1912 / 119 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 May 1912 18:00:01 GMT) scan diff

. ‘Recht jeder guten: deutshen Regierung wäre, dem Werke die Liefe- rungen zu entziehen, wenn einwandsfrei nachgewiesen wäre, daß in dec Leitung des Werkes deutschfeindlihe Anschauungen " betätigt waren. Zweifelhaft ist, ob es praktisch klug war, dem Werk zu sagen: Entlaßt den Direktor oder ihr bekommt keine Aufträge mehr.

_Der richtige Weg wäre gewesen, dem Werke die Aufträge zu entziehen und es dem Aufsichtsrat zu überlassen, welche tte er- griffen werden sollten, um die Lieferungen wieder zu bekommen.

die Kaiserli Aeußerung freut ch die französische Regierung, das ganze franzôsishe Volk und die phauntastishen Nationalisten in

Elsaß-Lothringen, aber das ganze deutshe Volk muß über diese

_ Aeußerung innerlich ershrocken fein. Die offizióse Erklärung kann

uns nit befriedigen; der Wortlaut geht uns gar nihts an, fondern

“nur dér Sinn, und daß ein Staatsstreich niht nur gegen den

- Reichstag, den Bundesrat und die verbündeten Fürsten inszeniert werden (ollte, brauhte man uns wirklich niht erst zu jagen, Wie wäre es, wenn z. B. einer der süddeutschen Bundesfürsten gesagt hâtte, es wäre besser, wenn man Elsaß - Lothringen

einem süddeutshen Staate einverleibte. Daß die Elsaß-Lothringer

eine Preußen werden wollen, hat auch {on Bismarck gewußt.

: Es ift gut für uns in Deutschland, daß die Angebriaen ‘eines jäfer

Staates ihre besondere Eigenart haben. So haben auch die Elsässer ihre Eigenart. Da soll man nit hineinregieren! Wenn Männer drüben unter der französischen Regierung groß geworden sind, so müßten sie, {chlechte Menschen sein, wenn fie diese Zeit ganz vergessen würden. Im übrigen wollen wir aber den Nationalisten Frankreichs sagen: Elsaß-Lothringen schaut niht zu Euch herüber. Dieses Wort des Kaisers hat so wenig Bedeutung, als ob es nicht gesprohen wäre. Das Wort des deutschen Volkes ist in dieser Frage mächtiger als _ A Shulb Gip.) Die Dinge in Elsaß Lothri haben nit j g- U .): Die Dinge in Elsaß Lothringen haben n den Verlauf genommen, den wir alle hier im Hause ewünscht hätten. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) Sie beweisen durh Ihre Zwischen- rufe au nicht das Gegenteil! Da der Deutsche Kaiser stets der stärkste Anwalt der elsaß-lothringischen Interessen und Wünsche gewesen ist, gleich zu Beginn setner Regierung in diesem Sinne gewirkt hat, ist es nicht wunderbar, ist es niht nur begreiflich und menshlich erklärlich, fondern ein Recht des Deutschen Kaisers, eine Warnung auszusprechen. Ueber die Form läßt sih streiten, keiner von uns kennt je mit der Genauigkeit, keiner kann sagen, daß Staatsstreichgelüste damit verbunden sind. Kein Mens kann nah dieser Richtung hin dem Deutschen Kaiser etwas vorwerfen. Gegen alle Silben/stechherei ist der klarste Gegenbeweis das, daß der Kaiser während seiner ganzen Negierungszeit niemals an der Verfassung gerüttelt hat, niemals mehr Rechte beansprucht hat, als die Verfassung ihm E Gerade die Partei des ersten Redners hat immer die Rechte des Parlaments über die e hinaus erweitern wollen. Der Ab- eordnete Scheidemann hat uns wiederholt aufgefordert, die Kon- equenzen zu ziehen, niht immer nur Resolutionen zu fassen, sondern als: entshlossene Männer die Macht an uns zu reßen. Er hat an China erinnert und hat gemeint, man solle Preußen-Deutschland zu einem modernen Staat gestalten. Was soll das anders heißen, als daß die Rechte der Krone geringer werden sollen ck Sie wollen die Verfassung erweitern, erstreben eine Erweiterung Ihrer Rechte und wersen dem Kaiser, der in berehtigtem landesväterlihem Interesse zu den Bewohnern in [saß - Lothringen spricht, Mißbrauch seiner Gewalt vor. Das werden Sie dem deutshen Volke nicht vormachen, daß der Deutsche Kaiser, der geren den Geseßen regiert hat, dies getan haben sollte. Wenn ch an die Worte denke, die der Abg. Scheidemann in dem Saal in dieser Versammlung gesprochen hat, die niht mögli wäre ohne die Großtaten des preußishen Staats, dann überkommt mich ein Gefühl die Worte kommen mir niht aus dem Munde des Mit- [eids, wie es solhe Leute geben kann, die sih Preußen nennen bei solhen Worten. Für diesen Unmut . und diesen Zorn, der si hier geltend gemacht hat, e Sie wenigstens Verständnis haben. Aber Sie haben die Gewohnheit, den preußischen Staat zu kränken und ihn in den Staub zu ziehen. Ich antworte Ihnen aber mit den Worten: Sie können das Maß der Beleidigungen und Kränkungen auf den preußischen Staat Berge hoh häufen, Sie werden niemals erreihen das Maß der s das wir für diese Beleidigungen empfinden. (Stürmischer Beifa rech8s große Unruhe links. Vizepräsident Dove: Ih habe nicht gehört, ob diese Worte ih auf Mitglieder des Hauses - bezogen haben.) Herr Präsident, ih habe damit auch die Worte des Abg. Scheidemann gemeint. (Erneute große Unruhe links. Eine weitere Frage des Vizepräsidenten Dove und die Antwort des Redners gehen unter dem allgemeinen Lärm vollständig verloren.) Bei diesen Worten des fozialdemokratishen Redners ist in mir von neuem groß gèworden der Stolz, das stolze Gefühl, ein Preuße zu sein, dem Staate anzugehören, den Gie so hassen. Wenn der Staat Friedrichs des Großen von Ihnen nicht mehr so gehaßt würde, dann verdiente er seine Könige nicht, die er gehabt hat. An diesem Staate müssen Ihre Angriffe zerschellen, zershellen an dem ehernen Felsen der Monarchie. : Abg. Hauß (Els.): Wer nah den Angriffen auf uns ein Urteil fällen wollte über die Verhältnisse in Elsaß-Lothringen, würde glauben, daß man es bei uns mit Reihsfeinden der s{chlimmsten Art d tun hätte. Als der neue Landtag in seine Rehte trat, mate sih bei allen dort vertretenen Parteien das Bestreben geltend, die Rechte, die uns die neue Verfafsung gegeben hat, in gründlicher Weise auszunußen ; denn sie sind späclich genug ausgefallen. Das war unser gutes Reht. Wie lagen denn die Dinge, die in den leßten Monaten in L S ileinben vorgefallen sind? Die frübere Regterung von Elsaß-Lothringen hatte im Jahre 1896 dem Deutschen Kaiser einen großen Waldkomplex angeboten. Sie tat das, ohne die Volksvertretung auch nur zu oro, ohne sie zu befragen. Die Volksvertretung wurde erst mit der Sache befaßt, als es fh darum handelte, ein luxuriöses Jagdschloß zu bauen. Das wurde ver- weigert, die Verpachtung des Waldkompleres aber gerehmigt. Ob diese Verweigerung dazu geführt hat; daß der Kaiser die Jad niemals b. suchte, weiß ih niht. Tatsache ist aber, daß seit 1896 bis zur Stunde der Kaiser mit keinem Fuß diese sogenannte Kaiserjagd betreten hat. Wir sind dann jegt zu dem béfannten Beschluß ekommen, weil das Wild sih immer mehr und mehr häufte, weil fein Stü abgeshossen wurde und es \{chließlich dahin kam, daß der \höône Waldkomplex nahezu ganz verwüstet wurde. Dann die Streihung des Gnadenfonds! Der frühere Statthalter hatte aus diesem Fonds zur Erbauung eines Kaiser Wilhelm: Denkmals in Straßburg Gelder egeben. Als die Volkspertretung dahinter kam, vol der Dispositions- onds des Statthalters in einer solchen zweckwidrigen Weise ver- wendet wurde, hat das Denkmalkomitee diese Gelder zurückgezahlt. Bei dem Gnadenfonds war nicht alles so, wie es dargestellt wurde. Niemand darf fich wundern, daß von der elsaß - lothringischen Kammer so vorgegangen it. Sie kann verlangen, daß das ihr etatsrehtlih zugejtandene Kontrollrecht auch auf den Gnadenfonds ausgedehnt wird. Schließlich hat die Kammer eine Konzession dahin gemacht, daß eine generelle Mitteilung über die Verwendung gemacht werden soll. Auf Grund dieser Konzession hat der Landtag be- \chlossen, den Gnadenfonds zu bewilligen. Er hat daran allerdings die Bitte geknüpft, L die Regierung argesihts der finanziellen Lage des Landes diesen Fonds möglichst herabseßen soll. Ich glaube, daß es kein Volksvertreter wagen könnte, dem Landtage hier den Vorwurf zu machen, er hätte in diesem Punkte Unrecht getan. Unser Statthalter erhält jährlich 200 000 # Si rvo Mr also das Doppelte, was der Kanzler des großen Deutschen Reichs als Gehalt erhält. Sie wtkssen, wie übel wir egen mit unseren Finanzen dran sind. Unsere Beamten sind viel \{lechter besoldet als in jedem anderen Staat. Da war es doch richtig, daß man da UAbstriche machte, wo zuviel gegeben wird. Es waren also nur Rük- fichten finanzieller Natur, die zu dieser Kürzung des Repräsentations- fonds geführt haben. Jm Falle Grafenstaden hat der Reichs- fanzler dos Hauptgewicht auf einen Punkt gelegt und, wie ih zu- eben muß, es in geschickter Weise verstanden, den Kern der ganzen e zu verschieben. Es ist in dieser Frage stark zu unter- scheiden zwishen der Haltung der preußischen und der elsaß-

i lothringischen

sehen. Sie

« übrig geblieben als ein großer Scherben.

Prügeljunge des persönlihen Regiments.

egierung. Es is im Landtag keinem Menschen

eingefallen, der preusischen Regierung einen Vorwurf aus ibrem Vor- ehen zu mahen. Wir ge eht zu, thren Lieferanten solche Bedingungen u stellen,

ehen thr das R

z die sie für gut hâlt. Anders aber ist das Verhalten der elsaß-lothrin [Ges egierung zu beurteilen. Ste ist aufgefordert worden, in Grafenstaden nah dem ten zu hat aber weder den Angeklagten noch einen Fabrikbeamten gehört, sondern nur einen Bericht i Berlin geshickt, woraus die preußishe Regierung ersehen mußte, daß dieser Direktor ein Deutschenfeind sei. Denselben Direktor bat aber die Regierung ein Laner | r vorher zum Prüfungskommissar der Kalserlih tehnischen ule tin

Straßburg ernannt. Es wäre Aufgabe der Regierung

res die Zustände in Grafenstaden genau zu erforschen und die

eteiligten Kreise zu hören. Denn in wüirtshaftliher Beziehung hängt davon sehr viel ab, weil niht nur Grafenstaden, sondern auch die ganzen umliegenden Orte dadur brotlos gemaht werden. Wir klagen die Regierung deshalb an, weil sie in dieser Frage

in höchst leitsertger N hat. Die preußische Regte-

rung geht uns da ir haben nur unserer Regie- rung das Mißtrauen aus\prehen wollen. Wie leichtfertig vorgegangen ist, das zeigt eine Zuschr f der eigenen Beamten an den Landtag, die noch dazu unterschrieben ist von den elsaß-lothringishen Landesbeamten und den in Grafenstaden befindlichen Kreisbeamten. Dies Verhältnis in Elsaß-Lothringen stimmt nicht damit überein, was man in der deutschen und au in der französishen Presse geschildert findet. Wer sich informieren will, der mag selbst zu uns kommen. Wir sind aber mündig. Wir mischen uns ebensowenig in andere Angelegenheiten ein, aber wir dulden es ebensowenig, daß man das den unseren gegen- über tut. Wir haben darin also genau denselben Standpunkt wie Preußen. An eine Loslösung Elsaß - Lothringens vom Deutschen Reich denkt niemand. Um dem Kollegen van Calker eine Freude zu machen, und ih mache ihm gern eine Freude, erkläre ih hier noch ausdrüdli, daß keiner meiner Kollegen im elsässishen Landtage daran denkt; wir geben dem Deutschen Reih gern, was des Reiches ist, aber wir verlangen aud, vom Deutschen Reich nicht als Kinder behandelt zu werden. Die Verfassung wurde voriges Jahr gemacht in dem

festen Glauben, es würde die Sanierung der Verhältnisse im Reichs-

lande eintreten. Aber {on jeßt nah wenigen Monaten threr Geltung sind die Klagen allgemein, nichts ist besser geworden. Sollte si{h da die Regierung nicht fragen, ob nicht gerade die Regierenden daran {huld sind? Immer einseitig nur auf das elsässishe Volk loshauen, das ist nicht gerecht, das verbittert, das kann keine Sanierung herbeiführen. Wir haben dunkle Drohungen gehört von dem Inscherbenshlagen der Verfassung, von der Einverleibung in Preußen. Diese Drohung hat in Elsaß-Lothringen großen Eindruck niht gemaht. Wir, die Angehörigen eines großen Weinlandes, sind nicht geneigt, Tischgesprähe tragisch zu nehmen; wir sind auch seit 40 Fahren gewohnt, nach preußischem Muster regiert zu werden, also fann es mit der Einverleibung auch nicht s{limmer kommen. Aber das Vertrauen zu unserem Landesherrn hat dur dieses Vorkommnis einen ganz gewaltigen Stoß erlitten. Möge der Kanzler dem Kaiser sagen, daß wir die \{lechten Menschen nicht sind, als die man uns bei ihm hingestellt hat. Der Deutsche Kaiser ist \{chlecht informiert worden, und zwar zu unserem großen Bedauern von unserer Regierung selbst. Wis zahlen unsere Steuern so gut wie die Angehörigen anderer Bundesstaaten, und unsere Söhne dienen in der Armee und Marine und gehören nit zu ihren s{lechtesten Elementen. Das Schimpfen über die Regi-rung ist keine \pezifisch elsässishe Eigenschaft, sondern nur ein Beweis, daß sie gute Deutsche geworden sind. Das alles bitte ich den Kanzler, dem Kaiser sagen zu wollen. Wir gehorchen nicht aus Zwang, abern lediglich aus Ueberzeugung und aus unserem Gewissen heraus. j Abg. Dr. Len\ch (Soz.): Ich beginne mit einigen Bemerkungen über die dramatishe Szene, deren Zeugen wir vor einigen Stunden waren. Die NRegierungsvertreter, der Reichskanzler an der Spitze, verlicßen den Saal aus dem Grunde, weil angeblich der Abg. Scheidemann das E Volk oder Preußen beleidigt hat, und weil ihn der Präsident nicht schnell genug zur Ordnung gerufen habe. Nach unserer Ansiht war der Kanzler dadurch nicht berehtigt, den Saal zu verlassen, weil es sich um seinen Etat handelt, wo er Nede und Antwort stehen foll über seine Tätigkeit und wo er gerade in einer ganz besonders aktuellen Frage, um Auskunft ersuht wucde. Wenigstens hätte er den Schluß der Rede des Abg. Scheide- mann abwarten follen und die Bemerkungen des Präsidenten auf Grund des amtlichen Wortlauts der Scheidemannshen Rede. Wenn nun aber die Rede gar keinen Anlaß zu einem Ordnungsöruf geboten bâtte? Hätte dann der Kanzler auch den Saal nicht wieder be- treten? Es liegt hier zweifellos ein Mißgriff des Kanzlers vor. Der Kollege Scheidemann hat niht Preußen Tlecthin, sondern nur das {lechte Preußen treffen wollen. Wenn hier von Preußen geredet wird, dann rufen die Herren rechts: Preußen, das sind wir! Nein, wir haben auch tin Preußen die große Scheidung zwishen dem offiziellcn Preußen, tem Lande der Junker, und den preußischen Arbeitermassen. Besonders sharf wurde ausgelegt, daß Scheidemann die Androhung mit der Einverleibung in Preußen verglich mit der Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes. Diesen Vergleich soll man doch nit absihtlih falsch verstehen und dann mit aufgedonnerter Entrüstung abtun. Wenn der Kanzler so außerordentli empfindlih ist, sobald ein verleßendes Wort gegen Preußen fällt, so ist do gerade er na der Berufenste, eine so dünne Cpidermis zur Schau zu tragen. In setner Rede vom 16. Februar hat er hier die Sozialdemokratie auf das s{häârfste angegriffen, er hat dreimal wiederholt, daß sie eine ausgesprochen antinationale, also volksfeindliche Partei ist. (Sehr rihtig reckchts.) Es ist mir sehr lieb, dieses „Sehr rihtig!* von der Rechten zu hören, wo doch die Herren vom Reichsverbande sigen, dieselben Herren, die so ganz besonders feinfühlig im Punkte des Ehrbegriffs sind. Wie kommt der Kanzler dazu, ch als Wort- führer der Nation aufzuwerfen? Er |st niht der Vertrauensmann des deutschen Volks, niht einmal der dieses Hauses, er ist lediglich der Vertrauensmann des persönlihen Regiments, jenes Systems, das in den weitesten Kreisen des deutshen Volks immer wieder die stärkste Empörung wachruft. Ibm sei auf jenen Angriff geant- wortet: Die deutshe Sozialdemokratie hat für Deutschlands Ehre und Kultur schon gekämpft, als seine Exzellenz noch in den Windeln lag. Und sie wird noch kämpfen, wenn der Kanzler als ein beiläufiger Handlanger des persönlihen Regiments längst in den Kata- komben der Vergessenheit ruhen wird (Abg. Kreth: Das war sehr \{chön!). Von der ganzen Deduktion des Kanzlers ist nichts 3 B R e Per Brab e d E orn von Bulach richtig gesagt hat: Drüben in Preußen denkt man anders als bei uns. Es liegt hier tatsählich genau derselbe Aft politishen Terrors vor gegen den angeblich deutschfeindlichen Direktor, wie man ihn uns so gern zum Vorwurf maht. NoŸ Graf Bülow hat jede- unverantwortlihe Einmishung des persönlichen Regiments für sch und jeden seiner Nachfolger Sen, Da- von war in der Rede des Herrn von Bethmann kein Wort zu hören ; er begnügte \ich damit, die Kaiserlihen Worte abzumildern. Er seute statt „Zershmetterung“: „Revision“. Damit allein ist {on bewiesen, daß die Rede des Kaisers überhaupt niht zu rehtfertigen ist. So redet nit der verantwortlihe Minister, sondern zugleich ‘der (Große Unruhe rets;

Präsident Dr. Kaem pf ruft den Redner zur Ordnung.) Aus dieser

Kaiserlichen Rede tönt uns der Geist des Gottesgnadentums entgegen, .

wie es in Königsberg verkündet wurde; „der Herr hat’s gegeben, der

err hat’s genommen, der Name des Herrn sei gelobet !“ (Stürmische

fuirufe rechts und im Zentrum. Präsident Dr. Kaempf ruft den

edner abermals zur Or A Ein Parlament, in dem es möglich ist, die Abgeordneten mit Polizeigewalt hinauszutreiben, hat aufgehört, ein Parlament zu sein, wobei ich nicht untersuhen will, ob das preußishe Abgeordnetenhaus überhaupt jemals ein Parlament ge- wesen ist. rstaunt war ich über die von der Linken, als Scheidemann darauf hinwies, daß dieses Parlament dur einen Verfassungsbruch ins Leben getreten ist. Das haben nicht nur liberale Politiker und Historiker, das haben

Aufregung der Herren

auch konservative Politiker, das hat selbst ein leibhaftiger preußilder Minister, der Minister des Junern Herrfurth, dargelegt. - Da hätten Ste. sih 1 Zhre Entrüstung eine bessere sollen. / Die wirklihen modernen politischen Krästeverhältnisse im Volke sind zu den veralteten Gesezesbestimmungen, die einer längst hinter uns liegenden Epoche ent\stammen, in unheilbaren Gegensaß getreten. Dieser Widerspruch treibt immer wieder zu solhen Konflikten und es wird in Preußen niht Ruhe werden, bevor das heutige Kräfte, verhältnis sih die öffentlich - rechtlihe Anerkennung errungen hat. Auch die Reichsverfassung wurde schon, als sie geboren wurde, von dem ehemaligen Kommunisten und späteren preußishen Finanzminister Miquel als die Ferrg eines furzlebigen Militärstaates gekenn- zeichnet; und au sie besteht heute noch! Ihre Revision im demokra. tischen Sinne strebt einzig und einzig und allein die Sozialdemokratie an. Wir werden heute noch \o regiert wie vor 40 Jahren, obgleich si doch im Deutschen Reiche und der Welt alles geändert hat. Die Arbeiterklasse war nur in besheidenem Maße vorhanden, und die deutshe Industriearbeiterschaft ist jevt der Grundstock unseres ganzen wirtschaftlichen Lebens. Der Liberalismus machte damals no Opposition. Jett ist er militärfromm wie ein Trompetershimme[ geworden. Die Sozialdemokraten sind die einzige Partei, die vorwäris drängen. Deshalb verlangen wir auch eine Revision der Reichs. verfa ung (Zuruf: der Geschäftsordnung). Diese Geschäftsordnung ist allerdings der Reichsverfassung entgegen. Die Verantwortlihkit des Reichskanzlers ist für uns nur die allerelementarste Voraus- seßung und nur der Anfang zu weiteren Forderungen. Wir find uns klar, daß' diese e sfämpfe !Machtkämpfe sind, die nicht fortleben können, wenn fie nicht alle Klassen, vor allem die Arbeiterklasse, ergreifen und erpaden. Bei uns 110 Sozialdemo- kraten kommt es nit auf die einzelne Persönlichkeit an, sondern darauf, daß hinter diesen 110 Mann 47 Millionen Wähler steben. Das sind die Kerntruppen des Arbeiterstandes, die sich nit bloß ent- \{hließen, im Guten, sondern auch im Schlehten für ihre Jdeale einzustehen. Die 26 Millionen, die Deutschland jeßt mehr hat, als zu Beginn des Reichs, sind jeßt für das Wahlrecht nicht vorhanden, Und wir wollen darum hier im Reichstag ein Pluralrecht zugunsten der Arbeiter. Die Konzentration des deutshen Kapitalismus ift soweit fortgeschritten, pol 300 Leute das ganze Reich wirtschaftlih in der Hand haben. Nach früheren Ausführungen des Reichskanzlers ist für die Sozialdemokratie kein Play. Für ihn gibt es nur Konservative und Liberale. Die modernen Gegensäße sind verboten und existieren nicht. Nach ihm sollte die Sozialdemokratie vielleicht nur als eine Shwanz- partei hinter den Liberalen oder hinter den Konservativen rangieren, Das sind Ansichten aus der Biedermaierzeit, als der Großvater die Großmutter nahm. Der Reichskanzler wollte die gemeinsamen Interessen des Bürgertums gegenüber der Sozialdemokratie zur Geltung bringen und die Sozialdemokratie isolieren. Er begnügt si damit, ideenlos fortzuwourzeln. Deshalb kommen wir aus tem Marasmus nicht mehr heraus. Seit Jahrzehnten haben wir im Deutschen Reiche kein großes Ziel erreicht; denn die Furcht vor der Sozialdemokratie lähmt ‘die ganzen bürgerlihen Parteien. Je höber Sie die Dämme aufwerfen, deslo höher wird die Flut. Machen Sie, was Sie wollen, wir werden mit Ihnen allen fertig!

Hierauf wird ein Schlußantrag gegen die Sozialdemokraten, Polen und Elsässer angenommen.

Gegen 61/2 Uhr wird die Fortseßung der Etatsberatung auf Sonnabend, 1 Uhr, vertagt.

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 10. Sißung vom 17. Mai 1912, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sizung is in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Auf der Tagesordnung steht als erster Beratungsgegenstand der Bericht der Agrarkommission über den Entwurf eines Moorschußgeseßzes. Der § 1 war, wie bereits gestern gemeldet wurde, unverändert angenommen.

8 2 sieht vor, daß eine Genehmigung nicht erforderlich ift, wenn es sich um die Gewinnung von Torf für die eigene Haushaltung und Landwirtschaft handelt.

Die 88 2 und 3 werden ebenfalls unverändert an- genommen, ebenso § 4 nach einigen erläuternden Bemerkungen eines Kommissars des Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, ebenso der Rest des Geseßentwurfs und der Be BOT bes im ganzen.

Es folgt der Bericht der Finanzkommission über den vom Abgeordnetenhause angenommenen Geseßentwurf, betreffend die Feststellung des Staatshaushaltsetats für 1912.

Generalberichterstatter Herr Graf von Keyserlingk-Neu- stadt stellt fest. daß die preußishen Staatsfinanzen sich in einem be- friedigenden Aufshwung befinden, woran die Einzeletats fast gleih- mäßig teilnehmen, auch das Schmerzentkind des Etats, der Bergetat. Geradezu glänzend sei der Eisenbahnetat, der etwas zu pessimistish aufgestellt sei. Das rechnungsmäßige Defizit von 19 Millionen brauche niht zu ershrecken, denn seit dem 15. Januar habe sih daë nan wesentlich günstiger gestaltet. Dies zeige auch die Aus- tattung des Ausgleihsfonds. Es frage sih nun, ob nicht durch die Eisenbahnübershüsse so viel erübrigt werden könne, daß auf die Steuerzuschläge, die nah der Steuernovelle dauernd bewilligt werden sollen, verzihtet werden könne. Der Ausgleichsfonds werde am Ende dieses Jahres wesentlich mehr enthalten, als die Finanzverwaltung. annahm. Dies Ergebnis sei erreiht worden troy erheblicher Ausgaben der Eisenbahnverwaltung und anderer Ressorts. Der Etat erwe nirgends Besorgnis für die Zukunft. Da müsse es auffallen, day die Finanzverwaltung die Zuschläge zur Einkommen- und Ergänzungê- steuer dauernd machen wolle. Diese wären nur als Provisorium gé- dacht gewesen und eingeführt zur Deckung der Kosten der Besoldungê- vorlagen; man habe damals die Folgen der Reichsfinanzreform nicht übersehen können. Daß die Reichsfinanzen auf die Finanzcn der Einzel- staaten zurückwirken können, trete besonders bei der Branntwein- steuer hervor, die als Ueberweisungssteuer gedacht ne Zu einer Aenderung des Steuersystems in Preußen liege eine Not- wendigkeit niht vor. Das Herrenhaus habe seinerzeit gegen eine weitgehende Anleihewirtshaft energish Front gemacht. Aber ger über der Thesaurierungspolitik der Finanzvorlage sei es doch an Œ Zeit, auf die Kirchhoffschen Vorschläge zurückzukommen, wenn er en ewisse Bedenken gegen sie habe. Je Gle habe der Ausgleichöfen? Won fe t den in Aussicht genommenen eas überschritten. Bei r 4 ahnetat herrsche eine nicht zu billigende Thesaurierung. ange Y unserer guten preußischen R und angesichts der Bela un der Bevölkerung durch die Reichsfinanzresorm; könne der jeßige Zeitpun i: niht für O erachtet werden, die Steueraus Gage dauern A machen. Die Staatsregierung halte sich durch die_ eshlüsse inb 1912 für gebunden, eine organische Aenderung der Einkommen- 6 Ergänzungssteuer vorzuschlagen, aber diese Beschlüsse brauchten Herr niht zu einer dauernden Erhöhung der Steuer zu führen. ueber von Graß sah in einer Broschüre als einzigen Ausweg die fen weisung der Eisenbahneinnahmen zu Tilgungszwecken. a u wert sei, daß Herr von Graß das Recht des Herrenhauses vertrete n fordere, daß die gesamten Ausgaben und Einnahmen des, Staa!e fn den Jahresetat gebraht werden müßten. Die Kommission habe t den Berichterstatter, beauftragt, der Staatsregierung nahezu er aué Ctat künftig frühzeitiger dem Landtage vorzulegen, damit da nicht wieder ihn in einer so späten Zeit zu beraten brauche.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

elegenheit reservieren

zum Deutschen Reichsanzeiger und.

„6 119,

Pm, (Schluß aus der Ersten Beilage.)

Finanzminister Dr. Lengze: *)

Herr von Mi rba ch- Sorquitten: Die Steigerung der Eisen- vaHneinnahmen beruht niht nur auf der guten Konjunktur die is übergehend ist, sondern ganz wesentlih auf der Verbesserung der WBetriebsmittel und des Betriebes, die wir dem Eisenbahnminister zu Sena haben. Jn bezug auf die auswärtige Politik i} zu sagen, 2A an den Fürsten von Bülow si ziemlih {chmerzvolle Erinnerungen e en. Das Pronunziamento im „Hamburger Korrespondenten“ und g Xmokratisierung des Wahlrechts ist das, was ih meine. Troß- dem knüpfen sih an ihn Ps freundliche Erinnerungen. Ueber Den gegenwärtigen MNeichskanzler ein Urteil zu fällen, würde verfrüht sein. Bedauerlich war es, daß er im Dezember v. J. einen unbe- gründeten Borwurf machte. Solche Beschuldigung gegen den Führer e konservativen Partei, die Trägerin des \taatserhaltenden Ge- ankens ist, hätte doh unterbleiben können. Fürst Bismarck gewährte A Parlamentariern Gastfreundshafil, um Anregungen von j tännern des praktischen Lebens zu erhalten, und um mit den Par- teien Fühlung zu nehmen, mit denen er seine Politik machte. Diese öwanglosen Unterhaltungen wurden auch besonders gepflegt von Miquel, und das war für unser politisches Leben von allergrößter Bedeutung. Die Fürstin Bülow legte mir einmal eine Liste von Einladungen vor. Zch sagte, das E noch zu wenig. Heute liegt die Sache ganz anders. (s werden die esamtyerbände der Parlamente eingeladen, und da ist on Liner zwanglosen Aussprache gar nicht die Nede. Bestände noch die Bismarckschè Praxis, so ließen sich Schärfen mit den Führern der Parteien vermeiden, und zwar nachhaltig und dauernd. Also das Urteil über den gegenwärtigen Reichskanzler wäre verfrüht, aber seine Per- fönlihkeit gibt cine Garantie für eine ruhige, besonnene und maß- volle Politik gegenüber dem Auslande. Was die Wirtschaftspolitik betrifft, so gestatte ich mir, etwas näher darauf einzugehen. Die Landwirtschaft muß mehr als jedes andere Gewerbe mit der Kon- unktur und der Einwirkung der Witterung auf ihren Betrieb rechnen. Auch die intensivste Kultur {übt nit vor den Unbilden der Witte- Jung, wie das Jahr 1911 zeigt. Die ‘Minderung der Rentabilität der Landwirtschaft ist leicht nachzuweisen durch den Vergleich der länd- lichen und städtishen Bevölkerung. (Der Redner belegt dies dur die Statistik.) E ist, daß das Kapital in seinem Feingefühl, wo etwas zu holen ist, niemals eine Aktiengesellschaft für einen land- wirtscbaftlichen Vetrieb gegründet hat. Die Landwirtschaft ist durch Lasten für Kirchen und Schulen, durch die enorme- Erhöhung der Veiträge für die Reichsversiherungsordnung überaus belastet. Diese Belastung ist Jedenfalls höher, als die Grhöhung der Erträge. Durch die ECrhöhung der Branntweinsteuer ist die Landwirtschaft allgemein beiastet worden, der Konsum ging zurück. Troßdem stehen wir heute noch vor einer noch weiteren Belastung durch. Aufhebung des Kontin- gents im Neichôstage. Gerade der ärmste Teil: der Landwirtschaft soll die Lasten der Erhöhung für Heer und Flotte tragen. Trägt das platte Land nichk ür das Land schon jeßt die größten Lasten? Denken Sie do an die Aushebung und die anöver. Ob diese Mehrbelastung gerecht ist, ist eine andere Frage. Wäre es jeßt niht an der e vor dem Brandenburger Tor an der Ostseite der Linden und in der Wilhelmstraße die Inschrift anzubringem „justitiafundamentum regnorum“ ? Deutsch- land hâtte seiner geographischen Lage nach allen Anlaß, das landwirt- \caftliche Leben zu stärken. Die Branntweinsteuervorlage hat aber darauf keine Rücksicht genommen. Wenn ih meinem Pächter eine neue Last auferlegte, so würde 1ch ihn als Gentleman entschädigen. Die Frage hat auch eine politische Seite; es ist die Frage der Polonisierung. Auf der einen Seite steht der Staat der Polonisierung entgegen, auf der anderen fördert er sie. Unter den obwaltenden Verhältnissen ist es einem deutschen Besiver kaum zu verdenken, wenn er an einen Polen verkauft. Es ist ein Irrtum, daß die Spirituszentrale eine Preis- regulierung vornehmen könnte. Jch selbst hatte durch die neue Branntweinsteuer einen wesentlichen Verlust, um den auszugleichen, mußte ih einen 400 Jahre alten Besiß verkaufen. Wenn man ein- mal solche Neuerung vornehmen wollte, so mußte man wenigstens all- mählich dabei vorgehen. Jch hoffe, daß der Reichstag der Steuervor- lage seine Zustimmung versagen wird. Die Stellung der Staats- regierung zum Nadikalismus ist lediglih eine Machtfrage. Solange wir die Macht noch haben, sollten wir sie benußen, wie es das allge- meine Wohl erfordert. Wir werden der Regierung zur Seite stehen, wenn sie ihre Macht gerecht, aber rücsihtslos anwendet zur Zurük- drängung des Nadikalismus. Die Vorgänge im Abgeordnetenhause sind eine natürliche olge der Politik nah Bismark. Jch beklage, daß ih es habe erle en müssen, daß national gesinnte Männer 1m Reichstag Bebel ihre Stimme gegeben haben. Wir müssen an einem starken, niht ershütterten Preußen festhalten.

Herr Wallr A Gewiß hat der Staat ein Interesse daran, die Landwirtschaft stark und leistungsfähig zu erhalten. Aber den Gegensaß zwischen Stadt und Land zu rfefen liegt niht im Znteresse der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft ist auf die Absaß- fähigkeit der Städte angewiesen. Bismarck sagte, es sei ein Jrrtum, Landwirtschaft, Handel und Industrie zu trennen, sie würden zu- sammengehen, oder zu Grunde gehen. Eine besondere Auf- merksamkeit muß die steigende Kommunal- und namentlich die Schullast erregen. Jch denke da an einen Ministerialerlaß. Er geht davon aus, daß die steigende Zunahme der Kommunallasten sich so bedrohlich ausgewachsen habe, daß die staatlihen Behörden vor die Aufgabe gestellt werden, auf die Verminderung der Kommunallasten Hirte, Die Gemeinden werden darauf hingewiesen, vor einer Anleihe die Genehmigung der Beschlußbehörden einzuholen. Mit der Tendenz des Erlasses, auf eine solidere Wirtschaft in den Gemeinden hinzuwirken, kann ih mi einverstanden erklären. Die Praxis in den Gemeinden war in e Beziehung wohl etwas lax. Aber Beispiele ziehen: Die Anlei yewirtschaft im Reiche und den Einzel- staaten mußte die Köpfe verwirren. Es ist aber seitdem eine Besse- rung in den Gemeinden eingetreten. Das Wachstum der kommunalen Schulden ist ja S groß. Jn dem leßten Jahrzehnt haben die Schulden in i den Betrag von 3 Milliarden erreiht. Diesen Vorgang sehen wir aber auch in England. Die Anforderungen an die Kommunen wachsen stetig unter Mitwirkung von Reich und Staat. Gerade auf ge- werblichem Gebiete hat eine Tätigkeit der Gemeinden eingeseßt, die man vor zehn, zwanzig Jahren für unmöglich gehalten hätte. Mit großen Opfern haben die Städte ihre kommunalen Betriebe erweitert. Vielleicht ist man dabei {on zu weit gegangen. Vielleicht könnten Kapital und Kommunen auf diesem Gebiete in R mehr zu- sammengehen. Etwas ähnliches vollzieht "2 auf dem Lande. Fast überall bestehen Sparkassen. Das ijt kein Zeichen einer ungesunden Entwicklung. Die Schulden sind allerdings auch in den Landkreisen erheblih gewachsen, aber den Schulden stehen auch erhebliche Ver- mögen gegenüber. Nicht jede Schuld is eine wirtschaftlihe Schlechter- tellung. Es kommt auch auf die aktive Seite an. Nur wenn sih nah dieser Richtung die Verhältnisse vershlehtert hätten, könnte man von einer finanziellen Verschlehterung \prehen. Cöln bildet einen

eweis für meine Behauptung. In der *Bodenpolitik is eine Be- lastung nur für die Gegenwart ein shlechtes Geschäft. Der inisterialerlaß wüns{ht eine Erhöhung der Tilgung der Anleihe.

*) Wegen verspäteten Eingangs der Deecgrane können die Reden des Finanzministers Dr. Lene erst am Montag im Wortlaut mitgeteilt werden.

1 nehmen, und die nur eine andéte

en Städten von mehr als 50 000 Einwohnern

Zweite ilage

Berlin, Sonna

den 18. Mai

üssen erwarten, daß dabei werden, die die Städte vor- der Tilgung sind. Ferner

Darübêr kann man sprechen aber n auch die Abschreibungen Ferüdsit

1 en, vor der Uebernahme fkontraft- licher eian „gegenübe E Ben Unternehmungen die Genehmigung der Behörde ein E en. Das führt zu außerordent- lihen Weiterungen und Mißst nden. Bei der : O der Schulden sollte man nicht schematisieren, sondern zusehen, welche kom: munalen Gegenwerte den Schulden“ lberstehen. Vor allem wird es notwendig sein, daß Reich und’ Staat in ihren Anforderungen an, die Kommunen sich eine große Zurüthaltung auferlegen. Immer heißt es: Die Gemeinden in die Front, wenn es sih um neue Sqhul- lasten usw. handelt, Gef und Staat müßten die Steuerquellen der Gemeinden sonen. Es fehlt allerdings noch eine Steuer, nah der das deutsche Volk sich sehnt, ich brauche sie nicht zu nennen. Möge der Staat die Anleihepolitik der Gemeinden niht vom Standvunkt des unlauteren Wettbewerbs ansehen, und lasse er den Gemeinden die Selbstverwaltung, ohne die die Gemeinden nicht blühen können.

Finanzminister Dr. Lenßze: :

Herr von Mirbacch-Sorquitten: Jch möchte den Herrn Wallraf bitten, die Geschichte des alons zu lesen. Danach war ein Zusammens{lüß zwischen Landwirtschaft und Industrie notwendig. Wir haben an diesem Bündnis treu festge- halten, obwohl die Belastung der Landwirtschaft durh die Arbeiter- frage N groß Q Ih x

err von Gwinner: “Tann gewisse Aeußerungen des Grafen Mirbach nicht unwidersprochen lassen. Er sagte, ia baben die Macht und wollen sie gebrauchen, so lange wir sie haben. Jch glaube nicht, daß das die richtige Devise is Er warf der Regierung vor, daß die Negierung niht genügend 1hre Pflicht erfülle in eia auf gesell- schaftlihe Fühlungnahme mit parlamentarischen Personen oder Par- teien. Gerade als der Herr Graf in Karlsbad war, ist von der Re- Gera in der Beziehung sehr viel geschéhen. Bismark gab vielfach Sesell)chaften, bei denen er nit anwesend war. Die jeßigen Mit- glieder der Ÿegierung sind sehr ugang, und im Parlament ist ein Zugang zu ihnen möglich. Vielleicht liegt es selbst am Grafen Mir- bach, daß er diesen Zugang nicht sucht. Jch habe es für anständig gefunden, die Minister zu verteidigen. as nun die allgemeine Stellung der Landwirtschaft betrifft, jo werden allerdings nit Aktien- gesellschaften für sie gegründet. Das Liegt nicht daran, daß die Land- wirtschaft unrentabel h (E weil ich diese Form nicht für sie eignet. Die Landwirt\caft ist allerdings von der Konjunktur und der Witterung abhängig, aber nicht Immer, es kommen auch gute Jahre. Der Wert der Güter hat sich in den leßten Jahrzehnten ver- doppelt; das dürfen Sie niht außer Rechnung seßen. Die Land- wirtschaft ist von einem Jahre zum anderen allerdings ein riskantes Gewerbe. Aber wenn Sie es als ein Gewerbe betrachten, das be- urteilt werden muß vom Standpunkt seiner dauernden Rentabilität, oder Nichtrentabilität, so werden Sie finden, daß die Landwirtschaft auf die Dauer kein gefährliches Gewerbe ist, daß sie vielmehr im Durchschnitt eine bescheidene, sichere Rente gibt. Was die Branntweinsteuer betrifft, so wird die Belastung auf den Konsumenten an Ich bedauere das durchaus nicht. Bei Einbringung der Vorlage ist auch vom Schab- sekretär gesagt worden, daß eine Verringerung des Konsums vom ethischen Standpunkt nicht zu beklagen ist. dum Ruin der Land- wirtschaft würde die Aufhebung der Liebesgabe, die so viel böses Blut gemacht hat, nicht führen. In bezug auf den: Etat habe ih A ob sih die Hoffnung des Sanne erfüllen kann, daß dies der leßte Defizitetat sein wird. Ob die jebige. günstige Konjunktur noch von langer Dauer sein wird, ist doch sehr zu bezweifeln. Jn unserem Zeitalter der Elektrizität verlaufen die Wellen von Ebbe und Flut fürzer als früher. Es sind Anzeichen vorhanden, daß die Woge sich f ene droht. Wir haben bereits zwei oder drei Jahre auf- teigender Konjunktur hinter uns. Auch die Aufnahmefähigkeit der Cffekten hat „zweifellos nachgelassen, ebenso is die Warnung des staatlichen Börsenkommissars von symptomatischer Bedeutung. Die hohen Eisenbahneinnahmen sind, worauf bereits hingewiesen worden ist, auf die Folgeerscheinungen der Dürre im vergangenen Jahre zurü- zuführen; das wird sich kaum wiederholen. Daß der Ausgleichsfonds nicht in preußischen Konsols angelegt ist, ist zu begrüßen. Jch wünsche, daß er in seiner vollen Höhe in barem Gelde erhalten wird. Dadurch wird der Einfluß der Regierung auf den Geldmarkt gesichert. Es ist von der eminentesten Wichüigkeit, daß die Regierung durch eine starke Kasse den Geldmarkt in der Hand behält. Ob die Seehand- lung etwas mehr Zinsen bekommt oder nicht, darauf kommt es hier gar nicht an. Was den Ausgleichsfonds als solchen betrifft, so kann ich mich nicht davon überzeugen, daß wir damit das Richtige getroffen haben; die Konjunktur is uns zu Hilfe gekommen. Jm wesentlichen dreht es sih um die Frage, ob das Extraordinarium vorachen muß, oder ob es auch nachaehen darf. Wir müssen erheblih borgen und erheblicher tilgen. Für die allgemeine Volkswirtschaft gibt es kein größeres Uebel, als einen hohen Zinsfuß, bei dem allerdings die Banken ein gutes Geschäft machen. Es ist deshalb richtig, daß die Seehandlung mehrere hundert Millionen bares Geld hält und damit zur Verbilligung des Zinsfußes beiträgt. Wenn der Markt für Konsols nicht aufnahiefähig it, dann sollte man den Kapitalbedarf des Staates durch Ausgabe von kurzfristigen Anleihen deken. Für die dauernde Erhöhung der Einkommensteuer i\t der jeßige Augenblick allerdings nicht besonders günstig; wir haben doch nun einmal zwei- Pa O Mark Uebers{chuß, die nur in den Ausgleichs- onds gehen. L Herr Fürst zu Sal m-Horstmar: Im Namen vieler meiner Freunde möchte 1ch der Regierung unseren Dank aussprechen für ihr tatkräftiges Eingreifen im Streikrevier, insbesondere auch für das shnelle Eingreifen der Justizbehörden, wenn ih auch wünschte, daß wir hierin so weit wären, wie in England. Der gleiche Dank gebührt den Lokal- und Polizeibehörden, den Beamten und Gendarmen für thre Umsicht und Kaltblütigkeit. Besondere Anerkennung verdient die Regierung dafür, daß sie sih entschlossen hat, rehtzeitig Militär in das Streikgebiet zu entsenden, um die überanstrengten und ermüdeten Gendarmen und Polizeibeamten zu entlasten. Jch hoffe, daß die Re- gierung au in Zukunft schnell und erfolgreih eingreifen wird, um u Wirtschaftsleben vor einer Störung und Schädigung zu be- wahren.

err von Bu ch-Carmzow: Aus den Worten des Herrn von Gwinner könnte vielleicht der rah gezogen werden, als ob wir Wert darauf legten, daß Aktiengefellshaften zur Stüßung der. Land- wirtschaft errichtet werden. Dn müßte ih Verwahrung ein- legen. Gott bewahre uns vor Aktiengesellschaften auf dem Lande! Die Aktiengesellschaft will Geld verdienen, das kann man ihr ja an sih nicht verdenken. Die Landwirtschaft will niht verhungern, aber der Landwirt hat in erster Linie die Pflicht, das landwirtschaftliche Besißtum O Kindern zu erhalten. Der Landwirt hat also ganz andere Ausgaben, als der Kaufmann. Die Begriffe des N dürfen auf die Landwirtschaft nicht angewendet werden. Der Vor- redner dachte an den Verkaufswert eines Gutes. Dieser Verkaufswert hat aber für den Landwirt in diesem Sinne überhaupt keinen Wert. Man sagt, die Landwirtschaft müsse kaufmännish betrieben werden. Gewiß muß auch der Landwirt rechnen, aber es wäre im Interesse der Allgemeinheit höchst bedenklih, die Landwirtschaft nah rein kauf- männischen Begriffen zu betreiben. Was nun den Etat an j als solchen anbetrifft, so möchte ih im Widerspruch mit den Ausführungen des Generalberihterstatters davor warnen, den Etat hon vor Weih- nachten einzubringen, Das Uebel liegt ganz wo anders. Im parla-

sollen die Gemeinden die Pflicht haben, v

tiglih Preußischen Staatsanzeiger.

1912.

mentarishen Leben wird zu wenig Wert darauf gelegt, daß- den Rechten der Abgeordneten auch Pflichten gegenüberstehen. E D lie muß selber dafür sorgen, daß der Etat am 1. April in Kraft treten kann. Es wäre wohl möglich gewesen, im anderen Haus? die De- batten ohne Schaden für Europa so E, daß der Etat recht- d: fertig geworden wäre, Wäre der Landtag vor Weihnachten eîn- erufen, so wäre die Folge nur gewesen, daß die Abgeordneten ihre Freifarten benußt hätten. Die Regierung und die Beamten ver- dienen ja auch Ruhe. Den Finanzminister bitte ih, an me Politik festzuhalten. Die Einbringung über die Novelle zur Einkommensteuer enispricht doch einem Antrage des Parlaments. In der Herrenhaus- kommission war die Verpflichtung der Regierung, eine Vorlage in drei Jahren einzubringen, gestrichen worden, \päter aber wieder hergestellt worden. (5s wäre sehr bedenklich, im gegenwärtigen Augenblick von den sicheren Ginnahmen etwas aufzugeben. Ob die Zuschläge an sih praktisch sind, lasse ih dahingestellt; es wurde nun" aber doch einmal die Besjoldungss\kala über die Forderungen der Regierungen hinaus erhöht. Die Schaffung des Ausgleichsfonds hat sih bewährt. Darin stimme ih Herrn von Gwinner bei, daß er liquide sein muß. Ob die Einbringung der Vorlage wegen Aufhebung der Liebesgabe im Neiche richtig war oder nicht, will ih nit näher untersuhen. Eins aber A fest: stand die Regierung vor der Frage, ob Abschaffung der iebesgabe oder Einführung der Erbschaftssteuer, dann durfte sie Le E sein; die Einführung der Erbschaftssteuer wäre das größte Unglü. ;

_ Herr von Mirbach -Sorquitten: An der Einladung eines Ministers bin ih nit interessiert; ih bin niht mehr Mitglied des Meichstages. Ich bleibe aber dabei stehen, daß die Geselligkeit des en sehr P und sehr fördernd war. Auch Migquels

ür stand immer offen. Jch habe nur von Aktiengesellschaften ge- sprochen, die einen vollen landwirtschaftlichen Betrieb übernehmen, s sind unterblieben, weil die Landwirtschaft sih nicht rentiert. Unbestreitbar ist, daß die Landwirtschaft vergleihsweise unrentabler ist, als die übrigen Berufszweige. Das schließt nicht aus, daß sie auch Perioden mit steigender Rente hat. Uebrigens muß es eigen- tümlich anmuten, wenn der Direktor einer so hoch. rentierenden Bank, wie sie Herr von Gwinner vertritt, uns Landwirten Vorwürfe macht.

: E r. Wagner: ie Ausführungen des Finanz- ministers muß ich als i anerkennen. Mit Recht hat er auf die shwankenden Ueberschüsse der Eisenbahn hingewiesen. Gewiß haben wir ein Recht, einen nicht unerheblichen Betrag aus den Ueber- Os der Cisenbahnen für notwendige Staatsausgaben . zu ver- wenden; das ist eben der Segen der Staatseisenbahn. Aber ein ge- wisses Maßhalten ist hier geboten. Ob die Anleihepolitik, die Herr von Gwinner vorschlägt, richtig is, möchte ih doch sehr bezweifeln. Der Finanzminister hat mit Necht darauf hingewiesen, daß, wenn wir das Crtraordinarium der Eisenbahn in dem Maße auf Anleihen über- nehmen, wie es vorgeschlagen ist, unsere Ausgaben immer mehr wachsen würden. Die Eisenbahnen dürfen niht mit zu hohen Schulden belastet werden. Die günstige Finanzlage kann uns keineswegs ein MNecht geben, auf die Steuerzushläge zu -verzichten. Wir haben nun einmal im Reiche eine starke Entwicklung der indirekten Steuern, welche in der Hauptsache die Minderbegüterten treffen, und wir Zurien deshalb nicht auf direkte Steuern verzichten, die in der L ie Wohlhabenden treffen. Richtig wäre allerdings eine Schonung der mittleren Ginkommen und eine höhere Belastung der hohen Ein- kommen. Cine Reform der Einkommen- und Vermögenssteuer ist eine dringende Notwendigkeit. Jch bin dafür, die Zuschläge aufrecht zu er- halten und sie in das Gese Pa, Noch ein paar Worte über die Maßregeln im Reiche. ih nimmt es wunder, daß die Negierung die sog. Liebesgabe abschaffen will. Auch Miquel sagte seinerzeit, daß wenigstens für den Üebergang die Liebesgabe notwendig wäre. Er verwies auf die* Folgen, die entstehen würden, wenn wit eine solche Begünstigung der leihten Böden des Ostens nit hätten. Diese Frage i von der größten volkswirtschaftlichen Bedeutung. Die Liebesgabe kommt auch durchaus nicht bloß den Brennern zugute: Ein großer Teil der liberalen Presse hat die Liebesgabe immer be» kämpft, weil sie den großen Brennern im Osten zugute käme. Nun sollte man meinen, die liberale Presse sollte jeßt für die Aufhebung sein, aber nein, jeßt sagt sie: es ist eine Konsumsteuer. Im großen und ganzen kann ich nur wiederholen, daß die Regierung gut tut, an ihrer Finanzpolitik festzuhalten. | ; N :

Herr Dr. Bende r- Breslau: Es ist doch nit gut, die einzelnen Gewerbe gegeneinander auszuspielen, wie es .Graf Mirbach getan hat. * Wenn die Landwirtschaft nicht aktienmäßig betrieben wird, so liegt das * daran, daß die Form der Aktiengesellschaft sih niht für die Land- wirtschaft eignet. Jm übrigen werden Güter gesucht, weil sie eine sehr geschäßte wirtschaftlihe und politishe Stellung gewährleisten. Das Land in einen Gegensaß zu den Städten zu bringen, ist auch nicht richtig. Die Gemeinden haben auf vielen Gebieten Großes geleistet. Und woher kommen denn die Steuern in der Hauptsahe? Graf Mirbach sollte von Andersdenkenden freundlicher und wohlwollender sprechen; seine \pißen Bemerkungen tragen zur Ausgleichung der Gegensäße nicht bei. Man kann doch nicht so ohne weiteres alles, was nah Bismarck gekommen ist, als minderwertig hinstellen. Die Liberalen gegen den Grafen Mirbach in Schuß zu nehmen, habe ih keine Veranlassung. Jedenfalls sollte man sih im Herrenhause einer ruhi» gen und objektiven Sprache befleißigen.

Damit schließt die allgemeine Besprechung.

Um 514 Uhr wird die Weiterberatung des Etats auf Sonnabend 12 Uhr vertagt. Vorher kleinere Vorlagen.

L E X

Haus der Abgeordneten. 74. Sizung vom 17. Mai 1912, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sißzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. Das Haus seßt die Beratung des G elen mrs über die landwirtschaftliche Unfallversicherung [iet Abg. G yßling (fortshr. Volksp.) : Wir wollen in der Kom- mission dahin wirken, daß bei der Bestimmung des-Beitragsmaßstabs nit wicder eine Vorbelastung des Kleingrundbesißes zugunsten des Ge stattfindet. E bg. Dr. Liebkn eht (Soz.): Wir sollten hier die Gelegen« heit ergreifen, an den Stellen, wo die Reichs rdnung

ngsor es zuläßt, die bestehenden Zustände zu bessern. Wir sind mit einer Kom- missionsberatung einverstanden. E N

Abg. von Arnim (kons.) stimmt namens seiner Freunde de: Antrage zu, die Vorlage an die Agrarkommission zu übern Das Haus beschließt die Ueberweisung an die

as s lgt die zweite Beratung des Geseßen s folg e zweite Beratung des Gejegeniwur Stärkung des Deuts p O L teilen (Vestpbefestigungsge eß) auf Grund des Budgetkommisston. i E E Die Kommission beantragt die Annahme der Vor

dem Zu S N „Dem Landtage ist jährlich über die L

seßes Rechenschaft zu geben,“ a