1893 / 27 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 31 Jan 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Der“ Wirküche Geheime Ober - Regierungs - Rath Dr. Schneider im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und O ist nach der Provinz Schlesien abgereist.

Württemberg.

Seine Majestät der König is vorgestern aus Berlin wieder in Stuttgart eingetroffen.

Sachsen-Coburg-Gotha. Seine Königliche Hoheit der Fürst von Hohenzollern ist gestern von Coburg nah Sigmaringen abgereist.

Elsaß-Lothringen.

Gestern Nachmittag fand in Straßburg die feierlihe Er- öffnung der Tagung des Landesaus\schusses für Elsaß- Lothringen in dem neuerbauten Landesausshuß-Gebäude am Kaiscrplay statt. Jn der Statthalterloge wohnten die Fürstin Hohenlohe und die übrigen Mitglieder der Familie des Statthalters der Feier bei. Kurz nach 3 Uhr erschien der Kaiserlihe Statthalter Fürst zu Hohenlohe im s{chwarzen Fra - mit dem Band des Schwarzen Adler- Ordens, gefolgt von dem Staatssecretär von Puttkamer, den Unter-Staatssecretären von Schraut und von Köller sowie den Herren seines Bureaus. Jn der vom Statthalter ver- lcsenen Eröffnungsrede wird, wie „W,. T. B.“ meldet, der Genugthuung darüber Ausdruck gegeben, den Landes- ausschuß in den neuen, seiner Würde und Stellung entsprehenden Räumen begrüßen zu können. Die finanzielle Lage des Landes sei nah wie vor cine günstige. Das leßte Finanzjahr weise einen Uebershuß von 2/, Millionen auf, auch das laufende werde voraussichtlih mit einem be- deutenden Ueberschusse abschließen. Außer dem Etat würden dem Landesausschusse Geseßentwürfe über die Einshäßung zur Gewerbesteuer, über die Einrihtung von Spar- und Dar- lehensfassen in den Gemeinden sowie bezüglich der Verwaltung von Depositen vorgelegt werden. Am Schlusse seiner Rede brachte der Statthalter ein dreimaliges Hoch auf SeineMajestät den Kaiser aus, das von der Versammlung mit Begeisterung erwidert wurde. Bei der Wahl des Bureaus wurden die bis- herigen Mitglieder durch Acclamation wiedergewählt, und zwar Dr. Schlumberger zum Präsidenten, Fabrikant Jaunez zum Ersten Vice-Präsidenten und Baron Schauenburg zum Zweiten Vice-Präsidenten; ferner Baron Charpentier, Notar Wehrung und Gutsbesißer Nennig zu Schriftführern.

Oesterreich Ungarn.

Während der gestrigen Sißung des österreichischen Abgeordnetenhauses trat der- Minister-Präsident Graf Taaffe mit den Obmännern der Deutschen Linken, des Polenclubs und des Hohenwartclubs, Dr. von Plener, von „Jaworsfki und Graf Hohenwart, zu ciner kurzen Conferenz zusammen. Dem „Fremdenblatt“ zufolge übergab der Minister- Präsident dabei den Obmännern das neuc Regierungsprogramm, das in einem vorgestern unter dem Vorsitz des Kaisers abgce- haltenen Ministerrath neu festgestellt und redigirt worden ist, und stellte den Parteiführern frei, das Programm ihren Parteivorständen oder dem Plenum ihrer Clubs zu unter- breiten. Wie verlautet, wären mehrere von den einzelnen Parteien vorgeschlagene Modificationen, darunter auch von der Linken ausgegangene Amendements, angenommen worden.

Jn der Sigung des Hauses erklärte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Finanz-Minister Dr. Steinbach, in Beant- wortung einer Jnterpellation des Abg. Kyrle über den Grenzverkehr mit Bayern, die Viehausfuhr aus Oesterreich nach Bayern widckele sich jederzeit in dem Rahmen der Bestimmungen des Viehseuchengeseßes des Deutsches Reichs und der darauf gegründeten Specialverordnungen ab.

Das ungarische Unterhaus lehnte gestern den Antrag des Abg. Lits auf stufenweise Errihtung ciner selbständigen ungarischen Armee ab und nahm die Vorlage über das Re- krutencontingent an. Der Minister für Landesvertheidigung Freiherr von Fejérvary wies bei der Debatte auf die strenge gerihtlihe Ahndung in Fällen ciner schlechten Behandlung der Mannschaft hin und erklärte den Vorwurf, daß die ungarische Landwehr germanisirt werde, für völlig unbegründet : eine einheitliche deutsche Ver- kehrs\sprache sei nothwendig, da die ungarische Landwehr be- rufen sci, mit der gemeinsamen Armee zusammen zu wirken.

Großbritannien und Frland.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus London werde die Thronrede, mit der heute das Parlament eröffnet wird, betonen, daß die Beziehungen zwischen Großbritannien und allen auswärtigen Mächten friedliche seien. Die Thron- rede werde als erste Vorlage für die bevorstehende Session die Bill, betreffend Homerule für Jrland, ankündigen und gleihzcitig auf die Abnahme verbrecherisher Handlungen und die Besserung der Lage in Jrland hinweisen. Als Vorlagen würden ferner angekündigt werden eine Bill über dic Verkürzung der Dauer der Legislaturpcrioden, sowie des zur Erwerbung des Wahlrehts nothwendigen Auf- enthalts, eine Bill üder die Revision der Wählerlisten, eine Bill über die Aufhebung mehrfacher Stimmberechti- ung, ferner vershiedene Maßnahmen bezüglich der Arbeiter- rage, vorbereitende Maßnahmen zur Trennung der Kirche vom Staat in Schottland und Wales, sowie ecndlih eine Reform der Localverwaltung. Die Thronrede werde bezüglich Egyptens die Erklärung enthalten, daß die Entsendung der Truppenverstärkungen nach Egypten keinerlei Aenderung der E bedeuten solle. Dem Parlament werde der amtliche Ea bezüglich Egyptens und Ugandas vorgelegt werden. Schließlih werde einc parlamentarische Enquête über die landwirthschaftliche Krisis angekündigt werden.

i: Frankreich.

Der Senat genchmigte gestern, wie „W. T. B.“ be- richtet, das Handelsübercinkommen mit Marokko und erklärte darauf einen Antrag, demzufolge Zeugen, die sih weigern, vor dem Untersuchungsrichter die volle Wahrheit auszusagen, mit Gefängniß bestraft werden sollen, für dringlich. Die Rechte stimmte Es dic Dringlichkeit.

Der Deputirte Delafosse, der an die Regierung wegen der cgyptischen Angelegenheiten cine Anfrage zu richten beabsichtigte, hat auf Wunsch des Ministers des Auswärtigen Develle diese Absicht aufgegeben, da gegenwärtig diplo- matische Verhandlungen über diesen Gegenstand stattfinden.

q.

» Die Commission der Deputirtenkammer hat die

- Preßgeseßnovelle. über die Beleidigung von Souveränen

und Botschaftern auswärtiger Mächte, sowie über die Auf- reizung zu bestimmten Verbrechen in der vom Senat beschlossenen Form angenommen. : Die Mea o Cs Tam mis ton prüfte gestern die Frage, ob es nöthig sei, einen Berichterstatter zu ernennen. Die Mitglieder der Rechten und der äußersten Linken betonten nachdrücklich, daß die Aufgabe der Commission noch nicht vollendet, und daß cs daher nicht angängig sei, einen Berichterstatter zu ernennen. Die Commission verwarf sodann den Antrag auf n eal eincs (eneralberichterstatters

mit15 gegen 10 Stimmen, desgleichen den Antrag auf Ernennung,

eines Specialberichterstatters, der Delahaye dazu anhalten solle, für seine Beschuldigungen den vollen Beweis zu erbringen. Die Commission beschloß, zwei neue Subcommissionen zu ernennen mit dem Auftrage, die Nolle besonders zu unter- suchen, welche die Parlamentsmitglieder und die Presse in der Panama-Angelegenheit gespielt haben.

Rußland.

Jn Betreff des in der combinirten Sizung des Minister- comités und des Reichs-Ockonomie-Departements abgelehnten Antrags des Verkehrs-Ministers, wonach den Eisenbahnen das Recht eingeräumt werden sollte, Eisenbahnmaterialien (Schienen, Locomotiven, Waggons u. \. w.) aus dem Auslande in den Fâllen zollfrei zu beziehen, wenn die russishen Werke zu hohe Forderungen stellten (siehe Nr. 23 des „R.- u. St.-A.“ vom 20, Jana), verlautet den W -T. B2 zufolge Weile, dag den Verkehrs - Minislér . auf ain wiederholtes Ersuchen gestattet worden sei, nöthigen- falls einer aus den Ministern der Finanzen, der Domänen, dem Verkehrs-Minister und dem Neichs- Controleur bestehenden Commission die Frage zur Prüfung zu unterbreiten, ob in dem jeweilig vorliegenden Falle bei dem Minister-Comité beantragt werden solle, die be- züglihe Bestellung im Auslande ausführen zu lassen. Es wird wie es in dem Telegramm heißt beabsichtigt, durch diese Maßnahme die von den russischen Werken geforderten Preise herabzudrücken, niht aber den ausländischen Fabrikanten die Grenze zu öffnen und den zoll- freien Eingang zu gestatten. :

Vom 1. Januar bis 1. November a. St. 1892 betrugen die Einnahmen der Reichskassen: im Ordinarium 712460 000 Nbl., im Extraordinarium 168 174 000 Nbl. : die Ausgaben: im Ordinarium 767 795 000 Rbl., im Extra- ordinarium 163 434 000 Rbl. Jn der gleichen Periode des Jahres 1891 stellen sih die Einnahmen im Ordinarium auf 692 814 000 Rbl., im Extraordinarium auf 35 421 000 Nbl. : die Ausgaben auf 683 412 000 Rbl. im Ordinarium und 142418 000 Nöol. im Extraordinarium.

Jtalien.

In der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer ver- langte, ciner Meldung des „W. T. B.“ zufolge, Colajanni, daß sein Antrag bezüglich der Einseßung einer parlamentarischen Enquête auf die Tagesordnung der morgigen Sizung geseßt werde. Nachdem der Minister-Präsident G iolitti ti da- gegen ausgesprochen hatte, wurde das Verlangen Colajanni's abgelehnt. Auf cine Anfrage von Seiten Montagna's erklärte der Minister-Präsident Giolitti die Meldung eines Neapeler Blattes, wonach die Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung mehrerer Deputirten nachgc- sucht worden sei, für völlig grundlos. Der Minister des Auswärtigen Brin ertheilte die Zusage, daß er über an- geblihe graufame Mißhandlungen von italienishen Staats- angehörigen in Brasilien Erkundigungen einziehen und gegebenenfalls auf diplomatishem Wege Genugthuung ver- langen werde.

Spanien.

Das auswärts verbreitete Gerücht von einer Erkrankung des Königs entbehrt dem „W. T. B.“ zufolge jeder Be- gründuna.

Amerika.

er Sénator Chandler hat, wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, gestern im Sénat cinen Antrag cinge- bracht, worin der Präsident crsuht wird, Unterhandlungen mit der provisorishen Regierung von Hawaiiï cinzu- leiten behufs Annectirung der Jnsecln. Die Berathung des Antrages wurde vertagt. Die britische Regierung hat, wie weiter gemeldet wird, ihren Gesandten in Washington Pauncefote beauftragt, gegen die Haltung der amerikanischen Regierung gegenüber Hawaiï und gegen die beab- sihtigte Annectirung der Jnseln Protest zu erheben. Troßdem scheint das Verhalten des Commandanten des amerikanishen Kriegsschiffes „Boston“, der Marinesoldaten auf Hamaiï landete, die amtlihe Billigung des Präsidenten Harrison und des Cabincts erhalten zu haben. Mehrere Mitglieder der Negierung haben sich zu Gunsten einer Annectirung der Jnseln ausgesprochen. Der Gesandte von Hawaiï in Washington glaube an die Errichtung eines englisch-amerifanischen Protectorats. Nach einer dem Londoner „Standard“ aus New-York zugegangenen Depesche stche die Ankunft englischer Kriegsschiffe in HawaiÏï in etwa fünf Tagen zu erwarten, und glaube man, daß die Königin die Unterstüßung Englands gegen die Revolutionspartei anrufen würde.

Jn Washington fand gestern die Beischung der Leiche des vormaligen Staatssecretärs Blaine statt. Sämmtliche Mit- glieder des diplomatishen Corps wohnten der Feierlichkeit bei.

Nach ciner Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus Buenos Aires hätte der Präsident das Portefeuille des Jnnern dem Präsidenten der nationalen Hypothekenbank Escalante angeboten, doch sei bis jeßt noch keine definitive Entscheidung erfolgt. Wie mehrere Blätter wissen wollen, würde Romero das Ministerium des Jnnern über- nehmen und Escalante zum Finanz-Minister ernannt werden.

D r

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichêtag. 33. Sihung vom Dienstag, 31. Januar, 1 Uhr. Der igung wohnt der Staatssecretär Dr. von BoettiGer i l Präsident von Levey ow erklärt, daß bei dem shwachen Besuch des Hauses der Präsident und das Haus bei der Er- theilung von Urlaub oorsfichtiger verfahren müßten.

Darauf wird dic zweite Berathung des Reichshaushalts- Etats für 1893/94 fortgeseßt und zwar beim Etat des M des Innern: Gehalt des Staatssecretärs.

e etne (nl.) kommt auf die Nothstandsinterpellation

el

zurüd, deren Besprehung der Abg. Dreesbah von der Arbeits-

losigkeit in Mannheim gesprochen habe; er habe von 1040 Arbeits» losen gesprohen. Das fei ein vorübergehender Zustand gewesen. Mehrere große Fabrikanten hatten aus s ves an Arbeit Arbeiter

entlassen müssen; aber inzwischen is das be Nachweisungen ergeben haben, welche der getheilt hat. e s

Abg. Sch midt (Sachsen, Soc.): Der Staatsfecretär Dr. von Boetticher erklärte, daß eine Steigerung der Beschäftigung in der

er geworden, wie die ürgermeister mir mit-

Textilindustric nah den Handelskammerberichten eingetreten sei und

au eine Steigerung der Löhne. Redner behauptet, daß diese An- führungen unrichtig seien. Es fei in der Textilindustrie in Sachsen übcrall

_Geschäftéstockœung und cine Abnahme der Arbeiter vorhanden gewesen.

Bei einzelnen Artikeln, besonders bei Saisonartikeln kann eine kleine Besserung eintreten, aber von ciner allgemeinen Besserung kann kcine Rede fein. * Eine Lohnsteigerung is auch hier nicht eingetreten, fondern der Lohn ist derselbe geblieben oder sogar etwas zurückgegangen. Daß im Jahre 1892 besondere Aufwendungen für die Hebung des Nythstandes nicht gemacht sind, ist nicht richtig. Es sind überall, wenn auh nur privatim, Aufwendungen - gemaht worden, die Zahl der Almosenempfänger i überall gestiegen. Nednerx führt cine ganze Reihe von Zahlen aus sahsishen Städten an, “aus Dresden, Zittau, Riesa u. #. w. + Die Jahres berihte für 1892 besagen, daß sich eine Besserung des Geschäfts vellzogen hat. Das „Chemnitzer Tageblatt“ brachte aber im September Berichte dahin, daß cine Verschlehterung eingetreten fci, und in den leßten Monaten des Jahres hat fich die Sachlage nicht gebessert. Redner beruft sih auf die Lohnbücher der Arbeiter, welche ihm vorliegen und welche einen Lohn von 3,45 M wöchentlih nachweisen in einer Zeit, wo es nah dem Staatsfecretär {on besser gegangen sein sollte. Den Namen des Fabrikanten können wir nit“ nennen; aber der Staatssecretär kann sih persönlih durch Einsichtnahme in die Bücher von der MNichtizkei der gemachten Angaben überzeugen. (Schluß des Blattes.)

Die Militärcommission des Reichstags trat h'ute

Vormittag, in ihrer ahten Sitzung, in die Specialberathung der ibr überwiescnen Vorlagen cin. Abg. Nichter beantragte: I. Eine Subcommission einzuseßzen zur Feststellung a. der dauernden Aus- gaben, welche die definitive Durchführung der Militärvorlage verursacht, þ. der einmaligen Ausgaben für die Vorlagen, e. der fortdauernden und cinmaligen Ausgaben für Militär und Marine, welche durch {on bestehende Gesetze bedingt find. 11. Den Herrn Reichskanzler zu cr- suchen, eine Aufitellung der Mehrausgaben, welche in den nächsten fünf Jahren aus bestehenden Geseyen 2c., abgesehen von Militär und Marine, zu erwarten sind, vorzulegen. __ Nah längerer Debatte wurde der Antrag Richter auf Ein - seßung ciner Subcommission von sieben Mitgliedern zur Klarstellung der finanzpolitishen Seite der Militärvorlage an - genommen.

In der Budgetcommission des Neichstags wurde, wie wir der „Nat.-Ztg.“ entnehmen, gestern bei Berathung des Marine- Etats zu Titel 12 bis 21, also über die verlangten Schiffsneubauten, cine Gencraldiscussion eröffnet. Der Ne - ferent wies darauf hin, daß dur die verlangten ersten Raten cin Gesammtengagement von beinahe 40 Millionen Mark gefordert werde. In der Discussibn wurde von den verschiedensten Seiten betont, daß, so wünschenswerth auch - die Verstärkung der Flotte sci, das Schwergewiht unserer Vertheidigung doch immer bei der Landarmece liege und daß besonders die jeßt zur Verhandlung stehende Militärvorlage die äußerste Sparsam- keit zur Pfliht mache. Seitens der Vertreter der Marine- verwaltung wurden sämmtliche Forderungen nahdrücklih vertreten, auf die *Bewilligung für den „Ersaß Preußen“ (Gesammtkosten 12580 000 Æ, erste Nate 500 000 4) aber besonderer Werth gelegt. Man müsse damit rechnen, daß unsere ältesten Panzerschiffe chon über 29 Jahre alt seien und daß deshalb für einen Ersatz gesorgt werden müsse. Außerdem fei der Bau ciner größeren Zahl von Panzerschiffen zu gleicher Zeit niht ohne Bedenken; es bestehe die Absicht, in den nächsten Jahren den Ersaß für fünf Panzerschiffe zu fordern. Von den Mitgliedern der Commission wurde auf die großen Bewilligungen im Jahre 1888, von zusammen vier Schlahtshiffen ersten MNanges hingewiesen. Bei der Abstimmung wurde sodann die geforderte. erste Rate für „Ersaß Preußen“ mit 16 gegen 2 Stimmen ab- gelehnt, ebenso wurden die ersten Raten zum Bau der Panzer- fährzeuge W (1000000 4) und X (500 000 (4) gestrichen; auch die erste Nate für die Kreuzer-C orvette K (2000 000 A) wurde abgelehnt. Ein Theil der Commission hatte gegen den Bai dieser Kreuzer-Corvette überhaupt Bedenken, andere Redner wollten sie wenigstens zurükstellen, bis mit der im Bau begriffenen Kreuzer- Corvette I die nöthigen Erfahrungen gesaminelt seien. Gestrichen wurden noch die ersten Bauraten für den Kreuzer „Ersatz Möwe“ (790000 4) und für den Aviso „Ersaß Falke“ (1 200 000 46). Bewilligt wurden dagegen für Kreuzer P die erste Baurate von 750000 Æ, für Aviso H 1200000 6 für ein Forpedodivisionsboot die erste Nate von 500000 A und zur Herstellung von Torpedo- booten als erste Rate 2200 000 46 Die übrigen Titel des Kay. 6 (Ordentliher Etat des Extraordinariums) Armirungen 2c. wurden durhweg bewilligt, soweit sich die Streichung nicht als Con- sequenz früherer Beschlüsse ergab.

Die Wahlprüfungscommission des Reichstags beantragt, die Wahl des Abg. Möller im 6. Wahlkreise des Re- gierungébezirks Arnsberg für ungültig, die Wahl des Abg. Lucius im 4. Wahlkreise des Regierungébe zirks Erfurt dagegen für gültig zu erklären.

Der Erblandmarschall der Kurmark Eugen Gans Edler Herr zu Putliß, Mitglied des Herrenhauscs, ift am 29. d. M. gestorben.

Der Bericht über die 24. Sißung des Hauses der Abgeordneten vom 39. Januar befindet sich in der Ersten Beilage. :

Die Steuerreformcommission des Haüses der Abgeordneten seßte gestern Abend die Berathung des Com- munalabgabengesetzes fort. § 26, welcher bestimmt, daß der zuständige Steucraus\{huß, wenn sich ein Gewerbebetrieb über mehrere Gemeindebezirke erstreckt, die Zerlegung des Gesammtsteuersates in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Theilbeträge zu bewirken hat, wird nach langer Debatte unverändert angenommen. Zwei Anträge der Abgg. Schmieding (nl.) und Schla bit (freicons.), die bezwedcken, Gewerbebetriebe auch in Gemeinden zur Steuer heranzuziehen, in deren Bezirk der Betrieb zwar nit ausgeübt wird, denen der Betricb aber Lasten oder Kosten verursaht, werden einer Subcommission zur Vorberathung überwiesen. § 27, der bestimmt, welche physischen Perfonen oder Corporationen und Gesellschaften der Gemeinde- cinkommcnfteuer unterworfen sind, blicb im wesentlihen un- verändert, nur der leßte Absay erhielt auf Antrág des Abg. Dr. Friedberg (nl) folgende Fassung: „Personcn, welde in dem Gemeindebezirk cinen die Dauer von drei Monaten überstcigenden Aufenthalt nchmen, können, fofern nicht aus den Umständen ersihtlich ist, daß nur ein vor- öbergehender Aufenthalt beabsichtigt wird, gleich den- jenigen, welche in der Gemeinde einen Wohnsiß haben, zu den Ge- meindesteuern herangezogen werden. Heute Vormittag nahm die Commission die §8 28 und 29 (facultative Befreiungen von der Steuer- pfliht für Grundstücke und Betriebe) unverändert an.

Bei § 30-

(Zuschläge ur Einkommensteuer) warde dem Abs. 5, welcher lautet: „Eine verschiedene Bemessung der Zuschläge für die einzelnen Stufen des Steuertarifs bedarf der Genehmigung. In keinem Falle darf der Procentsaß der Besteuerung in den unteren Stufen höber sein, als in den oberen“, folgender vom Abg. von Jagow (conf.) beantragter Say angefügt: „ebensowenig dürfen andererseits die Zuschläge in den oberen Stufen höher scin als in den unteren“.

Kunst und Wissenschaft.

4+ In dem Kunstsalon von E. Schulte sind gegenwärtig ¿wei große Repräsentationsbilder von G. Marc und A. Schram ausgestellt. Der erstere hat im Auftrag der Stadt Danzig die ver- cwigten Kaiser Wilhelm 1. und Friedrich 111. mit ihrer Suite vor cinem die Danziger Küstenlandshaft schildernden Hintergrunde ge- malt, mit derben, hauptsächliÞ auf decorative Wirkung be- rechneten Mitteln, aber niht ohne coloristishes Geschick in der Beherrshung dèer großen Masscn, während A. S{chram eine Gpisode aus dem Leben Kaiser Marimilian's 1. darstellt : scine Nückkehr aus dem französischen Feldzuge nah Gent, wo ihn seine jugendlihe Gemahlin Maria von Burgund bewillfommnet. Das gewandt gemalte Hochbild befolgt in der theatralisch zusammen gedrängten Composition die althergebrahten Gesche der Historien- malerei und verlegt den Schwerpunkt in die farbenkräftige Behand- lung des äußeren Beiwerks, der Gelpandung, des architektonischen Hintergrundes 2c., während Charakteristik und Ausdruck ziemlich oberflächlih gehalten sind. In demselben Oberlichtsaal hat der Berliner Porträtmaler H. Fechner eine Neihe von Bildnissen bekannter Zeitgenossen, wie Professor Virchow, Ludwig Knaus, Gerhart Hauptmann u. a. ausgestellt. Besonders der ausgearbeitete Kopf des leßtgenannten Dichters ist lebendig aufgefaßt, noch frisher und unmittelbar wirkt das Porträt des Humoristen Wilhelm Raabe in seiner Studirstube, das im Colorit wesentlich moderner wirkt, als die übrigen Bilder des Künstlers. Ein troß der falten und glatten Behandlung außerordentlih charaktervolles Porträt cines jungen Geistlichen vom Grafen Harrach reiht sih diesen Leistungen an. Graf Leopold von Kalkreuth verschmäht in seinen Bildnissen, deren cines die Züge Ern von Wildenbruch's lebens- voll wicdergiebt, alle Absichtlichkeit in Haltung und Ausdruck und be- {ränkt fich auf die unmittelbare Wiedergabe augenblickliher Beob- achtung. Dadurch erhalten feine Bilder außerordentlihe Frishe und Lebendigkeit. Auch Max Schlichting theilt diesen modernen Stand- punkt, während die in Paris ausgebildete Malerin M. Kasten von theatralischer Gespreiztheit sich nicht ganz freizuhalten vermag: am vortheil- haftesten zeigt sich ihr Talent in dem kleinen Kniestück der Erbprinzessin von Hohenzollern-Sigmaringen. Beachtenswerthe coloristishe Be- gabung bekunden auch die Stillleben und Porträts einer in München ausgebildeten Berlinerin L. Kögel und ein vornehmes Damenbildniß von M. Dumstrey, die in dem elektrisch erleuchteten Saale der Ausstellung neben den grellen südländischen Landschaften von Corrodi und der bekannten cffectvollen neapolitanischen Abendscene von O. Achenbach cinen s{chweren Stand haben. Der in Weimar an- sässige Friese Momme Nissen hat zwei {chlicht aufgefaßte Interieurs aus der Wartburg ausgestellt. Von Walter Firle, dem bekannten Münchner, finden wir einige vielleicht allzu zierlihe Genre- scenen, und eine stattlihe Anzahl Aquarellstudien von Dle V I, sodaß auch diese Ausstellung des Schulte’schen Salons, wenn sie auch an actuellem Interesse der vorhergehenden bei weitem nachsteht, mannigfache Anregung bietet. Eine strengere Aus\chließung von gleihgültiger Marktwaare, die leider neben dem vielen Guten auch vertreten ist, würde dem vornehmen Charakter der Ausftellungs- râume indessen besser entsprechen, zumal es an derartigen minder- werthigen Kunstdarbietungen in Berlin ohnehin nicht mangelt.

Elise Polko, die liebenswürdige Musif- und Familien- schriftstellerin, begeht, wie die „Voss. Ztg.“ mittheilt, heute die Feier ihres siebzigsten Lebensjahres.

Der Intendant d& Herzoglichen Hoftheaters in Altenburg Freiherr von Liliencron ist am Sonnabend in Altenburg gestorben.

Land- und Forftwirthschaft.

Weizenernte in Indien.

Nach einem von dem Department of Land Records and Agriculture in Yahore am 20. Dezember v. F. veröffentlichten Bericht ist die in dem Erntcjahr 1892/93 in Punjab mit Weizen bebaute Fläche um 9 °/9 größer als im vorigen Jahre, welches ein besonders ungünstiges war. Die Anbauflähe wird auf ungefähr 6 512 700 Ader ge|chäßt, während der Durchschnitt der leßten fünf Erntejahre 6 523 800 Aker betrug.

Der Ausfall der Ernte hängt nunmehr hauptsählich von dem Eintritt der Winterregen ab, welhe man mit Ungeduld erwartet.

Nach ciner Mittheilung des „Schwäb. Merkur" sind in der Um- gebung von Stuttgart vier Fünftel der nicht bezogenen Wein st ö cke erfroren. An den Aepfel- und Birnbäumen is im allgemeinen Schaden nit eingetreten, vagegen dürften Aprikoscn und Pfir- {iche gleichfalls bedeutend gelitten haben.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absfperrungs- Maßregeln.

Cholera.

Halle a. S., 31. Januar. Einem Privattelegramm vom 28. d. M. gegenüber, worin behauptet wurde, daß hier eine neue (Sholera-Erfranfung festgestellt worden sei, wird der „Saalezeitung“ von amtliher Seite mitgetheilt, daß dies auf einem Irrthum beruhe. Seit Beginn der Cholera-Epidemie in der Irrenanstalt zu Nietleben sei in der Stadt Halle überhaupt keine einzige Erkrankung festgestellt worden, Der Stadtkreis Halle sei voll- kommen cholerafrei. Dies werde auch von dem Physicus des Stadt- kreises, Sanitäts-Rath Dr. Nisel ebenso wie von der Direction der medizinischen Klinik der Universität bestätigt. Auch in Trotha ist seit dem 24. d. M. fein Erkrankungsfall vorgekommen, Die durch Gebrauch von Saalewasser verursahte Cholera-Erkrankung in der Stadt Wettin ist der ,Saale- Zeitung" zufolge tödtlih verlaufen. In Nietleben sind, wie die „Hall. Z." meldet, weder Nezuerfkrankfungen noch Todesfälle an Cholera vorgekommen, Dagegen sind in Kr öllwiß bei Halle mehrere Mitglieder einer Familie erkrankt, bei einem Kranken ift bereits asiatische Cholera festgestellt, Auch in diesem Falle handelt es sich um mißbräuchlihe Verwendung von Saalewasser, Weitere Erkrankungen oder Todeéfälle werden aus dem Saalkreise nicht gemeldet. _. Hamburg, 30. Januar. Der Geheime Medizinal-Rath, Pro- fessor Dr. Ko und Professor r. Gaffky (Gießen) sind auf Wunsch des Senats auf kurze Zeit hierher gekommen und haben heute an einer Sißung der Choleracommission des Senats theilgenommen, Wie der „Hamb. Corr.“ hört, wünscht man an hiesiger maßgebender Stelle, sich durch mündlihe Besprehung mit den genannten Autoritäten darüber zu vergewissern, daß in Hamburg zur Abwendung der Choleragefahr nah allen Nichtungen hin geeignete Maßnahmen getroffen worden sind, und oh noch irgend welche Ergänzungen der Vorsichtêmaßregeln wünschenswerth erschienen,

Handel und Gewerbe,

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien, - An der Nuhr sind am 30, d, M, gestellt 11 024, nit rechtzeitig gestellt 3 Wagen. In Oberschlesien sind am 28, d. M. gestellt 4874, nicht rechtzeitig gestellt feine Wagen.

Zwangs-Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin ftand am 30, Januar das Grundstück der Frau Zimmermeister Auna Schmidt, geb. un in der Novalisstraße 3 belegen, zur Versteigerung; Fläche 11,7 a; Mindestgebot 28500 4; für das Meistgebot von 400000 A wurde der Rentier Georg Cohbniß zu Charlottenburg, Fasanenstraße 5, Ersteher. Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen des Grundstücks Novalisstraße 12, dem Zimmermeister Wilh. Kulisch gehörig.

Beim Königlichen Amtsgericht 11 Berlin stand am 30. Januar das im Grundbuch von Groß - Lichterfelde Band 28 Blatt Nr. 844 auf den Namen des Techuikers Paul Müller zu Schöneb erg eingetragene, zu Groß-Lichterfelde belegene Grundstück zur Versteigerung. Das Grundstück ist bei einer Fläche von 8,47 a niht zur Grundsteuer, mit 825 Nuzungswerth und 33 4 zur Gebäudesteuer veranlagt; Mindestgebot 219 4; für das Meistgebot von 16 600 A wurde der Kaufmann Hermann Nehrfkorn zu Berlin, Kurfürstendamm 9, Ersteher.

Der Aufsichtsrath der Gummiwaarenfabrik Voigt u. Winde Actiengesellschaft trat gestern zu einer Sitzung zu- sammen, in der die Direction den Abschluß für 1892 vorlegte. Der Reingewinn beträgt 93 661 (A Der Aufsichtsrath beschloß, der am 29. Februar d. J. abzuhaltenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 8 9% vorzuschlagen.

In der am 31. Januar abgehaltenen Sitzung des Curatoriums der Pommerschen Hypotheken-Actienbank, Berlin, wurde der Abschluß für 1892 vorgelegt und genehmigt. Die Bank hat im abgelaufenen Jahre ihren Pfandbriefumlauf abermals erhebli& crhöht (Zunahme über 18 Millionen Mark). Der Nettogewinn beträgt 457 761 M (1891 : 297 558 6), aus dem der auf den 28. Februar c. einzuberufenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 69/9 (wie 1891) auf das erhöhte Acticnkapital von 44 Millionen Mark (1891: 2 999 800 4) bei einem Gewinnvortrag von 95 588 4 vorgeschlagen wird.

Der Aussichtérath des Barmer Bankvereins hat be- lossen, der auf den 25. Februar d. I. cinzuberufenden Generalver- fammlung die Vertheilung von 64% Dividende (gegen 6% im Vor- jahre) vorzuschlagen.

Der „Rhein. Westf. Ztg." zufolge wurde in der gestrigen Monatsversammlung des Westfälischen Kokss\yndikats die Productionseinschränkung, die im Januar 29 9% betrug, für den Monat Februar auf 259% herabgeseßt. Die zur Deckung der Geschäfts- unkosten und Preiszuschüsse bestimmte Umlage bleibt wie bisher 17 9%.

Wie aus Wien telegraphisch gemeldet wird, hat der „N. Fr. Pr.“ zufolge die Oesterreihishe Creditanstalt auf Grund des Ucbereinkommens der Nothschildgruppe mit der Negierung den Kaufschilling für die Uebernahme von 30 Millionen nominell vierprozentige österreihische Goldrente in effectivem Golde eingeliefert. Im ganzen verfügen die öffentlichen Kassen Oesterreih-Ungarns über 2970/10 Millionen Goldbeträge incl. Goldwechsel, wovon auf die österreichisch-ungarishe Bank 134 Millionen, auf die österreichische Regierung approrximativ 35 und auf die ungarishe Regierung 99 Millionen entfallen. Die Goldbeschafiung der Creditanstalt beläuft sih auf 338/19 Millionen.

Nach einer Meldung der „Köln. Ztg.“ aus Konstantinopel verlautet daselbst, daß die Veröffentlihung des Jrades unmittelbar bevorstehe, durch den die Concession zum Bau der feuen Eisen- bahn der durh Kaullba vertretenen deutshen Gruppe cer- theilt wird.

Magdeburg, 30. Januar. (W. T. B.) Zutckerbericht. Kornzuer excl., von 92% 14,95, Kornzucker excl, §8 0/9 Nendement 1435, Nachproducte excl., 75 9/0 Rendement 12,00. Fest. Brod- raffinade 1. 27,75. Brodraffinade 11. 27,50. Gem. Raffinade mit Faß 28,00. Gem. Melis I. mit Faß 26,29. Stetig. Nohzucker Il. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. Januar 14,30 Gd., 14,35 Br., pr. Februar 14,324 bez., 14,35 Br., pr. März 14,35 Gd., 14,40 Br., pr. April 14,427 Gd., 14,45 Br. Still.

Köln, 30. Januar. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen hiesiger loco 16,50, do. fremder loco 17,75, pr. März 16,85, pr. Mai —,—, NRogaen hiesiger loco 14,75, fremder loco 16,75, pr. März 14.75, pr. Mai —,—. Hafer hiesiger loco 14,75, fremder —,—._ Rüböl loco 54.00, pr. Va! 52,70, pr. Oktober 52,50.

München, 30. Januar. (W. T. B.) Die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank erhöhte ihr Actienkapital um 5 Millionen Mark.

Leipzig, 30. Januar. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. La Plata. Grundmuster B. per Februar 3,62) M, per März 3,65 4, per April 3,67} 4, per Mai 3,70 M, per Zuni 3,725 M, per Juli 3,75 #, per August 3,75 4, per September 75 M, per Oktober 3,777 M, ver November 3,774 #, per Dezember 77è M, per Januar —. Umsay 60000 kg.

Wien, 30. Januar. (W. T. B.) Heute wurde mit dem Galizishen Landesausschu ß der Vertrag, betreffend die Ucber- nahme von 58850000 Kronen 4% Galizishe Landes- Anleihe, die zur Convertirung der noch im Umlauf befind- lichen 5% Galizishen Grundentlastungs-Obligationen dienen foll, abgeschlossen. Der übernehmenden Gruppe ge- hören an die Union-Bank in Wien, die Galizishe Landesbank, die Galizishe Actien- Hypothekenbank in Lemberg, die Ungarische Escompte Wechsler-Bank in Budapest, die Bankhäuser Mendelssohn u. Co. und Nobert Warschauer u. Co. in Berlin, die Norddeutsche Bank in Hamburg, das Bankhaus Gebrüder Bethmann und die Deutsche Effecten Wechsel-Bank in Frankfurt a. M.

Pest, 30. Januar. (W. T. B.) Productenmarkt. Weizen behauptet, pr. Frühjahr 7,46 Gd., 7,48 Br., pr. Herbst 7,63 Gd., 7,60 Br. Hafer pr. Frühjahr 5,50 Gd., 5,52 Br. Mais pr. Mai-Juni 4,75 Gd., 4,76 Br. Kohlraps pr. August-September 11,20 d, 11,380 BVE Kalt. |

London, 30, Januar. (W. T. B.) Wollauction. Preise unverändert, Kreuzzuchten begehrt, für Scoured greasy nur geringe Nachfrage. /

96 %/a Javazucker loco 16F ruhig, Rüben-Nohzucker loco 141 ruhig. Chile-Kupfer 46}, pr. 3 Monat Sk

Dev „Times“ zufolge umfaßt der gestern veröffentlichte Bericht der englischen Regierung über die argentinischenFinanzen auh die Schulden der Städte und der Provinzen, für welche die nationale Regierung nicht verantwortlich ist. j

Glasgow, 30, Januar. (W.T.B.) Die Verschiffungen von Noheisen betrugen in der vorigen Woche 6276 Tons gegen 3148 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres. 8

Bradford, 30, Januar. (W. L. B.) Wolle fester, ruhig. Merinowolle unverändert, englishe Kreuzzuchten fest, Garne fest. In St of fen Fabrikanten beschäftigt, Preise jedoh unbefricdigend.

Paris, 30, Januar. (W. T. B,) Nach einer Meidung aus Buenos Aires hat das von Angelo Sommaruga geleitete Bankhaus „Emporio della patria italiana“ seine Zahlungen eingestellt, Sommaruga sei entflohen. H

Amsterdam, 30. Januar. (W. T. B.) Jaya-Kaffee good ordinary 964, Bancazinn dd}, e D

New-York, 30, Januar, (W. T, B.) Die Börse er- öffnete chwach, war im weiteren Verlauf unregelmäßig, schloß jedo fest, Der Umsay der Actien betrug 417 000 Stück. Der Silber« vorrath wird auf 620000 Unzen geschäßt. Silberverkäufe fanden nit statt. N i

W eizen eröffnete niedriger und schwächte sih den ganzen Tag auf telegraphische Berichte ab, Schluß kaum behauptet. _ Mais eröffnete höher, zog im Verlguf noch weiter an, schwächte sich aber spâter auf Realisirungen der Haussiers und Zunahme der sichtbaren Vorräthe ab, Schluß fest. :

Visible Su pp ly an Weizen 81488 000 Bushels, do. au Mais 12 535000 Bushels. :

Chicago, 30. Januar, (W, T. [B.) Weizen eröffuete erheblich höher! stieg noch weiter infolge kräftigen Etugreifens dex Haussepartei, gab aber später auf günstige Ernteberihte wieder nach.

9 Ô, 3)

Schluß kaum behauptet. Mais eröffnete steigend und war auf Realisirungen wieder nahgebend. Schluß fest.

Verkehrs-Ansftalten.

Hamburg, 30. Januar. (W. T. B.) Hamburg - Ameri- fanishe Padcketfahrt - Actien - Gesellschaft. Der E dampfer „Scandia“ hat, von New-York kommend, gestern Abend Lizard passirt. Der Schnelldampfer „F ürst Bismarck* ist, von Hamburg kommend, heute Nacht in New - Y or k eingetroffen.

Triest, 30. Januar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Pandora“ ift, von Konstantinopel kommend, heute Vormittag hier eingetroffen.

London, 30. Januar. (W. T. B.) Der Ca stle-Dampfer „Drummond Castle“ ist heute auf der Heimreise in lymouth angekommen. Der Castle-Dampfer „Hawarden Castle“ ist am Freitag auf der Ausreise in Durban angekommen. Der Castle- artter „Doune Castle“ ift am Soinabenb auf der Ausreise in Durban (Natal) angekomnien.

Theater und Mufik,

Königliches Schauspielhaus.

Unter dem Titel „Kriemhilde* ging gestern Abend auf der Königlichen Bühne ein modernes Drama von Wilhelm Mever mit freundlihem Erfolg in Scene. Der Verfasser hat {hon vor ungefähr zwei Jahren durch sein Schauspiel „Unsichtbare Ketten“ die Aufmerkfamkeit auf si gelenkt; gestern wie damals konnte man sich an manchen Anzeichen eines jungen, frischen dramatischen Talents er- freucn, doch muß man auhch diesmal noch manchen Spuren der Unfertigkeit gegenüber Nachsiht walten lassen. In der Wahl des Stoffes erweist \sich der Autor sehr glückli; er schnißt aus möglichen gefsellshaftlihen Vorgängen der Gegenwart wie aus dem rohen Stoff einen dramatischen Kern künstlerisch heraus und versteht es, ihn dichterish auszugestalten. Das Schauspiel „Kriem- hilde" sprießt aus dem Boden des wirthschaftlihen bürgerlichen Lebens natürlih hervor. Hannah Hartogg's Gatte erschießt sih beim Herein- brehen des Bankerotts und seine Frau s{wört ihren Brüdecn un- auslöshliche Rache, weil sie dem Schwager die Rettung seiner faufmännishen Ehre verweigerten und ihn so in den Tod trieben. Ein räthselhafter reicher Nusfe giebt sich zum Werkzeug Hannah's her und die moderne Kriemhilde sicht endlih ihre Brüder elend und als vergeblih Flehende vor fich stehen. Die Befriedigung ihrer Rache aber bezahlt sie mit dem Abscheu ihrer Umgebung; selbst der verlicbte Nusse wendet sih s{haudernd von ihr und nur der muthige Aufruf zur sühnenden That aus dem Munde einer frommen Schwester, Telesphora, rettet die Heldin vor der Selbstvernichtung.

Man fieht, der Stoff spricht mit beredten Zungen aus der mo- dernen, gährenden Gesellschaft; die fünstlerishe Gestaltung {uf manche ershütternden Scenen ; wenn troßdem die Wirkung des Stückes auf die Zuschauer ungleich blieb, fo liegt das zum theil an der mangel- haften Begründung des Konflikts und zum theil an der unklaren und {æerfälligen Scenenführung. Der Titel des Schauspiels läßt er- warten, der Dichter habe der Siegfriedsage entsprehende eiserne Menschen und Charaktere auf die Bühne stellen wollen, aber f{on Kriemhilde's Gatte ist kein Siegfried und bei den übrigen Perfonen geht der Vergleih fast noch mehr in die Brüche. Der Kaufmann Erich Hartogg, dessen Weib dur seinen unrühmlichen Tod zur Nache- göttin erwächst, redet einiges von Idealen, manches von seiner Ver- achtung des Goldes, aber alles klingt verworren und \chwählich und sein Tod raubt der Gestalt vollends alles Heldenhafte; es fehlt ibm die große Seele, deren tiefer Fall thränendes Mitgefühl weckt. Der Schmerz des fklagenden Weibes um den todten Gatten ift wohl ergreifend, und die erste heiße Aufrwallung des Hasses und der Rache trägt das Merkmal urwüchsiger mens{- liher Empfindung. Der Mann aber, der gerächt werden foll, bleibt dem Zuschauer gleihgültig; er war selbst mitshuldig an feinem Fall; denn Schwäche an verantwortungsvoller Stelle wird zur Sünde. Allmählih wird der zähe Groll Hannah's als eine Ungerechtigfeit empfunden; die Theilnahme wendet sih langsam den unglü@lichen Opfern zu, die mit heimtückischer Hinterlist, mit lange aehegtem Vors bedacht ins Verderben gelockt werden. Ursache und Wirkung fteben sich hier durchaus ungleihwerthig gegenüber und tragen dadur den Kein zur Zerstörung der Harmonie des dramatischen Baues in sich. Die Scenenführung und der Dialog leiden außerdem an Weitschroeifigkeiten und unnüßen Wiederholungen, die ihren Zweck, Klarheit in den Gang der Handlung zu bringen, verfehlen. Die Heldin des Dramas, Hannah Hartogg, ist kräftig gezeichnet, neben ihr ér- blassen und vershwimmen die meisten Figuren, fa einzelne bleiben überhaupt nur wie s{wankende Nebelgebilde in der Seele des Zuschauers zurück. Der märchenhaft reie Russe, der dem Stel der Sage entsprehen würde, wirbt in glühenden, abgeriffenen Liebes worten um Hannah, vollzieht das Werk ihrer Rahe und zieht sid dann shwermüthig und entfagungsvoll zurück. Der kluge Geschäftsführer Brünning bleibt unverständlih, wenn er einen Antbeil an den gronen Vandelshaufe ausshlägt und wenn er sich weigert, Hannah un Nachsicht zu bitten, nahdem er gerade deshalb in ihr Oaus ge» fommen ist.

In der Beziehung der Figuren zu einander mat sid ein erfreus- liches dramatisches Geshick geltend: in der die Gegenüberstellung; der entfagungsvollen, werkthätigen barmberzigen Sch{wester und: der Rache entflammten Hannah Hartogg, die fih er zur christlichen Milde und Sühne allmählih eumporarbeitet, nachdem ihr antikes Rachegelüst verwüstend über das eigene Leben hingefahren ift, fehr wirksam.

Was die fast überall tüchtige und lobenswerthe Darstellung an- betrifft, fo brachte Fräulein Poppe als moderne Kriemhilde ihre Veranlagung für die Entwicklung starker und wilder Leidenschaft gut zur Geltung. Der ganze Körper erzitterte vor innerer Unruhe bei threm shwesterlichen Flehen und erbebte im Uebermaß des Schmerzes: die verzehrende innere Unruhe und den kalten lächelnden Spott in der Rachestunde vereinigte sie zu einem Bilde von tiefer Wirkung. Herx Matkowsky hatte nur die verzweifelnde Stimmung des gestürzten Kaufmanns zu arakterisiren, und das gelang ihm. Die Herren Keßler und Vischer waren als trockene Zahlenmenschen ernsthaft und zugeknöpft, und Herr Purschian spielte mit Geschmack den lustigen Vogel in dem Zahlenhaus. Frau vou Hochenburger durchbrah ihre Milde und Sanftmuth durch einen tragischen Auf- schrei und sprach die Schlußworte mit Pathos und Würde. Als un- bedeutender, lieber Backfish ging zierlich und zärtlih Frau Conrad über die Bühne. Der Beifall rief den Verfasser wiederholt vor den

Borhang. Kroll's Theater

Geftern fand ein großes Streih-Instrumental-Concert der vereinigten Musikcorps der Kai ferlihen Matrosen-Divi- fion und des Garde-Füsilier-Regiments unter Leitung: dex Königlichen Musik-Dirigenten Pott und Frese statt. Der vou 9 Musikern ausgeführte Hohenfricdberger Marsch, der den un Pro- ramm angeführten Nummern vorautgcschickt wurde, tuachte einea höchst Unponirendeu Eindruck. Jhm fol ten: cin. Marsch: ven. Franz Schubert, cine Ouverture vou Lassen, das Vorspiel zum Festspie „Parsifal* von Waguer, eine Rhapfodie „Espana® von Chabriex, Waguner's „Rienzi* « Ouverture, ein Präludium. mit Choral und Fuge von Bach, ein Stneichquintett: vou. Grieg, zwei leine Stücke vou Röckel und Paxker und. ein: deu. Kaiser Wilbelm T, ges widmeter -Feftumarsch von Kevitsch, Zwischen. den genaunten Mulika stücken wurde noch dex Marsch. des: Regiments. „Prinz Ferbinaud* (1790) und der des Regiments „Jung. Bornstedt“ (1792) eingelegt Jn der Ausführllng allex dieser verschiedenactigen Musilstücks war nicht nux die mustechafte Prâcision des Zusammgeit- wirkens ciner fo großen Anzahl ancingüdee nid Jes wöhnter Militärmusiker, sondern auch die elugeleude und

shwungvolle Vortragöweise zu bewundern. Vie Großberzoalichs Kanumersängerin Frau Moran- Dldeu, welche das. Concerk unters