1912 / 119 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 May 1912 18:00:01 GMT) scan diff

& 1 stellt der Regierung 100 Millionen Mark zur Ver- fügung, um in den national gefährdeten Teilen der Provinzen D - Pommern, Schlesien und Schleswig-Holstein zur Festigung des deutschen Besißstandes 1) . ländliche Grundstücke L erwerben- und“ als Rentengüter an deutshe Landwirte und Arbeiter zu. veräußern, 2) den Staat mit Stammeinlagen bei gemeinnüßigen ellschaften zu beteiligen, denen die Ver- mitllung bëi der Bildung der Rentengüter und die Sicherung déx Schadloshaltung des Staats übertragen wird. Für größere Gliter dürfen niht mehr als 25 Millionen, zu Stammeinlagen niht mehr als 5 Millionen Mark verwendet werden.

On “gr damit wird der Antrag Aronsohn (fortshr. Volksp.), der auh von Mitgliedern anderer Parteien aus der Ystmark unterstüßt ist, beraten :

„die Regierung zu ersuhen, zur Stärkung des Grundkapitals der ut en Pfandbriefanstalt in Posen auf 6 Millionen Mark den Betrag von 5 Millionen Mark gegen höchstens 3,75 9/6 Zinsen zur Verfügung zu stellen.“

Die Budgetkommission, Berichterstatter Abg. Viereck, be- antragt die Annahme des Antrages in der Form, daß statt der Worte „auf 6 Millionen Mark den Betrag von 5 Millionen Mark“ gesagt wird: „einen weiteren ausreihenden Betrag“.

Ferner steht zur Debatte die Denkschrift des Us 1911 über die Ausführung der Gesegze für West- preußen und Posen. Die Budgetkommissson beantragt durch den Berichterstatter von Wentzel (kons.), die Denk- \hrift durch Kenntnisnahme für erledigt zu erklären.

_ Abg. Viereck (freikons.) u. Gen. beantragen:

„die Regterung zu ersuchen, dur eine Denkschrift dem Land-

tage darzulègen :

a. m welchem Umfange und aus welchen Ursachen im leßten Jahrzehnt in den gemischtsprachigen Städten der Provinzen Westpreußen, Posen, Schlesien, Ostpreußen und Pommern Hausgrundstücke und gewerbliche Unter- nehmungen mehr aus deutscher Hand in polnishe Hand übergegangen sind, als aus polnischer in deutshe Hand ;

. wieweit hierdurch die Gemeindewahlberechtigung und die wirtschaftlihe Bedeutung des Deutschtums in den vor- bezeihneten Städten herabgeseßt sind;

. welche Maßnahmen die Regierung zur Erhaltung und Stärkung des deutschen Grundbesißes und des deutschen Jewerbefleißes in den gemishtsprahigen Städten getroffen at und zu treffen beabsichtigt.“

Abg. Viereck (freikons.) berichtet zunächst über die Kom- missionsverhandlüngen über den Geseßentwurf und über den Antrag Aronfohn, und bemerkt sodann als Abgeordneter : Daß das Deutsch- tum in den Städten der Ostmark zurückgeht, ist eine Tatsache. Von mancher Seite wird behauptet, daß gerade die Ansiedlungs- tätigkeit daran {huld sei. Jedenfalls müssen wir über die Ursachen Klarheit schaffen, und das bezweckt mein Antrag. Auch ‘in der jüdischen Bevölkerung ist leider ein Rückgang in der Ost- mark festzustellen; dieser Rückgang ist allerdings gerade in den Ansiedlungöstädten geringer als ‘in den anderen. (Nedner weist im einzelnen den Rückgang der deutschen, einschließlih der jüdischen, Be- völkerung und die Zunahme der polnischen Bevölkerung ziffffernmäßig näch den Feststellungen von Mitscherlid nah.) Wenn in dieser Weise das Deutschtum in den Städten der Ostmark zurückgeht, so können wtr uns ni{ht damit beruhigen, daß das Deutshtum auf dem Lande infolge der Ansiedlungstätigkeit im Fortschreiten begriffen sei. Die Ansiedlungen nüßen dem Gewerbestand in den Städten, wir dürfen mit dér Ansiedlung ‘auch aus diesem Grunde nicht zurückhalten, sóndern müssen die Städte mit einem Kranz von Ansiedlungen um- gebén, sodaß das Gewerbé in den Städten durch diese neue Nahrung findet. Die polnische Bevölkerung teht leider unter dem Terror der polnischen Presse, kein Pole wagt cs mehr, am Kaisersgeburtstag zu illüminieren oder bei einem deutschen Kaufmann zu kaufen, weil er

ist sofórt am nächsten Tage in der polnishèn Presse mit Namen

tannt wird. Nur da, wo das Deutschtum auss laggebend ist, wie

: n Jannowiß, befolgen die Polen den Boykott niht mehr.

Ih freue mich, ph jeßt in Bromberg und Graudenz deutsch- tatholishé Kithen gebaut werden. Dié polnishen Gesäftsleute sind vielfach den deutshen dadurch überlegen, daß sie beide Sprachen beherrschen; déshalb sollten die deutschen Geschäftsleute fs au die Kenntnis der polnishen Sprache ‘aneignen. teben der béstehenden Pfandbriefanstalt sollte auch noch eine andere gegründet tverden, die zweite Hypotheken ausleiht. Die Ly Genossenschaften find so aufopferungswillig, daß sie jedem Polên den nötigen Kredit zur Veifügung stellen, den er braucht, um ein Grundstück in seinem Besiß zu erhalten.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:

Meine Herren! Jh möchte bezüglich des Besißhfestigungsgesetzes auf die Ausführungen Bezug nehmen, die ih bereits bei der ersten Lesung dieses Gesezentwurfs in diesem hohen Hause gemacht habe, und ebenso möchte ich in diesem Augenblicke nicht näher auf dasjenige zurückfommen, was ih anläßlich der Beratung der Denkschrift der Ansiedelungökommission in der Budgetkommission ausgeführt habe. Es liegt mir nur daran, gegenüber den Wünschen des leßten Herrn Berichterstatters, die tbereits von meinem Herrn Vertreter früher ab- gegebene Erklärung zu wiederholen, daß die Staatsregierung bereit ist, der Pfandbriefanslalt in Posen auch in ihrer jegigen schwierigen Situation zu helfen, daß {hon für ihren augenblicklihen Geldbedarf gesorgt ist, und daß ihr auch weiterhin die Mittel zur Verfügung .ge- stellt werden, die zur Fortseßung ihrer Tätigkeit erforderlich sind, Ueber die Höhe dieser Mittel kann gegenwärtig eine Erklärung noch nicht abgegeben werden ; die bezüglihen Verhältnisse müssen noch einer weiteren Prüfung unterzogen werden.

Unterstaatsfekretär im Ministerium des Innern H olt erklärt,

daß zurzeit tas Material, das in dem Antrag Viereck gewünscht wird, der Negierung nicht zur Verfügung - steht. Uebrigens ist dem Hause 1907 eine Denkschrift vorgelegt worden, welche einiges von diesem ge- wünschten Material enthielt, aber ein umfassendes Material ist nicht vorhanden und auch nur sehr {wer zu beschaffen. Wir müßten die ganzen Steuerlisten durcharbeîten, wir müßten alle einzelnen Gewerbe- treibenden prüfen. Der Minister glaubt, eine solche Statistik nicht in Aussicht stellen zu können. Auch ohne ‘solhe Denk chrift fann man es als Tatsache bezeichnen, daß der polnische Mittelstand in den Städten im legten Jahrzehnt sehr erhebliche Fortschritte gemacht hat, und da der deutshe Hausbesißer- und Gewerbestand zurückgegangen ist. Die Urfáche liegt wefentlih in der kulturellen Hebung der Be- [kerung in der. Ostmark und in der Abwanderung nach Westen, sie t au zusammen mit dem Nationalitätenhaß und mit der Parole Polen, für sich zu bleiben und die Deutschen zu meiden. Jn Ges preußischen MRessorts hat man versucht, Mittel zur Hebung des eutschtums durdzuführen, wie die ad der Städte mit

: Sam onen, mit neuen Behörden, die ta rung byaienisher Ein- ichtungen, Errihtung von Eifenbähnwerkstätten, Fortschritten auf dem Gebiete des Schulwesens, Errichtung der Akademie“ in Pofén, orderung des“ Fortbiltungéshulwesens, Ausbildung der Jugend, idung: von Völksbibliothéken, Abhaltung von Meislerkurséèn, Ver- vere tung ‘dutch Eisenbahn Ae Alle diese Maßnahmen en nur den betreffenden Berufszweigen, sondern dem Deutsch-

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dient - gerade

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en Kat für die Stadte, die mit Ansiedlungen um- sind dienen diese zur Hebung des Gewerbestandes in den

geigt sich“ gerade in den Ansiedlungsstädten,

: Stärkung des deuts

erung geringer ist. - Die n Ansiedlungsstädten gêgen-

ur ‘relativ. 1 ondern a tot hme von 11,28 9% gegenüber ngsftädten von 2,5 9%. Der er nohmals zu betonen, daß die Negierung die gâbe, den deutschen Hausbefiger- and Gewerbestand zu ‘erha! und zu stärken, R L De wird unablässig bestrebt sein, m zen Mitteln dahin : zu wirken, daß diese wichtigen Glieder } Bolfstums lebensfähig bleiben und in stand bleiben, ‘ihre Au Interesse des Deutschtums zu er-

füllen. P H Abg. Winchckler. (on 8 _Besißfestigungsgeseß liegt uns jet vor, das aleichfells er rod aa ieitiou ese if uns noch nicht zugegangen. Es ist mißlich/ über Geseze sprechen zu sollen, die noch nicht eingebraht find, und namens meiner Freunde unterlasse ih es deshalb, über das Parzellierungögeseß mich zu äußern. Aber im Auftrage meiner Freunde habe ih auch zu erklären, daß wir mit dem ae über die Besigfestigug und auh uit der eiuzigen Aende- rung, die die Kommission vorgenommen hat, einverstanden sind; wir wünschen die |chleunige Verabschiedung des Geseßes. Die Ursachen dieses Geseyes. sind allerdin “nicht erfreulih, es ist bedauerlich, ß der anderssprachige Teil Unserer Bevölkerung, sowohl die Polen wie die Dänen, mehr und mehr fkulturell und gesellschaft- lih von den deutshen Brüdern ih abschließen. Wir bedauern dieje Tatsache und die Notwéndigkeit, daß wir zu diesem Gesey ge- zwungen sind. Wir sind uns bewußt, daß wir uns in einer Defensive bewegen. (Lachen bei den Polen.) C ih sagen, daß wir diese Geseße niht gern machen, daß aber die Not- wendigkeit dazu besteht, daß wir aber die Nationalität oder gar die Konfession nicht e le A S Geseßbe sind lediglih eine Staats- notwendigkeit. Wir wollen die Hoffnung aussprechen, daß, wenn jett diese 100 Millionen bewilligt werden zur Befestigung des deutschen Besißstandes, es ret viele Hande geben möge, die sich dieser hier gebotenen Hand entgegenstrecken, und daß der Erfolg nicht ausbleiben möge. Den Antrag zur Kräftigüung der Deutschen Pfandbriefanstalt in ae ‘haben meine Freunde aleichfalls unter- stüßt und sind auch mit“ déx Aenderung der Kommission ein- verstanden, wonach eine Begrenzung nah Wünschen nicht stattfindet. Der Antrag Viereck ist im Kreije meiner Freunde lebhaft begrüßt worden, gibt er uns doch Gelegenheit, durch einen Beschluß aus- zusprechen , daß das utschtum auch in den Städten gestärkt werden muß. Der Regierüngökommissar hat den Rückgang des deutschen Gewerbes in dén Städten zugegeben. Wenn die Uebelstände so groß find, so würde es kein vergeblihes Bemühen fein, wenn die Regierung alles Material, ‘das nux beschafft werden kann, beschafft und uns in einer Denkschrift darlegt. Das Ergebnis kann nur ein fruchtbares sein. Zur b, pril a De HWN bemerke ih, daß in den 29 Jahren der Geltung des Ansiedlungsgeseßes neben manchem Er- freulidjen auch manches “Unerfreuliche gezeigt hat. Unerfreulich ist, daß die Verluste dèr deutshen Hand fich noch vermehren und recht {wer sind. Grundsäßlih lehen wir bezüglich der Ansiedlungstätigkeit noch heute hinter der Regierung. Zur Fort- seßung des Werks N Wir der Ansiedler und des Landes. An Ansiedlungslustigen besteht ein Mangel niht, das Material der Ansiedler ist immer besser geworden, das Interesse an diesem großen nationalen Werkê it in ünmer weiteren Kreisen auf Anerkennung und Verständnis gestoßen, es werden immer mehr Studienreisen in die Atssiédlungsþrovinzen gemacht, mehr und mehr beschäftigen sich wissenschäftlihe Werke mit der Ansiedlungs- tätigkeit; aber dem steht gegenüber die bedauerlihe Tatsache, daß die Landbeschaffung immer mehx auf Schwierigkeiten \tößt. Wir können nicht mit dêr Kritik zurückhalten, daß wir nach manchein, was wir von doxt hören, mit der Art der Land- beschafffung nicht ene e Sen, Wir sind nicht zufrieden mit der Zerschlagung“ von Domänén, um - Land zu beschaffen. Wenn das Land nicht mehr bêéshafft werden kann, so ist es die Se Folgerung, daß jeßt mit der Enteignung nah“ dem eseß von 1908 vorgegangen werden muß. Dér Undwirtschafts- minister hat in diesem Jahre die Bereitwilligkeit der Regierung dazu erklärt, und zwar in bestimmterer Weise als in früheren Jähren. Die Regierung stellt dieses Mittel als ultima ratio hin ; das entspriht dem Hergang bei der Beratung des Gesetes, das Geseß ist durch Kompromtß züstande gekommen. In den Grenzen der damaligen Beschlüsse müssen wir jeßt anerkennen, daß die Regierung, wenn \ich die Verhältnisse anders gestalten follten, um die Anwendung des Geseßes herumkommen könnte. Aber die Verhältnisse liegen jeßt so, daß der Minister in der Kommission erflärt hat, 124 die Negterung bei einem Besfitwechsel von der Enteignung Gebrauch machen will. Das hat dem Minister die Kritik der Presse. zugezogen, weil die Presse von der irrtümlichen Meinung autging, daß das Geseß von 1908 ganz allgemein die Be- fugnis zur Enteignung gegeben har. Das ift aber nur der Fall unter ganz bestimmten Vorausseßungen. Wenn der Minister nun an die Fâlle des Besitwechsels denkt, so känn ih ihm aus. guten Gründen zustimmen. Wir hatten 1908 gegen s{chwere, ethishe Bedenken zu tämpfen, den Polen den Besiß zu nehmen, der durch Generationen hindur in der Familie erhalten worden ist. ‘Aber der Besiß ist durch die immer mehr steigenden Grundstückspreise mehr und mehr mobilisiert worden, sodaß jeßt die Fälle viel seltener sein werden, wo die ethishen Bedenken geltend gemaht werden könnten. Gerade wenn nun eine Familie freiwillig auf ihren Besiy ver- zihtet, ist es niht mehr bedenklih, die Enteignung anzuwenden. Ich würde es begrüßen, wenn die erstmalige Anwendung der Ent- eignung gerade in dieser milden Form \ih- vollziehen könnte. Ich boffe, daß dann au wieder andere Zeiten kommen, wie früher, wo die Polen ih nicht von den Deutschen abges{lossen haben. (Wider- spruch bei den Polen.) Sollte das nicht der Fall sein, dann möge auf das mildere Mittel ein \{chärferes folgen, aber jedenfalls ist es gut, daß zuerst ‘die milde Form angewendet wird. Meine Freunde stehen nah wie vor auf dem Boden des Gesetzes, das mit ihrer Zustimmung zustande gekommen und von jeher von thnen getragen worden ist. Noch ein drittes gehört zur Durch- führung des Ansiedlungewerkes: - die ruhige, besonnene, stetige Haltung der Negierung. Wir leben in einer Zeit hochgespannten Nationalgefübls und erfahren bedauerlihe ‘Erscheinungen in unserer Westmark. Solhe Erscheinungen haben in manchen Kreisen trübe Empfindungen hervorgerufen. Hier steht E Dce Staat allein auf sih angewiesen, aud hier handelt es fi um ein epa nationales Werk. Wenn die Negterung in ihrer nationalen Ausgabe fest und ruhig fortschreiten - wtrd, wird sie niht nur in diesem Hause der Aasliwinig der nationalen Kreise sicher sein, sondern au das Vertrauen des ganzen deutschen Volkes haben. bg. Gräf Spe e (Zentr.): Die Zahlen über den CNGAgans des deutschen Besißes und die Zunahme des polnischen Besißes zeigen nur zu deutlih, wie die Ansiedlungskommission dazu beigetragen hat, die nationalen Gegensäße zu vershärfen; sodaß man von einem Fiasko der HO Unge, \sprehen fann. le „Kreuzzeitung“ hat in einem Artikel im März d. J. geschildert, wie die Polen es verstehen, durch Umgebung der Städte mit polnishem Besiß Fortschritte zu machen. Die-Frage ist zu einer politischen Machtfrage geworden, und die Polen find gezwungen, für die Erhaltung ihrer tammeseigentüm- lichkeit zu kämpfen. Die tadikalen Bestrebungen der Polen, die \ih bei dén pen Reichstagswählen im Westen gezeigt häben, verurteilt niemand [ärfer als wir ; wir ‘verlangen von den Polen und den Dänen, däß fie sih als loyale Bürger des preußishen Staates fühlen ; ‘wenn sie unrecht leiden, so" erlangen sie dadurch noch large nicht die Berechtigung, unrecht zu tun. ir haben früher erklärt, daß wir einem Entschuldungêsgeséß für den gänzen preußischen Staat sympathisch" gégénüker|tehen würden, aber dieses Gefe hier ist ein Ausnahmegeseß gegen die Polen, und es ‘wir nür den Erfolg haben, daß ‘die Polen in ‘andere Provinzen über- aehen, und daß wir dann wieder äuf neue Ausnahmemaßregeln sinnen müssen. Die Ausführungsvorschriften überläßt das Gese dem Landwirtschaftsminister; dieser mag noch so objektiv sein, cs wir

daß der Rüdckgang

über den Nichtänsie!

gewesen ; es zeigt sid einein Nückgange: in * Antrag Viereck ist erw

) Gegenüber diesem Lachen muß

Regierung nicht Ankäufe erzwingen, denn weun die

\{chwer sein, wirklih objektive Ausführungsvorfchriften zu finden, und es wird {lteßlich nichts übrig bleiben, als daß- wieder nah dent Schema F willkürlich gearbeitet werden wird. Druck erzeugt Gegen- druck; das zeigt uns die Entwicklung in Oberschlesien, wo die Polen durchaus ruhige Staatébürgër waren. und“ die Gegensäße erst dur die Ansiedlungspolitik- hervorgerufen sind. aas von Kardorff: Durch die große polnishe Propaganda!) Auf die Fraae,; ob dieses Geseß nicht -der Verfassung widerspricht, wird mein Fkeund Marx näher eingehen. Dem Enteignungsgesez haben die Konfervativen seinerzeit nicht gerade gern zugestimmt; das bestätigen die Aus- führungen meines Vorredners. Nur die Hatatifsten verlangen nah wie vor die nahdrückliche Anwendung des Enteignungsgesepes. Man will von der Enteignung nur sehr vorsichtig Gebrauch machen, aber wenn man erst einmal diesen Weg beschritten hat, wird fein Halten mehr sein. Professor Bernhard sagt, von der Enteignung müsse, wenn überhaupt, gründlich Géebrauch gemacht werden, und er empfiehlt besonders die großen Güter, deren Besißer im Auslande leben. Dabei handelt es sh also nicht mehr um Besitz, der von einer Hand in die andere geht, sondern um festen Besig, und so wird es nicht nur zur Expropriation, sondern auch zur Erxpatri- terung kommen. Jst das Gesey zur Anwendung „gekommen, gibt cs kein Halten mehr ; greifen Sie in die Speichen dieses Rades, solange es noch möglich ist! Die konfessionelle Frage will ih .niht berühren, aber wenn man in der Statistik die Evangelischen und die Juden zu den Deutschen rechnet, aber die Katholiken als Polen ansieht, so kann man \ih niht wundern, wenn die Polen die Empfindung haben, daß es sich um ihren Glauben handelt. Die Biyettalge der Ansiedlungspolitik geben uns recht, und wir können nur offen, daß man zur Umfkehr kommt. Aus der „Königsberger Hartungschen Zeitung“ ersieht man, wie auch auf nationalliberaler Seite absprechend über die Polenpolitik geurteilt wird. Im Auslande \chüttelt man den Kopf über die preußische Politik.

Abg. Glatel (nl.): Warum liest uns denn der Vorredner aus der „Hartungschen Zeitung“ vor, wie die Nationalliberalen denken ? dazu bin id doh da, und ih will es Ihnen gleih auseinander- seßen. Jch erinnere Sie nur daran, was früher unser Freund Hobrecht hier darüber gesagt hat. Wenn unsere Politik noch nicht genug Grfolge gehabt hat, so helfen Sie (zum Zentrum) uns doch, dann wird es ieller gehen. Daß unsere Politik, wenn auch langsam, Fortschritte macht, läßt sihch nicht bestreiten. Wir wollen gar nicht, daß es den Polen bei uns |chlecht geht, wir wollen nur die planvolle Massierung einer polnischen Majorität verhindern. Die Erfahrung hat uns gezeigt, daß die ausgekauften Polen nicht in die Nachbar- provinzen gehen. Wenn die Polen nah dem Westen gehen, so ltegt das an den natürlichen Ursachen, wie der Sachsengängerei im all- gemeinen. Wenn Graf Spee meint, im Auslande \{hüttele man

den Kopf über unsere Politik, so möchte ih fragen, in welchen

Kreisen im Auslande er sih bewegt. Die Polen sollten sich nur einmal in dem galizishen Spiegel besehen, wié sie gegen Ruthenen und Deutsche vorgehen. Die Enteignung wollen wir nur in milder Form, nur bei dem Besißwechsel, wo der Grundbesiy die Eigenschaft des Persönlichen verliert. Da ist es gewissermaßen nur ein Einspruchsreht der Regierung gegen den Uebergang deutschen Besißes tin polnishe Hand. Auf die Preisfrage mu großes Ge- wicht gelegt werden, es geht nicht an, wie Professor Bernhard meint, daß der Staat gleih mit 100 000 ha ‘derbe zugreifen oll. Denn wenn si in einer landwirtschaftlihen Provinz die Treibereien mit den hoch gespannten Preisen so weiter fortfeßen wie bisher, so kann das zum vollständigen Ruin führen. Daß bei dcn hohen Preisen nidt auf Vorrat gekauft wird, billige ch. In bezug auf die Domänen kann ih dem Abg. Winckler nit zustimmen. Eine Freude ist uns die Zerschlagung der Domänen auch nit, aber wenn kein anderes Land zur Verfügung steht, bleibt do nihts anderes übrig, als die Domänen anzugreifen. Im Interesse einer stétigen Fortseßung unserer Politik müssen wir auch die Domänen aufteilen, jedoch mit der Be- dingung, daß cine - Aenderung der Kreisordnungen vorgenommen wird. Wenn die Tätigkeit der polnischen Parzellierungsbänken ein- geshränkt werden könnte, würden wir in bezug auf die Güter- preise wieder zu normalen Zuständen kommen können. Die polnishen Parzellterungsbanken ziehèn die Leute fast bis auf das Hemde aus, und fie seßen ihre Leute, wie einmal ein früherer Land- wirtschaftsminister hier nahgewiesen hat, zu Bedingungen an, daß diese Leute vollkommen rehtlos werden. Wir werden uns viel- leiht überlegen können, ob wir uns nicht unserseits einmal dieser armen polnischen Mitbürger annehmen sollen. Dem Antrag Viereck stimmen wir gern zu, ebenso dem Antrag Aronsohn. Die Klagen der Polen sind grundlos, sie haben doch von 1906 bis 1910 100 000 ha gewonnen; die Frage also, wo die Polen bleibèn follen, braucht uns niht zu bes{äftigen. Mit dem vorliegenden Geseg wird unsere Nüstung vollständig. Wenn die Regierung nur ihre Politik stetig fortseßen will, werden wir die Majorität behalten und die Ostmark zur Blüte bringen können. R _ Abg. Dr. Pachnicke (fortihr. Volksp.): Selten hat die Opposition so recht behalten wie in der Polenpolitik. Die Miß- stimmung über die Mißerfolge tritt deutlich hervor. Herr Winkler spra von man(hen unerfreulihen Erscheinungen, und in der Kom- mission sagte er noch \{ârfer, alle Parteien, welche seinerzeit diese R mitgemacht hätten, ständen ihr heute mit Sorge gegenüber. as Gegenteil des Zwes ist erreiht worden, aber niht, weil das Zentrum nicht geholfen hat, sondern aus tiefer liegenden Gründen. Gerade mit dem Strom unseres Geldes haben die Polen neues Land erwerben Eönnen, und in der Folge konnte auch der polnische Gewerbe- stand in den Städten erstarken. Das Polentum ‘hat cinen Aufs{hwung erlebt, numerish und wirtschaftlih, wie es vor 25 Jahren nicht für möglih gehalten wurde. Gewiß ist die Bureaukratie mit huld, fié ist nicht fähig, Eroberungen zu machen, das zeigt uns die Ostmark, das zeigt der dänishe Landesteil, das zeigt Elsaß- Lothringen. Aber auch die Geseye sind {huld daran. In der preußenfeindlihen Presse konnte man bei der 25. Wiederkehr des Jahrestages des Ansiedlungsgeseßes von 1886 lesen, daß der Tag dieses Geseßes der Tag der Wiedererlebung der großen polnischen Be- wegung geworden ist. Daß die Regierung niht wagt, das Ent- eignungsgeseß anzuwenden, is die beste Kritik an dem Geseß. Das ist der Fluch dér Ausnahmegeseße, daß man uihts damit erreicht. Und nun kommt ein neues Ausnahmegeseß. Wenn das vorliegende Gesetz nur dazu dienen sollte, den bäuerlichen Besiß zu festigen, so würden wir es begrüßen, aber auch diese Vorlage is ein Kampfgeseß. Be- zeihnend war, daß der Abg. Glazel von unserer „Rüstung“ {prach; ge- rüstet bis an die Zähne, will man den Polen entgegentreten. Dem Gedbanken der inneren Kolonisation {teht diese Vorlage so fern, daß sie sogar 25 Millionen für die Besißfestigung größerer Güter verwenden will. Wenn der große Besitz erft rens, ist, wird er zur Aufteilung eist recht niht mehr bereit stehen. enn dieses Geseß für den ganzen Staat den Gedanken der Besißfestigung dürchführte, könnten wtr damit einverstanden sein, dazu müßte das Geseß ‘vollkommen um- gearbeitet werden. Jn der Form, wie es jeßt vorliegt, müssen wir dieses Geseß ablehnen. Das e obe E E ennen wir noch nit, aber nah allem, was wir bisher gehört aben, müssen wir ihm mit gtößtem Mißtrauen entgegensehen. Die Ent- eignung will Herr Glayel nur in der mildesten Form, ih weiß niht, wie er eine Enteignung überhaupt mit Milde vor- nehnien will, aber der Ostmarkenvérein verlangt ein \carfes Fen Wir erkennen die Gründe! an/ aus denen der Minister die Enteignung noch nit angewendet hat. Hoffentlich schadet ihm das niht. Bei den jeßigen hohen Preisen konnte die egierung zu solchen Preisen Leute anseßen wollte, würde cin \chlechtes Jahr genügen, sie dem Ruin entgegenzusühren, Es ist also richtig, wenn die Regierung nur langsam vorwärts gcht und bessere Zeiten abwarten will. ußerdem genügt Zuf der Landvotrat me: nod), und ferner T noch Vonmianen, die wir" sehr“ gut berwenden könnten. er Abg. Gl Ne hat in der Kommission äu tnit Necht auf die Möglichkeit der Verwendung- von Moor- und Oedland hin- gewiefen. Der Anwendung des C sgésepes Fönñen wir nicht zustiimen, wie wir seinerzeit auß ‘be ese “nit zugestitiimt häben.

Dem Ansiedlungswerk im engeren Sinne könnten wir zustimmen,

aber nur in dem Sinne ciyes Kulturwerlss, nit eines politischen -

Werkes gegen die Polen. Die innere Kolonisation hâtte man mit Erfolg {on fcüher in Angriff nehmen können, wenn man sie nicht auf ¿wei Provinzen, sondern auf den ganzen Staat ausgedehnt bâtte, ohne die Spiße gegen die Polen. Auf den Fideikommißgütern in Posen find 84% polnische Arbeiter und ¿nur 169% deutsche Arbeiter beshäftigt, das ist bezeichnend. Mit den Nestgütern sind nach dem Zeugnis des Grafen Zedlitz - Trügschler traurige Erfahrungen gemaht worden. Pan schaffe einen kräftigen, lebensfähigen und lebensfrohen Bauernstand. Besonders gut sollte man die Schulen im Osten - machen, und gerade dort sind sie besonders \{lecht. Hier wäre dte Simultanfchule am Plaße, um das Zusammengehörigkeits- gefühl zu stärken. Die Beamten könnten zur Verbesserung der Verhältnisse beitragen ; aber gerade in der Provinz Pojen herrscht ein Kastengeist, wie er in der „Frankfurter Zeitung“ treffend ge- schildert wird : die Kavallerie verkehrt nicht mit der Snsarteree das Landgericht niht mit dem Amtsgericht, der Beamte nicht mit dem Kaufmann, der Christ nicht mit dem Juden usw. Die Stäote hat man bei der Polenpolitik ganz außer acht gelassen, sie haben darunter zu leiden. Deshalb follte man endli für , die Städte etwas tun, das ist der Sinn des Autrages Aronsohn. Lasse.man der Provinz endlich Ruhe, dann wird eine Zeit der gedeihlichen Ent- wicklung folgen.

Minister für Landwirtschaft, Domänen Dr. Freiherr von Schorlemer: i

Meine Herren ! Ich habe bei der ersten Beratung des Entwurfs des Besibfestigungsgeseßes bereits kurz die Grundsäße zu kennzeichnen gesucht, welche die Stellungnahme der Königlichen Staatsregierung in der Polen- und Ansiedlungspolitik bestimmen. Ich möchte darauf im einzelnen heute niht zurückfommen. Aber es war mir doch inter- esant und lehrreich, daß auch der Vertreter der Zentrumspartei Graf von Spee mein über das Radikalpolentum abgegebenes Urteil im wesentlichen bestätigte. Jch bin sehr gespannt, in welcher Weise man seiner Aufforderung an die Vertreter der Polen, ihre Ansicht über die nadikalpolnische Nichtung zu äußern, nahkommen wird. (Zuruf von den Polen: Sie werden \sich viellei@ßt wundern !) Meine Herren, i habe in meinen früher gemahten Ausführungen auch meinerseits ausdrücklih unterschieden zwischen dieser Richtung und denjenigen Polen, die ebenfalls ihrer Nationalität anhängen, aber nicht verkennen, daß sie Preußen und deutsche Staatsbürger sein müssen. Aber ih muß und das gilt auch gegenüber den Ausführungen des Grafen Spee dodh nochmals darauf hinweisen, daß es für den preußishen Staat, für die preußische Monarchie nicht gleihgültig sein kann, wenn in größerem Umfange an den Grenzen der Monarchie Angehörige des preußischen Staates sich befinden, die nah ihrem cigenen Bekenntnisse deutsche Staatsangehörige im eigentlihen Sinne niht sein wollen (Viderspruh bei den Polen), für die, wie die „Kölnische Volkszeiturig“ sagt, Deutschland niemals das Vaterland sein wird. Und wenn in diesen bon mir genannten Bezirken nun noch außerdem das Deutschtum ¡rückweiht, wenn es eine nit wegzuleugnende Tatsache ist, daß seit Jahrzehnten der deutsche Befiß gegenüber dem polnischen abgenommen ind die polnishe Bevölkerung gegenüber der deutschen zugenommen hat: ih glaube, felbst ruhig und vernünftig denkende Polen müfsen dann zugeben, daß es Pflicht der Selbsierhaltung des preußischen Staates und der deutschen Nation ist, auf jedem zulässig erscheinenden Vege dieser Verminderung deutschen Besitßzes und deutsher Be- bôlkerung entgegenzutreten. (Bravo! ‘rechts und bei den National- liberalen. Unruhe und Zurufe bei den Polen.) Verschiedene der Herren Vorredner haben hon hervorgehoben, daß es sih keineswegs 1m eine Vertreibung des polnischen Volksteils und um die Frage handelt, ihnen den Aufenthalt im deutshen Vaterlande unmöglich zu nahen. Ich möchte wiederholen und glaube die Zustimmung dieses hohen Hauses zu finden,, wenn ih sage, daß die preußische Polen- und Ansiedlungspolitik nur darauf gertchtet sein kann, ‘auf der einen Seite die sogenannte Massièrung des polnischen Volksteils zu verhindern und auf der anderen Seite dafür zu sorgen, daß auch gerade in den sogenannten bolnischen Bezirken die Deutschen in größerer und kompakter Masse so angeseßt werden, daß sie dauernd dem polnishen Einflusse nicht mehr unterliegen können.

Meine Herren, wenn diese Ziele erreicht sind, dann ist im großen und ganzen auch das Ziel der Ansiedlungspolitik erreiht, und ih hofe, daß dann \sih auch die Autsichten verwirkliht habén, die der Ag. Winkler namens seiner Partet zum Ausdruck gebracht hat.

Meine Herren, ih möchte bei diesem Anlaß nur noch mit wenigen Vorten auf die Ergebniffe der Ansiedlung im Jahre 1911, auf die Denkschrift der Ansiedlungskommission eingehen. Herr Abg. Winckler hat mit Net darauf hingewiesen, daß zur Ansiedlung vor allem iweierlei gehört: erstens Ansiedler und zweitens Land. Aus der Denkschrift geht hervor, daß an Ansiedlern kein Mangel ist, aber ich glaube, Sie werden aus -den dort mitgeteilten Zahlen auch entnehmen Mühen, daß die Ansiedlung in der Zahl auch ihre Begrenzung findet, daß es eben auhß unter den günstigsten Verhältnissen nit inner möglich sein wird, das Maximum der Siedlungen, die Zahl von etwa 2000 zu erreihen. Meine Herren, ich vill außer den sonst dafür angegebenen Gründen nur noch auf eins hinweisen: zur Uebernahme elner Stelle, wie sie die Ansiedlungskommission als bäuerlihe Besißung auslegt, gehört, 0anz gering gerehnet, ein Kapital von 5000 4; nehmen Sie also 2000 bäuerlihe Ansiedler, so sind das 10 Millionen, die die An- sedler in die Provinz Pósen mitbringen müssen, um überhaupt eine Ansiedlerstelle von der Ansiedlungskommission erwerben und besißen u fônnen. Meine Hexren, das ist eine große Summe, die zum Teil im Jnnern des Landes in anderen Gegenden und Bevölkerungsshichten wieder mobil gemacht wird. Auch aus diesem Grunde ist es erklär- li), warum aus einzelnen Gegenden des deutschen Vaterlandes die Klage widerhallt: warum gehen so viele unserer Kinder nah Posen Und Weslpreußen, warum lassen sie das Geld, das die Eltern ihnen witgeben müssen, niht lieber in der engeren Heimat? Jch glaube, aud diese Gründe sprechen dafür, die Zahl der Ansiedlungen nicht u Grund und nit ohne Berücksichtigung aller in Betracht zu lehenden Verhältnisse zu vergrößern.

i Meine Herren, was nun die Landbeshaffung angebt, so kann ih e mit gutem Gewissen sagen, daß es der Ansiedlungskommission f en ist, den Bedarf für die Besiedlung in diesem Jahre durch | lge Ankäufe im wesentlichen zu decken. Es sind augenblicklih d 22000 ha zur Besiedlung vorhanden! Hiervon bleibt nah E Besiedlung im aufenden Jahre wenigstens für 500 Stellen Wi ttforderliche Land für das nächste Jahr zur Verfügung. Ich führe ia He enelih an, um den Beweis dafür zu liefern, daß meine in ti vdgetkommission gema@ten Ausführungen richtig, waren, daß in em Jahre nur noch 1960 ha für dic LandbesGaffung des laufenten

und Forsten

Jahres und nur noch eiwa 6000 ha für die-Landbeschaffung des nächsten Jahres nötig waren. t

Meine Herren, wenn unter diesen Umständen troßdem von mir und ih sage ausdrücklih: im Namen der Staatsregierung die Grklärung abgegeben worden ist, daß im Falle eines Besitzwechsels durch Veräußerung auch die Siaatsregierung von der Maßnahme der Enteignung Gebrauch machen würde, und zwar in den Fällen, auf welche der § 13 des Geseßes vom Jahre 1908 zutrifft, so ist das, glaube ih, der deutlihste Beweis dafür, daß die Staatsregierung nicht die Absicht hat, in der Ansiedlungspolitik eine wesentliche Einschränkung eintreten zu lassen, und es dürfte, glaube ih, au nah dieser Nichtung durch die Ausführungen, welche ih bereits in der Budgetkommission gemacht habe, jeder Zweifel ges{wunden sein.

Meine Herren, ih gebe ohne weiteres zu, daß die Beschränkung der Enteignung auf die in metner Erklärung genannten Fälle cine mildere Form der Enteignung tarstellt; aber ih glaube, dabei auch sagen zu können, daß es auf diesem Wege mögli sein wird, noch auf eine Reihe von Jahren hinaus den Landbedarf der Ansiedlungs- kommission zu deen. :

Meine Herren, Ste dürfen niht vergessen, daß im Osten neh immer sehr viel Grundbesiß am Markte liegt. Es sind im Jahre 1911, wie die Denkschrift ergibt, noch 123 000 ha neues Land der An- siedlungskommission angeboten worden. Wenn ich annehme, daß si davon au nur 20000 ha für die Zwecke der Ansiedlungs- kommission eignen, so ist das immerhin ein Betrag, der für die Besiedlung eines Jahres völlig ausreichen würde! Meine Herren, diese Zustände werden sih im wesentlichen vorläufig nit ändern, auch s{on infolge der hohen Preise, und es ist deshalb auc anzu- nehmen, daß der Besißwechsel in der Ostmark seinen Fortgang nimmt, und daß eben dieser Besißwechsel auch für die Ansiedlungskommission die Möglichkeit bieten wicd, wenn es nicht anders geht, sih im Wege der Enteignung den für sie geeigneten Besiß auszusuhen. Meine Herren, eine besondere Härte liegt in dieser Maßregel auch \chon des- halb nit, weil sie si nit gegen den bisherigen Besißer, sondern gegen den neuen Erwerber richtet, und der neue Erwerbec si \chließlich von dem Standpunkt des Besitenden aus nicht darüber beklagen kann, wenn in seinem Kaufvertrag der Staat als Erwerber eintritt. (Zurufe bei den Polen und Sozialdemokraten.)

Meine Herren, bei der Erörterung der Beschaffung des Land- bedarfs der Ansiedlungskommission ist nun auch Klage darüber geführt worden, daß auf der einen Seite so viel Domänen aufgeteilt und auf der andern Seite der Großgrundbesiß unnöstig dezimiert würde. Ich kann, abgesehen von einzelnen Fällen, die ic, obne daß mir das Material vorgelegt wird, nit beurteilen kann, im allgemeinen diese Klage als berehtigt niht anerkennen. Was die Domänen angeht, so ist einmal in den leßten 20 Jahren in erhebliher Weise Domänenbefißz in der Provinz Posen, ebenso in Westpreußen erworben worden, und es hat dabei {hon von vornherein die Absicht bestanden, diesen Besiz nit unter allen Umständen als Domänen zu erhalten, sondern ihn auch nach Bedarf für Ansiedlungszwecke zu verwenden. Und nun kommt hinzu, daß nicht ins Blaue hinein Domänen ausgesucht worden sind. Die Zahl der Domänen, die für die Ansiedlungen mit Beschlag belegt worden sind, ist gegenüber dem Domänenbesig des Staates in der Ostmark überhaupt nur verhältnismäßig gering. Es ift jedesmal, wenn eine Domäne für die Ansiedlung bestimmt wurde, sowohl Landrat wie Regierungspräsident und Oberpräsident gehört worden, und es ist außerdem auch berüdsihtigt worden, ob durch die Zerteilung einer Domäne nit in der Kretsvertretung des betreffenden Kreises zu ungunsten der Deutschen eine Stimme ver- loren gehen würde. Dasselbe ist au) bezügli des gekauften Groß- grundbesißes beahtet worden. Die Ansiedlungskommission hat immer Wert darauf gelegt, soweit es mögli war, auch Nestgüter zu er- halten und dafür zu sorgen, daß au beim Erwerbe größerer Güter Stimmen im Kreistage nicht verloren gingen. Aber, meine Herren, unter allen Umsländen das - Prinzip aufrecht zu erhalten, keinen deutshen Großgrundbesiß mehr zu erwerben, ist einfach nicht an- gängig. Die Ansiedlungskommission hat jahrelang an diesem Grund- saß festzuhalten gesucht, und der Erfolg dieser Maßregel i} der gewesen, daß in einer Reihe von Fällen ein für Ansiedlungszwede geeignetex Besiß durch Verkauf in polnische Hände gekommen ist. Meine Herren, da ist es doch wahrhaftig besser, daß die Ansiedlungs- kommission in solhen Fällen zugreift und an die Stelle des deutschen Besigers, der wahrscheinli auf seine Nationalität niht allzu viel gehalten hat, eine Neihe neuer deutscher kräftiger Ansiedler seßt; der gleiche Gesichtspunkt trifft auch auf solhe Besie zu, die nit von ihren Eigentümern bewohnt, sondern dur fremde Personen verwaltet werden. Auch da ist der Einfluß des Deutschtums, der im Besitze liegt, ver- hältnismäßig gering, und er kann sehr viel gésteigerter und besser werden, wenn die Ansiedlungskommission in solhem Falle von dem Gute Besiß ergreift und es an Ansiedler auftellt, auch hier immer wieder mit der Beschränkung, daß es in der Ostmark, in den Pro- vinzen Posen und Westpreußen, sehr darauf ankommt, den Großgrund- besiß nit allzusehr zu verringern und au dafür zu forgen, daß die neuangezogenen deutschen Bewohner auh in ‘den alten angesessenen deutschen größeren Besißern ihre naturgemäßen Führer auf politishem und wirtschaftlichem Gebiete finden. (Bravo! und sehr richtig!) Jch glaube, wenn die Ansiedlungskommission auch ferner näch diesen Grundsäßen wirtschaftet, so werden berehtigte Klagen wegen der Art der Landbeschaffung nicht gegen sie erhoben werden können.

Meine Herren, ih binwegen meiner über die Polen- und Ansiedlungs- politik gemachten Aeußerungen von den verschiedensten Seiten angegriffen worden. Herr Dr. Pachnide hat ja \{hon hervorgehoben, daß ih es manchem nit recht gemacht habe, und es ist mir auch in erster Linie der Vorwurf gemaht worden, daß die jegt für die Enteignung in Aussicht geuommene Formel unter keinen Umständen der deutshen Sate irgendwie nußen könne. Meine Herren, ich habe, wie Sie vielleicht aus den Verhandlungen des vorigen Jahres s{chon wissen, in dieser Beziehung ein gutes und ruhiges Gewissen! Jch habe mich in meinén Entschließungen und in den Vorschlägen, die ih dem Staatsministerium gema@t habe ich möchte ausdrücklih herporheben, daß in den Fragen der Polen- politik und in der Frage der Enteignung nicht der einzelne Minister, bor allen Dingen nicht der Landwirtschaftsminister, sondern das ge- samte Staatsministerium zu entscheiden hat —, nicht von außerhalb

| der Sache liegenden Einflüssen bestimmen lassen, sondern ih babe

gesucht, nah Pflicht und Gewissen zu handeln und dementsprechend meine Vorschläge zu fassen. Aker es ist für mih doch einigermaßen gegenüber dcu von gewissen Seiten wi-derholten Angriffen tröstlich,

daß in elnem in. Danzig. erscheinenden Blatt ich bitte die Herren Polen, es zu entschuldigen, wenn ih es nickt richtig lese —, der „Gazeta Gdaúska“, der Saß steht: „Das ist ein so raffinierter Plan es ist die Nede von dem Vorscklage der Enteignung —, auf den nit einmal Bülow gekommen ist. (Heiterkeit.) Ih glaube, mit dieser Ehrenerklärung dürften auch meine sonstigen Gegner sich zu- frieden geben müssen. ;

Herr Graf von Spee is in seinen Ausführungen nochmals zurückgekommen ‘aufden Vorschlag, der schon in der Budgetkommission gemacht worden ist, und den auch {on ter Herr Abg. Dr. Pachnicte erwähnt hat, das Besißfestigungsgeseß so zu ändern, taß es für die ganze Monarchie und lediglich vom wirtschaftlichen Gesichtspunki aus für die Entshuldung des Grundbesißes dienstbar gemacht werden könnte. Ih habe, wie Sie aus dem gedruckten Bericht der Budget- kommission ersehen haben, bereits zu diesem Vorschlag Stellung nehmen müssen, und ich brauche das, was ich darüber gesagt habe, heute wohl nit zu wiederholen. Aber gegen eine Bemerkung des

“Herrn Grafen von Spee möchte ih mich doch noch wenden. Er hat

die Meinung ausgesprochen, daß die Verhältnisse in Oberschlesien, die ruhigen und friedlichen Verhältnisse zwishen Polen und Deutschen, erst andere geworden wären durch die Tätigkeit der Ansiedlungs- tommission. Jch glaube, jeter, der die Verhältnisse in Ober- {lesien einigermaßen - kennt und ih rechne mich auch zu denjenigen, aus der Zeit meiner früheren amtliGen Tätig- keit in Schlesien wird mir ohne weiteres darin beitreten, daß diese Auffassung des Herrn Grafen von Spee verfehlt ist. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Die polnishe Bewegung ist nah Dberschlesien, wie ich neulich hon ausführte, wesentli von außen hercingetragen worden. (Widerspruch bei den Polen. Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Ste is in Bezirke ge- tragen worden, die früher nie daran gedacht haben, nah irgend einer Nichtung, abgesehen von der Sprache, eine Zugehörigkeit zum Groß- polentum zu haben. (Sehr richtig!)

Der Einwand gegen das Besißfestigungsgesct, daß es gegen die Ver- fassung verstoße, ist bereits in der Budgetkommission] von dem Ver- treter des Herrn Justizministers zurückgewiesen worden. (Lachen bei den Polen.) Herr Graf von Spee ist auch darauf zurückgekommen ; ih glaube ihn aber in dieser Richtung nicht weiter widerlegen zu brauhen. Er verkennt, daß es sih sowohl bei der Neichsverfassung wie - bei dem Sreizügigkeitsgeseß lediglih um die Frage handelt, daß der betreffende Bundes- oder Staatsangehörige einen Grundbesitz frei erwerben darf wie jeder andere, daß aber beide Bestimmungen, sowohl Verfassung wie Freizügigkeitsgeset, keineswegs die Befugnis dcs einzelnen Eigen- tümers einsckränken, zu verkaufen oder den Verkauf mit gewissen Be- dingungen zu belasten, und schon daran sceitert der Einwand, daß das Besißfestigungsgesepß der Verfassung widerstreite. Soweit ich mich erinnere, ist auch im Jahre 1908 in gleiher Weise entschieden worden. :

Wenn dann von dem Grafen von Spee noch die Art der An- sezung von Katholiken bemängelt und speziell auf einen Fall in Schneidemühl hingewiesen worden ist, der die Ansegung von Forst- arbeitern betraf, so bin ih ohne nähere Prüfung nicht in der Lage, mi darüber äußern zu können. Ich glaube mi aber zu entsinnen, daß in dem Falle von Swhneidemühl die betreffende Zeitung es war die „Germania“, welche diese Mitteilung machte auch eine. Berihhtigung der zuständigen Regierung hat aufnehmen müssen und * infolgedessen erklärt hat, daß sie zugeben müsse, daß in diesem Falle der der Negierung gemachte Vorwurf kaum aufreht erhalten werden könne. (Hört, hört! rets.) Nachdem nun die Frage der Ansiedlung von Katholiken berührt worden ist, habe ich auch kein Bedenken, darauf hinzuweisen, daß dte vor- wiegende Anseßung von evangelishen Ansiedlern durch die Königliche Staatsregierung keineswegs auf konfessioneller Voreingenommenheit beruht, sondern daß sie notwendig geworden ist zum Zwecke der dauernden Stärkung des Deutshtums. Nicht als wenn die Katholiken {lehtere und minderwertigere Deutsche wären; aber das connubium. und das commercium, welches sie mit den polnishen Bewohnern zusammenführt und die gleihe Religion, welche Gelegenheit zu weiterer Berührung gibt, bringt es im Laufe der Jahre dahin, den Nationalitätenuntershied zu verwischen (Widerspruch im Zentrum). Wir haben in einer ganzen Reihe von Bezirken die Erfahrung machen müssen, daß zu Ungunsten des Deutshtums der früher deutsche Teil der Bevölkerung in einen polnischen umgewandelt ist. (Erneuter Widerspruch im Zentrum). Die das bestreiten, sind niemals in ter Provinz Posen ge- wesen. Wir haben in Posen und Westpreußen zahlreihe Bewohner mit edt deutschem Namen, die durch die Frau und die Familie aus Deutschen zu Polen geworden sind (Große Unruhe und Widerspruch im Zentrum und bei den Polen), während weder ihr Name noch ihre Herkunft ihnen dazu die geringste Berechtigung gegeben hat. Das ist eine Wahrheit, der wir ruhig und ofen ins Gesicht sehen müssen, die [leider dazu hat führen müssen, au bezüglih der Konfession einen Unterschied unter den Arsiedlern zu machen. (Lebhaftes Hört, hört! im Zentrum.)

Es kommt noch eine andere Schwierigkeit anf einem anderen sehr nahe liegenden Gebiet dazu. Die Gründung einer katholischen Pfarret in einem neuen Ansiedlungsdorf erfordert nicht allein den Bau etner neuen Kirche und neuen Pfarrhauses, sie macht außerdem sehr schwierige Verhandlungen mit den bischöflichen Behörden notwendig, die in vielen Fällen niht zum Nesultat führen, und hat außerdem noch zur Folge die Abfindung der bisher zuständigen polnischen Pfarrei ! Inkfölgedessen kostet die Errichtung einer katholisdhen Pfarre beinahe das Dreifache von dem, was die Errichlung einer évangelischen Pfarre erfordert. Aber der Kostenpunkt dürfte zweifellos in dieser Frage nicht entscheidend sein. Es handelt si im wesentlichen darum, die Erfolge der Besiedlung dauernd aufreht zu erhalten und soweit mögli dafür zu sorgen, daß eine Vermishung der Bevölkerung, die dem polnischen Element den Vorrang gibt, auch in Zukunft nit ein- treten kann. (Bravo! rechts. Zuruf bei den Polen: Der Minister soll au katholisch sein!) Meine Herren, ih glaube, ich brauche auf diesen Einwand nicht zu antworten. (Sehr richtig! rechts.) Jch habe aus meiner katholisher Ueberzeugung niemals ein Hehl gemacht, aber ih muß Staatsnotwendigkeiten anerkennen, in deren Beurteilung aller- dings andere Gesihtépunkte wie einseitig konfessionele maß- * gebend sein müssen! (Bravo! rets und bei den Nationalliberalen) Wenn dann die hohen Preise der Ansiedlungskommission b E sind, so möhte ih darauf hinweisen, daß die. hohen P E allein von der Ansiedlungskommission, sondern in allen d ‘ilen der Ostmaik und der anliegenden Provinzen gezahlt werden, und daß der