1912 / 107 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 03 May 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Die Abgg. Aronsohn (forts{r. Volksp.) u. beantragen :

„Unter Ablehnung des Kommissionsantrages zu beslließen, daß die Negierung ersudt wird, noch in dieser Se|sion nah dem Vorgange anderer deutscher Bundesstaaten einen Geseßzentwurf vorzulegen, durch den

a. die Nubegehälter der vor dem 1. April 1908 in den Ruhe-

ftand verseßten Staatsbeamten und Lehrer durh einen prozentualen Zuschlag unter besonderer Berücksichtigung der geringeren Pensionen erhöht werden,

. den Witwen und Waisen der vor dem 1. April 1908 ver- storbenen Staatsbeamten und L-hrer ein in derselben Weise zu bemessender prozentualer Zuschlag zu den Witwen- und

_ _Waifengeldern gewährt wird".

Berichterstatter Abg. Viereck (freikons.) berihtet über die Verhandlungen der Budgelkommission und weist besonders darauf bin, daß die Regterung in der Kommission entschieden eine gescßliche Negelung für unannehmbar erklärt hat.

Abg. von Hennigs- Techlin (kons.): Die Frage ist in den früheren Verhandlungen fo erschövfend behandelt worden in dem Sinne, daß wegen der Verteuerung der Lebensverhältnisse eine Erhöhung der Bezüge. der Altpensionäre erforderlih ist, daß ih heute nur im Namen der beiden konservativen Parteien und des Zentrums zugunsten unseres gemeinsamen Antrages folgende Erklärung abzugeben habe : Wir erkennen die {wiecrige Lage der Altpensionäre an und halten eine grundäßlihe Regelung dieser Frage für unaufshiebbar. Die Altpensionäâre wünschen geseßlihe MNegelung. Jn dieser Nichtung gingen einige unserer ersten Anträge. Nachdem nun aber die Staats- regierung auf das bestimmteste einer solhen Regelung widersprochen hat und deshalb im jeßigen Stadium jeder weitere Versuch, einem neuen Antrag auf geseßlihe Regelung Berücksichtigung zu verschaffen, aussidtsles ersdeint, halten wir es für rihtiger, um die Altpensionäre möglichst bald in den Genuß höherer Bezüge zu verseßen, jeyt einen gangbaren Wea vorzus{lagen, der zwar die geseßliche Regelung für jeßt aufgibt, aber praktisch den Altpensionären das verschafft, was sie wünschen. Darum nehmen wir den Antrag der Budgetkommission mit dem Zufaßantrag, wonach nach diesen Grundsäßen auch ohne Antrag zu verfahren ist, auf und erbitten scine Annahme. Hier wird praktische Arbeit getan und sofortige Hilfe geschaffen. Wir glauben, so den Interessen der Altpensionäre am besten zu dienen. Im Namen meiner Partei möchte ih noch bitten, diese Negelung auch auf die pensionierten Geistlichen auézudehnen.

__Abg. Wißmann (nl.): Auch ih will nur eine kurze Er- klärung abacben. Wir werden in erster Linie für unseren Antrag stimmen, sind aber auch bereit, für den fortschrittlichen Antrag ein- zutreten, da nur bei Arnahme dieser Anträge die Altpersionäre ihre Forderung einer Erhöhung der Bezüge dur geseßliche Regelung erfüllt sehen. Einer eventuellen Kürzung der bisher auf dem Unter- stüßung8wege empfangenen Bezüge könnte durch den Unterstüßungs- fonds entgegengetreten werden, der aber in seinem Betrage erheblich herabgemindert werden fönnte. Eine durch diese Negelung sich er- gebende höhere Belastung des Etats erscheint uns bei der Finanzlage des Staates immerhin möglich. Die Nückwirkung einer geseßlichen MNegelung in Preußen auf das Neich und die Kommunen darf uns niht davon abhalten? einer Forderung der Billigkeit zu entsprechen. Bei der Ablehnung dieser beiden Anträge werden wir aber au für den Kommissionsantrag mit dem Zufaßantrag stimmen, sprechen aber unser lebhaftes Bedauern aus, daß die Konservativen ihren früheren Antrag auf geseßliche Rezelung zurückgezogen haben.

Abg. Delius (forts{chr. Voiksp.): Wir bedauern es lebhaft, daß es nicht gelungen ift, eine geseßlihe Regelung herbeizuführen. Wir haben von vornherein darauf besonderen Wert gelegt, weil wir uns niht den Standpuykt der Negierung zu eigen machen können, daß eine geseßlihe Regelung für Preußen niht angebraht sei. Wir verstehen nit, ‘wie die Regierung auf dieser Anschauung verharren kann angesichts der Tatsache, daß in anderen deutschen Bundesstaaten eine geseßliche Regelung dieser Frage herbeigeführt worden ist. Wenn unser Antrag jeßt nicht angenommen werden sollte, behalten wir uns vor, ihn im nächsten Jahre neu zu stellen. Heute werden wir dann für den. konservativen Antrag stimmen.

__ Abg. Hoffmann (Soz.): Auch wir bedauern lebhaft, daß eine geseßlide Regelung nicht erfolgt. Da bet der Zusammenseßung des Hauses keine Aussicht auf Annahme des fortschrittlihen Antrages ist, werden wir auch für den konservativen timmen, allerdings mit der Ausnahme, daß nicht die pensionierten Geistlichen in Betracht kommen. Wir gönnen ihnen das zwar gern, aber wir meinen, die Kirchen haben Vermöaen genug, um den nötigen Zuschuß zu geben ; soweit das niht möglich ist, sollen die vermögenden frommen Leute au etwas geben. (Zuruf rechts) Ihnen kann man es nie recht machen ; sagen wir etwas, so ist es Ihnen nicht recht, sagen wir zu einer rage einmal nichts, so schreibt die „Deutsche Tageszeitung“ wie gestern abend, wir hätten \{chämig ges{chwiegen.

Der fortschrittliche und der nationalliberale Antrag werden gegen die Stimmen der Linken abgelehnt, der Kommissions- antrag mit dem gemeinsamen Zusfaßantrage der Rechten und des Zentrums wird vom ganzen Hause angenommen.

Die eingegangenen Petitionen der Altpensionäre werden für erledigt erklärt. : j

Jm Etat der Bauverwaltung war die Beratung der extraordinären Forderung von 80 000 4 zur Ausarbeitung des Entwurfs für den Neubau eines Königlichen Opern- hauses in Berlin und für sonstige Vorbereitungen zur Bau- ausführung seinerzeit vorläufig zurückgestellt worden. Die Kommission beantragt, die Ausgabe unverändert zu bewilligen.

Die Abgg. von Bülow - Homburg (nl.) u. Gen. be- antragen:

„A. Das Haus der Abgeordneten wolle bes{ließen, in dem Titel an Stelle der Worte „Vorbereitungen zur Bauausführung“ zu seßen : „Borarbeitskosten“.

B. Das Haus der Abgeordneten \priht bei Bewilligung dieser 80 000 M die Erwartung aus:

1) daß die Königliche Staatsregierung den Entwurf für den Neubau eines Königlihen Opernhauses in Berlin unter Benutzung der bisher beschafften Unterlagen fowie unter Hinzuziehung weiterer Kreise der deutschen Künstlerschaft aufstellt und dabei auch das Anerbieten des Bundes deutscher Architekten vom 20. April d. I. berücksichtigt;

2) daß dabei die amtliche Programmskizze ‘als Grundlage diene, es den Künstlern jedoch „freigestellt werden soll, von diefer Programmskizze abzuweichen, soweit es thnen zweckmäßig oder aus künstlerischen Gründen nötig erscheint ;

3) daß die Entwurfs fkizzen von der Königlichen Akademie des

i; Bauwesens begutachtet werden.“ Dieser Antrag hat ‘auch die Unterstüßung der konservativen, der freikonservativen und der Zentrumsfraktion sowie der Volks- partei gefunden.

Minister der öffentlichen Arbeiten vo n Breitenbach:

Meine Herren! Die öffentlihe Kritik hat sich mit den in weiten Kreisen durch Abbildungen und Beschreibungen bekannt gewordenen Entwürfen zu einem neuen Opernhause befaßt und mit Necht auf die große Bedeutung der Bauaufgabe hingewiesen. Der Wert der bisherigen Entwurfsbearbeitungen ist sehr verschieden beurteilt worden, insbesondere tin künstlerisher Beziehung. Auf der einen Seite wird in Würdigung der besonderen Schwierigkeiten des Bauvorhabens und des Bauprogramms anerkannt, daß die Entwürfe der sieben erstmalig zur Bearbeitung herangezogenen Architekten und der vier zum zweiten Mal aufgeförderten Architekten eine gute und geeignete Grundlage

Gen.

Seite wird aber das Gesamtergebnis als durMaus unbefriedigend ge- kennzeihnet. Es wird auch die Wabl des Bauplaßes bemängelt.

Meine Herrèn, in leßterer Beziehung darf ich wohl feststellen, daß, nahdem der Lanttag im Vorjahre die erheblihen Mittel für den Grunderwerb zu einem neuen Opernhause bewilligt hat,

und nahdem diese Mittel verausgabt worden sind, die Frage des Bauplatzes wohl als ‘entschieden angesehen werden kann. Die Staats- regierung hat sich jedenfalls erst zu dieser Vorlage entschließen können, nachdem auf Grund fehr \orgfältiger Vorerhebungen festgestellt war, daß ein anderer geeigneter Bauplatz nicht zu finden war, und auch die sieben erstmalig zur Bearbeitung herangezogenen Architekten haben, obwohl es ihnen freigelafsen war, einen anderen Platz in Vorschlag zu bringen, keinen anderen bezeiYnen können. Einige von ihnen haben vielmehr auédrü&Ælih anerkannt, daß aus fünstlerishen Gründen die Wahl des Bauplates am Königsplatze als eine durhaus glüliche be- zeichnet werden kann. Es wird wohl auch nicht bestritten werden können, daß es im städtebaulihen Sinne nur als erwünscht bezeidnet werden muß, wenn der Königsplaß auf seiner Wesiseite in seiner ganzen Breite einen architektonishen Abschluß erhält, etwa in der Weise, wie es in der Programmskizze gedacht ist, daß das Opernhaus im stattlihen Maßslabe die Mitte der Baugruppe btldet und von Privatbauten, die durch ofene Hallen mit ihm verbunden sind, flantiert wird, um so durch den Gegensaß die monumentale Wirkung zu steigern.

In der Kritik, soweit sie den künstlerishen Wert der bisherigen Entwurfbearbeitungen betrifft, kommt ein Gefühl starker Enttäuschung zum Ausdruck. Es heißt dort: man habe von den Architekten cine ganz überzeugende, der Größe der Aufgabe gerecht werdende Lösung und etwas Neues und Bedeutendes erwarten müssen. Statt dessen aber finde man in sämtli&en Entwurfsskizzen nichts von der Sprache unserer Zeit; man vermisse den Beweis von baufkfünsftlerishem Können der Gegenwart; man sehe nur althergebrahte, abgebrauhte, unserem heutigen Empfinden fremde Formen. Demgegenüber darf aber doch festgestellt werden, daß die sämtlichen zur Entwurfsbearbeitung aufge- forderten Architekten, die norddeuts{hen sowohl wie die süddeutschen, sh in der Wahl der Stilformen zur historischen Auffassung bekannt haben, obwohl ihnen nach diefer Nichtung keinerlei Bindung auferlegt war. Offenbar sind sie aus innerer Ueberzeugung von der Auffassung ausgegangen, daß der Zweck des Gebäudes als eines Tempels der Kunst nach althergebrahter Auffassung von Feierlichkeit und Würde fi nicht ‘prägnanteec zum Ausdruck bringen lasse, als dur ein Zurückgreifen auf Stilformen, die si im Laufe der Jahrhunderte und im Wechsel der Zeiten siegreih behauptet haben, wenn es galt, einem Bauwerk machtvolle, mönuinéntale Gestaltung zu geben.

Meine Herren, nicht die Stilform allein ist das Entscheidende für den künstlerishen Wert eines Bauwerks, gleichermaßen doch auch ihre lünsilerishe Beherrshung. Ein \{öpferisch begabter Architekt wird auch in den Bahnen der historischen Auffassung so viel Neues, Cigenarttges und Persönliches hervorbringen können, namentli im Zusammenwirken mit Plastik, Malerei und Kunstgewerbe, daß ein Ganzes entsteht, welches die Summe des künstlerischen Könnens der Gegenwart in sih verfkörpert.

Die vier vorliegenden Entwürfe sind auch nur Skizzen. Es wird Sache des mit dec endgültigen Bearbeitung beauftragten Künstlers sein, in dem Maße, wie er \sih in diese Aufgabe vertieft, unter voller Würdigung des von der Kritik Vöorgetragenen einen baureifen Ent- wurf zu s{affen. Die Voraussezungen dafür sind in langwteriger, schwieriger, mühevoller Arbeit ges{haffen na meinem Ermessen, nah dem Ermessen der Sachverständigen und Künstler, die mich beraten, und nah dem Urteil derjenigen Verwaltung, die demnächst den Be- trieb tm neuen Opernhause zu führen haben wicd.

Mit befonderem Nachdruck ist nun in der Tagespresse und auch von den Fachvereinen die Auéschreibung ‘cines allgemeinen Wetts b-:werbes als Wunsch der deutschen Künstlershaft bezeichnet worden, damit, wie cs dort beißt,

die besten Kräfte des Landes sih an der \{chwierigen sung de

Aufgabe beteiligen können. Nur auf diesem Wege glauben die Vertreter jener Forderung

würde eine sihere Bürgschaft dafür gewonnen, daß ein Werk ent-

steht, welches cin rühmlihes Zeugnis von dem baukünstlerishen

Können der Gegenwart ablegt. (Sehr richtig! links.) Ueber den Wert eines folchen Wettbewerbes gehen die Meinungen weit auseinander. Für eine ganz freie und ideale Aufgabe, wie es etwa ein Denkmal ist, oder für ein Bauwerk von besonderer Eigenart, deren Ausdrucksmöglichkeiten noch nit erschöpft sind, wird ein allgemeiner Wettbewerb, sofern niht durch die Programmforderungen die Erfiadungsgabe zu stark eingeengt wird, ficher am Plate sein, da er eine Fülle von neuen Jdeen bringen und jungen, bisher unbekannten Talenten die Wege bahnen kann. Aber, meine Herren, ih darf do daran erinnern, daß selbst bei ganz freien und idealen Aufgaben, wie cs beispielsweise die Kon- kurrenz um das Bismarkdenkmal auf der Elisenhöhe bei Bingerbrück war, der Erfolg eines Wettbewerbs durchaus zweifelhaft ist, und ih kann ferner darauf hinweisen, wte die Jury, der doch die crsten Künstler, unsere ersten Autoritäten angehört haben, wie wir das au im vor- liegenden Falle sehen, in der ästhetishen Frage durchaus von einander abweihender Meinung waren. Nun sind nah unserer Ausfassung die Vorausseßungen für einen allgemeinen Wettbewerb vorliegend niht gegeben, da der Künstler an zwingende Zweckmäß!gkeitsforderungen eng gebunden ist, und ih darf darauf hinweisen, daß auch Männer von großer Begabung, die sich vom baukünstlerischen Standpunkte eines großen Nufes erfreuen, {ich ganz entschieden in Uebereinstimmung mit unseren Auffassungen gegen einen allgemeinen Wettbewerb ausgesprochen haben. Von gleichen Erwägungen ausgehend, hat die Staatsregierung geglaubt, vorurteilsfrei und sahlich zu handeln, als sie nur in be- grenztem Umfange Künstler von Bedeutung und fahmännishe Auto- ritäten zur Entwurfsbearbeitung herangezogen hat. Ste war und ist au heute noch der Meinung, daß sie auf diesem von ihr als richtig erkannten Wege eine besonders geeignete Grundlage für die Weiter- bearbeitung schaffen würde und au geschaffen hat. Wenn nun aber das hohe Haus, wie aus der mir vorliegenden Resolution erkennbar ist, Wert darauf legt, daß noch wetter den Kreisen der deutschen Künstlerschaft Gelegenheit gegeben werde, auf der Grundlage der amt- lien Programmsfkizzen Beiträge zur künstlerischen Lösung der Auf- gabe zu liefern, fo will die Staatsregierung sih diesem Wunsche gegenüber nit ablehnend verhalten. (Bravo!) Mitbestlmmend für

fordert wird, ferner die Hoffnung, daß die zu erwartenden Skizzen nit nur s{äßbare Anregungen, sondern auß Verbesserungen bringen werden. Die Staatsregierung erklärt \sich daher mit dem Wortlaut wie mit dem Junhalt der Resolution und der beantragten Aenderung des Etatstitels einverstanden. (Bravo!)

_ Abg. von Bülow - Homburg (nl.) begründet seinen Antrag : Diese Frage ist keine Parteifrage, auch keine Frage, die die Stadt Berlin allein angeht, sondern es ist eine Frage, die weit über Preußen hinaus für das ganze Deutshe Reich und für die deutshe Künstlershaft von Bedeutung ist. Das Ergebnis des ersten Wettbewerbes hat keinen Entwurf hervorgebracht, der als geeignet zur Ausführung betrahtet werden konnte Da- gegen sind sehr wertvolle Arbeiten für die weitere Behandlung der Sache geliescrt worden. Es muß jeßt eine größere Zahl hervor- ragender Künstler und Architekten herangezogen werden, -damit ein gutes Projekt zustande kommt’; es muß also ein neuer engerer Wett- bewerb veranstaltet werden. Der Bund deutscher Architekten bat fih in feiner legten Versammlung am 20. April bereit erklärt, hervorragende Mitglieder für diesen Wettbewerb vorzuschlagen zur Einreichung von Ideenskizzen. Ein Zuschaguerraum, wie er in dem bisherigen Projekte vorgesehen ist, kann nicht zur Ausführung gebracht werden ; in diejer Hinsicht muß eine Aenderung vorgenommen werden. Auch in dem Verhältnis des Zuschauerraums zum Bühnenraum sind Aenderungen erforderlih. Das Abgeordnetenhaus hat auch zu prüfen, ob die jeßige Gestaltung des Königéplaßes eine geeignete Folie für das Vpernhaus bietet, oder ob nit eine Veränderung des Platzes dahin vorgenommen werden soll, daß der Teil des Neichstagsgebäudes von dem Teil des Opernhauses durch eine hohe gärtnerishe Anlage abg‘ schlossen werden soll, sodaß auf beiden Seiten ein ge|chlo#}senes künstlerishes Ganzes zustande kommt. Es ift erfreulih, daß jeßt eine Einigung zwischen der Negierung und der Volksvertretung her- gestellt ist.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Den bei dem bisherigen Wett- bewerb beteiligten Künstlern war von vornherein keine Bewegungs- freiheit gelaffen worden; offenbar war es die Krone, die ihren fünft- lerischen Standpunkt als maßgebend befolgt haben wollte. Dagegen haben wir vor allem protestiert. Die bisherige Engherzigkeit im Ministerium hat zu dem Ergebnis geführt, das wohl jeßt von allen Seiten absprehend beurteilt worden it. Oie Urteile der Künstler find zum Teil fo leidenschaftlich absprehend gewesen, daß man ihnen Gewicht beilegen muß. Es müssen Über das Projekt uns geradezu die Haare zu Berge stehen. Die Kostenfrage darf bei diesem Werk keine Nolle spielen, die Mietshäuser zu Seiten des Platzes müssen be- seitigt werden. Der Play an si ist ganz vortrefflih, und daß das MNeichstagsgebäude das Opernhaus erdrücken könnte, kann ih nicht als zutreffend ansehen. Bei ten großen Dimensionen des Platzes wirken die beiden Gebäude nit aufeinander. Und der Hintergrund des Liergartens hinter dem Operngebäude wirkt gegenüber dem wuchtigen Neichstagsgebäude so kräftig, daß nicht an die Seiten des Opernhauses noch Mietskasernen in unkünstleriser Weise angetlebt zu werden brauchen. Wir haben Künstler genug, die ein gutes Werk zustande bringen können, aber es muß ihnen volle Freiheit gelassen werden. Es handelt \sich um das erste Theater für das ganze deutsche Volk, das zwar den Namen des Hostheaters hat, aber cine Bildungéstätte allerersten Nanges für das ganze Bolk, ein wirklihes Nationaltheater sein soll. Wir sind alle klassisch genug ges{hult, daß wir etne Vorliebe für die alte griechische Architektur haben, aber der Künstler muß diese s{öne alte Form tin einer Weise umgießken, daß ein formvollendetes und prakf:isch brauchbares Werk herauskommt. Auch die Innenachitektur der vorgelegten Entwürfe ist von künstlerischer Seite sehr ungünstig beurtetlt worden, und den prafktishen Zwecken zur Feuersiherheit usw. ist niht genügend Nehnung getragen worden. Der entworfene Saal macht allerdings einen viel besseren Eindruck als der überladene Jrethötagefaal. Man sollte Bruno Paul heranzichen. Keine Zeit ift lo wenig s{öpfer{ch an monumentalen Werken wie die unserige, aber die besten Künstler, die wir haben, müssen zu diesem Werke zu- gelassen we: den. Allerdings gibt es nur einen Bauherrn, der zu be- stimmen hat, wenn wir hier auch das Geld zu bewilligen haben ; aber es darf nicht die fünstlerishe Stimmung einer einzelnen Person maßgebend sein. Je mehr das der Fall ist, um so mehr muß die beratende Instanz ausgebaut werden, und das ist die ganze deutsche Künstlershaft. Nachdem die Negierung mit der Nesolution sh einverstanden ecklärt hat, fönnen wir an sich zufrieden sein, aber die Resolution is noch schr zahm, sie sollte aussprechen, daß jeder Künstler völlig nah freiem Ermessen das Werk ausbauen kann. Bei den Billettpreisen im Opernhause ist es leider unmöglich, daß das Theater den breiteren Massen wird dienen können. Man muß genügenden Naum für die Zuschauer s{haffen, bei den afkusti- schen Errungenschaften der neueren Zeit braucht man nicht zu ängstlih in der Bemessung des Raumes zu sein. Die Billettpreise müssen so gehalten werden, daß auch die große Masse des Volkes die hohe fTünstlerishe Leistung diefes Theaters genießen kann. Die deutsche Künstlershaft wird beweisen, daß sie ein bedeutsames Werk schaffen kann, das kulturellen Wert für das ganze Volk hat.

_Abg. Linz (Zentr.): Wenn man überhaupt die Frage auf- werfen will, ob es in dieser wihtigen Sache Sieger und Besiegte gibt, so muß man sagen, daß Siegerin die Kunst ist. Wir haben uns jeßt alle darüber geeinigt, welcher ganabare Weg eingeschlagen werden foll. Wir wollen keinen allgemeinen Wett- bewerb, sondern nur einen Wettbewerb unter den Künstlern, welche von den Künstlerkorporattionen vorgeschlagen werden. Schwieriger noch ist die Frage der Aenderung des Bauprogramms. Gegen die Miets- häuser zu Seiten des Gebäudes werden Bedenken erhoben, aber es tann auch sein, daß der Künstler gerade diese Häuser gebraucht, um sein Werk noch kräftiger zum Ausdruck zu bringen. Wenn die Be- lettigung der Hâufer verlangt wird, so fragt es fich, ob der Finanz-

minister einige Millionen mehr dafür hergeben wil. Das oberste Gesetz in dieser Aufgabe muß die Kunst sein. Die Beurteilung der Projekte darf s{ließlih nicht in das stürmishe Wasser der erregten Künstlerkreise geleitet werden, sondern in ein ruhiges Wasser, und eine Garantie für cine ruhige, objektive Erledigung bietet die Jury der Königlichen Akademie des Bauwesens. Meine Freunde wollen einmütig an dem Werke mitarbeiten, in dem Sinne des Schönen, Wahren und Guten. __ Abg. Freiherr von Malyahn (konf.): Meine Fraktion steht einstimmig auf dem Boden dieser Nefolution. Ich habe den Aus- führungen sämtliher Vorredner ich kann in diesem Fall sagen : sämtlicher Vorredner nichts hinzuzufügen, sie entsprechen im wesent- lien der Auffassung, die ih {on vor längerer Zeit bekundet habe. Aufgefallen ist mir nur, daß immer von dem eminent deutschen Interesse an dieser Sache gesprochen wird. Der Finanzminister wird mir zu- stimmen, wenn ih sage, daß cs in erster Linie ein Interesse Preußens ist, denn Preußen bringt die Mittel auf. Wir lehen auf dem Stand- punkt, daß im großen und ganzen der deutschen Künstlerschaft Fret- heit gelassen werden muß, aber im Nahmen der Finanzierung dfe Pläne sih halten müssen. Ich weiß wohl, daß man in anderen Llndern, z. B. bei der Pariser Oper, bedeutend höheren Kostenaufwand gemacht hat, aber diese Anlagen sind für uns niht maßgebend. Ich habe dem Minister den Dank meiner Fraktion dafür aus- zusprechen, daß er in so weitgehendem Maße unseren Wünschen hin- sichtlih der weiteren Beteiligung von Künstlern nachgekommen ist, ih habe auch Daak auszusprechen allen denjenigen, auch den deutschen Künstlern, welche ihre Kritik an den Entwürfen ausgesprochen haben, auch der Presse, die daran lebhaften Anteil genommen hat. Dadurch sind wir in der Sache ein Stück weiter gekommen. Den Wünschen des Hauses ist der Minister nachgekommen, wenn er erklärt hat, daß die Negierung die Nesolution annehinen will. Es war nit anders möglich, wir mußten den Würsschen der deutschen Künstlerschaft gerecht werden; das Abgeordnetenhaus hätte sich sonst, wenn etwas zustande gekommen wäre, was niht den Forderungen der Kunst entsprochen hâtte, für alle Zeiten dem Vorwurf ausgeseßt, daß es nicht alle Mittel und Wege ershöpft habe, um etwas Brauchbares für das deutsche

bilden, um einen ausführlichen Entwurf zu bearbeiten. Von anderer

diesen Ents{luß ist, daß ein allgemeiner Wettbewerb nicht mehr ge-

Vaterland und für die Kultur und die Architektonil zu faffen.

i Otcsem Vorwurf konnte und durfte si

Î nur noch den Wunsch binzufügen, daß den Künstlern freigestellt

E nicht

Ï darauf an, daß ein gutes, arbitektonisch s{chönes Werk geschaffen | wird. Das Gebäude muß ein Denkmal der Kunst für alle Zeiten

h Sänger nicht zugemutet werden, einen zu großen Saal zu erfüllen. | Bühnenraum und Zuschauerraum müssen so weit verengert werden, | wie es einem Theater entspriht. Die Hauptsache bleibt

| Mitglieder der Königlichen Theater läge, gegen die er die Mitglieder

} Billettverkauf muß gründlich reformiert werden, und die Preise, die

| werden, denn die Kunst ist international, aber es sollten nur so ausgezeich-

Dr. Muck ist ein außerordentli \{chwerer Verlust und muß auf das

das Abgeordnetenhaus nicht auéscezen. Daruin war die weitere Beteiligung der deutshen Künstler- schaft geboten. Die deutschen Künstler können mit dem Erfolg der Resolution und dem Entgegenkommen der Regierung zufrieden fein. Es liegt mir fern, näher auf die einzelnen Fragen, besonders die Playfrage und die Frage der Mietskasernen einzugehen, alle diese Fragen sind mit größter Vorsicht zu behandeln. Es macht prima riata keinen schönen Eindruck, wenn man sagt, daß die neben dem roßen Kulturwerk liegenden Häuser als Spekulationsobjekt benußt werden sollen, es ist aber Aufgabe der Künstler, daß an diefem {hönen Plage cin Bauwerk geschaffen wird, das allen Forderungen der Architektonik emspriht. Ich bin der Ansicht, daß die Künstler originale Werke schaffen sollen, und ih teile die Ansicht des Abg. Liebkneht und des Ministers, daß aus der Vergangenheit gelernt werden minuß, und daß es nicht als unzulässig erscheinen darf, die alten Stilsormen zu verwerten. Auch wir erkennen an, daß die bisherigen Entwürfe eine brauchbare Grundlage für die weitere Arbeit geben (s handelt sich um eine der größten Kultur- und Architekturaufgaben, die wir je gehabt haben, um ein Werk, das hoffentlih für Jahr- hunderte hinaus bestehen \oll, und das der deutshen Kunst und preußischen Kunst etne Stätte bereitet. Jeßt, nahdem das Ab- geordnetenhaus gesprochen, nahdem der Minister gesprochen, nachdem die Künstlershast sih auf eine sehr umfangreiche und eingehende Kritik eingelassen hat, ist es Sahe der deutshen Künstler- schaft, zu zeigen, daß fie étwas Künstlerishes und Brauch- bares leisten kann. Ich hoffe, daß der Künstler, der das Werk chaft, sh ein Denkmal für alle Zeiten seßt, und daß die große Aufgabe, die mit diesem Werke gestellt ift, auch große Ideen und große Künstler finden wird. Jch möchte, indem ih namens meiner Fraktion die Annahme der Resolution empfehle, noch wünschen, daß das Opernhaus auch in späteren Generationen dastehen möge als ein Werk, vor dem das deutsche Volk einmütig mit Bewunderung steht, und das eine Stätte der wahren Kunst ist. 7

Abg. Vor ster (freikons.): Ih kann den übereinstimmenden Er- klärungen der anderen Parteien auch meinerseits beitreten und möchte

werden möge, auch eine Umgestaltung des Königsplates in Betracht u ziehen.

| "Abg. Nosenow (forts{hr. Volksp.): Ich stimme den Vor- rednern zu, möchte aber noch betonen, daß ‘auch der Minister Ver- anlassung hat, uns zu danken, daß er diese Erklärung hat abgeben fönnen. Es war gut, daß die Budgetkommission diesen Wunsch aus- gesprochen hat, und daß wir die Beratung ausgeseßt haben, bis die Künstlerschafr Gelegenheit batte, ißre Kritik auszusprehen. Man fann natürlich mit dieser Kritik nicht in allen Punkten einverstanden sein, wenn sie übereifervolle Pläne verfolgte; denn wir müssen uns auh nah den Mitteln rihten. Selbstverständliß braucht gerade Mas vermieden zu wecden, daß eine UÜeber-

shreitung der Mittel stattfindet, denn es kommt vor allem

scin, aber es muß auch praktisch brauGbar sein, und darum muß großer Wert auf den Zuschauerraum gelegt werden. Es fann dem

et uns das Die Akademie des Bauwesens ist die geeignete Instanz zur objektiven Beurteilung. Die Resolution gibt der Künstlerschaft ge- nügend Naum zur Betätigung. Wir haben der Künstlerschaft freie Bahn geschaffen, an ihr ist es jeßt, zu zeigen, daß sie etwas Großes, Schönes schaffen kann, ein Denkmal dauernder als Erz und Stein. Wir hoffen, daß die deutshe Künstlerschaft diese große Aufgabe künstlerisch lösen wird.

Der Antrag von Bülow wird einstimmig angenommen. Der Titel wird bewilligt.

Es folgt der Etat der allgemeinen Finanz- verwaltung.

Bei der Ausgabe von 1,5 Million Mark als „Zuschuß an die Kronkasse zu den Betriebskosten für die Königlichen Theater“ bemerkt

Abg. Ko p \ ch (fortshr. Volksp.): Als ih im vorigen Jahre Kritik an der Leitung der Königlichen Theater übte, berief der Generalintendant Graf von Hülsen die Mitglieder der Königlichen Theater zusammen; über diese Versammlung erhielt die Presse dramatisch gefärbte Berichte; Graf von Hülsen erklärte in der Versamm- lung, daß in meiner Nede eine Verunglimpfung und Schädigung der

Theater.

in Shuy nehmen müsse. Meine Kritik richtete sich aber nicht im geringsten gegen die fünstlerishen Leistungen der Theater, sondern nur gegen die Leitung, gegen den Generalintendanten selbst. Die Berufung der Versammlung war nur ein taktishes Manöver, um meine Kritik abzushwächen und von thr abzulenken. Die Zustände, die ih im vorigen Jahre fkritisierte, bestehen noch heute. Der

heute nur den oberen Zehntausend den Besu der Theater er-

möglihen, müssen ermäßigt werden. Die starke Beschäftigung von Ausländern besteht nah wie vor fort, wenn ih auch anerkenne, daß wegen der langedauernden Kontrakte nur allmählih eine Aenderung möglich ist. Gewiß müssen auch Ausländer als Künstler beschäftigt

nete Kräfte sein, die nicht gut durh deutsche erseßt werden können. Der Jntendant muß durchdrungen sein von dem Geist, daß er keinem Erwerbs-, sondern einem Tünstlerishen Institute vorsleht. Es hat sih gezeigt, daß die leitenden Kapellmeister sih immer mehr von der \iesigen Oper zurückziehen. Das Scheiden des Generalmusikdirektors

tiefste bedauert werden, des Mannes, der 20 Jahre seine besten Kräfte der Berliner Oper gewidmet hat. Wie steht es übrigens mit der sozialen Fürsorge für das eclona! der Königlichen Theater ? Hierüber müssen wir eine Aufstellung erhalten. Das „Neue König- lihe Operntheater“ am Königsplaß Pai eine sonderbare Entwicklung genommen, Da hat si jeßt unter der Neklame „Ki-Ko-Kroll“ ein Kinematographentheater niedergelassen. Die Bezeichnung „König- liches Operntheater“ wird zwar niht mehr angewandt, aber in der Erinnerung bleibt es doch bestehen, daß aus einem Königlichen heater ein „Kintopp“ geworden ist.

Finanzminister Dr. Lene:

Meine Herren! Obschon die Geschäftsführung und der Betrieb der Königlichen Theater nicht der Königlichen Staatsregierung unter- steht, sondern ledigliß Sache der Krone is und von der Intendanz ausgeführt wird, halte ih mich do für verpflichtet, ein paar Worte auf die Ausführungen des Herrn Vorredners zu erwidern.

Der Herr Vorredner hat im vorigen Jahre sowohl wie in diesem Jahre die Geschäftsführung des Generalintendanten der Königlichen Schauspiele sehr \{arf kritisiert. In diesem Jahre hat er seine Kritik damit begonnen, der Generalintendant wäre, wenn er au nicht persönlih hier wäre, doch jederzeit in der Lage, sh dadur zu verantworten, daß er einen Regierungskommissar damit betraute, seine Ausführungen vor diesem hohen Hause zu machen. Meine Herren, der Generalintendant is leider ganz außer- stande, in diesem hohen Hause \sich gegen die hier erhobenen Angriffe zu verteidigen; denn es ist s\taatsre{tlich ganz unmögli, daß er einen Regierungskommissar damit be- traut, seine Angelegenheit hier vor dem Hause zu vertreten. Er ist infolgedessen gegen Kritiken und Angriffe in diesem Hause wehrlos (sehr rihtig! rechts) und muß infolgedessen versuchen, wenn die Kritiken und Angriffe in die Oeffentlichkeit hineingehen, sich an

Nun hat der Herr Generalintentant im vorigen Jahre vor seinem Personal sich zu rechtfertigen gesucht und hat diesem die Kritik vor- getragen, welche der Herr Vorredner in diesem hohen Hause geübt bat. Der Herr Vorredner hat dann heute erklärt, das Verfahren des Herrn Generalintendanten im vorigen Jahre wäre ibm in der Oeffentlichkeit nah zwei Richtungen bin verdaht worden: einmal von manchen Seiten als komödienhaft und dann zweitens, als wenn er hinter Seiner Majestät Dekung suche. Meine Herren, das sind beides sehr {were Vorwürfe, die ih doch hier nicht so ohne weiteres gelten lassen kann. (Sehr richtig! rechts.) Ih muß sie zurückweisen, weil derjenige, gegen den sie gerichtet find, fich hier nit vertetdigen kann. (Bravo! rets.)

Der Herr Vorredner hat gesagt, der Generalintendant wäre im vorigen Jahre der Kritik au8gewichen; der Vorredner hätte im vorigen Jahre das Personal in keiner Weise kritisiert, sondern an der Ge- \ckäftsführung des Generalintendanten Kritik geübt. Jch möchte dem- gegenüber doch vorlesen, was der Herr Vorredner im vorigen Jahre gesagt hat :

Zunächst bemängelt man bei unserer Königlichen Dper die Zu- sammensctzung des künsilerischen Perfonals. (Hört! hört! rets.) Die Königliche Oper is arm an hervorragenden Kräften. (Hört, hört! rechts.)

Dann heißt es an einer anderen Stelle:

Aber die täglichen Aufführungen weisen eine ganz minderwertige Besetzung mit Anfängern und dergleichen auf. (Lebhaftes Hört! hört! rechts.)

Meine Herren, ih kann doch nit anders sagen, als daß diese Aus- führungen eine Kritik des Personals in sh bergen, und wenn der Herr Generalintendant sich im vorigen Jahre an das Personal ge- wendet hat, so kann man nit behaupten, er sei ausgewichen, sondern er hat den Angriff so, wie er gegen ihn erhoben ist, auch ‘abgewehrt. Was im übrigen die Angriffe des Herrn Abg. Kopsch anlangt, so möchte ih auf das zurückommen, was ich zu Anbéginn gesagt babe. Die Königliche Staatsregierung ist nicht das Organ, das dafür zu sorgen hat, daß das Theater in ordnungsmäßiger Weise geführt wird. íInfolgedessen ist die Generalintendanz gegenüber den Ausführungen des Herrn Abg. Kopsch richt vertreten. Ich kann aber in keiner Weise Angriffe, die gegen die Person gehen, so ohne weiteres hingehen lassen. Ih möchte aber Herrn Abg. Kopsch bitten, die Kritik, die er übt, doch in eine Form zu kleiden, daß die Person des Herrn General- intendanten dabei nicht zu kurz kommt. (Lebhafter Beifall rets.) Aba. K op \ch (forts{chr. Volksp.): Dem Hause muß das Necht der Kritik der Königlichen" Theater eingeräumt werden. Wenn die Kritik hier einsett, tun wir nur unsere Pflicht. Die Negterung wäre sehr wohl in der Lage, eine geeignete Kraft hierher zu dirigieren. An Geheimräten wird doch kein Mangel fein, welche in künstlerischen Dingen in der Lage sind, cin Urteil abzugeben. Jedermann muß es

sich gefallen lassen, daß feine Tätigkeit auch .in diesem Hause etner Kritik unterstellt wird. Der Etat der allgemeinen Finanzverwaltung wird be- willigt. Damit ist die zweite Beratung des Staats- haushaltsetats erledigt. Das Etatsgeseh mit dem von der Budgetkommission empfohlenen Notparagraphen, wonach die bis zur Feststellung des Etats bereits geleisteten Ausgaben nachträglich genehmigt werden, und das Anleihegeseh werden ohne Debatte an- genommen.

Schluß nach 41/4 Uhr. Nächste Sißung Freitag 11 Uhr. (Kleinere Vorlagen.) Die dritte Beratung des Etats soll nah einer Mitteilung des Präsidenten am Sonnabend beginnen.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrung®- maßregeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

(Aus den „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ Nr. 18 vom 1. Mai 1912.)

Pest.

Britisch Ostindien. Vom 10. bis 16. März erkrankten in Indien 18011 und starben 15 401 Personen an der Pest. Von den Todesfällen kamen 7630 auf die Vereinigten Provinzen (davon 2567 auf die Division Benares), 3192 auf Bengalen (davon 106 auf die Stadt Kalkutta), 1567 auf bie Zentral- vrovinzen, 1093 auf das Pun jabgebiet, 719 auf die Prästdent- \chaft Bombay (tavon auf die Städte Bombay und Karachi 65 und 69), 523 auf den Staat Hyderabad (davon 98 auf die Stadt Hyderabad mit Vorstädten), 223 auf Zentral- indien, 168 auf die Präsidentschaft Madras, 98 auf Najputana mit Ajmer Merwara, 91 auf Burma (davon 13 auf die Stadt Nangun ), 85 auf den Staat Mysore und 12 auf Kaschmir.

Niederländisch Indien. Aus 4 Pläßen auf Java, von denen 1 in der Nesidentschaft Kediri, 3 in der Nesidentschaft Pasoeroean licgen, wurden zufolge Mitteilung vom 16. März täglich 1 bis 2 Erkrankungen gemeldet.

ongkong. Vom 190. bis 16. März 10 Erkrankungen und

9 Todesfälle in der Stadt Viktoria. : A S A R O Blu Tae n bis 16. März sind in urban 7 Inder an der Pest gestorben. i

Brasilien. Aus Pernambuco wurde in der ersten Hälfte des Februar 1 Pesttodesfall gemeldet.

Cholera.

Niederländisch Jndien. Am 1. März herrschte die Cholera noch im Bezirke Paree Parree auf Celebes (ununterbrochen seit dem 5. April 1911) ‘und im Bezirk Asahan an der Ostküste von Sumatra (seit dem 12. Dezember 1911). In Malili auf Celebes ist zufolge Mitteilung vom 16. März eine choleraähnliche, meist innerhalb weniger Stunden zum Tode führende Krankheit auf- getreten, welcher u. a. im November v. I. 42 Personen erlegen sind. Die Insel Java gilt als cholerafrei.

Gelbfieber.

Es gelangten zur Anzeige in: ä : Panama-Kanalzone. Im Januar 1 Erkrankung in der Quarantänestation von Culebra Jóöland auf einem Schiffe aus

uayaquil; e Brasilien. Vom 1. bis 29. Februar 4 Todesfälle in Ceara

vom 1. bis 15. Februar 7 in Pernambuco; de Chile. Am L April 38 Erkrankungen und 12 Todesfälle in

T illa. E Pocken.

Deutsches Reih. Jn der Woche vom 21. bis 27. April wurden 19 “etcanbingen (davon 8 bei fremdländishen Arbeitern) festgestellt, und zwar je 1 in Samment in (Kreis Pyriß, Neg.- Bez. Stettin), in Altenweddingen (Kreis Wanzleben), in

Vranderode (Kreis Querfurt, Neg.-Bez. Merseburg), in Ulkebüll (Kreis Sonderburg, Neg.-Bez. levwig), in Köfchina (Bez.-Amt Sngolstadt, Neg.-Bez. Oberbayern), in Borna (Amtshauptm. Chemniß), in der Stadt Leipzig, in Lomersh eim (Oberamt Maulbronn, Neckarkreis), in. der Stadt Freiburg (Baden), in Tiergarten (Kreis Büdingen, Obechessen), m wteinstedt (Kreis Ballenstedt, Anhalt). G

Für die Vorwoche ist nachträglih die Erkrankung einer russishen Arbeiterin aus Northeim (Neg.-Bez. Hildesheim) mitgeteilt worden. Oesterreih. Vom 14. bis 20. April je 2 Extrankuagen in den Städten Linz und Triest, 1 in der Umgebung von Krakau. Schweiz. Vom 7. bis 13. April 1 Erkcankung im Kanton Aargau. ; i Niederländisch Indien. In Soerabaja sind in der ersten Woche des März zablreiche Pockenfälle festgestellt worden. Hongkong. Vom 10. bis 16, März 36 Erkrankungen (daron 26 in der Stadt Viktoria) und 27 Todesfälle.

Fledckfieber. Oesterrei. Vom 14. bis 20. April in Ealizien 130 Er-

frankungen. Genidckstarre.

Preußen. In der Woche vom 14. bis 20. April find 4 Er- frankungen (und 2 Todesfälle) in folgenden Negierun gsbezirkten [und Kreisen] gemeldet worden: Arnsberg 1 (1) [Hagen Stadt], Frankfurt (1) [Landsberg a. W. Stadt], Lüneburg 1 [Celle Stadt], Oppeln 1 [Kattowitz Land], Schleswig 1 [Stormarn]. ODesterreich. Vom 7. bis 13. April 8 Erkrankungen, davon in Galizien 4, in Shlesien 3, in der Stadt Brünn 1. Schweiz. Vom 7. bis 13. April 1 Erkrankung im Kanton A xrgau.

Spinale Kinderlähmung.

Preußen. In der Woche vom 14. bis 20. April sind 4 Er- frankungen (und 1 Todesfall) in folgenden NRegterungsbezirken [und Kreisen] angezeigt worden: Landebpolizeibezirk Berlin 1 | Berlin], Neg.-Bez. Arnsberg 1 [Hagen Land], Breslau 1 [Breslau Stadt], Düsseldorf 1 (1) [M.-Gladbah Land]. Oesterrei ch. Vom 7. bis 13. April je 1 Erkrankung in Tirol und Schlesien.

Verschiedene Krankheiten.

Pocken: Konstantinopel (25. März bis 14. April) 46, Moskau,

Paris je 1, St. Petersburg 4, Warschau 9 Todesfälle; New York 2,

Odessa 1, Paris 2, St. Petersbura 11, Warschau (Krankenhäuser)

19 Erkrankungen; Vartzellen: New York 299, Wien 61 Gr-

krankungen; Fleckfieber: Odessa 2 Todesfälle; Odessa 92,

St. Petersburg 8, Warschau (Krankeyhäufer) 2 Erkrankungen;

fallfieber: Reg.-Bez. Arnsberg 2, Odessa 17 Erkrankungen; Milz-

brand: Neg.-Beztrke Breslau, Koblenz, Danzig, Liegniß, Merseburg,

Sleswig je 1 Erkrankung; Tollwut: Odessa 1 Todetfall ; I nl|- fluenza: Berlin 2, Braunschweig, Lübeck, Nürnberg, Budapest, Kopenhagen je 1, London 10, Moskau, New York je 8, Paris 3, Sk. Petersburg 4, Frag, Rom je 1 Todesfälle; Nürnberg 32, Kopenhagen 70,

Odessa 23 Erkrankungen; Genickstarre: Chrijtiania 5, New York 6 Todesfälle; Christiania 10, New York 9 Erkrankungen; Körner- krankheit: Reg.-Bez. Allenstein 83 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen ist an Viphtherte und Krupp (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1895/1904: 1,62 9%) gestorben in Dortmund, Me. Gladbach Erkrankungen wurden gemeldet im Landespolizeibezirke Berlin 166 Stadt Berlin 112), in Hamburg dd, Budapest 23, open- hagen 30, London (Krankenhäuser) 97, New York 322, Paris 48, Petersburg 55, Stocktholm 24, Wien 43; an Keuchhusten gestorben in Bottrop, Oberhausen, Offenbah, Spandau Erkrankungen famen zur Anzeige in Nürnberg 25, Hamburg 27, Budapest 31, London (Krankenhäuser) 57, New York 52, Odessa 21, Wien 38. Ferner wurden Erkrankungen gemeldet an Scharlach im Landes8- polizeibezirk Berlin 149 (Stadt Berlin 91), in Breslau 23, im Neg.-Bez. Düsseldorf 104, in Hamburg 31 Budapest 52, Kopenhagen 27, London (Krankenhäuser) 142, New York 419, Odessa 33, Paris 74, St. Petersburg 96, Wien 81; an Masern und Rötheln in den Reg.-Bezirken Danzig 44 (in Nickelswalde, Kreis Danzig Niederung), Posen 127, in Nürnberg 113, Antwerpen (Krankenhäuser) 25, Budapest 70, Kopenhagen 80, London (Kranke n- häuser) 60, New York 1269, Odessa 28, Paris 540, St. Peters- burg 80, Prag 98, Stockholm 37, Wien 534; an Typhus in New York 34, Paris 38, St. Petersburg 62.

Handel und Gewerbe.

Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank wurden im Monat April Wbaeretnat: 6 443 682 400 #6.

Nach der Wochenübersicht der Reichsbank vom 30. April 1912 betrugen (-+ und im Verglei zur Vorwoche):

Aktiva: 1912 1911 1910

Metallbestand es M é d stand an Turs- sähigem deutschen Gelde und an Gold in Barren oder aus- ländishenMünzen, das Kilogr. fetn zu

2784 é berenet) darunter Gold . 894 216 000 818 106 000 8 185 000 (— 41 594 000)|(— 40 978 000) (— 59 327 000)

Besland an Neichs- kafienscheinen . 42 811 000 63 993 000 (— 5184000) (— 2247 000)

Bestand an Noten e Banken . 11 652 000 10 480 000 8 517 000 (— 39 993 000) (— 28 312 000) (— 28 566 000)

tand an Wechseln Benn M .| 1162 969 000 | 1 014 707 000 | 983362 000 (4- 70 080 000)|(—+ 74 653 000)|(+ 57 815 000)

Bestand an Lombard- 7 ifi D U 136 223 000 112 039 000 125 651 000 (4 76 991 000) (4- 55 601 000)|(+ 66 268 000) Bestand an Effekten 92 968 000 2 384 000 78 341 000 (— 12 332 000)|(— 6 571 000) (4+ 1 678 000) Bestar.d an sonstigen

R G 150 401 000 193 704 000 151 304 000 (4 8 992 000)|(-- 5 584 000)(— 7463 000)

Passiva: Grunbkapital. . Reservefonds . «

Betra der um- laufenden Noten .

fonstige täglich fällige Verbindlighkeiten .

sonstige Passiva . .

123 000

1 239 586 000 89 64 048 000) 01

1134679000 | 10 (— 45 078 000) (— 40 641 090)|(—

180 000 000 (unverändert) 64 814 000

180 000 000 (unverändert) 64 814 000

180 000 000 (unverändert) Í 66 937 000 (unverändert) | (unverändert) | (unverändert)

1 785 660 000 | 1 659 092 000 | 1666 542 000 (4-138 636 000)|(4- 99 154 000) (4-128 259 000)

680 663 000 602 785 000 | 562 561 000 (— 85 681 000)|(— 41 371 000)|((—105 626 000) 33 350-000 24 855 000 28 715 000 (4 527 000)|((+ 284 000)|(+ 494 000).

der Stelle, die für ihn die gegebene ist, dagegen zu wehren.

Emden (Kreis Neuhaldensleben, NReg.-Bez. Magdeburg), in