1893 / 31 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 04 Feb 1893 18:00:01 GMT) scan diff

von Manteuffel, Ober-Bürgermeister Bötticher und noch vier Herren; eine Abordnung des Vereins schlesischer Malteserritter unter Führung des Vereinsvorsißenden Grafen Praschma, und lci andere Abordnungen. Bald nah 111/, Uhr öffnete sich die nah dem Schlosse führende Pforte des Gotteshauses und herein trat, dem voranschreitendenj nun- mehrigen Herzoge von Ratibor, dem Mo Erbprinzen end, Scine Majestät der Kaiser. Allerhöchst erselbe trug über dem Mäntel die Kette des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler und führte die trauernde Wittwe des dahin- geschiedenen Herzogs am Arm. Seiner Majestät folgte die jeßige Herzogin von Natibor am Armc Seiner Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs von Baden. Dann kamen die übrigen Fürstlichkeiten, die Familicnangehörigen und das Gefolge Seiner Majestät. Die Damen nahmen auf den bereit stehenden Stühlen Plaß, der Kaiser stelle Sih zu Häupten des Sarges auf. Alsbald begann eine von dem Erzpricster Pfarrer Strzybny aus Altendorf bei Ratibor celcbrirte stille Messe. Die Gesänge dabei wurden von zwei Männerchören vorgetragen. Nach Beendigung der Messe hielt der Ortspfarrer Thiell die Leichen- rede auf Grund des 21. Verses des 104. Psalms, worin er die hohen Verdienste des entshlafenen Herzogs, scine Beziehungen zu seinen Familienangehörigen, zu jeinen Beamten, seinen Arbeitern, zu den umliegenden Kreisen, zur Provinz, zu den seinem Patronat anheimgegebenen Schulen und Kirchen be- tonte und erwähnte, daß der Cardinal Fürst Hohenlohe selbst den Herzog bei seinem Abscheiden gesegnet und ihm überdies den Segen des Papstes überbracht habe, und zwar in An- erkennung der Verdienste des Herzogs um die Wiederherstellung des Friedens zwischen Staat und Kirche. Sodann betonte der Redner die Verdienste des Verstorbenen um den Staat über- haupt, um den Orden der Malteserritter und um zahllose ge- meinnüßige Vereinigungen. Ein Beweis der Bedeutung dieser roßen und reihen Verdienste sei die Anwesenheit Seiner Majestät selbst bei der Beisezung. Nach Schluß dieser Nede trat, geleitet von einigen Priestern, der Cardinal Fürst Hohen- lohe in die Kirche, um in eigener Person die Einsegnung der Leiche zu bewirken. Als dieser Act vorüber war, begab sich unter den Klängen des Liedes „Es ift bestimmt in Gottes Rath“ u. #. w. der Cardinal mit der gesammten _an- wesenden Geistlichkeit nach der Gruft, wohin der Sarg zur leßten Ruhestälte geleitet wurde. Dem Sarge voran schritten Herzogliche Ober-Beamte, welche Kränze und Blumen, u. a. die kostbaren Spenden trugen, die Seine Majestät der Kaiser als Seine und Seiner Hohen Gemahlin Gaben hatte niederlegen lassen. Vor dem Sarge wurden die zahlreichen hohen Orden des Verblichenen getragen. Dann folgten der neue Herzog, Seine Majestät der Kaiser mit der Herzogin Wittwe, der Erbgroßherzog von Baden mit der jungen Herzogin u. \. 1. Der Vortrag des Trauermarshes von Chopin und eines Chorals schlossen die ernste Feier. Seine Majestät der Kaiser begab Sich darauf mit den gesammten Fürstlichkeiten nah dem Schlosse zurück, von wo Allerhöchstderselbe um 21/, Uhr in Begleitung des Erbgroßherzogs von Baden mittels Schlitten nah der Bahnstation Hammer fuhr, um Sich nah Berlin zurückzubegeben.

Das Armee - Verordnungs - Blatt veröffentlicht folgende Allerhöchste Cabinetsordre :

Um das Andenken des verstorbenen Generals der Infanterie zur Disposition von Grolman zu ehren, welcher bis vor kurzem an der Spitze des X1. Armee-Corps gestanden und sich in allen Dienst- stellungen im Kriege wie im Frieden hohe Verdienste erworben kat, bestimme Ich hierdurch, daß sämmtliche Offiziere des Armee-(Lorys, sowie die Offiziere des 4. Garde-Regiments z. F., à la suite dessen der Verstorbene gestanden hat, drei Tage lang Trauer Flor um den linken Unterarm anzulegen haben. Außerdem hat der com: mandirende General des X1. Armee-Corps nebst ciner von ihm zu bestimmenden Abordnung, fowie eine solche des 4. Garde-Regiments ¿. &. leßtere bestehend aus dem MRegiments-Commandeur, cinem Stabsoffizier, cinem Hauptmann und cinem Lieutenant an der Leichenfeier theilzunehmen. Ich beauftrage Sie, Vorstehendes der Armee bekannt zu machen. Berlin, den 26. Januar 1893. Wilhelm. An den Kriegs-Minister.

Der Bundesrath ertheilte in der am Freitag unter dem Vorsiß des Königlih bayerischen Gesandten Grafen von

Lerchenfeld-Koefering abgehaltenen Plenarsißzung dem Gesehentwurf, betreffend cinige Abänderungen und Ergänzungen der Militär-Pensionsgeseße vom 27. Juni 1871 und vom 4. April 1874, und dem Entwurf eines Geseßes für Elsaß- Lothringen, betreffend das Pfandreht für die von Boden- Credit - Gesellshaften ausgegebenen Schuldverschreibungen, die Zustimmung. Ferner wurden genchmigt die beantragten Abänderungen des Zoll- und Salzsteuer-Verwaltungskosten- Etats für Elsaß-Lothringen Und des Zollvecwaltungskosten-Etats für Bayern. Mit der Bewilligung von Dienstbekleidungszuschüssen an die Salzsteuer-Aufseher im Herzogthum Braunschweig erklärte sich die ang einverstanden. Dem Verbande der Rhein- preußischen landwirthschaftlichen Genossenschaften zu Bonn und dem Central-Revisionsverbande landwirthschaftlihher Genossen- schaften im VBereih der sämmtlichen deutschen Bundcs- staaten und des Reichslandes Elsaß - Lothringen wurde das Recht zur Bestellung des Revisors für die dem Verbande angehörenden Genossenschaften verliehen. Der Entwurf cines Gesehes, betreffend die Bekämpfung gemeingefährliher Krankheiten, der Geseßentwurf über - die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Werthpapiere, der Entwurf ciner Verordnung über die Einführung von Reichs- geseßzen (gen he pa ge ges Fnhalts) in Helgoland wurden den zuständigen Ausschüssén zur Vorberathung überwiesen. _ Sodann wurde über mehrere Eingaben in Zoll- und Steuer- angelegenheiten und die“ Anträge des a ie wegen zollfrcier Einfuhr von Producten der deutschen Seefischerei, wegen Einführung geaichter Thermo-Aräometer für die Zollabfertigung von Mineralölen, sowie wegen Erlasses einer neuen Anleitung zur Bestimmung des Extractgehalts von Branntweinen Beschluß gefaßt. Der Eingabe einer Handelskammer - bezüglih der strafrehtlihen Verfolgung von Wechselstempel-Hinterziehungen beschloß der Bundesrath keine Folge zu geben,

Die Börsen-Enquêtecommission hat unter dem Vorsiß des Neichsbank - Präsidenten Dr: Koch seit dem 12. Zanuar cr. fast werktäglich Sißungen abgehalten und in denselben auss{ließlich der Vernehmung von Sachverständigen der Productenbörse obgelegen. Die An-

hörung crfolgié in Gruppen, welhe aus Vertretern der Production (Landwirthschaft), der cinshlägigen Jndustrie und des Zwischenhandels, und zwar" unter gleichzeitiger Berücksichtigung der verschiedenen Theile des Reichs, deren Interessen theilweise auseinandergehen , Pen waren. So wurden bis jeßt für den Getreidehandel gehört 6 Landwirthe, 10 Mühlenbesißer, 15 Kaufleute, bezw. Commis- sionäre. Eine Ergänzung steht noch bevor. Beendet ist bereits die Abhörung der 7 Vertreter des Börsenverkehrs in Spiritus. Jn der nächsten Woche sollen die Sachverständigen der Zucker- und der Textil- (Kammzug-) Branche gehört werden. Der Fragebogen hat aus dem bei den Vernehmungen gewonnenen Material noch cinige Zusäße erhalten. Die zur Förderung einiger Aufgaben der Commission eingeseßten Unterabthei- lungen haben wiederholt Berathungen abgehalten und werden demnächst an das Plenum berichten. i

Die Zusammenstellung hinsichtlich der ausländischen Börsen ist durch die Darstellung der Verhältnisse der Börsen zu Dublin, Glasgow und Rotterdam erweitert worden.

Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt vom 3. bis 4. Februar Mittags gemeldete Cholera fälle: L

Regierungsbezirk Merseburg. Jn Nietleben ist cine am 25. Januar stattgehabte Erkrankung nachträglich als Cholera festgestellt worden.

Der commandirende General des VIII. Armec-Corps, (General der Cavallerie und General - Adjutant Freiherr von Loë ist hier angekommen.

Der Kaiserliche Minister-Nesident in Luxemburg Graf von Wallw1§ hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der dorthin entsandte Attaché Prinz von Schoenburg-Walden burg als Geschäftsträger.

Der Wirklihe Geheime Ober-Negierungs- Rath Dr. Schneider im Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten ist aus der Provinz Schlesien zurückgekehrt.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Landes-Director des Fürstenthums Waldeck und Pyrmont von Saldern ift hier angekommen.

Der heutigen Nummer liegt das Sachregister des „Deutschen Reichs-Anzeigers und Königlich Preußischen Staats- Anzeigers“ für das Jahr 1892 bei.

Potsdam, 4. Februar. Jn der heutigen Stadt- verordneten-Versammlung kam das nachfolgende Allerh ö chst e Dankschreiben zur Verlesung:

Mit befonderein Wohlgefallen habe Ih an Meinem Geburtstage die freundlichen Glük- und Segenswünsche vernommen, welche Mir der Magistrat und die Stadtverordneten unter dankbarer Erinnerung an das Mir durh Gottes Gnade im abgelaufenen Lebensjahr zu theil gewordene reiche Familienglück gewidmet haben. Es gereicht Mir zur Freude, den Vertretern Meiner lieben Residenz Potsdam hierfür Meinen herzlichen Dank noch besonders zum Ausdruck zu bringen.

Berlin, den 30. Januar 1893.

Wilhelm R.

An den Magistrat und die Stadtverordneten zu Potsdam.

Bagern.

Zhre Königlichen Hoheiten der Herzog und die Her- zogin Philipp von Württemberg sind mit der Herzogin Marie und den Herzogen Robert ‘und Ulrich gestern zum Bce- suh des Königlichen Hofes in München eingetroffen. Zu Ehren der hohen Verwandten fand bei Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz-NRegenten Familientafel statt. Wie „W. T. B.“ meldet, hat der Prinz-Regent dem Herzog Philipp den St. Hubertus-Orden verliehen.

Hessen.

Die Zweite Kammer beendete in ihrer gestrigen Sißung die Generaldebatte über das Einkommensteuergeseß und trat in die Spccialberathung ein.

Sachsen-Meiningen.

Der Landtag hat in seiner gestrigen Sigung die von der Negierung eingebrahte Steuervorlage abgelehnt und ist sodann geschlossen worden.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Jhre Kaiserliche Königliche Hoheit die Herzogin von Edinburg ist mit Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria gestern Nachmittag von Coburg nah St. Peters- burg abgereist.

Elsaß-Lothringen.

Der Landesausshuß hat in seiner Sizung vom 2, d. M. die erste Berathung des Etats beendet, dessen einzelne Theile den vier Fachcommissionen überwiesen wurden.

Oesterreich-Ungarn.

Der ungarishe Minister - Präsident Dry. Wekerle ist gestern, wie „W. T. B.“ meldet, vom Kaiser in einer cin- stündigen Audienz empfangen worden und Nachmittags nach Budapest zurückgekehrt. :

Dem österreihishen Abgeordnetenhause und dem ungarischenUnterhause ist gestern der Handelsvertrag und das Viehseuchen- Uebereinkommen zwischen Oe ster- reih-Ungarn und Serbien zugegangen. Der Vertrag hält bezüglich des Zolltarifs für die Einfuhr serbisher Waaren und Producte nah Oesterreich - Ungarn nahezu den Status quo des alten Vertrags fest und räumt nur hinsichtlich der Getreideeinfuhr im Grenzverkehr eine theilweise Erhöhung des Zolltarifs ein, Für die Ausfuhr aus Oesterreich - Ungarn nach Serbien dagegen wird das bisherige System der Werthzölle und specisishen Zölle aufgegeben und der Tarif auf der Grundlage des Gewichts aufgebaut, und zwar bewilligt Oesterreih-Ungarn zu Gunsten

ciner finanziellen Stärkung Serbiens nicht nur eine Erhöhung einzelner serbisher Finanzzölle, sondern verzichtet auf gewisse bisher im Grenzverkehre genossene Begünstigungen. Die frühere Bestimmung, daß nur Taback, Salz und Schieß- pulver Gegenstand cines Monopols sein sollen, ist niht auf- genommen, weil fie in den übrigen Verträgen fehlt. Dagegen hat fich Serbien verpflichtet, nur Petroleum, Cigarettenpapier, Zündhölzchen, Sprit aus mehlhaltigen Stoffen und Melasse einem Monopol zu unterwerfen. Bezüglich des Viehhandels. verpflichtet fich Serbien zu der Einführung verschärfter Be- stimmungen behufs Abwehr der Thierkrankheiten.

Das Abgeordnetenhaus seßte gestern die Berathung des Etats der Unterrichtsverwaltung fort. Bei dem Titel „Hochschulen“ befürwortete Graf Ka uniß die Zulassung der Frauen zu den Universitäten, namentli zu medizinischen Studien und zur Pharmacie, für die sie wegen thres Neinlich- keits- und Ordnungssinnes, sowie wegen ihrer Gewissenhasftig- keit schr befähigt seien. Der Unterrichts-Minister Freiherr von Ga-utsch erklärte im weiteren Verlauf der Debatte, die Ne- gierung werde iroß des kürzlih bewilligten Credits von acht Millionen Gulden genöthigt sein, neuerlich weitere, vielleicht sogar noch größere Mittel zu verlangen, um nur den dringendsten Bedürfnissen der Hochschulen zu genügen.

Der Justiz-Minister Graf Schönborn hat die Ermittelung des flüchtigen Directors der römischen Filiale der Banca di Napoli Cuciniello angeordnet und den Befehl ertheilt, daß ihm die Meldung von dessen Verhaftung behufs Ermöglichung der Einleitung des Auslieferungsverfahrens sofort übermittelt werde. Ó

Der „Neuen Freien Presse“ zufolge empfing der Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg die Besuche des Ministers des Auswärtigen Grafen Kälnoky, sowie des türkischen Botschafters Zia Bey.

Großbritannien und Jrland.

Das Oberhaus hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, nah dreitägiger Debatte die Adresse an die Königin angenommen.

Jm Unterhause theilte der Parlaments-Secretär des Aus- wärtigen Amts Grey mit, das internationale Ueberein - lommen, betreffend die Quarantäne im Suezkanal, sei von allen Mächten ratificirt worden, mit Ausnahme ‘von Portugal, dessen Beitritt zu dem Uebereinkommen von der Zustimmung der Cortes abhängig sci. Bei der sodann fort- geseßten Adreßdebatte beantragte Labouchère ein Amen- dement, worin die Hoffnung ausgesprochen wird, daß Portal die Näumung Ugandas durch die British-Ostafrikanische Gesellschaft erwirken werde, ohne die Verantwortlichkeit Englands zu vermehren. Ferner {lug Labouchère bezüglich des Dreibundes cine Erklärung vor, die besagt, daß, falls Lord Salisbury Jtalien seinen Beistand beim Ausbruch eines Krieges mit Frankreih versprochen habe, die jeßige Regierung für jene Versicherungen nit verantwortlich sei. Der Premier-Minister Gladstone erwiderte, daß be- züglich des Dreibundes seit seinem Regierungsantritt sich nichts ereignet habe, was eine Beunruhigung hinsichtlich des

Dreibundes verursachen könne. Jn Egypten sei die 1 ml EW

unausgescßzt bestrebt, ihre absolute Pflicht zu erfüllen, nämli s

die äußere Sicherheit und den inneren Frieden des Landes bewahren, so lange die britishe Besaßung dauere; gleich- zeitig bemühe die Negierung sich, die Harmonie und Ein- tracht zwischen der egyptischen Regierung und der beseßen- den Macht herzustellen. Gladstone erkannte die freund- lihe und* gemäßigte Sprache des französishen Ministers des Auswärtigen in der Kammer über den Gegenstand an. Bezüglich Ugandas sei die Discussion verfrüht; man müsse Portal’s Bericht abwarten, che man über die Zukunft entscheide. Frankreich sei geneigt, Ansprüche auf eine Ent- schädigung für die Missionare in Uganda zu erheben. Die englische Regierung habe zu untersuchen, ob sie für die Leiden der katholishen Missinonare wirklich verantwortlich sei, ehe fic diese Verantwortlichkeit - zugestehe. Ueber die Frage der Annecctirung Uganda's oder des Protectorats über jenes Gebiet etwas zu sagen, würde verfrüht sein, bevor der Bericht Portal’s eingetroffen fsci. Portal habe von der englischen Regierung keinen Auftrag, Uganda zu verwalten. Sobald die Regierung Portal’s Bericht habe, werde sie weiteres hc- schließen. Auf mehrere Anfragen Balfour 's erwiderte, da Gladstone das Haus verlasseu hatte, der Kanzler der Schah: kammer Sir William Harcourt, die Regierung habe er- fahren, daß die Näumung Ugandas ohne Vorsichtsmaßregeln cine Gefahr für die Bevölkerung bedeute; die Regierung habe daher die Britisch-Ostafrikanische Gesellschaft aufgefordert, in Uganda zu verbleiben, bis die Räumung des Landes unbe- schadet dessen Sicherheit erfolgen könne. Die Debatte wurde hierauf vertagt. 0

Auf die li N 28 6 M Sl von L D M. mitgetheilte Adresse der irischen Nationalliga in Amerika, worin die Homerule - Bill abfällig kritisirt wurde, hat der Präsident der irishen Föderation in New-York Emmett cine Erklärung erlassen, worin es der „A. C.“ zufolge heißt, daß diejenigen, welche die obige Adresse unterzeichnet haben, mit dem Znhalt der Homerule-Bill vollständig unbekannt seien. Die irische Nationalliga besize keine Autorität und enthalte Agitatoren als Mitglieder, deren Jnteresse cs sei, daß die Homerule nicht ins Leben trete. Einflußreiche Jrländer in New-York seien der Meinung, daß das irische Volk die Homerule-Vorlage an- nehmen und dann später weitergehende Forderungen

machen solle. Frankreich.

Der Senat berieth gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, den Geseßentwurf wegen Bekämpfung der gegen dic staatlichen Svactalsen gerichteten Angriffe. Goblet sprach, obwohl er die Angriffe streng verurtheilte, die Ansicht aus, daß die vorhandenen Geseße, wenn nur energish gehand- habt, ausreichten, die Angriffe zu bekämpfen, Der Zustiz - Minister Bourgeois erwiderte unter dem Bei- fal De Q enn man bié Sa anein leger glauben mache, daß der Staat - ein Dieb sei, so könne man dies nicht als Polemik und nicht als eine Frage der Preßfreiheit anschon; es sei dies vielmehr ein aus- gesprochenes Complot gegen die Sicherheit des Staats, dem ein Ziel geseßt und die gebührende Strafe zu theil werden müsse. Hierauf wurde der Gesehentwurf mit 225 gegen 49 Stimmen angenommen. ] :

Die Budgetcommission (608 sih gestern im Princip für die Börsensteuer aus und beschloß, dicselbe in Form einer Stempelsteuer zu erheben. | i

Der Beamte des „Crédit Lyonnais“ Blondin, der wegen gewisser bei der- Panama-Gesellschaft vorgekommenen

Ÿ

Bestehungen verhaftet wurde, ist gestern aus Gesundheits- rüdsihten vorläufig in Freiheit gescßt worden.

Jtalien.

Jn der gestrigen Sihung der Deputirtenk amme a wndat Frs Schreiben Crispi's, der erkrankt ist,r verlesen, worin dieser gegen die Aussage Tanlongo’s, soweit sie ihn betreffen könne, protestirt, daß dieser mehreren Minister-Präsidenten große Summen zu außerordentlichen Be- dürfnissen der Regierung gegeben habe. |

Jn der Debatte über die Auslieferung des Depu- tirten de Zerbi an die Gerichte sprachen sich Colajanni (äußerste Linke) und Prinetti (Nechte) für die Auslieferung de Zerbi’'s und eine parlamentarische Untersuchung aus. Das von Colajanni erwähnte Gerücht, daß die Nationalbank jähr- liche Beiträge zu den Geheimfonds liefere, wurde von dem Minister-PräsidentenG iolitti als durchaus falsch bezeichnet. Der Minister-Präsident erklärte darauf, er überlasse es der Kammer, bezüglih des N Ad {lüssig zu werden. Eine parlamentarische Untersuchung würde zur Zeit im Lande den Eindruck hervorrufen, als wolle die Kammer den Lauf der Gerechtigkeit aufhalten. (Beifall links.) Der JZusliz-Minister Bonacci bezeichnete sodann die Behauptung, daß der Nichter, der die Untersuchung in der Angelegenheit bezüglih der Banca Romana eingeleitet habe, versezt worden sei, als un- zutreffend, rechtfertigte eingehend die Vornahme der Haus- suchungen. und {loß mit der Versicherung, die Kammer sowie das ganze Land könnten bestimmt auf die Unabhängigkeit des italienishen Nichterstandes zählen. Der Finanz - Minister Grimaldi betonte hierauf, daß er sih nur deshalb nicht an der leßten Debatte über die Bankangelegenheit betheiligt habe, weil es sich um eine wesentlih politishe Frage gehandelt hätte. "Er weise die gegen ihn umlaufenden infamen Beschuldigungen mit Verachtung zurück. Die Zukunft werde darthun, daß sein Verhalten stets ein correctes gewesen sei. Der Minister für Ackerbau, Jndustrie und Handel Lacava wies gleichfalls die außerhalb der Kammer umlaufenden Jnsinuationen auf das èntschiedenste zurück. Sodann wurde der Antrag, de! Zerbi auszuliefern, nahezu einstimmig genehmigt und die Sißung geschlossen.

Spanien. Dem letzten Bulletin von gestern zufolge hält die Bess e- rung in dem Besinden des Königs an. Der Zustand der crkrankten Herzogin von Mont- pensier üt sehr bedenklich.

Portugal.

Die Deputirtenkammer hat die Annahme der Man- datsnieder!egung des republifanishen Deputirten Freitas ab- gelehnt.

Die Finanzcommission der Deputirtenkammer hat nah ciner Meldung des „W. T. B.“ zu der Vorlage, worin das Decret vom 13. Juli 1892 über die Herab- seßung der Zinsen für die auswärtige Schuld auf- recht erhalten wird, einen Zusay beschlossen, durch den. die von Jnhabern portugiesischer Werthe bezüglih der Nichtzahlung von zwei Drittheilen der Zinsen gemachten Vorbehalte gänzlich zurückgewiesen werden.

Velgien.

Der für die Verfassungsrevision eingeseßte Ka mmer- aus\chuß hat, wie der „Wes. Ztg.“ berichtet wird, jeßt seine Arbeiten abgeschlossen und hinsihtlih der Regierungsanträge folgende Beschlüsse gefaßt: Die in der jeßigen Verfassung erwähnten Beziehungen Luxemburgs zum deutshen Bunde werden gestrichen. Belgien darf Colonien erwerben: sie sollen durh Sondergeseße regiert werden. Der RNegierungsantrag, der forderte, daß die zu Ministern berufenen Volksvertreter feiner Neuwahl bedürfen, wurde abgelehnt, dagegen cine Ver- fassungsänderung behufs Vertretung der Minderheiten ge- nehmigt. Die Deputirten erhalten künftig für jeden Monat der Tagung 500 Fr. Diäten, die in der Provinz ansässigen Senatoren und Deputirten freie Eisenbahnfahrt zwischen ihrem Wohnsiß und Brüssel. Die Mitglieder des Senats werden von derfelben Wählerschaft gewählt, wie die Deputirten. Jn den Senat wählbar sind die 40 Jahre alten Bürger, welche Zmmobilien von mindestens 500 000 Fr. Werth besißen, die Höchst- besteuerten in jeder Provinz im Verhältniß von 1 zu 4000 Ein- wohnern und bestimmte Beamtenklassen. Die Stimmabgabe erfolgt in der Gemeinde, ist aber nicht obligatorish. Der Antrag, daß die Prinzen des Königshauses Mitglieder des

Senats sein sollen, wurde abgewiesen, dagegen S e A

daß die Verheirathung der Prinzen Königlicher Zustimmung unterliegt. Die bisherige Berfassungsbestimmung, wonach der König bei dem Mangel einer männlichen Descendenz unter ZUstimmung der beiden Kammern mit Zweidrittelmehrheit seinen Nachfolger ernennen kann, blieb unangefochten.

Amerika.

Das Repräsentantenhaus hat, wie „W. T. B.“ aus Washington berichtet, den Geseßentwurf, welcher sich gegen - die Prämiengeschäfte in Körnerfrüchten, Baumwolle und Oelen richtet, mit 151 gegen 84 Stimmen an die Ackerbau-Commission überwiesen.

Der „Times“ zufolge hat der frühere Staatssccretär Bayard die Annectirung Hawaïs als die logische Ent- wickelun der Politik der Vereinigten Staaten hingestellt. Durch Verträge, soll er gesagt haben, seien die leßteren keineswegs in ihrex Entschließun bezüglich der Inseln behindert. Dte Einladung, sid gemeinschaftlich mit Frankreih und England an ciner Politik der Ent- haltsamkeit zu betheiligen, habe die Union mit Rücksicht auf den hawa!h:amerifanischén Vertrag, welcher den Vereinigten Staaten besondere Privilegien einräumt, abgelehnt, Dieser Vertrag sci 1875 vom Präsidenten Grant abgeschlossen und 1887 von ihm selbst (Bayard) erneuert worden, und sichere den Vereinigten Staaten eine Suprematie auf den Jnseln, an der keine andere Nation Antheil habey dürfe.

_Jn Beantwortung einer im canadishewm Unte rhause an ihn gerihteten Jnterpellation erklärte der Premier-Minister Sir Fohn Thompson, daß in vergangenen Jahren mit der britischen O Unterhandlungen betreffs der Wichtigkeit der awaiïshen JFnseln als möglicher Telegraphenstation in Verbindung mit Australien gepflogen worden seien. Der Premier-Minister fügte hinzu, daß canadische gle mit der Unabhängigkeit der Inseln verbunden seien. Er {loß, indem er bemerkte, daß jüngst keine Mittheilun über den Gegenstand eingegangen fei. Er glaube aber, daß die Le Regierung die Wichtigkeit der Lage erkennen und canadische, jowie auch andere Jnteressen beshüßen werde.

Nach einer dem „Reuter’shen Bureau“ aus Bucnos- Aires zugegangenen Meldung wird dort der Wiederaus- bruch der E in der Provinz Corrientes be- fürchtet. Dem Bundescommissar Avellaneda is es nit ge- lungen, zwischen den feindlihen Parteien einen dauernden Frieden zu vermitteln. Die Bundesregierung hat deshalb auf weitere Vermittelungsversuche verzichtet.

Afrika.

Das „Reuter'she Bureau“ meldet aus Kairo: Obwohl die Situation in Kairo beruhigend sei und bereits davon die Rede gewesen sei, daß eines der beiden Bataillone, die nah Egypten unterwegs seien, nah Mauritius abgehen folle, gelte es doch als wahrscheinli, daß beide Bataillone in Alexandrien landen und nah Kairo abgehen würden.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Der Bericht über die 35. Sißgung vom 3. Februar bc- findet sih in der Ersten Beilage.

¿ 36. Sißung vom Sonnabend, 4. Februar, 1 Uhr.

Der Sipung wohnt der Staatssecretär Pr. von Boetticher bei.

Die Berathung des Etats des RNeichsamts des Znnern wird fortgeseßt. Die Discussion steht noch immer bei dem Titel „Gehalt des Staatssecretärs 50000 M“

Abg, Nichter (dfr.): Der Gang der Debatte nöthigt mich, auch meinerseits an den Erörterungen mich zu betheiligen. An fich ist mir das nicht erwünscht, denn ih halte den Militärstaat der (Begenwart für gefährlicher, als den socialdemokratishen Zukunftsftaat. Wenn die Socialdemokraten über Nothstandsverhältnisse Debatten herbeiführen, so kann man ihnen das nicht übelnehmen, denn sie folgen damit nur dem Beispiel der Agrarier im preußischen Abgeordnetenhause. Es sind in der De- batte aber irgendwelche positive Vorschläge nicht gemacht worden. Auch was der Abg. Bebel von Meliorationen und Bauten gesprochen hat, die man jeßt vornehmen könne, gehört gar nicht zur Kompetenz des Reichs, sondern der Einzelstaaten. Ausgaben, die im übrigen unan- gebraht wären, haben ja auch die Socialdemokraten ni t in der Budgetcommission bewilligt; sie haben bei ihrem ablehnenden Votum auch keine Rücksicht auf die Arbeitslosigkeit genommen. Praktische Fragen sind nur aufgeworfen wegen der Pelze für die Eisenbahnschaffner und wegen der Verlängerung der Lohnperioden in der Eisenbahnverwaltung. In beiden Punkten sind die Ausführungen des Staatssecretärs Dr. von Boetticher ungenügend. Die Frage * der Pelze hat im den Zeitungen foviel Raum eingenommen, daß es unklar bleibt, weshalb die Eisenbahnverwaltung nicht längst die Sache dementirt hat. Die Verlängerung der Lohnperiode is ein directer Nachtheil für den Eisenbahnarbeiter. Die vierzebntägigen Abschlagszahlungen sind niht Lohnzahlungen; sie erreichen niht den Betrag des Lohnes und zwingen den Arbeiter, zu dem fo s{hädlichen Borgsystem zu greifen, um sih über Wasser zu halten. Was sonst aber der Abg. Bebel ausgeführt hat, kann ih niht unterschreiben. Die mißliche Lage weiter Kreise der Bevölkerung ist die Nachwirkung der noch immer nicht ganz überwundenen Mißernte von 1891. Was man dem focialdemokratischen Staat auch zutrauen mag, er wird jedenfalls kein Mittel haben, die Ernten zu reguliren. Die ungünstige Ernte führt zu größeren Zahlungen an das Ausland für den von dort bezogenen Betrag an Erntefrucht, der bei uns ausfiel. Diese vermebrten Berpflichtun gen führen zur Beschränkung des eigenen Consums, und zwar zunächst des cigenen Consums an den nicht absolut unentbehrlichen Confumptibilien. Die in diesen Branchen beschäftigten Arbeiter werden dann arbeitslos, und so ent- stehen die Schwierigkeiten, vor denen wir in den größeren Städten fast allgemein gestanden haben. Jn den Versammlungen der Arbeits- lofen fann man aber fein Spiegelbild der Verhältnisse erblicken. In diesen Versammlungen führen nicht die Arbeitslosen, fondern die socialdemokratishen Abgeordneten das Wort und was da beschlossen wird, wird jenen von diesen in den Mund gelegt. zu den Arbeitslosen gehört vor allem der focialdemokratisWe Stand der Maurer. Gemauert kann auch im socialdemokratischen Staat bei Frost niht werden. Der Zukunfts\taat würde fie b öchftens dahin dirigiren können, wo andere Arbeit vorhanden ist. Der focial- demokratisde Staat würde überhaupt anfangen müssen mit der Aufhebung der Freizügigkeit: er würde die Arbeiter auf den Schub bringen mdf, Dafür würden sich die Arbeiter bedanken. Der Abg. Bebel spöttelt über die Harmonie der Interessen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern. Es giebt aber troßdem cine folhe Harmonie, von welcher der Abg. Dr. Buhl mit Recht ge- sprochen. Wenn der Abg. Bebel sagt, der Arbeitgeber, * der in schlechten Zeiten Arbeiter weiter beschäftigt, um fih einen Stab zu erhalten, thue dies blos im eigenen Interesse, so haben See damit die Harmonie der Interessen selbs an- erkannt. Im socialdemokratislden Staat wird sie allerdings nicht fein. Dort wird der Arbeiter cinfah commandirt und zwar viel s{limmer, als im heutigen Militärstaat. Die Actionäre will der Abg. Bebel leichten Herzens nach Afrika spediren. Doch wohl aber erst, nahdem man ihnen das Geld abgenommen hat? Wenn der Zinsgewinn abgeschafft werden soll, wovon foll der Zukunsts- staat Eisenbahnen bauen, wenn er die Bedürfnisse dafür durh Steuern, statt dur Inanspruchnahme des öffentlihen Credits aufbringen soll 2? Sie klagen über die N Behandlung der Angestellten und des Verkchrs durch die verstaatlichte Eisenbahnverwaltung; mag sein, aber das beweist nur, daß folche Centralisirung viel rücksihtsloser verfahren fann, als irgend eine Privatgesell haft es thun durfte. Beständen diese noh, dann würde die Concurrenz zum Vortheil des Publikums ausschlagen, dann könnte feine Verwaltung ein-

seitig decretiren, daß so und so viel Schnellzüge aus- fallen. Dic Socialdemokratie hat kein Recht, sich über den Zukunftsstaat auszushweigen. Wenn aber der Abg. Dr. Bachem sagt, sie müßte sih umsomehr aussprehen, weil der Zukunfts\taat nahe bevorstehe, so hat er darin Unrecht. Denn die Socialdemokraten prehen hier in zweierlei Weise, wenn sie auf die Jungen Rück- iht zu nehmen haben, stellen sie den Kladderadats{ch als nabe bevorstehend hin, das thun fie aber niht, wenn diese Rücksicht zu nehmen nicht nöthig ist. Das \{chlimmste wäre do eine lange Uebergangsperiode. Solche Uebergangsperiode könnte mebr vernichten als der Segen des Zukunfts\taats in Va )rhunderten wieder gut machen würde. Wenn wir uns unsere Köpfe nicht zerbrehen follen über den Zukunftsstaat, fo sollten Sie ih doc ihre Köpfe auch nicht über unseren gegenwärtigen Staat zerbrechen. Der focialdemokratische Staat foll doch nicht etwa Sie allein Bu uncaiton, sondern auch uns andere, wir sind also schr nahe dabei engagirt. (Schluß des Blattes.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 26, Sißung vom 4, Februar. Der Sizung wohnen der Finanz-Minister Dr. Miguel und der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden hei. Von Seiner Majestät dem Kaiser ‘und König ist das A Allerhöchste Handschreiben ‘eingegangen, bei dessen Verlesung die Mitglieder des Hauses sih von ihren

Sißen erheben :

Für die Mir im Namen des Hauses der Abgeordneten in der Adresse vom 21. d. M. dargebrahten Glückwünsche zur Vermählung Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Margarethe von Preußen, Meiner Schwester, sage Ih Ihnen von Herzen Dank.

Berlin, den 1. Februar 1893,

An den Präsidenten des Hauses der Abgeordneten.

Die zweite Berathung des Staatshaushalts-Etats e 1893/94 wird fortgeseßt beim Etat der landwirthschaft- ihen Verwaltung. Zu Beihilfen zur Errichtung von landwirthschaftlichen Mittelschulen find 322300 M (45000 M. mehr als im vorigen Etat) angeseßt.

Abg. Barthold (freicons.) befürwortet die Ausdehnung des

Systems der landwirthschaftlichen Mittelschulen, die zur Ausbildung der jungen Landwirthe vielfa beigetragen haben. Zuerst hätten die Land- wirthe den Zwcck der Mittels{Gulen verkannt, allmählich sei aber das Verständniß dafür gewachsen. Die Lehrer würden nah den vor- handenen Mitteln besoldet. „Etwas Bestimmtes habe für sie nicht fest- geseßt werden köñnen, weil die Ausgaben von den Einnahmen an Schulgeld und den Zuschüssen der Provinzen 2c. abhângig gewesen seien. Es sei daher dankenêéwerth, daß wenigstens die Hälfte der Summe bewilligt sei, welhe nöthig fei, um den Lehrern an den landwirthschaftlihen Mittelshulen die Gehälter nach dem Normal- Etat zu gewähren. _ Abg. Schmelzer (ul.) glaubt, daß die Unterftüßung, die der Staat hier gewähre, ausreichen werde, um den Normal-Etat dur zu- führen; denn es sei wohl zu erwarten, daß die Interessenten eben- falls ihre Pflicht thäten. Redner bittet den Minister, mit der Durch- führung des Normal-Etats etwas \{nueller vorzugehen, als das seitens des Unterrichts-Ministeriums geschehe.

Abg. von Pilgrim (freicons\.) empfiehlt ebenfalls die Förderung der landwirthschaftlichen Mittelschulen: auch die Söhne von Nicht- landwirthen sollten diese besuhen und dadur fördern. |

Abg. Schumacher (freicons.): Wenn eine Schule einem Be- dürfniß entspridt, so ist es die landwirthschaftliche Mittelschule, die auch als Entlastung für die gelehrten höheren Schulen dienen fann, indem sie Schüler aufnimmt, die dec Gelehrtens{chule als Ballast zur Last fallen. Deshalb liegt die Verstaatlichung dieser Schule nahe, mindestens follte der Staat mit hößern Mitteln hetfend eintreten, damit die Lehrer, welche vielfach nux als Hilfslehrer angestellt find, etatsmäßig angestellt werden fönnen.

__ Bei den Ausgaben für die Thicerärztlihen Hoch- schulen weist

_ Abg. Wallbrecht (nl.) darauf hin, daß das Beterinärwesen für die Landwirthschaft von großer Bedeutung ift, daber sei es nicht auêrcihend, daß nur zwei Thierärztliche Hochschulen beständen, zumal die in Hannover nur schr mangelhaft ausgestattet sei. Redner bittet, bei deren Neubau an cine bessere Ausstattung zu denken.

Minister für Landwirthschaft 2e. von Heyden erklärt, daß der Gedanke, den man vielfach als vorliegend vermuthete, die Thierarznei- schule von Hannover wegzuverlegen, nicht vorhanden fei; die Schule solle wie die Berliner Schule ausgestaltet werden.

Abg. Dr. Sattler (nl.): Das Mißtrauen war doch wobl etwas berechtigt; denn es wurde bei den Verhandlungen erklärt, die Schule sei nicht zum Forschen, sondern nur zum Lehreu bestimmt. Dadurch würde die Schule ihres Charakters als Hochschule entkleidet werden.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Beyer: In dieser Naktheit, daß die Hochschule in Hannover nur für das Lehren bestimmt fei, ift der Ausspruch doch wohl nicht gefallen.

Nachdem auch Abg. von Halem (nl.) für die bessere Ausfiattung der Hochschule in Hannover gesprochen, werden die Ausgaben für Hannover genehmigt.

Bei den Ausgaben für das Veterinärwesen erörtert

Abg. Puttfarken (nl.) das Vorgeben des Kreis-Thierarztes in Lünebura, der fäls{lich das Auftreten von Lungensenche festgestellt habe. während nah dem Gutachten des Directors der Thierärztlichen Dochschule in Hannover Dr. Dammann diese nicht vorbanden war. Durch die Abwehrmaßregeln seien Landwirthe geschädigt worden, und cs müsse gefragt werden, ob der Staat nicht den Schaden er- seßzeu müsse.

Gehcimer Ober-Regierungs-Rath Beyer: Da der betreffende Thierarzt in Preußen studirt und feine Erämina gemacht bat und nachdem er mehrere Jahre in Zürich an der dortigen Hochschule ge- lehrt hatte, nach Preußen berufen ift, weil er sich um eine Stelle be- worben, fo hatte die Regierung keine Ursache, an feiner Qualification zu zweifeln. Die Entschädigungsfrage ift danach geregelt worden, daß der beamtete Thierarzt die Lungenseuche festgestellt hat: über die ges feßliche Entschädigung hinauszugehen, ift niht möglich. Nach dem Vorfall in Lüneburg hat der betreffende Thierarzt seine Entlassung genommen.

Abg. von Pilgrim (freicons.) empfiehlt die Befserstellung der beamteten Thierärzte, damit nicht auf die Privatpraxis angewiesen zu fein brauchen.

Abg. Sombart (ul.) {ließt sch dieser Forderung an und empfiehlt außerdem, den Thierärzten eine bessere Ausbildung zu geben; namentlih müsse die Forderung aufgestellt werden, daß die Thier: ärzte das Abiturienteneramen gemacht haben müssen. Die älteren Thierärzte seien zum theil nicht genügend vorgebildet, font könnte es niht vorkommen, daß, wie in Lüneburg, die Lungenfeuche nit er- fannt wird.

Minister für Landwirthschaft 2. von Heyden: Innerbalb der

preußishen Verwaltung s{chwebten Verhandlungen darüber, ob für die Thierärzte das Abiturientencramen verlangt werden foll : die Ver- handlungen haben dazu geführt, daß es beim alten bleiben foll. Bes züglich der Gehaltsfrage wird wohl in absebbarer Zeit keine Aenderung eintreten können, weil damit eine Aenderung der Organisation ver- bunden fein müßte. Abg. Sombart (nl.) bedauert, daß die Regierung nicht zu einem anderen Beschluß bezüglich der Borbildung der Thierärzte ge kommen ift ; der in der zweiten Hälfte des Februar tagende Veterinär- rath werden wohl nicht cber ruben, als bis diese Frage besser ge» regelt wird. (Schluß des Blattes.)

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrung®Ls- Maßregeln.

/ Cholera. Halle a. S., 4. Februar. Der „Hall. Z.“ zufolge ist in der bub ne Irrenanstalt zu Nietleben am Donnerstag ein odesfall und am Freitag eine neue Cholera-Erkrankung vorgekommen. Vier verdächtige Fälle sind in Beobachtung genommen. stern ift ein Irrsinniger aus der Quarantäne entwichen. Aus Lettin und Kröllwiß wird je ein Todesfall infolge von Cholera gemeldet.

Spauien. Durch eine Reihe von in der „Gaceta de Madrid* vom 30. R nuar 1893 veröffentlihten Verordnungen des Königlich spanisden Minifters des Innern find die Herkünfte aus Boom und Mecheln (Belgien), Calais, Lorient, Nantes und Cherbourg sowie Kronstadt, Nicola”ïeff, Odessa, Niga und Pauras für „rein“ erklärt worden. Türkei. Die Quarantäne in Mustapha-Pascha is aufgehoben worden. Dort ankommende Neisende haben sich einer strengen ärztlichen Unter- suchung und einer Desinfection ihrer gebrauchten Wäsche und Kleider zu unterziehen (vergl, „Reichs Anzeiger" Nr. Ul vom 13. Jauuar 1893). L gypten. Der internationale Gesundbeitdratb zu Alexandrien ha 12, Jauuar 1893 beschlossen, die gogen Ankünfte von der Vemen zwischen Hodeidah und ith in Kraft geseßten Chel Quarantäne-Maßregeln wieder aufzuheben. (Vergl. „K.„A.*“ Nr. v. 22, September 1892.)

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