und erstrebenswertes Ziel, aber man kann zweifelhaft sein, ob es auf diesem Wege sich. erreichen ne ch will niht das ganze Problem erörtern, die Konkurrenz der O tigat onen und der sonstigen Dinge, die Art, wie wir an Staatsanleihen begeben, \cheint mir auch mit s{uld an dem Kursstand zu scin. Ein gewisser Zwang zum Ankauf von Staatspapieren ist mindestens wünschenswert. Im Herrenhaufe ist angeregt worden, die Regierung solle in diesen Fällen einen besonderen Typ von Anleihen bestimmen. Jh lasse dahingestellt, ob das möglich ist. Jch persönlich S ofen, dal wenn die Sparkassen ver- anlaßt werden, die Staatspapiere zu kaufen, dies zur Hebung der Staatspapiere E fann. Ganz von

diese Bestrebungen nicht.

die Erfahrung entscheiden.

Bestimmung im § 7 über die Erleichterung der

bei Beginn seiner Ausführungen der Auffassung Ausdruck gegeben,

treffen, sondern höchstens die Garantieverbände in bezug auf die

erwendung der Veberschüsse zu gemeinnüßigen Zwecken. Wir haben Gemeinden, die

er Hand zu weisen sind N Ob sie zum Ziele führen werden, muß e. Von außerordentlichem Wert i