1912 / 103 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 29 Apr 1912 18:00:01 GMT) scan diff

E Minisler der öffentlihen Arbeiten von Breitenbach und der Staatssekretär des Reichskolonialamtz Dr. Solf beiwohnten, wurde die Spezialberatung des Etats der Reichs eisenbahnen fortgeseßt. Die Abstimmung über die zu den Ausgaben für die Zentralverwaltung beantragtez Resolutionen, bei der es am Sonnabend zur Feststellung der Be- {hlußunfähigkeit des Hauses.kam und die heute zunächst zu wieder: holen gewesen wäre, wurde u Vorschlag des Präsidenten Dr Kaempf an den Schluß der Beratung dieses Etats verschoben Die Ausgaben für die Zentralverwaltung wurden bewilligt, Bei den Ausgaben für die „Betriebsverwaltung“ trat der

Abg. Dr. Weill (Soz.) für Aufbesserung der Bezüge der Hilfs, shaffner ein. Scha (Elf.): Die Eisenbahngehilfen gehören eben,

des Diskontsazes zurzeit keine Veranlassung vorliege. Der Zentralausschuß hatte gegen diese Ausführungen nichts einzu- wenden und erteilte l seine Zustimmung zur Zulassung einiger Wertpapiere zur Beleihung im Lombardverkehr.

Die Landesparteivertretung der t\hechishen national- sozialen Partei hat, obiger Quelle ufolge, estern die Zurückziehung ihrer Vertreter aus der na onalpoliti en Aus- gu ommission beschlossen, nahdem kürzlich auch die tshechishe taatsrehtlihe Partei ihre Vertreter aus dieser Kommission zurückgezogen hatte. Dadurch sind die Ausgleichsverhandlungen erschüttert, da die nationalsoziale Partei unter den Wählern den gee ten Anhang hatte und die übrigen tshechischen Parteien aher nicht gegen sie aufkommen können.

JFtalieu.

Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, gibt der Admiral Presbitero vom Panzerkreuzer „Pisa“ aus funkentelegraphish bekannt, daß er, .um die Beseßung der Jnsel Astro- palia zu einer vollständigen zu machen, zwei Kompagnien an Land gesest habe. Diese hätten sih durch einen Handstreich der Pässe

emächtigt, die die Stadt Lioadia beherrschten, in der Absicht, die dort versammelten türkischen regulären Truppen zu umzingeln. Die Umzingelung sei vollständig geglückt. Bei: Tagesanbruch hätte ein Parlamentär die Türken zur Uebergabe aufgefordert, die angenommen worden sei. Man habe der kleinen Garnison, die E krieg8gefangen erklärt worden wäre, militärishe Ehren erwiesen.

in großer Sieg der dänischen Partei gefeiert worden. Der Optanten- | Es haben sich also die Polen in den Regierungsbezirken Münster und

ein grober bis auf ibn Á ap ( offnungen nicht erfüllt, die | Arnsberg im leßten Jahrfünfte s{chneller vermehrt als im vorher-

dänische deutshfeindlihe Agitation ist vielmehr weiter gefördert gehenden, dagegen sind die entsprehenden Anteile in dem Regierungs-

worden. Wie die Frage der Niederlassung, so wird jeßt auch die | bezirke Düsseldorf und der Rheinprovinz in der legten Volkszählungs-

rage der Staatlosen zum Ausgangspunkt für die dänischen | periode etwas geringer gewesen. -

Aspirationen gemacht. Diese Staatlosen sind tie Kinder dänischer

Finwanderer, die nah dänishem Recht infolge ihrer Geburt außer- E A:

halb Dänemarks nicht dänische Staatsangehörige find und nah Zur Arbeiterbeweg ung. j

unseren gescßlihen Bestimmungen niht Preußen werden können. In Duisburg haben, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, die

1898 hat Dänemark ein neues Staatsangehörigkeitsgeset erlassen, nah | Rheinschiffer am Mitiwoh in dret Versammlungen über die bei

dem diejenigen Kinder von dänischen Staatsangehörigen, die im Aus- | ihrer Lohnbewegung (vgl. Nr. 90 d. Bl.) zu ergreifenden Maß-

lande geboren sind, niht die dänishe Staatsangehörtgkeit haben. | nahmen beraten. Man wollte das Gewerbegeriht als Cinigungsamt

‘eider ist der Fehler gemaht worden, daß diese Frage nicht auh in | zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorschlagen. Die Arbeit- nehmer wollten sich mit dem Schiedéspruch einverstanden er-

dem Vertrage von 1907 ihre Erledigung gefunden hat. Daß daraus : \ klären und eine etwaige M geruns der Arbeitgeber mit dem Streik

Härten entstanden sind, wird von meinen Freunden ausdrücklich ( j anerkannt. Die Frage hätte \sich aber fehr leiht aus der Welt | beantworten. Nah der „Rhein- und Ruhrzeitung*“ beschlossen die

hafen lassen, wenn der zuerst dazu berufene Staat, nämlich Däne- mark, sie gelöst hätte. Die Staatlosen sind die Kinder dänischer 5 Staatébürger, die aus freiem Willen zu uns nach Preußen gekommen | Beschluß auch ausgeführt. Die übrigen wollen nah der LWöhnung am sind. Dänemark hätte diese Frage lösen können, wenn es seinem | morgigen Dienstag folgen. j E

Geseß von 1898 keine rückwirkende Kraft gegeben hätte; dann wäre In Hannover sind, wie „W. T. B." meldet, sämtliche die Frage der Staatlosen mit einem S(lage aus der Welt geschafft. | Fahrer der Adler-Werke, die den Kraftdroshkenverkehr in der Das liegt allerdings nicht im Sinne der dänisen Agitation, | Stadt zu besorgen haben, gestern, nah vierzehntägigem Streik, wieder denn diese verlangt analog der Behandlung der Optantenkinder | in den Dienst getreten, ohne daß ihre Forderungen bewilligt worden

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus. Grillparzers geist- und lebensvolles Lustspiel „Weh? dem, der lügt“ ging am Sonnabend nach langer Pause neueinstudiert in Szene und fand einen überaus lebhaften und berzlihen Beifall. Das Stück hat eine seltsame Geschichte. Bei seiner Erstaufführung im Burgtheater wurde es so shrof und lärmend abgelehnt, daß der {on durch frühere Untershäßung, verbitterte Dichter sih vom öffentlichen literarishen Leben gänzli zurückzog und keines seiner Stücke mehr aufführen ließ. Auch auf anderen Bühnen mit dem Lustspiel unter- nommene Versuche endeten vorerst mit Mißerfolgen; erst allmählich errang es si den Plaß, der ihm gebührt: einen der ersten unter den wenigen deutschen Lustspielen, vie bleibenden Wert besigen. Heute empfindet wohl jeder für dichterishe Werte Empfänglicte die Fülle von Geist und Humor, von urwüchsiger Schalkhet und treuherziger Geradheit, die dieses Lustspiel birgt, freut fich an dem meisterhaften dramatishen Aufbau der Handlung und dem Widerspiel der gegensäßlihen Charaktere.“ Die Darslellung, die das Stück am Sonn-

Fraukreich,

Der vorgestern in Rambouillet tagende Ministerrat hat laut Meldung des „W. T. B.“ beschlossen, den General Liautey zum Generalresidenten für Marokko und Gaillard, den gegenwärtigen Konsul in Fes, zu seinem Generalsekretär zu ernennen. Regnault, der bisherige Gesandte in Tanger, wird einen Gesandtenposten in Europa erhalten. Jm weiteren Verlauf der Sißung erklärte der “Aerbau- minister Sade die amtlihen Statistiklen zeigten, daß in rankreih ein Getreidevorrat vorhanden sei, der genüge, um die Bedürfnisse mehr als ausreichend bis zur

Türkei. falls E \hlechtesten bezahlten Angestellten des Werkst i i etesten bezahlten Ange Ï Vorgestern vormittag fand aus Anlaß des Jahrestages | und Betriebsdienstes und bedürfen vor anberen Kategorien Aner

der Thronbesteigung des Sultans ein Empfang im | besserung. Dasselbe gilt von den Stellwerksweichenstellern, über d Palais statt. Wie „W. T.-B.“ meldet, wurde darauf die von Mas {weren und verantwortungövollen Dienst kein Zweifel feln der Nürnberg-Augsburger Maschinenfabrik erbaute Brücke von kann. Ebenso wünschen die Lademeister mit Necht, in die Klasse der Galata nah Stambul feierlih eröffnet. Nachmittags wurde mittleren Beamten eingereiht zu werden. Die Zurückseßung der Lade, auf dem Freiheitshügel eine Musterung über 30 000 Mann Me, muß notwendigerweise böses Blut bei dieser Ängestelltey, aller Waffengattungen abgehalten, der der Sultan, die | 60e erzeugen.

Organisationen der deutshen und holländischen Rheinschisffer, am Sonnabend in den Ausstand zu treten, und haben zum Teil diesen

nächsten Ernte zu decken. Die Getreideversorgung in der Zeit zwishen zwei Ernten werde durh die neuen Getreide- zufuhren aus Algier und Tunis, die im Juni einträfen, voll- ständig gesichert. Es sei infolgedessen unnüß, eine Veränderung des Zolltarifs ins Auge zu fassen. Jm höheren Landwirt- ior ri werde aber eiligst über Veränderungen, die zur zeit- weiligen Erleichterung der Einfuhr möglich seien, beraten werden. Der Ministerrat erteilte dann dem Kriegsminister grundsäßlih die Ermächtigung, nötigenfalls Getreideankäufe im Ausland vorzunehmen.

In einem Bericht, doincaré in der Frage lichten Ernennung des Generals Liautey zum Generalresidenten in Marokko dem Präsidenten r ag unterbreitet hat, weist der Ministerprästdent, einer

ote der „Agence Havas“ zufolge, zunächst auf die Be- dingungen hin, unter denen Regnault nah Fes gesandt worden sei, wie dieser die Zustimmung des Sultans zum Protektorats- vertrage erlangt habe und wie shließlih die Erwägungen Regnaults über die aag O Reformen durchdie Ereignisse in Fes unterbrochen worden seien. Weiter betont Poincaré die Not- wendigkeit eines einheitlihen Vorgehens in Marokko. Es sei ein Werk der Zivilisation und des Fortschritts, das Frank- reih auf sih nehme; aber nur in denjenigen Gegenden Marokkos, wo bereits der Friede eingekehrt sei, könnten die französischen Verwaltungsmaßregeln durchgeführt werden. Um die friedliche Durchdringuug des Landes planmäßig vor- zubereiten und auszudehnen, sei es durhaus nötig, daß die bürgerlichen und die militärishen Machtbefugnisse in die Hand eines einzigen Mannes gelegt würden. Die Aufgabe, die inet harre, sei hwieria und verwickelt ; er solle dem Protektorat Geltung verschaffen unter Beobachtung der Verpflichtungen Frank- reichs gegenüber den Mächten und solle gerade der Auffassung des Protektorats treu bleiben, die im Einklang stehe mit den M oren Verträgen. Auch solle er es verstehen, durch geschickte Verfügung über die französishen Streitkräfte in Marokko und durch eine vernünftige Ausführung des politischen, wirlschaftlihen und strategishen Programms die Annahme des Protektorats seitens der marokkanishen Stämme vorzubereiten und zu sihern. Ein passender Mann für diese Aufgaben sei

Liautey. / Rußland. |

Der E hat vorgestern nah 13 Sitzungen die Beratung der Volk s\hulfrage beendet. Wegen vieler großer und E Aenderungen gegenüber der Dumafassung muß, wie „W. T. B.“ meldet, die Vorlage einer aus Reichsrats- und Dumamitgliedern bestehenden Ausgleihskommission über- geben werden.

Die Reichs duma seßte in der vorgestrigen Sizung die Beratung des Etats des Ministeriums des Aeußern fort und sprach dabei den Wunsch auf Festseßung der Anteils- quote Finnlands an diesen Ausgaben sowie die Notwendigkeit der Errichtung einer Akademie für orientalishe Sprachen aus. m Laufe der Debatte führte der Abg. Miljukow, obiger Quelle zufolge, aus, daß die Beziehungen mischen déi Nationalitäten in den türkischen Provinzen aufs äußerste zu- gespißt seien. Es müsse die Frage gelöst werden, wie der Möglichkeit der Ausartung in einen Aufstand vorgebeugt werden könne und, falls das unmöglich sei, welche Haltung für den Fall möglicher I Rußland einzunehmen beschlossen habe. Notwendig sei es ferner, die Be- ziehungen Rußlands zu den Staaten, die in der Balkan- frage mitzureden hätten, flarzustellen. Das der Oeffentlichkeit übergebene Programm der leitenden Grundlagen der russisch- österreichishen Politik auf dem Balkan halte er für nichts anderes als das Programm des früheren Ministers des Aeußern Jswolski. Der Redner verfolgte den Gang der Ver- handlungen Jswolskis mit dem österreichishen Kabinett an der Hand von Dokumenten und kam zu dem Schluß, Jswolskis Deutung der Antwort des Wiener Kabinetts könne nicht einmal Optimismus genannt werden, sie fei einfah eine Auto- Fuggestion. Wien habe bloß die Tatsache festgestellt, daß die Beziehungen beider Kabinette wieder hergestellt seien, und habe den status quo unterstrihen. Der gegenwärtige Minister des Auswärtigen habe vielleicht auf Grund weiteren Schrift- wechsels das Recht zu der Behauptung, daß Wien die Absicht hege, die erwähnten Grundlagen zu beobahten. Wenn der Minister wirklich Grund habe zu seiner Zuversicht- lihkeit in bezug auf die Haltung -Oesterreihs, o erwarte die öffentlihe Meinung die Veröffentlihung des weiteren Schriftwechsels, sonst werde sie annehmen müssen, daß der Optimismus Sjasonows eben so grundlos sei wie der Jswolskis. Ergebe sih?* somit für die russisch-österreihischen Beziehungen vorläufig eine Periode der Besserung, so bleibe dod die Frage offen, auf welchen gemeinsam vereinbarten Grundlagen Rußland und Oesterreich ihre Balkanpolitik treiben tfönnten. Den Optimismus Ssasonows betreffs der möglichen Ergebnisse einer Vermittlung im türkisch-italienischen Kriege halte er für einigermaßen übertrieben. Er befürchte, daß, da das Jdeal eines Balkanbundes nicht verwirklicht sei, die Ver- hältnisse auf die Möglichkeit einer Teilung zutrieben. Un- bestreitbar bilde sich ein realer Boden für diese end die den drei Punkten der Verständigung mit Oesterreich wider- sprehe. Somit entstehe die Frage, ob die russishen Be- iehungen zu Oesterreih durch die Erklärung Ssasonows er- \hópft würden. Der Redner kam zu dem Schluß, vorläufig müsse Rußland für den status quo und die Jntegrität der

den der der heute

Ministerpräsident amtlich veröffent-

| „W. T. B.“ dem Polizeihef in Teheran Vollmacht erteilt,

Prinzen, das diplomatische Korps, zahlreihe Würdenträger und eine große Menschenmenge beiwohnten. Der erstmalige Auf- stieg eines Militärflugzeugs, das über dem Paradefelde in großer Höhe manövrierte, machte großen Eindruck. Abends war die Stadt festlich beleuchtet. Etwa 200 wegen politischer

Delikte Verurteilte wurden begnadigt. Der Ministerrat hat nah einer langen Besprehung für die Schiffahrt noch

über die Oeffnung der Dardanellen keinen Beschluß gefaßt.

Griechensand.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ hat die Regierung bei den Großmächten die Versicherung erneuert, daß die Tretischen Abgeordneten zu den Sißzungen der griechishen Kammer nicht zugelassen werden.

Serbien.

Bei der gestrigen ee Nachwahl zu der Skupschtina ist, wie „W. T. B.“ meldet, in Pirot der jungradikale Kandidat gewählt worden. Damit erlangt die Regierung eine knappe Mehrheit.

Amerika.

Das amerikanische Staatsdepartement hat, wie „W. T. B.“ meldet, seine Bereitwilligkeit ausgesprochen, an einer inter- nationalen Konferenz zur Herbeiführung größerer S i h er- heit im Verkehr auf dem Ozean teilzunehmen.

Die mexikanische Deputiertenkammer hat vor- gestern, obiger Quelle zufolge, eine Bill ber die Ausgabe von Schaßscheinen in Höhe von 20 Millionen Pesos ange- nommen. Das Geld soll zu der bereits be)chlossenen Erhöhung des Heeres cuf 60 000 Mann dienen.

Nach Blättermeldungen aus Asuncion hat der Bürger - krieg in Paraguay wieder begonnen. Vier Regierungs- E haben am Freitag die revolutionären Streitkräfte des rüheren Präsidenten Jara angegriffen, die sich in dem Fort Encarnacion festgeseßt hatten. Das mörderishe Feuer der Revolutionärè zwang sie aber, sich mit Havarien zurückzuziehen.

L Affien. / Das persishe Kabinett“ hat laut Meldung des

alle Gegner der gegenwärtigen Regierung zu ver- haften. Unter denen, die gestern verhaftet worden find, be- findet sich Suliman Mirza, der Führer der demokratischen Partei im lezten Medschlis. Das Los der Verhafteten scheint die E nah irgend einem ‘entfernten Ort Persiens zu sein.

Wie die „St. Petersburger Telegraphen-Agentur“ aus Kuldscha meldet, arbeitet die Lokalregierung auf eine Aus- \cheidung des Jligebiets aus der Provinz Hsin-Kiang hin und drängt den Präsidenten Huan, auf seinem Posten zu bleiben. Gestern sind dort zwei Sotnien sibirisher Kosaken eingetroffen. :

Die chinesische Regierung ist, dem „Reuterschen Bureau“ zufolge, gewillt, die Ueberwachung der Verwendung der zu er- wartenden Anleihe der internationalen Gruppe dem früheren Präsidenten der Bank von Javae Vissering, zu übertragen. Vissering ist im vorigen Jahre zum Ratgeber der Regierung bei der geplanten Währungsreform ernannt worden.

Afrika.

Wie der „Jmparcial“ aus Melilla meldet, berihten aus dem Jnnern kommende Eingeborene, daß einige Stämme den Bruder des Sultans Mulay Hafid, Mulay Mohammed den Einäugigen, zum Sultan ausgerufen haben.

Nach einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ haben zwei in Algeciras und San Roque stehende spanishe Re- E V ani abend Befehl erhalten, fh nah Larrasch einzuschiffen.

Dem türkischen Krieg8ministerium wird, dem „W. T. B.“ gufolge, aus Tripolis vom 23. d. Mts. gemeldet, daß zwei eim Blockhause von Buchamez lagernde italienische Regimenter Tuzla angegriffen, aber infolge des Widerstandes der Türken und Araber die Flucht hätten ergreifen müssen. Sie hätten eine Anzahl Tote und Verwundete zurückgelassen und seien bis zur Festungslinie verfolgt worden. Die türkishen und arabishen Truppen hätten 15 Tote und 120 Verwundete gehabt. Nach diesem Kampfe hätten die Jtaliener Sidi Said ohne Erfolg bombardiert.

Das Kriegsministerium veröffentlicht ferner ein Telegramm Enver Beys vom 28. April über einen Kampf, der in dieser Nacht bei Tobruk stattgefunden habe. Die Jtaliener hätten etwa 40 Tote gehabt. Ferner seien zwei Maschinengewehre unbrauchbar gemacht und ein Scheinwerfer zerstört worden. Die türkischen. und arabishen Truppen hätten zwei Tote und drei Verwundete gehabt.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sißungen des Neichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden

Abg. Werner- Hersfeld (D. Nefo:mp.): Besonders \{leckt sin die Anytellungsve:hältnisse der Zivilsupernumerare. Eb l die Lage der Eisenbahnkanzleibeamten sehr zu wünschen übrig, Obwohl fie selbst vom Minister als Angehörige der Beamten. schaft anerkannt werden, ist thre Besoldung keineswegs dem. entsprehend. Die Lademeister klagen nicht nur darüber, daß sie materiell \{lecht gestellt find, sondern auch über ihre Nang; verhältnisse; fie haben ein Heer von Arbeitern unter si, e mangelt ihnen aber die nolwendige äußere . Autorität. Die Wagenwärter | haben jeßt auch s{chwerere Anforderungen zu erfüllen, besonders infolge der Fortschritte der Beleuchtungstechnik. Auch sie bitten um eine andere Amtsbezeihnung; die meisten von ihnen find aus dem Handwerkerstande hervorgegangen und baben bedeutende Auf. wendungen für ihre Ausbildung aen müssen.

Die Abgg. Windeck (Lothr.) und Peirotes (Soz.), die hierauf das Wort erhielten, waren im Hause nicht anwesend.

__— Jn der heutigen (59.) Sigung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister des Jnnern Dr. von Dal lwiß beiwohnte, erbat . zunächst der Präsident Dr. Frei- herr von Erffa die Ermächtigung, Seiner Kaiserlihen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen die Glückwünsche des Hauses zum Geburtstage auszudrücken. Diese Ermächtigung wurde erteilt.

Dann seßte das Haus die zweite Beratung des Etats des Ministeriums des Jnnern für 1912, und zwar zunächst die Besprehung der nordschleswigshen Frage bei dem ersten Titel der dauernden Ausgaben, „Gehalt dez Ministers“, fort.

__ Abg. Dr. Schifferer (nl.): Der Herr Minister des Innern ist bereits am Sonnabend den Ausführurgen des Abg. Nissen ent- gegengetreten. Jene Rede tes Abg. Nissen war in diesem Jahre zu erwarten, denn sie bildete cinen unentbehrliden Baustein für die Plattform, die sett einiger Zeit der politishen Arbeit der Dänenpartei im Lande und auch in den Parlamenten zugrunde liegt. Man kann, wenn man der Frage der Staatlosen und ihrer Behandlung näher kommen will, fie nur so behandeln, wie es der Herr Minister getan hat; man muß sie in Verbindung bringen mit dem geschichtlichen, staatôrect. lihen und nationalpolitischen Zusammenhang, man muß in das Milieu der Nationalitätskämpfe in Nordschleswig stellen. Seit Februar 1909, wo darüber hier ausführlich geîprohen wurte, ist die nationalpolitishe Bewegung der dänishen Partei in Nordschles8wig radikaler geworden, es wird gegen die Deutschen avgrifféweise vorgegangen, in wachsender Zahl werden dänijche Sondervereine gegründet und Vereinshäuser gebaut, und dazu tritt eine weit angelegte und geschickt geleitete Bodenpolitik. Der Däne, der innerhalb Nordschleswigs Grundbesiß verkauft, wird öffentlih als Schurke und Verräter gebrandmarkt. Jn steigen dem Maße wird auch die Jugend in diese Bestrebungen einbezoga. Die ganze Agitation wird geführt unter dem Deckmantel und unter dem Schuße der Behauptung, daß man deutscherseits und namentli seitens der preußischen Regierung die dänishe Sprache, Sitte und Kultur unterdrücken wolle. Dicse Behauptung wird ohne den Schatten eines Beweises aufgestellt. Die deuishe und dée preu- ßishe Regierung müßten unendlich töriht sein und in unglaublicher Unkenntnis der Verhältnisse sich befinden, wenn dics wirklich ihr Kampfesziel wäre ; denn die dänische Sprache ist doch die Mutter- sprache eines großen Teils der deutshgesinnten Bevölkerung und bildet dort die tägliche Umgangssprace. Diese falshe Behauptung wird aber tros un’erer immer wieterholten Erklärung, daß wir nur der verhetendcu dänischen Agitation entgegentreten wollen, aufrecht erhalten, um den Schein des Nechts für die verheßende Agitation zu retten und einen Schlachtruf zu haben, um dem Ziele der Lostrennung von Nordschleswig und seincr Wliedervereinigung mit Dänemark näher zu kommen. Diesem Endziele

„ist auch der Versuch gewidmet, die dänisch gesinnte Bevölkerung von der

deuts gesinnten wirtschaftlich und politisch zu trennen und sie all- mählich so zu prâparieren, daß, wenn etnmal der Artikel V wieder Leben gewinnt, Nordschleswig als reife Frucht vom preußishen Stamme abfällt, Diese Arbeit erfährt moralishe und materielle Unterstützung aus dem Königreih Dänemark, wo eigene Organisationen dafür vorhanden sind, die mit den Führern der Agitation in Nordschleswig in engster Beziehung stehen. Ih weise nur auf jene Preßslimmen hin. Die Zeitshrift „Söderjylland“ eines politischen Vereins in Dänemark spricht noch immer von dem Art. V und seinem Inhalt und verherrliht die betden Protestabgeordneten Koyger und Ahblmann. Eine weitere Preßstimme ist ein Artikel des Hertn Lauridsen im „Flensborg- Avis“ vom 3. Januar 1912. Der Artik. in Form eines Neujahrswunsches behandelt die Wahlbewegung und unterstellt, daß der darin zutage getretenen Kampfetfreude der dänisch Gefsinnien die Wiedervereintgungshoffnung zugrunde [ieg!. Als klassishen Zeugen für diesen Nationalitätseifer zitiere ih den Kollegen und heute abwesenden Abg. Kloppenborg, der în einer Beilage zu der in No: dschleswig erscheinendcn „National-Tidende“ einen Beitrag zu den „Erinnerungen angesehener P:rsönlichkeiten“ beigesteuert hat, in dem er ausführt, die Däncn lebten in R Me E Es unter einer Fremdherrschaft, sie warteten auf den Heimurlaub in das gelobte Land, und in dem er unter Ver- herrlichung des Abg. L angibt, daß er sih dafür entschieden habe, als es galt, die Wahl zu treffen, in Preußea zu bleiben, um die Südgrenze des dänischen Volkes wieder gewinnen zu helfen. Ich kann diese Gesinnung des Herrn Kloppenborg von seinem Stant- punkt aus verstehen; wenn sie sich aber in dem Munde eines preußi- [hen Abgeordneten zu Kundgebungen in einer reidsdänisdhen Zeitung verdichtet, so sieht das anders aus. Der Geist, der aus diesen Aus- führungen spricht, ist der wahre Geist der Bevölkerung, wie er au) tn allen 2ersammlungen feinen Ausdruck findet. Mit dieser Ge- sinnung stehen die Erklärungen, die wir im Abgeordnetenhaus und im Reichstage von den dänischen Abgeordneten zu hören bekommcn, im Widerspruch, und auf diesen Widerspruch muß immer wieder hir- ewiesen werden. Das Ziel der dänischen Arbeit in Nordschleéwig m Sinne der Wledervereinigung dieses Landesteils mit Dänemark ist nie treffender illustriert worden, als durch die leßte Neichstagt- wablbewegung. In allen Versammlungen wurde die Lehre aus dem großen Zusammenstoß gezogen, der sich vor einiger Zeit im dänischen Lager ereignete, wo dicjenigen, die vorsidtiger zu Werke gehen

sich in der Ersten und Zweiten Beilage. Jn der heutigen (49.) Sißung des Reichstags, |

Türkei eintreten bis ein Balkanbund möglih werde.

welcher der Chef des Reichsamts für die Verwaltung der |

wollten, mit denen zusammenstießen, die es für praktischer bielten , energisch vorzugehen. In Dänemark selbst werden diese Dinge eifrig verfolgt, und der Ausgang der Reichstagswahl ist als

fie auch |

die bedingungslose Naturalisation der Staatlosen in Preußen. Wenn das gelingt, so werden die dänishen Schlachtreihen wiederum um 2000 tüchtige Glieder verstärkt; denn so viel Staat- sose gibt es. Die Deutschen können dann sehen, wie sie ih in diese Verhältnisse in Nordschleswig \chicken. Die Frage ist ein ausgezeihneler Agitations\toff für die dänische Partei.

(Schluß des Blattes.)

Nach dem vorläufigen amtlichen Wahlergebnis haben, wie „W. T. B.“ meldet, bei der Reichstagsersaßwahl im 3 oldenburgishen Wahlkreise (Varel-Jever) Dr. Wiemer (Fortshr. Vp.) 10901, Hug (Soz.) 12557, Dr. Albrecht (Natl.) 1898 und Frhr. v. Hammerstein (Bund der Land- wirte) 998 Stimmen erhalten. Zersplittert waren zwei Stimmen.

Statistik und Volkswirtschaft.

Deutsche und Polen in Preußen nach der Volkszählung von 1910.

Im preußishen Staate wurden nah der „Stat. Korr." ermittelt

Deutsche Polen | v. H. der y. H. der Gefsamt- Gefamt- bevölferung bevölkerung 88,02 9,23 88,14 | 8,89 32857 970 | 88,11 3325717 | 8,92 35 426 335 | 88 20 3 500 621 | 8,72. Bercchnet man die Zunahmequoten beider Volks\fiämme im Ver- fältnis zur Zabl ihrer eigenen Stammesgenossen, so zeigt sich, daß zugenommen haben im Staate : : : die Deutschen die Polen vom Tausend vom Tausend der Deutschen der Polen um 141,5 um 102,4 60D e Se 1905/1910 . E Ge O2 1890/1910 . ¿2982 » 2348. die der Polen

Die Zunahmequote der Deutschen, welche 1890/1900 noh übertraf (141,5 : 102,4 v. T.), war 1900/1905 etwas untedriger (78,3 : 82,1 v. T.) und im leßten Jahrfünfte wieder nit tinerbeblih böber (75,2 : 51,2 v. T.). Das Deutshtum hat demnach im Gesamtstaate etwas an Boden gewonnen, und zwar nicht nur im lezten Jahrfünfte, sondern auch in dem zwanzigjährigen Zeitraume von 1890 bis 1910. Wie die Schwankungen innerhalb der einzelnen Nolkézählungêperioden zustande gekommen sind, wissen wir nicht, da wir bisher weder die deutshe und polnische Aus- und Einwanderung, xoh die natürlige Vermehrung kennen. In den polenreichen Re- gierungébezirken der Osimark wurde 1905 und 1910 folgendes fest- gestellt: Es waren vorhanden

deutsch und

; in den Deuts polnisch

P 8- eute N

leglerung Sprechende 1905 | 1910

bezirk

qn. os Allenstein . . . 242 751 | 274 320 4 763 Danzig . . . . 511 423 | 532 620 3 727 5 684 Marienwerder 550 262 | 565 323 6 673| 13 508 Posen 406 587 | 427 232

3984| 6 867 Bromberg . . 354 714 | 379 488

365 167| 378 831| 3301| 4929 Oppeln . . . . 757 187 | 884 045 [1 158 765| 1 169 340] 54 094| 88 798.

Auffällig ist die starke Zunahme der Polen in dem Regierungs- bezirke Allenfiein, nahdem bei den früheren Volkszählungen eine regelmäßige Abnahme zu verzeichnen war, und ebenso deren Abnahme im Bezirke Danzig. Berechnet man in gleicher Weise wie oben die Zunahmequoten von Deutschen und Polen im legten Iahrfünfte, so ergeben sich die folgenden Verschiebungen :

Zunahme (+4) i: bezw. fein Abnahme (—) der Deutschen vom Tausend der Deutshen . . . . + 122,1 + 40,6 + 27,0 + 49,5 + 67,5 + 154,6 der Polen vom Tausend der Polen +4 254,9 237,2 419,2 +562 + 36,7 + 9,1 Abgesehen von Allenstein, wo {ih jede Sprachenaufnahme wegen der nil mit den Polen wohnenden Masuren etwas |chwierig gestaltet, aben die Polen sich nur im Regierurgsbezirke Posen etwas schneller vermehrt. Im ganzen kann daber die Entwicklung des Deutshtums in der Oslmark, soweit es die Kopfzahl betrifft, niht als ungünstig

augejehen werden. ; , n anders ist das Bild in dem i nduslriellen Wesien. Dort

wurden gezählt d in den Polen f pre Reg.-Bez. | 1890 | 1900 | 1905 | 1910 | 1890| 1900 Münster n .| 5415| 26 2 38 657| 62 624| 5881 679/2 552| 5 408 Arnsberg . . . | 18 478) 64 283| 86 369/1191830/2 0957 2096 805 12 924 Düsseldorf . . | 4528| 23 220| 43 435| 67 211] 615/3 885/4 M 7 081

rovi B, ten 94 207! 91 497|125869|182507]2 659/9 1179 466/18 503

Westfalen . . Rheinprovinz | 5 63b| 25 455| 46 936| 71 695| 9404 570|4 900, 8 406.

_ Das ungewöhnlich starke Wachstum der Polen in diesen Landes-

teilen nah in area Volkszählungen hat also auch im leßten

Jahrfünste angebalten. In Verhältnisziffern ausgedrückt, zeigt fich,

daß ih vermehrt haben die Polen vom Tausend Ä H g.- Ï 1900/1905 1

en O L Ï um 1724 um 473,3

ünster . Arnsberg E « 293,2 e 318,8

Düsseldorf... 606,6 429,8

in den Jahren

1390 1900 1905 . 1910

überhaupt

2 765 101 3 063 490

überhaupt

26 367 359 30 383 089

1890/1900 . 1900/1905 .

Polen

1905 | 56 6195| 129 545 366 663 850 834| 900 059

1910 73 154

102 080

373 773

Brom- berg

Danzig Men, Posen Oppeln

nd. (Vgl. Nr. 91 d. Bl.

s Aus V nba wird Len „W. T. B.“ telegraphiert: der allge - meine Eisenbahnarbeiterverband hat mit 15986 gegen 110 Stimmen si für die Verschmelzung der etnzelnen Eisen- bahnarbeiterverbände ausgesprochen.

Auf Grund einer am Sonnabendabend von der Ortsgruppe Liverpool des Verbandes der englischen Matrosen und Heizer getroffenen. Entscheidung werden, „W. T. B.“ zufolge, die Matrosen und Heizer aller Schiffe, die von heute ab von Liverpool auslaufen, darauf bestehen, daß die RNRettung8bootsvorrichtungen einer genauen Prüfung dur bevollmächtigte Vertreter des Verbandes unterzogen und daß ferner die Löhne für Matrosen auf 4F und für Heizer auf 5 Pfd. Sterl. monatlich erhöht werden.

Aus Anlaß der Vorgänge tin. den Lenabergwerken (vgl. Nr. 97 d. Bl.) haben, wie „W. T. B.“ meldet, die russischen Arbeiter zablreile Protestversammlungen veranstaltet. Aus verschiedenen Provinzstädten werden auh Protest streiks gemeldet.

Kunft und Wissenschaft.

Die diesjährige Große Berliner Kunstausstellung wurde am S e blauen Saal des Ausstellungs8gebäudes am Lehrter Bahnhof feierlih eröffnet. Der Feier wohnten u. a. der Minister der. geistlihen und Unterrichtêangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz, der Abteilungédirigent, Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr. Schmidt, der Polizeipräsident von Jagow, der Rektor der Universität, Geheimer Negierungsrat Protessor D. Dr. Lenz und zahlreiche Künstler, an ihrer Spiße der Präsitent der Königlichen Akademie der Künste, Professor Kampf bet. Nachdem das philbarmonishe Orchester unter Leitung des Dr. Kunwald das Vorspiel zum dritten Akt des „Lohengrin vorgetragen hatte, hielt der zeitige Vorsitzende der Autstellungs- kommission, der Maler Max Schlichting die Eröffnungsrede. Er wies auf die Eigenart der zu eröffnenden großen, durch Staatsmittel unterstüßten Ausstellung hin, die unter Aus)\chaltung nur des Dilet- tantiëmus alle künstlerischen Bestrebungen gleihmäßig zu fördern be- rufen sei. Die Ausstellung wolle daher einen Ueberblick über das Kunstschaffen ganz Deutschlands bieten, wenn auch unter besonderer Berücksichtigung der Künstler Berlins, zugleih aber füge fie zum Vergleih einen Ausschnitt aus der Kunst des Auslandes hinzu. Man werfe derartigen großen Ausstellungen ofi vor, daß _sie in ihrer Fülle langweilig seien; dem gegenüber dürften die Künstler sich darüber beklagen, daß dem Publikum , der - rechte Sinn für die Betrachtung von Kunstwerken fehle; man wolle, entsprehend der allgemeinen Hast unserer Zeit, auch die Kunst im luge genießen. Die Kunst aber erfordere Sammlung und ein Eider auch die wahre Freute an ihr könne nur durch Arbeit erworben werden. Zu einer solchen gelstigen Arbeit wolle die Aus- stellung anregen und damit zugleich ein Gegengewidt gegen das Hasten und 1uhelose Treiben des modernen Lebens bieten. Der Redner wandte ih dann gegen den Schmuß in Wort und Bild, der es versuche, fh auch im Hause der Kunst einzunisten. Sache der Künstler sei es, ih dagegen zu wehren, wenn jener Mißbrauch unter An- rufung der Freikeit, unter Mißbrauch des Namens der Kunst G Geba, Die Wurzel des Uebels licge in mangelndem Kunst- verständnis; dem wahren Kunstfreund könnten jene übeln Dinge nichts onhaben; sie erfüllten ihn mit ästhetishem Miß- behagen. Das Kunstgefühl gelte es zu fördern, und die Ausstellung sei berufen, Kunst und Freude an der Kunst in weite Kreise zu tragen. Der Redner {loß mit cinem Dank an Seine Majestät den Kaiser und König, der solhen Bestrebungen stets Förderung habe angedeihen lassen. Nach ihm ergriff der Staatsminister D. Dr. Trott zu Solz das Wort. Er betonte, wie die Kunst ihrem Wesen nah Freiheit verlange und ein behördlihes Eingreifen im einzelnen nicht vertrage ; die aus den Künstlern gewählten Vertrauensleute seien die gegebenen Leiter. Ein weihevolles Versenken in die Kunst biete einen Rubepunkt in der Hast des Lebens. Die Künstler sollten nicht ver- essen, daß sie nit nur freie Künstler, sondern Vasallen des Schönen Nin Der Minister {loß mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König und erklärte sodann die Ausstellung für eröffnet. Ein Rundgang dur die Säle {loß sch der Feter an; Abends ver- einigte ein Festmahl die Künstler. :

Der Berliner Bildhauer Prei Otto Stichling is, wie „W. T. B." meldet, gestern früh im 46. Lebensjahre in einem hiesigen Sanatorium géstorben. Stichling war zuleßt Professor an der Kunstgewerbeshule zu Charlottenburg. Die Nationalgalerie ist im Besiß eines seiner bekanntesten Werke „Das nackte Mädchen“. Stichling besaß die goldene Medaille der Berliner Kunstausstellung.

Literatur.

Zeitschrift für Bauwesen. Herausgegeben im Mi- eit bes Ma lien Arbeiten. Verlag von Wilhelm Ernst u. Sohn, Berlin. Der hcchbautechnisde Teil der vorliegenden

efte 4—6 beschäftigt sich zunächst mit dem Neubau der Marineschule

ürwik-Flensburg, ciner recht bedeutenden Anlage, die mit ihren othishen Backsteinformen im Aeußern der Norddeutschland eigenen Bauweise gerecht zu werden sucht. Die- Bauten des St. Jürgens- Asyls in Ellen bei Bremen wirken bei etnfahster Aus- bildung durch die hübshe Anordnung der einzelnen Pavillons auf dem Seläate und durch deren gute Massenverhält- nisse. Besondere Bedeutung haben die Angaben über das Verwahrungshaus geisteskranker Verbrecher, da für derartige Anlagen bisher keine längeren Erfahrungen vorliegen. Der leßte Bericht über das neue Landgestüt in Marienwerder bringt Abbildungen der Wohn- häuser und gibt Aufschluß über die zum Betriebe erforderlichen tech- nishen Anlagen. Der ingenieurtechnishe Teil enthält u. a. die Fort- fezung des Aufsaßzes über dîe Cisenbahnbrücke unterhalb Duisburg- Nuhrort über den Rhein, im besonderen eingehende Angaben über die Bauausführung. H. Markus gibt einen Beitrag zur Theorie der Rippenkuppel, und R. Tholens berihtet über die Wasserwirtschaft in Mesopotamien in der Vergangenheit und ihre Wiederbelebung in der

Gegenwart. Handel und Gewerbe.

abend im Königlichen Schauspielhaus fand, war in der Hauptsache durchaus dazu angetan, seinen inneren Reichtum zur Geltung zu bringen. An erster Stelle ist Herr Clewing, der den Küchenjungen Leo spielte, zu nennen. Er wußte den frishen Uebermut dieses Naturburschen ebenso natürlich darzustellen, wie die Treue und Herzlichkeit, die sih unter seinem kecken Mutwillen verbirgt. Herr Werrack, dem die Nolle des verweich- lihten und verzogenen Bischofsneffen Atalus anvertraut war, zeichnete einen wirkungsvollen Widerpart; auch Fräulein Arnstädt als Edrita gelang im wesentlichen die Haengug der bäurish-gewandten Grafen- tochter, weniger lag Herrn Pohl die kindlih-\{lichte Frömmigkeit des Bischofs. Herr Zimmerer als Kattwald und Herr Vallentin als Galomir waren in ihrer äußeren Erscheinung vortrefflich, auch thr Spiel erregte große Heiterkeit, wennshon, namentlich Hexr Zimmerer, an ungeshlahter Komik wohl etwas zu viel des Guten tat. Jn allem wesentlihen aber stand das Sptel durhaus auf der Höhe und verdiente den lauten Beifall, den es im ausverkauften Hause fand. Hoffentlich erlebt die mit vieler Sorgfalt durhgeführte Aufführurg viele Wiederholungen.

Kleines Theater. Im Kleinen Theater fand am Sonnabend die Erstaufführung eines dreiaftigen französischen Lustspiels: , Der Nachtwächter“ yon Sascha Guitry statt. Für einen Einakter hätte der dürftige Stoff vielleiht gereiht; drei Akte aber konnte der gute Dialog, der dcs Stückes Hauptvorzug ist, niht kurzweilig und auch die moralisch auf- gepußte Unmoral des Inhalts nicht genießbarer machen, die darin liegt, daß ein alter verliebter Narr, angeblih ein großer Gelehrter, einen jungen Nebenbuhler duldet, um die leihtfertige Geliebte davor zu bewahren, in s{chlechte Gesellschaft zu geraten und im Sumpfe der Großstadt unterzugehen. Auch die gute Darstellung konnte da nichts beschönigen. Herrn Abel gelang es nur, die Langweiligkeit des alten Gelehrten hervorzuheben, die es begreiflich erscheinen ließ, daß seine Freundin es bei ihm nicht aushalten konnte. Diese Freundin gab Fräulein Brand recht nett, und Herr Adalbert entwickelte als junger Eindringling in diesen Bund etnen wirksamen, trockenen amp Als häßliches, liebebedürftiges Dienstmädchen lieferte Ilka Grüning wieder eine Probe threr außerordentlihen Wandlungsfähigkeit. Der Beifall, der wohl in der Hauptsahe der Darstellung galt, war ret matt.

Im Königlichen Opernhause beginnt, morgen Dienstag, der historische Zyklus hetterer Opern, für den ein Sonder- abonnement eröffnet wurde. Aufgeführt werden Glucks Schäfer- spiel „Die Maienkönigin“, in den Hauptrollen mit den Damen Ober, Dur, Dietrih, den Herren Henke und Mang bescßt, und Dittersdorss komishe Dper in zwei Akten „Doktor und Apotheker“, mit den Damen Andrejewa- Skilondz, Böhm-van Endert, von Scheele-Müller, den Herren Mang, Krasa, Lieban, Philipp, Habih, Dahn und Alma in den Hauptrollen. Der Kapellmeister Bleh diztgiert das erste, der Kapellmeister von Strauß das zweite Werk.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen das neu- einftudierte Lustspiel „Weh dem, der lügt!“ von Fr. Grillparzer zum ersten Male wiederholt.

Maunigfaltiges. Berlin, 29: April 1912.

Am Donnerstag, den 2. Mai Wage: in den Morgenstunden internationale wia e Ballonaufstiege statt. Es steigen Drachen, bemannte oder unbemannte Ballons in den meisten Hauptstädten Europas auf. Der F inder eines jeden un- bemannten Ballons erhält eine Belohnung, wenn er der jedem Ballon bei N Instruktion gemäß den Ballon und die Instrumente sor f tig birgt und an die angegebene Adresse sofort telegraphisch Nachricht sendet.

Im Wissenschaftlihen Theater der „Urania“ wird am Mittwoch, Abends 8 Uhr, der Vortrag „Ueber den Brenner nah Venedig“ gehalten und am Sonnabendnachmittag noch einmal wieder- holt werden. Morgen und am Sonnabend wird der Vortrag „Welt- bäder an europäisheu Küsten“ und am Donnerêtag der Vortrag „Der Großglockner, Gastein und die Salzburger Alpen“ gehalten werden.

Borstgw erk (Schlesien), 27. April. (W. T. B.) Amilih wird gemeldet: Auf dem hiesigen Bahnhofe stießen gestern früh drei Leerlokomotiven mit einem Rangierzuge zusammen. Ses Wagen entgleisten und wurden teilweise beschädigt. Ein Nangierer wurde erheblich, ein zweiter leiht verlegt. Der Matertalschaden ist unerheblich.

Elbing, 27. April. (W. T. B.) Seine Majestät der König von Sachsen und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Mathilde trafen im Extrazug um 4 Uhr 25 Minuten - in Elbing ein. Mit ihnen kamen dec Geheimrat Ziese, der Direktor Carlién: Vanzia, ferner der Geheime Oberbaurat Veith und der Geheime Regierungsrat, Professor Busley aus Berlin an. Die Siadt hatte Flaggenshmuck angelegt. Zuerst wurde die Lokomotivy- fabrik in Trettinkenhof und die Kesselshmiede besichtigt, worauf man sich zu Wagen zu den Werftanlagen am Elbingflusse begab, wo besonders die Turbinenanlagen für das neue Linienschiff „König Albert“ in Augenschein genommen wurden. Nach einem kurzen Aufenthalt in Lerhwalde, der Besiz ung des Geheimrats Ziese, begaben sih die hohen Herrschaften im « Wagen zurück nah dem Bahnhof in Elbing, von wo gegen 64 Uhr die Nückfahrt nah Danzig erfolgte. Von Danzig reisten Seine Majestät der König und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Mathilde von Sachsen um 7 Uhr 14 Min. mit dem fahrplanmäßigen Nachtshnellzuge nah Dresden ab.

Dresden, 28. April. (W. T. B.) Heute nahmittag stiegen auf der Reiter Flur die steben Freiballons „Abercron“-" Mühlheim, „Windsbraut“ - Breélau, „Franckden 2", „Trier“, „Chemniß“, „Krefeld", „Leipzig“ zum Gordon - Bennett-Aus-

sSrennen der Lüfte glatt und ohne Unfall auf. Dex erste

vi n den Provinzen um 316,3 um 367,3

Weslsalen . . « Nheinprovinz . . 993,9 » 417,4.

ti Sizung des Zentralaus\schusses der Rei Tae “führte s Vorsißende, Präsident des Reichs- bankdirektoriums Havenstein, aus, daß zu einer Aenderung

id Wfitieg erfolgte um 5 Uhr, nachdem bereits eine halbe Stunde vorher ter Ballón „Drebden® als Pilotballon mit dem Leutnant Freiherrn von