1912 / 121 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 May 1912 18:00:01 GMT) scan diff

sowie eine Anzahl für die Luflfahrt besonders interessterter Persönlih- feiten vereinigt haben, sodaß wir mit einer gewissen Sicherheit er- warten können, daß dem Institut die nötige Beweglichkeit, die nötige Elastizität in der Entwicklung der Arbeiten gewährleistet sein wird. Auf der anderen Seite gibt uns die starke Beteiligung der Industrie an der Unterhaltung des Instituts die Sicherheit, daß das Institut dauernde Fühlung mit der Wissenshaft und Technik hält, sich nicht in zwecklose Fragen verläuft, sondern sein Augenmerk auf die Lösung der jeweils wichtigsten und notwendigsten Fragen richtet, die weder in den Laboratorien der einzelnen Firmen, noch in den Laboratorien und Werkstätten unserer tehnishen Hochschulen gelöst werden können: Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß es uns hier gelungen ist, unter verhältnismäßig geringer Inanspruhnahme des Reichs eine lebensfähige Institution zu hafen, die geeignet sein wird, der Ent- wicklung der Luftschiffahrt und des Flugwesens in Deutschland die- jenigen praktishen und wissenshaftlihen Impulfe zu geben, die herbeizuführen seinerzeit die Absicht Jhrer Resolution gewesen ist. (Bravo!) j Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Ursprünglih hat der Reichstag auf ae Boden gestanden, eine Feichöanitalt zu verlangen. Man ist aber wohl mit Récht diesen Weg nicht gegangen, nachdem sih die Mög- lihfeit geboten hat, mit dem genannten Verein in Verbindung zu treten, der die Versuche anl olg ua tats Grundlage ausführen will, und dem neben maßgebenden Verbänden auf dem Gebiete von Technik, Sport und Industrie auch die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften angehört. i : e Abg. Bassermann (nl.): Auch wir begrüßen die nachträgliche Ctatsforderung, durch die us ein Pee hs des Grafen Zeppelin erfüllt wird. Der frühere Beschluß des Reichstags, der auf von uns und dem Freiherrn von Hertling beantragten Resolutionen beruht, ging von Erwägungen aus, die heute nah der inzwischen stattgehabten Ent- wiÆlung nicht mehr zutreffen. Der Verein gibt alle Bürgschaften für cine gedeihlihe Entwilung und wird frei sein von Einwirkungen bureaufratisher Natur. Die finanzielle Beteiligung des Reiches an der „Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt“ ist eine Notwendigkeit, auch mit Rücksicht auf unsere Wehrkraft. : Abg. Dr. Müller - Meiningen (forts{r. Volksp.): Auch wir stimmen für die Forderung, in der Hoffnung, daß die „Versuchs- anstalt“ die auf sie geseßten Hoffnungen erfüllen wird. j Die Ergänzung zum Etat für 1912 wird hierauf in zweiter Lesung angenommen, die geforderten Summen bewilligt. Es folgt die zweite Lesung des Geseßentwurfs, betreffend Beseitigung des Branntweinkontingents. Die 8. Kommission hat durch den Abg. Richte r (Zentr.) einen umfangreichen schriftlichen Bericht erstatten lassen. § 1 der Kommissionsbeschlüsse lautet: | E „Das Kontingent der Branntweinbrennereien wird 1a Bayern, Württemberg und Baden aufrecht erhalten, im übrigen aber beseitigt. Der niedrigere Abgabensaß von 1,05 4 für das Liter Alkohol wird aufgehoben. Aus dem Ertrage der Verbrauchsabgaben sind der Ein- nahme an Betriebsauflagen jährlih 16 Millionen Mark zuzuführen und nah näherer Bestimmung des Bundesrats zur Erhöhung der Vergütung für vergällten Branntwein zu verwenden.“ (Der leßte Saß ist Zusaß der Kommission.) : i Der Präsident Kae m p f \chlägt vor, eine allgemeine Besprehung bei. § 1 vorzunehmen. Abg. Dr. Südekum (Soz.): Der S der MNe- gierung sollte dazu dienen, die Liebesgabe aufzuheben. Es wurde

wirtschaft auf dem leichten Sandboden des Ostens rentabel zu erhalten. Nun gibt es aber dort Güter, die keinen Spiritus produzieren, und eine ganze Reihe von bäuerlihen Wirtschaften, die besonders in Pommern immer mehr zunehmen. Dann hat Graf Schwerin-Löwiß A darauf ei ait daß man aus der Kartoffel durh den

rocknungsprozeß hohwertiges Viehfutter herstellen kann. Aber den

auptgrund für die Liebesgabe hat ja Graf Posadowsky in einer chwachen Stunde, als er noch Bundesratsmitglied war, verraten, indem er sagte, wo sollen die Gutsbesißer die Gelder für ihre Söhne, die Offiziere und Neferendare sind, fonst hernehmen. Es handelt sich also nur darum, dem Agrariertum die Mittel zu gewähren, dit es nötig hat, um eine gesellshaftlihe Rolle spielen zu können. Wie die Dinge nun jeßt liegen, erfüllt die Abschaffung der Liebesgabe' nicht den Zweck, den sie noh vor einigen Jahren gehabt hatte. Das könnte nur erreiht werden, wenn man unseren Antrag annehmen würde, die Spannung ganz zu beseitigen und die Spiritus\teuer auf 105 H ein- heitlich K fauteben. Da sagt nun die Regierung, das geht nicht, wir brauchen das Geld. Dazu kommt, i nach den Beratungen der Kommission ja gar nicht einmal 36 Millionen eingehen würden, sondern nur die Hälfte, und diese sollen noch dazu dienen, eine Entschädigung für den Vergällungszwang zu ge- währen. Angeblich soll das der industriellen Verwertung des Spiritus zugute kommen. Aber schließlich fließt auch dieser ganze Nußen nur in die Taschen der Agrarier. Darum ersuchen wir Sie erneut, Ernst zu machen mit der Abschaffung der Liebesgabe; hier in den Kom- missionsbeschlüssen wird die Abschaffun nur scheinbar versucht. Tun Sie das nicht, wollen Sie bei der LEBbten Abgabe bleiben, so müssen wenigstens die 16 Millionen anders verwendet werden. j

Aba, Spe ck (Zentr.): An der gegenwärtigen Vorlage hat niemand eine rehte Freude. Nicht nur die einzelnen Parteien sind unter sich getrennt, selbst in den Parteien sind die Ansichten geteilt. Die Für- sergepolitik der Branntweinsteuergeseßgebung liegt in der Natur der Brennerei als eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes begründet. Die Schwierigkeit dieser Geseßgebung liegt ebenfalls in der Materie selbst; nirgends sind die Gegen}äßlichkeiten so groß wie auf diesem Gebiete. Die Interessenten, die Branntweinbrenner, sind gegen die Vorlage. Aus ihr sind für die Reichskasse nah den Beschlüssen der Kommission nicht mehr 36, sondern höchstens 17 bis 18 Millionen u erwarten. Die Spannung von 20 M ist seinerzeit von allen Seiten auptsächlih mit Rücksicht V die süddeutsche Brennerei befürwortet worden. Ein Vorzug der Vorlage is, daß mit dem Schlagwort „Liebesgabe“ und mit dem damit getriebenen Unfug aufgeräumt wird. Und wunderbar: gerade von der linken Seite, die stets die Aufhebung der Liebesgabe forderte, wird jeßt gesagt, die Aufhebung sei ein Ge- schenk an die Großgrundbesißer, an die Junker! Wer jeßt auf 105 M als allgemeinen Saß heruntergehen will, will überhaupt dem Reiche die Steuern für seine notwendigen Aus- gaben verweigern. Der von der Kommission zugunsten des technischen Spiritus geschaffene Vorteil soll doch dem Gewerbe er- möglichen, den Preis des Trinkbranntweins um den Betrag von 16 Millionen niedriger zu halten; er ist also, wenn man {hon von einem Geschenk reden will, ein Geschenk an die Konsumenten. Wir untershäßen außerdem nicht die Vorteile des Geseßes für die kleinen und mittleren Brenner, die gegen ihren jeßigen Stand besser gestellt werden. Auch der Kleinhandel erfährt durch die Vorlage Ee Erleichterungen. Aus diesen Gründen sind wir geneigt, die Vorlage anzunehmen. : / n Keinath (0 Die Vorlage hat eine sehr

Produ tige Aufnahme gefunden; es besteht der Gegensaß zwischen

roduktion

immer ft auf die Liebesgabe müsse gewährt werden, um die Land-

und Konsumtion, und in der ersteren wieder der

E zwischen großen und kleinen Brennern. (Die Verhand- lung erfährt eine Ünterbrechung, indem am Tische der amtlichen Stenographen der Stenograph Dr. Neupert plößlich umsinkt; er wird mit Hilfe einiger Abgeordneter in das stenographishe Bureau hin- untergetragen, wohin ihm die Abgg. Dr. Struve und Dr. Becker- essen folgen, um ihm ärztlihe Hilfe zu bringen.) Der technische piritus hat in den leßten Jahren einen immer steigenden Konsum gefunden, und das ist doh mit eine Folge des Geseßes gewesen; von seiner absoluten Konkurrenzunfähigkeit kann man nicht reden, Die Industrie, die n verarbeitet, wird nach den neuen Kommissions- beshlüssen auch besser gestellt. Selbstverständlih konnten nicht alle

Wünsche erfüllt werden, aber es is Wesentliches geleistet worden. Die Kommissionsvorschläge sind ein Kompromiß mit allen Schattenseiten eines solchen, aber au insofern, als ein einzelner Stein nicht heraus- genommen werden fann, ohne das ganze Bauwerk zu gefährden. Wir werden daher gegen alle Abänderungsanträge stimmen. Gewiß wird die Liebesgabe nicht ganz beseitigt; aber die Aufhebung der Spannung für die großen Brenner ist doch gegeben, und darum stimmt der bei weitem größere Teil meiner Freunde der Vorlage zu, um mit diesem Schmachwort aufzuräumen.

Es wird namentliche Abstimmung über § 1 bean- tragt; diese wird noch heute vorgenommen werden.

Abg. Doormann (fortshr. Volksp.): Wir haben gegen die Vorlage die s{hwersten Bedenken, wollen aber anderseits die Beschluß- fassung nicht verzögern und halten uns daher mit Amendements aufs äußerste zurück. Jn der Kommission hat man sih für 125 A, aljo für den höheren Saß entschieden, den niedrigeren leider abgelehnt. Den T O hat man das Kontingent belassen, aber unter anderer Fixierung der Spannung. Es ist sehr shwierig, zu sagen, welche Spannung für die süddeutshen Brenner die richtige 1st. Die Geschichte der Branntweinsteuergeseßgebung sollte eine Warnung sein, wieder einmal eine solche Äesorgegesebgebung in die Wege zu leiten. Ob durch die ies vorgenommene Kontingentierung ein technischer Fortschritt geschaffen ist, möchten wir bezweifeln. Diese Kontingen- tierung müßte nach unserer Meinung überhaupt vollständig abge- schafft werden. Der Vergällungszwang hat eine gewisse Berechti ung; denn es kann notwendig sein, einen Teil unter dem normalen Preise abzugeben. Aber er darf nicht in schikanöser Weise gehandhabt wer- den. Wir verlangen U, daß die Prämien, die bei der Be- triebsauflage für den Brennspiritus gewährt werden, gerecht verteilt werden. arüber kann allerdings kein Zweifel sein, daß schließlich alle Lasten wieder von dem Konsumenten getragen werden.

_ Abg. Graf Mielzyn ski (Pole): Wir stimmen (jr die Fassung, wie sie aus der Kommission hervorgegangen ist. Ganz besonders T e daß dadur endlih dem Spiritusgewerbe Ruhe ver-

afft wird.

Abg. ers von Gamp (Np.): Es ist wohl das erste Mal, daß eine Vorlage bei allen Parteien nicht einem unbedingten Nein begegnet. Jch muß mi dann dagegen wenden, daß wir überhaupt einmal ein Fürsorgegeseß für irgendeinen Stand gemacht haben. Man soll A ¿war 1n den wirtschaftlihen Kampf zwischen Konsu- menten und Produzenten niht immer einmishen. Aber doch ist es zeitweilig gut. Hätte man j: B. das Brauereigewerbe so kontingen- tiert wie das Spiritusgewerbe, dann hätten die Großbrauereien nicht eine solche Uebermacht gewinnen können. Zahlreiche Petitionen haben nun gerade die NUGufbebung der Liebesgabe gefordert. Wir können der Vorlage nicht begeistert zustimmen, ganz besonders nicht, soweit es die MReservatstaaten betrifft. Die Vermehrung des Denaturie- rungszwanges hat zwar manche Bedenken beseitigt, die Jndustrie- und Gewerbetreibende gegen diese Steuer haben. Es wäre zu begrüßen, wenn der Bundesrat ermächtigt würde, in Zukunft dort Ermäßi- ingen eintreten lassen zu können, wo heimische Indußtrie z. B. die ür die Herstellung von synthetishem Kautschuk billige Rohprodukte braucht. Kein Gewerbe it so malträtiert worden, wie das Brannt- weinbrennereigewerbe. . Das würde sih niemand gefallen lassen wie die Landwirtschaft, die doch V geduldig ist. :

_ Abg. Will -Slettstadt (Els.) spricht sih gegen jede Mehr- belastung der landwirtschaftlichen Kleinbrenner aus.

__ Abg. Dr. Weill (Soz.): Wir wollen die Liebesgabe tat- Net aufheben, aber der Abg. Speck und viele andere Mitglieder cheinen durch die e Bezeichnung der Vorlage getäuscht worden u sein. Diese Vorlage bringt keine Aufhebung der Liebesgabe; es ann hier lediglih von der „Jogenannten“ Aufhebung der Liebesgabe gesprochen werden. Der Abg. Freiherr von Gamp hat den Eingriffen des Staates soeben ein Loblied (nen, das schon hart an j{oziali- stishe Gedankengänge streifte. ¡Im iderspruch damit steht aller- dings seine Bemerkung von dem „malträtierten“ Gewerbe und seine Hoffnung, g jeßt Ruhe eintreten werde. Von dem einen wie ‘von dem andern kann nicht die Nede sein. Das Geseß beseitigt das Kontingent, aber nicht das, was die Liebesgabe ausmachte. Ohne die Aufhebung der Bestimmungen liber den Durchschnittsbrand und den Vergällungszwang gibt es keine Aufhebung der Liebesgabe, dieses unerhörten Steuerprivilegs einer kleinen Minderheit. Wir weisen in unserm Antrag Albrecht einen Weg zur wirklichen Beseitigung, indem wir die Aufhebung des höheren Steuersaßes von 1,25 M verlangen. Wir wollen Feiner, wenn schon die 16 Millionen ab- gezweigt werden sollen, diese für die Herabseßung der Altersgrenze für die Inpalidenversicherung tufs 65. Jahr und für die Erhohung des MNeichsfonds für Beihilfen an Kriegsteilnehmer ets wissen. Leider hat in der Kommission die nationalliberale Partei sih nicht der Versprechungen erinnert, auf Grund deren gerade sie den ganzen Wahlkampf in erster Linie geführt hat, unter dem Schlachtrufe der Erbschafts\steuer. Die E bedeuten eine Minde- rung des Ertrages um 174 Millionen Mark; die Hälfte des er- warteten M mens von 36 Millionen ist also von der Kommission gestrichen. achdem das Reichsschaßamt sih mit dieser Streichung abgefunden hat, glauben wir, für die 16 Millionen, die dem technischen Spiritus zugeführt werden sollen, eine bessere Verwendung vorschlagen u können. Es ist doch ein wunderbares Vorgehen, wenn man den

rinkbranntwein belastet, um aus dem höheren Aufkommen Begünsti- gungen für den technischen Spiritus zu bezahlen. Der wirkliche Grund ist der, daß man fürchtet, daß der technische Spiritus bei weiterer Preissteigerung die Konkurrenz mit dem Petroleum usw. nicht mehr aushalten kann; man fürchtet die Ueberproduktion und ihre. preis- drückende Wirkung, dagegen sollen diese 16 Millionen eine Ver- A U bilden, und zwar auf Kosten der Konsumenten. Unter diesen Umständen halten wir den Zeitpunkt für gekommen, eine For- derung zu erfüllen, die' von allen Seiten als gerecht und dringend anerkannt wird, die Forderung der Verwendung für Beihilfen an Kriegsteilnehmer und für die Herabseßung der Altersgrenze. u unserer Freude hat dieser unser Antrag auch bei den Polen Sympathie gefunden, wir haben ja jeyt einen Antrag der olen vor uns, der allerdings aus diesen 16 Millionen nur für die Witwen von Kriegs- teilnehmern Beihilfen gewähren will. Warum aber nehmen dann die Polen unsern Hauptantrag niht an? Das Gekd ist da, ‘und wenn auh Sie die Verwendung für den technishen Spiritus für nicht zweckmäßig halten, müssen Sie doch für unseren Antrag sein.

Abg. Köl \ch (a): Hätten die Sozialdemokraten ihre Er- klärungen über die Erbschaftssteuer einige Monate vorher abgegeben, so würde die Situation in der Kommission wahrscheinlich eine andere geworden sein. Jeßt wollen sie die 16 Millionen, die dem techni- schen Spiritus zugeführt werden sollen, zu andern, gewiß höchst idealen Zwecken verwenden. Damit wird aber das Branntwein- brennereigewerbe niht zur Ruhe gebracht. Die Sozialdemokraten haben anderseits eifrig mitgeholfen, in der Kommission für die süd- deutschen Brenner weitere Vorteile zu gewinnen. Dadurch ist das Geseß einem Teil von uns um ein gut Teil sympathischer geworden. Nach meiner Auffassung wäre es allerdings vielleicht besser, die sozial- demokratischen Anträge anzunehmen und später die Deckung auf dem Wege der e ranatenuna der CGrbschaftssteuer zu suchen. ;

Abg. Wurm (Soz.): Kein anderer als der frühere A, sekretär Sydow hat die Branntweinsteuergeseßgebung eine Fürsorge- geseßgebung genannt. Die Gesehgebung -von 1909 hat der Spiritus- zentrale eine solhe Uebermacht dur den Vergällungszwang und durch den Durchschnitts- und Ueberbrand gegeben, daß von dem Ausdruck „Beseitigung der Liebesgabe“ durch bloße Aufhebung der Spannung nur ein ganz Unkundiger getäusht werden kann. Ein Mitglied des

‘Herrenhauses hat en erklärt, daß die Spirituspreise heute von der

Zentrale gemaht werden. Ebenso sprechen fih pfälzishe Spiritus- produzenten dahin aus, daß dur die Zentrale das iritusgewerbe in eine unmoralisdhe e gebracht worden i, welche sie zu Bürgern zweiter Klasse degradiert. Derselben Ansicht ist auch ein Teil der S Industrie. Es ist Spiegelfechterei, zu erklären, daß durch die Vorlage der Regierung die Liebesgabé beseitigt würde. Der Abg. Kreth hat es nicht für nötig erachtet, in die G 7 zu kommen, sondern hat es vorgezogen, eine Denkschrift zu verbreiten, in der er all das, was ihm an meinen Ausführungen unbequem war,

zu widerlegen sucht. “Nun wird au darin von der Verteuerung der Kariofléin gesprochen. Aber eine solche ist doch nur durchschnittlich um 7 bis 8 % erfolgt. - Wir wollen nun, daß die frei werdenden Er- „träge dieses Geseßentwourfes entweder den mittleren oder kleineren Brennereien zugute kommen. Je mehr solche entstehen, um so weniger ist die Zentrale in der Lage, die Spirituspreise noch i in die Höhe zu treiben. Nun soll für den Jndustriespiritus eine Erleichterung geschaffen werden. Das hört sih sehr {ön an; in Wirklichkeit liegt es aber anders. Dies geschieht nur, damit die Spiritusproduzenten nicht in der Ueberfülle von Spiritus ertrinken, Nur dadurch it es möglich, daß der Preis für den Trinkbranntwein auf seiner Höhe gehalten wird. Ich möchte e. noch darauf hin- weisen, daß ein Gut mit einem kontingentierten 8 E ja einen höheren Preis hat als ein anderes. So wurde im preußischen Ab- geordnetenhause darauf hingewiesen, daß man den Domänenpächtern eine Pachtermäßigung zukommen lassen müßte, wenn ihnen das Kon- tingent genommen wird. Dw ist es fals, daß der 8 Sd mit Petroleum oder Benzin konkurrieren kann. Er darf dann nur höchstens 30 Pfennig kosten. Wenn Sie wirklich eine Tat voll- bringen wollen, dann lösen Sie die Chrenshuld gegenüber den Veteranen ab und e h Sie die Altersgrenze für Erreichung der Invalidität herab. o kann nur wieder das gut gemacht werden, was der großen Masse durh die bisherige Steuergeseßgebung ge- nommen worden ist.

__ Abg. Kret h (dkons.): Der Abg. Wurm hat mir vorgeworfen, ih hätte mein A mich mit ihm in der Kommission gus- einanderzuseßen, nicht gehalten. Aber ih wollte nur der Kommission Zeit ersparen. Denn wenn ih mi wirklich mit dém Abg. Wurm dort auseinandergeseßt hätte, so wäre er doch sicher hier wieder darauf zurückgekommen. Es wäre besser gewesen, er hätte mir seine Wider- legung der Schrift Pro zukommen lassen. Nun ist in der Kom- mission und in der Presse bei Beratung dieser Vorlage viel von der Spirituszentrale, deren Leitung ih angehöre, die Rede gewesen. Jch muß deshalb e auf dieses viel lade Institut eingehen, um nicht die Anschauung aufkommen zu lassen, als ob all die vorgebrachten Legenden auf Wahrheit beruhen. Es ist gesagt worden, daß die Zentrale die Produzenten in ein unmoralishes Verhältnis bringt. Wie es jedoch vorher aus dem Spiritusmarkt ausgesehen hat, das kann man aus den fontradifktorishen Verhandlungen über deutsche Kartelle nahlesen. Damals hatte der Handel das Bestreben, während der Vrennzeit die Spirituspreise so medrig zu halten, dap die Pro- duzenten ihre Ware N unter dem Getfleltitharets abgeben mußten. Hatten im Sommer die Händler allen Branntwein in den Händen, dann gingen die Preise auf einmal in die Höhe. Daß die Brenner mit Verlust arbeiten, scheint ja das Ziel zu sein, das dem Abg. Wurm erstrebenswert erscheint. Aber bei dem damaligen Ver- fahren konnten selbst die Spritfabriken im reellen Geschäft nichts ver- dienen. Die Spekulation blühte. Das Spiritusgewerbe wieder auf eine reelle Grundlage zu stellen, das war der Wunsch aller Beteiligten. Es wurde deshalb zuerst eine Verkaufsstelle geschaffen. Die Land- wirte hatten eben auch auf dem Genossenschaftswesen etwas Ge- \chäftskenntnis erlangt, und der Bund der Landwirte hatte das Zu- sammengehörigkeitsgefühl gestärkt. Daraus ist die Spirituszentrale hervorgegangen. Sie besteht sowohl aus Brennern wie aus Sprit- fabriken. Man sieht nun in der Spirituszentrale ein politisches und agrarisches Unternehmen. Das ist jedoch nicht der Fall; E ent- hält, das geht auch aus der Zusammenseßung des Vorstandes hervor, Angehörige aller Parteien. Die Zentrale treibt keine Politik, sie versucht nur verständige Geschäfte zu machen, indem sie einerseits den Absaß fördern und angemessene Preise erzielen will. Kein Roh- produkt ist so mit Abgaben überlastet wie der Spiritus. Dadurch ist ein Ad der Produktion eingetreten, und den dadurch verloren gegangenen Absaß möglichst wieder einzubringen, ist Hauptaufgabe der Spirituszentrale. a können wir hohe Preise nicht gebrauchen, Der leitende Si EoT unferer Preispolitik if der, möglichst gleichmäßige Preije beizubehalten. Was das laufende Jahr anlangt, o blieb die Produktion sehr wesentlih hinter den Erwartungen zurü. Wir waren deshalb gezwungen, den Preis herabzuseßen. Daß dies mit der Einbringung dieses Geseßes zusammenfiel, ist ein reiner Zu- fall. Wir taten es auf Grund der statistishen Monatsauswelse. Gs entspriht doch nicht parlamentarishem Brauch, eine Erklärung ohne den Schatten eines Gegenbeweises in Zweifel zu ziehen. Der Abg. Wurm hat dann die Kartoffelpreise besprochen. Nun hat aber selbst die Handelskammer Berlin ausdrücklich bekundet, daß die Preis- politik der Zentrale in Ansehung der \{lechten Kartoffelernte als maßvoll zu bezeichnen ist. Der Abg. Wurm meinte dann, die Steige- rung der Spirituépreise stände in keinem Verhältnis zu der Er- höhung der Kartoffelpreise. Nun sind aber die Kartoffelpreise um 200 bis 300 % gestiegen. Und das ist doch bei den Spirituspreisen nicht der Fall gewesen. Der Landwirt soll eben, wenn einmal die Natur enger gibt _ alles aus seiner Tasche zulegen. Wenn die Speise- kartoffel in Dftpreußen 3 M kostet, foitet sie in Berlin 5 K, im Westen ist sie noch teurer; dieser Tatsache gegenüber \cheitert der Verweis des Abg. Wurm auf den Erfahrungssaß, daß sich der Preis durch Angebot und Nachfrage regelt. Es kann doch auch nicht zum volkêwirtschaftlihen Grundsaß erhoben werden, daß der Landwirt mit Unterbilanz produzieren joll. Der Verkaufspreis des Spiritus richtet sih nah einem ganz anderen Maßstabe wie der Gestehungs- preis der Kartoffel. Die Höherstellung des Preises durch die Zen- trale mußte erfolgen, damit nicht die bs Ware in einige wenige kapitalstarke Hände geriet und damit die fkapitalschwächeren Kreise überhaupt noch Spiritus erhalten konnten. Inzwischen haben sich ja, wie schon hervorgehoben, die Verwertungsmöglichkeiten der Kar- toffel erweitert, so daß kaum anzunehmen D daß die Kartoffel auf thr altes Preisnveau wieder herabsinkt. Wären wir so kurzsichtig, die Konsumpreise zu überspannen, so würde der Bundesrat es in der Hand haben, dur die Crhöhung des Durchschnittsbrandes uns derart mit Ware zu übershütten, daß wir darunter schwer zu leiden hätten; es fällt uns also gar nicht ein, den Preis zu überspannen. Die Preise, so ruft man, sind wucheris, und zugleih kauft man zu diesem Wucherpreise, soviel man nur irgend bekommen kann; da müssen also Interessen dahinterstecken, die man nicht offen in die Er- scheinung treten lassen will; man will eben mit aller Gewalt die Zentrale vernihten. Für jede ehrlihe Kritik sind wir dankbar, wir ane sie O nicht zu fürchten; Urteile lassen sih widerlegen, Vor- urteile nicht.

Abg. Wurm (Soz.): Jh behalte mir vor, auf diese ziemlich uferlosen Ausführungen später zurückzukommen. Der Abg. Kreth be- streitet, daß nur die Zentrale an der Preissteigerung {huld sei; tat- sächlih ist der Spirituspreis gegen die vorjährige Kampagne unm 40 Millionen Mark, der Kartoffelpreis nur um den zehnten Teil da- von gestiegen. Den Durchschnittsbrand hat der Bundesrat erst 1m April dieses Jahres, als bereits nihts mehr zu retten war, von auf 120 % erhöht. Die Spritfabriken geben beute 26 9% Dividende, sie gedeihen also unter dem Schatten der Spirituszentrale recht gut.

Abg. Kret h (dkons.): Meine Berechnung des Kartoffelpre hat der Vorreder nicht bemängelt, und das ist das maßgebende. Die Spritfabriken haben an den hohen Preisen für den Spiritus ni den geringsten Nußen, denn sie bekommen feste Prämien für den Spiritus, den sie zu reinigen haben. Den genossenschaftlichen Cha- ie der Zentrale hat der Abg. Wurm immer noch nicht ver-

anden.

Staatssekretär des Reichsshahamts Kühn :

Jh habe auf einige Anfragen, die aus dem Hause an mich ge

riMtet sind, zu erwidern.

Der Herr Abg. Kölsch hat eine Aeußerung verlangt über die

künftige Behandlung derjenigen Industrien, für welhe dur die Beschlüsse der Kommission neue Erleichterungen be- züglih der Verwendung vergällten Branntweins ein- geführt worden sind. Ih kann mich demgegenüber auf die Be- merkung beschränken, daß die Handhabung der Vorschriften selbst- verständlih in dem Sinne erfolgen wird, wie es von der Kommission

bei der Beschlußfassung beabsichtigt war.

Etwas \{chwieriger ersheint auf dcn ersten Blick die Stellung zu zwei weiteren Anregungen. Der Herr Abg. Graf Mielzynski wünscht, daß auf lange Zeit hinaus jede Beunruhigung des Brennereigewerbes vermieden werde, daß also von jeder Aenderung des Geseyes abgesehen werden \olle. Der ‘Herr Abg. Freiherr von Gamp - Mafsaunen wünscht dagegen im Interesse gewisser Industrien, daß man, wenn mögli, {on recht bald an eine Aenderung des Gesetzes herantrete- Die Aufgabe des Negtierungsvertreters, wenn er \sich bemühen will, eine zufriedenstellende Antwort nach beiden Richtungen zu erteilen, erlelhtert fich aber dadurch, daß er auf die vorliegenden Verhältnisse verweisen kann, aus denen \ich die Fragen im wesenAichen von selbst beantworten. Die Verhandlungen, die sih regelmäßig an die Einbringung einer Branntweinvorlage im Parlament, in der Presse und in den Versammlungen knüpfen, verlocken nicht dazu, neue dera1tige Erörterungen in Szene zu seßen. (Sehr richtig!) Es wird darum ganz gewiß an eine Geseße8änderung uicht herangegangen werden, wenn nicht ein zwingender Grund dazu vorliegen sollte. Auf

/ der andern Seite, wenn \ih wirklich einmal die Tatsachen derart zus-

spigen sollten, daß es notwendig würde, um große Industrien dem heimishen Crwerbsleben zu erhalten, eine Modifikation der Brannt- weinsleuergeseßgebung eintreten zu lassen, ohne deren Prinzip zu ver- legen, dann, meine ich, wird weder der Reichstag noch die Regierung sich dem entzichen.

Ich komme nun zu den Anträgen, die zu dem § 1 gestellt worden sind. Der erste Antrag betrifft die Beseitigung des höheren Abgabensaßes und die Festsetzung eines einheitlichen Satßes von 1,05 x. Schon in der Kommission bin ih dagegen aufgetreten. Es würde ohne weiteres dadunch erreiht werden, daß für die Negterung ein Ertrag aus dem Geseße nicht erzielt wird. Dem kann sie selbst- versländlih nicht zustimmen in dem Moment, wo fie diesen Ertrag für hohe nationale Zwecke zu verwenden gedenkt. Jch habe aber in der Kommission weiter darauf hingewiesen und man wird ih dem Argument nicht ganz entziehen können —, daß die Herren An- tragsteller das Ziel, den Brennereibesißern die Liebeëgabe zu nehmen, mit diesem Antrage nicht erreihen würden. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Denn bei Aufrechterhaltung des Preises, die in einem syndizierten Gewerbe leiht ist, während die Erhöhung des Preises auf große Schwierigkeiten \toßt, würde die Liebesgabe bei Annahme des Antrags nicht bloß dem kontingentierten Branntwein, sondern dem gesamten steuerpflihtigen Branntwein zugute kommen.

Sodann ist ein Antrag von den Herren Abgg. Albreht und Ge- nossen auf Nr- 477 unter 1b gestellt. Es sollen danach dke 16 Millionen, welche aus der Verbrauchs8abgabe dem Betriebsauflage- fonds zuzuführen sind, für andere wie ih anerkenne sehr erslrebens8werte Zwecke verwen det werden. Dieser Antrag fällt aus dem Rahmen des Geseßes heraus. Die Bereitstellung von 16 weiteren Millionen ist die Voraussezung für eine Reihe von Aenderungen, die der Geseßentwurf in der Kommission erfahren hat. Diese Aenderungen würden sh nicht aufreht erhalten lassen, wenn die Vorausseßung wegfällt. Jch nehme deshalb an, daß die Mehrheit des Hauses den Antrag. ablehnen wird. Die Mehrheit kann dies aber auch tun, ohne sh dem Verdacht auszuseßen, als ob sie denjenigen, die durch den Antrag ter Herren von der linken Sette bedaht werden sollen, den Altersrentnern und den Kriegsteilnehmern, unfreundlih gegenüber- stände. , (Sehr richtig! rechts und im Zentrum. Rufe bei den Sozialdemokraten : na! na!) Die verbündeten Regierungen haben sih teils durch den Mund ihrer Vertreter, teils sogar in geseßliher Form verpflichtet, in ernstlihe Erwägungen darüber einzutreten (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Erwägungen! davon wird niemand satt !), in wie weit und auf welhem Wege den Wünschen der genannten Gruppen entsprochen werden kann. Dieser Verpflichtung können und werden sich die Negierungen nit entziehen (Zuruf von den Sozial- demokraten: am St. Nimmerleinstag!), selbst wenn der vorliegende Antrag nicht angenommen wird. (Beifall rechts und im Zentrum, Zurufe bei den Sozialdemokraten.)

Damit schließt die Erörterung bei § 1.

Der erste Saß des § 1 der Kommissionsbeschlüsse wird angenommen.

Nach dem Antrage Albrecht (Soz.) soll in dem zweiten Saße nicht der niedrigere Steuersaß von 1,05 (6, sondern der höhere von 1,25 4 aufgehoben werden. Die Abstimmung hierüber ist eine namentliche, sie ergibt die Ablehnung mit 211 gegen 141 Stimmen ; ein Mitglied enthält sich der Abstimmung.

Statt des zweiten Absaßes des § 1 der Kommissions- vorshläge wollen die Abgg. Albreht und Genossen (Soz.)

folgende Bestimmung seßen : O8 i „Aus dem Ertrage der Verbrauchsabgabe sind jährlih 16 Mil-

lionen zu entnehmen und zu verwenden : | O i 1) zur Gewährung von Beihilfen an hilfsbedürstige Kriegs-

teilnehmer, 2) zur Deckung des Des der zur Herabseßung der Altersgrenze für den Bezug der Altersrente vom 70. auf

das 65. Lebensjahr erforderlich ist.“ Der Antrag Ablaß (fortschr. Volksp.), diese Verwendung vom 1. April 1913 ab eintreten zu lassen, wird von den Antrag- stellern des Hauptantrages in ihren Antrag aufgenommen.

Ueber die Nummer 1 (Gewährung von Beihilfen an Kriegsteilnehmer) wird ebenfalls namentli ch abgestimmt. Der Antrag wird mit 203 gegen 147 Stimmen verworfen, ebenso in einfaher Abstimmung die Nummer 2 gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Fortschrittler und Elsaß- Lothringer. § 1 wird darauf in der Fassung der Kommission mit großer Mehrheit, zu der au ein Teil der fortschrittlichen

olkspartei gehört, angenommen. 5 N

Nach §8 2 ermäßigt sih für die in Bayern, Württemberg und Baban innecball ‘des Abbntingents hergestellten Alkohol- mengen für die gewerblichen Brennereien die Steuer um 0,05 16, für die anderen um 0,075 „#6 für das Liter Alkohol. Diese Vorschrift soll nicht ohne Zustimmung dieser Staaten Lu werden können. Die Sozialdemokraten beantragen die

reichung des leßten Saßes. 4 e L eee "gs fd fee ete Gaeta ine Berfassungsänderung. Es o eine et L , daß dies j wenig beachtet worden ist. Im Jahre 1887 ist auch die

Branntweinbesteuerung für das ganze Reich unter die Kompetenz des

Reiches gestellt worden. Wenn nun die Kontingentfpannung nicht ei Ó immung auc nur eines füddeutschen E ert werben kann ohne Zustimmun „UT n bele 2

taates, der Reichstag und, : der u Sa Fe ber \övdeutschen Staaten wollen natür-

lih q t prelisgeben, au die Monopolvorlage der Re- ierung wolle ia ebenfalls den süddeutshen Brennern eine Bez

günstigung zugestehen. Man darf diesem Absaß 2 niht zustimmen. esonders die Nationalliberalen haben ja immer auf dem Stand- punkt gestanden, daß bei derartigen Geseßen man si nicht von parti- kularistischen Strömungen leiten lassen dücfe.

Staatssekretär des Reichsshayamts Kühn :

Meine Herren! Ih muß Sie bitten, den Antrag auf Streichung des Abs. 2 abzulehnen. Die prinzipiellen Ausführungen des Herrn Vorredners würden begründet sein, wenn es sich um die Schaffung eines Reservats handelte; das ist aber niht der Fall. Es kommt hier niht die Schaffung eines Neservats, in Frage, sondern das Aus- maß eines bereits bestehenden Reservats und praktis ist die Sache, wie der Herr Vorredner selbst zugegeben hat,. ohne Bedeutung. Denn die norddeutschen Staaten würden niemals versuchen, die ihrerseits den süddeutshen Staaten gewährte Spannung später zu verringern. Beseitigen Ste aber jeßt das Neservat in seinem ganzen Umfang, so würde das den geseulih festgelegten Rechten der süddeutshen Staaten derart wlderstreiten, daß das vorliegende Geseß nur zustande kommen könnte, wenn auch die drei in Frage kommenden Negierungen und, je nah dem Landesstaatsreht, auch ihre Landtaçe der Aenderung zu- stimmten. (Sehr richtig! im Zentrum.) Daß das der Fall sein würde, ist niht anzunehmen. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Annahme eines solchen Antrags wäre dann gleihbedeutend mit der Beseitigung der ganzen Geseßesvorlage. Ich wiederhole meine Bitte um Ablehnung.

Abg. Dr. dekum (Soz.): Ich möchte doch noch einmal apt inweisen, nicht unnötigerweise eine Kompetenz aus der Hand zu geben.

Jn namentlicher Abstimmung wird die Kommissions- fassung mit 219 gegen 126 Stimmen aufrecht erhalten.

Nach § 3 A TY Obstbrennereien für Branntwein aus selbsterzeugtem Obst bei einer Jahreserzeugung von nicht mehr als 50 1 Alkohol (Vorlage 30 1) das Liter mit 0,84 (. Die Sozialdemokraten wollen diese Ausnahmebestimmung auf alle Obstbrennereien mit einer Jahreserzeugung unter 100 1 ausdehnen.

Abg. Peirotes (Soz.): Jin Interesse der kleinen Brennereien Süddeutschlands und Elsaß-Lothringens ist es unbedingt nötig, daß die Vergünstigung weiter ausgedehnt wird. Wir wären gern weiter- gegangen und hätten die Steuer auf 0,64 4 herabgeseßt. Aber wagen O haben wir einen derartigen Antrag nicht eingebracht. :

Geheimer Oberreglerungsrat Nay: Es ist schon eine so weitgehende Begünstigung gewährt worden, daß sie nur aufreht erhalten werden kann, wenn die Jahreserzeugung auf 50 1 beschränkt bleibt. Jch bitte deshalb, es bei den Kommissionsbestimmungen zu belassen.

Abg. Dr. W ill - Schlettstadt (Els.): Auch wir bitten, die Literzahl auf 100 zu erhöhen.

Der Antrag Albreht wird gegen die Sozialdemokraten, Fortschrittlihe Volkspartei, Elsaß - Lothringer und die beiden Fentrumösmitglieder Müller - Fulda und Haeusler abgelehnt. Nah § 4 der Kommissionsbeschlüsse entrichten vor dem 1. April 1912 betriebsfähig eingerichtete landwirtschaftliche Brennereien und Obstbrennereien, die in einem Betriebsjahr nicht mehr als 10 hl Alkohol eweugen, für ihr ganzes Erzeugnis eine Verbrauchsabgabe von 1,14 #6 für das Liter.

Abg. Dr. Weill (Soz.) befürwortet, diese Vorschrift auf sämt- lihe Brennereien auszudehnen. Jn der Begründung der Negierungs- vorlage wird ja ausdrücksich daranf hingewiesen, daß derartige Be- triebe in Elsaß-Lothringen s{lechter gestellt sind als in anderen Teilen des Reiches. Unsere Anträge sind doch jo harmlos und be- deutungslos, daß nan sie nicht gut ablehnen kann.

Der Antrag wird abgelehnt.

Die in § 5 für Bayern, Württemberg und Baden sowie Hohenzollern vorgesehene weitere Ermäßigung der Verbrauchs- abgabe beantragen die Sozialdemokraten, auch auf Hessen und Elsaß-Lothringen auszudehnen.

Abg. Dr. Weill (Soz.) befürwortet diesen Antrag. Wir ver- hehlen uns dessen Aussichtslosigkeit allerdings nicht, da die Mehrheit I ents{lossen zu sein scheint, jede vernünftige Anregung ab- zulehnen. : :

Abg. Wurm (Soz.) wünscht diefe Vergünstigung au auf die Brennereien auszudehnen, die Brauereiabsälle verwerten. -

Geheimer Oberregierungsrat N a y: Dem Antrage stattzugeben, ist nicht möglich. Dann müßte man auch andere Provinzen, wie ¿. B. die Rheinprovinz, ebenso stellen. Dem Antrage Wurm kann entsprochen werden. Denn das bisherige Geseß läßt das Gewünschte ja sowieso schon zu. O :

Abg. Wurm (Soz.): Es ist ja hübsch, daß eine solhe Be- stimmung vorhanden ist. Aber bisher ist jeder diesbezüglihe Antrag immer noch abgelehnt worden.

8 5 wird nach Ablehnung der sozialdemokratischen Anträge

mit einem Amendement Dietrich angenommen.

R von der Kommission neu eingefügt: „Uebersteigt das Kontingent einer gewerblichen Brennerei die Gesamtmenge von 3000 hl, so wird es vom Tage des Jnkraftretens dieses Geseßzes ab auf diese Menge herabgeseßt“ wird gemäß einem S Dietrich ohne Diskussion von der Mehrheit wieder eseitigt.

Zum dritten Abschnitt des bestehenden Gefeßes „Betriebs- auflage“’ hat die Kommission eine Anzahl von Veränderungen vovdeiOiagaa. Die Sozialdemokraten hatten die völlige Streichung des ganzen Abschnittes beantragt.

Abg. Davidsohn (Soz.): Wir ziehen unseren Prinzipalantrag zurück, beantragen aber, die Begünstigung, die auch dem zur Her- stellung von Bleiweiß verwendeten, unvollständig vergällten Brannt- wein zugestanden werden soll, wieder zu streichen, und be- | ziehen uns dafür auf die Statistik der Bleiweißvergiftungen. Die Bleiproduktion und die Bleiverwendung wird dadurh keineswegs beeinträhtigt. In den Tagen der Kommissionsberatung ift das Haus von Interessenten geradezu überschwemmt worden; ihre- Anträge haben fast durhweg Berücksichtigung gefunden. Nun möge man dte Parität au dadur wahren, daß man diesen einen kleinen, bescheideuen Wunsch der deutshen Arbeiterschaft erfüllt.

Abg. Sh weickhardt (fortschr. Volksp. ): Die Betriebsauflage ist ja niht allzu hoh, aber sie wird unerträglih für die Brenner,

wenn sie Ueberbrand haben. In diefem Falle folt die Auflage */10 |

betragen. Auch sonst wirken die Bestimmungen des geltenden 48 des Gesetzes bezüglih der Minimalsäße usw. sehr nacteilig. ir haben daher niet in der Kommission abgelehnten Antääge in der Hoffnung wieder aufgenommen, daß wir im Plenum mehr Glück haben werden. Wir wollen, daß die Ueberbrandsteuer von */1o anl tue herabgeseßt und die Minimalfäße entsprehend ermäßigt werden. Abg. Dr. dekum (Soz.) befürwortet eine Abänderung des 58 des N Geseßes und beamstandet, daß die Vergütung ür den vollständig vergällten Spiritus doppelt so hoch sein soll wie die für unvollständig vergällten, indem en auf den kraFer; Vorfall der 10 L ana durch Methylalkc-hol bezieht, die am. Weihnachten 1911 im Berliner Obdach stattgef,mden hat. : Abg. Wurm (Soz.): Der § 98 in sciner jeyigen Fassung

&

bezliglichen Geseßesbestimmungétt zu bemühen; wir s uns daran genügen lassen, auf die Schäden der bestehenden Geseßgetung hin- gewiesen zu haben. s a Schweid…hardt (fortshr. Volksp.): Wir beantragen ferner, Ÿ naimen zu treffen, um den an einer Vergütung der Betriebsauflage beteiligten Gewerben den Saß von 20 #4 mindestens für die Menge zu gewährleisten, die dem Durchschnitt der leßten 3 Jahre vor Verkündigung dieses Geseßes entspriht. Ich empfehle auch diesen Antrag zur Annahme. Die Anträge der fortschrittlihe: Volkspariei werden ab- gelehnt. Das Wort „Bleiweiß“ wird aus § 56 gemäß dem Antrage Albrecht gestrichen, indem für diesen Antrag auch das L mit den Sozialdemokraten und Fortschrittlern stimmt. m übrigen werden die Anträge Albreht abgelehnt. Zu den Bestimmungen über den Durchschnittsbrand liegen. ebenfalls Anträge der Sozialdemokraten vor.

Nach § 11 des Entwurfs soll von 10 zu 10 Jahren,. zuerst 1917/18, für die in den vorhergehenden 10 Jahren neu entstandenen und betriebsfähig hergerihteten landwirtschaftlichen Brennereien und Obstbrennereien ein Durchschnittsbrand ohne zeitlihe Begrenzung festgesest werden.

Abg. Wurm (Soz.) befürwortet den Antrag, die Frist kauf fünf Jahre herabzuseßen, und zwar auch für die gewerblichen Brennereien.

Der Antrag wird abgelehnt.

8 13 enthält eine neue Fassung des 8 72 des bestehenden Geseßes ; es wird darin bestimmt, daß der Bundesrat alljährlich den Anteil festseßt, den die Brennereien von ihrer Er- zeugung innerhalb des Durchschnittsbrandes vollständig zu ver- gällen haben; ferner wird Bestimmung getroffen über die Be- freiung von der Vergällungspfliht. Die Sozialdemokraten beantragen Streihung des 8 72; von der wortschrittlichen Volkspartei ist beantragt, den Saß „der Ueberbrand unter- liegt in allen S der vollständigen Vergällung“ zu streichen.

Abg. Dr. dek um (Soz.): Die Bestimmungen über Durch- \chnittsbrand und Vergällungszwang ersetzen das Kontingent. Dadurch wird die Macht der Zentrale, die sich sowieso Hon zu einer Neben- a neben Reichstag und Bundesrat entwoickelt hat, noch mehr geitärkt.

Der sozialdemokratishe Antrag wird ebenso wie .der An- trag Ablaß abgelehnt.

Nach § 14 þ soll im § 109 des bestehenden Geseßzes folgendes eingefügt werden: i

„Der Bundesrat wird ermächtigt, im Falle des Bedürfnisses Erleichterungen in bezug auf die Größe der Behältnisse und den Verschluß zuzulassen."

Abg. Böhle (Soz.) befürwortet dagegen folgende neue Fassung des ersten e des § 109: „Vollständig vergällter Branntwein darf im Kleinhandel von 5 1 an üur in Behältern von 50, 20, 10, 5 1 Naumgehalt feilgehalten werden. Die Verschlüsse haben mit einer Angabe des Alkoholgehalts versehen zu sein.“

Abg. Shweilckhardt orie. Volkêp.) {ließt sich dem Vorredner an.

Der Antrag wird abgelehnt.

Abg. Gerstenberger (Zentr.) will in einem besonderen 8 14e die im § 110 des bestehenden Geseßes vorges{hriebene Rück-

Spiritus auf 20 46 berabseten.

Abg. W ur m (Soz.) bedauert, daß der Abg. Gerstenberger damit auf halbem Wege „stehen bleibt, Erd begründet den Antrag seiner: Freunde, den ganzen § 110 zu ftr&chen.

übg. Sw eickdhardt (fortschr. Volksp.) fpriht ih für den Antrag Gerstenberger aus.

Geheimer Oberregierungsrat Nay: Es is außerordentl schwierig, cinen gerechten Ausgleich zu finden. Es gibt große Betriebe, die essigsauren Kalk verarbeiten, den sie aus dem Auslande beziehen. Diese Éssigsäure wird meist nur für technische Zrwoecke verwertet, und die betreffenden Fabriken befinden si meist in günstiger Lage. Da- gegen gibt es viele kleine Betriebe, die über ganz Deutschland verteilt sind und shwer zu kämpfen haben. Man soll deshalb niht ohne zwingende Gründe die bestehenden Verhältnisse ändern.

Die Anträge werden abgelehnt. Für den Antrag Gersten=- berger stimmen nur einige wenige Zentrumsabgeordnete.

Abg. Wurm (Soz.) begründet einen weiteren Antrag Albrecht auf Herabseßung der Zollsäge.

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Rest des Entwurfes wird nah den Beschlüssen: dev Kommission ohne weitere wesentliche Diskussion erledigt.

Darauf vertagt sich das Haus.

Schluß 81/4 Uhr. Nächste Sißung Dienstag 11 Uhr. (Erste und zweite Beratung des Entwurfes zu einem Militär- luftfahrtfürsorgegeseße , „Reste des Etats in zweiter Lesung,, Rechnungen und Petitionen.)

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 12. Sißzung vom 20. Mai 1912,, Mittags 12 Uhr.. (Bericht von: Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sißung: ist in der gestrigew Nummer d. Bl. berichtet worden.

Dem zunächst dem Herrenhause vorgelegtzn: Vertrag zwischen Preußen und Oldenburg uom 10. Februar 1912 wegen Abänderung des Vertrags vom 20. Juli 1853, be- treffend die Uebernahme des maæritimen Schußes des- oldenburgishen Seehandels, und der oldenburgi-

hen Seeschiffahrt durch Preußen und die: dagegen. von.

Oldenburg an Preußen geleistete Abtretung zweier Gebietsteile- am: Jadebusen zur Anlegung eines Kriogshafens, erteit das haus auf Antrag des Berichterstattérs, Füxsten zu Jnnhausen und Knyphausen, die verfassungsmäßige Barnes ebenso: dem Staatsvertrage zwischen dem Königreich Preußen und dem Fürstentum Schaumburg-Lippe vom 28. März 1912 zur Ab- änderung der am 20. Oktober 1872, 27. April 1874 und. 93./25. Mai 1907 unterzeichneten Verträge mwægen UÜeber=- tragung der Leitung der Grundstückszusommenlegungen, Gez

Auseinandersegungs'ochörden und dem Staatsvertrage z1

dem Königreiche Preußen und dem Fürftentunte Schwarzburg- Rudolstadt vom 6./10. April 1912 wegen anderweitiger“ Regelung | der Uebertragung von Auseinanderseßungsgesehäfte!

auf die Königlih preußishen Auseinanderseßungsbehörden, nachdem Herr Dr. von Hagens über beide Anträge be-

richtet hat. haushalts für 1912 fort.

tein und von

Ernst Günther zu N l

ler, dem Fürst Salm-

\tatuiert geradezu ein Privileg 7ür die Spiritusz-.ntrale, den Spiritus- preis hoh zu halten. Alngelhls der Haltung der kompakten Mehr- heit hat es aber keinen Zweck, sh um die Verbesserung der

r K ö r.

vergütung von 30 #& für zur Essigsäurebereitung verwendeten:

meinheitsteilungen und Ablösungen auf die Königlich freuBldA :

Darauf sett das Haus die Béêratung des Staats. 5 Auf Antrag der Herren Dr. hei Herzog

orstmar und Herr Hillebrandt widersprechen, wird beschlossen, dis

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